STARS Journal 04 2008 [Ulrich Berding, Juliane Pegels, Bettina Perenthaler und Klaus Selle]

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    Ausgabe 04_Januar 2008

    Ist denn alles hybrid?

    [STARS]Stadtrume in Spannungsfeldern

    Pltze, Parks und Promenaden im Spannunffentlicher und privater Aktivitten

    Stadtrume in Spannungsfeldern

    Pltze, Parks und Promenaden im Schnittbereichffentlicher und privater Aktivitten

    Nach einem Jahr STARS-Forschung hat sich dieWahrnehmung ffentlicher Stadtrume vern-dert zum Teil so weit, dass eine Werkstattteil-nehmerin Ende Oktober in Hannover erschrecktfragte, ob berhaupt noch Stadtrume existie-ren, die nicht im Schnittbereich kommunaler

    und privater Interessen liegen. Die bisherigenForschungsschritte haben deutlich gemacht,dass eine groe Zahl unterschiedlicher privater,genau genommen nicht-kommunaler Akteurestillschweigend an der Entstehung und Pegeffentlich zugnglicher Freirume beteiligt ist.Wie gro die Zahl solcher hybriden Stadtrumeist, knnen wir nicht beziffern. Die Fallstudienin Aachen, Hannover und Leipzig aber zeigen,dass es sich nicht um singulre, entlegene Ein-zelflle handelt, sondern um Rume, die dasalltgliche Bild der Stdte in ihren Kernen und

    an ihren Rndern prgen.Die Frage, ob denn alles hybrid sei, resmierttreffend die Inhalte der STARS-Werkstatt Hy-bride Rume, die am 25. Oktober 2007 in Han-nover stattfand. Der Fokus lag diesmal nicht aufden Rumen, die im Forschungsprojekt STARSuntersucht werden. Vielmehr wollten wir denBlickwinkel weiten und unterschiedliche Bei-spiele ffentlich-privater Kooperationen kennenlernen. Sechs Referentinnen aus Praxis, Kom-mune und Forschung haben Schlaglichter ausihrer Perspektive auf das Thema prsentiert.

    Diese verschiedenen Einblicke haben besttigt:Nicht nur ffentliche, sondern auch private Ak-teure sind und waren auf unterschiedliche Wei-

    se an der Entwicklung, Pege und Regulierungffentlich zugnglichen Stadtraums beteiligt.

    Die alltglichen Wirkungszusammenhnge inden hybriden Rumen aufzuschlsseln, warThema der Dialoggruppe, die am Tag nach der

    Werkstatt diskutierte: Wie lsst sich die groeMaterialflle der Fallstudienarbeit auswerten?Welche berlagerungen und berschneidun-gen privat-ffentlicher Kompetenzen sind zunden und was charakterisiert sie? Verschie-dene Anstze und wichtige Hinweise zur Aus-wertung des gesammelten Materials wurde vonden Teilnehmerinnen der Dialoggruppe disku-tiert ein hilfreicher Schritt fr die nchstenArbeitsphasen des Forschungsprojektes. Glei-chermaen hilfreich war auch die Werkstatt nicht nur fr STARS, sondern insbesondere

    als Vorbereitung fr die kommende pt-TagungPltze, Parks und Promenaden die Kopro-duktion der ffentlichen Rume in den Std-ten am 20. Juni 2008 in Aachen!

    Mit den besten Wnschen fr ein spannendesJahr 2008 gren herzlichUlrich Berding, Do Hyung Kim, Juliane Pegels,Bettina Perenthaler und Klaus Selle

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    STARS-Werkstatt HannoverEine Zusammenfassung

    Nach einem ersten Dialoggruppentreffen in Aachen war im Reigen unserer Fallstudienstdte dies-mal Hannover an der Reihe. Dort fand am 25. Oktober 2007 eine Werkstatt zum Thema Stadtrumein Spannungsfeldern in der stra Remise statt.

    Der Anlass fr die Werkstatt Hybride Stadt-rume war insbesondere unsere gewachseneNeugier auf das weite Feld hybrider Rume. Ineinem dreijhrigen Forschungsprojekt kannjedoch nur ein gezielt ausgewhlter und vor al-lem klar eingegrenzter Forschungsgegenstandauf der Agenda stehen. Im Laufe unserer Re-cherchen und Fallstudienarbeiten begegnenuns aber viele interessante Beispiele, die berden eigentlichen Kern des Projektes hinaus rei-chen das Themenfeld der ffentlich zugng-lichen Rume im Schnittbereich kommunalerund privater Akteure bietet ein breites Spek-trum spannender Aspekte und Fragestellun-gen. Diesen wollten wir uns im Rahmen derWerkstatt nhern. Deshalb hatten wir Expertenaus planender und gestaltender Praxis, Vertre-terinnen kommunaler Interessen und Forsche-

    rinnen aus anderen Disziplinen eingeladen,die von ihren Zugngen und Perspektiven zumThemenfeld berichten sollten. Sechs kurze Re-ferate gaben am 25. Oktober 2007 in HannoverAnregungen und Impulse fr eine anregendeund thematische breite Diskussion.

    Obwohl die Beispiele und Erfahrungen der Re-ferentinnen und Referenten sehr unterschied-liche Blickwinkel und hchst unterschiedlicheAusgangsfragen und -aufgaben zeigten, be-stand in einem Punkt doch sehr bald Einigkeit:

    Auch wenn es die Fachwelt bislang kaum wahr-genommen hat, stellen hybride Verhltnissein unseren stdtischen Wirklichkeiten eher dieRegel als eine Ausnahme dar. So reektierte

    zum Beispiel der Landschaftsarchitekt MartinDiekmann aus Hannover, dass etwa die Hlf-te seiner Freiraumprojekte im Schnittbereichkommunaler und privater Verantwortlichkeitenangesiedelt seien.Auch Inge Kunath resmierte aus ihrer Per-spektive als Leiterin des Grnchenamtes derStadt Leipzig, dass es schon immer ffentlichzugngliche Rume gegeben habe, die nichtallein kommunaler Pege und Regulierung un-terlagen. Ihr kurzer Einblick in das rechtlicheInstrumentarium, das einer Kommune zur ju-ristischen Absicherung der unterschiedlichenRollenverteilungen zur Verfgung steht, best-tigte die Existenz von vielfltigen Kooperations-formen. Jedoch machte Inge Kunath auch deut-lich, dass es sich oftmals um individuell ausge-handelte Vereinbarungen, um deals handelt.

    In ihrem Bericht aus einem Forschungsprojektam Geograschen Institut der Universitt Bonnmachten Claus-Christian Wiegandt und Katha-rina Brzenczek deutlich, dass das planerischeAgieren im berschneidungsbereich multiplerAkteure, das Abwgen und Abgleichen privaterund kommunaler Interessen einen Planungs-und Gestaltungsprozess hochgradig schwierigmachen kann.Die Grenzen planerischer Konventionen inFrage stellte der Architekt Stefan Rettich ausLeipzig. In seinem Bericht zum Lesezeichen,

    einer Freiluftbibliothek in Magdeburg-Salbke,machte er deutlich, in welchen ungewhnli-chen Konstellationen und auf welchen auer-gewhnlichen Wegen private Akteure die Ko-

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    Ausgabe Januar 2008

    Editorial 01

    STARS-Werkstatt HannoverEine Zusammenfassung 02

    Leipzig dealtInterview mit Inge Kunath 04

    Raschplatz HannoverInterview mit Martin Diekmann 06

    Lesezeichen fr SalbkeInterview mit Stefan Rettich 08

    Gestaltung im SchnittbereichInterview mit Prof. Dr. Claus-C. Wiegandtund Katharina Brzenczek 10

    2. Dialoggruppentreffen in HannoverEin Bericht 13

    Impressum | Kontakt 16

    04STARS-Werkstatt25. Oktober 2007 HannoverTeilnehmerliste

    Referenten:

    Katharina Brzenczek, Universitt Bonn

    Martin Diekmann, lad+, Hannover

    Inge Kunath, Grnchenamt Leipzig

    Klaus Overmeyer, studio uc, Berlin

    Stefan Rettich, KARO Architekten, LeipzigClaus-C. Wiegandt, Universitt Bonn

    Teilnehmer:

    Ulrich Berding, PT

    Doris Gstach, Universitt Kassel

    Inge Johannes, Bro Spalink-Sievers,

    Hannover

    Do Hyung Kim, PT

    Martin Klamt, Universitt Mnchen

    Kristina Krings, Architektin BerlinOliver Kulkinski, PlanKom, Hannover

    Bettina Kupper, PlanKom, Hannover

    Wilfried Lenke, Stadtplanungsamt Leipzig

    Gesa Loschwitz, Garten+Landschaft,

    Mnchen

    Emely Piel, Fachhochschule Lippe und

    Hxter

    Juliane Pegels, PT

    Bettina Perenthaler, PT

    Margit Schild, Universitt der Knste BerlinKlaus Selle, PT

    operation mit der Kommune suchen knnen.Dieses Projekt stellt nicht nur existierende Ge-pogenheiten und Rollenverteilungen in Frageund schafft neue Spielrume. Vor allem zeigtes, wie neue Denk- und Kooperationsprozesseerprobt werden.

    Auch im Rahmen des EntwicklungskonzeptsInnenstadt Mannheim wurden neue Allianzenund Kooperationen ausgelotet. Klaus Overmey-er berichtete von Aktivitten, in denen eineVielzahl unterschiedlicher private Akteure inkreativen Milieus in grorumige Entschei-dungsndungen miteinbezogen wurden.Genauere Einblicke in die Zugnge der Refe-rentinnen zum Thema geben die folgendenBeitrge (Seite 414).

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    Leipzig dealtInterview mit Inge Kunath,Leiterin des Grnchenamtes Leipzig

    PT: In Leipzig dealt man gerne und gut ha-ben wir gelernt. Das Stichwort Deal kam inunserer Werkstatt von Ihnen. Denken Sie, dassder Deal die Mglichkeit ist, die man als Stadtheute hat?

    Inge Kunath: Das Wort Deal steht als Kurz-wort fr Kooperationsverfahren vielfltiger Art.Mgliche Kooperationsbeziehungen zwischenverschiedenen Partnern im ffentlichen Raumsollen mit dem Ziel geprft werden, das ffent-liche Interesse zu verhandeln. Dies subsumiereich unter dem Begriff.

    PT: Denken Sie, dass auch in Zukunft haupt-schlich gedealt werden wird?

    Inge Kunath: Ja natrlich. Die Gestaltung f-

    fentlicher Freirume einschlielich Sicherungder Folgekosten in der Zeit schwieriger Haus-haltsituationen der Kommunen bedingt, neueWege zu gehen. Die Stadt hat natrlich Interes-se, im Rahmen des Projektmanagements undder Nachsorge geeignete Partner und ihre Mg-lichkeiten einzubeziehen. Frdermittel kn-nen diesen Prozess untersttzen. Diese Ideenhaben in Leipzig Tradition. Mzenatentum warin der Brgerstadt Leipzig seit Jahrhundertensehr ausgeprgt. Die Verpichtung der Unter-nehmen, das Gemeinwohl in der Stadt zu un-tersttzen und damit die Lebensqualitt fr die

    Brger zu verbessern, bzw. zu entwickeln, kannim ffentlichen Raum der Stdte beispielhaftrealisiert werden. Die Entwicklung dieses Be-

    wusstseins halte ich fr sehr wichtig.

    PT: Das stimmt, das ist ja sicherlich auch einegroe Chance. Sie sagten, dass in Leipzig dieGestattungsvereinbarungen von privatrechtli-chen Vertrgen abgelst werden und damit sol-

    che Vereinbarungen einen lngeren Zeitraumals nur 5 Jahre berdauern sollen. Sehen Siedarin auch konkret fr Leipzig eines der Ent-wicklungspotenziale der Stadt vor allem viel-leicht fr die Grnrume?

    Inge Kunath: Der Abschluss der Gestattungs-vereinbarungen zwischen der Stadt Leipzig undden Eigentmern von Grundstcken begn-stigte die Entwicklung temporrer Nutzungenim ffentlichen Raum. Zwischen den Grund-stckseigentmern und der Stadt Leipzig wur-

    den Kooperationsbeziehungen im beidseitigenInteresse hergestellt und abgeschlossen, umeinerseits das Grundstck in einen ordnungs-gemen Zustand zu versetzen, Mngel zubeseitigen und in der Folge verschiedene f-fentliche Nutzungsinteressen zu befriedigen.Mit Untersttzung von Frdermitteln wurdenauf den Parzellen oder auf den Raum bezogeneNutzungen hergestellt. Dies lag wiederum zu-tiefst im Interesse der Stadt.

    Mittlerweile werden auch privatrechtlicheVereinbarungen zwischen den Eigentmern

    und Brgergruppen bzw. Einzelbrgern abge-schlossen. Die Vermittlung erfolgt ber eineBrachenbrse. Die Stadt ist formal auen vor,

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    Planerische und konzeptionelle Perspektiven auf Stadtrumeim Spannungsfeld ffentlicher und privater Aktivitten

    Ablauf

    ab 12:30 Uhr come together - Mittagsimbiss

    13:00 Uhr Begrung und Einfhrung

    Vorstellungsrunde

    Referate mit anschlieender Diskussion

    Inge Kunath, Grnflchenamt Leipzig

    Martin Diekmann, lad+ Hannover

    Klaus Overmeyer, studio uc Berlin

    Pause

    Hille von Seggern, Universitt Hannover

    Stefan Rettich, KARO Architekten Leipzig

    Claus-C. Wiegandt, Universitt Bonn

    18:00 Uhr Diskussion und Resmee

    Werkstatt 200725. Oktober 2007 13:00 - ca. 18.30 stra Remise, HannoverWerkstatt 200725. Oktober 2007 13:00 - ca. 18:30 stra Remise, Hannover

    Der Lindenauer Anger, Begrnung und Aktivierung einer privaten Brach-

    che im Leipziger Westen.

    Industriestrae LeipzigHier wurde ein ehemaliges Bahngelndeaktiviert und der ffentlichkeit zugnglichgemacht.

    untersttzt jedoch diesen Prozess. Die Nut-zungsinteressen liegen im ffentlichen Interes-se der Stadt. Sie werden sowohl privat genutzt,sind abgegrenzt, knnen aber auch ffentlichzugnglich gemacht werden. Verhandelt wirdauf privatrechtlicher Grundlage. Die Nutzungs-

    dauer hngt zutiefst von der Marksituation ab.Auf diesen Parzellen bleibt das Baurecht er-halten. In der gegebenen Marktsituation kannman vermuten, dass einige Vertrge vielleichteine lngere Laufzeit haben, d. h. Zwischen-nutzungen in permanente Nutzung bergehen.Die Vernetzung und Verbesserung der Erreich-barkeit vorhandener Freirume stellt in Hin-blick auf eine zukunftsfhige Stadtentwicklungeine zentrale Aufgabe dar. Sind die privatenGrundstcke Bestandteil des geplanten Netz-werkes in der Stadt und zur Komplettierungdes Grnsystems unabdingbar, wird die Stadtsich entscheiden, das eine oder andere Grund-stck anzukaufen.

    PT: Vielen Dank fr das Gesprch.

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    Raschplatz HannoverInterview mit Martin Diekmann, lad+ Hannover

    PT: Herr Diekmann, in Ihrem Vortrag erwhn-ten Sie, dass 50% ihrer Projekte als Architektim Schnittbereich kommunaler und privaterAkteure liegen.

    M. Diekmann: Das ist natrlich in keiner Wei-

    se reprsentativ. Es hngt einfach damit zusam-men, dass wir viele urbane Projekte in der Stadthaben. Aufgrund der Flchenverfgbarkeit inder Stadt entstehen solche Schnittmengen.

    PT: Wie sehen Sie sich in der Rolle zwischenKommune und Privaten?

    M. Diekmann: Klassischerweise sehen wir unsweniger zwischen den Sthlen, sondern eherals Planer mit einem zustzlich mitsprechen-den Akteur. Es geht dabei darum, die Interessen

    beider Akteure umzusetzen. Es macht erstmaleinen Mehraufwand aus, den man auch nichtbezahlt bekommt. Es gibt einen Akteur mehr,der mitspricht, aber es ist aus der Planersichtkein Hindernis. Auch in der Kommune gibt esviele mter. Fr die Kommune planen heitnicht, dass es nur einen Ansprechpartner gibt.Wir haben es mit verschiedenen Institutionenzu tun. Wenn es dort noch einen weiteren pri-vaten Akteur gibt, bedeutet das nur, dass es eineInstitution mehr gibt. Es fchert sich also auf,aber es ist nicht so, dass es den Planungsablaufeinseitig determiniert. Das kann man nicht sa-

    gen.

    PT: Das leitet zur nchsten Frage ber, da geht

    es nmlich um Ihre Erfahrungen damit, dassdieser eine mehr im Boot ist. Ist das negativ,positiv, mehr Arbeit...?

    M. Diekmann: Sie haben in meinen Beispielschon gesehen, dass es beides gibt: Es gibt

    Dinge, die sind machbarer, weil der Privatemehr Geld zur Verfgung hat, mehr fr Pe-ge aufwenden oder sein Hausrecht ausbenkann. Es sind manchmal Dinge machbar, dieim kommunalen Raum, wo weniger Aufsichtherrscht, vielleicht eher verwahrlosen oder demVandalismus anheim fallen wrden. Das sindFaktoren, wo die Privatwirtschaft sicherlich n-her dran ist und auch mehr Interesse fr Pegeund Unterhaltung aufwendet. Auf der anderenSeite protieren beide Akteure davon und ichsehe im Grunde genommen keine Nachteile.

    PT: Also wrden Sie auch den in der Werkstatterwhnten Deal-Gedanken, des Prots aufbeiden Seiten untersttzen?

    M. Diekmann: Ja, das ist auf jeden Fall so.

    PT: Meinen Sie, dass das in Zukunft aucheher zunehmen wird, also die Zukunft in denDeals liegt?

    M. Diekmann: Ich denke schon. Es hat ja auchdamit zu tun, dass die Kommunen immer we-

    niger Geld zur Verfgung haben. Wenn manbeispielsweise schaut, wie marode die ffentli-che Infrastruktur in Deutschland vor allem im

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    Vergleich zum Ausland ist. Ich habe vor vielenJahren in London gearbeitet und fand es dortimmer ziemlich heruntergekommen. Das elmir erst dann auf, wenn ich wieder zu Hausein Hannover war. Inzwischen erscheint es mirfast umgekehrt. Man hat den Eindruck, woan-

    ders ist viel mehr passiert. Das zeigt einfach,wie sehr unsere ffentliche Infrastruktur schongelitten hat.Ich kann mir vorstellen, dass dieses Modell(der Deal) dafr geeignet ist, Stdte wettbe-werbsfhiger zu machen, wenn man sich aufeinen Austausch mit z. B. Anliegern einstellt.Allerdings mchte der Anlieger in der Regeldas Geld nicht selbst in die Hand nehmen. DerAnlieger stellt sich hin und sagt: Die Kommu-ne muss hier mal ttig werden. Aber deshalbgibt es Dinge wie BIDs, wo man versucht, dieAnlieger zusammenzuschlieen und gemein-sam Mittel zu akquirieren, wie hier in der Ge-orgstrae in Hannover.

    PT: Dann eine letzte Frage, vielleicht haben Sieunser Forschungsprojekt durch die Journale einwenig verfolgen knnen. Htten Sie noch einenHinweis oder Aspekt zu unserem Projekt, denwir bei unserer weiteren Arbeit vielleicht str-ker beachten sollten?

    M. Diekmann: Interessant wre aus meinerSicht auf jeden Fall der Aspekt der Pege und

    Unterhaltung, denn letztendlich geht es umMaintenance. Wenn man bercksichtigt, dassder Raschplatz in Hannover im Jahr ca. 180.000Euro Unterhaltung kostet da sind Kostenfr die Beleuchtung, Mllabfuhr und tglicheReinigung enthalten dann ist das ein Zehn-tel der jetzigen Herstellungskosten der neuenPlatzoberche. Das heit: So aufwendig istUnterhaltung im ffentlichen Raum. Erst dannversteht man, dass das ein entscheidendes Ar-gument ist. Ich denke, dass gerade beim Rasch-platz Geld auch eine Rolle spielt. Die Kommu-

    ne sagt nicht: Ja, jetzt wollen wir den Rasch-platz wieder in unsere Hand nehmen, da wirihn schon renoviert haben. Die 180.000 Eurozahlen wir auch gerne. Da geht es ums Geld,ganz klar.Insofern sollte man diesen Aspekt nicht nur,wem gehrt was, sondern auch, wer unterhlt was weiter untersuchen. Gerade am Raschplatzkann man erkennen, dass genau dieser Aspektauch ausschlaggebend sein kann.

    Verlauf der Eigentumsgrenze ber Teile des Raschplatzes (hinterer AusgangHbf Hannover). Graphik: lad+/KPA

    Analyse der Wegeverbindungen ber den Raschplatz zu verschiedenen Tages-zeiten und abgeleitete Planung. Graphik: lad+/KPA

    Tag-Perspektive der Neuplanung Raschplatz. Rendering: lad+/KPA

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    Lesezeichen fr SalbkeInterview mit Stefan Rettich,KARO Architekten, Leipzig

    PT: Herr Rettich, wie sehen Sie Ihre Rolle zwi-schen privaten und kommunalen Akteurenzunchst whrend des von Ihnen vorgestelltenProjekts Lesezeichen fr Magdeburg Salbke?

    S. Rettich: Am Anfang stand zunchst der Auf-

    trag von der Stadt Magdeburg, eine Strukturun-tersuchung durchzufhren und Ideen zu ent-wickeln. Nachdem dann aber nichts Wirklichesumgesetzt werden sollte, wir aber die Idee eineroffenen Bibliothek auf einem Brachgrundstckganz spannend fanden, sind wir selber aktivgeworden. Wir haben mit der BrgerschaftKontakt gesucht und wurden wie fter beiProjekten Vermittler zwischen diesen beidenFraktionen.Die Grundfrage sind immer Governancestruk-turen also wie organisiert man die Macht-

    verhltnisse in der Stadt neu? Ein Problementsteht oft dadurch, dass die ffentliche Handsich zurckzieht und damit ein Vakuum hin-terlsst, gleichzeitig dann aber Schwierigkeitendamit hat, dass Brger in dieses Vakuum hin-eingehen.

    PT: Dieses Projekt erforderte also Ihre Kommu-nikationsttigkeit zwischen Stadt und Brger;wenn man nun private Akteure als Investoren,Grundstckseigentmer sieht, haben Sie auchin diesem Schnittbereich Erfahrungen gesam-melt?

    S. Rettich: Wir hatten z. B. ein Projekt in Dres-den, wo es darum ging, zwischen der kommu-

    nalen Wohnungsbaugenossenschaft und derStadt zu vermitteln. Da war man natrlich auchein Stck weit als Moderator unterwegs. Aberauch dort im Auftrag der Stadt, um zunchststdtische Interessen zu vertreten. Eigentlichist unser Bro meistens Anwalt fr die ffent-

    lichkeit im weitesten Sinne, also weniger frdie Privaten bislang zumindest.

    PT: Wie sehen Sie die Kooperationen in diesemSchnittbereich? Positiv? Negativ? Auch in Be-zug auf die Zukunft.

    S. Rettich: Ich denke, dass diese Projekte mehrwerden, zumindest in den Gebieten, die starkvon Transformationsprozessen geprgt sind.Da wird die Grenze immer mehr verschwin-den. Auch durch die Globalisierung des Immo-

    bilienmarktes habe ich den Eindruck, dass sichimmer neue Konikte auftun. Ganz oft gibt esja Eigentmer, die an einem vllig anderen Ortsitzen und natrlich berhaupt keinen persn-lichen Bezug mehr zu ihrem Objekt haben. Da-fr muss man neue Handlungsmechanismenentwickeln, um herauszunden, wie man mitdiesen neuen Problemstellungen umgehenkann.

    PT: Hatten Sie die Mglichkeit unsere For-schungsarbeit durch die drei letzten Journaleein wenig zu verfolgen und wenn ja ht-

    ten Sie noch eine Anregung fr uns, was wir innchster Zeit auf jeden Fall beachten sollten?

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    S. Rettich: Was bei unsere Arbeit mit Beteili-gungsprozessen sehr deutlich wird, sind mei-stens a) die Folgekosten und die kommunalenHaushalte, die vllig berlastet sind und b) dieZunahme an vermeintlich ffentlichen Ru-men: Wer bewirtschaftet, wer nanziert die?

    Diese Zunahme an Rumen muss eigentlichdurch eine Art social sponsorship getragenwerden. Sie mssen zumindest durch privateInitiativen ko-nanziert werden.

    PT: Das ist interessant, Martin Diekmann sagteuns vorhin ebenfalls, dass Pege und Unter-halt eine entscheidende Rolle spielen. Sie sa-gen jetzt, dass dabei Brger mehr eingebundenwerden sollten?

    S. Rettich: Ich meinte nicht, Brger mehr ein-zubinden, sondern die Brger, die aktiv sind,mssten besser nanziell untersttzt werden.Daher sollten solvente andere Akteure, die sichnicht direkt einbringen, ein Stck weit von ih-rem Gewinn auf den globalen Mrkten in dielokalen Unmrkte reinstecken.

    PT: Herzlichen Dank.

    Abbildungen: KARO Architekten Leipzig

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    Gestaltung im SchnittbereichInterview mit Prof. Dr. Claus-C. Wiegandt und Katharina Brzenczek,Geographisches Institut der Universitt Bonn

    PT: Frau Brzenczek und Herr Wiegandt, Siebeide haben sich die Zeit genommen, unsausfhrlich von Ihrem derzeitigen DFG-For-schungsprojekt zu berichten. Auch bei Ihnengeht es ja um hybride Rume, wo genau liegtdenn bei Ihrem Projekt der Fokus?

    CCW: In unserem Projekt geht es zwar auchum hybride Rume, doch stehen diese in ihrerHybriditt nicht im Zentrum unseres Erkennt-nisinteresses. Vielmehr geht es uns in unseremProjekt, das wir seit Mai 2006 bearbeiten, imGrundsatz um die Stadtgestalt, also um die ma-teriell-physische Gestalt der gebauten Umwelt.Wir gehen dabei von der These aus, dass sichdie gebaute Umwelt auch heute zwischen deut-schen Stdten in ihrer Produktion unterschei-det. Dabei spielen die Aushandlungsprozesse,die im Rahmen von Bau- und Planungsvorha-ben fr die sptere Gestalt der Vorhaben ge-

    fhrt werden, nach unserer Einschtzung einezentrale Rolle.

    KB: Unser Projekt ist noch eine Pilotstudie.Schon deshalb knnen wir nicht die ganzeStadt betrachten. Wir konzentrieren uns sozum einen auf Einzelhandelsprojekte als priva-te Hochbauten und zum anderen auf Platzge-staltungen, auf die die ffentliche Hand beson-deren Einuss hat. Beides haben wir zunchstauf die Innenstadt begrenzt. Wir tun dies invier Fallstudienstdten, in Kln und Mnchen

    als Millionenstdte und in Braunschweig undBonn als mittlere Grostdte.

    PT: Wenn Sie nun die Pltze betrachten, die Sie

    als Fallbeispiele ausgesucht haben, bei welchemder Pltze nden sich hybride Verhltnisse?

    CCW: Wir haben in Kln den Vorplatz desHauptbahnhofs gewhlt als einen fr die Stadtzentralen und wichtigen ffentlichen Raum inder Innenstadt. Der Bahnhofsvorplatz wur-de jngst neu gestaltet und knnte als Anfangeiner Reihe von angestrebten Umgestaltungs-manahmen in Kln angesehen werden. DerUm- oder Neugestaltungsprozess weist eineReihe von Merkmalen auf, die sehr gut in denZusammenhang des STARS-Projekts passen.

    KB: Uns geht es um die heutige Erscheinungs-form des Platzes. Deshalb sind fr unser For-schungsprojekt auch die Elemente der Neuge-staltung interessant. Besonders interessierenuns dann aber die Gestaltungsabsichten der be-teiligten Akteure und dabei besonders die As-

    pekte, die zu verschiedenen Koniktlinien imVerlauf des politischen Prozesses fhren.

    PT: Welche Elemente der Neugestaltung wur-den denn im Stadtraum Bahnhofvorplatzumgesetzt?

    CCW: Zur Beantwortung dieser Frage mussman kurz auf die Geschichte des Platzes ein-gehen. Nachdem Ende des 19. Jahrhundertsder Klner Dom und 1894 dann auch der neueBahnhof direkt am Dom fertig gestellt wurden,

    entstand der Bahnhofsvorplatz, mit dem wiruns beschftigen. Whrend der 1950er Jah-re waren nach dem Motto der autogerechtenStadt smtliche freien Rume um den Dom

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    Karte Vorplatzsituation mit

    angrenzenden Gebudenund neu gestalteter Trep-penanlage.Abbildung: Wiegandt

    Ansicht des neu gestaltetenBahnhofsvorplatz Kln.Abbildung: Wiegandt

    vom Autoverkehr, insbesondere von Parkplt-zen, in Beschlag genommen. Mitte der 1960erJahre war man dann bestrebt, den Autoverkehrmehr zu lenken und zugunsten der Fugngerin den Innenstdten autofreie Bereiche Fu-gngerzonen anzulegen. In Kln beauftrage

    man den Architekten Fritz Schaller Ende der1960er Jahre dazu mit dem Bau der Verbin-dungstreppe vom Bahnhof zur Domplatte. Esentstanden die Domtreppe und die Domplatteals Fugngerbereiche. Schon Mitte der 1980erJahre wurde die Umgestaltung aber als nichtmehr zeitgem empfunden. Architektenkol-legen haben uns diese Situation in einem In-terview als das Gezacke von dem Schaller be-schrieben, das man nicht mehr ertragen konn-te. So war klar, das Drecksloch, wie es in Klnauch schon genannt wurde, umzubauen undder veralteten und berkommenen Gestaltungeinen neuen Anstrich zu geben.

    PT: Wie genau wurde dann umgebaut?

    KB: Also zunchst ist die neue Treppe auffllig.Die alte Domtreppe und auch Teile der Dom-platte wurden abgerissen, der Rohbau der Trep-pe wurde mit hellgrauem polnischen Granit be-legt, und die Stufen fhren jetzt in drei Abst-zen zum Dom. Es sind zwei gerade nach obenfhrende Handlufe an der Treppe installiert.Auch auf dem Platz wurde Granit in grofor-

    matigen Platten verlegt. Die Verlegerichtung istsenkrecht zum Bahnhofsgebude, weil damitdie Hauptlaufrichtung der Menschen auf demPlatz nachvollzogen wird. Vorher wurde nacheiniger Diskussion die stadtbekannte Imbiss-bude Rievkoochebud beseitigt. Der Platz soll-te weitestgehend freigehalten werden. Sitzgele-genheiten sind nur im auengastronomischenBereich der Cafs erlaubt. Die Freichen derTreppen gengen als Sitzchen. In der Diskus-sion um eine angestrebte Urbanitt wurden diedrei zunchst geplanten Bume wieder aus der

    Planung heraus genommen. Heute ist nur einBaum im Bereich der Taxiumfahrt vorhanden,der auch schon ursprnglich dort stand. Das

    Lichtkonzept hat sich im Wettbewerb durchge-setzt und ist ein neues und wichtiges Elementder Platzgestaltung. Es zeichnet sich durch sie-ben von Nord nach Sd angeordnete Leuchtste-

    len aus. Die rund neun Meter hohen Lichtquel-len lassen den ansonsten nahezu unbebautenPlatz abends in hellem Licht erstrahlen.

    PT: Sie sprachen von den Akteuren, die ihreInteressen hinsichtlich der Gestalt in den Aus-handlungsprozess eingebracht haben. Damitsind wir ja bei dem Schnittbereich, den auchwir untersuchen, welche Akteure waren dennin Kln beteiligt?

    CCW: Die Bahn, die Stadt, das Land und dieDombauverwaltung, aber auch die Presse. Dieshat sich wie unsere Beschftigung mit demFall zeigt in den verschiedenen Phasen desBau- und Planungsprozesses aber verndert. Sounterscheiden wir in der jngeren Planungs-geschichte seit Ende der 1990er Jahre die Pro-blemwahrnehmung, die Vorabschtzung vonHandlungsalternativen, die Programmbildungund Entscheidung, den Programmvollzug, dieWirkungskontrolle und die Lernphase. Dieshilft uns zu verstehen, zu welchem Zeitpunktim politischen Prozess, welche Akteure ma-geblich, das heit Gestalt bestimmend mitwir-

    ken, welche Instrumente eingesetzt werdenund welche Koniktlinien als Interessenaus-handlung bestehen

    KB: und an dem Punkt der Klrung von Eigen-tum und Finanzierung werden dann die Bez-ge zum STARS-Projekt besonders deutlich. ImRahmen der Vorabschtzung von Handlungsal-ternativen musste verhandelt und geklrt wer-den, wie die Rechte und Pichten der Umge-staltungsmanahme zu regeln sind. Dazu istzunchst festzustellen, dass der Bahnhofsvor-

    platz selber im Eigentum der Deutschen BahnAG ist, die Verkehrschen zwischen Platz undDom im Eigentum der Stadt sind, und die an-schlieende Domplatte dann im Eigentum der

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    Dombauverwaltung liegt. Die Stadt wollte denBahnhofsvorplatz bis zum Weltjugendtag zwarverschnern, aber er gehrte ihr gar nicht.

    PT: Also musste die Bahn aktiv werden?

    CCW. Im Prinzip ja, aber sie wollte nicht. Umdie neue Gestaltung berhaupt zu ermglichen,musste im Stadtraum fr die Einleitung derManahmen zunchst die Klrung der Eigen-tumsverhltnisse erfolgen. Damit hngen danndie Fragen der Finanzierung im Schnittbereichzwischen ffentlichen und privaten Akteurenzusammen.

    KB: Dass primre Interesse und der Ansto zurUmgestaltung ihres Eingangstores kam vonSeiten der Stadt. Die Bahn hatte erst vor kur-zem ihr eigenes Haus innen mit Hilfe vonECE neu gestaltet, das heit sie hatte den In-nenausbau der Colonaden hinter sich gebracht,so dass die Bemhungen um die Neugestaltungdes Vorplatzes nicht auf ein vergleichbares In-teresse bei der Bahn stie.

    PT: Im Schnittbereich von Flcheneigentumund Finanzierung waren also als Akteure dieStadt und die Deutsche Bahn AG beteiligt?

    CCW: Ja, wobei die Bahn kein Interesse hatte,sich an der Finanzierung der Manahme zu

    beteiligen, also in dieser Hinsicht eine Koope-ration einzugehen. Das Argument der Bahnwar, dass die Flche logistisch gebraucht wer-den wrde, und sie aus diesem Grund erst malnicht handlungswillig wre. Nach mehrerenVerhandlungsanlufen stimmte sie schlielichdoch zu, einen Umwidmungsvertrag mit derStadt zu schlieen. Darin wurde eine Entwid-mung des Platzes vorgenommen. Die Stadtbesitzt nun die Bahnche per Vertrag fr 25Jahre und kann sie als ffentliche Flche nut-zen. Dabei haben sich also lediglich die Besitz-

    verhltnisse gendert, die Flche ist aber nachwie vor in Bahneigentum.

    PT: Das sind hybride Verhltnisse!

    KB: Und dann die Finanzierung. Es gibt dreiunterschiedliche Frderanstze, die da zusam-menkommen, einmal fr die Treppe, zumzweiten fr den Platz und zum dritten fr denUmbau des Verkehrs im Umfeld. Die Gesamt-baukosten fr das Projekt Domtreppe, Bahn-hofsvorplatz und Fahrstuhl betragen rund 12,3Millionen . Rund 9 Millionen davon hatdas Land Nordrhein-Westfalen bernommen,einen Anteil von rund 2,3 Millionen hat dieStadt Kln getragen.

    PT: Was verspricht sich denn die Stadt von ei-nem solchen Engagement, wenn ihr der Platzgar nicht gehrt?

    CCW: Es hat ja im Jahr 2005 der Weltjugendtagin Kln stattgefunden. Und die ganze Welt hat

    auf die Stadt geschaut. Der Bahnhofsvorplatzwar da ein sehr zentraler Ort, mit dem sich dieStadt einer groen ffentlichkeit prsentierte.Deshalb hat sie dann auch gehandelt und letzt-endlich Kosten fr den Privaten bernommen.Wenn also die Stadt ein besonderes Interessehat, wird sie auch in einem privaten Raum, deraber eher als ffentlicher Raum wahrgenom-men wird, aktiv.

    KB: Und fr die Stadt Kln ergibt sich jetzt dieMglichkeit, weitere Pltze in der Stadt nachdem Vorbild des Bahnhofsplatzes neu zu ge-stalten. Die meisten Architekten bewerten dasErgebnis, also die physisch-materielle Seite,ja durchaus positiv. So ist beispielsweise Kas-par Kraemer, der Prsident des BDA, der ausKln kommt, voll des Lobes. Der Platz habeeine schne Geschlossenheit, also einfach eineUrbanitt, und er habe eben durch die Einheit-lichkeit des Belages eine wohltuende Zurck-haltung, die im Kontrast zum Dom stehe. Erhat uns gegenber vom Sockel fr den Domgesprochen.

    PT: Womit wir wieder bei Ihrem Forschungs-projekt wren. Wie wrden Sie denn das Ergeb-nis beurteilen?

    CCW: Einerseits kann man Kaspar Kraemerdurchaus zustimmen. Der Zusammenhangzum Dom wird neu hergestellt und die Quali-tt des Platzes durch seine Geschlossenheit, dieUrbanitt und die Zurckhaltung hervorgeho-ben.

    KB: Andererseits ist dies allerdings erst ein

    Anfang. Eigentlich darf man den Bahnhofs-vorplatz ja nicht als isoliertes Stck betrachten,sondern das gesamte Domumfeld msste eineneue Gestaltung erhalten. Da hat Frau Schleisehr Recht, die an der Erstellung der Webseitezur Klner Architektur mageblich mitwirkt.Doch ist dieser Prozess der Domplattengestal-tung ja aktuell im Gange, und es bleibt abzu-warten, wie sich der Bahnhofsvorplatz dann indiese neue Planung einfgen wird.

    Weitere Informationen zum Forschungsprojektvon Katharina Brzenczek und Claus-C. Wie-gandt auch unter www.geographie.uni-bonn.de/wiegandt

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    2. Dialoggruppentreffen inHannoverIm Anschluss an die Werkstatt kam am 26. Oktober 2007 die Dialoggruppe zu ihrem zweiten for-schungsbegleitenden Treffen zusammen.

    Einen wesentlichen Bestandteil unseres For-schungsprojektes STARS stellt der Dialog mitFachleuten aus Forschung und Praxis dar. DerOktober 2007 stand im Zeichen des zweitenDialogschritts: Ein Teil dieses Schrittes bestandin der ffentliche Werkstattveranstaltung, die

    eine breiteres thematisches Spektrum abdeckteund vor allem dem Austausch und der Weitungdes fachlichen Blicks diente. Den anderen Teilstellte die Zusammenkunft der Dialoggruppedar ein kleiner Kreis von Expertinnen und Ex-perten kam zusammen, um mit uns konzeptio-nelle und methodische Fragen zu errtern. ImMittelpunkt stand die Frage, wie die bervollenBotanisiertrommeln der sommerlichen Fall-studienarbeit auszuwerten sind. Grundlage derDiskussion stellte daher eine schiere Unmengevon einzelnen Informationen zu den Fallstudi-

    enrumen in Aachen, Hannover und Leipzigdar. Wir konnten erste Anstze und Vorschl-ge zur Auswertung erlutern und die dankder Flle des Materials durchaus komplexenWirkungszusammenhnge eingehender debat-tieren.

    Schon im Journal 03/2007 hatten wir von derVielfalt der hybriden Rume berichtet und ver-sucht aufzuzeigen, welche unterschiedlichenAusprgungen des Schnittbereichs privaterund kommunaler Aktivitten zu nden sind.Dabei waren die vier Ebenen des Polarittspro-

    ls hilfreiches Medium. Sie erlaubten, Aussa-gen zur Nutzbarkeit eines Raumes, zu seinerRegulierung, zur Produktion und Pege und

    zur eigentumsrechtlichen Dimension jeweilsdifferenziert zu betrachten.Schon die Betrachtung der bergnge zwi-schen der privaten und kommunalen Sphreinnerhalb einer einzelnen Ebene offenbart nichtimmer einfach zu erfassende Nuancierungen.

    Komplizierter und komplexer wird es, wennzu diesen bergngen die berlagerungen dervier Polaritts-Ebenen miteinbezogen werden.Werden also die fallbezogenen Aussagen zuden bergngen innerhalb der vier einzelnenEbenen des Polarittsprols (Nutzbarkeit, Re-gulierung, Raum und Eigentumsrecht) erfasst,entsteht fr jeden Raum ein Polarittsprol,das die spezischen berlagerungen kenntlichmacht. So entsteht fr jede Fallstudie in Leipzig,Hannover und Aachen ein Polarittsprol. Die-se insgesamt knapp 30 Polarittsprole lassen

    sich nun, bei allen Nuancen, berlagerungenund berschneidungen, im Wesentlichen dreiGruppen zuordnen: 1. diepops, die privat domi-niert sind; 2. diepops, die dauerhaft kommunalorganisiert sind; und 3. die Sonderflle, die sichbei genauer Betrachtung als cops subsumierenlassen, also als city owned public spaces, als Ru-me im kommunalen Eigentum, die dauerhaftprivat geprgt sind.

    NutzbarkeitIn Bezug auf die Ebene der Nutzbarkeit gilt,dass jeder von uns untersuchte Freiraum ffent-

    lich zugnglich sein muss. Somit ist auf dieserEbene der Betrachtung die Zuordnung allerRume zum Pol ffentlich per Denition des

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    Gruppe 1:pops privat dominiert

    eigentumsrechtlich privat,privat entwickelt,gebaut, gepegt,

    privat reguliert

    Gruppe 2:pops

    privat produziert,dauerhaft kommunal

    organisiert

    Gruppe 3:cops

    kommunalesEigentum,

    dauerhaft privatgeprgt

    Forschungsgegenstandes festgesetzt. ffent-lich zugnglich sind nach unserem Verstndnisall diejenigen Rume, deren baulich-rumlicheAusprgung zu blichen Nutzungszeiten ei-nen Zugang erlaubt. Dabei veranschaulichendie Beispiele auch, dass die rumlichen Gege-benheiten dabei durchaus sehr unterschiedlichsein knnen und die Integration der untersuch-

    ten Rume in das Netzwerk ffentlich zugng-licher Stadtrume variieren kann. In diesemKontext wurde diskutiert, inwieweit hybrideRume in den Gesamtzusammenhang ffentli-cher Stadtrume integriert sind oder sein ms-sen, ob sie als Folge ihrer hybriden Besonder-

    heit auch eine andere Rolle im Kontext spielen.Obwohl einzelne Fallbeispiele insbesonderein den Werkstattberichten des Vortags eineeher stiefmtterliche Behandlung, also man-gelhafte Integration einzelner Rume in dasNetzwerk ffentlicher Rume zeigen, waren diePrioritten theoretisch klar: Erst kommt derGesamtkontext, dann der einzelne Deal (IngeKunath). Ebenso interessant, aber im Rahmendes STARS-Projektes nicht genauer zu hinter-fragen, ist die etwaige Selektion bzw. Ausgren-zung einzelner Nutzergruppen in hybridenRumen. Es wre interessant zu untersuchen,wie sich Nutzer und ihr Verhalten in hybridenRumen unterscheiden und auch ob und wel-che Konikte in diesen Rumen auch im Ver-gleich zu den klassischen ffentlichen Ru-men in kommunalem Eigentum auftreten.

    RechtBeinahe als Gegenpart zur Ebene der ffent-lichen Nutzbarkeit oder Zugnglichkeit einesRaumes ist die eigentumsrechtliche Ebenezu sehen. Dort galt eine klare Zuordnung derFallstudienrume zur privaten Sphre. Aus for-

    schungskonomischen Grnden, also zur Ein-grenzung der groen Zahl mglicher Unter-suchungsrume, hatten wir im Frhjahr 2007entschieden, lediglich dieprivately owned publicspaces (pops) zu untersuchen also die ffent-lich zugnglichen Rume, die sich in privatemEigentum benden. Die Recherche in Aachen,Hannover und Leipzig hatte jedoch auch inter-essante Flle aufgedeckt, die nicht eindeutigoder allein in privatem Eigentum liegen. DieseGruppe der Sonderflle regte zu intensiverDiskussion an. Beschrnken wir unsere For-

    schung aufpops oder schlieen wir auch ein-zelne cops mit ein? Einigkeit in dieser Debatteherrschte zumindest dahingehend, dass nursolche cops relevante Forschungserkenntnisseversprechen, die durch dauerhafte Absprachenoder Kooperationen bezglich Regulierungoder Pege gekennzeichnet sind. Dahinge-gen wrden Freirume, deren Bau etwa durcheine einmalige Spende mglich wurde, wenigrelevante Aussagen zur langfristig angelegtenAusgestaltung des ffentlich-privaten Schnitt-bereichs bieten.

    Raum und RegulierungDauerhafte, fr die gesamte Lebensdauer ei-nes Raumes geltende Absprachen sind insbe-

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    Martin Klamt, Verfasserdes Buches: VerorteteNormen. ffentlicheRume, Normen, Kontrolleund Verhalten.

    Zweites Treffen derDialoggruppe

    sondere in den beiden Ebenen Regulierungund Raum zu nden. Whrend hinsichtlichder Nutzbarkeit die Zuordnung eindeutig zurffentlichen Sphre gilt und die Zuordnung zurprivaten Sphre hinsichtlich der Eigentums-recht zunchst eindeutig war, ist in denen Ebe-

    nen Raum und Regulierung eine Vielzahlunterschiedlicher bergnge zwischen den Po-len privat und kommunal festzustellen:So gibt es Rume, deren Regulierung allein ei-ner privaten Hand unterliegt. Andere werdenallein durch kommunale Krfte reguliert undwiederum andere Fallbeispiele zeigen, dasssich private und kommunale Akteure die Regu-lierung teilen. Wie diese Kooperation gestaltetist, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein.

    Eine hnliche Bandbreite von Mglichkeitenzeigt sich in der Ebene Raum. Diese fasst zu-nchst alle Phasen von der Planung und Ent-wicklung, ber den Bau bis hin zur dauerhaf-ten Instandhaltung und Pege zusammen. DerBlick auf die Fallbeispiele macht deutlich, dassinnerhalb dieser Phasen jedoch differenziertwerden muss. So gibt es Rume, die von priva-ter Hand entwickelt und gebaut werden, aberdurch kommunale Dienste gepegt werden.Auch hier ist eine Vielzahl von Varianten zu n-den, wie sich private und kommunale Akteuredie Aufgabe der Entwicklung, des Baus und derPege teilen. So unterscheiden sich sowohl ein-

    zelne Absprachen oder einfach nicht abgespro-chenen Gewohnheiten, wie auch Gepogenhei-ten in Kommunen. Whrend in Hannover alleffentlich zugnglichen Rume vom kommu-nalen Reinigungsdienst gepegt werden, gibt esin Aachen Beispiele fr eine doppelte Pege,da Grenzen und Kompetenzen nicht eindeutiggeklrt oder den Ausfhrenden kommuniziertsind. Diskutiert wurde auch die Frage, was beiUnterlassungen der Pichten geschieht, wo dieGrenzen der kommunalen Verantwortung lie-gen, ob und wann eine Kommune eingreifen

    wrde. Whrend die Zustndigkeit bezglichder Reinigung in Hannover eindeutig geklrtist, vertrat Inge Kunath, Leiterin des leipzigerGrnchenamts, die Ansicht, dass sich einekommunale Instanz gewiss nicht um die Pegeeiner Flche in privatem Eigentum kmmernwrde.So wurde in der Diskussion aber deutlich, dasses sich in vielen Fllen um einzelne deals han-delt, um individuelle, mageschneiderte Aus-handlungen und Vereinbarungen zwischenden beteiligten Akteuren. Dabei knnen nichtnur privatrechtliche Vertrge die juristischeGrundlage bilden, sondern beispielsweise auchso genannte Gestattungsvereinbarungen. Ins-besondere in Leipzig haben sich diese zu ei-

    nem Instrument der Stadtentwicklungspolitikentwickelt, das private Grundstcke ffentlichzugnglich macht und die kooperative Produk-tion und Pege dieser temporren Freirumerechtlich absichert.Der hannoveraner Landschaftsarchitekt MartinDiekmann hatte in der Werkstatt ber seineRolle als Gestalter in hybriden Verhltnissenberichtet. Schon dort und auch bezglich derEntwicklung und Produktion hybrider Rumekamen Fragen zur gestalterischen Merkmalen,zur Ablesbarkeit von Hybridem auf. Obwohlgestalterische Ausprgungen nicht im Mittel-

    punkt unserer Forschung stehen, waren gestal-terische Merkmale bei der Suche nach Fallstu-dien nicht ganz unwesentlich. Oftmals warenes sichtbare Indizien, die unseren Verdachtweckten, dass ein Raum in der Einusssphreprivater Akteure liegt. Ob und wie weit privateInteressen die Gestaltung eines ffentlich zu-gnglichen Raumes prgen, bedrfte weitererUntersuchungen. Klaus Overmeyer weist indiesem Zusammenhang aber darauf hin, dassdie Gestaltung eines Raumes in keinem Fallprimre Aufgabe der kommunalen Hand sei.

    Die unterschiedlichen Fragen und Aspekte, dieim Rahmen des zweiten Dialoggruppentref-fens diskutiert wurden, beinhalteten sowohl frdie Auswertung des gesammelten Fallstudien-materials als auch fr nchste Projektschrittewichtige Anregungen: hinsichtlich der genau-en Abgrenzung des Forschungsgegenstandes,der Fallstudienrume; hinsichtlich des Interes-sens- und Untersuchungsfokus innerhalb desprivat-ffentlichen berschneidungsbereichs;hinsichtlich mglicher Asymmetrien in Rollen-verteilungen, entsprechendem Koniktpoten-zial und Fragen nach den Grenzen der kommu-nalen Verantwortung.

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    Zum Vormerken...

    04 Impressum/KontaktJournal zum Forschungsprojekt [STARS] Stadtrume in Spannungsfeldern.Herausgegeben im Januar 2008 von:Ulrich Berding, Juliane Pegels, Do Hyung Kim, Bettina Perenthaler und Klaus Selle

    PTLehrstuhl fr Planungstheorie und Stadtentwicklung, RWTH AachenPostfach, 52056 Aachen. T +49 241 80 983 [email protected] www.pt.rwth-aachen.deBildnachweis: Wenn nicht anders angegeben, alle Abbildungen: PT

    PT-Tagung 2008:

    PLTZE, PARKS UND PROMENADEN Die Koproduktion von ffentlichen Rumen in den Stdten

    20. Juni 2008 im Technologiezentrum Europaplatz, Aachen