Strukturbildung in der Natur und im Labor · Herr Bajaj ist aus Indien, Herr Berge aus Norwegen....

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Strukturbildung in der Natur und im Labor * Guenter Ahlers Otto von Guericke Vortrag, Magdeburg, 14. Oktober 1997 Department of Physics and Center for Nonlinear Science, University of California, Santa Barbara, California 93106 1 Einleitende Bemerkungen Herr Rektor B¨ ottger, meine Damen und Herren, liebe Freunde in Magdeburg: ur mich ist es eine besondere Freude, hier sein zu d¨ urfen und die Gelegenheit zu haben, Ihnen etwas von meinen Interessen in der Physik zu erz¨ ahlen und Sie hoffentlich auch etwas davon zu begeistern. Erstens sage ich das deswegen, weil die Physik, und nat¨ urlich auch alle anderen Wissenschaften, international sein sollten ohne Einschr¨ ankungen durch politische Grenzen. Nun hab ich schon oft die Gelegenheit gehabt, in den Alten Bundesl¨ andern wissenschaftliche und auch pers¨ ohnliche Kontakte aufzunehmen, und es wird h¨ ochste Zeit, das auch auf die Neuen Bundesl¨ ander zu erweitern. Vor ein paar Wochen war ich in Dresden am neuen Max Planck Institut f¨ ur Physik komplexer Systeme. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Unter anderem h¨ orte ich dort auch einen besonders sch¨ onen Vortrag ¨ uber Strukturbildung in granularen Medien von einem Magdeburger, n¨ amlich von Herrn Professor Rehberg. Mit ihm und seinen Kollegen jetzt hier in dieser Stadt sein zu d¨ urfen, ist f¨ ur mich ein ganz besonderes Privileg. Aber ich habe noch einen weiteren Grund, es zu sch¨ atzen, Ihre Stadt und Uni- versit¨ at kennenzulernen. Ausser der Strukturbildung habe ich n¨ amlich noch ein zweites Interesse: die Tieftemperaturphysik. Nun ist es ganz klar, dass die Tieftemperaturephysik ohne Vakuum einfach nicht denkbar ist. Also ver- danken ich und Tausende von anderen Physikern dem Herrn von Guericke einen guten Teil unseres wissenschaftlichen Lebens. Es macht mir deshalb ganz besondere Freude zu sehen, wo er gearbeitet und gelebt hat. ? Dieser Artikel ist eine direkte ¨ Ubertragung von einem Tonband des Vortrages. Der Autor hat nur die Abbildungen hinzugef¨ ugt und eine kleine Anzahl von Missverst¨ andnissen aufgekl¨ art.

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Strukturbildung in der Natur und im Labor∗

Guenter AhlersOtto von Guericke Vortrag, Magdeburg, 14. Oktober 1997

Department of Physics and Center for Nonlinear Science,

University of California, Santa Barbara, California 93106

1 Einleitende Bemerkungen

Herr Rektor Bottger, meine Damen und Herren, liebe Freunde in Magdeburg:

Fur mich ist es eine besondere Freude, hier sein zu durfen und die Gelegenheitzu haben, Ihnen etwas von meinen Interessen in der Physik zu erzahlen und Siehoffentlich auch etwas davon zu begeistern. Erstens sage ich das deswegen, weildie Physik, und naturlich auch alle anderen Wissenschaften, international seinsollten ohne Einschrankungen durch politische Grenzen. Nun hab ich schonoft die Gelegenheit gehabt, in den Alten Bundeslandern wissenschaftliche undauch persohnliche Kontakte aufzunehmen, und es wird hochste Zeit, das auchauf die Neuen Bundeslander zu erweitern. Vor ein paar Wochen war ich inDresden am neuen Max Planck Institut fur Physik komplexer Systeme. Daswar ein erster Schritt in die richtige Richtung. Unter anderem horte ich dortauch einen besonders schonen Vortrag uber Strukturbildung in granularenMedien von einem Magdeburger, namlich von Herrn Professor Rehberg. Mitihm und seinen Kollegen jetzt hier in dieser Stadt sein zu durfen, ist fur michein ganz besonderes Privileg.

Aber ich habe noch einen weiteren Grund, es zu schatzen, Ihre Stadt und Uni-versitat kennenzulernen. Ausser der Strukturbildung habe ich namlich nochein zweites Interesse: die Tieftemperaturphysik. Nun ist es ganz klar, dassdie Tieftemperaturephysik ohne Vakuum einfach nicht denkbar ist. Also ver-danken ich und Tausende von anderen Physikern dem Herrn von Guerickeeinen guten Teil unseres wissenschaftlichen Lebens. Es macht mir deshalbganz besondere Freude zu sehen, wo er gearbeitet und gelebt hat.

? Dieser Artikel ist eine direkte Ubertragung von einem Tonband des Vortrages.Der Autor hat nur die Abbildungen hinzugefugt und eine kleine Anzahl vonMissverstandnissen aufgeklart.

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Herr Professor Bottger, ich bin Ihnen sehr dankbar fur die netten WorteIhrer Einfuhrung. Sie erwahnten einige der grossen Probleme der Physik.Die Losungen von manchen von diesen, wenn auch nich von allen, werdenin der Zukunft sicher als die grossen Fortschritte der Wissenschaft und desmenschlichen Verstehens unserer Welt und ihrer physikalischen Gesetze gehal-ten werden. Ich bin stolz darauf, dass unsere Generation noch bereit ist, diegrossen Unternehmen durchzufuhren und zu finanzieren, die notig sind, umdiese neuen Kenntnisse zu erwerben. Sicher stimmen wir daruber uberein, dasszum Beispiel die Beobachtung von Gravitationswellen, und besonders derenAusnutzung fur wissenschaftliche Zwecke, zu diesen grossen Problemen zahlt.Aber es gibt naturlich auch andere die vielleicht etwas weniger bekannt sind.

Ich mochte ein besonderes Beispiel erwahnen. Von ESA und NASA wirdzur Zeit in internationaler Zusammenarbeit ein Experiment vorbereitet, indem Einsteins Aquivalenzprinzip der Tragheit und der Gravitationsmasse mitunglaublicher Genauigkeit gepruft werden soll. Dies Experiment heisst STEP,ein Akronym fur “Satellite Test of the Equivalence Principle”. Solch ein Un-ternehmen ist naturlich nicht billig, und letzten Endes wird es von der Allge-meinheit finanziert. Aber ein Versagen des Aquivalenzprinzips, egal wie klein,wenn es das gebe, wurde unser Verstandnis der fundamentalen Krafte un-serer Welt grundsatzlich andern. Nun muss man allerdings sagen, dass diepraktischen Konsequenzen solch einer Entwicklung in unserer Umwelt in dervorraussehbaren Zukunft kaum spurbar sein wurden; sie wurden kaum einenEinfluss auf den durchschnittlichen Menschen haben. Trotzdem wurde solcheine Entwicklung doch eins der grossen intellektuellen Erfolge unserer Gener-ation sein. Deswegen wiederhole ich, dass ich stolz darauf bin, dass zu unserenZeiten solche Unternehmen noch moglich sind.

Warum spreche ich nun uber diese Unternehmen? Zum Teil spreche ich daruber,um zu betonen, dass die Wahrheit in der Physik auch relativ ist. Ich mochtenicht sagen, dass sie vom Beobachter abhangt, denn wenn zwei Physiker dieselben Beobachtungen (also Experimente) machen, dann wird erwartet dasssie die selben Resultate erhalten. Aber die Experimente verbessern sich mitder Zeit, und deshalb konnen die Schlusse, die daraus folgen, sich andern.Das ist die naturliche Entwicklung in der Physik. Erst werden Beobachtun-gen unserer Umwelt gemacht; dann wird eine Theorie gemacht, die mit diesenBeobachtungen konsistent ist und zu weiteren Voraussagen fahig ist. Wenndie Beobachtungen (oder Messungen) besser werden, oder vollig neue gemachtwerden, dann muss eventuell auch die Theorie entweder verfeinert oder volliggeandert werden. So war es schon seit den Zeiten der alten Griechen, undvielleicht wird es ewig so weiter gehen, ohne dass wir jemals die “endgultigeWahrheit” entdecken. Manche verzweifeln an solch einem Gedanken. SagteFaust doch schon: ”Ich weiss, dass wir nichts wissen konnen! Das will mirschier das Herz verbrennen!” Ich teile diese Lebensansicht nicht, und halte esnicht fur notig, einen Vertrag mit dem Teufel zu machen. Fur mich, und ich

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glaube fur die meisten Wissenschaftler, genugt es, den nachsten Schritt zurabsoluten Wahrheit der Natur zu gehen, auch wenn letzten Endes unendlichviele Schritte notig sein mogen. Obgleich Rainer Maria Rilke sicher nicht denWissenschaftler im Sinne hatte, fallen mir dabei ein paar Zeilen aus seinemStundenbuch ein. Er sagte: ”Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, diesich uber die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen;aber versuchen will ich ihn.” So ist es, glaube ich, auch bei den meisten Wis-senschaftlern. Nach jedem Erfolg, nach jedem uberwundenen Ring, gibt esein neues Problem das gelost werden soll. Rilke suchte nach seinem Gott.Der Wissenschaftler sucht nach seiner Wahrheit. Vielleicht sind beide gleichunerreichbar. Vielleicht sind beide aber auch dasselbe! Jedenfalls bleibt furden Forscher deswegen das Leben auf die Dauer aufregend und interessant.

Wenn es nun aber vieler, vielleicht unendlich vieler, Fortschritte bedarf, um dieendgultige Wahrheit zu erreichen, dann ist doch sicher jeder einzelne Schrittnur ein winzig kleiner. Und doch ist jeder nur mit viel Muhe und Arbeitgetan. Aber einer sagte ja mal: “Wenn das Leben kostlich gewesen ist, dannist es Muhe und Arbeit gewesen”. Und so ist es auch in der wissenschaftlichenForschung. Der Experimentalphysiker, zum Beispiel, verbringt lange, fleissigeStunden, Tage und Wochen in seinem Labor, und erst dann erntet er dieErfolge seiner Arbeit; aber fur ihn sind diese Erfolge, wenn im Ganzen gesehenauch nur klein, Belohnung genug denn sie scheinen in dem Augenblick derkostlichste Genuss seines ganzen Lebens zu sein.

Wir sprachen zuvor von den grossen ungelosten Problemen der Physik und ichdeutete an, dass deren Losung, obgleich von enormer intellektueller Wichtigkeit,auf das alltagliche Leben vielleicht keinen grossen Einfluss haben wurde. Esgibt aber andere Gebiete der Physik, die im Laufe der letzten Jahrzehnteunser Leben vollig geandert haben. Wir finden diese Gebiete zum Beispiel inder Physik der kondensierten Materie, das heisst in der Physik, die sich mitden Sachen befasst, die wir um uns haben und sehen oder anfassen oder fuhlenkonnen. Hier sind die einzelnen Probleme im Durchschnitt viel kleiner, unddaher die Forschungsprojekte naturlich billiger. Und doch hat die Grundla-genforschung in diesen Gebieten uns einen grossen Teil unserer heutigen Tech-nologie gebracht und damit unser Leben vollig geandert. Nun kann man sichnaturlich fragen, ob alle diese Veranderungen der Menschheit zugute gekom-men sind. Hier wurde ich sagen, dass es den Menschen im Durchschnitt heutedoch viel besser geht, als zum Beispiel vor hundert oder funfzig oder sogarvor funfundzwanzig Jahren. Aber bei manchen neuen wissenschaftlichen undtechnologischen Entwicklungen sollte man doch genau hinschauen und, wennmoglich, bestimmen, was eventuell die Konsequenzen sein konnten. Und hierkonnen die Naturwissenschaftler nicht immer allein die Entscheidungen tref-fen; manchmal sollten sie konstruktiv mit Experten der Geisteswissenschaften,mit Soziologen, Ethikern und sogar mit Politikern zusammenarbeiten. Vor50 Jahren gab es in der Physik die Entwicklung der Atomenergie; und aus

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politischen Grunden haben die Physiker and Politiker die schweren Entschei-dungen alleine gemacht. Man kann selbst heute noch verschiedener Meinungsein, ob diese Entscheidungen fur die Menschheit die besten waren; aber dieKonsequenzen waren jedenfalls enorm. Zu unserer Zeit gibt es Entwicklun-gen, die sicher genau so wichtig oder noch wichtiger sind, aber diese findenhauptsachlich in der Biologie und Biophysik statt. Wir konnen nur hoffen,dass dort die wissenschaftlichen Fortschritte mit grosser Vorsicht in praktis-che Anwendungen umgewandelt werden.

Ich mochte Ihnen nun davon erzahlen, wie auf einem speziellen Gebiete derPhysik gearbeitet wird. Es ist nicht ein Gebiet in dem man ungeheuer schw-erwiegende Konsequenzen fur die Menschheit erwartet, obgleich es fur unsereUmwelt, fur unsere Technologie, und fur die Verbesserung unseres Lebens dur-chaus relevant ist. Es ist auch ein Gebiet, in dem einzelne Fortschritte relativklein sind, so dass es vieler kleiner Schritte bedarf, um relativ grosse Problemezu losen.

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Abb. 1. Links: Wolkenstrassen uber der arabischen Halbinsel. Rechts: Rollenstruk-turen im Dauerfrost in Spitzbergen.

2 Strukturen in der Natur

Ich mochte heute uber Strukturen in der Natur und im Labor sprechen. Ichhatte einen Untertitel angeben konnen: “Von Ordnung zu Unordnung” oder“Wie versteht man die Entwicklung der Unordnung aus der Ordnung?” DieSachen, uber die ich sprechen werde, sind naturlich nicht von mir gemacht wor-den. Sie sind von vielen, vielen Mitarbeitern gemacht worden; also uber dreissigwaren es sicher im Laufe der Jahre. Ich mochte nur bemerken, dass auch einpaar Deutsche dabei waren: Herr Bodenschatz, Herr Lucke, Herr Brand, HerrPesch, Herr Kramer, und naturlich Herr Rehberg. Es war mir eine besondersgrosse Freude, mit vielen jungen Leuten aus vielen verschiedenen Landernzusammenarbeiten zu konnen. Es lohnt sich vielleicht nicht, alle Namen zulesen, aber ich mochte doch bemerken, dass z.B. Frau Aitta aus Finnland ist,Herr Bajaj ist aus Indien, Herr Berge aus Norwegen. Die Deutschen habeich schon erwahnt. Herr deBruyn ist aus Kanada, Herr Ning aus China, HerrSakurei aus Japan, und so geht es weiter; Herr Bisang ist aus der Schweiz;es sind auch sogar ein paar Amerikaner dabei! Also das Schone an der Wis-senschaft ist eben, dass sie international ist und dass man uberall in der WeltFreunde findet, wie z.B. hier in Magdeburg.

Also, wo wir auch hinschauen, finden wir Strukturen. Hier (Abb. 1 links) istein Beispiel von Wolkenstrassen uber dem Ozean dicht bei der arabischen Hal-binsel. Das Bild ist naturlich von einem Satelliten aufgenommen. Die Wolkensind Streifen-artig angeordnet, und diese Streifen nennen wir auch oft Rollen-strukturen. Man findet auch woanders solche Rollen. In Abb. 1 rechts ist nochein Beispiel. Das sind rollenartige Dauerfroststrukturen in Spitzbergen. DieErde wirft sich da durch das Frieren und Tauen, das jedes Jahr stattfindet, soauf. Es bilden sich also im Laufe der Jahre diese regelmassigen Streifen. Aber

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Abb. 2. Streifen auf Zebrafellen.

Streifen gibt es nur dann, wenn man steigendes Gelande hat. Ich werde Ihnennoch zeigen, wie das aussieht, wenn das Gelande nicht ansteigt, sondern wennes flach ist. In der Tierwelt findet man auch Streifen; sehr schone sogar. Alsouberall in der Natur gibt es Strukturen oder Muster von verschiedener Sorte,wie wir sehen werden. Hier ist noch ein recht schones Beispiel (Abb. 2) ausder Natur, aus der Tierwelt. Es sieht ein bisschen eigenartig aus, denn nor-malerweise sind die Streifen am Zebra in der anderen Richtung. Also es gibtauch Anomalien! Aber die Muster fuhren auch dazu, dass wir gewisse Sachenals schon empfinden.

Jetzt sollten Sie aber nicht denken, dass alle Strukturen streifenartig sind.Es gibt z.B. auch Sechsecke. Und hier (Abb. 3 links) sind die Auswirkun-gen des Dauerfrostes in Spitzbergen zu sehen, wenn das Gelande eben nichtansteigt, sondern wenn es flach ist. Dann findet man Zellen, die sich irgendwiesechseckig ausrichten. Sechsecke gibt es auch im Gestein. Hier ist ein Beispiel(Abb. 3 rechts) von ziemlich regelmassigen Sechsecken in “Devil’s Postpile” inder Sierra Nevada. Wenn Sie genau hinschauen sehen Sie ein kleines Taschen-messer. Das zeigt Ihnen so ungefahr wie gross diese Struktur ist.

Schon, wir haben also Sechsecke und Streifen gesehen. Es gibt aber auch an-dere Strukturen. Hier (Abb. 4 links) ist ein sehr interessantes Beispiel, wiedervon einem Satelliten aufgenommen. Das sind solitare Wellen auf dem Indis-chen Ozean. Diese Wellen sind in einer Richtung extrem lokalisiert, und derAbstand zwischen ihnen ist viel grosser als ihre Breite. Der Abstand ist vonGrossenordnung 10 - 100 km und die Lange ist Hunderte von Kilometern;enorm gross, und wie gesagt, lokalisiert in der einen Richtung. LokalisierteZustande sind in der Strukturbildung ein sehr interessantes Phanomen, und

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Abb. 3. Links: Sechsecke im Dauerfrost (Spitzbergen). Rechts: Sechsecke im Gestein(“Devil’s Postpile” in der Sierra Nevada, Kalifornien).

Abb. 4. Links: Solitare Wellen auf dem Indischen Ozean. Rechts: Korallen in derKaribik.

wir werden es auch im Labor kennenlernen. Solch ein Phanomen gibt esuberhaupt nur, weil Strukturbildungsphanomene nicht-linear sind. In einerlinearen Welt konnten solitare Wellen nicht existieren.

Ich mochte noch ein Beispiel aus der Biologie zeigen (Abb. 4 rechts). Es sindKorallen im Karibischen Meer, wo ich mal auf Urlaub war und diese Un-terwasseraufnahme gemacht habe. Was wir hier sehen ist eine Koexistenzvon regelmassigen Rollen oder Streifen an einer Stelle mit einer Strukturan einer anderen, die wir raumliches Chaos nennen. Also, ich habe IhnenBeispiele gezeigt von regelmassigen Strukturen, wie Streifen und Sechsecke,

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Abb. 5. Von Karman Wirbelstrasse bei der Insel Guadalupe im Pazifik.

von lokalisierten Strukturen, die solitaren Wellen auf dem Indischen Ozean,und dann diese chaotischen Strukturen, die auch existieren. Nun mochte manvielleicht denken, dass das Chaos so ungeordnet ist, wie die Welt eben seinkann; aber das ist nun doch nicht der Fall. Die Welt kann noch ungeordneterwerden, und dann erreicht man in fluiden Systemen endlich die Turbulenz. InAbb. 5 ist ein Beispiel. Man sieht die Insel Guadalupe, die dicht bei Baja Kali-fornien ist, also im Pazifischen Ozean. Der Wind weht daruber hinweg und esentstehen diese Wirbel hinter der Insel. Sie werden Karmansche Wirbelstrassegenannt, nach dem beruhmten Gottinger Physiker von Karman. Hier siehtman enorm grosse Langenskalen. Innerhalb der Wirbel ist die Stromung tur-bulent.

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3 Universalitat der Strukturbildung

Man kann also in der Umwelt vielerlei verschiedene Strukturen sehen. DieWolken, die Erde - den Sand am Strand habe ich nicht erwahnt, aber HerrRehberg kann Ihnen viel uber Sand erzahlen - die Oberflache des Ozeans, Ko-rallen und die Felle von Tieren. Man kann da viele Strukturbildungen, vielePhanomene der Strukturbildung, sehen und bewundern. Aber die Frage ist,wie versteht man sie? Nicht nur, indem man sich die Sachen in der offenenNatur anschaut! Das ist nicht quantitativ genug fur den Physiker. Man machtirgendwie quantitative Experimente im Labor, und die Theoretiker machenparallel dazu gut gewahlte, theoretische und numerische Projekte. Wir mussenuns also als Naturwissenschaftler ein gutes System aussuchen, um Struktur-bildung zu untersuchen. Wir haben da eine grosse Auswahl. Wir konnten einBeispiel aus der Hydrodynamik nehmen. Das werde ich Ihnen in Einzelheitenzeigen; aber das ist nicht die einzige Moglichkeit. In der Optik z.B. gibt esauch Strukturbildung, und sicherlich auch in der Chemie oder in der Biologie.Ein biologisches Beispiel haben wir ja schon beim Zebra gesehen. In der Hal-bleiterphysik, bei Gasentladungen und bei granularen Medien (wie man hier inMagdeburg sehr gut weiss), gibt es interessante Strukturen. Das faszinierendedabei ist, dass diese Strukturen in diesen vielseitigen Gebieten alle etwasGemeinsames haben. Die Strukturbildung zeigt in so vielen verschiedenen Sys-temen immer gewissermassen dieselben Phanomene, wie Rollen, Sechsecke,lokalisierte Zustande und Chaos! Deswegen spricht man von einer “Univer-salitat” der Strukturbildung. Das Gemeinsame beruht naturlich auf den math-ematischen Gleichungen. Es gibt nur eine gewisse Menge von mathematis-chen Gleichungstypen und die erzeugen dann immer nur eine gewisse Mengevon Phanomenen. Die Theoretiker leiten zur Beschreibung der Phanomene ineinem speziellen System sogenannte Differentialgleichungen oder Phasengle-ichungen oder andere mathematische Modelle ab, und diese Modelle habenoft dieselben Eigenschaften (z.B. Symmetrien) fur ganz unterschiedliche Sys-teme. Das fuhrt eben dazu, dass man dieselben Phanomene findet, egal obdiese Gleichungen nun fur ein chemisches oder biologisches oder ein physikalis-ches System sind.

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Gas in

Gas out

Sample

Electrodes Camera

Abb. 6. Apparatur zur Untersuchung von Strukturbildung bei Gasentladungen.

Abb. 7. Streifen und Sechsecke bei Gasentladungsstrukturen.

4 Strukturbildung im Labor

Ich mochte Ihnen nun ein bisschen von einigen dieser verschiedenen Systemeerzahlen. Erstmal ein paar Bemerkungen uber die Untersuchung von Gasent-ladungsstrukturen. Abbildung 6 zeigt eine Apparatur. Sie ist im Prinzip rechteinfach. Man hat zwei durchsichtige Elektroden; da kann man eine Spannunganlegen. Ein Gas wird hindurch gefuhrt, und wenn die Spannung gross genugist, dann gibt es Strukturen in diesem Gas, elektronische Strukturen. Das Gasleuchtet wie eine Neonlampe, aber nicht wirklich einheitlich, sondern in einemMuster. Muster gibt es auch manchmal in der Neonlampe, aber hauptsachlichnur, wenn sie fast ausgebrannt ist. Oft flickert die Lampe dann auch; mansieht also, dass Strukturen auch zeitabhangig sein konnen. Die Skizze in Abb.6 ist von meiner Kollegin Frau Gwinn in Santa Barbara, aber ahnliche Exper-

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Abb. 8. Links: Ein Turingreaktor. Rechts: Turing Strukturen.

imente werden z. B. hier in Deutschland in Munster in der Gruppe von HerrnPurvitz gemacht. Abbildung 7 zeigt Beispiele von den Strukturen, die man inder Gasentladung gefunden hat. Wir sehen wieder Sechsecke und wir sehenauch Streifen. Obgleich ich sie hier nicht zeige, findet man auch lokalisierteZustande und Chaos. Sie sollten also nicht denken, dass es hauptsachlich nurSechsecke und Streifen gibt.

Ein zweites Beispiel ist ein Turingreaktor (Abb. 8 links). Das ist aus derChemie. Wir haben hier ein Gel zwischen zwei porosen Platten. Auf einerSeite werden gewisse Chemikalien eingefuhrt, und andere Chemikalien werdenauf der anderen Seite eingefuhrt. Beide diffundieren in das Gel hinein undreagieren miteinander. Wegen der Diffusion bildet sich auch in diesem Systemein Muster oder eine Struktur. Abbildung 8 rechts zeigt solche Strukturen. Siewurden in der Gruppe von Herrn Swinney in Austin, Texas beobachtet undvermessen. Wieder habe ich mal die Streifen und die Sechsecke ausgewahlt, umzu betonen, dass die Strukturbildung universal ist; aber auch in chemischenStrukturen gibt es Chaos und andere interessante Phanomene.

Wenn man ein gewisses Phanomen untersuchen will, kann man sich also dasSystem auswahlen das einem am besten passt. Der Experimentalphysiker wird

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dann eins nehmen, das er ganz besonders gut untersuchen kann, also eins indem er quantitative Kontrolle hat uber die Randbedingungen und uber dieParameter, die relevant sind. Fur mich ist das System eben Rayleigh-Benard-Konvektion. Und daruber mochte ich jetzt imDetail sprechen.

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Base

Can

Al Bottom Plate

Sapphire

Heater Fluid

Window

Thermistor

Thermistor

Inlet Outlet

Retaining Ring Cell Wall

O-Ring

Bath Insulation

Top Flange

Bath

Bott. Plate

d

λ

Q

Abb. 9. Links: Das Rayleigh-Benard-Konvektionssytem. Rechts: Eine moderneRayleigh-Benard-Apparatur.

5 Strukturbildung in Rayleigh-Benard Konvektion

5.1 Das experimentelle System

In der Rayleigh-Benard-Konvektion haben wir zwischen zwei Platten eineFlussigkeit, ein Fluid sollte ich sagen, denn es kann auch ein Gas sein. Schema-tisch ist das in Abb. 9 links gezeigt. Es wird von unten mit einem WarmestromQ geheizt, und wenn der Temperaturunterschied gross genug ist, grosser alsein kritischer Wert ∆Tc, dann wird es eine Stromung geben. Die Flussigkeitwird zu fliessen anfangen, und wenn es eine Stromung gibt, dann muss dieseStromung irgendein Muster bilden. Was irgendwo raufgeht muss irgendwoanders wieder runterkommen, und das fuhrt eben wieder zu einer Struktur;diesmal in der Stromung.

Ich mochte hier schon gleich fur spater einen reduzierten Kontrollparameterdefinieren. Der heisst ε, und ist ganz einfach ∆T/∆Tc − 1. Also bei ε gleich 0sind wir gerade an der Schwelle, wo die Konvektion anfangt. Dann ist ε also eindimensionsfreier Parameter, der uns sagt, wie weit wir oberhalb der Schwellesind. Man kann dann beschreiben, wie sich die Strukturen als Funktion von εentwickeln.

Erst mochte ich Ihnen aber eine Skizze von einer Apparatur zeigen (Abb.9 rechts), die wir in unseren Labors benutzten. In dieser Apparatur unter-suchen wir die Konvektion in typischen Flussigkeiten, wie Wasser oder Wasser-Alkohol-Mischungen. Manchmal, wenn wir nach etwas exotischeren Phanomenensuchen, benutzen wir auch sogenannte Flussigkristalle als Fluid. In einer et-was anderen Apparatur konnen wir auch die Konvektion in einem Gas unter

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Abb. 10. Links: Rollen bei Rayleigh-Benard Konvektion. Rechts: Sechsecke beiRayleigh-Benard Konvektion (nur ein Teil der Probe ist gezeigt).

Druck untersuchen. Das Gas kann Kohlendioxyd sein, Argon oder Stickstoff,das ist egal. Der Druck kann naturlich von niedrigen Werten bis auf sagen wirmal einhundert Atmospharen erhoht werden, so dass man diesen Parametersehr variieren kann und dadurch eben auch verschiedene Phanomene erzeu-gen kann. Man sieht also, dass die Konvektion sehr vielseitig ist, weil mandie Eigenschaften des Fluides sehr verandern kann. Es lohnt sich nicht, aufdie experimentellen Einzelheiten einzugehen, ich mochte nur bemerken, dassdie Temperaturregelung in diesen Experimenten sehr gut ist. Die Temper-atur wird auf einen halben Milligrad konstant gehalten. Der Druck ist auchsehr gut reguliert, auf etwa 10−3 bar oder Atmospharen, wenngleich der Druckselbst vielleicht zwanzig, dreizig oder vierzig bar sein mag. Die Dicke der Zelle,also die Dicke der Fluidschicht, ist typischerweise 0,5 bis 5 Millimeter. Sie istauch enorm gleichmassig; gleichmassig auf etwa 0,5 Mikrometer. Ein so gutdefiniertes experimentelles System hat die offene Natur nicht anzubieten; umdies zu finden muss der Experimentalphysiker in sein Labor.

5.2 Rollen und Sechsecke bei kleinem ε

Was werden wir in der Konvektion finden? Sie haben es erraten, es gibt Streifenund Sechsecke! Das sehen wir in Abb. 10. Durch ein sogenanntes Schattenver-fahren wurde die Temperaturverteilung in der Probe sichtbar gemacht. Hierentsprechen helle Stellen relativ kaltem, und dunkle relativ warmem Fluid.Hell entspricht also der Stromung von oben (wo es kalt ist) nach unten, unddunkel von unten nach oben. Unter gewissen Umstanden sieht man solchschone Streifen wie in Abb. 10 links. Die bilden sich, wenn man nur etwas

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uber die Schwelle hinweggeht, also bei kleinem ε. Das wurde schon vor uber30 Jahren von Schluter, Lortz, und Busse vorausgesagt. Die experimentellenResultate in Abb. 10 sind nur ein paar Jahre alt. Sie zeigen aber, dass dieTheorie durchaus richtig ist. In diesen relativ einfachen Beispielen der Struk-turbildung gibt es also perfekte Ubereinstimmung zwischen der Theorie undden Experimenten.

Nun soll ich sagen, dass man solche Streifen nur dann kriegt, wenn der Tem-peraturunterschied ∆Tc nicht zu gross ist. Man kann ∆Tc variieren, z.B. indemman den Druck des Gases variiert. Wenn der Druck gering ist, wird ∆Tc gross,und dann bilden sich Sechsecke, wie auf der rechten Seite von Abb. 10. DieseStrukturen sind naturlich viel regelmassiger als die, die man in der Natur sieht;eben deswegen, weil alles sehr einheitlich ist und weil die Randbedingungensehr gut festgelegt sind. In dieser Sechseckstruktur sind etwa 5000 kleine Zellenin dem ganzen System (in der Abbildung ist nur ein Teil davon gezeigt). Undda ist keine Fehlstelle drin! Am Rande gibt es naturlich verschiedene Sachen,da wollen wir nicht drauf eingehen. Aber im Inneren sind keine Fehlstellen.Das selbst ist fur den Physiker schon interessant , dass alle Fehlstellen, dieursprunglich vielleicht da sind, irgendwie zum Rande rauswandern. Das istquantitativ glaube ich noch nicht vollig verstanden. Die Frage ist nun, wiekonnen wir verstehen, wann es Sechsecke und wann es Streifen gibt?

5.3 Einfluss der Symmetrie auf Strukturen

Streifen bilden sich in einem sogenannten Boussinesq-System. Das ist ein Sys-tem, das der Naherung des Herren Boussinesq entspricht. Ich weiss nicht,warum jemand mit so einem komplizierten Namen diese Naherung als er-ster vorgeschlagen hat. Jetzt mussen wir dauernd diesen langen Namen mituns herumschleppen. Aber, jedenfalls handelt es sich um die Naherung, dassdie Eigenschaften des Fluids nicht von der Temperatur abhangig sind. Alsoam oberen kalten Ende der fluiden Schicht sind die spezifische Warme, dieWarmeleitfahigkeit, die Viskositat usw. genauso wie am unteren Ende. Wenndas System aber Nicht-Boussinesq ist, also wenn die Eigenschaften oben rechtanders sind als unten weil wir einen ganz grossen Temperaturunterschiedhaben, dann erhalt man als erste Struktur oberhalb der Schwelle Sechsecke.Das ist qualtitativ nicht so schwer zu verstehen, denn Rollen haben Spiegel-symmetrie an der Mittelebene der Schicht. Das mochte ich anhand Abb. 11etwas illustrieren. Hier haben wir einen Schnitt durch Konvektionsrollen. Jetztlegen wir an der waagerechten Mittelebene einen Spiegel hin, und das oberegeht nacht unten, das untere geht dann nach oben. Diese Spiegelung gibt unsdas mittlere Bild.Hier merken Sie, dass die Pfeile an den Rollen jetzt in die an-dere Richtung zeigen. Oben z.B. dreht sich die mittlere Rolle im Uhrzeigersinn,und nach der Spiegelung dreht sie sich entgegengesetzt. Aber es gibt immer

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Spiegelung

Verschiebung

Abb. 11. Die Symmetrie von Rollen.

eine Nachbarrolle, die sich in die andere Richtung dreht. Wenn wir jetzt alsodas Muster in der Mitte von Abb. 11 um eine halbe Wellenlange verschieben,dann erhalten wir das untere Bild, und dies ist dieselbe Struktur wie vorder Spiegelung (oberes Bild). Also wir haben bei Rollen Spiegelsymmetrie.Spiegelsymmetrie wird aber im physikalischen System dann gebrochen, wenndie Eigenschaften des Fluids oben nicht so sind, wie sie unten sind. Man kannalso schon gleich sehen, dass bei der Brechung dieser Spiegelsymmetrie Rollenvielleicht nicht vorkommen wurden. Sie kommen schon vor, aber nicht direktan der Schwelle. Sechsecke haben keine Spiegelsymmetrie. Wenn die Stromungin der Mitte der Zelle aufwarts geht, dann hat man eine andere Situation alsdie, wo die Stromung in der Mitte runter geht. Man kann kein sogenanntes“Down-Hexagon” in ein “Up-Hexagon” umwandeln, indem man es irgendwieortlich verschiebt. Sechsecke sind mit dieser Spiegelsymmetrie nicht konsistent.Deswegen erscheinen sie nur, wenn diese Symmetrie gebrochen ist.

Genug uber Streifen und Sechsecke! Ich mochte nicht, dass Sie hier weggehenund denken, dass es nur Sechsecke und Streifen als regelmassige Strukturengibt. Es gibt namlich z.B. auch Quadrate, und in Abb. 12 zeige ich Ihnenein Exemplar davon. In diesem Falle handelt es sich um Konvektion in einerbinaren Mischung von Ethanol und Wasser. In gewissen anderen Systemenfindet man auch Quadrate. Sie sind eben noch eine weitere Struktur, die untergewissen Bedingungen universell ist. Ein Ziel der Forschung in der Strukturbil-dung ist zu lernen, was diese allgemeingultigen Bedingungen fur eine gegebeneStruktur sind.

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Abb. 12. Quadrate bei Rayleigh-Benard-Konvektion in binaren Mischungen.

5.4 Quantitative Analyse von Strukturen

Als nachstes mochte ich noch ein paar Worte daruber sagen, was Physiker mitdiesen Strukturen machen. Sie sollen quantitativ untersucht werden. Und damachen wir oft etwas, was wir von der linearen Physik ubernommen haben.Wir machen eine sogenannte Fouriertransformation. Selbst wenn Sie nichtNaturwissenschaftler sind, haben Sie das Wort sicher schon mal im Gym-nasium gehort, und vielleicht war es Ihnen gar nicht so angenehm, daruberetwas lernen zu mussen. Aber es ist an und fur sich eine ganz einfache Sache.Benutzen wir noch einmal die Sechsecke als Beispiel. Sie sind einfach eineUberlagerung von drei verschiedenen Satzen von Rollen, wo die Rollen ineinem gewissen Winkel, namlich 120 Grad, relativ zueinander liegen. Wennwir einem Satz von Rollen mit den Achsen von oben links nach unten rechtseinen Satz mit waagerechten Achsen uberlagern und zusatzlich noch einendritten mit Achsen von oben rechts nach unten links hinzufugen, dann siehtdas aus wie Sechsecke. Ein entsprechendes Muster ist in Abb. 14 oben linksgezeigt.

Einen einzigen Satz von Rollen kann man gut mit einer Kosinusfunktionbeschreiben. Deswegen konnen wir die Sechsecke also mit der Gleichung inAbb. 13 beschreiben. Das ist eine Summe von drei Kosinusfunktionen undentspricht der Uberlagerung unserer drei Satze von Rollen. Die ~k’s, die vorkom-men, sind einfach Pfeile, die in den Richtungen senkrecht zu den Rollenachsenzeigen. Diese Pfeile sind die sogenannten Wellenvektoren. Wenn man nun alldie Wellenvektoren der Rollensatze zeigt, die notig sind, um das Sechseck-muster zu beschreiben, dann kriegt man die drei, die in Abb. 13 gezeigt sind.

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k1

k2

k3

v = A1 cos( k1*r ) + A2 cos( k2*r ) + A3 cos( k3*r )

Abb. 13. Sechsecke im Fourierraum.

Hier geht ~k1 praktisch nach oben und entspricht den waagerechten Rollen; ~k2

geht quer nach oben rechts und ~k3 nach unten rechts. Sie entsprechen denzwei schragliegenden Rollensatzen. Nun gibt es fur jedes ~k auch noch ein −~k.Um die Abbildung zu vereinfachen, lassen wir jetzt die Pfeile weg und machennur einen dunklen Fleck an den Ort, wo die Pfeile hinzeigten. Um noch etwasmehr Information in der Abbildung zu haben, machen wir den Fleck entwederdunkler oder nicht so dunkel, je nachdem, wie gross die Amplituden A1, A2,und A3 sind (im Fall unseren Sechsecke sollten sie naturlich alle gleich grosssein). Die sechs dunklen Flecken sind dann das Muster im Fourierraum. DieseFourier-Struktur ist in Abb. 13 zu sehen. Das schone ist nun, dass man dasMuster im Fourier-Raum mit dem Rechner ganz automatisch aus dem Bildim Ortsraum errechnen kann.

Nun kann man diese Fouriertransformation gut benutzen, um die Einzelheitendes sechseckigen Musters zu untersuchen. Wir konnen z.B. im Fourierraum vierFlecken beseitigen, so dass nur ein Paar ubrigbleibt. Dieses letzte Paar konnenwir dann wieder in den Ortsraum rucktransformieren, um zu sehen, wie dieseRollen aussehen, die eben zu den Sechsecken beigetragen haben. Das ist inAbb. 14 illustriert. Oben links ist ein sechseckiges Muster mit einem Defekt.In der Mitte gibr es irgendwo ein Siebeneck und ein Funfeck nebeneinander.Es ist schwer zu sehen, wenn man das so von vorne anschaut. Wenn man

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Abb. 14. Die Zerlegung einer Struktur durch Fourier-Methoden.

jetzt diese Fouriertransformation macht und nur das ~kA von einem Rollensatzrucktransformiert, dann erhalt man die Rollen A in der unteren Reihe vonAbb. 14. Auf ahnliche Weise bekommt man die Rollensatze B und C. Jetztsehen wir ganz klar, dass in A und B ein Defekt sitzt und in C ist keiner.Die Mathematiker sagen uns, ja, das muss so sein. Die Defekte konnen nurin zwei von den Rollensatzen sein und nicht im dritten. Ich wollte das nur soein bisschen beschreiben, um zu erlautern, wie die Physiker quantitativ ihreStrukturen untersuchen.

5.5 Grossere ε Werte und Spiral-Defekt Chaos

Ich mochte nun zu den Gebieten kommen, in denen man nicht mehr alles volligversteht und die damit im Vordergrund der Forschung liegen. Und das ist indiesem System nicht schwer. Wir werden einfach das ε ein bisschen grossermachen und das System ein bisschen starker antreiben. Bei ε ' 0, 25 erhaltman Strukturen, wie die in Abb. 15 links. Sie sind immer noch rollenartig, aberes gibt sogenannte Singularitaten am Rande, und es gibt starke Krummungender Rollen im Inneren. Qualitativ versteht man das schon. Man weiss, dass

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Abb. 15. Links: Bei ε ' 0, 25 gibt es gekrummte Rollen. Rechts: Bei noch hoheremε ' 0, 8 findet man Spiral-Defekt Chaos.

Abb. 16. Spiral-Defekt Chaos in der Simulation (links) sieht dem Experiment(rechts) sehr ahnlich.

die Rollen sehr gern senkrecht zur Seitenwand stehen. Wenn die Rollenachsenuberall hauptsachlich senkrecht zur Wand enden, dann mussen sie im Innerender Probe gekrummt sein. Das fuhrt dann zu sogenannten Fokussingularitatenam Rande. Aber man kann nicht quantitativ ausrechnen wie so ein Musteraussieht. Solch eine Struktur ist sowieso nicht vollig reproduzierbar. Wennman das Experiment etliche male macht, erhalt man ahnliche Muster abernicht genau die gleichen. Aber qualitativ versteht man diese Phanomene dochschon recht gut.

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Abb. 17. Vor 4000 Jahren war der Mensch auch schon an Spiralen interessiert!

Als nachstes wird das ε noch ein bisschen mehr erhoht; auf ungefahr 0,8.Dann gibt es Strukturen wie in Abb.15 rechts. Diese wurden erst 1992 exper-imentell entdeckt; sie waren uns zuvor nicht bekannt. Die Strukturen heissenheutzutage Spiral-Defekt-Chaos. Es sind chaotische Strukturen. Sie konnensehen dass sie unregelmassig, oder chaotisch, im Ort sind. Die Strukturenhaben aber auch eine Dynamik, eine Zeitabhangigkeit, die unregelmassig ist.So etwas nennen wir nun raum-zeitliches Chaos. Verstehen wir solche Struk-turen? Naja, ich mochte Ihnen sagen, wie man an das Problem herangehenkann: Man kann die vollen Bewegungsgleichungen dieses Systems nehmen;die heissen Navier-Stokes-Gleichungen. Mit den schnellen Rechnern, die wirheutzutage zur Verfugung haben, kann man diese sehr komplizierten Gleichun-gen integrieren und sehen, wie die Losungen ausschauen. In Abb. 16 ist einBeispiel dargestellt. Unter den gleichen Bedingungen wurde das rechte Bildaus der Theorie errechnet, wobei nun Theorie einfach die Integration der Be-wegungsgleichungen ist; das linke Bild hingegen ist das Experiment. Fur dasAuge sehen beide gleich aus, und wenn man sie quantitativ analysiert, also diestatistischen Eigenschaften dieser Zustande misst, entweder mit den Rechnernoder im Experiment, dann sind diese auch gleich. Also, es ist klar, dass hierdie sogenannte Theorie mit dem Experiment ubereinstimmt. Ich sage sogenan-nte, denn wir lernen nicht furchtbar viel, in dem wir einfach diese hochkom-plizierten Gleichungen integrieren. Man mochte doch irgendwie einen tieferenEinblick in die Physik haben. Aber das ist eben recht schwierig.

Nun mochte ich aber betonen, dass Spiralen schon sehr lange fur die Men-

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Abb. 18. Rechts: eine Struktur in der Elektrokonvektion, die von einer Uberlagerungvon Zick-Rollen und Zack-Rollen besteht. Links: die Amplitude der Zick-Rollen. EinBeispiel von raum-zeitlichem Chaos.

schheit interessant gewesen sind , wenngleich wir sie erst 1992 im Labor ge-funden haben. In Irland kannte man sie schon vor 4000 Jahren. Abbildung 17zeigt einen Stein von Newgrange, Irland. Er liegt an einer alten Grabstatte,die von etwa 2000 vor Christus herruhrt. Wir sehen schone Spiralen. Es gibtrechtshandige und auch linkshandige, wie wir sie auch im Experiment finden(Abb.15 rechts). Aber diese Leute haben vor 4000 Jahren die rechthandigenalle nach rechts genommen und die linkshandigen alle nach links. Im Exper-iment sind beide Arten gemischt. Jedenfalls finde ich es interessant, dass dieMenschheit schon immer Spiralen mochte.

5.6 Raum-Zeitliches Chaos in Elektrokonvektion

Ich mochte nun noch zu ein paar anderen Systemen kommen. Ich werde da-rauf nicht in Einzelheiten eingehen. Ein System is die Elektrokonvektion. Elek-trokonvektion findet man in sogenannten Nematen oder nematischen Flussigkeiten,und ich will gar nicht beschreiben, was das uberhaupt ist. Ich zeige aber typis-che experimentelle Resultate in Abb.18; hauptsachlich, weil ich sie schon finde.Diese Strukturen sind auch wissenschaftlich interessant. Aber ich finde einfach,dass sie einen asthetischen Anklang haben; sie sind hubsch. Rechts sind dieKonvektionsrollen. Man sieht, dass es zwei uberlagerte Rollensatze gibt. Wirnennen sie “Zik” und “Zak” Rollen. Links ist die Einhullende von einem derRollensatze. Die Einhullenden sind wieder durch Fourieranalyse aus dieserStruktur gewonnen worden. Wir konnen sehen, dass die Einhullende auch un-regelmassig (oder chaotisch) im Raum variiert. Sie verandert sich aber auchchaotisch mit der Zeit. Also haben wir ein zweites Beispiel von raum-zeitlichem

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Abb. 19. Strukturen in der Zweiphasenkonvektion.

Chaos. Man kann diese Strukturen auch quantitativ analysieren; aber heutemochte ich nur betonen, dass auch diese mathematisch abgeleiteten Resultate,die man in diesem Falle mit Fouriernanalyse aus der Struktur herausgezogenhat, recht hubsch sein konnen; einfach vom kunstlerischen Standpunkt. VomStandpunkt der Physik ist das System auch enorm interessant: es ist einsder Objekte der heutigen experimentellen und theoretischen Forschung in derStrukturbildung. Es ist ein Beispiel von raum-zeitlichem Chaos, das schon di-rekt an der Schwelle der Konvektion vorkommt. Deswegen ist es theoretischvielleicht etwas leichter zu verstehen, als z.B. Spiral-Defekt-Chaos, welchessich aus dem schon recht komplizierten Zustand entwickelt hat, der in Abb.15 links illustriert ist.

Ich zeige Ihnen noch ein paar andere Strukturen, die ich auch sehr hubschfinde und die wir zum Teil uberhaupt noch nicht verstehen. In Abb. 19 sindResultate fur sogenannte Zwei-Phasen-Konvektion. Oben links sieht man, dassdieses System auch Sechsecke hervorbringt. Im Prinzip wissen wir, wo dieseSechsecke herkommen, aber in Detail wissen wir es in diesem Falle nicht. Wie

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Abb. 20. Konvektion in einer Mischung aus Ethanol und Wasser. Die Konvektion-srollen existieren in einem eindimensionalen System und sind lokalisiert.

Abb. 21. Konvektion in einer Mischung aus Ethanol und Wasser. Die Konvektion-srollen existieren in einem zweidimensionalen System und sind in beiden Richtungenlokalisiert.

in Abb. 19 zu sehen ist, kommen auch andere, kompliziertere Strukturen vor,und man versteht diese uberhaupt noch nicht; aber sie sind auch wieder hubschund finden asthetischen Anklang. Ich mochte also betonen, dass wir auch imLabor eben hubsche Sachen finden, entweder direkt in den Strukturen oder inderen mathematischen Analyse.

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Abb. 22. Konvektion in einer Mischung aus Ethanol und Wasser. Die Konvektion-srollen laufen an der Wand entlang, und die Mitte der Zelle hat keine Struktur.

5.7 Lokalisierte Zustande

In Abb. 20 ist ein weiteres Beispiel interessanter Strukturen, diesmal lokalisierteZustande. Sie haben etwas Gemeinsames mit den solitaren Wellen auf demIndischen Ozean die ich Ihnen in Abb. 4 zeigte. In diesem Experiment han-delt es sich wieder um Rayleigh-Benard-Konvektion in einer binaren Mischungaus Ethanol und Wasser. Das System besteht aus einem kreisformigen en-gen Kanal. Man kann es also als Eindimensional betrachten. Hier gibt eslokalisierte Zustande, oder sogenannte Pulse. Fur die Experten haben sie etwasmit den Solitonen der nichtlinearen Schrodinger-Gleichung zu tun, aber dasist egal. Fur heute genugt es, dass es in der nichtlinearen Physik lokalisierteZustande gibt, die enorm interessant und zum Teil theoretisch zu verstehensind. Die in Abb. 20 versteht man relativ gut. Man weiss, wo sie herkom-men; man weiss, das sie mit diesen Solitonen verwandt sind; also man kannsie theoretisch gut behandeln. Es gibt aber auch lokalisierte Zustande in zweiDimensionen. Wenn die Probe raumlich in zwei Richtungen ausgedehnt ist,dann haben wir ein zweidimensionales System. Dann gibt es lokalisierte Struk-turen, wie die in Abb. 21. Dies zweidimensionale Phanomen ist nun theoretischnoch gar nicht gut verstanden. Es ist ein Problem, das vielleicht mit unsererheutigen Kenntnis der Strukturbildung losbar sein sollte. Also, es ist nicht so

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schwer, dass man einfach aufhort daran zu arbeiten. Ich glaube man kann daschon Fortschritte machen, aber zur Zeit liegt das volle Verstandnis noch inder Zukunft.

Zum Abschluss zeige ich Ihnen in Abb. 22 noch einen lokalisierten Zustand.Wieder einmal hauptsachlich, weil ich diesen Zustand fur recht hubsch halte.Er ist einer, der an der Seitenwand des Gefasses lokalisiert ist. Hier gibt eslaufende Konvektionsrollen, also diese Konvektionsrollen laufen herum, an derWand entlang. Im Kreis herum. Ein sehr interessantes Phanomen. Aber, wiegesagt, hauptsachlich wollte ich es Ihnen nur zeigen, weil ich es wieder mag.Es hangt bei mir auch zu Hause an der Wand!

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Abb. 23. DAS ENDE !

6 Zusammenfassung

So, ich hoffe, dass es mir gelungen ist Ihnen zu zeigen, dass die Erforschung vonStrukturen fur unsere Umwelt relevant ist. Sie haben hubsche Bilder aus derNatur gesehen, vom Tierreich, vom Meer, von der Erde. Ich habe auch vonder Universalitat der Strukturbildung gesprochen und davon, wie der Wis-senschaftler sich ein System aussucht das fur quantitative Experimente beson-ders gunstig ist. Wir haben uns dann einige Beispiele angeschaut, was manin der Rayleigh-Benard-Konvektion schon uber die Strukturbildung gelernthat. Es gab regelmassige Strukturen wie Streifen, Sechsecke, und Quadrate;aber es gab auch welche, die unregelmassig, also chaotisch, sind im Raumund auch in der Zeit. Ich sprach davon, wie der Forscher die Symmetrieeigen-schaften der Systeme ausnutzt, um ein tieferes Verstandnis der Strukturbil-dungsphanomene zu gewinnen. Wir haben auch etwas von den Methodengehort, namlich von der Fourieranalyse, die benutzt werden, um Strukturenquantitativ zu untersuchen. Schliesslich sahen wir dann noch einige Beispielevon lokalisierten Zustanden. Besonders das Chaos und die lokalisierten Zustandesind Phanomene, die in einer linearen Welt uberhaupt nicht vorkommen wurden.Ich hoffe, dass Sie dadurch etwas Verstandnis dafur entwickelt haben, dass dieErforschung von Strukturen fur den Wissenschaftler interessant ist. Als dritteshoffe ich, dass Sie mit mir ubereinstimmen, dass Strukturen bei den Menschenauch asthetischen Anklang finden konnen. Und damit beende ich meinen Vor-trag.

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