Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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1 ADKA - 37. Wissenschaftlicher Kongress und Mitgliederversammlung Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness Nutzenbewertung auf Basis der evidenzbasierten Medizin Prof. Dr. Gerd Glaeske Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) Kein Interessenskonflikt im Sinne der Uniform Requirements for Manuscripts submitted to Biomedical Journals der ICMJE Mainz, 11. Mai 2012

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ADKA - 37. Wissenschaftlicher Kongress

und Mitgliederversammlung

Keynote Lecture:

Von der efficacy zur effectiveness –

Nutzenbewertung auf Basis der evidenzbasierten Medizin

Prof. Dr. Gerd Glaeske

Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS)

Kein Interessenskonflikt im Sinne der Uniform Requirements for

Manuscripts submitted to Biomedical Journals der ICMJE

Mainz, 11. Mai 2012

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Arzneimittelversorgung – Fakten und Rahmenbedingungen

Die Arzneimitteltherapie ist die am häufigsten angewendete

therapeutische Intervention – richtig angewendet gehört sie

auch zu den effizientesten

Verordnungsvoraussetzung in der GKV: Zulassung durch das

BfArM, ansonsten „off-label-use“

Mit dem demografischen Wandel und der stärkeren Verlage-

rung der medizinischen Versorgung in den ambulanten Sektor

wird das Ausmaß der Arzneimitteltherapie wachsen

Durch „Spezialpräparate“ (z.B. bei MS, Rheumatoider Arthritis,

Onkologie u.a. ) steigen die Ausgaben seit Jahren deutlich an –

27% der Ausgaben für 2,6% der VO (v.a. Biopharmazeutika)

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Anforderungen im 5. Sozialgesetzbuch (SGB V): Evidenz, Fortschritt, Effizienz

§ 2 Abs.1 SGB V: Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im

Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des

Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen

nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden.

Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen

Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und

Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten

Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den

medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

§ 12 Abs.1 SGB V (Wirtschaftlichkeitsgebot): Die Leistungen müssen

ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das

Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht

notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht

beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die

Krankenkassen nicht bewilligen.

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Anstieg der Leistungsausgaben in der GKV

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Die Zulassung ist kein Beleg für patientenorientierten Nutzen

Drei Anforderungen für die Zulassung: Nachweis der Wirksamkeit, der Unbedenklichkeit und der pharmazeutischen Qualität, absolute Entscheidung, zu selten Prüfungen gegen den „Standard“

Geringe Patientenorientierung in Zulassungsstudien, eingeschlossene Populationen nur bedingt vergleichbar mit den Patienten in der „Regelversorgung“ („real life“)

Zulassungs-Wirksamkeit (efficacy) nicht gleichzusetzen mit patientenorientiertem Nutzen (effectiveness)

Missverständnis durch den § 25, 2 Abs. 5: „Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist.“

Dagegen Anforderungen der GKV : Evidenz und Effizienz im Vergleich, relative Entscheidung

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Markteinführung neuer Arzneistoffe in therapeutisch innovativen und

technologisch verbesserten Arzneimitteln (nach Schwabe/Paffrath)

Innovative

Wirkstoffe

Klasse A

Keine

Verbesserung

Verbesserung

Klasse B

Jahr Gesamt-

zahl

Innovative

Wirkstoffe

Klasse A

(Anteil in %)

Verbesserun

g

Klasse B

(Anteil in %)

1994 21 7 (33,33%) 10 (47,62%)

1995 32 12 (37,50%) 9 (28,13%)

1996 40 11 (27,50%) 13 (32,50%)

1997 41 8 (19,51%) 9 (21,95%)

1998 35 12 (34,29%) 5 (14,29%)

1999 29 11 (37,93%) 2 (6,90%)

2000 31 13 (41,94%) 9 (29,03%)

2001 33 15 (45,45%) 7 (21,21%)

2002 28 10 (35,71%) 5 (17,86%)

2003 17 7 (41,18%) 3 (17,65%)

2004 33 15 (45,45%) 3 (9,09%)

2005 21 10 (47,62%) 2 (9,52%)

2006 27 17 (62,96%) 8 (29,63%)

2007 31 17 (54,84%) 4 (12,90%)

2008 29 12 (41,38%) 7 (24,14%)

Gesamt 448 177 (39,51%) 96 (21,43%)

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Industrieumsätze der führenden Arzneimittel in Deutschland (2011)

Quelle: nach IMS Health (2012)

Rang Präparat (Wirkstoff) Anwendungsgebiet Umsatz 2011 in

Mio. Euro

+ / - gegenüber 2010

in Prozent

1 Humira (Adalimumab) Rheuma u.a. 415,2 +15,6

2 Enbrel (Etanercept) Rheuma u.a. 307,3 +6,9

3 Glivec (Imatinib) Krebs 245,8 +7,6

4 Spiriva (Tiotropium) COPD 233,1 +8,1

5 Rebif (Interferon β-1a) MS 228,6 +7,1

6 Seroquel (Quetiapin) Schizophrenie u.a. 223,9 +28,9

7 Lyrica (Pregabalin) Epilepsie / Neuropathie 216,3 +15,7

8 Symbicort (β-2 + Corticoid) Asthma / COPD 194,6 -6,3

9 Avonex (Interferon β-1a) MS 157,5 +2,0

10 Lucentis (Ranibizumab) Netzhauterkrankungen 153,2 +100,0

11 Viani (β-2 + Corticoid) Asthma / COPD 148,5 -15,1

12 Inegy (Simvastatin + Ezetimib) Lipidsenker 145,3 -3,2

13 Lantus (Analog-Insulin) Diabetes 139,0 +5,9

14 Clexane (Enoxaparin) Thromboseprophylaxe 137,8 +17,5

15 Zyprexa (Olanzapin) Schizophrenie u.a. 132,3 +99,2

16 Copaxone (Glatiramer) MS 132,2 -29,9

17 Truvada (Emtricitabin + Tenofovir) HIV / AIDS 131,7 +38,6

18 Betaferon (Interferon β-1b) MS 128,1 +2,2

19 Keppra (Levetiracetam) Epilepsie 127,3 -3,4

20 Targin (Oxycodon + Naloxon) Starke Schmerzen 111,7 +13,9

Gesamtmarkt Industrieumsatz 2011 26.308,4 +1,5

Gesamtpackungsmarkt 2011 1,53 Mrd.

Packungen +1,0

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Evidenz? - Beispiele Seroquel® und Lyrica®

Quetiapin (Seroquel®) – atypisches Neuroleptikum

CATIE-Studie (praxisnah angelegter, firmenunabhängiger

18-monatiger Vergleich atypischer Neuroleptika mit

klassischem Neuroleptikum Perphenazin): Atypika

wie Quetiapin haben keinen Wirkvorteil!

Lieberman et al. (2005) NEJM; 353: 1209-23

Pregabalin (Lyrical®) – Antiepileptikum mit

Haupteinsatzgebiet „Neuropathische Schmerzen“

Bei diabet. Neuropathie Mangel an Vergleichsdaten,

bisher nur placebokontrollierte Studien publiziert

Finnerup et al. (2010) Pain; 150: 573-81

Es ist unklar, ob Pregabalin Vorteile hat

im Vergleich zu Gabapentin (oder Amitriptylin)

Chong & Hester (2007) Drugs; 67: 569-85

Lyrica® befindet sich auch 2012 auf der Me-too-Liste der

KV Nordrhein

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Kastelein et al.; NEJM, 358 (14): 1431-1443 (2008)

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Evidenzbasierte Medizin (EbM ; „evidence based medicine“) – im

Mittelpunkt steht der Vergleich!

…der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der

gegenwärtig besten externen wissenschaftlichen Evidenz für

Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller

Patientinnen und Patienten.

EbM umfasst die systematische Suche nach der relevanten

Evidenz in der medizinischen Literatur für ein konkretes klinisches

Problem, die kritische Beurteilung der Validität der Evidenz nach

klinisch epidemiologischen Gesichtspunkten sowie

die Bewertung der Größe des beobachteten Effekts sowie die

Anwendung dieser Evidenz auf den konkreten Patienten unter

Berücksichtigung der klinischen Erfahrung und der Vorstellungen der

Patienten

(Quelle: EbM-Netzwerk)

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Ia Meta-Analyse randomisierter Studien

Ib Mindestens eine randomisierte Studie

Ic Alles-oder-Nichts-Fallserien

IIa Meta-Analyse nicht-randomis. Studien

IIb Mindestens eine gut angelegte, kon- trollierte Studie ohne Randomisierung

III Fall-Kontroll-Studien

IV Fall-Serien, Fallberichte

V Expertenmeinung, klinische Erfahrung eines Kollegen, Tierexperimente, etc.

Aus: Sackett DL, et al.: Evidence-based Medicine. 2nd Ed. Churchill-Livingstone, 2000

Quantitative Methoden: EbM Stufen externer Evidenz

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Verordnungsaus-

schluss per G-BA-

Beschluss

IQWiG-

Abschlussbericht vom

26.01.2009: Langzeitanwendung nicht

genügend erprobt

Vorteil der Glitazone bei

Unterzuckerungen

Aber: Mögliche Nachteile:

Herzversagen, Ödeme,

Knochenbrüche

Keine Belege für

Zusatznutzen bei

Sterblichkeit und vaskulären

Folgekomplikationen

Folgen von evidenzbasierten Nutzenbewertungen -

Beispiel: Glitazone bei Typ-2-Diabetes

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Folgen von evidenzbasierten Nutzenbewertungen -

Beispiel: Glinide bei Typ-2-Diabetes

IQWiG-

Abschlussbericht vom

04.06.2009:

Keine Langzeitstudien

vorhanden

Weder Nutzen noch

Schaden bei kardiovas-

kulären Ereignissen

bestimmbar

Vergleich mit anderen

Therapien nur teilweise

möglich BMG weist G-BA-Antrag zum

Verordnungsausschluss im März 2011 ab

(Begründung: Unzweckmäßigkeit und

Unwirtschaftlichkeit der Glinide nicht

nachgewiesen !) -> Glinide bleiben VO-fähig

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Die derzeitige Situation in der Onkologie

Kosten für onkologische Arzneimittel entwickeln sich „schneller“ als

Nutzennachweise

Defizite in Zulassungsstudien bekannt: Design, fragliche Endpunkte,

vorzeitiger Abbruch, Beobachtungsdauer, Risiken, „publication bias“

Statistische Signifikanz nicht gleichbedeutend mit klinischer Relevanz,

neue Wirkstoffe nicht gleichbedeutend mit therapeutischer Innovation

Vergleich mit bisherigem Therapiestandard häufig unzureichend

Externe Validität oftmals fraglich (Selektionsbias, nicht-repräsentative

Populationen, keine relevanten Endpunkte)

Bei der Zulassung liegt in den meisten Fällen ein efficacy-

effectiveness-evidence-gap vor

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Health Technology Assessment: Efficacy vs. Effectiveness

Efficacy

• explanatory trials

• highly selected populations

• comparator: placebo

• outcomes: clinical,

morbidity, mortality, adverse

effects

• ‘what it says on the packet

Effectiveness

• pragmatic trials

• few exclusions

• comparator: ‘current (best)

practice’

• outcomes: patient-focused,

down-stream resources

• ‘the real life effect’

Evidence Gap Evidence Gap

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Auch Effektivitätsverluste mindern der patientenorientierten Nutzen

Effektivitätsverluste medizinischer Hilfspotenziale durch Transfer,

Implementierung und Umsetzung – Klinische Studie vs. ‚real life‘

Maximale

Effektivität

Transfer- undImplementierungs

-Verluste

Transfer- undImplementierungs-

Verluste

Reduzierte

Effektivität

Umsetzungs-

Verluste

Rest-

Effektivität

Quelle: SVR 2005

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Neue Arzneimittel#: zulassungsrelevante Studien (Quelle: EPAR) –

Patientennutzen? (European Public Assessment Report; Eichler et al., 2010)

Jahr Aktive

Vergleichsbehandlung* Placebo

Endpunkt

patientenrelevant**

Endpunkt nicht

patientenrelevant

2009 (34) 10 24 13 21

2010 (24) 9 15 6 18

Gesamt

(58) 19 39 19 39

# Impfstoffe und „orphan drugs“ nicht berücksichtigt.

* aktive Vergleichsbehandlung:

mindestens eine der Zulassungsstudien hatte einen Arm mit Vergleichsbehandlung.

**Endpunkt patientenrelevant:

mindestens eine der Zulassungsstudien erhob einen patientenrelevanten Endpunkt.

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Wie viele Patienten werden benötigt, um UAWs zu entdecken?

IInnzziiddeennzz ZZaahhll ddeerr eexxppoonniieerrtteenn PPaatt..

1:100 300

1:1,000 3,000

1:10,000 30,000

1:100,000 300,000

1:1,000,000 3,000,000

(gelegentliche), seltene, sehr seltene UAWs nicht entdeckt

häufig

gelegentlich

selten

sehr selten

Onkologie

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Biopharmazeutika: Sicherheit betreffende regulatorische Maßnahme bei 29% innerhalb von 10 Jahren

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Zugelassen und in dieser Zulassung zurückgenommen…

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Veränderungen der Zulassungsentscheidung nach fast 3 Jahren Therapie

U S Department of Health and Human Services

FDA, U S Food and Drug Administration

FDA NEWS RELEASE

For Immediate Release: Dec. 16, 2010

Media Inquiries: Erica Jefferson, 301-796-4988, [email protected]

Consumer Inquiries: 888-INFO-FDA

FDA begins process to remove breast cancer indication from

Avastin label

Drug not shown to be safe and effective in breast cancer

patients (Zulassung 2008)

The U.S. Food and Drug Administration announced today that the agency is

recommending removing the breast cancer indication from the label for Avastin

(bevacizumab) because the drug has not been shown to be safe and effective for

that use.

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Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln (§ 35b SGB V)

Patientenorien-

tierter Nutzen im

Fokus

„…Beim Patienten-Nutzen sollen insbesondere die

Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine

Verkürzung der Krankheitsdauer, eine Verlängerung der

Lebensdauer, eine Verringerung der Nebenwirkungen

sowie eine Verbesserung der Lebensqualität, bei der

wirtschaftlichen Bewertung auch die Angemessenheit

und Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch die

Versichertengemeinschaft, angemessen berücksichtigt

werden…“

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Fast jährlich Reformen im Gesundheitswesen

Quelle: Milz (2011) AMNOG und die Welt der Pharma-Rabatte

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Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, www.bmg.bund.de

Nutzenbewertung und Preisgestaltung in der GKV nach dem AMNOG

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Nutzenbewertung von AM mit neuen Wirkstoffen (§ 35a SGB V)

„…Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet den

Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen

Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung

des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen

Vergleichstherapie, des Ausmaßes des

Zusatznutzens und seiner therapeutischen

Bedeutung…“

Page 27: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Nutzenbewertung von AM mit neuen Wirkstoffen (§ 35a SGB V)

Die Nutzenbewertung erfolgt auf Grund von Nachweisen des

Herstellers, zusammengefasst in einem Dossier, welches er bei

Markteinführung des Arzneimittels an den G-BA zu übermitteln hat.

Das Dossier muss Angaben zu folgenden Punkten enthalten:

1. zugelassene Anwendungsgebiete,

2. medizinischer Nutzen,

3. medizinischer Zusatznutzen im Verhältnis zur

zweckmäßigen Vergleichstherapie,

4. Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein

therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht,

5. Kosten der Therapie für die gesetzliche

Krankenversicherung,

6. Anforderung an eine qualitätsgesicherte Anwendung.

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Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, www.bmg.bund.de

Zum Ausmaß des (Zusatz-)Nutzens

1. erheblicher Zusatznutzen (… nachhaltige und … bisher

nicht erreichte große Verbesserung)

2. beträchtlicher Zusatznutzen (… deutliche Verbesserung)

3. geringer Zusatznutzen (… moderate und nicht nur

geringfügige Verbesserung)

4. ein Zusatznutzen liegt vor, ist aber nicht quantifizierbar

5. kein Zusatznutzen belegt

6. der Nutzen des zu bewertenden Arzneimittels ist geringer

als der Nutzen der zweckmäßigen Vergleichstherapie

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Erster G-BA-Beschluss zu einem Zusatznutzen vom 15.12.2011: Ticagrelor (Brilique®)

Quelle: http://www.g-ba.de/downloads/39-261-1418/2011-12-15_AM-RL-XII_Ticagrelor_BAnz.pdf (letzter Zugriff: 07.05.2012)

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Information ist wichtig – für stationär und ambulant tätige ÄrztInnen und

PatientInnen

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Erstmals Preisverhandlungen für Arzneimittel

Die Preisverhandlungen

für Brilique® (Ticagrelor)

haben am Montag, den

23.01.12 begonnen:

erstes Treffen zwischen

dem Hersteller

AstraZeneca und dem

GKV-Spitzenverband

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Frühe Nutzenbewertung nach § 35a SGB V: Übersicht der Wirkstoffe

Quelle: http://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/

(letzter Zugriff: 07.05.2012)

Page 33: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln (§ 35b SGB V)

„…Die Bewertung erfolgt durch Vergleich mit

anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen

unter Berücksichtigung des therapeutischen

Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu

den Kosten; Basis für die Bewertung sind die

Ergebnisse klinischer Studien sowie derjenigen

Versorgungsstudien, die mit dem Gemeinsamen

Bundesausschuss nach Absatz 2 vereinbart

wurden…“

Abs. 2: Der G-BA kann mit dem pharmazeutischen Unternehmer

Versorgungsstudien und die darin zu behandelnden Schwerpunkte vereinbaren.

Die Frist zur Vorlage dieser Studien bemisst sich nach der Indikation und dem

nötigen Zeitraum zur Bereitstellung valider Daten; sie soll drei Jahre nicht

überschreiten. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner

Verfahrensordnung. Die Studien sind auf Kosten des pharmazeutischen

Unternehmers bevorzugt in Deutschland durchzuführen.

Page 34: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Wir brauchen methodisch gute Studien!

Das AMNOG wird die Qualität von Zulassungsstudien verbessern –

dennoch werden viele Frühbewertungen keine endgültigen Entschei-

dungen über den Zusatznutzen ermöglichen!

Daten zur efficacy liegen vor, sie reichen aber oft nicht zur

Bestimmung der effectiveness

Qualität der Versorgung, Effizienz und Patientenorientierung müssen

durch eine methodisch adäquate Evaluation und kontrollierte

Einführung neuer Produkte verbessert werden

Erforderlich sind wissenschaftsinitiierte, arztinduzierte, versor-

gungsrelevante und vor allem GUTE Studien und Forschung nach

der Zulassung (SVR: 0,1% GKV Ausgaben ~ 170 Mio. € p.a.)

Studien der Versorgungsforschung für eine obligatorische

„Spätbewertung“ (z.B. nach 3 Jahren) sind oftmals unverzichtbar!

Page 35: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Von der efficacy zur effectiveness…

Siehe den Beitrag

von M. Ujeyl, 2012

Page 36: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Versorgungsforschung und…

…von der Evidenz zur Effizienz

Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(48): 2496-500.

Page 37: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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So

isses!

Page 38: Keynote Lecture: Von der efficacy zur effectiveness ...

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Vielen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit…

[email protected]