Forschungsbericht: Telekom hilft - Kundenservice via Social Media

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Next Corporate Communication Research Center for Digital Business Seite 1 FORSCHUNGSBERICHT Telekom hilft: Kundenservice via Social Media Next Corporate Communication Forschungsprojekt: Shaping the Customer Service Experience 18. September 2013 von Andreas Bock, Winfried Ebner und Alexander Rossmann

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FORSCHUNGSBERICHT

Telekom hilft:

Kundenservice via Social Media

Next Corporate Communication

Forschungsprojekt: Shaping the Customer Service Experience

18. September 2013

von Andreas Bock, Winfried Ebner und Alexander Rossmann

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Telekom hilft:

Kundenservice via Social Media bei der Telekom Deutschland GmbH

Abstract

Der Kundenservice bietet für das Marketing umfangreiche Ansätze zur Differenzierung. Dabei zahlen

positive Serviceerlebnisse der Kunden auf unterschiedliche Marketingziele ein. Durch Social Media

stehen darüber hinaus neue Möglichkeiten für den Servicedialog zur Verfügung. Der vorliegende

Beitrag beschreibt die Umsetzung dieser Möglichkeiten bei der Telekom Deutschland GmbH. Die

Mehrwerte digitaler Serviceangebote werden durch die Ergebnisse einer Kundenbefragung belegt und

mit Hinblick auf die Perspektiven für das Marketing interpretiert.

Keywords:

Kundenservice, Social Media, Word of Mouth, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung

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Telekom hilft:

Kundenservice via Social Media bei der Telekom Deutschland GmbH

Der Kundenservice ist heute für viele Unternehmen ein wesentlicher Ansatzpunkt für eine nachhaltige

Differenzierung im Wettbewerb. Dies gilt besonders für Branchen, in denen eine Unterscheidung auf

reiner Produktebene kaum noch möglich ist (Homburg/Fürst 2005). Daher erhält der Kundenservice

auch für das Marketing zunehmende Relevanz. Durch eine überzeugende Bearbeitung von Anfragen

und Beschwerden der Kunden, die Stimulierung positiver Kundenerlebnisse sowie die Erhöhung der

Kundenzufriedenheit werden klassische Marketingziele wie Kundenbindung und Kundengewinnung

angesprochen (Bitner et al. 1990). Darüber hinaus gewinnt der Kundenservice durch Social Media, die

damit verbundene Transparenz und den steigenden Einfluss der Kunden weiter an Bedeutung (van

der Lans et al. 2010). Wenn Unternehmen heute Service auf Social Media Anwendungen wie

Facebook oder Twitter anbieten, kann die Öffentlichkeit beobachten, wie Kundenberater Probleme

von Bestandskunden lösen, Fragen von Kunden beantworten oder Produkte und Dienstleistungen

erklären. Die Inhalte dieses Servicedialogs werden online verbreitet, gelesen, bewertet, zitiert und

langfristig gespeichert (Bock 2012). Daher ist die Qualität des Kundenservice ein Aushängeschild für

die Kundenorientierung des gesamten Unternehmens (Homburg/Fürst 2005).

Die skizzierten Überlegungen führten bei der Telekom Deutschland GmbH zur Schaffung von

“Telekom hilft“. Dabei handelt es sich um ein Social Media-Programm für den Servicedialog im

Internet. Kunden der Telekom können heute über die Feedback-Community von “Telekom hilft“ sowie

über Facebook und Twitter Servicefragen mit der Telekom und mit anderen Interessierten diskutieren.

Der vorliegende Beitrag skizziert die Ziele, Strukturen und Prozesse für einen Kundenservice im

Social Web. Darüber hinaus erfolgt eine Bewertung der Wirksamkeit digitaler Serviceleistungen im

Vergleich zu bislang verfügbaren Serviceangeboten. Diese basiert auf einer Befragung der

Servicekunden der Telekom Deutschland GmbH. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen deutlich,

dass ein qualitativ hochwertiger Kundenservice in sozialen Netzwerken relevante Implikationen für das

Marketing erzeugt.

Telekom hilft als Serviceinnovation

"Telekom hilft" ist nicht nur ein singulärer Kanal, sondern umfasst das Social Media-Programm des

Bereichs Internet Vertrieb & Service der Telekom Deutschland GmbH. Dieses Programm wurde im

Herbst 2009 mit dem Fokus initiiert, die Potenziale des Social Web zu erkunden, iterativ eine

Roadmap für die folgenden Jahre zu definieren und deren Umsetzung zu steuern. Zum Start des

Programms wurden folgende Ziele definiert (Bock 2010, 449):

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- Innovation: Positionierung als Innovationsführer im Telekommunikationsmarkt, um neue

Kundenkontaktpunkte und neue Formen der Kommunikation zu erproben und als Innovator

eine positive Imagebildung zu unterstützen.

- Service: Steigerung von Kundenzufriedenheit und -bindung, Reduktion von Kosten durch eine

virale Verbreitung von Informationen, Unterstützung der Produktion und Distribution von

nutzergenerierten Inhalten sowie Promotion von Selbstserviceangeboten (Customer Self

Care).

- Vertrieb: Umsatzsteigerung durch On-Top-Umsätze, Aktivierung von Weiterempfehlungen

sowie Erhöhung der Cross- und Upselling Quoten.

Die Ziele des Programms bezogen sich daher von Beginn an nicht nur auf die Entwicklung und

Umsetzung von Serviceinnovationen. Der Kundenservice wurde stets in Zusammenhang mit

relevanten Implikationen für Marketing und Vertrieb bewertet.

Entwicklung und Umsetzung einer neuen Servicestrategie

Die Markenwerte der Telekom (“Innovation, Einfachheit und Kompetenz“) sind in der Konzeption von

“Telekom hilft“ für den Kundenservice verankert (Deutsche Telekom 2011). Aus

Innovationsperspektive werden mit “Telekom hilft“ neue Wege in der Servicekommunikation

beschritten. Für Kunden, die das Internet und soziale Medien wie Facebook, Twitter oder Blogs

nutzen, ist es darüber hinaus deutlich einfacher, ihr Anliegen über diese neuen Dienste zu

kommunizieren, weil sie die entsprechende Form der Kommunikation gewohnt sind. Schließlich ist die

Fähigkeit zur gemeinsamen Gestaltung und Steuerung digitaler Inhalte eine wesentliche

Kernkompetenz der Telekom als Telekommunikationsanbieter. Dies wird zum Beispiel durch die

interaktive Kampagne “Million Voices“ belegt (siehe Ebner et al. 2011). Durch “Telekom hilft“ lernt das

Unternehmen, mit vernetzten Kunden zu kommunizieren und so nutzergenerierte Inhalte (User

Generated Content) zu steuern.

Die Erweiterung der Servicekonzeption hat konkrete Auswirkungen auf das User Interface und das

Interaction Design. Dies umfasst die redaktionellen und kommunikativen Richtlinien für die

Servicemitarbeiter sowie die Details der persönlichen Ansprache im Kundendialog. Dabei werden die

Kundenberater von “Telekom hilft“ online als Team und als Gruppe im Bild präsentiert (siehe

Abbildung 1). Für die Darstellung der Servicemitarbeiter werden keine Models, sondern Fotos der

echten Berater mit den eigenen Vornamen verwendet. Empathie und Zuhören sind wichtigsten

Vorgaben für den Dialog mit Kunden. Es darf auch geduzt werden, wenn die Kunden selbst duzen.

Die Kundenberater können auf die Tonalität und den Stil der Kunden eingehen und sich selbst mit

ihrer persönlichen Note zum Ausdruck bringen.

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Abbildung 1: “Telekom hilft“ Seite auf Facebook

Interne Veränderungen durch Telekom hilft

Die Plattformauswahl und Implementierung folgte bei der Telekom im Wesentlichen zwei

Grundsätzen: “Wir gehen dahin, wo unsere Kunden sind“. Und damit dies effizient geschieht: “Folge

der Masse und dem Wachstum“. Bereits Ende 2009 wurden Facebook und Twitter als

Wachstumskandidaten klassifiziert. Die Stagnation bei anderen populären Netzwerken war dagegen

bereits erkennbar. Darüber hinaus wurde ein Corporate Blog als mögliche Verlängerung der

Kommunikation in Twitter und Facebook umgesetzt, um sowohl mehr Raum für umfassendere

Informationen zu öffnen als auch die zusätzlichen Mechanismen zur Distribution von Inhalten zu

nutzen (Eck 2007).

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Die wesentlichen Meilensteine der Umsetzung von “Telekom hilft“ sind in Tabelle 1 dargestellt. Im

ersten Schritt war es erforderlich, möglichst vielfältig Erfahrungen zu sammeln, um die Potenziale

eines Social Media-Engagement zu erkunden. Die wichtigste Voraussetzung für hochwertigen

Kundenservice bezog sich dann auf die Identifikation von internen Ressourcen mit hoher

Servicekompetenz. Um den Wandel im Unternehmen voran zu treiben, ist aus Sicht der Erfahrungen

bei der Telekom davon abzuraten, eine externe Agentur oder einen Call Center-Dienstleister für diese

Tätigkeiten zu beauftragen. Darüber hinaus mussten die erforderlichen Prozesse definiert werden, um

eine bestmögliche Integration in die vorhandenen Abläufe und Systeme zu ermöglichen. Für die

Administration des Servicedialogs zwischen Mitarbeitern und Kunden konnte nach Prüfung durch den

Datenschutz eine vorhandene Software-as-a-Service-Lösung verwendet werden. Dies ermöglichte

sehr kurze Laufzeiten der Pilotprojekte und eine agile Vorgehensweise.

Tabelle 1: Meilensteine der Umsetzung von “Telekom hilft“

Als Standort für die Servicemitarbeiter/innen wurde das Kompetenz Center Kiel ausgewählt, da hier

hochqualifiziertes Personal mit umfassenden Erfahrungen und vielfältigen Kompetenzen verfügbar

war. Das Team wurde durch eine interne Ausschreibung in Abstimmung mit der Personalabteilung

und dem lokalen Betriebsrat rekrutiert. Vier FTE (full time equivalent) waren für den Start von Twitter

verfügbar, für Facebook wurden weitere acht FTE geschaffen, in 2011 wurde die Zahl auf insgesamt

13 FTE erhöht. Durch die personelle Zusammenlegung mit Servicemitarbeiter/innen von Chat und

Foren sowie die weitere Ausweitung von Ressourcen arbeiten aktuell 85 FTE an drei Standorten in

Deutschland an “Telekom hilft“.

Launch des Facebook-Service-Kanals “Telekom hilft“

Launch des Twitter-Service-Kanals “Telekom_hilft“

Launch des Blogs “Service-Notizen“

Start der Facebook-Aktion “Windows Phone 7 Testpiloten“ als Rubrik von “Telekom hilft“

Erweiterung des über zehn Jahre alten Kundenservice-Forums durch Mobilfunk-Themen und Schaffung der entsprechenden personellen Ausstattung

Verlinkung der Service-Videos der Telekom.de auf Facebook als Rubrik von “Telekom hilft“

Vertriebsinitiativen über “Telekom hilft“ auf Facebook

Start von Vertriebsinitiativen für die “Telekom Shops“ über die ortsbezogenen Services “Facebook Places“ und “Foursquare“

Launch der Telekom hilft Feedback-Community (feedback.telekom-hilft.de)

Mai 2010

September 2010

Oktober 2010

Oktober 2010

Dezember 2010

Januar 2011

Sommer 2011

August 2011

Mai 2012

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Die Anzahl an Kundenanfragen steigt kontinuierlich, wobei das Servicevolumen bis zur Einführung der

“Telekom hilft Feedback-Community“ im Mai 2012 zu etwa zwei Dritteln über Facebook und zu einem

Drittel über Twitter generiert wurde. In Summe werden aktuell pro Monat ca. 16.000 Anfragen von

Kunden an “Telekom hilft“ gestellt. Dabei kann sich das Servicevolumen bei Produkteinführungen wie

dem iPhone 5 periodisch um das sechsfache erweitern. Die Volumenentwicklung des Servicedialogs

erfolgte bislang rein organisch, d.h. es wurden keine Werbemittel zur Fan- oder Followergewinnung

eingesetzt. Im September 2012 wurde ein Link zur “Feedback-Community“ als eigenem

Serviceangebot auf der reichweitenstarken Telekom.de eingeführt.

Die Erfahrungen mit Telekom hilft führten zu vielfältigen Lerneffekten. Aus Sicht der Servicequalität ist

es erforderlich, interne Ressourcen für den Servicedialog aufzubauen. Darüber hinaus ist es

wesentlich, Social Media aktiv in die vorhandenen Kundenserviceprozesse zu integrieren. Das Team

der Telekom konnte somit von Anfang an und ohne weitere Trainings auf alle vorhandenen Abläufe

und Kontakte zurückgreifen. Völlig neue oder stark modifizierte Prozesse waren jedoch insbesondere

für den Dialog mit Kunden erforderlich. Beispielsweise wurden diverse Feedbackschleifen für

unerwartete Situationen geschaffen, um Lösungsansätze in einem größeren Kreis zu diskutieren. In

Krisensituationen und bei Angriffen in Form eines sogenannten Shitstorms wird eine gemeinsame

Konferenz einberufen. In solche Situationen ist die Unternehmenskommunikation als Ratgeber oder

Entscheider aktiv einbezogen.

Als kritischer Erfolgsfaktor auf dem Weg von den Plattformen Twitter und Facebook hin zu einer

eigenen “Telekom hilft Feedback-Community“ ist die Qualifikation der Kundenberater einzustufen.

Während aufgrund der geringen Halbwertzeit von Beiträgen auf Facebook und Twitter die einzelnen

Serviceantworten schnell verschwinden und kaum nachhaltig als Wissensdatenbank verfügbar sind,

bietet die “Feedback-Community“ eine Möglichkeit zur Speicherung des Servicewissens. Die Pflege

der gemeinsamen Serviceinhalte setzt erweiterte Kompetenzen der Servicemitarbeiter/innen in den

Bereichen “Content Management“ und “Community Management“ voraus. Daher wurden Anfang 2013

erweiterte Servicerollen definiert und in der Serviceorganisation verankert. Diese “Community

Redakteure“ sollen im Kern die proaktive Servicekommunikation per Service-Blog unterstützen, vor

allem jedoch die Vitalität der Community in Zusammenarbeit mit wichtigen Servicekunden ausbauen.

Auf der Suche nach dem Return on Social Media

Aus Basis der positiven Erfahrungen bei der Strategieumsetzung hat die Telekom Mitte 2011 ein

Projekt zur Analyse der ökonomischen Effekte von “Telekom hilft“ initiiert. Dabei steht besonders zur

Diskussion, wie sich der Return on Social Media darstellen und messen lässt. Aus methodischer

Sicht setzt die Untersuchung auf der Entwicklung und Prüfung latenter Strukturgleichungsmodelle, der

Umsetzung einer standardisierten Kundenbefragung sowie der Analyse eigener empirischer Daten

aus CRM und Kostenrechnung an.

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In einer ersten Konzeptphase wurden die folgenden Forschungsfragen für die Untersuchung

formuliert:

(1) Wie lässt sich die Qualität des Kundenservice

in verschiedenen Servicekanälen konzeptualisieren?

(2) Welche Aspekte der Servicequalität wirken sich positiv

auf die Kundenzufriedenheit aus?

(3) Welche weiterführenden und ökonomisch relevanten Effekte lassen sich

aus einer Förderung der Kundenzufriedenheit im Servicekontext ableiten?

(4) Wie effektiv ist die Serviceerbringung via Telekom hilft

im Vergleich zu anderen Servicekanälen (z.B. Hotline)?

Das Kausalmodell für die Untersuchung dieser Fragestellungen ist in Abbildung 2 dargestellt. Danach

lassen sich aus der Serviceforschung und den empirischen Erfahrungen der Telekom fünf relevante

Konstrukte für die Messung der wahrgenommenen Servicequalität ableiten. Diese beziehen sich

zunächst auf die Qualität der via Kundenservice umgesetzten Antworten und Lösungen sowie auf den

dafür erforderlichen Eigenaufwand der Kunden. Kunden sind prinzipiell an einer hohen inhaltlichen

Qualität der Serviceantworten interessiert. Jedoch sollte sich der eigene Aufwand zur Erzielung

entsprechender Lösungen in Grenzen halten (Dixon et al. 2010). Ein weiterer wesentlicher Faktor für

die wahrgenommene Servicequalität bezieht sich auf die Individualität der Servicebearbeitung (Tax et

al. 1998). Dabei stellt sich die Frage, wie individuell die Servicemitarbeiter der Telekom auf das

Kundenanliegen eingehen können. Schließlich werden in Form der Bearbeitungsdauer und

Reaktionszeit zwei weitere Konstrukte in das Modell integriert. Diese beziehen sich darauf, wie schnell

der Kundenservice auf Anfragen reagiert und wie viel Zeit insgesamt für eine abschließende

Bearbeitung von Servicefällen erforderlich ist (Homburg/Fürst 2005; Smith et al. 1999).

Analog zu den vorliegenden Erkenntnissen der Serviceforschung ist davon auszugehen, dass sich

eine Erweiterung der Servicequalität zunächst positiv auf die Kundenzufriedenheit auswirkt (= H1 bis

H5) (Dawidow 2003). Darüber hinaus sind weiterführende und ökonomisch relevante Effekte in das

Modell integriert. Diese beziehen sich auf eine Förderung der Kundenbindung und eine damit

verbundene Reduktion der Churn Rate (= H6) (Homburg/Fürst 2005), eine Stimulierung von Word of

Mouth Kommunikation zu positiven Serviceerlebnissen und eine Verbreitung entsprechender

Informationen an potenzielle Neukunden (= H7) (Davidow 2003) sowie eine verbesserte

Ausschöpfung der Kundenbeziehung und eine Erhöhung des Share of Wallet (= H8) (Blodgett et al.

1997).

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Abbildung 2: Kausalmodell, Ladungen und Fit Indices

Die dargestellten Hypothesen wurden durch eine standardisierte Befragung der Telekomkunden

getestet. Dies bezieht sich auf zwei unterschiedliche Stichproben. Für die Prüfung des skizzierten

Kausalmodells wurde zunächst kanalübergreifend eine Zufallsstichprobe aller Telekomkunden

herangezogen (Stichprobe A). Um einen Vergleich zwischen unterschiedlichen Servicekanälen zu

ermöglichen, wurden zusätzlich die Nutzer von Telekom hilft dezidiert befragt (Stichprobe B). Die

Entwicklung des Fragebogens für die standardisierte Befragung orientierte sich an den Empfehlungen

von Churchill (1979) sowie Gerbing und Anderson (1988). Auf Grund der Konzeption des

Kausalmodells mit reflektiven Indikatoren und der Verwendung verhaltenswissenschaftlicher

Konstrukte ist die beispielsweise bei Albers und Hildebrandt (2006, 6) skizzierte Modellierung latenter

Strukturgleichungsmodelle für die Problemstellung angemessen. Abschließend wurde der Fragebogen

mit 33 Items bei 1.170 Kunden in Stichprobe A und 228 Kunden in Stichprobe B umgesetzt.

Lösungs-

qualität

Eigen-

aufwand

Individualität

Reaktions-

geschwindigkeit

Kunden-

zufriedenheit

Bearbeitungs-

dauer

H1

Wahrgenommene

ServicequalitätKundenzufriedenheit Ergebniseffekte

Kunden-

bindung

Kunden-

ausschöpfung

Word of Mouth

H2

H3

H4

H5

H6

H7

H8

.41 (.18)

.85 (.76)

.91 (.84)

.77 (.72)

.13 (.31)

.14 (.22)

.10 (.15)

.14 (.16)

Hypothesen, Faktorladungen Stichprobe A, in Klammer: Faktorladungen Stichprobe B

Fit Indices Stichprobe A: c2/df = 2.78; CFI = .991; NFI = .989; RMSEA = .061

Fit Indices Stichprobe B: c2/df = 1.69; CFI = .984; NFI = .967; RMSEA = .056

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Die Unidimensionalität und Konvergenzvalidität der Konstrukte wurde innerhalb der

kanalübergreifenden Stichprobe A und der auf Social Media bezogenen Stichprobe B durch eine

konfirmative Faktorenanalyse mit LISREL getestet. Nach Anpassung der Messmodelle wurden jeweils

strukturelle Pfadmodelle geschätzt, um die Abbildung 2 skizzierten Hypothesen zu testen. Die Fit

Indices für Stichprobe A (c2(300) = 832.95, CFI= .991; NFI= .989; RMSEA = .061) und Stichprobe B

(c2(300) = 508.39, CFI= .984; NFI= .967; RMSEA = .056) weisen auf eine gute Anpassung des

Modells an die empirischen Daten hin (Byrne 1998). Neben der Kausalanalyse lassen sich die

Ergebnisse der deskriptiven Statistik zwischen den Stichproben A und B vergleichen, um relevante

Unterschiede zwischen den Servicekanälen zu identifizieren. Tabelle 2 gibt einen Überblick zu den

Durchschnittswerten je Item auf der fünfstufigen Likertskala.

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Tabelle 2: Deskriptive Statistik (Mittelwerte) der Stichproben A und B

Der Kundenservice der Telekom

führt aus meiner Sicht zu sehr

guten Problemlösungen.

3.52 4.67

Wenn ich ein Problem bei der

Telekom anspreche erhalte ich

passende Lösungsvorschläge.

Die inhaltliche Qualität der durch den

Kundenservice der Telekom ange-

botenen Problemlösungen ist sehr hoch.

Die Nutzung des Kundenservice

der Telekom ist für mich mit wenig

Aufwand verbunden.

Es ist für mich äußerst bequem, den

Kundenservice der Telekom für meine

Anliegen und Fragen zu nutzen.

Die Nutzung des Kundenservice der

Telekom ist aus meiner Sicht sehr

einfach.

Der Kundenservice der Telekom

ist auf mich abgestimmt.

Ich fühle mich im Dialog mit der

Telekom individuell angesprochen.

Die Mitarbeiter/innen gehen bei der

Telekom persönlich auf mich als

Kunden ein.

Die Telekom reagiert sehr schnell auf

meine Anfragen.

Im Großen und Ganzen muss man

nicht sehr lange auf eine Reaktion

der Telekom warten.

Mit der Reaktionszeit der Telekom

bin ich absolut zufrieden.

Wenn ich eine Anfragen an die

Telekom stelle, wird diese sehr

schnell geklärt.

Serviceanfragen werden durch die

Telekom in angemessener Zeit

gelöst.

Mit der Dauer bis zur Klärung meiner

Serviceanfragen bei der Telekom bin

ich absolut zufrieden.

Mit den Leistungen der Telekom bin

ich im Allgemeinen sehr zufrieden.

Aus meiner Sicht war es eine gute

Entscheidung, Kunde der Telekom

zu werden.

Ich halte mich selbst für einen loyalen

Kunden der Telekom.

Solange sich wesentliche Dinge

nicht verändern, werde ich Kunde

der Telekom bleiben.

Ich fühle mich der Marke Telekom

sehr verbunden.

Wenn ein Wettbewerber einen etwas

günstigeren Preis anbietet, würde ich

trotzdem Kunde der Telekom bleiben.

Aktuell mache ich mir intensiv Ge-

danken über einen Anbieterwechsel.

Es ist wahrscheinlich, dass ich

weiterhin Produkte und Dienst-

leistungen der Telekom nutzen werde.

Es ist für mich ein großer Vorteil,

Telekommunikationsleistungen

gerade von der Telekom und nicht

von einem anderen Anbieter zu

beziehen.

Ich würde Freunde und Bekannten

empfehlen, Kunde bei der Telekom

zu werden.

Ich spreche häufig positiv

über die Telekom.

Ich leite Informationen über die

Telekom an Freunde und Bekannte

aus meinem Netzwerk weiter.

Soweit Kritik an der Telekom

geäußert wird, finde ich in der

Regel gute Gegenargumente.

Weitere Telekommunikationsprodukte

und -dienstleistungen werde ich

bevorzugt bei der Telekom kaufen.

Ich interessiere mich für weitere

Produkte und Dienstleistungen

der Telekom.

Wenn die Telekom neue Produkte

und Dienstleistungen auf den Markt

bringt, werde ich mich darüber

informieren.

Konstrukte und ItemsMittelwerte

A B

Mittelwerte

A B

3.53 4.59

3.48 4.61

3.45 4.78

3.48 4.82

3.42 4.81

3.05 4.51

3.20 4.76

3.57 4.81

3.35 4.42

3.39 4.38

3.30 4.51

3.37 4.45

3.44 4.49

3.29 4.41

3.62 4.39

3.78 4.29

4.25 3.54

3.95 3.92

3.50 3.71

3.58 3.06

2.27 2.43

3.79 3.71

2.83 2.82

3.46 3.43

3.29 3.22

2.18 3.21

2.85 2.81

3.29 3.15

3.06 3.01

3.62 3.67

Konstrukte und Items

su

ng

sq

ua

litä

tE

ige

na

ufw

an

dIn

div

idu

alitä

tB

ea

rbe

itu

ng

sd

au

er

Re

ak

tio

ns

ge

sc

hw

.

Die Leistungsfähigkeit der Telekom

beurteile ich generell sehr positiv.

Meine Erwartungen an einen Tele-

kommunikationsanbieter werden von

der Telekom voll und ganz erfüllt.

3.51 4.17

2.88 2.01

Ku

nd

en

zu

frie

de

nh

eit

Ku

nd

en

bin

du

ng

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ou

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de

na

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Next Corporate Communication Research Center for Digital Business Seite 12

Ergebnisse der Kausal- und Wirtschaftlichkeitsanalyse

In Bezug auf die formulierten Forschungsfragen bleibt festzuhalten, dass die wahrgenommene

Qualität des Kundenservice in den skizzierten fünf Dimensionen darstellbar ist. Dabei lassen sich auf

Basis der Parameterschätzung alle acht formulierten Hypothesen unterstützen. Zum Teil zeigen sich

jedoch erhebliche Unterschiede zwischen der Zufallsstichprobe und den befragten Kunden bei

“Telekom hilft“. Aus Sicht der Servicequalität ist für den Durchschnitt der Telekomkunden v.a. die

Qualität der via Kundenservice umgesetzten Lösungen wesentlich (H1, βA=.41, β

B=.18). Bei “Telekom

hilft“ haben dagegen die Individualität der Kundenkommunikation und die Reduktion des

Eigenaufwands der Kunden einen vergleichsweise stärkeren Einfluss auf die Kundenzufriedenheit

(H2, βA=.13, β

B=.31; H3, β

A=.14, β

B=.22). Die wahrgenommene Servicequalität wirkt sich in beiden

Stichproben positiv auf die Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Kundenausschöpfung und Word of

Mouth Kommunikation aus. Dabei zeigt die deskriptive Statistik anhand eines Zweistichproben-t-Tests

eine im Vergleich zur repräsentativen Stichprobe signifikant erweiterte Servicequalität. Dies weist

darauf hin, dass der Kundenservice bei “Telekom hilft“ im Kanalvergleich deutlich positiver

wahrgenommen wird. Auf Basis interner CRM-Analysen und der Berücksichtigung von Kundenwerten,

Kundenmengen, Churn-Verhalten sowie Cross- und Upsell-Potenzialen lassen sich die Perspektiven

einer Verbesserung der Servicequalität auch monetär abschätzen. Schließlich führt eine

Untersuchung der Kosten pro Servicekontakt und die Berücksichtigung von Lösungsquoten in

unterschiedlichen Servicekanälen zur Erkenntnis, dass ein hochwertiger Kundenservice nicht

zwingend mit höheren Kosten verbunden ist. Bei “Telekom hilft“ schlägt sich die hohe Servicequalität

in einer Vermeidung weiterer Servicekontakte (Contact Avoidance) nieder. Dies wirkt sich in

Kostenvergleichsrechnungen positiv auf die Wirtschaftlichkeit von digitalen Serviceangeboten aus.

Fazit und Ausblick: Kundenservice via Social Media funktioniert

Als Fazit aus der Umsetzung von “Telekom hilft“ kann vereinfacht festgehalten werden:

Kundenservice via Social Media funktioniert. Das ernst gemeinte Angebot von Unternehmen für einen

Dialog auf Augenhöhe wird umgehend angenommen, wenn den Bestandskunden und Interessenten

ein Mehrwert geboten wird. Diese Erkenntnis ist auch für Marketing und Vertrieb relevant. Vertrieb im

Sinne von marktschreierischen Angeboten bleibt in der Telekommunikationsbranche weitgehend

wirkungslos. Aktionen mit oberflächlichen Werbebotschaften zum Produktabverkauf werden

umgehend auf ihre Substanz hin analysiert und einem Wettbewerbsvergleich mit differenzierter

Darstellung der jeweiligen Verkaufsargumente unterzogen. Die skizzierte empirische Untersuchung

zeigt, dass sich relevante Marketingeffekte in den Bereichen Kundenbindung, Word of Mouth und

Kundenausschöpfung über die Servicequalität und die damit verbundene Zufriedenheit der

Bestandskunden stimulieren lassen. Darüber hinaus fördert eine hohe Servicequalität und die damit

verbundene Lösungsquote auch die Contact Avoidance. Dies wirkt sich im Kostenvergleich günstig

auf Premium-Serviceangebote im Social Web aus.

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Die größte Herausforderung für digitale Serviceangebote liegt zukünftig in der weiteren Skalierung von

Serviceleistungen bei gleichbleibend hoher Servicequalität. Auch wenn der Kundendialog in der

Öffentlichkeit stattfindet, werden Tweets und Posts doch analog zu Telefonaten wie in einem

Zwiegespräch zwischen Kunden und Servicemitarbeitern ausgetauscht. Es ist ein hoher Anspruch, bei

steigenden Volumina sowohl die Lösungsqualität als auch die Individualität im Kundendialog auf

hohem Niveau zu halten.

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Über uns

Andreas Bock ist Managing Director und Partner der St.Gallen Institute GmbH,

eMail: [email protected]

Winfried Ebner ist Programmleiter Social Media Business bei der Telekom Deutschland

GmbH, eMail: [email protected]

Alexander Rossmann ist Professor für Marketing und Vertrieb an der Hochschule

Reutlingen und Research Associate am Institut für Marketing der Universität St.Gallen,

eMail: [email protected]

Next Corporate Communication is a partnership between research institutions and business partners

in order to shape the digital transformation. We live in an era of disruptive change - a time when

technology and society are evolving faster than the ability of many organizations to adapt. But digital

business is part and parcel of today's modern corporation. Our mission is to conduct research that is

both academically rigorous - but also relevant to business.

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