4 Numerische Lösung der Flachwassergleichungen in 1D · Vorlesungsskript Numerical Hydraulics 39 4...

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Vorlesungsskript Numerical Hydraulics 39 4 Numerische Lösung der Flachwassergleichungen in 1D 4.1 Finite Differenzenmethode Für die Methode der finiten Differenzen (FD) gehen wir zunächst von den eindimensionalen Flachwassergleichungen für einen prismatischen Kanal aus. Es gilt: h t + v h x + h v x = 0 (4-1) v t + v v x = gI S I E ( ) g h x (4-2) Die Gleichungen müssen diskretisiert werden, indem die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt werden. Das einfachste Differenzenverfahren verwendet explizite Differenzen in der Zeit. Das heisst, dass alle Terme ausser den Zeitableitungstermen durch ihren Wert zum alten Zeitpunkt (als Funktionen der alten Werte von v und h) ausgedrückt werden. Damit erscheint der Wert von v und h zum neuen Zeitpunkt einzig im diskretisierten Ableitungsterm. Ausserdem wird die Gleichung dadurch linearisiert, da auch die nichtlinearen Terme nur die bekannten Werte von v und h zum alten Zeitpunkt enthalten. Es folgt damit: h i neu h i alt Δt + v i alt h i alt v i 1 alt h i 1 alt Δx = 0 (4-3) v i neu v i alt Δt + v i alt v i alt v i 1 alt v i 1 alt 2 Δx g( I s I E (v i alt , h i alt )) + g h i alt h i 1 alt Δx = 0 (4-4) mit 3 4 2 2 / hy str E R k v I = nach Strickler und R hy = hb 2h + b (für Rechtecksgerinne). Randbedingungen müssen für die Knoten i=1, i=Nx+1 angegeben werden. Für den Wellendurchgang wählen wir die Randbedingungen: Oberstrom: Zuflussrand, gegebener Hydrograph, damit gegebene Geschwindigkeit v Unterstrom: h fest (z. B. Wehr) Es resultieren damit folgende Arbeitsgleichungen (für i=2, ..., Nx): h i neu = h i alt −Δt v i alt h i alt v i 1 alt h i 1 alt Δx = 0 (4-5) v i neu = v i alt −Δt v i alt v i alt v i 1 alt v i 1 alt 2 Δx gΔt h i alt h i 1 alt Δx g( I E (v i alt , h i alt ) I x )Δt (4-6)

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4 Numerische Lösung der Flachwassergleichungen in 1D

4.1 Finite Differenzenmethode Für die Methode der finiten Differenzen (FD) gehen wir zunächst von den eindimensionalen Flachwassergleichungen für einen prismatischen Kanal aus. Es gilt:

∂h∂t

+ v ∂h∂x

+ h ∂v∂x

= 0 (4-1)

∂v∂t

+ v ∂v∂x

= g IS − IE( )− g ∂h∂x

(4-2)

Die Gleichungen müssen diskretisiert werden, indem die Differentialquotienten durch Differenzenquotienten ersetzt werden. Das einfachste Differenzenverfahren verwendet explizite Differenzen in der Zeit. Das heisst, dass alle Terme ausser den Zeitableitungstermen durch ihren Wert zum alten Zeitpunkt (als Funktionen der alten Werte von v und h) ausgedrückt werden. Damit erscheint der Wert von v und h zum neuen Zeitpunkt einzig im diskretisierten Ableitungsterm. Ausserdem wird die Gleichung dadurch linearisiert, da auch die nichtlinearen Terme nur die bekannten Werte von v und h zum alten Zeitpunkt enthalten. Es folgt damit:

hineu − hi

alt

Δt+ vi

althialt − vi−1

althi−1alt

Δx= 0 (4-3)

vineu − vi

alt

Δt+ vi

altvialt − vi−1

altvi−1alt

2Δx− g(Is − IE (vi

alt,hialt ))+ g hi

alt − hi−1alt

Δx= 0 (4-4)

mit 342

2

/hystr

E RkvI = nach Strickler und Rhy =

hb2h + b

(für Rechtecksgerinne).

Randbedingungen müssen für die Knoten i=1, i=Nx+1 angegeben werden. Für den Wellendurchgang wählen wir die Randbedingungen:

• Oberstrom: Zuflussrand, gegebener Hydrograph, damit gegebene Geschwindigkeit v • Unterstrom: h fest (z. B. Wehr) Es resultieren damit folgende Arbeitsgleichungen (für i=2, ..., Nx):

hineu = hi

alt − Δt vialthi

alt − vi−1althi−1

alt

Δx= 0 (4-5)

vineu = vi

alt − Δt vialtvi

alt − vi−1altvi−1

alt

2Δx− gΔt hi

alt − hi−1alt

Δx− g(IE (vi

alt,hialt )− Ix )Δt (4-6)

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4.2 Methode der Charakteristiken Bevor wir darangehen, uns mit der Finite-Volumen-Formulierung der 1D Flachwassergleichungen auseinanderzusetzen, sei im folgenden ein Ansatz präsentiert, der mit Charakteristiken arbeitet. Dies geschieht deshalb, weil viele Effekte erst durch das Verständnis der charakteristischen Informationen klar werden. Wir starten wiederum ausgehend von den eindimensionalen Flachwassergleichungen (4-1) und (4-2) für einen prismatischen Kanal:

∂h∂t

+ v ∂h∂x

+ h ∂v∂x

= 0

∂v∂t

+ v ∂v∂x

= g IS − IE( )− g ∂h∂x

Da v = v(x,t) und h = h(x,t) können wir für das totale Differential schreiben:

DvDt

= ∂v∂t

+ ∂v∂x

⋅ dxdt

(4-7)

DvDt

= ∂h∂t

+ ∂h∂x

⋅ dxdt

(4-8)

Falls wir Gleichung (4-1) mit einem unbekannten Multiplikator λ multiplizieren und zu (4-2) addieren, so erhalten wir:

∂v∂t

+ v + λh( ) ∂v∂x

⎡⎣⎢

⎤⎦⎥+ λ ∂h

∂t+ v + g

λ⎛⎝⎜

⎞⎠⎟∂h∂x

⎡⎣⎢

⎤⎦⎥= g IS − IE( ) (4-9)

Wenn wir Gleichung (4-9) mit den Gleichungen (4-7) und (4-8) vergleichen, so sehen wir, dass wir (4-9) als totales Differential schreiben können, wenn wir λ so definieren, dass:

v + λh = dxdt

= v + gλ

(4-10)

λ1,2 = ± gh= ± gB

A (4-11)

Benutzen wir die Definition für die Geschwindigkeit einer Schwerkraftwelle, d.h.

c = g ⋅h bzw. λ1,2 = ±g c , so können wir (4-9) schreiben als:

DvDt

+ gcDhDt

= g IS − IE( ) gültig entlang dxdt

= v + c (4-12)

DvDt

− gcDhDt

= g IS − IE( ) gültig entlang dxdt

= v − c (4-13)

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Die beiden Ausdrücke dxdt

= v + c und dxdt

= v − c werden positive und negative Charakteristik

genannt. Aufgezeichnet in der x/t-Ebene können die drei Fälle in Abb. 4-A unterscheiden werden.

Abb. 4-A: Charakteristiken für strömenden (links), kritischen (Mitte) und überkritischen Abfluss (rechts)

Wenn wir schauen, aus welchem Gebiet des Raum-/Zeitdiagramms der Punkt P Informationen empfängt, so erhalten wir den Bereich der Abhängigkeit (links in Abb. 4-B). Demgegenüber erhalten wir den Einflussbereich von P, wenn wir die beiden Charakteristiken, die von P ausgehen, aufzeichnen (Abb. 4-B rechts).

Abb. 4-B: Zone der Abhängigkeit (links) und Zone des Einflusses (rechts)

Wenn wir die Gleichungen (4-12) und (4-13) mit dt multiplizieren und entlang der positiven, bzw. negativen Charakteristik integrieren, so erhalten wir:

dv + gcW

P

∫W

P

∫ dh = g IS − IE( )dtW

P

∫ (4-14)

und analog für die negative Charakteristik:

dv − gcE

P

∫E

P

∫ dh = g IS − IE( )dtE

P

∫ (4-15)

Ausgehend von den Punkten West (W) und Ost (E) müssen wir entlang der positiven und negativen Charakteristik aufintegrieren. Dies können wir wegen der vorhandenen Nichtlinearitäten streng genommen nicht, weil sowohl die Wellengeschwindigkeit als auch der Reibungsverlust Funktionen von h und v sind. Wir müssen diese Abhängigkeiten in irgendeiner Weise linearisieren, was wir u.a. dadurch erreichen können, dass wir annehmen, dass die Wellengeschwindigkeit c und der Reibungsverlust SE entlang der Charakteristiken den Wert der Punkte W und E beibehält. Mit diesen Annahmen erhalten wir:

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( ) ( ) ( )WPWESWPW

WP ttIIghhcgvv −−=−⎟⎠⎞⎜

⎝⎛+− (4-16)

( ) ( ) ( )EPEESEPE

EP ttIIghhcgvv −−=−⎟⎠⎞⎜

⎝⎛−− (4-17)

Wenn wir diese Gleichungen sortieren nach bekannten und unbekannten Grössen, so resultiert:

PWpP hCCv −= (4-18)

PEnP hCCv −= (4-19)

mit C = g/c, wobei wir die bekannten Grössen in die beiden Konstanten Cp und Cn gepackt haben:

( ) ( )WPWESWW

Wp ttIIghcgvC −−+⎟⎠⎞⎜

⎝⎛+= (4-20)

( ) ( )EPEESEE

En ttIIghcgvC −−+⎟⎠⎞⎜

⎝⎛−= (4-21)

Neben der anschaulichen Vorstellung, wie die Information sich in einem Rechengebiet ausbreitet, können wir die Grundlagen der Charakteristikenmethode natürlich auch gebrauchen, um ein numerisches Instrument zu generieren. Es gibt zwei Methoden, um mit den Charakteristiken zu rechnen.

In der ersten Methode gehen wir von den gegebenen Ausgangsbedingungen auf einem definierten Netz aus und integrieren entlang der Charakteristiken. Die neuen Netzknoten ergeben sich durch die Schnittpunkte der positiven und negativen Charakteristiken. Das heisst, dass sich die Schnittlinien der beiden Charakteristiken, die ja vom Ausgangszustand abhängen, auf unterschiedlichen, neuen Zeitniveaus und nicht von vornherein definierten Ortspositionen befinden. In der zweiten Methode rechnen wir auf einem festen Netz, das identische Orts- und Zeitintervalle zwischen den verschiedenen Knoten aufweist. In diesem Fall ist es allerdings nötig, zwischen den Werten des Ausgangszeitniveaus zu interpolieren. Wir gehen von einer einfachen, linearen Interpolation aus. Die zweite Methode wollen wir etwas näher anschauen, einerseits, weil sie recht einfach zu programmieren ist, andererseits weil wir dann auf einem festen Raum-/Zeitnetz rechnen, wie wir dies auch in Zukunft bei den finiten Volumenverfahren tun werden. Die Situation eines festen Raum-/Zeitnetzes ist in Abb. 4-C dargestellt.

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Abb. 4-C: Rechengitter und Interpolation der Charakteristiken

Durch lineare Interpolationen erhalten wir für Punkt L (links):

vC − vLvC − vW

= xC − xLxC − xW

= xP − xLxC − xW

=vL + cL( )Δt

Δx (4-22)

analog gilt:

cC − cLcC − cW

==vL + cL( )Δt

Δx (4-23)

Wenn wir cL aus diesen Gleichungen eliminieren, erhalten wir:

vL =vC −

ΔtΔx

cWvC − cCvW( )

1+ ΔtΔx

vC − vW + cC − cW( ) (4-24)

und daraus cL und hL:

cL =cC − vL

ΔtΔx

cC − cW( )

1+ ΔtΔx

cC − cW( ) (4-25)

und:

hL = hC −ΔtΔx

vL + cL( ) hC − hW( ) (4-26)

Für unterkritischen Abfluss liegt der Punkt R (rechts), von dem die negative Charakteristik ausgeht, zwischen den Netzpunkten C und E. Wir erhalten durch analoge Interpolationsvorschriften wie für Punkt L:

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vR =vC +

ΔtΔx

cWvC − cCvW( )

1+ ΔtΔx

vC − vW − cC + cW( ) (4-27)

cR =cC − vL

ΔtΔx

cC − cW( )

1+ ΔtΔx

cC − cW( ) (4-28)

hR = hC +ΔtΔx

vR − cR( ) hC − hE( ) (4-29)

Für schiessenden Abfluss liegt der Ausgangspunkt der negativen Charakteristik zwischen den beiden Punkten W und C, d.h. die Interpolationsvorschriften sind dieselben wie für die positive Charakteristik. Zu berücksichtigen ist, dass die negative Charakteristik die Geschwindigkeit v-c hat, so dass Gleichungen (4-22) und (4-23) entsprechend geändert werden müssen. Damit erhält man:

vR =vC +

ΔtΔx

cWvC − cCvW( )

1+ ΔtΔx

vC − vW − cC + cW( ) (4-30)

( )

( )CW

WCRC

R

ccxt

ccxtvc

c−

ΔΔ+

−ΔΔ−

=1

(4-31)

( )( )WCRRCR hhcvxthh −−

ΔΔ−= (4-32)

Indem wir diese interpolierten Werte gebrauchen und in Gleichungen (4-18) und (4-19) einsetzen, wobei

( ) tIIghcgvC LESL

LLp Δ−+⎟

⎠⎞⎜

⎝⎛+= (4-33)

( ) tIIghcgvC RESR

RRn Δ−+⎟

⎠⎞⎜

⎝⎛−= (4-34)

erhalten wir ein explizites, numerisches Schema. Bei der Auflösung dieses Schemas sind die Randbedingungen zu beachten, d.h. bei strömenden Abflüssen ist je eine Randbedingung am Zulauf und Ablauf zu definieren, bei schiessenden Strömungen zwei Randbedingungen am Zuflussrand. Mit den Gleichungen (4-18) und (4-19) und den vorgegebenen Randbedingungen können die beiden verbleibenden Unbekannten an den Rändern durch die Vorwärts- bzw. Rückwärtscharakteristik (je nach Fall) bestimmt werden.

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In der folgenden Abb. 4-D ist die Lösung für das klassische Dammbruchproblem mit dem beschriebenen Charakteristikenverfahren dargestellt. Man sieht, dass die Lösung qualitativ richtig ist, allerdings ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Fronten geringfügig zu hoch. Hier ist zu berücksichtigen, dass das Schema nur Genauigkeit erster Ordnung aufweist, sowohl in Bezug auf die Interpolationsvorschriften als auch in Bezug auf die Linearisierung der nichtlinearen Gleichungen.

Abb. 4-D: Klassisches Dammbruchproblem mit Charakteristikenverfahren berechnet

4.3 Finite Volumen Methode

4.3.1 Finite Volumen Verfahren

Bei den finiten Volumen (FV) unterscheidet man im Prinzip zwei Hauptverfahren die Zellenmittelpunktmethode und die Zelleneckpunktmethode. Diese beiden Methoden unterscheiden sich durch den Ort, wo die Unbekannten formuliert werden. Bei der Zellenmittelpunktmethode werden die Unbekannten im Mittelpunkt einer Zelle positioniert, während dies bei der Zelleneckpunktmethode an den Eckpunkten geschieht. Der Unterschied ist in Abb. 4-E dargestellt.

Abb. 4-E: FV Zellenmittelpunktmethode (links) und FV Zelleneckpunktmethode (rechts) mit dazugehörigen Volumendefinitionen

Wir werden uns in der Zukunft nur mit der Zellenmittelpunktmethode auseinandersetzen, da gezeigt werden kann, dass diese Methode numerische Stabilitätsvorteile gegenüber der Zelleneck-punktmethode aufweist.

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4.3.2 Die 1D Flachwassergleichungen mit konservativen Variablen Eine Schwierigkeit der Flachwassergleichungen besteht darin, dass es sehr wichtig ist, mit den richtigen Variablen zu arbeiten. Wie uns die Übungen gezeigt haben, ergeben sich für das Dammbruchproblem unterschiedliche Lösungen, je nachdem ob man die Geschwindigkeiten oder die spezifischen Abflüsse als Unbekannte verwendet. Der Grund liegt darin, dass bei einem Fliesswechsel sowohl die Wassertiefen als auch die Geschwindigkeiten nicht stetig differenzierbar sind, sondern einen Sprung aufweisen. Demgegenüber ist der spezifische Abfluss stetig differenzierbar, auch über Sprünge hinweg, und die Lösung mit dieser Variablen daher näher bei der physikalischen Realität.

0=∂∂+

∂∂

xq

th

(4-35)

( )ES IIghghhq

xqt

−=⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛+

∂∂+

∂∂

2

22

(4-36)

Eine alternative Form der Gleichungen (4-35) und (4-36), die sich für allgemeine Querschnitte eignet, stellt das Gleichungssystem in den Unbekannten Wasserspiegel hp und Gesamtabfluss Q dar.

Das entsprechende Gleichungssystem lautet:

0=∂∂+

∂∂

xQ

tA

(4-37)

02

=⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛+

∂∂

+⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛∂∂+

∂∂

Ep Ixh

gAAQ

xQt

(4-38)

Die Beziehung A(hp) wird vor Berechnung der Gleichungen ermittelt und als Tabelle abgespeichert. Wenn wir der Einfachheit halber nun trotzdem von (4-35) und (4-36) ausgehen, so können wir die Gleichungen aufteilen in Anteile der Zeit-, Ortsableitungen und Quellterme. Den Vektor, der aus den Ortsableitungen besteht, nennt man den Flussvektor. Die Approximation in der Finite Volumen Methode besteht in der Wahl eines geeigneten Ausdrucks für den Flussvektor. Die Gleichungen (4-35) und (4-36) in Matrix-Schreibweise lauten:

0=++ bfu xt (4-39)

mit

( )⎥⎦⎤

⎢⎣

⎡−−

=⎥⎥⎦

⎢⎢⎣

+=⎥

⎤⎢⎣

⎡=ES IIgh

ghhqq

qh 0

,2

, 22 bfu (4-40)

Wenn wir vorerst annehmen, mit kleinen Zeitschritten zu rechnen, dann können wir die nichtlinearen Terme so linearisieren, dass wir annehmen, dass sich ihr Wert über das Zeitintervall Δt nicht ändere sondern konstant bleibe. Mit einer expliziten Zeitdiskretisierung und vorerst konventionell ermittelten Flüssen kann man schreiben:

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uit+1 − ui

t

Δt+ 1Δx

fi+12

t − fi−12

t( )+ bit = 0 (4-41)

bzw. nach dem Unbekanntenvektor aufgelöst:

uit+1 = ui

t − Δt2Δx

fi+1t − fi−1

t( )− bit (4-42)

mit der Annahme zentral ermittelter Flüsse, d.h. mit:

fi+12

t = 12fi+1t + fi

t( ) und fi−12

t = 12fit + fi−1

t( ) (4-43)

Gleichung (4-41) weist nun allerdings einen Fehler auf, indem die Differenz der Flussvektoren nicht das gleiche Vorzeichen haben muss, und Schemata, die analog den Gleichungen (4-41) bis (4-43) arbeiten, sind deshalb nicht stabil. Wenn man (entsprechend einem Vorschlag von Lax und Friedrichs) Gleichung (4-42) geringfügig modifiziert so erhält man ein einfaches, stabiles Schema, das die Stabilisierung nicht über die Änderung in den Flusstermen, sondern in der zeitlichen Ableitung erreicht:

uit+1 = 0.5 ui+1

t + ui−1t( )− Δt

2Δxfi+1t − fi−1

t( )− bit (4-44)

Das Schema nach Lax ist zwar stabil, weist aber eine exzessive numerische Diffusion auf. In die richtigere Richtung würde eine klassische Upwind-Diskretisierung zeigen. Unter Berücksichtigung der Richtung der Strömung und unter Verwendung des Operators A,B (der grössere Werte von A und B wird berücksichtigt) erhält man eine upwind-gewichtete Formulierung der Flussterme:

hit+1 = hi

t − ΔtΔx

KEit −KWi

t( ) (4-45)

qit+1 = qi

t − ΔtΔx

MEit −MWi

t( )− ghit (IS − IE ) (4-46)

mit den Definitionen für KE, KW, ME und MW:

KE = qit, 0 + −qi+1

t , 0

KW = qi−1t , 0 + −qi

t, 0 (4-47)

ME =qit

qitqit2

hit +

ghit2

2⎛⎝⎜

⎞⎠⎟, 0 + −

qit

qit

qi+1t2

hi+1t + ghi+1

t2

2⎛⎝⎜

⎞⎠⎟, 0

MW =qit

qit

qi−1t2

hi−1t + ghi−1

t2

2⎛⎝⎜

⎞⎠⎟, 0 + −

qit

qitqit2

hit +

ghit2

2⎛⎝⎜

⎞⎠⎟, 0

(4-48)

Wenn man Upwind-Verfahren analysiert, so kann man die diskreten Gleichungen immer in einen rein zentral gewichteten Anteil und einen Zusatzterm mit zweiten Ableitungen überführen (Diffusionsterm). Das heisst, dass jedes Upwind-Verfahren zusätzliche (numerische) Diffusion zu

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einem zentralen Anteil zufügt. Die Art und Weise, wie die Flüsse über die Zellseiten berechnet werden und der daraus resultierende Diffusionsterm in den diskreten Gleichungen unterscheidet die verschiedenen Upwind-Verfahren. Ein gutes Upwinding führt dem numerischen Schema nur dort Diffusion zu, wo dies für die Stabilität der Rechnung erforderlich ist und verzichtet auf sie im übrigen Rechengebiet. Das soeben vorgestellte einfache Upwind-Schema (Upwind erster Ordnung) berücksichtigt die Richtung der Strömung. Dadurch, dass das Schema im ganzen Rechenbereich nur Informationen von einer Raumrichtung berücksichtigt, führt es allerdings auch über das gesamte Rechengebiet eine numerische Diffusion ein. Ein alternatives Verfahren, die sog. "artificial viscosity" oder das "artificial damping" fügt dem zentralen Schema einen Diffusionsterm (Ableitungen zweiter Ordnung) und einen Term mit vierten Ableitungen bei. Der Term mit den zweiten Ableitungen verhindert das Überschwingen und Aufschaukeln der Lösung im Bereich von Stössen (hohen Gradienten), der Term mit Ableitungen vierter Ordnung sorgt dafür, dass die Lösung glatt ist, d.h. keine Schwingungen mit kleiner Wellenlänge auftreten. Ein „Drucksensor“ (Wasserspiegelsensor) sorgt dafür, dass die Zusatzterme nur an kritischen Stellen zugeschaltet werden, um die Lösung zu stabilisieren. "Artificial damping" ist demzufolge ein Verfahren, das die numerische Lösung da stabilisiert, wo dies notwendig ist, ohne aber einen physikalischen Hintergrund aufzuweisen. Einen Schritt weiter als die einfachen Upwind-Verfahren geht das sog. "flux difference splitting", wie es z.B. von Roe vorgeschlagen wurde und wie es in modernen Codes häufig eingesetzt wird. Roe geht von den Gleichungen (4-39) und (4-40) aus. Wenn wir f als “Flussvektor” bezeichnen, so gilt es bei der Methode der finiten Volumen, diesen über die Zellseiten aufzustellen. Wenn der Anteil der konvektiven Terme im Vergleich zu den diffusiven gross wird, so entscheidet die Art und Weise, wie dies geschieht darüber, ob ein Verfahren numerisch stabil und physikalisch relevant ist oder nicht. Das Verfahren von Roe erlaubt es, dass an Zellseiten eine Diskontinuität auftreten kann, die als lokales Dammbruchproblem betrachtet werden kann. Das Verfahren von Roe bestimmt Näherungslösungen an der Zellseite, welche die nichtlinearen Wellen durch lineare annähern und diese zur Berechnung der Flüsse über die Zellseite berücksichtigen. Roe fordert, dass für die Flussdifferenz rechts und links der Zelle geschrieben werden kann:

)()()(21 lrilr uuAufuf −=−

+ (4-49)

wobei A konsistent sein muss, d.h.

( ) uuuuAuuA →→→+ rllri

für),(21 (4-50)

Die Methode geht eng von der charakteristischen Information aus. Nach Vorzeichen der Eigenwerte werden die Flüsse in einen positiven und negativen Anteil aufgeteilt, deshalb der Name "flux difference splitting" und tragen zum Gesamtfluss bei, indem sie die Richtung der charakteristischen Informationen berücksichtigen. An der östlichen Elementseite, d.h. bei i+1/2 kann der Fluss berechnet werden, entweder aus:

)(2/12/1 lrili uuAff −+= −++ (4-51)

)(2/12/1 lriri uuAff −−= +++ (4-52)

das arithmetische Mittel der beiden beträgt:

( ) )(21

21

2/12/1 lrirli uuAfff −−+= ++ (4-53)

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mit der sogenannten Roe-Matrix A, die definiert ist als:

A = 12c

λ1 λ2 − λ1 λ2 λ1 − λ2λ1λ2 λ2 − λ1( ) λ1 λ1 − λ2 λ2

⎢⎢

⎥⎥

(4-54)

mit den Eigenwerten λ1 = u+c und λ2 = u-c. Um die Konservativität und die Konsistenz zu erfüllen werden in A die Mittelwerte für h und u gebildet aus:

hi+1/2 =12hl + hr( ) und ui+1/2 =

hl ul + hrurhl + hr

(4-55)

Für den Variablenvektor auf dem neuen Zeitniveau gilt dann:

( ) tji

tji

tji

tji

tji x

t,,1,1,

1, 2

bffuu −−ΔΔ−= −+

+ (4-56)

4.3.3 Die 2D Flachwassergleichungen mit konservativen Variablen Wenn wir von der selben Formulierung wie beim 1D Problem ausgehen, so können die 2D Flachwassergleichungen geschrieben werden als:

0=+++ bgfu yxt (4-57)

mit

u =hqr

⎢⎢⎢

⎥⎥⎥, f =

q

q2

h+ gh

2

2qrh

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

,g =

rqrh

r2

h+ gh

2

2

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

, b =

0−gh ISx − IEx( )−gh ISy − IEy( )

⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥

(4-58)

Wenn die 2D Flachwassergleichungen auf einem regulären, achsenparallelen Gitter berechnet werden, so ergeben sich gegenüber dem 1D Fall keine wesentlichen Unterschiede, da die Flüsse über die Elementseiten immer achsenparallel sind. Es kann wiederum eine Bilanzgleichung aufgestellt werden, nach der die Summe der Flussdifferenzen aus den Flüssen in x- und y-Richtung plus dem Quellterm der zeitlichen Änderung der Variablen entspricht. Der einzige Unterschied besteht darin, dass zusätzliche Terme zum Fluss über die Elementseiten beitragen, dass zur Bestimmung der Flüsse die Länge der Elementseiten zu berücksichtigen ist, und dass beim Verfahren von Roe separate 3x3 Roe-Matrizen in x- und y-Richtung existieren.

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Abb. 4-F: Definitionen im 2D Netz

Die einfachste Berechnung nach Lax erfolgt im 2D Fall mit folgenden Bestimmungsgleichungen (siehe Abb. 4-F):

ui, jt+1 = 0.25 ui+1, j

t + ui−1, jt + ui1, j+1

t + ui, j−1t( )− Δt

2Δxfi+1, jt − fi−1, j

t( )−Δt2Δy

gi, j+1t − gi, j−1

t( )− bi, jt (4-59)

Nach Roe können die Flüsse über den Ostrand einer Zelle ausgedrückt werden durch:

fi+1/2, j =12fl + fr( )− 1

2Ai+1/2, j (ur − ul ) (4-60)

und über den Nordrand

gi, j+1/2 =12gl + gr( )− 1

2Bi, j+1/2 (ur − ul ) (4-61)

mit den Roe-Matrizen:

A = 12c

λ2 λ3 − λ2 λ3 λ2 − λ3 0

λ2λ3 λ3 − λ2( ) λ2 λ2 − λ3 λ3 0

v λ2 λ3 − 2c λ1 − λ2 λ3( ) v λ2 − λ3( ) 2c λ1

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

(4-62)

mit den Eigenwerten λ1,λ2,λ3( ) = u,u + c,u − c( ) und

B = 12c

λ2 λ3 − λ2 λ3 0 λ2 − λ3u λ2 λ3 − 2c λ1 − λ2 λ3( ) 2c λ1 u λ2 − λ3( )

λ2λ3 λ3 − λ2( ) 0 λ2 λ2 − λ3 λ3

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

(4-63)

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mit den Eigenwerten λ1,λ2,λ3( ) = v,v + c,v − c( ) . Das explizite Schema für den Variablenwert auf dem neuen Zeitniveau ist:

ui, jt+1 = ui, j

t − Δt2Δx

fi+1, jt − fi−1, j

t( )− Δt2Δy

gi, j+1t − gi, j−1

t( )− bi, jt (4-64)

Beim Übergang auf allgemeinere Netze ergeben sich Schwierigkeiten, die speziell betrachtet werden müssen. Flüsse über die Zellseiten besitzen dann immer einen Anteil in beide Raumrichtungen. Ausserdem ist es nicht mehr so einfach, die Flüsse über die Zellseiten aus den Werten im Mittelpunkt benachbarter Zellen zu interpolieren. Eine verhältnismässig einfache Erweiterung besteht darin, von achsenparallelen Netzen auf ein krummliniges, orthogonales Netz überzugehen. Die Art und Weise, wie die Flüsse gebildet werden, kann dann beibehalten werden. Ein einzelnes Element kann dann mit einem lokalen Koordinatensystem versehen werden, und die Flüsse können in diesem lokalen Koordinatensystem analog zum Bisherigen definiert und in einem zweiten Schritt auf die globalen Koordinaten transformiert werden. Bei allgemeinen Netzen dürfte es am sinnvollsten sein, von Einheitselementen mit den Seitenlängen Eins auszugehen und die Flüsse für diese Einheitselemente zu berechnen. Mit einer Transformation müssen die Flüsse dann auf die effektiven Verhältnisse übertragen werden. Ein entsprechendes Vorgehen ist bei den finiten Elementen üblich.

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