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/l ' • Nicht im Handel Sonderabdruck aus Archiv für Meteorologie, Geophysik und Bioklimatologie Serie B: Allgemeine und biologische Klimatologie, Band 6, S.Heft, 1955 Herausgegeben von Doz. Dr. W. Mörikofer, Davos, und Prof. Dr. P. Steinhäuser, Wieo Springer-Verlag in Wien 551.553.6:551.588.2 Zur vergleichenden Meteorologie der Hochgebirge. Von H. Hohn, Frankfurt a. M. Zusammenfassung. Das Prinzip der Ausgleichsströmung im Sinne von A. WAGNEB (1932) wird kritisch behandelt. Für den Altiplano von Bolivien wird gezeigt, daß die beobachteten tagesperiodischen Winde entweder dem Zirkulationstypus (Berg- und Talwind, Hangwind) angehören oder durch konvektiven Impulsaustausch mit der Höhenströmung während der Tages- stunden bedingt sind. Für die Abhängigkeit der Niederschlagsverteilung von den tagesperiodischen Zirkulationen werden Beispiele gegeben. Die Rolle der Westdrift und des „subtropical jet" für die subtropischen Hochgebirge wird besprochen. Tibet und die südamerikanischen Anden südlich 17° S ragen in die Westdrift hinein, bilden aber im Sommer thermische Antizyklonen aus. Summary. The principle of compensation current äs formulated by A. WAGNEB (1932), is critically reviewed. It isshown for the Bolivian high plains that all observed diurnal wind Systems are either of the circulation type (mountain and valley winds, slope winds), or the result of convective exchange of momentum between surface and upper air currents during the daytime. Examples of the dependence of precipitation distribution on diurnal circulations are given. The role of westerlies and subtropical jet in subtropical high mountains is discussed. The Tibetan Plateau and the Andes of Soxith America south of 17° S rise up to the level of the westerlies, however during the summer they are producing thermal antieyclones. Besinnt. L'auteur discute la notion de courant de compensation au sens de WAGNER (1932). II montre que sur le haut-plateau bolivien les vents periodiques diurnes appartiennent au type des brises de vallees, de montagne ou de versant, ou sont conditionnes par l'echange turbulent convectionnel avec le vent superieur pendant le jour. Des oxemples montrent comment la repartition des precipitations depend des circulations a periode diurne. On discute le röle du courant dominant d'Ouest et du «jet» subtropical dans les hautes chaines subtropicales. Le Tibet et la Cordilliere des Andes au Sud du 17e parallele penetrent dans le courant dominant d'Ouest, mais forment en ete des antieyclones thermiques. I. Zur Frage der Ausgleichsströmung. In seinen grundlegenden Arbeiten zur Erklärung der tagesperiodischen Zirkulationen [l, 2] unterscheidet A. WAGNER die Ausgleichsströmung Aren. Met. Geoph. Biokl. B. Bd. 6, H. 3. 13

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/l ' •Nicht im Handel

Sonderabdruck aus

Archiv für Meteorologie, Geophysik und BioklimatologieSerie B: Allgemeine und biologische Klimatologie, Band 6, S.Heft, 1955

Herausgegeben vonDoz. Dr. W. M ö r i k o f e r , Davos, und Prof. Dr. P. S t e i n h ä u s e r , Wieo

Springer-Verlag in Wien

551.553.6:551.588.2

Zur vergleichenden Meteorologie der Hochgebirge.Von

H. Hohn, Frankfurt a. M.

Zusammenfassung. Das Prinzip der Ausgleichsströmung im Sinne vonA. WAGNEB (1932) wird kritisch behandelt. Für den Altiplano von Bolivienwird gezeigt, daß die beobachteten tagesperiodischen Winde entweder demZirkulationstypus (Berg- und Talwind, Hangwind) angehören oder durchkonvektiven Impulsaustausch mit der Höhenströmung während der Tages-stunden bedingt sind. Für die Abhängigkeit der Niederschlagsverteilung vonden tagesperiodischen Zirkulationen werden Beispiele gegeben. Die Rolleder Westdrift und des „subtropical jet" für die subtropischen Hochgebirgewird besprochen. Tibet und die südamerikanischen Anden südlich 17° S ragenin die Westdrift hinein, bilden aber im Sommer thermische Antizyklonen aus.

Summary. The principle of compensation current äs formulated byA. WAGNEB (1932), is critically reviewed. It isshown for the Bolivian high plainsthat all observed diurnal wind Systems are either of the circulation type(mountain and valley winds, slope winds), or the result of convective exchangeof momentum between surface and upper air currents during the daytime.Examples of the dependence of precipitation distribution on diurnal circulationsare given. The role of westerlies and subtropical jet in subtropical highmountains is discussed. The Tibetan Plateau and the Andes of Soxith Americasouth of 17° S rise up to the level of the westerlies, however during the summerthey are producing thermal antieyclones.

Besinnt. L'auteur discute la notion de courant de compensation ausens de WAGNER (1932). II montre que sur le haut-plateau bolivien les ventsperiodiques diurnes appartiennent au type des brises de vallees, de montagneou de versant, ou sont conditionnes par l'echange turbulent convectionnelavec le vent superieur pendant le jour. Des oxemples montrent commentla repartition des precipitations depend des circulations a periode diurne.On discute le röle du courant dominant d'Ouest et du «jet» subtropicaldans les hautes chaines subtropicales. Le Tibet et la Cordilliere des Andesau Sud du 17e parallele penetrent dans le courant dominant d'Ouest, maisforment en ete des antieyclones thermiques.

I. Zur Frage der Ausgleichsströmung.In seinen grundlegenden Arbeiten zur Erklärung der tagesperiodischen

Zirkulationen [l, 2] unterscheidet A. WAGNER die AusgleichsströmungAren. Met. Geoph. Biokl. B. Bd. 6, H. 3. 13

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zwischen Ebene und Hochflächen von den weitverbreiteten Hangwindenund den. Berg- und Talwindeii der großen Gebirgstäler. Diese Ausgleichs-strömung hat — im Gegensatz zu den beiden anderen Phänomenen —keinen Zirkulationscharakter, sondern besteht in einem tagesperiodischenPendeln der Luftmassen zwischen zwei sehr großen Reservoiren. A. WAG-NER zeigte auch schon [7], daß in den Alpen ein solches Hin- und Her-schwingen der Luftmassen zahlenmäßig zu unmöglichen Werten führt.Entsprechende Rechnungen für andere Gebirge führen zu ähnlichenErgebnissen, so daß der Wert dieser Vorstellung zweifelhaft erscheint.

Tatsächlich zeigt eine kritische Überprüfung der von HANN [3]zitierten Befunde, daß in keinem Fall eine echte Ausgleichsströmungnachgewiesen ist, auch nicht in den immer wieder zitierten Angabenvon STRACHEY. Überall handelt es sich um heftige, auf die Stundenmaximaler Konvektion (meist 10 bis 16 Uhr) begrenzte Tageswinde imBereich der Pässe oder der Hochflächen selbst, wobei eine Umkehrnachts — vom Bergwind abgesehen — an keiner Stelle berichtet wird.Ähnliches gilt auch für die jüngst von G. TROLL [4] veröffentlichten,ebenso wichtigen wie eindrucksvollen Befunde, die den Anlaß zu dieserkritischen Untersuchung bieten.

Wenn für die Ausgleichsströmung das Hann-Saigeysche Prinzip derHebung der Mächen gleichen Druckes gelten soll, dann muß verlangtwerden, daß

a) nachts eine Umkehr von Druckgradient und Windrichtung eintritt,b) das Druckgefälle in der Troposphäre nach oben zunimmt.Im Gegensatz zu HANNS Auffassung wirkt aber, wie schon v. FICKER

festgestellt hat (vgl. [1]), das Hochland nicht als Kühlfläche, sondernals hochgelegene Heizfläche, und das Druckgefälle in der freien Atmosphärehat in der Höhe eine tagsüber vom Gebirge weg gerichtete Komponente;nur bei schneebedecktem oder ganz vergletschertem Hochland könnteein Druckgefälle von der Ebene zum Hochland hin überhaupt zustandekommen. Tatsächlich stellt mindestens in der wärmeren Jahreshälftejedes nicht vergletscherte Gebirge und besonders jedes Hochplateau einehochgelegene Heizfläche [5] dar, so daß die freie Atmosphäre darüberwärmer ist als die Umgebung, und die Stromlinien sich antizyklonalkrümmen. Dies ist für Zentralasien, die Hochländer im Südwestender USA und Südafrika eindeutig nachgewiesen. In diesem Fallentsteht also ein mit der Höhe zunehmendes, tagsüber verstärktes (!)Druckgefälle vom Gebirge weg, sofern nicht die allgemeine Temperatur-verteilung diese lokalen oder regionalen Einflüsse verdeckt. Gerade fürtropische und subtropische Hochländer führt die konsequente Anwendungdes Hann-Saigeyschen Prinzips zu einem Resultat, das im Widerspruchzu den Beobachtungsergebiiissen steht.

Vor allem handelt es sich hierbei ganz eindeutig um ein großräumigesPhänomen mit einer zeitlichen Ausdehnung von rund 12 Stunden undeiner horizontalen Erstreckung von der Größenordnung 1000 km. Dieder Hannschen Theorie zugrunde liegenden, in Richtung des Druckgefälleswehenden Eulerschen Winde — im Sinne von H. JEEFREYS — dürfen

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also hier (außerhalb der Äquatorialzone mit cp <; 10°) nicht mehr still-schweigend vorausgesetzt werden: eine solche Luftbewegung kann nurquasigeostrophisclien Charakter haben. Das ist offenbar von allen Autorenübersehen worden, die traditionsgemäß von den klassischen Vorstellungenausgehen. Die jüngste zusammenfassende Darstellung der lokalen Windevom theoretischen Standpunkt durch F. DEFANT [6] verzichtet folge-richtig ganz auf eine Erwähnung der Ausgleichsströmung im Sinne vonA. WAGNEB.

C. TEOLL beschreibt solche Ausgleichswinde im Bereich der tropischenAnden von Bolivien, Peru, Ecuador und Columbien ([4], S. 127 bis 133).Tagsüber greifen die Ostwinde am Rande des bolivianisch-peruanischenAltiplano aus den Yungas über die Pässe der Ostkordillere herüber,nachts kommen sie zum Stillstand. Etwas weiter südlich (rund 19° Breite)werden sturmartige Westwinde tagsüber über der Westkordillere unddem Altiplano beobachtet, die „aus der allgemeinen Zirkulation keineErklärung finden"; ähnlich liegen die Dinge nach Beobachtungen vonJ. BOWMAN in der Puna de Atacama in 23° S-Breite. An der pazifischenSeite Perus handelt es sich dabei um eine Kombination von Seewind— hier verstärkt durch die Wirkung des kühlen Humboldtstroms —und Talwind, wie er kürzlich auch vom Chicamatal [7] beschriebenworden ist; sehr instruktiv sind die tagesperiodischen Gewitterschaueran der Konvergenz zwischen Talwind und tropischer Ostströmung aufdem wasserscheidenden Kamm. Die von TEOLL erwähnten BeobachtungenHETTNEES in Südperu beschränken sich ebenfalls auf die Tagesstunden.

Eine Prüfung dieser Deutung der Beobachtungsergebnisse könnenwir leider in Südamerika nicht auf aerologisches Beobachtungsmaterialstützen, da dieses nur sehr spärlich veröffentlicht vorliegt. Zwar sindin Brasilien die Höhenwinde eines größeren Netzes zusammenfassendbearbeitet worden (SEEEA, 1939); vom Ostabfall der Anden liegen jedochkeine Beobachtungen vor. Aber wir können uns auf eine bisher kaumbeachtete Quelle stützen, die von einer sehr charakteristischen Stellestammt, wo die bolivianische Puna und das amazonische Tiefland miteinem Blick umfaßt werden kann. Der deutsche Meteorologe W. KNOCKEhat 1909 auf der Mine Aguila am. Nordosthang der Kordillere von QuimzaCruz (<p = 17° 5' S, A = 67° 15' W, H = 5233 ± 32 m) während 4Y2 Mo-naten (26. April bis 12. September, also Südwinter) sehr umfangreicheBeobachtungen [8] angestellt, unter denen besonders die Wolkenzugs-messungen hervorragen; leider fehlen fast alle Schätzungen der Wolken-höhe, wie sie der heutige Plugwetterdienst mit recht hoher Genauigkeitliefert. Diese Beobachtungen wurden bisher nicht ausgewertet; auchWOEIKOF [9] verzichtet in seinem Referat darauf. Diese Beobachtungenliegen an einer Schlüsselstelle, da hier der Altiplano in 3700 bis 4000 mHöhe maximal zu fast 300 km Breite entwickelt ist und über eine nichtallzubreite Zone von niedrigeren Randbergen in das Amazonas-Tieflandübergeht. Wir beschränken uns hierbei auf die wichtigsten Größen:Bodenwinde und Wolkenzug in den verschiedenen Stockwerken. Hierbeimußte das unterste Stockwerk zweigeteilt werden, wobei Cu, Cb — wegen

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der geringen relativen Feuchte von 41 bis 54% zu allen Stunden desTages — und die höheren Sc der oberen Gruppe (Wolkenhöhe 600 bis2000 m über Grund, also 6000 bis 7000 m NN), dagegen St, Fs und dietieferen Sc der unteren Gruppe (Wolkenhöhe l bis 300 m über Graad,also rund 5400 m NN) angehören. Diese tieferen Wolken treten fastnur in den Tagesstunden auf, während in den mittelhohen und hohenWolken kein ausgeprägter täglicher Gang nachzuweisen, ist. Die Häufig-keitsverteilung der charakteristischen Richtungen NE (talauf) undSW (talab), sowie die (nach der Lambertschen Formel errechnete)Resultante (0° = N, 90° = E) und die Beständigkeit von Bodenwindund Wolkenzug zeigt folgende Tabelle:

Tabelle 1. Windverteilung und Wolkenzug an der Mine Aguila (Bolivien,5233 m hoch).

Bodenwind06 10 14 18

Wolkenzug in der Höhe von5,4 6—8 10—12 km

Rel. Häufigkeit S—W. .Rel. Häufigkeit N—B . .ResultanteBeständigkeitZahl der Beobachtungen

49 26 12 26 24%11 62 79 44 29%

2562

765

92%0,5%

205° 47° 49° 2° 12°30 36 62 23 9%140 140 140 140 140

37° 255° 256°37 70 85%116 206 214

Wie erwähnt, beziehen sich die tiefen Wolken ausschließlich auf dieTagesstunden 9 bis 16 Uhr, während die obere Gruppe der tiefen Wolkenund die mittelhohen Wolken (Ac, As) wegen des völlig gleichartigenVerhaltens zusammengefaßt werden konnten. Sehr charakteristisch undbeweiskräftig sind die (für 18 Tage im Detail zu findenden) Beobachtungen,nach denen nur sehr tiefe Wolkenfetzen von den tagesperiodischenWinden talauf geweht wurden, während knapp darüber bereits Wolkendes unteren Stockwerks in nahezu entgegengesetzter Richtung (WSW)im Sinne der allgemeinen Höhenströmung zogen. Drei Beispiele seienhier erwähnt:

30. April, 16 Uhr: Cu aus WSW, sehr tiefe Cu (100m Höhe) ausENE.

11. Mai, 16 Uhr: Sc aus WSW, Fs (in 150 m Höhe) aus NE.18. Juli, 12 Uhr: Obere Fs (in 200 m Höhe) aus W, untere aus NE.

auf- und absteigende Luftbewegungen, in letzteren Wolkenauflösung,Der Zirkulationscharakter der Winde geht am eindeutigsten aus

folgender Statistik hervor: wählt man alle Fälle, in denen in den Tages-stunden 10 bis 16 Uhr Wolken des unteren Stockwerks (bei zwei Schichtender oberen Abteilung) oder (selten) mittelhohe Wolken aus SW bis NWzogen, und zählt gleichzeitig den Bodenwind aus, findet man in 105 von128 Fällen (82%) Boden winde aus N bis E, also Talwinde. Die Resultanteist dann NE (47°) mit einer Beständigkeit von 66%, ein Wert, wie er zukeiner Tageszeit erreicht wird. Hier werden also mit völlig gleichzeitigen

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Beobachtungen beide Äste des Zirkulationssystems erfaßt: der talauf•wehende Bodenwind und die darüber entgegengesetzt wehende allgemeineWSW-Strömung, der eine (zahlenmäßig Her nicht bestimmbare) tages-periodische Komponente addiert ist.

Diese Beobachtungen belegen also eindeutig eine sehr beständigeHöhenströmung aus WSW, die im Wolkenzug sich bis knapp überStationshöhe herab durchsetzt. Die kräftigen Talwinde der Tagesstundensind keine Ausgleichswinde, sondern das seichte obere Ende einer lokalen,Zirkulation, deren oberer rückkehrender Ast der allgemeinen Westdriftüberlagert ist. Die nächtlichen Bergwinde finden sich in den 6 Uhr-Boden-winden wieder; nachts wurden nur häufige Windstöße im Zelt beobachtet.

Die von G. TEOIJL ([4], S. 130) wiedergegebenen Beobachtungen vomSajama (19° S-Breite) im März und April beweisen keine tagesperiodischenAusgleichswinde von beiden Seiten her. Vielmehr gehören sie in eineReihe mit den Beobachtungen repräsentativer südbolivianischen Stationen,in denen westliche Winde vorherrschen.

Tabelle 2. Windverteilung an bolivianischen Stationen (nach den bolivianischenJahrbüßhern 1945 bis 1948, 1950, vgl. 18).

StationKoordination

Charafia(17,6° S,69,5° W,4060 m)

Uyuni(20,6° S,66,8° W,3668m)

Chacaltaya(16,3° S,68,0° W,5287 m)

Jahreszeit

Dez.— Feb.Juni — Aug.

Dez.— Feb.Juni — Aug.Jahr

Jahr (1946)

K

13,111,0

20,314,317,0

18

M

10,39,7

7,33,84,1

4

B

10,5,

11,2,5,

14

36

427

SE

6,31,9

3,42,32,6

4

S

15,27,9

7,24,65,2

10

(

SW

20,025,6

3,74,34,1

4

"W

14,521,5

19,529,029,2

32

WfT

3,25,9

18,428,122,7

5

0

7,0%10,7%

8,8%11,4%9,3%

10%

Diese Tabelle zeigt, daß ab etwa 17° S-Breite W-Winde ganzjährigvorherrschen. Dagegen sind in La Paz-Stadt, auf der Hochfläche (El Alto,cp = 16,5°, H = 4100 m) und auf dem nicht ganz frei gelegenen Ghacaltaya(s. Abschnitt 3) in den Sommermonaten Dezember bis März östliche Windein großer Zahl beteiligt, während im übrigen Jahr westliche Windeüberwiegen. Reiseschilderungen von TH. HEBZOG und anderen belegenebenso die Häufigkeit starker westlicher Winde in den Hauptkettenund an der Ostabdachung der bolivianischen Anden in 16 bis 18° Breite.Diese Befunde beweisen, daß der Südteil des Altiplano ab etwa 17° Sganzjährig (in 4000 m Höhe) in die Zone planetarischer Westwindehineinreicht, die sich weiter südlich in der Puna del Atacama (nach den

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bekannten Schilderungen von J. BOWMAN, W. PENCK und allen anderenReisenden) in Form der furchtbaren Höhenstürme aus W auswirken1.

Die klassische Vorstellung der Ausgleichswinde — im Sinne vonA. WAGNER — ist auch im Bereich der großen Hochländer subtropischerBreiten aus empirischen wie aus theoretischen Gründen nicht mehrhaltbar und muß daher zugunsten der Vorstellung thermisch betriebenerZirkulationssysteme aufgegeben werden. Auf die Beziehungen, zwischenTagesgang der Windstärke und Höhenströmung und damit auf die wahreUrsache der tagesperiodischen Sturmwinde subtropischer Hochgebirgegehen wir in Abschnitt 3 näher ein.

II. Hangwinde und Niedersehlagsverteihmg.Die große klimatische Bedeutung der Hangwindzirkulation in den

Alpen ist seit langem bekannt und bedarf keiner weiteren Betonung.Jeder Bergwanderer kennt die tagesperiodische Häufung von Quellwolkenan den Kämmen und Gipfeln; über die Rolle dieser Zirkulationen fürden Niederschlag' sind aber nur wenige Hinweise bekannt. C. TROLLschildert [4] für einige Täler der südamerikanischen Kordilleren undanderer Tropengebirge eindrucksvoll anhand der Vegetationsverteilungdie Rolle der Hangwindzirkulation für die Niederschlagsverteilung.Im Durchbruchstal des Rio de la Paz findet sich gerade dort, wo am Hangder größte Höhenunterschied (gegen 5000m!) zum Illimani hin auftritt,in der Talsohle eine Wüsteninsel, die talab und talauf in einen Trocken-wald übergeht, ebenso auch an den Hängen ([4], Abb. 3, S. 136). In3000 bis 4000 m Höhe folgt der Nebel- und Höhenwald; dort ist auchwieder Regenfeldbau möglich. TROLL führt diese Erscheinung hier undanderenorts sicher mit Recht auf die seitlichen Hangwindzirkulationenzurück, die in den Tagesstunden gerade die beobachtete Verteilungerklären. Daß sich nachts diese Zirkulation umkehrt, spricht durchausnicht gegen diese Erklärung, da nach allen Quellen aus subtropischenGebirgen das nächtliche Zirkulationssystem offenbar wesentlich schwächerist und das vertikale Temperaturgefälle sich stabilisiert; TROLL geht aufdiesen naheliegenden Einwand nicht ein.

Wenn wir in den Alpen nach dem gleichen Befund suchen (vgl. [4],S. 178/9), so können wir zunächst an die Untersuchungen von SCHBDLER[10] und KIELHATJSER [11] anknüpfen, die im Kaunertal in Tirol ebenfallsin den unteren Schichten (bis an 1600 m) xerophile Pflanzengemeinschaften(Trockeiiwiesen, Steppenheide und Föhrenwald), darüber Fichtenwaldfanden; hier wird von einem „Talbodenphänomen" gesprochen. DieNiederschlagsmenge nimmt am Hang des Kaunerberges aufwärts merklichzu (Faggen in 900 m 670 mm, Falpaus in 1460 m 944 mm im Jahresmittel) ;

1 Der Einfluß der Anden auf diese Höhenstürme, insbesondere das Auf-treten von Föhnwinden — hier Zonda genannt —, ist von W. GEORGIIkürzlich (Meteor. Ruridsch. 1954, 125—129) eindrucksvoll beschrieben worden;bei Kaltlufteinbrüchen (Polarluftzonda) treten schwere Schneestürme undGewitter mit Windgeschwindigkeiten von 100—150 km/h auf.

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ebenso stark ist das am NW-Hang des Inntals ausgeprägt (Ried in 877 mHöhe 587 mm, Hochserfaus in 1815 m Höhe 975 mm). Weitere Beispieleaus den alpinen Längstälern lassen sich unschwer in der klimatologischenLiteratur auffinden (Tabelle 3).

Tabelle 3. Niedersohlagszunahme am Hang.

Tal (Hang)

Rhone (N)Rhone (NW)Rhein (N)lim (S)Inn

Talstation

SierreBrigIlanzSchwazHall

579 mm728 mrn974 mm

1004 mm871 mm

Hangstation

MontanaAletschwald.FlimsWeerbergSt. Michael im

Gnaden wald

840 mm1200mm1207 mm1584 mm

1267 mm

Höhen-unterschied

880m1362m396m347m

315m

Nur in diesen Fällen ist der Einfluß der Hangwindzirkulatioii einiger-maßen isoliert ausgeprägt, da in den äußeren Teilen der Alpen den schwerzu übersehenden Stau- und Leewirkungen der allgemeinen Strömungmeist das Hauptgewicht zukommt.

Eine sehr wichtige Rolle spielt bei der Deutung dieser Zusammenhängeder tägliche Gang von Niederschlagshäufigkeit und -menge: eine Zunahmeder Niederschlage von der Talsohle hangaufwärts kann, nur insoweit dieWirkung tagesperiodischer Winde sein, wie die Tagesperiode des Nieder-schlags selbst der der Winde entspricht. Es wäre wünschenswert, aneinem charakteristischen Profil aus den Alpen einmal durch Registrierun-gen den eindeutigen Nachweis dieser Zusammenhänge zu führen, ins-besondere den tagesperiodischen Anteil des Niederschlagsüberschusses derHänge quantitativ zu erfassen.

Zu derselben Fragestellung gehört der große Unterschied in derNiederschlagshäufigJceit zwischen Talstationen und Gipfelregion, den wirin subtropischen Hochgebirgen finden. Für Karakorum und NW-Himalajazeigen das neuere Gegenüberstellungen [20]: in den Monaten Mai bisSeptember beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Niederschlagstages inden Talstationen Leh, Gilgit, Dras, Skardu (u. a.) zwischen 2 und 8%,nur im Mai in Dras noch 17%. Dagegen beobachten wir zur gleichenZeit in den Hochlagen am Karakorum und am Nanga Parbat Wahrschein-lichkeiten zwischen 32 und 65%; die dort fallende Niederschlagsmengeist nach Ausweis der Neuschneemengen, der Lawinen und Gletschersicher um mindestens eine Zehnerpotenz höher als an den Talstationen.Hier läßt sich auch eindeutig die — dem Bergsteiger wohlbekannte —Tagesperiodik der Niederschlagshäufigkeit aufzeigen: Von allen Nieder-schlägen fielen am Nanga Parbat 38% in der Zeit von 12 bis 16 Uhr, 62%von 12 bis 20 Uhr, während 38% sich auf die restlichen zwei Drittel desTages verteilen, mit einem Minimum in den Morgenstunden (4 bis 8 Uhr).Das wird bestätigt durch die Bewölkung: 7 Uhr 2,5, 14 Uhr 5,9, 19 Uhr4,0 Zehntel. Die Hangwindzirkulation wirkt im Gebirge tagsüber

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labilisierend, nachts stabilisierend; dieses allgemeine Gesetz finden wir inden Alpen, wie im Himalaja und in den tropischen Anden Südamerikas be-stätigt, ebenso auch durch die Schilderungen BBAAKS aus den HochgebirgenJavas.

DI. Hochgebirge und Hoh.enstrom.uag.Die Deutung der tagesperiodischen Winde in den Gebirgen darf nicht

an der oben erwähnten Tatsache Torübergehen, daß die Hochgebirgevielfach in eine andere, von den unteren Schichten abweichende allgemeineStrömung hineinragen, die sich mit den vom. Gebirge selbst erzeugtenlokalen Zirkulationen verzahnt. Viele der gerade in den subtropischen(und tropischen) Gebirgen beobachteten Phänomene sind offensichtlichauf diese Weise zu deuten, nachdem die aerologische Beobachtungstechiiikuns nun einen ersten "Überblick über die dreidimensionale Verteilungdieser Strömungen liefert. Daher müssen wir im Gebirge vom physikali-schen Standpunkt aus unterscheiden:

a) Lokale Zirkulationssysteme, mit tageszeitlicher Riohtungsumkehr(Hangwinde, Berg- und Talwinde). Hierzu gehört auch in der freienAtmosphäre eine nur durch Differenzbildung zu ermittelnde Rückkehr-Strömung von einigen cm/sec, wie sie in den Alpen durch BÜRGER undEKBCABT [12] nachgewiesen worden ist.

b) Lokale, Zirkulationssysteme ohne tageszeitliche Umkehr, aber mittagesperiodischer Schwankung der Ausdehnung und Stärke (Gletscher-winde). Hierzu gehören auch die katabatischen Winde in der Nahe derInlandeisgebiete, wie sie von Grönland und der Antarktis her wohlbekanntsind; eine obere Rückkehrströmung im eben erörterten Sinne ist bishernoch nicht quantitativ nachgewiesen. .

c) Allgemeine Strömung mit tageszeitlichen, austauschbedingtenSchwankungen der Windstärke.

Dieser letztgenannte Strömungsanteil ist bisher nicht selten vernach-lässigt worden. Eine Fehldeutung ist hier aus zwei Gründen leichtmöglich: einmal ist die dreidimensionale Windverteilung wegen desMangels an großräumigen Übersichten nicht allgemein bekannt, undanderseits täuscht der eindrucksvolle tageszeitliche Gang der Windstärkedem Beobachter gar zu leicht eine ihm vertraute tagesperiodische Zirku-lation vor.

Der tägliche Gang der Windstärke wird — wenn wir jetzt einmal vonallen Besonderheiten der topographischen Lage absehen — durch dieBildung und Auflösung der nächtlichen Inversion beeinflußt. DieserEinfluß ist besonders stark in allen strahlungskräftigen, wolkenarmenKlimaten und Wetterlagen. Erst wenn diese Inversion in den Vormittags-stunden (etwa 9 bis 10 Uhr) aufgelöst ist, und die potentielle Temperaturder unteren Schichten bis zur Wolkenbasis überall gleich ist, setzt dieKonvektion ein. Ihr entspricht aber auch ein vertikaler Austausch von.Bewegungsgröße (Impuls), der um so fühlbarer ist, je rascher der Windmit der Höhe zunimmt. Da die Hochgebirge meist in eine Schicht mitnormalerweise starken Höhenwinden hinein reichen, macht sich dieser

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Inipulsaustausch mit zunehmender Höhe immer stärker bemerkbar. Derin den subtropischen Hochplateaus (Tibet, Puna de Atacama und boli-vianischer Altiplano) von allen Reisenden geschilderte Schauerwettertypin den Tagesstunden (meist 9 bis 16 Uhr) beruht auf derselben Erscheinung:bei der Höhenlage der Heizfläche in rund 4000 m — bei einer Lage der0°-Grenze von maximal 5 bis 6000 m — und dem zenitnahen Stand derSonne kommt es zu stärkster Konvektion mit Quellwolken, die dasNiveau spontaner Eiskeimbildung (bei etwa — 12°) leicht überschreitenund dann Graupel- und Schneeböen erzeugen. Bei der geringen Trübungder Luft ist auch die nächtliche Ausstrahlung stark: die Inversionsbildunghemmt am Abend den vertikalen Inipulsaustausch und schafft in wenigenStunden ein einige 100 m mächtiges Luftpolster mit fast völliger Wind-stille, und nur die jagenden Wolken verraten dem aufmerksamen Beob-achter die stark vertikale Windzunahme. Schilderungen dieses Wetter-typs sind in der kliniatologischen Literatur wohlbekannt; die Rolle desvertikalen Impulsaustauschs ist jedoch nur in wenigen Fällen richtiggewürdigt worden.

In den zentralasiatischen Hochländern herrschen ganz ähnlicheVerhältnisse, wie aus einer nahezu abgeschlossenen Würzburger Disserta-tion (von W. BAYEB) hervorgeht. Auf dem Hochplateau des Depsang(5600m) im Karakorum (<p~35°N, 2, ~ 78° E) beträgt die mittlereWindgeschwindigkeit (Stundenwerte für Juli) um 6 Uhr 0,6 m/sec, um16 Uhr dagegen 6,1 m/sec, und die Richtung der Bodenwinde stimmt inder Tageszeit maximaler Konvektion (13 bis 18 Uhr) mit dem Höhenwindin 1000 bis 1500m Höhe (relativ; absolut 6600 bis 7100m) überein,während in den Morgenstunden an dem frei gelegenen Beobachtungspunktgelegentlich lokale E bis SE-Winde mit bis 500 m Mächtigkeit auftreten.Diese bisher praktisch unbekannt gebliebenen Beobachtungen deritalienischen Karakorutn-Expedition 1913/14 unter der wissenschaftlichenLeitung von G. DAIKIELLI verdienen größte Anerkennung und Beachtung.Dieses Beispiel beweist die Bedeutung des konvektiven, tagesperiodischgebundenen Vertikalaustausches der Bewegungsgröße (Impuls) für dieWindverhältnisse der Hochgebirge, die lediglich aus den Bodenbeob-achtungen heraus nicht richtig verstanden werden können.

Dieser tägliche Gang der Windstärke mit Mittagsmaximum ist aberbekanntlich beschränkt auf Lagen mit Inversionsbildung; an isoliertenGipfeln tritt ebenso wie in der freien Atmosphäre oberhalb der Inversionumgekehrt ein mittägliches Minimum der Windstärke auf, das dem.gleichen Impulsaustausch seine Entstehung verdankt. Auf die Theorienäher einzugehen, insbesondere auf die Rolle der vertikalen Änderungdes Austauschkoeffizienten, ist hier nicht der Platz, zumal die Turbulenz-theorie zur Zeit eine rasche Entwicklung durchmacht. Die oben be-arbeiteten Beobachtungen von KNOCHB [8] an der Mine Aguila sindoffenbar an einer Stelle gemacht, wo das nächtliche Maximum der Hoch-lagen alterniert mit dem Tagesmaximum der Täler; die Windstärkebeträgt um 6 Uhr 2,7, um 8 Uhr 2,2, um 14 Uhr 3,0 und um 20 Uhr1,5 Beaufort, während regelmäßige Beobachtungen von 22 bis 6 Uhr

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leider fehlen. Hier greifen offenbar nachts — wo häufig Windstöße(bis Stärke 9 bis 11!) angegeben werden — und früh die westlichen Höhen-winde herab, während sie tagsüber durch den aufsteigenden Talwindabgedrängt werden. Nimmt man KNOCHES Schätzungen der Geschwindig-keit des Cirrenzuges als reell an, dann finden wir von insgesamt 100 Fällenfrüh (6 bis 8 Uhr) die Stufen IV bis VI (ziemlich schnell bis sehr schnell}in 57%, mittags (10 bis 14 Uhr) in 39% und abends (16 bis 22 Uhr) in59% aller Beobachtungen; das entspricht dem tagesperiodischen Gangder freien Atmosphäre. Leider erwies sich eine quantitative Eichungdieser Schätzungsskala durch Vergleich mit den Wolkenspiegelmessungen1

als undurchführbar, da unerklärliche Differenzen auftreten.Bei diesem starken Einfluß des Impulsaustausches darf allgemein

angenommen werden, daß in allen freien Lagen (außerhalb der Täler)der Hochgebirge an Tagen mit Korivektionswetter die mittags beobachteteWindrichtung sich mehr oder minder der Höhenwindrichtung angleicht,wenn auch Reibungseinfluß und lokale Ablenkung nie ganz vernachlässigtwerden dürfen. Bei Expeditionen, die ständig in Bewegung sind, hebensich die lokalen Ablenkungen im Mittel über längere Zeiträume auf, unddie Mittagswindrichtung ist in erster Näherung repräsentativ für denHöhenwind.

Für die Beobachtungen von G. TROLL [4] im Süden des bolivianischenAltiplano wurde bereits oben gezeigt, daß hier sich ab etwa 17° Breiteganzjährig die Westdrift durchsetzt, wie weiter südlich in der Puiia deAtacama. Es sei hier nur beiläufig erwähnt, daß nach den schönenHöhenwindstatistiken von. Südafrika [13] längs 30° E die Grenze zwischendem unteren Urpassat aus E und der oberen außertropischen Westdriftim Südwinter in 24° S-Breite in 1800 m, in 21° Breite in 3000 m und in18° Breite (Südrhodesien) in 4500 m liegt; im Südsommer rückt sie einigeBreitengrade südwärts. Noch weiter äquatorwärts liegt diese Grenzeim Südpazifik: zusammen 19 Höhenwindaufstiege der Carnegie in 10 bis18° S-Breite (Mittel 15° S) und 100 bis 140° W-Länge lieferten imFebruar bis März einen Übergang vom. Urpassat in die Westdrift in einerHöhe von. nur 3500 m, in Einzelfällen zwischen 2 und 6 km schwankend [14].Ein umfassender Vergleich der Südhalbkugel muß auf andere Gelegenheitaufgespart werden.

Für den Altiplano von Bolivien und Peru läßt sich die Existenz einesthermischen Höhenhochs (vgl. [5]) sehr wahrscheinlich machen. KNOCHE

1 Die Angaben der Winkelgeschwindigkeit in [8] sind nicht eindeutig;handelt es sich um die relative Zuggeschwindigkeit für eine Höhe von 1000 m,dann ergäbe sich für die Girren (rel. Höhe zu 5000 m angenommen) einemittlere Geschwindigkeit von 42 m/sec, -während bei einer Angabe der mitder Stoppuhr bestimmten Zeit in Sekunden für den Wolkenspiegel Sprung-Pueß ein Wert von 30 m/sec resultierte. Alle diese Daten weisen jedoch aufhohe Windgeschwindigkeiten im Ci-Niveau hin, also auf die Nähe des „sub-tropical Jet". In. 51 von 100 Fällen wurden die Schätzungsstufen IV bis VIbeobachtet, während in unseren Breiten der Cirrenzug vielfach nur schwerzu erkennen ist.

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Zur vergleichenden Meteorologie der Hochgebirge. 203

beobachtete [S, 9] auf der Mine Aguila in 5233 m eine Mitteltemperaturvon —0,1° für die Wintermonate Mai bis August; auf dem Chacaltayanahe La Paz (cp •= 16° 19' S, l = 68° 0' W) in 5287 m findet ESOOBAR [15]im Mittel 1942 bis 1948 im Sommerhalbjahr (Oktober bis März) + 2,2°,im Winterhalbjahr •—'1,7°. Wenn auch diese Beobachtungen vielleichtnicht streng vergleichbar1 sind, so ist doch die hiermit gegebene Höhen-lage der 0°-Grenze im Winter von 5000 bis 5200 m, im Sommer von 5500 bis5600 m ungewöhnlich hoch; über allen sechs Radiosondenstationen dergleichen Breitenzone 17 bis 20° Süd (in Südafrika, Madagaskar, Australienund Fiji-Inseln) liegt sie im Winter 4300 bis 4500 m, im Sommer 4700 bis4900 m hoch (nur im zentralen Südafrika 5200 m), also um rund 700 mniedriger. Damit ist eine thermische Verstärkung der subtropischenHochdruckzelle über dem Altiplano in 15 bis 18° S belegt: die Höhe der500 mb-Fläche über La Paz ergibt sich nach [17] und unabhängigeneigenen Rechnungen zu 5900 bis 5910 m (Sommer wie Winter) anstattnormal 5840 bis 5870 m. Im Südteil des Altiplano muß danach bereitsdie planetarische Westwindzone einsetzen, sobald die normale Abnahmeder Temperatur polwärts beginnt; die südhemisphärische Westdrift trittdaher über den Anden ab etwa 17° S verstärkt auf.

Nach den CSrrenzug-Beobachtungen von WAED [18] herrschen überArequipa (cp = 16° 22' S, l = 71° 33' W) am Westrand des Altiplano imSeptember bis November NW-Winde im CH-Niveau (10 bis 12 km) allein(Resultante = 308 °, 180 Binzelwerte) bei maximaler Beständigkeit. Eserscheint nicht ganz sicher, ob der Winkelunterschied gegenüber Aguilaam Ostrand (256°) als antizyklonale Drehung der Höhenwinde um einenthermisch bedingten Höhenhochkeil aufzufassen ist, oder ob vielleichteine jahreszeitliche Drehung hineinspielt. Letztere Möglichkeit wirdangedeutet durch die oben erwähnten Bodenbeobachtungen vom Chacal-taya [16]. Hier herrschen (1946) vom Mai bis Dezember Winde aus Wbis N" mit 57 bis 79% durchaus vor, und nur in der sommerlichen Regenzeit(Januar bis März) überwiegen schwache Winde aus S bis E. Die Resultanteergibt sich für Januar bis März zu SE (130°) mit nur 11% Beständigkeit,im April bis August zu W (281°, 61%), im September bis Dezember zuNNW (342°, 39%). Das erscheint als Beleg für die normale jahreszeitlicheWanderung der Windgürtel: im Sommer liegt die Station an der Grenzezwischen Urpassat und Westwindgürtel, im Winter dagegen im West-windbereich. Leider ist eine tageszeitliche Aufgliederung der Windrichtungnicht möglich, so daß der Anteil lokaler Zirkulationen nicht festgelegtwerden kann. Alle Reiseschilderungen in Bolivien ergeben im Winterdas Vorherrschen von Wind und Wolkenzug aus NW und W (T.H. HHBZOG,

1 Die von BSCOBAR {15} abgebildete sehr große Thermometerhütte aufdem Chacaltaya besitzt über dem Dach eine von mehreren Personen besteig-bare Plattform. Die dort und in [16] mitgeteilten Temperaturen sind nurschwer miteinander in Einklang zu bringen; die Es±remwerte (bis zu + 23°!)erscheinen nicht repräsentativ. Bei der Windverteilung sind wie an vielenbolivianischen Stationen die vier Hauptrichtungen gegenüber den Zwischen-richtungen (NW, SW usw.) bevorzugt.

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HATJTHAL u. a.). Die Beobachtungen [19] vom Mistigipfel (99 = 16° 16' S,l = 71° 25' W, H = 5850 m) bilden, eine etwas zufällige Auswahl von.Aufstiegsresultaten, bei der tagesperiodische Einflüsse nicht ausgeschlossensind; eine Statistik nach Monaten ergibt in vernünftiger Zusammen-fassung im Winter (Mai bis September) überwiegend N-Win.de (81%NW bis NE), im Sommer wechselnde Winde mit geringem Vorwiegensüdlicher Richtungen; die zonalen Komponenten halten sich in jederJahreszeit die Waage. Die Temperaturen sind wegen der aufsteigenden.Luftbewegung vermutlich etwas zu kalt (Sommer •— 6,2°, Winter — 9,6°,Jahr—7,9°).

Auch die Hochgebirge Zentralasiens wie der Himalaja ragen fast immerin die Begion der westlichen Höhenstürme hinein. Anhand der Beob-achtungen verschiedener Expeditionen. (Karakorum und Naiiga Parbat)konnte kürzlich [20] gezeigt werden, daß der indische Monsun nie direktin die Windschichtung des NW-Himalaja nördlich 35° Breite eingreift1.Vielmehr herrschen hier •— in "Übereinstimmung mit den langjährigenHöhenwindmessungen von Lahore und Simla — das ganze Jahr in denHochregionen westliche Winde vor, und die sogenannten „Monsun-vorstöße" erweisen sich als wandernde Höhentröge mit Vorstößen ur-sprünglich polarer Luftmassen von N her. Die Bodenwinde am NangaParbat und im Karakorum passen sich ausgezeichnet den hier zahlreichvorliegenden Wolkenzugsbeobachtungen an. So ergibt sich am NangaParbat im (orographisch wenig gestörten) Hauptlager (3960 m) dieResultante des Bodenwindes zu SW bei einem Wolkenzug im Niveau6 bis 8 km aus W (268°) für den Beobachtungszeitraum 21. Mai bis13. Juli 1953. Ebenso herrschen im Karakorum in den SommermonatenW- und SW-Winde zu 54 bis 69% vor [21], und die Wolkenzugsbeob-achtungen hefern in 5 bis 7 km Höhe WSW als Resultante.

Das gilt auch für die bisher noch nicht systematisch bearbeitetenBeobachtungen SVEN HEDHTS bei seinen Tibet-Expeditionen 1896, 1900bis 1902 und 1906 bis 1908. Beschränkt man sich hier wieder auf dieMittagswerte, so herrschen im südlichen Tibet (cp = 29 bis 35° N, /l == 78 bis 89° E, Hm = 3900 bis 5200 m) SW- und W-Winde mit 67%(Winter 69%, Sommer 62%) aller Beobachtungen absolut vor. Die

1 Diese Auffassung wurde mir wiederholt durch eingehende Diskussionenmit bekannten indischen Meteorologen (so K. RAHANATHAN, 0. RAMASWASIT,PISHABOTT) bestätigt. Darnach trennt am Südabfall des Himalaja stets einenicht allzu breite Zone östlicher Winde die Zone des SW-Monsuns im Südenvon der hochreiehenden außertropischen Westdrift über Zentralasien. DieseOstwinde werden durch eine scharfe Konvergenz vom SW-Monsun unter-schieden und müssen daher als Teil der tropischen Ostwindzone (Urpassat)aufgefaßt werden, ähnlieh wie der SW-Monsun ein Glied der durch dietiberheizung der subtropischen Kontinente hervorgerufenen äquatorialenWestwindzone bildet (vgl. H. FLOHN, Z. f. Meteorol. 1953, 97—108). IhreBezeichnung als „rüokkehrender Monsun" stützt sich auf ihre hohe Feuchteund Instabilität, die jedoch tatsächlich eine Folge der konvergentenStrömungsanordnung ist.

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mittlere Resultante für volle zwei Jahrgänge beträgt 247° (WSW) beieiner Beständigkeit von 58%; irgendeine jahreszeitliche Winddrehungkonnte trotz aller Bemühungen nicht aufgefunden werden. Unberührtvon dem Wechsel der Monsune ragt also das Hochland von Tibet in dieRegion dauernder Westwinde hinein, ein weiterer Hinweis auf die Be-schränkung der „eigentlichen" Monsune auf die Grundsehicht [24].

Ein Punkt verdient besondere Beachtung: die vertikale Windzunahme,die in subtropischen Breiten noch größer sein kann als in höheren Breiten.So hat kürzlich KOTESWABAM [22] die mittlere Windgeschwindigkeit inHöhe des Mt. Everest aus dem dazu heute durchaus ausreichendenMaterial berechnet und fand für die Wintermonate Werte um 40 m/sec,im Herbst und Ifrühjahr immer noch 25 m/sec. Wir wissen heute, daßüber den subtropischen Antizyklonen eine ziemlich permanente Strahl-strömung liegt, der vieldiskutierte „subtropical jet" PALMBNS (RABTHJBNS„Äquatorialfrontströmung"). Die furchtbaren Stürme der Puna deAtacama und Zentralasiens, über die alle Reisenden berichten, die dieseHochländer außerhalb des Sommers kennen lernten, stehen in unmittel-barem Zusammenhang hiermit. Diese Westdrift ist nach der inzwischenmöglich gewordenen Revision [23] der Lehre von der Passatzirkulationidentisch mit dem „Antipassat" der klassischen Lehre, jedoch ohne eineeinheitlich polwärts gerichtete Komponente.

Die Probleme der Hochgebirgsmeteorologie erweisen sich also invergleichender Sicht als eng verknüpft mit denen der allgemeinenZirkulation. Sie unterscheiden sich von ihnen durch die Entwicklungeingelagerter tagesperiodischer Zirkulationssysteme und durch diesom m erhöhe Tendenz zur Bildung thermischer Antizyklonen über un-vergletscherten Hochländern.

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