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Research Collection Doctoral Thesis Die Konstitution des Lankamycins Author(s): Roncari, Gaetano Publication Date: 1963 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089256 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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  • Research Collection

    Doctoral Thesis

    Die Konstitution des Lankamycins

    Author(s): Roncari, Gaetano

    Publication Date: 1963

    Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089256

    Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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  • Prom. Nr. 3456

    Die Konstitution

    des Lankamycins

    Von der

    EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN

    HOCHSCHULE IN ZÜRICH

    zur Erlangung

    der Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften

    genehmigte

    PROMOTIONSARBEIT

    vorgelegt von

    GAETANO RONCARI

    dipl. Ing.-Chem. ETH

    von Selkingen (Wallis)

    Referent: Herr Prof. Dr. V. PrelogKorreferent: Herr P.-D. Dr. W. Keller-Schierlein

    Juris-Verlag Zürich

    1963

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  • Meinen lieben Eltern

    und

    meiner lieben Braut

    in Dankbarkeit gewidmet

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  • Meinen sehr verehrten Lehrern,

    Herrn Prof. Dr. V. Pre log

    und

    Herrn Dr. W.Keller-Schierlein,

    unter deren Leitung die vorliegende Arbeit entstanden ist, möchte ich für alle wert¬

    vollen Ratschläge und die unermüdliche Hilfe, die sie mir stets zuteil werden Hessen,

    herzlich danken.

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  • - 7 -

    INHALTSVERZEICHNIS

    THEORETISCHER TEIL 9

    1. Einleitung 9

    2. Konstitution und Konfiguration der Lankavose 10

    3. Konstitution und Konfiguration der 4-O-Acetyl-arcanose 16

    4. Konstitution des Aglykons 27

    a) Funktionelle Gruppen 27

    b) Konstitution des C^« -Bruchstücks 29

    c) Konstitution des C.,-Bruckstücks 30

    d) Ueber die alkalische Aufspaltung des Makrolidringes 33

    e) Die Lage der Zuckerbausteine 37

    f) Die Lage der Ketogruppe 37

    g) Die Lage der Acetoxygruppe und des Ringsauerstoffs der

    Lactongruppe 39

    EXPERIMENTELLER TEIL 51

    Allgemeine Bemerkungen 51

    Zusammenfassung 80

    Literaturverzeichnis 81

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  • - 9 -

    THEORETISCHER TEIL

    1. Einleitung

    Aus einer auf der Insel Ceylon gesammelten Bodenprobe isolierten E. Gau mann

    und Mitarbeiter einen Streptomyceten (Stamm ETH. 20388), der zwei neue Antibio¬

    tika, das Lankamycin und das Lankacidin, produziert. Die Kamen der beiden Verbin¬

    dungen wurden gewählt in Anlehnung an den Fundort der Bodenprobe - Lankawa - die

    Sanskrit-Bezeichnung für Ceylon.

    Die beiden Antibiotika wurden aus den Kulturfiltraten mit Aethylacetat extrahiert

    und durch Cr ai g-Verteilung voneinander getrennt. Die chromatographische Reinigung

    lieferte die beiden Antibiotika in kristalliner Form.

    Das Lankamycin ist eine neutrale, farblose, lipophile, gegen Gram-positive

    Bakterien wirksame Verbindung. Seine biologischen Eigenschaften und Farbreaktionen

    wiesen schon früh darauf hin, dass es sich um einen neuen Vertreter der Makrolid-

    Reihe handelt. Der Ausdruck Makrolide bezeichnet Substanzen mit einem makrozykli-2)

    sehen Lactonring . Die Konstitutionsaufklärung bestätigte denn auch diese ersten

    Hinweise und zeigte das Lankamycin als einen typischen Vertreter dieser neuen Klasse

    von Naturstoffen. Das hohe Molekulargewicht und die Vielzahl von Sauerstoffunktionen

    machten es unmöglich, aus den Verbrennungsanalysen eine sichere Bruttoformel abzu¬

    leiten. Erst der Abbau des Antibiotikums zu kleinern, wohldefinierten Bruchstücken

    erlaubte es, für das Lankamycin die endgültige Bruttoformel C^H^O-ig aufzustellen.

    Lankamycin setzt sich zusammen aus einem Aglykon, dem Monoacetyl-lankolid,

    und zwei glykosidisch gebundenen Zuckern, der Lankavose und der 4-O-Acetyl-arcano-3)

    se . Die beiden Zucker lassen sich leicht stufenweise abspalten. Die Methanolyse des

    Lankamycins unter milden Bedingungen ergibt ein kristallines Monoglykosid (XXXVTI),

    das im folgenden mit Darcanolid bezeichnet wird und das Methylglykosid der 4-O-Acetyl-

    arcanose (XVI). Die energische Säurehydrolyse spaltet das Darcanolid in die

    beiden kristallinen Bruchstücke Lankavose (I) und Monoacetyl-lankolid (XXXVTXI). Der

    bisher unbekannte acetylfreie Grundkörper des Aglykons soll Lankolid genannt werden.

    Lankamycin

    C42H72°164-O-Acetyl-methylarcanosid •*

    "

    —*• Darcanolid

    C11H20°5 C32^56°124-O-Acetyl-arcanose Lankavose Monoacetyl-lankolid

    C10H18°s C7H14°4 C25H44°9

  • - 10 -

    2. Konstitution und Konfiguration der Lankavose

    Die Lankavose, CJL.O., liess sich aus dem Hydrolysegemisch am besten

    durch Chromatographie an Kieselgel und Sublimation im Hochvakuum abtrennen. Der

    gereinigte Zucker kristallisierte in farblosen Stäbchen mit einem Smp. 93-94 .

    Das NMR. -Spektrum zeigt die Anwesenheit einer OCHo- Gruppe (6 = 3,33, s),

    die auch nach Z e i s e 1 nachgewiesen werden kann. Das Vorliegen von zwei Hydroxyl¬

    gruppen lässt sich ebenfalls im NMR. -Spektrum, sowie durch die Bildung eines Diace-

    tylderivates erkennen. Die einzige nach Kuhn-Roth bestimmbare C-Methylgruppe

    muss als CHg-CH-Gruppierung vorliegen, da das entsprechende NMR. -Signal bei

    6 =1,16 einDublett (J = 6 cps) ist. Im IR.-Absorptionsspektrum ist keine Carbonyl¬

    bande vorhanden. Die Lankavose muss demnach vollständig als Cyclo-halbacetal (I b)

    vorliegen, worauf auch das NMR. -Signal bei 6 =5,12 und das Fehlen eines solchen

    bei 6 = 8,10 hinweisen. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Lankavose

    unter üblichen Bedingungen (in Aether, 20 bis Siedetemperatur) durch Lithiumalumi¬

    niumhydrid nicht reduziert wird. Ferner gibt die Lankavose keine Farbreaktion nach4)

    Keller -Kiliani und ist demnach kein 2-Desoxyzucker.

    Bei der Oxydation verbraucht Lankavose ein Mol Perjodsäure und bildet dabei5)

    Ameisensäure. Diese wurde mittels Quecksilber(n)-chlorid zu Kohlendioxid oxydiert'

    und als Bariumcarbonat bestimmt. Als zweites Spaltstück wurde ein Hydroxy-methoxy-

    aldehyd CfiH1 „0„ gefasst, der wegen des Fehlens einer Carbonylbande im IR. -Spektrum

    wiederum völlig in der cyclischen Halbacetal-Form (II b) vorliegen muss. Der Aldehyd

    wurde zu einem Diol CgHj.O- (HI) reduziert, dessen NMR. -Spektrum neben zwei

    Hydroxylwasserstoffen ( 6 = 3,19, s) eine O-Methylgruppe ( 6 = 3,44) und eine

    CHg-CH-Gruppe in Form eines Dubletts bei & =1,21 anzeigt.

    Da dieses Methoxy-diol gegen Perjodsäure inert war, musste vor dem weiteren

    Abbau eine Aetherspaltung durchgeführt werden. Das Abbau-diol wurde mit Bromwas¬

    serstoffsäure behandelt und das Rohprodukt der Einwirkung von Perjodsäure unterwor¬

    fen. Die flüchtigen Produkte wurden in ein Gemisch zweier 2,4-Dinitrophenylhydrazone

    übergeführt, die an Kieselgel voneinander getrennt wurden. Die beiden Produkte er¬

    wiesen sich im Dünnschichtchromatogramm, nach Mischsmp. und IR. -Absorptions¬

    spektrum als identisch mit den 2,4-Dinitrophenylhydrazonen von Formaldehyd bzw.

    Crotonaldehyd.

    Der Crotonaldehyd (VI) muss durch (3 -Elimination aus (3 -Hydroxybutyraldehyd

    (V) entstanden sein. Für das bei der Aetherspaltung gebildete C--Triol ergibt sich

  • - 11 -

    somit aus diesem Abbau die Formel IV und für das Methoxy-diol die Formel eines

    2-Methoxy-pentan-l,4-diols (HI). An sich wären an Stelle der Verbindung IQ auch

    Isomere mit der Methoxylgruppe in Stellung 1 oder 4 denkbar. Der zweite Fall kann

    ausgeschlossen werden, da ein Zucker, der sich von diesem Abbauprodukt ableiten

    würde, bei der Perjodsäureoxydation zu einem Methoxyaldehyd C-H-qO, abgebaut

    worden wäre. Wenn anderseits das Methoxy-diol in Stellung 1 methyliert wäre,

    müsste dessen Vorstufe ein |S -Hydroxyketon sein und würde somit nicht als cycli-

    sches Halbacetal vorliegen. Es müsste im IR. -Absorptionsspektrum eine Carbonylban-

    de zeigen, was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Damit steht die Formel DI für das

    Methoxy-diol fest.

    Dieses Diol kann formell aus zwei Y -Hydroxy-carbonylverbindungen (H oder

    Vu) durch Reduktion entstanden sein. Formel VU lässt sich eindeutig ausschliessen

    auf Grund des NMR. -Spektrums. Bei einer Verbindung der Formel VU sowie bei

    einem daraus abgeleiteten Zucker VHI müsste nämlich das C-Methyl-Signal als Sing-

    lett vorliegen. Tatsächlich zeigen aber die Lankavose und ihre Derivate in der

    C-Methyl-Region Dublette (in Fällen, wo Anomerie-Gleichgewichte möglich sind,

    teilweise zwei Dublette), wie es von der Formel I verlangt wird. Damit steht die

    Kbnstitutionsformel I für die Lankavose fest.

    Im NMR. -Spektrum der Lankavose erkennt man neben dem Hauptdublett für die

    C-Methylgruppe ein zweites, leicht verschobenes Dublett mit wesentlich geringerer

    Intensität. Das Spektrum wurde kurz nach dem Auflösen in Deuterochloroform aufge¬

    nommen. Nach dem Ansäuern und kurzem Stehenlassen gleichen sich die Intensitäten

    der beiden Dublette nahezu aus. Dies beruht offenbar darauf, dass kristallisierte

    Lankavose eine einheitliche Substanz darstellt, während sich in Lösung langsam, nach

    dem Ansäuern rascher, ein Gleichgewichtsgemisch der beiden Anomeren einstellt.

    Nachdem diese Arbeit bereits abgeschlossen war, erschien eine kurze Mittei¬

    lung von Woo, Dion und Bartz über die Chalcose, ein Hydrolyseprodukt des

    Antibioticums Chalcomycin. Die Eigenschaften dieses Zuckers stimmen mit denen

    der Lankavose gut überein, und es wurde für ihn auf etwas verschiedenem Wege die

    gleiche Konstitution (I) abgeleitet.

    Wir haben daraufhin eine Probe Chalcomycin, die wir vor einiger Zeit aus den7)

    Kulturen eines Stammes von Streptomyces albogriseolus Benedict et al.'

    (Stamm ETH 21066) isoliert hatten, der sauren Hydrolyse unterworfen. Der durch

    Chromatographie an Kieselgel und Hochvakuumsublimation gereinigte Zucker erwies

    sich nach Dünnschichtchromatographie, Papierchromatographie und IR. -Absorptions¬

    spektrum als identisch mit der Lankavose.

  • - 12 -

    Während die 2-Desoxyzucker in digitaloiden Herzgiften häufig vorkommen

    und die 3-Desoxyzucker in letzter Zeit als Bausteine von Liposachariden aus Ascaris-9)

    Eiern sowie von serologischen Substanzen aus Bakterien aufgefunden wurden , bil¬

    det die Lankavose den ersten Fall eines natürlich vorkommenden, stickstoffreien

    4-Desoxyzuckers. Hingegen liegt im Desosamin einem Aminozucker, der eben¬

    falls als Baustein verschiedener Makrolid-Antibiotika vorkommt, ein basischer

    4-Desoxyzucker vor, der sich von der Lankavose strukturell einzig dadurch unter¬

    scheidet, dass die Methoxylgruppe durch eine Dimethylaminogruppe ersetzt ist.

    Aus dem NMR. -Spektrum des 2-Acetyl-methyllankavosids lassen sich einige

    Rückschlüsse in Bezug auf die Stereochemie dieser Verbindung ziehen: Das Signal

    des anomeren Protons an C-l bei 6 =4,11 wird durch Kopplung mit dem Proton an

    C-2 in ein Dublett mit der Kopplungskonstante J. ,=8 cps. aufgespalten, was einer

    diaxialen Lage der beiden Protonen entspricht. Das Signal des Wasserstoffatoms an

    C-2 bei 6 = 5,65 tritt als Doppeldublett auf. Einerseits tritt hier wieder die obige

    Kopplungskonstante X. „ = 8 cps. auf, anderseits koppelt das Proton an C-2 auch

    mit dem Proton an C-3 mit der neuen Kopplungskonstanten J„ „=9,5 cps. Somit be¬

    sitzen die Wasserstoffatome an C-2 und C-3 ebenfalls diaxiale Lage, und die beiden

    Methoxylgruppen und die Acetylgruppe des 2-O-Acetyl-methyllankavosids sind

    aequatorial angeordnet.

    Die vollständige Konfiguration der Lankavose und des Methyllankavosids wurde

    von P. W. K. Woo und Mitarbeitern durch eingehende Analyse der entsprechen¬

    den NMR.-Spektren abgeleitet:

    Das Signal des anomeren Protons an C-l liegt für das in Pyridin aufgenommene

    Methyllankavosid bei S =4,40 und wird durch das Proton an C-2 in ein Dublett mit

    der Kbpplungskonstante Ji 2 = ' CPS aufgespalten, was einer axial-axialen Kopplung

    entspricht*). Die Signale bei 8 =2,05 werden dem äquatorialen, jene bei 6 =1,00 -

    1,58, teilweise durch das C-Methyldublett verdeckt, dem axialen Proton an C-4 zu-

    *) Für die vorliegende Diskussion massgebend war eine Arbelt von R.U.Lemieux,R.K.Kullnlg, H.J.Bernstein, W.G.Schneider, J.Amer.ehem.Soc.

    80, 6098 (1958) über NMR. -Spektren acetylierter Pyranosen und Cyclohexanver-blndungen:

    a) Für eine Reihe acetylierter Pyranosen wurden folgende Werte für die Kopplungs¬konstanten benachbarter Protonen In Abhängigkeit ihrer Lage gefunden:

    Ja a = 5- 8 cps Ja e oder Je e = 2 - 3,5 cps.

    b) Bei der Tetraacetyl- ß -D-xylopyranose beträgt die Kbpplungskonstante für das

    axiale und das äquatoriale Proton der Methylengruppe Jsa 5e = 12 cps. Das

    Signal des axialen Methylenprotons findet sich bei kleinere'n 6 -Werten als jenes

    des äquatorialen Protons.

    c) Für eine Reihe acetylierter Pyranosen wurde gefunden, dass das anomere Pro¬

    ton bei äquatorialer Lage bei & = 5,66 - 6,11 absorbiert, bei axialer Lage da¬

    gegen bei 6 = 5,36 - 5,75.

  • - 13 -

    geordnet. Die Kopplungskonstante J^a 4e beträgt 12,5 cps. Die Signale des axialen

    Protons an C-4 erstrecken sich über 34,5 cps. Dieser Wert ist praktisch gleich

    der Summe der drei Kopplungskonstanten (J4a 5 , J4a 3 , J4a 4e) mit welcher das

    axiale Proton an C-4 durch das äquatoriale Proton an C-4 und die beiden benachbar¬

    ten Protonen an C-3 und C-5 aufgespalten ist. Die Summe der Werte von J4a 5 und

    J4a g kann so annähernd als 22 cps berechnet werden. (Für diese Berechnung wur¬

    den die Protonen H4a, H5a ^^ ia\ und H4e als ein ABX-System aufgefasst, wobei

    jede der vier resultierenden Linien noch durch das vierte Proton H„ / . g v aufge¬

    spalten wird. Zur Berechnung der theoretischen Aufspaltung wurden die folgenden

    Werte verwendet: J4a 3a= 11,0 cps, J4a 5a

    = 11,0 cps, J4 5a= 2,1 (oder 5,0) cps,

    J4e,3a = 5'° (oder 2>'l) Cps' J4a 4e = 12'5 cps' 6 4e" 64a'= 43'° cps)# Aus die"

    sem grossen Wert und aus der beobachteten Aufspaltung muss den Protonen an C-3

    und C-5 axiale Lage zukommen.

    Das anomere Proton an C-1 der Lankavose erscheint in Deuterochloroform

    als Triplett bei S = 5,26, aufgespalten durch das axiale Proton an C-2 und das

    Hydroxylwasserstoff an C-1. Die kleine Kopplungskonstante von 2-3 cps zeigt die

    äquatoriale Lage des C-1 Protons in der kristallinen Lankavose.

    Die absolute Konfiguration an den C -Atomen 2 und 3 wurde auf chemischem

    Wege bestimmt. Die Oxydation der Lankavose mit Salpetersäure lieferte eine kristal¬

    line Dicarbonsäure, die mit synthetischer O-Methyl-L-weinsäure identisch war und

    aus den C-Atomen 1 bis 4 der Lankavose stammten. Dies ist ein weiterer Beweis

    für die trans-Anordnung der Wasserstoffe an C-2 und C-3.

    Das NMR. -Spektrum zeigt auch die konfigurative Aenderung an C-1, die bei

    der Mutarotation eintritt. In Deuteriumoxid erscheint das äquatoriale Proton an C-1

    der Lankavose als Dublett bei b = 5, 70 (J =2,7 cps). Das Dublett bei 6 = 5,00a, e

    ist typisch für ein axiales anomeres Proton. Die Kopplungskonstante J, ,=7 cps

    zeigt, dass in der neuen anomeren Lankavose die Protonen an C-1 und C-2 axial zu¬

    einander stehen.

    Lankavose und Methyllankavosid besitzen demnach die Konfiguratinen Ic bzw. Kb.

    Die auf chemischem Wege und aus NMR. -Daten abgeleitete Struktur und Konfiguration

    der Lankavose fand vor kurzem ihre Bestätigung in einer eindeutigen und mit hohen12)

    Ausbeuten verlaufenden Synthese von N. K. Kochetkov und A. T. Usov '.

    Ausgehend von 4,6-0-Benzyliden-3-0-methyl-2-0-tosyl- oc- D-methyl-gluco-

    pyranosid wurde dieses in fast quantitativer Ausbeute durch saure Hydrolyse in das

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    3-0-Methyl-2-0-tosyl- oc-D-methylglucopyranosid übergeführt. Mit Triphenyl-

    phosphit-methiodid wurden die beiden freien Hydroxyle durch Jod ersetzt. Durch

    Hydrogenolyse mit Raney-Nickel in Methanol wurde aus dem DiJodid das 4,6-Di-

    desoxy-3-0-methyl-2-0-tosyl- oo-D-methylglucopyranosid erhalten. Natriumamal¬

    gam in Methanol lieferte das oc -D-Methyllankavosid. Saure Hydrolyse ergibt die

    kristalline D-Lankavose, die nach den Angaben der Autoren in ihren Eigenschaften

    mit den für das Naturprodukt veröffentlichen Daten völlig übereinstimmt.

  • 15 -

    CHOICH-OHICH-OCH,

    I3

    CH,

    I 2

    CH-OHI

    CH,

    -OH

    CHI

    CH-OH

    CH-OCH,l o

    CH,

    I2

    CHI

    CH,

    O

    HCOOH

    +

    CHO

    CH-OCH,

    CH2

    CH-OH

    CH3

    OH

    CHI

    CH-OCH,

    CH,

    CH

    :h3

    O

    la lb IIaHb

    CHOICHI

    CH

    CH,

    VI

    CH20

    +

    CHOI

    CH,

    CH-OH

    CH.

    CH2OH

    CH-OHi

    CH,

    I 2

    CH-OHi

    CH,

    IV

    CH2OH

    CH-OCH,

    CH,

    CH-OHI

    CH3

    IH

    -OR

    CH,-OH

    I 2

    CH-OCH,

    CH,

    c=oI

    CH,

    CH,OH

    I 2

    CH-OCH,I *

    CH,

    C3CH3I ^OHCHO

    OR'

    CH-I

    CH-I

    CH-OCH,

    CH,

    I 2

    CHI

    CH,

    O

    VH vm IXa R =CH3 R' =H

    X R = CH3 R* = -CH3COXI R = -CH3CO R' = -CH3CO

    OCH,

    icIXb

  • - 16 -

    3. Konstitution und Konfiguration der 4-O-Acetyl-arcanose

    Der zweite Zucker aus Lankamycin wurde nach der chromatographischen Ab¬

    trennung und Destillation im Hochvakuum als farbloses Oel erhalten, das im Dünn-

    schichtchromatogramm einen einheitlichen Flecken gab. Aus der Analyse ergab sich

    für die Acetyl-arcanose die Formel CioHift°5 (XII). Durch saure Hydrolyse wurde

    eine Acetylgruppe erfasst, die auch im IR.-Absorptionsspektrum (Banden bei 1735

    und 1240 cm" ), sowie im NMR.-Spektrum (S =2,15, s, 3H) erkennbar ist.

    Ferner zeigt das NMR. -Spektrum die Anwesenheit einer Methoxylgruppe ( S =3,24,

    s, 3H).

    Obwohl die Verbindung auf Filterpapier weder mit amoniakalischem Silbernitrat

    noch mit Anilin-Phthalsäure einen deutlichen Flecken gibt, muss es sich um eine

    Aldose handeln; denn Fehling'sche Lösung wird, wenn auch relativ langsam, re¬

    duziert, und bei der Oxydation mit Bromwasser wird ein Lacton gebildet, das weiter

    unten näher besprochen wird.

    Bei der Methanolyse des Lankamycins erhält man das Methylglykosid der

    4-O-Acetyl-arcanose (XVI), das auch durch direkte Methylierung der Acetyl-arcanose

    mit methanolischer Salzsäure erhalten wird. Nach dem IR. -Absorptionsspektrum be¬

    sitzt das Glykosid keine freie Hydroxylgruppe mehr. Perjodsäure greift die Acetyl-

    arcanose nicht an. Im Gegensatz zur Lankavose gibt die Acetyl-arcanose eine inten-3)

    sive blaue Farbreaktion mit dem Reagens von Keller-Kiliani , woraus auf

    einen 2-Desoxyzucker geschlossen werden kann.

    Bei der energischen Einwirkung von Lithiumaluminiumhydrid wird die Acetyl-

    arcanose an der Halbacetalgruppe reduziert unter gleichzeitiger reduktiver Abspal¬

    tung der Acetylgruppe. Bei der Reduktion unter milden Bedingungen kann daneben

    noch die kristalline Arcanose (XVH) gefasst werden. Das unter energischen Bedingun¬

    gen gebildete Methoxy-triol (XHI) (Arcanosit) ist nun einer Perjodatoxydation zugäng¬

    lich. Als Oxydationsprodukt wurden Acetaldehyd (als 2,4-Dinitrophenylhydrazon)

    und ein Hydroxy-methoxy-aldehyd CgH120„ (XIV) gefasst. Der letztere wurde mit

    Lithiumaluminiumhydrid zu einem Methoxydiol CgH-.O« (XV) reduziert.

    Für die Konstitutionsermittlung dieser Verbindung (XV) erwies sich das NMR. -

    Spektrum von ausschlaggebender Bedeutung. Von den 17 chemisch plausiblen Ver¬

    bindungen der Formel CgH. .0, wurde einzig diejenige mit der Struktur (XV) allen

    Daten des NMR. -Spektrums gerecht, welches folgende Gruppierungen erforderte:

  • - 17 -

    2 Hydroxyle (6 = 4,00), eine tertiär gebundene C-Methylgruppe (6 =1,14, s, 3H),

    eine Methoxylgruppe ( 6 = 3,22, s, 3 H), eine CHg-Gruppe, durch benachbartes CH2in ein Triplett (& =1,77) aufgespalten.

    Das gleiche Methoxydiol (XV) konnte auf ähnlichem Wege aus der Cladinose ,

    einem Zuckerbaustein der Erythromycine A und B hergestellt werden. Cladinose

    selbst ist unter üblichen Bedingungen gegen Perjodsäure inert, da sie vollständig in

    der cyclischen Halbacetalform vorliegt. Auch eine Reduktion der Cladinose mit Lithium¬

    aluminiumhydrid Hess sich aus demselben Grund unter üblichen Bedingungen nicht

    durchführen. Erst als man Cladinose längere Zeit mit Lithiumaluminiumhydrid in sie¬

    dendem Dioxan behandelte, konnte in befriedigender Ausbeute der Zuckeralkohol Cla-

    dinosit (strukturell identisch mit Formel XHI) isoliert werden. Dieser reagierte mit

    Perjodsäure unter Bildung von Acetaldehyd und dem Aldehyd XIV, der nach Dünn¬

    schichtchromatographie, IR. -Absorptionsspektrum, und NMR. -Spektrum mit dem

    Cyclohalbacetal CglL-O, aus Arcanose identisch war und bei der Reduktion das

    gleiche Diol XV lieferte.

    Da die Konstitution der Cladinose gesichert ist, stehen somit auch die Strukturen

    des Cyclohalbacetals VIVb und des Diols XV fest. Aus der Identität der Aldehyde XIV

    aus Cladinose und Arcanose folgt nun aber dass das Reduktionsprodukt der Arcanose

    (Arcanosit) die gleiche Konstitution besitzen muss wie Cladinosit. Für die Arcanose

    folgt die Konstitutionsformel XVn, die strukturell mit der Cladinose übereinstimmt.

    Für die Acetyl-arcanose selber steht damit die Konstitution fest, mit Ausnahme der

    Lage der Acetylgruppe die in den Stellungen 4 oder 5 stehen kann.

    Die Frage nach der Stellung des Essigsäurerestes wurde auf folgende Weise be¬

    antwortet : Methyl-acetyl-arcanosid (XVI) wurde unter Erhaltung der Methylglykosid-

    bindung mit Lithiumaluminiumhydrid desacetyliert und das Produkt (XVHI) zum Me¬

    thyläther XIX methyliert. Die neu eingeführte Methylgruppe muss dabei an die Stelle

    des ursprünglichen Acetylrestes treten. Bereits das NMR. -Spektrum dieser Verbin¬

    dung deutete an, dass die Aenderung am C-Atom 4 vor sich gegangen sein muss, da

    das Signal des am C-4 sitzenden Protons von b =4,3, bei der Arcanose nach & = 2,48

    beim Methyläther verschoben ist, während das ABX„- Multiplett des Protons an C-5

    nur eine relativ geringe Verschiebung von 5 = 4,3 nach 6 = 3,83 mitgemacht hat.

    Nach der leicht verlaufenden Glykosidspaltung wurde der Dimethylzucker XXI

    mit Bromwasser oxydiert. Das dabei entstehende Lacton XXII zeigt im IR. -Absorp¬

    tionsspektrum im V (CO)-Gebiet eine Bande bei 1725 cm" . Es handelt sich demnach

  • - 18 -

    um ein S -Lacton '. Für die zusätzliche Methoxylgruppe im Lacton XXH und so¬

    mit auch die Acetylgruppe der Acetylarcanose bleibt nur noch die Stellung 4 übrig,

    womit die Konstitution XII der Acetylarcanose bewiesen ist.

    Ein Gemisch von zwei Lactonen konnte durch direkte Oxydation der Acetyl¬

    arcanose mit Bromwasser erhalten und an Kieselgel aufgetrennt werden. Die schwerer

    eluierbare Verbindung zeigte im IR. -Absorptionsspektrum in der v (CO)-Gegend eine

    einzige Bande bei 1780 cm , die für ein Fünfringlacton charakteristisch ist, und in

    der V (OH)-Region eine Hydroxylabsorption bei 3500 cm . Eine starke Bande bei

    1240 cm (O-Acetyl) war nicht vorhanden. Bei dieser Verbindung XXTV war dem¬

    nach die Acetylgruppe im Verlauf der Oxydation abgespalten worden.

    Das leichter eluierbare Oxydationsprodukt bildete eine chromatographisch ein¬

    heitliche Verbindung mit folgenden wichtigen Charakteristika. Im IR. -Absorptions¬

    spektrum : starke Banden bei 1732 und 1235 cm" sowie das Fehlen einer Hydroxyl¬

    absorption zeigen, dass die Acetylgruppe noch vorhanden ist. Eine zweite Carbonyl-

    Bande bei 1780 cm" mit etwa gleicher Intensität wie die Bande bei 1732 cm" be¬

    weist, dass die Verbindung ein j( -Lacton ist. Das Lacton muss demnach die Formel

    XXni (Iso-acetyl-arcanonsäurelacton) besitzen. Bei der Oxydation tritt demnach teil¬

    weise eine Abspaltung der Acetylgruppe in Stellung 4 und teilweise eine Wanderung in

    die Stellung 5 ein. Beide Reaktionen werden wahrscheinlich dadurch begünstigt, dass

    durch sie die Bildung eines gegenüber dem 6 -Lacton stabileren ï -Lactons ermög¬

    licht wird.

    Auch die 4-O-Acetyl-arcanose liegt in freier Form praktisch ausschliesslich

    als cyclisches Halbacetal vor (Xu b). Dies geht einerseits aus dem völligen Fehlen

    einer v (CH)-Bande bei 2720 cm" hervor, die für echte Aldehyde charakteristisch,

    wenn auch meistens nicht sehr intensiv ist. Anderseits müsste ein echter Aldehyd im

    NMR. -Spektrum ein Signal bei 8 "^ 10 geben. Tatsächlich findet man lediglich diei

    für -O-CH-O-Gruppierungen charakteristische Bande bei S = 5. Zudem zeigt das

    Auftreten einzelner Nebenbanden, die nicht durch Spin-Spin-Wechselwirkungen erklär¬

    bar sind das Vorliegen eines Anomerengemisches an.

    Die Abbauprodukte XIV und XV aus 4-O-Acetyl-arcanose und Cladinose stim¬

    men nicht nur in spektroskopischer Hinsicht miteinander überein, sondern sie drehen

    auch das polarisierte Licht in derselben Richtung. Am C-Atom 3 stimmen daher die

    Cladinose und die Arcanose stereochemisch Uberein. Dagegen sind die Paare Diacetyl-

    arcanose undDiacetylcladinose, Arcanose und Cladinose und schliesslich Arcanosit

    und Cladinosit jeweils chromatographisch und durch das IR. -Absorptionsspektrum von-

  • - 19 -

    einander unterscheidbar. Es muss daher zwischen den beiden Zuckern ein stereoche¬

    mischer Unterschied an den C -Atomen 4 oder 5 oder beiden bestehen.

    Die Biogenese der Acetylarcanose dürfte auf dem grundsätzlich gleichen Weg er¬

    folgen, wie diejenige der sehr ähnlich gebauten Zucker Cladinose und Mycaro-

    se15)

    von denen bekannt ist, dass sie durch C-Methylierung von Hexosen unter Mit¬

    wirkung von Methionin als C. -Donator gebildet werden .

    H H

    y ^oy3

    H-f^0CH^/0HH H

    ^

    (*/ -—'

    ^-1l|,

    J

    !

    KJ

    l l i i i i

    5 4 3

    Figur 1

    0 ppm

    H H

    CH3/^.0/^OCH3-v/OAc j -jJ

    H H | rti

    L-

    \kjJI

    1

    L„ \

    5 4 3 2 10 ppm

    Figur 2

  • - 20 -

    0 ppm

    Figur 3

    0 ppm

    Figur 4

  • - 21 -

    OH

    CHOI

    CH,

    C^CH3I "^OCHgCH-O-COCH,

    l ä

    CH-OHI

    CH,

    CH-ICH-

    I 2

    CCH3

    -OCH,

    ÏH,

    CH-OCOCHgÇH

    CH,OHI »

    9H2CJCH3i^OCHjCH-OHI

    CH-OH

    CHg

    XII a

    -OR

    XHb

    CH,

    CH-I

    CH2

    |^OCH3CH-OR'

    I

    CH

    CH,

    CH-OHt A

    CHo

    céCH3I^

    OCH,

    CH2OH3

    XV

    XVI R = CH3 R' = -CH3COXVH R=H R'=H

    XVm R=CH3 R*=HXrx R =CH3 R*=CH3XXI R=H R'=CH,

    OII

    C-I

    CH2C^CH,|^OCH3CH-OCHo

    I6

    CH

    .Hg

    XXH

    OH

    CH2

    CH2

    1

    CH-

    CH,

    OCH,

    XTVb

    OII

    c-

    CHo

    C<I

    CH-I

    •CH3-CHo

    CH-ORI

    CH,

    XXIV R=H

    XXm R = CHgCO

    xm

    CH,-OHI 6

    CHo

    c--CH3CH^00^

    CHOI

    CH,

    XTVa

    xnc

    xxv

  • - 22 -

    Die Stereochemie der Cladinose und der Mycarose wurde von H. Griesebach und17)

    Mitarbeitern'aufgeklärt. Die Cladinose unterscheidet sich strukturell von der

    Mycarose dadurch, dass die Hydroxylgruppe an C-3 als Methylaether vorliegt. Die

    NMR. -Spektren von Diacetyl-mycarose und Diacetyl-cladinose entsprechen sich so¬

    wohl hinsichtlich der chemischen Verschiebung der einzelnen Signale wie auch in der

    Grösse der Spin-Spin Kopplungskonstanten. Ueberdies lässt sich durch Aetherspal-

    tung mit Bortrichlorid die Cladinose in Mycarose überführen. Beide Zucker be¬

    sitzen somit die gleiche Konfiguration.

    Aus dem NMR. -Spektrum der 1,4-O-Diacetyl-mycarose lassen sich folgende

    Tatsachen ableiten: Das Signal des anomeren Protons an C-1 bei & = 5,88 ist durch

    die beiden ungleichen Protonen an C-2 in vier Linien aufgespalten mit den Kopplungs¬

    konstanten «L„

    = 9,0 cps. und J. , =3,1 cps. Das Proton an C-1 besitzt somit

    axiale Lage. Das WasserstoffatomanC-4bei 6 = 4,50 wird durch das Proton an C-5 in

    ein Dublett aufgespalten mit einem J. 5= 9,6 cps., was der Kopplung zwischen zwei

    axialen Protonen entspricht. Die gleiche Kopplungskonstante findet sich wieder im

    Signal des C-5 Protons bei 6 = 3,90, das durch die benachbarte Methylgruppe zu

    insgesammt 8 Linien (Intensitätsverhältnis 1:3:3:1) aufgespalten ist. (

  • - 23 -

    unbekannter Konfiguration durch eis- bzw. trans-Hydroxylierung 2 epimere Produkte.

    Die NMR. -Spektren des freien wie auch des acetylierten cis-Hydroxylierungsproduk-

    tes waren mit denen der natürlichen Mycarose identisch. (Das Syntheseprodukt als

    Racemat unterscheidet sich allerdings im Smp. und IR. -Spektrum vom Naturprodukt).

    Die Hydroxyle der Mycarose an C-3 und C-4 müssen demnach cis-ständig sein. Das

    NMR. -Spektrum des trans-Hydroxylierungsproduktes ist dem der Mycarose sehr ähn¬

    lich. Da die Kopplungskonstante 3. ,- den gleichen Wert hat wie bei der Mycarose,

    muss es sich um die 3-Epimycarose handeln.

    Dass die OH-Gruppen an C-3 und C-4 der Mycarose cis-ständig sind ergibt

    sich auch daraus, dass diese einen Boratkomplex bildet, die 3-Epimycarose aber

    nicht. Die 3,4 cis-Diol Gruppierung der Mycarose folgt auch aus der Kinetik der

    Perjodatoxydation der Mycarose und der 3-Epimycarose, indem die erstere erwar-

    tungsgemäss bedeutend schneller oxydiert wird. Die Mycarose ist demnach 2,6-Di-

    desoxy-3 -C -methyl-L-ribo-hexose.19)

    D.M.Lemal, P.D.Pacht und R.B. Woodward gelang die Synthese

    racemischer Mycarose, die über das Borneol-10-sulfonat in ihre Antipoden aufge¬

    trennt wurde. Durch Isolierung von L-Milchsäure aus den C-Atomen 4,5 und 6 der

    Mycarose konnte auf chemischem Wege bewiesen werden, dass Mycarose und Cladi-

    nose zu den L-Zuckern gehören.

    Ein Vergleich der NMR.-Spektren von 1,4-O-Diacetyl-cladinose und 1,4-0-

    Diacetyl-arcanose zeigt klar die Verschiedenheit in der Stereochemie an C-4/C-5.

    Bei tiefstem Feld liegt das Signal des anomeren Protons an C-l, das durch Wechsel¬

    wirkung mit den beiden nicht identischen Methylenprotonen zu einem Doppeldublett

    mit den Kopplungskonstanten «L „ = 9 eps und 3* „ = 3 eps aufgespalten ist.

    Das Proton an C-l ist damit axial. Bei 6 = 4,72 findet sich das Signal des Wasser¬

    stoffatoms an C-4 als ein Doppeldublett, bei dem die beiden mittleren Linien zusam¬

    menfallen. Zu erwarten wäre ein gewöhnliches Dublett wie bei der Diacetyl-cladino-

    se. Es tritt hier der seltene Fall einer Wechselwirkung über drei C-Atome ein, in¬

    dem das C-4 Proton nicht nur mit dem C-5 Proton koppelt, sondern über das C-3

    hinweg zum aequatorialen Methylenproton an C-2. Die Kopplungskonstanten erhal¬

    ten die Werte 3^ 5 = 1,5 eps und J, , = 1 eps. Diese Werte finden sich wieder in

    den Signalen bei 6 =4,23 für das Proton an C-5 und bei S =1,98 für das äquato¬

    riale Proton an C-2. Diese kleine Kopplungskonstante von 1,5 eps zeigt, dass die

    Protonen an C-4 und C-5 nicht diaxial angeordnet sind wie bei der Diacetylcladinose.

    Dies wird auch bestätigt durch das Spektrum des 4-Methoxy-arcanonsäurelactons.

  • - 24 -

    Das Signal des C-4 Protons tritt hier als ein scharfes Dublett bei 8 = 3,03 auf,

    mit einer Kopplungskonstanten von 2,5 cps.

    Eine der wahrscheinlichsten konfigurativen Möglichkeiten ist die, bei der sich

    Arcanose und Cladinose nur in der Stereochemie an C-4 voneinander unterscheiden.

    Durch eine Reaktionsfolge, bei der nur das leicht zugängliche C-Atom 4 der Arcano¬

    se epimerisiert wurde, konnte nach Auftrennung des Epimerengemisches in Arcano¬

    se und Cladinose bewiesen werden, dass die beiden Zucker sich nur an diesem Asymme¬

    triezentrum voneinander unterscheiden.

    Methyl-arcanosid (XXVI) gab mit Chrom(VI)-oxid in Pyridin in 20-proz. Aus¬

    beute ein Keton (XXVH), dessen Ketobande sich im IR. -Absorptionsspektrum bei

    1730 cm" zu erkennen gibt. Das NMR. -Spektrum stimmt mit der Konstitution

    XXVII völlig überein. Die Reduktion dieses Ketons mit Lithiumaluminiumhydrid

    verläuft nun nicht stereospezifisch sondern liefert ein Epimerengemisch. Das Dünn-

    schichtchromatogramm des Reduktionsgemisches zeigt zwei Flecken, deren R.-Wert

    mit denen von Methylcladinosid bzw. Methylarcanosid völlig übereinstimmten. Die

    Trennung der beiden epimeren Methylglykoside gelang durch Chromatographie an

    Silikagel. Das leichter eluierbare Produkt wurde in einer Ausbeute von ca. 40 %

    erhalten. Das NMR. -Spektrum dieser Verbindung stimmte mit demjenigen von authen¬

    tischem Methyl-cladinosid (XXDC) in den wesentlichen Merkmalen überein. Es zeig¬

    te sich aber, dass das durch Umwandlung der Arcanose gewonnene Produkt offenbar

    praktisch einheitlich ist, während das durch Methylierung von natürlicher Cladinose her¬

    gestellte Vergleichsderivat ein Gemisch der beiden anomeren Glykoside darstellt, was

    sich im NMR. -Spektrum durch einige schwache zusätzliche Signale bemerkbar macht.

    Auch im IR. -Absorptionsspektrum des Vergleichsderivates kommen zu den Hauptban¬

    den, die mit denen des Umwandlungsproduktes aus Arcanose übereinstimmen, einige

    schwächere Absorptionsbanden im Fingerprint-Gebiet hinzu, die wir der anomeren

    Verbindung zuschreiben. Endlich zeigt das aus Arcanose hergestellte Methylcladinosid

    eine deutliche optische Drehung [oc]n

    = -25,4 , während das authentische Methyl¬

    cladinosid keine messbare Drehung aufwies.

    Durch saure Hydrolyse des aus Arcanose hergestellten Methyl-cladinosids ge¬

    langten wir zur Cladinose (XXV) die dem natürlichen anomeren Gleichgewichtsge¬

    misch entsprach, und in jeder Beziehung mit natürlicher Cladinose identisch war

    (ER. - und NMR. -Spektrum, spezifische Drehung, Dünnschichtchromatographie).

    Als zweites Produkt wurde bei der Reduktion des Ketons in 18 % Ausbeute

    Methylarcanosid (XXVHI) erhalten und in der üblichen Weise identifiziert. Durch

  • - 25 -

    diese Reaktionsfolge ist eindeutig bewiesen, dass sich die Arcanose nur in der Konfi¬

    guration an C-4 von der Cladinose unterscheidet.

    Absolute Konfiguration an C-3 der Arcanose

    Aus Arcanose wie auch aus Cladinose wurde durch Abbaureaktionen das gleiche

    rechtsdrehende 2-Methoxy-2-methyl-butan-l,4-diol erhalten (siehe oben). Dieses

    Diol konnte mit der rechtsdrehenden Citramalsäure verknüpft werden, deren Konfi-20)

    guration durch Ar i go ni und Mitarbeiter als S-(+)-Citramalsäure bestimmt

    wurde.

    Der Dimethylester der S-(+)-Citramalsäure (XXX) wurde in N,N-Dimethyl-21)

    formamid mit Methyljodid und Bariumoxid methyliert '. Das Methylierungsprodukt

    (XXXH) konnte nicht völlig von Dimethylformamid befreit werden. Für die Reduktion

    mit Lithiumaluminiumhydrid wurde das Rohprodukt eingesetzt. Das 2-Methoxy-2-

    methyl-butan-l,4-diol (XXXIV) konnte aus dem Reduktionsgemisch leicht durch Chro¬

    matographie an Silikagel rein isoliert werden. Das so erhaltene Diol XXXIV stimmt

    mit dem Abbaudiol (XV) aus Arcanose und Cladinose nach IR. -Absorptionsspektrum,

    NMR. -Spektrum und Dünnschichtchromatographie überein. Die Drehungsrichtung

    des polarisierten Lichtes war aber - bei gleichen Absolutwerten - entgegengesetzt.

    Für das Abbaudiol (XV) und damit auch für das C-Atom 3 der Arcanose und Cladino¬

    se ist die R-Kbnfiguration bewiesen.

  • - 26 -

    OCH,CH

    CHgO-C-iH-C-i

    2

    CH,

    OHI

    C-HI

    CH„

    T^-OCHgCHICH,

    I 2

    CHgO-C-CHgc=o

    C-H

    CH,

    1 ^r- OCHgCHI

    CH,

    I 2

    CH,0-C-CH,

    H-C-OH

    -C-HI

    CH,

    -|^OCH„,

    CHJ

    ICH,

    I 2

    C-CH,CHgO-HO-C-H

    IC-H

    I

    CH,

    XXVI xxvn xxvm

    s xxvi

    XXIX

    COOH1

  • - 27 -

    4. Konstitution des Aglykons

    Monoacetyl-lankolid, der zuckerfreie Aglykonteil, besitzt die Bruttoformel

    C25H44°9* Von den neun Sauerstoffatomen liegen zwei in einer Acetoxygruppe vor,

    die sich am deutlichsten im NMR. -Spektrum (Singlett bei 6=2,10) zu erkennen

    gibt und auch durch das ER.-Absorptionsspektrum (Banden bei 1750 und 1235 cm'

    in Nujol) ausgewiesen wird. Drei Sauerstoffatome liegen in acetylierbaren (primä¬

    ren oder sekundären) Hydroxylgruppen vor, da sich mit Acetanhydrid-Pyridin leicht

    ein kristallines Tetraacetyl-lankolid (XXXDC) bildet. Da dieses Acetylierungsprodukt

    noch eine freie Hydroxylgruppe besitzt (v(OH) = 3370 cm in Nujol), mussein

    sechstes Sauerstoffatom als schwer acetylierbare, wahrscheinlich tertiäre Hydroxyl¬

    gruppe vorliegen. Die Anwesenheit einer Lactongruppe, die die Natur von zwei wei¬

    tern Sauerstoffatomen bestimmt, ist nach dem IR. -Absorptionsspektrum wahrschein¬

    lich und wird durch den weitern Abbau (siehe unten) bewiesen. Sie muss in einem

    mehr als fünfgliedrigen Ring liegen, da die ihr zukommende Carbonylbande bei ca.

    1710 cm"1 liegt.Am schwersten war die Natur des neunten Sauerstoffatoms als Ketogruppe zu

    bestimmen, damit 2,4-Dinitrophenylhydrazin kein kristallines Derivat erhalten

    werden konnte. Die IR. -Absorptionsbande der Ketogruppe fällt mit derjenigen des

    Lactoncarbonyls weitgehend zusammen; doch weist ein niedriges UV. -Absorptions¬

    maximum bei 288 mu (log £ 1, 54) auf die Anwesenheit einer Ketogruppe hin. Eine

    Reaktion, die ohne die Anwesenheit einer Ketogruppe nicht erklärt werden kann, geht

    das Monoacetyl-lankolid mit methanolischer Salzsäure ein. Es bildet sich dabei eine

    kristalline, neutrale Verbindung C„ßH .gOq, die gemäss NMR. -Spektrum eine Me-

    thoxylgruppe enthalt. Bei der milden Behandlung mit wässriger Säure bildet sich da¬

    bei das Monoacetyl-lankolid wieder zurück. Es muss sich hier um ein cyclisches

    Methylketal handeln, das gemäss (XL) formuliert werden kann. Aehnliche Reaktionen22)

    wurden beim Erythromycin und seinen Derivaten beobachtet. Weitere Beweise

    für das Vorliegen einer Ketogruppe werden sich im Verlauf des weiteren Abbaus er¬

    geben. Aus dem NMR. -Spektrum des Monoacetyl-lankolids kann weiter geschlossen

    werden, dassvonden 25 C-Atomen acht als CHo-C-Gruppen vorliegen. Bei 6 =0,78-

    1,36 findet sich ein Signalhaufen, der 24 Protonen umfasst, was acht CHo-C-Grup¬

    pen entspricht. Die Bruttoformel des Aglykons kann demnach gemäss Partialformel A

    aufgelöst werden:

  • - 28 -

    -O-COCHg ; )C=0 ; )CH-OH ; >CH-OH ; >CH-OH ; -C-OH ; -C-O- ;

    O-v

    C17H34 A

    Von den vier Hydroxylgruppen des Aglykons sind im Lankamycin entweder zwei

    mit je einem Zuckerrest besetzt, oder eine davon trägt einen Diglykosidrest. Das

    Aglykon kann gemäss seiner Bruttoformel ausser dem Lactonring und den drei Car-

    bonylgruppen keine weitern Ringe oder Doppelbindungen besitzen.

    Weder das Lankamycin noch das Darcanolid oder das Monoacetyl-lankolid wer¬

    den von Perjodsäure rasch oxydiert. Es liegt demnach keine 1,2-Diolgruppierung

    vor. Dagegen verbraucht das Produkt, das bei der Reduktion des Aglykons mit Lithium¬

    aluminiumhydrid erhalten wird, rasch ein Mol Perjodsäure unter Aufspaltung in zwei

    grössere Bruchstücke. Es zeigte sich aber, dass für die weitern Untersuchungen

    günstigere Bruchstücke erhalten werden, wenn für diesen Abbau nicht das Aglykon,

    sondern das Lankamycin selbst eingesetzt wurde.

    Bei der energischen Reduktion des Lankamycins mit Lithiumaluminiumhydrid

    werden vier Gruppen reduziert: 1. die Acetoxygruppe in Stellung 4 des Arcanose-

    restes unter Freilegung eines Hydroxyls; 2. die Acetoxygruppe am Aglykonteil, wo¬

    bei ebenfalls eine Hydroxylgruppe freigesetzt wird; 3. die Ketogruppe unter Bildung

    einer sekundären Hydroxylgruppe; 4. die Lactongruppe, wobei zwei neue Hydroxyle

    entstehen. Das dünnschichtchromatographisch praktisch einheitliche Reduktionsprodukt

    zeigte dementsprechend im IR. -Absorptionsspektrum keine Carbonylbande mehr. Die

    Verbindung konnte weder kristallisiert noch im Hochvakuum destilliert werden, und

    wurde daher direkt weiter verarbeitet.

    Bei der oxydativen Spaltung dieses Reduktionsproduktes mittels Natriummetaper-

    jodat wurden zwei Reaktionsprodukte gebildet, die sich leicht trennen und durch Chro¬

    matographie und Kristallisation reinigen Hessen. Die eine Verbindung, cuH22°4»setzt sich ausschliesslich aus einem Teil des Aglykons zusammen, während die an¬

    dere, C27Hco0io» zwöU C-Atome des Aglykons, die acht C-Atome der Arcanose

    und die sieben C-Atome der Lankavose umfasst. Die beiden Bruchstücke zusammen

    enthalten alle C-Atome des Lankamycins mit Ausnahmen der beiden Acetylgruppen.

  • - 29 -

    b) Die Konstitution des C«, -Bruchstücks

    Die Verbindung C^-Hg-O. (XLI) sollte gemäss ihrer Entstehungsweise ein

    Aldehyd oder ein Keton sein. Im IR. -Absorptionsspektrum findet man aber im 6u-

    Gebiet keine Absorptionsbande. Es muss sich demnach in J - oder 6 -Stellung zum

    potentiellen Carbonyl eine Hydroxylgruppe befinden, mit der sich ein Cyclohalbacetal-

    ring bilden kann. Ausser dieser Hydroxylgruppe sind noch zwei weitere vorhanden,

    da das Abbauprodukt ein Triacetat (XLII) bildet, das im IR. -Spektrum im v (OH)-Ge-

    biet keine Absorption mehr zeigt. Auf Grund der Bruttoformel können ausser dem

    Cyclohalbacetalring keine weitern Ringe oder Doppelbindungen vorhanden sein.

    Die potentielle Carbonylgruppe muss eine Aldehydgruppe sein. Mit Bromwasser

    wird die C.j-Verbindung nämlich leicht zu einem Lacton C^.H^qO. (XLHI) oxydiert,

    das wegen der Lage der Carbonylbande im IR. -Spektrum (1725 cm-1 in CHCl,) kein

    y -Lacton sein kann. Da sich Cyclohalbacetal- und Lactonringe mit mehr als sechs

    Ringgliedern erfahrungsgemäss nicht spontan bilden, kommt für die Ringschlusstelle

    nur die «^-Stellung in Betracht.

    Die Verbindungen dieser Reihe zeigen im NMR. -Spektrum Signale von vier C-

    Methylgruppen, die alle als Dublette auftreten, was das Vorhandensein von vier CH,-

    CH-Gruppen anzeigt. Wenn man noch berücksichtigt, das von den vier Sauerstoffato¬

    men keine in 1,2-Stellung vorhanden sein können (da mit Perjodat ein weiterer Ab¬

    bau stattgefunden hätte), kommt für das C** -Bruchstück vor allem die Strukturfor¬

    mel XLI und für das Lacton die Formel XLHI in Betracht. Die Konstitution der Sei¬

    tenkette konnte in folgender Weise bestätigt werden:21)

    Eine der beiden Hydroxylgruppen wird von Chromsäure in Aceton leicht zu

    einer Ketogruppe oxydiert, während die andere unter milden Bedingungen nicht ange¬

    griffen wird. Im NMR. -Spektrum des Oxydationsproduktes (XLV) findet sich u. a.

    ein drei Protonen umfassendes Signal bei 8 = 2,23, das für eine Methylketongruppie-

    rung beweisend ist, während bei 8 = 0,90 - 1,32 nur noch drei Dublette zu drei Pro¬

    tonen zu finden sind.

    Die Lactongruppe der Verbindung XLV wird durch Basen verseift und bildet nun

    ein ß -Hydroxyketon, das einer Retroaldolspaltung zwischen den C-Atomen 5 und 6

    zugänglich ist. Dementsprechend fanden sich unter den flüchtigen Produkten bei der

    energischen Behandlung des Ketolactons mit Natronlauge Methyl-äthylketon (XLVI),

    das als 2,4-Dinitrophenylhydrazon identifiziert wurde, und nur aus den C-Atomen

    6, 6', 7 und 8 des Ketolactons stammen kann.

  • - 30 -

    Als weiteres 2,4-Dinitrophenylhydrazon erhielt man dasjenige des Propion-

    aldehyds (XLVÏI). Dieser muss den C-Atomen 4,4', und 5 und eventuell auch 2,2'

    und 3 entstammen, da das primäre Spaltstück wiederum ein Aldol darstellt und zwi¬

    schen den C-Atomen 3 und 4 erneut gespalten werden kann. Ob das ebenfalls als

    2,4-Dinitrophenylhydrazon nachgewiesene 2-Methyl-penten-(2)-al (XLVm) aus¬

    schliesslich durch Rekombination von zwei Molekülen Propionaldehyd entstanden ist,

    oder ob es durch Wasserabspaltung und Decarboxylierung des primären Spaltproduk¬

    tes gebildet worden ist, lässt sich nicht entscheiden. Jedenfalls konnten wir zeigen,

    dass Propionaldehyd unter den Bedingungen der Retroaldolspaltung teilweise in den

    Aldehyd XLVm übergeht.

    Ein Aldol stellt auch das ursprüngliche C---Bruchstück (XLI) des Perjodatab-

    baus in seiner offenen Aldehydform dar. Es liess sich mit Natronlauge ebenfalls

    mehrfach spalten und lieferte gemäss chromatographischer Auftrennung der 2,4-Di-

    nitrophenylhydrazone folgende Produkte:

    1. Propionaldehyd (XLVII) aus den C-Atomen 1-2', 3-4' und 5-6'.

    2. Acetaldehyd (XLIX) aus den C-Atomen 7 und 8.

    3. 2-Methyl-penten-(2)-al (XLVTD).

    4. 2-Methyl-crotonaldehyd (L).

    Die beiden letztern Aldehyde können wiederum entweder durch Wasserabspal¬

    tung aus intermediären Bruchstücken oder durch Rekombination aus den einfachen

    Aldehyden entstanden sein. 2-Methyl-crotonaldehyd entsteht als Hauptprodukt, wenn

    man ein Gemisch von Propionaldehyd und Acetaldehyd unter alkalischen Bedingungen

    stehen lässt.

    Durch diese Reaktionen und die spektralen Eigenschaften des C*., -Bruchstücks

    und seiner Derivate ist die Konstitution der Verbindung XLI eindeutig aufgeklärt.

    c) Die Konstitution des C. „-Bruchstücks

    Das zweite Produkt aus der Perjodatoxydation, C27H50°10 ^LI^ enthält noch

    die Arcanose und die Lankavose sowie ein C. „-Bruckstück des Aglykons. Die Ver¬

    bindung enthält eine Methylketongruppe, was aus der positiven Jodoform -Reaktion

    und einem Singlett bei 8 =2,11 (3 H) im NMR. -Spektrum hervorgeht. Das IR. -Ab¬

    sorptionsspektrum zeigt dementsprechend eine Bande bei 1710 cm" . Bei 6 =0,78

    1,27 besitzt das NMR.-Spektrum Signale, die sechs C-Methylgruppen entsprechen.

  • - 31 -

    Da die Zucker zusammen 3 C-Methylgruppen besitzen, entfallen drei auf das Aglykon-

    Bruchstück, was auch durch die NMR. -Spektren der weitern Abbauprodukte (siehe

    unten) bestätigt wird.

    Bei der Behandlung mit abs. methanolischer Salzsäure bei Zimmertemperatur

    wird die Arcanose in Form ihres Methylglykosids (XVHI) abgespalten. Das zweite

    isolierbare Reaktionsprodukt besass nicht wie erwartet die Zusammensetzung

    C.gHggO sondern war um CH„ grösser. Im NMR. -Spektrum ist ausser dem Signalder Methoxylgruppe der Lankavose noch das eines zweiten Methoxyls zu erkennen.

    Das IR. -Absorptionsspektrum zeigt im 6 u-Gebiet keine Absorption. Es muss sich

    demnach ein Mol Methanol an die Ketogruppe angelagert haben unter Bildung eines

    Methyl-cycloketals (LH). In Uebereinstimmung mit dieser Annahmen gibt die Ver¬

    bindung ein Diacetat (LUI), dessen IR. -Spektrum keine OH-Bande aufweist.

    Durch milde Säurehydrolyse liess sich die O-Methylgruppe hydrolytisch ent¬

    fernen. Das IR. -Spektrum dieser Verbindung (LIV) zeigte eine Carbonylabsorption

    bei 1710 cm" und liegt daher vorwiegend in der offenen Form als Methylketon vor.

    Das Hydrolyseprodukt (LIV) liess sich mittels Lithiumaluminiumhydrid in sie¬

    dendem Dioxan zu einem Tetrol LV reduzieren, das sich durch Destillation im Hoch¬

    vakuum reinigen liess und gemäss Dünnschichtchromatographie eine einheitliche Ver¬

    bindung darstellt. Sie besitzt die Bruttoformel C.gH.gO-. Die saure Hydrolyse die¬

    ses Glykosids erforderte relativ energische Bedingungen und führt zur Lankavose (I)

    und einem neuen Alkohol C. «H^gO.. Dieses Tetrol LVI setzt sich aus dem bisher

    nicht für sich erfassten Teil des Aglykons zusammen und enthält alle ursprünglichen

    Sauerstoffunktionen in Form primärer und sekundärer Hydroxylgruppen, da sich leicht

    ein Tetraacetat (LVII) bildet. Da diejenige Hydroxylgruppe, die sich aus dem Lacton-

    carbonyl des Lankamycins herleitet primär sein muss und die Verbindung LVI ge¬

    mäss NMR. -Spektrum vier C-Methylgruppen besitzt, kann die längste C-Kette dieses

    C. „-Bruchstücks höchstens neun C-Atome umfassen. Aus dem NMR.-Spektrum des

    Tetrols LVI bzw. seines Tetraacetates LVII lässt sich ferner folgern, dass alle

    C-Methyle als CHo-CH-Gruppen vorliegen, da die Signale im Bereich von 6 = 0,84 -

    1,18 ausschliesslich als Dublette vorliegen.

    Ferner muss man wegen der Methylketon-Gruppe im Diglykosid LI für das

    Tetrol die Gruppierung CH,-CH(OH)- annehmen. Da das Tetrol gegen Perjodat voll¬

    ständig inert ist, darf keine 1,2-Glykol-Gruppierung vorliegen.

    Ueber die Stellung der Hydroxylgruppen gibt ein Nebenprodukt aus der Säure¬

    hydrolyse von LV Auskunft, das durch Chromatographie abgetrennt und als kristalline

  • - 32 -

    Verbindung isoliert werden konnte. Das Produkt besitzt die Formel C, „H„ .0-

    (LVDI) und unterscheidet sich demnach durch den Mindergehalt eines Mols Wasser

    vom Tetrol C.,XgO. (LV). Es besitzt nur zwei freie Hydroxylgruppen, da sein

    Diacetat (LK) im Gebiet der OH-Banden keine IR. -Absorption zeigt. Die Verbindung

    ist demnach ein cyclischer Aether.

    Die beiden freien Hydroxylgruppen des Diols (LVUI) sind primär und sekundär,23)

    da sich das Diol mit Chrom(VI)-oxid stufenweise zu einem Hydroxyketon (LX)

    und einer Ketosäure (LXI) oxydieren lässt. Die letztere wurde als Methylester (LXH)

    isoliert und charakterisiert.

    Die beiden freien Hydroxylgruppen von LVIII müssen in 1,3-Stellung zueinan¬

    der liegen, da sich mit Aceton und wasserfreiem Kupfersulfat leicht ein Isopropyliden-

    derivat (LXHI) bildet. Die sekundäre Hydroxylgruppe darf ferner nicht einer

    CHo-CH(OH)-Gruppe angehören, da das Hydroxyketon (LX) und der Ketoester (LXH)

    nach NMR. -Spektrum keine Methylketone sind. Die im Tetrol LVI nachgewiesene

    CH3CH(OH)-Gruppe muss demnach in der Verbindung LVTII am Aetherring beteiligt

    sein. Der cyclische Aether kann ein Tetrahydrofuran oder ein Tetrahydropyran sein,

    da die spontane Bildung kleinerer oder grösserer Ringe nicht zu erwarten ist. Diese

    Befunde führen uns zur Partialformel B für den Dihydroxyaether LVUI.

    Im weitern konnte bewiesen werden, dass im Keton LIV der Methylketon-Grup-

    pierung eine Methylengruppe benachbart ist (CH„-CO-CH,). Das Keton reagiert mit

    Phenylmagnesiumbromid unter Bildung eines Tetrols (LXTV), dessen Triacetat (LXV)

    nach dem IR. -Spektrum noch eine freie Hydroxylgruppe besitzt. Der Eintritt einer

    Phenylgruppe geht aus der Verbrennungsanalyse, dem UV. -Absorptionsspektrum und

    dem NMR. -Spektrum hervor. Beim Erhitzen des Triacetates LXV mit Jod in Benzol

    wird ein Mol Wasser abgespalten unter Bildung des neuen Triacetates LXVI. Dieses

    ist wie aus dem UV. -Spektrum hervorgeht (X 247 mu, log £ 4,18) ein an der

    Doppelbindung dreifach substituiertes Styrol. Das NMR. -Spektrum zeigt u. a. das

    Signal eines einzelnen Vinylprotons bei & =5,61, das durch ein benachbartes Proton

    (an C-6) in ein Dublett aufgespalten ist (siehe Fig. 8).

    Durch long-range-Wechselwirkung mit den Protonen einer Methylgruppe an der

    Doppelbindung ist eine weitere Aufspaltung der beiden Linien des Dubletts zu insge¬

    samt acht Linien angedeutet, J~l cps. Das Signal der Methylgruppe an der Doppel¬

    bindung findet sich bei sehr ähnlichen 6 -Werten wie jenes für eine der drei Acetyl-

    gruppen, und darum ist die obige Kopplungskonstante nicht deutlich erkennbar. Der

    Nachweis eines einzigen Vinylprotons in der Verbindung LXVI beweist eindeutig das

  • - 33 -

    Vorliegen einer Methylengruppe in Stellung 7 und eines einzelnen Wasserstoffatoms

    an C-6 der Verbindungen LI bis LXV. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen

    lässt sich für denDioläther Cj-H-.O, eine erweiterte Partialformel C schreiben:

    C4H6<

    I-CH-C-CH0OH

    I I 2

    OH

    -CH-CH,I J

    -O

    (-CH3)3

    /CH-CHa-CH-CHo

    5C-O

    C'3H 1 -CH-C-CH2OHOH

    (-CH3)3

    B

    Ueber weitere Experimente, die vor allem die Gruppierung in der Nähe des pri¬

    mären Hydroxyls des Dioläthers (bzw. des Lactoncarbonyls des Lankamycins ) näher

    bestimmen und schliesslich eine eindeutige Strukturformel für das C-, -Bruchstück

    ergeben, wird im nachfolgenden Abschnitt berichtet.

    d) Ueber die alkalische Aufspaltung des Makrolidringes

    Bei der Behandlung des Darcanolids (XXXVH) mit N Natronlauge bei 100° wur¬

    den zwei Carbonsäuren erhalten, die mit Diazomethan verestert und durch Chroma¬

    tographie an Kieselgel voneinander getrennt wurden. Der eine der beiden Ester (LXVII),

    der noch alle C-Atome des Darcanolids mit Ausnahme der Acetylgruppe enthält, bil¬

    det ein sehr schwer destillierbares Harz, das keine befriedigende Analysenergebnis¬

    se gab. Aus den weitern Umsetzungen muss angenommen werden, dass ausser der

    Verseifung der Lacton- und der Acetylgruppe sowie der Veresterung der neu entstan¬

    denen Carboxylgruppe noch eine Wasserabspaltung stattgefunden hat. Da sich weder

    chemisch noch spektroskopisch eine Doppelbindung nachweisen Hess und da die Ver¬

    bindung nur noch vier Hydroxylgruppen besitzt, muss die Wasserabspaltung zu einem

    cyclischen Aether gemäss Formel LXVn eingetreten sein.

    Bei der energischen sauren Hydrolyse des Methylesters LXVII wird nicht nur

    die Lankavose (I) abgespalten, sondern es wird auch der Methylester verseift und ein

    neuer Lactonring gebildet. Das kristalline Produkt LXVin besitzt im IR. -Absorptions¬

    spektrum eine Bande bei 1708 cm für die Ketogruppe und eine Bande bei 1740 cm

  • - 34 -

    für die Lactongruppe, die demnach einem sechsgliedrigen Ring angehören muss. Das

    NMR. -Spektrum zeigt, dass die beiden im Ester LXVII nachweisbaren Methoxylgrup-

    pen verschwunden sind. Das Lacton gibt unter üblichen Bedingungen ein kristallines

    Diacetat (LXDC), das nach IR. -Spektrum noch eine freie, offenbar tertiäre Hydroxyl¬

    gruppe besitzen muss.

    Als Nebenprodukt kann bei der Säurehydrolyse des Methylesters ein zweites

    Lacton (LXX) isoliert werden, das auch aus dem Hauptprodukt bei der weitern Säure¬

    einwirkung entsteht. Es besitzt ein Wasser weniger als das gesättigte Lacton, und

    das hohe UV.-Absorptionsmaximum bei 213 mu weist auf ein oc, ß- ungesättigtes

    Lacton hin. Die IR. -Absorptionsbande bei 1715 cm entspricht der eines oc , ß-

    ungesättigten S -Lactons (die Maxima für die Keton- und Lactongruppe fallen nahezu

    zusammen). Dass nicht die tertiäre Hydroxylgruppe abgespalten wurde, geht aus dem

    IR. -Spektrum des Acetylierungsproduktes (LXX3) hervor, das durch ein Maximum

    bei 3540 cm" die Anwesenheit der tertiären Hydroxylgruppe beweist.

    Durch diese Reaktionen ist einerseits das Vorhandensein eines grossen Lacton-

    rings im Lankamycin, anderseits die 6 -Stellung einer Hydroxylgruppe zum Lacton-

    carbonyl bewiesen. Die im vorhergehenden Abschnitt aufgestellte Partialformel C

    für den Dioläther CioH24^3 (LVHI) kann weiter aufgelöst werden nach einer der bei¬

    den Alternativformeln D oder E:

    CH„-CH .I ù ICH ^^ \ / \ I

    CH„ O C-CH-C-CH„OH3

    , |2

    OH

    M H

    (-CH,)l3'3

    OHI I

    -0-CH-CH„-CH-C-CH0OHICH

    I

    3

    (-CH3)3

    fC3H4

    Für weitere Aufschlüsse über die Konstitution in der Umgebung der Lactongrup¬

    pe des Lankamycins sind die NMR. -Spektren der Lactone LXX und LXXI von Be¬

    deutung. Beide zeigen das Vorliegen einer Gruppierung -CH-CH=C(CHg)-COO- an,indem das Signal der Methylgruppe bei & =1,88 durch eine long-range-Wechselwir-

    kung mit einem einzelnen Vinylproton in ein Dublett (J = 1 cps) aufgespalten ist.

    Ferner kann das Vinylproton nicht in oc. -Stellung zum Carbonyl sein, da sein Signal

    bei 5 =6,68 nicht nur mit der Methylgruppe an C-2 sondern noch mit einem einzel¬

    nen Proton an C-4 in Wechselwirkung steht (Dublett J = 7 cps). Für den Lactonring

  • - 35 -

    ist somit Partialformel F bewiesen. Die lange Seitenkette der Partialformeln D und

    E für das Diol LVHI muss nun gemäss Formel G erweitert werden:

    \

    : oh

    . \ lO CH-CH-CH-CH„OH

    I I 2

    —C—

    ICH,

    G

    Das NMR. -Spektrum des Acetoxylactons LXXI lässt noch weitere Schlüsse zu

    in Bezug auf die Nachbarschaft des C-Atoms in 5 -Stellung zum Lactoncarbonyl (C-5K

    Bei & = 3,8 - 4,8 erkennt man die Signale von zwei Protonen, die den Protonen ne¬

    ben der Acetoxygruppe (am C-Atom 13, Formel LXXI) und nebem dem Ringsauer¬

    stoff der Lactongruppe (C-5) zukommen müssen. Das Signal bei 6 =4,55 entspricht

    dem Proton an C-13 und wird durch die beiden benachbarten Protonen an C-12

    und C-14 zu einem Triplett aufgespalten. Die grosse Kopplungskonstante

    J = 9 cps entspricht einer diaxialen Lage. Das Signal bei 6 =3,93 kann dem Proton

    an C-5 zugeordnet werden und liegt als Doppeldublett mit den Kopplungskonstanten

    J = 10 cps und J = 4 cps vor. Aus dieser Aufspaltung folgt, dass an C-4 und C-6 je

    ein Proton sitzen muss. Nach Partialformel E findet sich an C-5 eine Methylgruppe,

    was eine viel stärkere Aufspaltung des C-5 Protons bewirken würde. Formel E

    scheidet damit aus und die Formel D kann weiter aufgelöst werden zu Formel H:

    CHp— CH ^

    CH3-CH\ -CH-o'

    .(CH

  • - 36 -

    Da C-6 keine Methylgruppe sein darf, können nur noch C-6 und C* miteinan¬

    der identisch sein und das C-Atom neben C-4 muss eine Methylgruppe sein. Für

    die Stellung des zweiten Methyls kommt nur noch Stellung C-6 in Frage. Somit folgt

    aus den bisherigen Ableitungen eindeutig die Formel LVHI für den Dioläther, For¬

    mel LVI für das aliphatische C. „-Tetrol und demgemäss - mit Ausnahme der Stel¬

    lung der beiden Zucker - die Formel LI für das Cqry-Bruchstück des Perjodat-Ab¬

    baus.

    Aus den bisherigen Tatsachenmaterial folgt für das Aglykon die Partialformel

    J, in der das C-Gerüst und die Lage, aber nicht die Natur der Sauerstoffunktionen

    angegeben ist. Einzig die Lage des Lactoncarbonyls und des tertiären Hydroxyls

    können bereits definitiv festgelegt werden, da nur eine primäre und eine tertiäre

    Sauerstoffunktion vorhanden sind. Die Natur der übrigen sechs Sauerstoffe wird in

    den folgenden Abschnitten eingehend dargelegt.

    CH„

    CH0

    HO/

    /

    .CHo

    CH,

    O

    Ic

    o

    CH„

    CH„

    1

    o

    o

    Ic=o

    c

    ICH„

    .CH,

    O

    Ic

    CH„

    J

  • - 37 -

    e) Die Lage der Zuckerbausteine

    Diebeiden Zucker des Lankamycins, die Lankavose und die 4-O-Acetyl-arca-

    nose sind mit dem Aglykonteil offenbar glykosidisch verknüpft. Die Lage der Lanka¬

    vose geht aus den bisher angeführten Experimenten bereits endgültig hervor. Das

    Methylketal LI besitzt nur zwei Stellen, die für den Sitz der Lankavose in Frage kom¬

    men, nämlich die C-Atome 1 und 3. Da aber die primäre Hydroxylgruppe an C-l

    aus dem Lactoncarbonyl entstanden sein muss, fällt sie als Haftstelle für die Lanka¬

    vose aus und es bleibt nur noch die Stelle an C-3 übrig.

    Das kleinste Abbauprodukt das noch die Arcanose enthält, ist das Methylketon

    LI. Nachdem aus dem gleichen Grunde wie oben die Stellung an C-l als Sitz der

    Arcanose ausscheidet, kommen noch die Stellung 5 im Aglykonteil und die Stellung 2*

    der Lankavose in Frage. Der Entscheid zwischen diesen beiden Möglichkeiten geht

    aus folgenden Versuchen hervor:

    Das Methylketon LI wurde mit Acetanhydrid/Pyridin acetyliert und das ein¬

    heitliche Acetylierungsprodukt, das gemäss IR. -Absorptionsspektrum keine freie

    Hydroxylgruppe mehr besass, einer milden Methanolyse unterworfen. Neben 4-0-

    Acetyl-methylarcanosid (XVI) wurde das bekannte Diacetyl-methyl-cycloketal LUI

    mit je einer Acetylgruppe an C-l und C-2' erhalten. Das Hydroxyl an C-2* der

    Lankavose ist demnach in der Verbindung LI frei, und die Arcanose kann nur an

    C-5 des Aglykons stehen.

    Als Nebenprodukt der Methanolyse wurde das Monoacetat LXXV erhalten, das

    durch methanolytische Abspaltung der Acetylgruppe an C-l entstanden ist. Dass die

    Acetylgruppe an C-2' der Lankavose erhalten blieb, geht aus dem NMR. -Spektrum

    hervor. Von S = 4,0 - 5,0 finden sich die Signale der Protonen an C-l* und C-21

    der Lankavose. Wäre das Hydroxyl an C-2' nicht mehr acetyliert, müsste eine Ver¬

    schiebung des Signals für das Proton an C-2' nach kleinern 8 -Werten erfolgt sein.

    f) Die Lage der Ketogruppe

    Ueber die Lage der Ketogruppe im Gerüst des Aglykons gibt das zweite Produkt

    aus der alkalischen Hydrolyse des Darcanolids Aufschluss. Ausser der dem Ester

    LXVn entsprechenden Säure, wurde noch eine zweite Säure LXXU wiederum in

    Form ihres Methylesters LXXHI, sowie eine Reihe flüchtiger Carbonylverbindungen

  • - 38 -

    erhalten. Die letztern wurden als 2,4-Dinitrophenylhydrazone an Kieselgel aufge¬

    trennt und in der üblichen Weise identifiziert. Es handelte sich um Acetaldehyd,

    Propionaldehyd, 2-Methyl-crotonaldehyd und 2-Methyl-penten-(2)-al, also die glei¬

    chen Produkte wie sie durch Retroaldolspaltung aus dem C.. -Bruchstück XLI er¬

    halten wurden. Die gleichen Aldehyde wurden auch aus dem Lankamycin selbst und

    dem Monoacetyl-lankolid erhalten und bilden sich offenbar ebenfalls durch eine Retro¬

    aldolspaltung aus den C-Atomen 11 bis 16.

    Der Methylester LXXm ist ein schwer destillierbares Harz und ergab keine be¬

    friedigende Analysenwerte. Ausser der Carbomethoxygruppe (V (CO) = 1732 cm" )

    besitzt diese Verbindung noch eine Ketogruppe (v (CO) = 1707 cm" ), die mit der

    ursprünglichen Ketogruppe identisch sein dürfte. Nach dem NMR. -Spektrum ist das

    Vorliegen einer Methylketongruppe ausgeschlossen. Der Ketoester wurde mit Lithium¬

    aluminiumhydrid reduziert. Das Reduktionsprodukt ist ein 1,2-Glykol, denn es lässt

    sich unter Verbrauch von einem Mol Perjodsäure spalten. Dieser oxydative Abbau

    ergab Propionaldehyd (als 2,4-Dinitrophenylhydrazon) und ein Methylketon. Das

    letztere erwies sich als identisch mit dem auf anderem Wege erhaltenen und in seiner

    Konstitution aufgeklärten Produkt LIV und wurde weiter als Methyl-cycloketal LH

    identifiziert. Aus diesem Abbau geht die Struktur des Reduktionsproduktes LXXTV und

    damit des Ketoesters LXXm eindeutig hervor. Da die Retroaldolspaltung zwischen

    dem oc- und dem ß-ständigen C-Atom (in Bezug auf die Ketogruppe) eingetreten

    sein muss, ist bewiesen, dass die Sauerstoffunktion an C-9 des Aglykons als Keto¬

    gruppe vorliegt.

    Eine Bemerkung sei noch erlaubt über die gleichzeitige Entstehung der beiden

    Säuren LXVn a und LXXII aus Darcanolid. Es handelt sich offenbar um eine Kbn-

    kurrenzreaktion. Die offenkettige Polyhydroxyketosäure, die zunächst durch Versei¬

    fung der Lacton- und der Acetoxygruppe entsteht, ist in alkalischem Milieu einerseits

    zur Aldolspaltung, anderseits zum Aetherringschluss befähigt. Wenn der Ringschluss

    einmal erfolgt ist, wird eine weitere Spaltung verunmöglicht. Dies erfordert aber,

    dass der zur Ketogruppe ß -ständige Sauerstoff am Ring beteiligt ist, was gemäss

    der Formulierung LXVn tatsächlich der Fall ist.

  • - 39 -

    g) Die Lage der Acetoxygruppe und des Ringsauerstoffs der Lactongruppe

    Für die Lage dieser beiden funktionellen Gruppen stehen noch drei Stellen, näm¬

    lich die C-Atome 11, 13 und 15 zur Verfügung. An einem der drei C-Atome findet

    sich ausserdem noch eine freie Hydroxylgruppe.

    Aus den NMR. -Spektren von Monoacetyl-lankolid und Darcanolid konnte ver¬

    mutet werden, dass keine der beiden Acyloxygruppen (Acetoxy- bzw. Lactongruppe)

    neben einer Methylgruppe liegt. Die Signale der beiden fraglichen Protonen neben den

    Acyloxygruppen überlagern sich zwar weitgehend, und eine klare Auflösung in die ein¬

    zelnen Linien ist nicht zu erkennen. Der zwei Protonen umfassende entsprechende

    Signalhaufen bei 6 = 4,85 - 5,10 besass die Form eines Dublettes mit breiten Aesten,

    und kann am besten als die Ueberlagerung zweier Doppeldublette aufgefasst werden.

    Demnach sollte die freie Hydroxylgruppe an C-15 neben der endständigen Methyl¬

    gruppe liegen.

    Diese Annahme konnte bestätigt werden, indem sich die fragliche Hydroxyl-23)

    gruppe im Darcanolid mit Chrom(Vl)-oxid' selektiv zu einer Ketogruppe oxydie¬

    ren liess. Im NMR. -Spektrum des Qxydationsproduktes (LXXVI) erkennt man neben

    dem Singlett für die Acetylgruppe bei S =2,18 ein zweites Singlett bei & =2,15 das

    der Methylketon-Gruppierung zukommt.

    Als Haftstellen für die beiden Acyloxygruppen bleiben damit nur noch die C-Ato¬

    me 11 und 13 übrig. Durch eine interessante Reaktionsfolge des Lankamycins konnte

    auch diese Frage gelöst werden.

    Die Ketogruppe im Lankamycin konnte mit Natriumborhydrid selektiv zu einer

    sekundären Hydroxylgruppe reduziert werden. Das Dihydrolankamycin (LXXVII) war

    ein amorphes Pulver, war aber gemäss Dünnschichtchromatogramm einheitlich. Das

    NMR. -Spektrum zeigt die beiden ursprünglichen Acetylgruppen ( S =2,13, s, 6H).

    Das kristalline Acetylierungsprodukt LXXVH1 ist ein Tetraacetat und besass im

    IR. -Absorptionsspektrum noch eine OH-Bande bei 3540 cm" . Beim Versuch durch

    milde Methanolyse die 4-O-Acetylarcanose abzuspalten trat eine überraschende Reak¬

    tion ein. Aus dem Hydrolysegemisch liess sich wie erwartet der Zucker als Methyl-

    glykosid abtrennen. Das zweite kristalline Produkt besass aber nicht wie erwartet

    die Bruttoformel CooHggO..«, sondern die Analysenwerte entsprachen der Zusam¬

    mensetzung C„2H-g01... Eine Doppelbindung liess sich aber nicht nachweisen.

    Ueberraschend war nun aber vor allem das Fehlen des Acetyl-Singletts im NMR. -

    Spektrum. Dagegen trat ein neues Singlett bei 6 =1,47 (3 H) auf.

  • - 40 -

    Die Zahl der C-Methylgruppen bei h = 0,77 - 1,27 war die gleiche wie im Dar-

    canolid. Das Singlett bei 6 =1,47 muss demnach einer Orthoacetat-Gruppierung an¬

    gehören, und das Produkt besitzt die Könstitutionsformel LXXDC. Die Orthoacetat-

    Gruppierung konnte auch chemisch bewiesen werden, da die obige Verbindung bei der

    sauren Hydrolyse ein Mol Essigsäure lieferte, die als p-Phenyl-phenacylester iden¬

    tifiziert wurde. Durch übliche Acetylierung wurde aus der Verbindung LXXDC ein

    Triacetat erhalten (LXXX), das im NMR. -Spektrum neben den drei Acetyl-Singlet¬

    ten bei 5 =2,03 ; 2,08 ; 2,13 wiederum das C-Methyl-Singlett der Orthoacetat-

    Gruppe bei & =1,55 aufweist. Das IR.-Absorptionsspektrum besass keine OH-Bande

    mehr, was beweist, dass die ursprüngliche tertiäre Hydroxylgruppe an C-8 Bestand¬

    teil der Orthoacetat-Gruppierung geworden ist. Schliesslich konnte auch hier gezeigt

    werden, dass die Sauerstoffunktion an C-15 eine freie Hydroxylgruppe ist, da mit23)

    Chrom(VI)-oxid'ein Methylketon LXXXI erhalten wurde. Das NMR. -Spektrum be¬

    weist die Methylketongruppierung durch ein Singlett bei & =2,13 und die Orthoacetat-

    Gruppierung durch ein Singlett bei 8 = 1,52.

    Um die Orthoacetat-Gruppierung in dieser Verbindungsreihe zu erhärten, wurde

    das NMR. -Spektrum des Orthoessigsäure-triäthylesters aufgenommen. Das Signal

    der Methylgruppe liegt bei S =1,33 also in sehr ähnlicher Lage wie das für die

    Lankamycin-Derivate.

    Orthoacetate sind von Bart on und Mitarbeitern unter ähnlichen Bedingungen24)

    in der Ce vin-Reihe' erhalten worden. Die von ihnen gefundenen charakteristi¬

    schen IR. -Absorptionsbanden für die Orthoacetat-Gruppierung bei ca. 1400 cm" fin¬

    det sich auch in den Spektren der Lankamycinderivate.

    Eine solche Orthoacetat-Gruppe ist natürlich nur möglich, wenn die drei an ihr

    beteiligten Sauerstoffatome in günstiger Stellung zueinander stehen. Mit einer Acetyl¬

    gruppe in Stellung 13 des Aglykons wäre die Bildung eines Orthoesters kaum denkbar.

    Die Acetylgruppe muss daher an C-11 stehen und für das Ringsauerstoffatom der Lac-

    tongruppe bleibt nur noch C-13 übrig. Die Konstitution des Lankamycins im Sinne der

    Formel XXXVI ist damit bewiesen.

    Für mehrere Makrolidantibiotika ist experimentell bewiesen worden, dass der

    Lactonring biogenetisch durch Verknüpfung mehrerer Propionat- und unter Umstän¬

    den Acetateinheiten -analog der biologischen Fettsäuresynthese aus Acetateinheiten-2)

    aufgebaut wird (das etwas abseits stehende Magnamycin sei hier ausgenommen).

    Beim Methymycin und Pikromycin sind fünf Propionat- und eine Acetateinheit27) 28)

    eingebaut ; das Narbomycin und das Oleandomycin lassen sich aus sechs

    Propionat und einer Acetateinheit zusammensetzen. Beim Erythromycin und seinen

  • - 41 -

    22)29)

    Begleitern' (Erythromycin B und C) werden sieben Propionaieinheiten einge¬

    baut. Das Aglykon des Lankamycins lässt sich in acht Grundbausteine zerlegen - sie¬

    ben Propionatreste und einen Acetatrest. Neuartig ist hier, dass das Endglied der

    Kette nicht mehr am Lactonring beteiligt ist. Die Ringgrösse mit 14 Ringgliedern ist

    damit die gleiche wie beim Erythromycin, dem Oleandomycin und dem Narbomycin.

    ho-AyAv\h3CH3 CH3

    jAj^JV^m^k^J vj

    7 6 5 4 3 2 1

    Figur 5

    0 ppm

    och3

    CH30-

    CH3 CH3 CH2OAc

    l+h\***Mw. *mv«M^.,**, wtMj^»*-W [J

    "'

    i

    0 ppm

    Figur 6

  • - 42 -

    0 ppm

    OCH3

    "°AOAc 0*Tr^CH3

    ^CH3 1H CH3 CH2OAc0 __ .

    *\ "^~^--h Tma/«'1 «1

    «*.,—' A^^^M^sA^^wcuiiy^ "^ ^ "^-^ V^wi

    876543210ppm

    Figur 8

  • 10Figur

    ppm087654321

    9Figur

    ppm076543218

    .I

    I....

    I

    .I.I...I'....I 11

    aJUJ^1^^^^„

    ~^\!

    III"».

    JT/'fM1

    IAtCHfV0Ac\

    1hJI

    0^VCH3qA^CHs

    CH3CH31HOHi''^TH/T

    iH1/vHCH,

    „^CH3A

    0

    -43-

  • - 44 -

    AcO'

    CHo v OCH« OCH„

    OCH3

    XXXVI

    OH OR

    xxxvn R = C7H130, (Lankavose-Rest)

    OR OR

    xxxvm R =H

    XXXDC R = CHgCO

  • - 45 -

    ÖHC\CH3OH OH

    XLIa

    XLIb R = H

    XLH R = CHgCO

    > R

    XL

    CHgCHO XLK

    XLVHCH3CH2CHO

    CHgCH=C-CHO L

    iH3CH,CH„CH=C-CHO XLVm

    CH0

    CH,

    XLm R = H

    XLIV R = CHgCO

    CH„

    -* CHgCH2-CO-CH3 + XLVII + XLVm

    XLV

  • - 46 -

    OR

    CH3-OR OR

    CH2OR

    CHg CHg CH3Lvm

    LVI R = H LVH R = CHgCO

  • - 47 -

    CH3s

    CH2OH

    LX LK R = CH3CO

    CH3\CH3 v/CH3

    LXI R =H

    LXn R = CHg

    Lxm

    OCH0

    OCH3

    LXI R =H

    LXfl R = CH3CO

    Aco.

    t>\ /CH3c

    OAc OO^ NC*Z

    CH2OAc

    CH3 CH3CHa CHq

    LXVI

  • - 48 -

    OCH„

    LXVni R =H

    LXIX R = CHgCO

    LXX R =H

    LXXI R = CHgCO

  • - 49 -

    OCH„

    xxxvn

    O CH2CH3

    XLX + XLVH + L + XLVHI

    LXXn R =H

    LXXIH R = CH„

    XLVH

    LIV

    CHOHICH,

    CH„LXXIV

    OCH„

  • - 50 -

    CHo OCH, OCH0

    LXXX R = CHoCO

    LXXK R =H

    LXXVI

    LXXXI

  • - 51 -

    EXPERIMENTELLER TEIL

    Allgemeine Bemerkungen

    Die IR. -Absorptionsspektren wurden mit einem Perkin-Elmer-Spektrographen,

    Modell 21, die UV.-Absorptionsspektren mit einem Beckman-Spektrographen (Mo¬

    dell DK 1) bestimmt.

    Die NMR. -Spektren wurden mit einem Varian-Spektrometer, Mod. A-60 auf¬

    genommen. Als interne Referenz diente Tetramethylsilan. Chemische Verschiebun¬

    gen sind in 5 -Werten (in ppm), Spin-Spin-Wechselwirkungen (J) in Hertz angege¬

    ben. Die Aufspaltung von Signalen wurde wie folgt abgekürzt: s = Singlett, d = Dub-

    lett, t = Triplett, q = Quadruplet*, m = Multiplett. Die Zahl der einem Signal

    entsprechenden Protonen ist in Klammern mit "n H" beigefügt.

    Für die Dünnschichtchromatogramme wurde Kieselgel G der Firma Merck A. G.,

    Darmstadt verwendet. Die Platten wurden bei 140 aktiviert und die Flecken durch

    Besprühen mit konz. Schwefelsäure und Erwärmen auf ca. 160 sichtbar gemacht.

    Präparative Chromatogramme wurden mit Kieselgel Merck (unter 0,08 mm und 0,2-

    0,05 mm) ausgeführt.

    Die Smp. sind nicht korrigiert; die Sdp. beziehen sich auf die Blocktempera¬

    tur.

    Unter "üblicher Acetylierung" wird verstanden: Die Verbindung wurde mit

    einem Ueberschuss Pyridin-Acetanhydrid-Gemisch über Nacht bei Zimmertempera¬

    tur stehen gelassen und anschliessend im Vakuum eingedampft.

    Bei der Lithiumaluminiumhydrid Reduktion wurde wie folgt "in der üblichen

    Weise" aufgearbeitet: Der Ueberschuss des Reduktionsmittels wurde mit Aethylacetat

    zerstört und der Lithiumaluminium-Komplex mit gesättigter Natriumsulfatlösung zer¬

    setzt. Die Lösung wurde mit Natriumsulfat getrocknet, abfiltriert und eingedampft.

  • - 52 -

    LankamYçinjXKXyi). Grosse, farblose Kristalle aus Aether. Smp. 146,5 -

    147,5°. Zur Analyse wurde ein Präparat 8 Tage bei 100 im Hochvakuum getrock¬net.

    C42H72°16 Ber- C 60>55 H 8'71 % Gef* C 60'45 H 8>78

  • - 53 -

    sehr schwacher Fleck erkennen, dagegen entsteht mit Anilin-Diphenylamin-Sprüh-

    reagens (Sigma Chem. Comp. ) ein intensiv blauer Fleck.

    F e h 1 i n g' sehe Lösung wird in der Wärme reduziert. Die Farbreaktion nach

    Keller - Kiliani ist tief blau. Gegen Perjodsäure ist Acetyl-arcanose inert.

    Diacetyl-arcanose. Acetyl-arcanose wurde in der üblichen Weise acetyliert

    und im Hochvakuum bei 110 destilliert. Farbloses Oel.

    IR.-Absorptionsspektrum in CCI.: v(OH)-Gebiet keine Absorption; starke

    Banden bei 1740 und 1232 cm . Es ist ähnlich, aber nicht identisch, mit dem

    unter gleichen Bedingungen aufgenommenen Spektrum von Diacetyl-cladinose.

    NMR.-Spektrum in CDCl,: siehe Figur 3.

    Monoacetyl-lankolid (XXXVQI). Das Chloroform-Eluat der Hydrolyse von

    Lankamycin wurde in Aceton gelöst und bis zur beginnenden Trübung mit Petrol-

    äther versetzt. Das Monoacetyl-lankolid kristallisierte dabei in farblosen gebüschel-

    ten Nadeln. Ausbeute 5,0 g. Zur Analyse wurde ein Präparat 8 Tage bei 80 im

    Hochvakuum getrocknet. Die Kristalle wandeln sich bei 100 ohne chemische Ver¬

    änderung um und schmelzen bei 172-174 . [oc]_ =-27,8 (c = 1,16 in Feinsprit).

    C25H44°9 Ber* C 61'45 H 9'08 % Gef* C 61'33 H 9,10%

    IR.-Absorptionsspektrum in Nujol: v (OH) 3370 cm" ; V (CO) 1750, 1717,

    1700 cm"1.

    NMR.-Spektrum in CDClgi u.a. & =0,78 - 1,36 (Signalhaufen, 24 H; 8 CHg-C);2,10 (s, 3H; O-Acetylgruppe).

    UV.-Absorptionsspektrum in Feinsprit: X 288 mu, log £ 1,54.

    Tetraacety_l-lankolid_ (XXXDC). Kristallisierte in langen Nadeln aus Aether-Pentan.

    Smp. 217°.

    C31H50°12 Ber* C 60'57 H 8,2° % GeU C 60'60 H 8'19

    -;

    -l

    IR.-Absorptionsspektrum in Nujol: V (OH) 3480 cm" , V (CO) 1755, 1730,

    1710 cm

    NMR.-Spektrum in CDClg: u.a. & = 0,77 - 1,35 (Signalhaufen, 24 H; total

    8 CH3-C) 2,06 (s, 12 H ; 4 O-Acetylgruppen).

  • - 54 -

    Monqacetyl;lankoJ.id-n^ethylcxctokej;al_(XI:i)1 200 mg Monoacetyl-lankolid wurden

    über Nacht mit 10 ml 2-proz. methanolischer Salzsäure stehen gelassen, mit

    festem Silbercarbonat neutralisiert und eingedampft. Der Rückstand kristallisierte

    aus Aceton-Hexan und lieferte in praktisch quant. Ausbeute das Methylcycloketal

    (XL). Smp. 217-218°.

    C26H46°9 Ber' C 62>13 H 9'23 % GeL C 61'95 H 9'21 %

    IR.-Absorptionsspektrum in KBr: V(OH) 3440 cm" , V (CO) 1720 cm" (brei¬

    te Bande).

    NMR.-Spektrum in CDClgi u.a. 6 = 0, 77 - 1,38 (Signalhaufen, 24 H; total

    8 CH3-C) 2,00 (s, 3 H; O-Acetylgruppe) 3,25 (s, 3 H; OCHg).Das Methyl-cycloketal (XL) liess sich durch Stehenlassen mit verd. wässriger

    Salzsäure quantitativ in Monoacetyl-lankolid zurückverwandeln.

    Lankavose (1b). Die Mutterlaugen des Monoacetyl-lankolids wurden eingedampft

    und im Hochvakuum destilliert. Das Destillat (ca. 600 mg) kristallisierte sofort

    und wurde zur Analyse nochmals bei 60-70 (0,01 Torr) sublimiert. Derbe Stäb¬

    chen mit Smp. 93-94°.

    C7H14°4 Ber" C 51'85 H 8'7° 1CH3(C) 9,2.7 1 OCHg 19,14 %

    Gef. " 51,95 " 8,77 » 9,29 " 19,04 %

    [oc!. = + 121,5° (nach 15 Min.); +76,8° (nach 24 Std.; c = 4,1 in Feinsprit).Dt. -Absorptionsspektrum in CHClg-, V(OH) 3580, 3380 cm" .

    NMR.-Spektrum in CDClgt u.a. & =1,17 (d,J=6,5, 3 H; CRg-CH); 3,33

    (s, 3H; OCH3).Papierchromatographie in n-Butanol-Eisessig-Wasser (4:1:1) Rf 0,68.

    Lankavose lässt sich sowohl mit ammoniakalischem Silbernitrat wie auch mit Anilin-

    Phthalsäure leicht nachweisen. Mit dem letzteren Reagens entstehen braune Flecken

    mit intensiver Fluoreszenz.

    Die Keller -Kiliani-Reaktion ist negativ.

    Aus dem Destillationsrückstand der Lankavose konnte nach erneuter Chromato¬

    graphie an Kieselgel noch etwas Monoacetyl-lankolid gewonnen werden.

  • - 55 -

    pj.j^etYyaJikayose_^3Q^. 20 mg Lankavose wurden mit je 1 ml Pyridin und

    Essigsäureanhydrid über Nacht bei 20 stehen gelassen. Die Lösung wurde im

    Vakuum eingedampft und der Rückstand bei 75 Blocktemperatur (0,01 Torr) destil¬

    liert. Man erhielt 22,5 mg chromatographisch einheitliches, farbloses Oel.

    C11H18°6 Ber- C 53'65 H 7>37 2CHgC0 34,96%Gef. C 53,78 H 7,40 2CH3C0 33,66%

    Das IR.-Absorptionsspektrum in CHC1, zeigt in der Gegend von 3500 cm"

    kein Maximum.

    Methyllankavosid (IX). 300 mg Lankavose wurden mit 10 ml 2-proz. metha¬

    nolischer Salzsäure über Nacht stehen gelassen und anschliessend noch 1 Std. auf 60

    erwärmt. Die Lösung wurde mit festem Silbercarbonat neutralisiert, abfiltriert und

    im Vakuum eingedampft. Der Rückstand kristallisierte aus Aether-Hexan in feinen

    Nadeln. Smp. 100-101°. [oc]D

    =-22,8° (c = 1,62 in Feinsprit).

    C8H1604 Ber. C 54,53 H 9,15 % Gef. C 54,42 H 9,20 %

    IR.-Absorptionsspektrum in CHClgi V(OH) 3590 cm" .

    NMR.-Spektrum in CDC1,: siehe Figur 1.

    2-Acetyl-methyllankavosid (X). Methyllankavosid wurde in der üblichen Weise

    acetyliert und das Acetylierungsprodukt bei 60 /0,06 Torr destilliert. Nach

    kurzem Stehenlassen erstarrte das farblose Oel. £>mp. 38-39°.

    [ot]D = -15,9° (c = 1,70 in Feinsprit).

    C10H18°5 Ber# C 55'03 H 8'31 % Gef" C 54'96 H 8,15 %

    IR. -Absorptionsspektrum in CCI«: V (CO) 1750 cm ; keine Absorption im

    V(OH)-Gebiet.

    NMR.-Spektrum in CO«: siehe Figur 2.

    Methanolyse des Lankamycins. 500 mg Lankamycin wurden mit 20 ml

    2-proz. methanolischer Salzsäure über Nacht bei Zimmertemperatur stehen gelas¬

    sen. Die klare Lösung wurde mit festem Silbercarbonat neutralisiert, abfiltriert

    und im Vakuum zur Trockene eingedampft. Der Rückstand zeigte im Dünnschicht-

    chromatogramm (Benzol-Aethylacetat 1:1) zwei Flecken mit den R.-Werten 0,72

    und 0,05. Das Methanolysegemisch wurde an 30 g Kieselgel chromatographiert.

  • - 56 -

    Das Produkt mit R, 0,72 konnte sehr leicht mit Chloroform eluiert werden und wur¬

    de durch Destillation bei 50 /0,02 Torr gereinigt. (Acetyl-methylarcanosid XVI).

    C11H20°5 Ber' C 56'88 H 8»68 % Gef- C 56,69 H 8,65 %

    [

  • - 57 -

    weichende Luft mit frisch bereiteter Bariumhydroxid-Lösung aufgefangen. Nach

    1 Std. war die Bildung von Bariumcarbonat beendet. Der Niederschlag wurde abzentri-

    fugiert, mit Wasser und Aceton gewaschen und im Exsikkator getrocknet. Man erhielt

    41 mg Bariumcarbonat (84 % der Th.).

    4-Hydroxyj-2-meüio_xy_-valeraldehyd-cjclo-halbaeetal (IIb). Zu 216mg Lankavose

    in 10 ml Wasser wurden 500 mg Perjodsäure gegeben und das Gemisch über Nacht

    stehen gelassen. Die Lösung wurde darauf während mehreren Stunden kontinuierlich

    mit Aether extrahiert, der Extrakt getrocknet und eingedampft. Der Rückstand wurde

    durch Destillation bei 85 (10 Torr) gereinigt. Man erhielt 150 mg dünnflüssiges

    Oel. Im Dünnschichtchromatogramm war ein einziger Fleck mit Rf 0,65 zu erkennen

    (Aethylacetat). Im JK. -Absorptionsspektrum ist keine Carbonylbande vorhanden.

    2-Methoxy-pentan-lt4-diol (in). 150 mg des Cyclohalbacetals (IIb) wurden in 20 ml

    abs. Dioxan gelöst, zu 500 mg Lithiumaluminiumhydrid in 50 ml Dioxan zugetropft

    und eine Std. auf 100 erhitzt. Das überschüssige Reagens wurde mit etwas gesättig¬

    ter wässr. Natriumsulfatlösung zersetzt und die Lösung mit wasserfreiem Natrium¬

    sulfat getrocknet. Beim Eindampfen erhielt man 120 mg eines zähflüssigen Oels, das

    im Dünnschichtchromatogramm 2 Flecken gab: Ausgangsmaterial (R. 0,65) und Re¬

    duktionsprodukt (Rf 0,23).Das Rohprodukt wurde an 10 g Kieselgel chromatographiert. Das Ausgangsma¬

    terial (ca. 10 mg) Hess sich mit Aether eluieren. Die Aethylacetat-Fraktionen gaben

    100 mg chromatographisch einheitliches Diol (HI), das man bei ca. 90° (0,01 Torr)

    destillierte.

    C6H14°3 Ber# C 53'71 H 10'52 OCH3 23'13 *Gef. C 53,73 H 10,57 OCHg 23,29 %

    NMR.-Spektrum in CDClg: & =1,21 (d, J=6,3; 3 H anC-5); 1,5-1,85

    (m; 2 H an C-3); 3,19 (s; durch Säurezugabe nach höheren Frequenzen verschoben;

    2 alkoholische H); 3,44 (s; 3 H; O-Methyl); 3,55-4,3 (m; 4 H an den C-Atomen 1,

    2 und 4).

    Abbau des Diols HI. 77 mg 2-Methoxy-pentan-l,4-dioI aus dem Lankavose-Abbau

    wurden mit 1 ml 48-proz. Bromwasserstoffsäure 20 Min. auf 100 erhitzt, die

    braune Lösung mit 10 ml Wasser verdünnt und mit festem Silbercarbonat neutralisiert.

    Dann wurde vom Silberbromid abfiltriert und in das Filtrat Schwefelwasserstoff einge¬

    leitet, bis alles Silber ausgefällt war. Die Lösung wurde filtriert, 500 mg Perjod-

  • - 58 -

    säure zugegeben und die Lösung langsam auf 80 erwärmt. Durch die Lösung wurde

    ein langsamer Stickstoffstrom in eine Vorlage mit 200 mg 2,4-Dinitrophenylhydra-

    zin in 100 ml N Salzsäure geleitet. Nach 3 Std. wurden die ausgefallenen 2,4-Di-

    nitrophenylhydrazone abgenutscht. Das Dünnschichtchromatogramm mit Benzol zeig¬

    te zwei Flecken, die mit Formaldehyd- bzw. Crotonaldehyd-2,4-dinitrophenylhydrazon

    übereinstimmten. Die rohen Derivate wurden an 15 g Kieselgel mit Benzol chromato¬

    graphisch getrennt. Die Fraktionen wurden aus Feinsprit umkristallisiert und erwie-30)

    sen sich nach Mischsmp., IR. -Absorptionsspektrum und Papierchromatographie

    als Formaldehyd- bzw. Crotonaldehyd-2,4-dinitrophenylhydrazon.

    Laakayose aus Chalcomycin. Aus den Kulturen eines Streptomyces-Stammes

    (ETH 21066), dessen artspezifische Merkmale mit denen des Typus-Stammes7)

    von Streptomyces albogriseolus Benedict et al. übereinstimmten, konnte durch

    Extraktion mit Aethylacetat, Chromatographie an Aluminiumoxid und Umlösen aus31)

    Aethylacetat-Petroläther ein Antibioticum abgetrennt werden , dessen Eigenschaf¬

    ten, insbesondere auch die Absorptionsspektren im UV. und IR. sowie die spezifi-20)

    sehe Drehung und die elementare Zusammensetzung, mit denen des Chalcomycins

    übereinstimmten.

    280 mg Chalcomycin wurden mit 15 ml Dioxan und 20 ml 0,1 N Schwefelsäure

    2 Std. auf 80 erhitzt, mit Bariumcarbonat neutralisiert und filtriert. Der Eindampfungs-

    rückstand des Filtrats wurde darauf im Hochvakuum bei 130 Badtemperatur destil¬

    liert, wobei die rohe Lankavose als farbloses Oel überging; das Aglykon blieb als

    bräunlicher Destillationsrückstand zurück. Das Destillat wurde an 5 g Kieselgel

    chromatographiert und das einheitliche Aethylacetat-Eluat erneut bei 70 (0,05 Torr)

    destilliert. Das Destillat erstarrte kristallin und erwies sich nach IR. -Absorptions¬

    spektrum, Dünnschicht- und Papier-Chromatographie als identisch mit der Lanka¬

    vose.

    Abbau der Acetyl-arcanose

    Arcanose (XVII). 1 g Acetyl-arcanose in 40 ml abs. Aether wurdenunter Rühren in

    kleinen Portionen mit 500 mg Lithiumaluminiumhydrid versetzt und 3 Std. bei Zim¬

    mertemperatur weitergerührt. Das Gemisch wurde wie üblich aufgearbeitet und liefer¬

    te 669 mg öliges Reaktionsprodukt, das an 15 g Kieselgel chromatographiert wurde.

    Die ersten 150 ml Aether eluierten ca. 100 mg Gemisch aus Ausgangsmaterial und

    einem nicht näher untersuchten Nebenprodukt. Weitere 200 ml Aether enthielten

  • - 59 -

    200 mg Arcanose, während die nachfolgenden Fraktionen (ca. 150 ml Aether) 200 mg

    Arcanosit (siehe unten) enthielten.

    Aus den mittleren Fraktionen kristallisierte die Arcanose beim Stehen in vier¬

    eckigen Tafeln aus, die bei 90° im Hochvakuum sublimiert wurden. Smp. 96-98°.

    C8H16°4 Ber# C 54'53 H 9'15 % Gef* C 54'31 H 8»95 %

    [oc]n

    = -19,2° (nach 15 Min.); -20,9° (nach 20 Std. ; c = 4,56 in Feinsprit).-1

    Das IR. -Absorptionsspektrum in CHCL, zeigt Banden bei 3560 und 3400 cm

    und ist in der V (CO)-Region leer.

    Arcanosit (XHI). 1 g Acetyl-arcanose wurdenin50ml trockenem Dioxan gelöst

    und mit 1 g Lithiumaluminiumhydrid in 100 ml Dioxan vermischt. Nach 6-std.

    Kochen unter Rückfluss wurde in üblicher Weise aufgearbeitet. Das gemäss Dünn¬

    schichtchromatographie einheitliche Reduktionsprodukt, 750 mg zähflüssiges Oel,

    wurde bei 110° (0,05 Torr) destilliert.

    C8H18°4 Ber' C 53>91 H 10'18 % Get' C 53'90 H 9'71 %

    [ot]D =-2,0° (c = 5,76 in Feinsprit),Das NMR. -Spektrum in CDC1„ zeigt u. a. in der C-Methyl-Gegend ein Dublett

    bei 5 = 1,23 (J = 6,5; 3 H) und ein Single« bei S = 1,27 (3 H); das O-Methyl-Sign