Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi...

119
6

Transcript of Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi...

Page 1: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

6

Page 2: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

FestschriftFestschriftFestschriftFestschriftFestschrift

Page 3: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Impressum

Herausgeber: Städtisches Gymnasium PetershagenKonzeption und Redaktion: Wolfgang Battermann / Joachim RadiGrafik und Layout: Hans-Ulrich Luckfiel

Petershagen, September 1999

Anne

tte

Man

drys

ch (e

hem

alig

e Sc

hüle

rin) -

198

9

Page 4: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

FestschriftFestschriftFestschriftFestschriftFestschrift zum 75-jährigen Jubiläum desStädtischen Gymnasiums Petershagen

Page 5: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

AnsichtenAnsichtenAnsichtenAnsichtenAnsichten

EntwicklungenEntwicklungenEntwicklungenEntwicklungenEntwicklungen

GeschichtlichesGeschichtlichesGeschichtlichesGeschichtlichesGeschichtliches

6

8

14

22

26

28

32

38

42

46

48

54

64

68

74

78

80

Joachim Thiele

Jürgen Frese

Wolfgang Battermann,Joachim Radi,

Wolfgang Battermann,Joachim Radi

Günther Drees

Günther Drees

Hermann Kleinebenne

Heiner Schultz-Gutschke

Rolf Kohlmeier

Hartmut Bruns

Raimund Knoll

Klaus Lewin,Heinrich Rötger

Matthias Bronisch

Willi Seele

Ellen Schäpsmeier,Ingmar Weber

Kathrin Loer

Thomas Traue

Grußwort der Stadt Petershagen

Festschrift – warum, wozu?

Eine Schule verändert ihr Gesicht –Das Gymnasium Petershagen

Zeittafel

Die Existenzkrisen der Staatlichen

Aufbauschule Petershagen 1932 und 1935

Misshandlung des „Kristallnacht“-Kritikers

Paul Drees (Petershagen/Weser)

am 18. November 1938

Von der Schule in den Krieg

Plauderei über eine Schulbibliothek

Verborgen, nicht verloren:

Schätze im Archiv (Biologie)

Wie lange wirkt ein Physiklehrer?

Der Siegeszug der technischen Medien

in der Schule

„Kultur auf dem Lande“

In Petershagen

Heiteres aus dem Unterricht

und von einer Studienfahrt

Analytische Retrospektive eines Brotes

Gedanken zum Jubiläum

„Was Hänschen nicht lernt...“

Inhalt

InhaltsübersichtInhaltsübersichtInhaltsübersichtInhaltsübersichtInhaltsübersicht

GeleitGeleitGeleitGeleitGeleit

Page 6: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

FotonachweisFotonachweisFotonachweisFotonachweisFotonachweis

Jürgen Frese

Rainer Hoock

Peter Thiele

Matthias Bronisch

Ilse Sagert

Karin Fischer-Hildebrand

Wolfgang Battermann

Gerhard Hanke,Wilhelm Lange

Dank

Fotonachweis

OrOrOrOrOrganisatorischesganisatorischesganisatorischesganisatorischesganisatorischesVon guten Geistern und

Heinzelmännchen

„Wahlen auf dem Lande“ – Eine Unter-

suchung zum Wahlverhalten der Schüler

in der Sekundarstufe II

Schulentwicklung im Spiegel

der Statistik

Der Kulturexpress oder Wie man mit

einem Schwan fährt

Schulpartnerschaft mit Evreux

Partnerschaft mit Albuquerque

Individueller Schüleraustausch

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hansnimmermehr“ – Über Schule und Beruf

82

84

90

94

98

102

108

110

116

117

WWWWWege nach außenege nach außenege nach außenege nach außenege nach außen

DankDankDankDankDank

Page 7: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

6

GrußwortGrußwortGrußwortGrußwortGrußwort

Joachim ThieleGeleit

75 Jahre Gymnasium Petershagen.Ein Grund zum Feiern. Aber auchAnlass, Rückschau zu halten. Gegrün-det in einer Zeit großer wirtschaftli-cher Not als „Staatliche Aufbauschu-le”, hat es sich zu einer Bildungsein-richtung mit 1.200 Schülern entwi-ckelt.

Am 1. Januar 1974, d.h. genau vor 25Jahren, übernahm die Stadt Peters-hagen die Schulträgerschaft. Seitdieser Zeit fühlt sie sich in besondererWeise mit der Schule verbunden.Erfreulich ist die positive Entwicklungder Schule in dieser Zeit. Von 850Schülern im Jahre 1974 hat sich dieSchülerzahl auf 1.200 erhöht.

Die Stadt Petershagen hat dieseEntwicklung nach besten Kräftenunterstützt. So war es selbstverständ-lich, das Schulgebäude 1992/93 um12 Klassen- und Fachunterrichtsräumezu erweitern, um damit die Vorausset-zungen für eine Entwicklung zurFünfzügigkeit zu schaffen.

Es soll dabei nicht unerwähnt blei-ben, dass es wichtig war, mit dieserErweiterung den traditionellen nieder-sächsischen Einzugsbereich der Schulezu sichern. Durch die langjährigeVerbindung haben sich viele Kontakteergeben, die über den schulischenBereich hinaus von großer Bedeutungsind und die sich z. B. durch gemein-same Bemühungen in den BereichenFremdenverkehr und Touristik positivauswirken.

Heute stößt die Schule schon wiederan Kapazitätsgrenzen. Wir hoffenaber, dass es gemeinsam mit derSchule gelingt, die momentane räum-liche Enge zu bewältigen.

Dass die Schülerzahl sich so positiventwickelt hat, ist nicht nur auf dasgeänderte Wahlverhalten der Elternzurückzuführen. Der gute Ruf, den dieSchule seit vielen Jahren genießt, hatdazu erheblich beigetragen. Zum Teilwerden weite Wege in Kauf genom-men, um den Kindern den Schulbesuchzu ermöglichen.

Ein moderner, zeitgemäßer Unterrichtist für jede Schule wichtig.Das Städtische Gymnasium war und istaber nicht nur Unterrichtsanstalt. DieSchule hat sich darüber hinaus invielfältiger Weise engagiert. Sportli-che Erfolge bis über die Landesgrenzehinaus zeugen ebenso von demEngagement der Lehrer und Schülerwie kulturelle Veranstaltungen. EineTheater- oder Musikveranstaltung derSchule garantiert ein mehrfach aus-verkauftes Haus. Natur-, Landschafts-und Umweltschutz sind Bereiche, dieeinen besonderen Stellenwert haben.

Das Wirken der Schule über denSchulalltag hinaus hat das Erschei-nungsbild der Schule positivbeeinflusst.

Page 8: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

7

Die Stadt Petershagen wird im Rah-men ihrer Möglichkeiten mithelfen,dass die Schule auch in Zukunft eineBildungseinrichtung bleibt, in der sichSchüler und Lehrer wohl fühlen. Dabeiwollen wir nicht verschweigen, dass eszur Zeit nicht leicht ist, allen Wün-schen gerecht zu werden. Die schwie-rige finanzielle Situation, in der sichalle Kommunen befinden, erfordertauch im schulischen Bereich Sparmaß-nahmen. Die berechtigten Anliegender Schule werden davon aber nichtbetroffen sein.

75 Jahre Gymnasium in Petershagen– eine Verpflichtung und eine Heraus-forderung zugleich.

Viele gute Wünsche begleiten dieSchule in das nächste Jahrhundert.Möge sie auch in Zukunft eine vielbegehrte Bildungseinrichtung undzugleich auch ein schulisches undkulturelles Zentrum in unserer Stadtsein.

Joachim Thiele, Bürgermeister

Page 9: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

8

Das Städtische Gymnasi-um Petershagen begehtim letzten Jahr vor derJahrtausendwende seinen75. Geburtstag. Vordiesem Hintergrunderscheint die Lebenszeit

unserer Schule auf den ersten Blickrecht kurz und kaum erwähnenswert.Wenn man sich aber vor Augen hält,mit welcher Dynamik das nun ausklin-gende Jahrhundert verlaufen ist,welche Umwälzungen in technischer,ökonomischer, sozialer, ökologischerund globaler Hinsicht sich in dieserZeitspanne vollzogen haben, so kannman - sogar ohne Übertreibung - feststel-len:

In diesem Jahrhundert ist fastebenso viel geschehen wie in dergesamten vorhergehenden Ge-schichte der Menschheit.

Festschrift - wFestschrift - wFestschrift - wFestschrift - wFestschrift - warum, wozu?arum, wozu?arum, wozu?arum, wozu?arum, wozu?

Jürgen FreseGeleit

„Zeit ist das, womit die Natur verhin-dert, dass alles auf einmal passiert“,das Graffito eines Unbekannten. Mankann sich manchmal nicht des Ein-drucks erwehren, dass die Häufungder Geschehnisse bei diesemVerhinderungsvorgang der Naturechte Schwierigkeiten bereitet.

Es ist Fakt, dass auch Schule vondiesem Beschleunigungsschub bei derVeränderung der Abläufe und Prozes-se in unserer Gesellschaft mitgerissenund von den Herausforderungen desschnellen Wandels mitbestimmt wird -wenn sie verständlicher- und glückli-cherweise dabei auch nicht als Speer-spitze auftritt.

Der Schulalltag lässt meistens nichtden Raum, sich über das Ausmaßdieser Entwicklung auch an der eige-nen Schule bewusst zu werden. Das75-jährige Bestehen unserer Schulebietet den Anlass, diesen Alltag zuunterbrechen und das Jubiläum unterdem Motto „Unsere Schule - gestern,heute und morgen“ zu begehen. DieAktivitäten in der Jubiläumswochewie die Projekttage mit einem Tag deroffenen Tür, der Festakt und dieAbendveranstaltungen richten sich andiesem Leitgedanken aus.

Warum, wozu eine Festschrift? Asso-ziiert man bei dem Wort nicht dochLangatmigkeit, Selbstbeweihräuche-rung, Abstellen im Bücherschrank?

Diese Festschrift will das Jubiläumbegleiten.

8

Page 10: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

9

Wer soll, wird sie lesen? Geht sie nichtohnehin in der Informationsflutunserer Tage unter? Außerdem hatdas Gymnasium Petershagen bereitszur Feier des 50-jährigen Jubiläumseine Festschrift herausgegeben, diedie geschichtliche Entwicklung derSchule und einen ausführlichen Quer-schnitt über ihr Wirken im Jahre 1974darlegt. Was für einen Sinn macht eineneue Festschrift? Was soll in ihrdokumentiert werden? Fragen, diesich bei Entscheidung und Vorberei-tung stellten.

Aber gerade im Hinblick auf dasangesprochene Tempo der Umgestal-tung in unserer Gesellschaft und ihreFolgen auf Schule erscheint eine neueErstellung nach 25 Jahren sinnvoll. Soist es zum einen Ziel dieser Schrift,in der Darstellung von Entwicklungen,Ereignissen, Kontrasten, Vergleichenund Typischem am Städtischen Gym-nasium Petershagen Wandel undVeränderungen aufzuzeigen. Zumanderen macht es auch Sinn, ohne denAnspruch auf Systematik und Voll-ständigkeit einfach Stationen imschulischen Geschehen zum jetzigenZeitpunkt festzuhalten. Denn wohindie Reise im kommenden Jahrhundertfür diese Schule auch immer gehenmag, es werden doch wiederOrientierungspunkte für zukünftigeGegenüberstellungen und Verbindun-gen festgeschrieben - eben im Sinneeiner „Fest“-Schrift.

Zum Dritten wollen Abhandlungenund Beiträge auch einen Einblick inmanche Teile und Elemente desSchullebens geben, die nicht sofortins Auge fallen und sich nicht inZahlen und Kurven oder gar in Notenund Punkten widerspiegeln.

Herzlich danken darf ich für diebereitwillige und engagierte Mitarbeitallen Verfasserinnen und Verfassernsowie dem Redaktionsteam, die mitihrem großen Einsatz bewirkt haben,dass diese Festschrift zustande kam.Dieser Dank gilt auch der heimischenWirtschaft und den Geldinstituten fürdie finanzielle Unterstützung bei derDrucklegung. Die Broschüre ist - dem„kleinen“ Jubiläum zwischen 50 und100 angemessen - nicht üppig, son-dern handlich. Berichte und Artikelsind meistens kurz gehalten, Bildermöchten Charakteristisches widerspie-geln, um den Erwerber zum Blätternund Schmökern anzuregen. Wir wür-den uns freuen, wenn er sich als Leserder Festschrift auch in irgendeinerWeise in ihr wiederfindet, ob nun alsjetziger oder ehemaliger Mitbewoh-ner, Mitbeteiligter seiner Schule oderals interessierter außenstehenderBetrachter des Städtischen Gymnasi-ums Petershagen.

Jürgen Frese, Schulleiter

Page 11: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Das Lehrerkollegium 1965

Page 12: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Das Lehrerkollegium 1976

Page 13: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Das Lehrerkollegium 1999

Page 14: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

9. Reihe

7. Reihe

5. Reihe

Heinz Friedrich Annemann Bi, ChWolfgang Battermann E, EkDagmar Beinke E, SpPeter Beinke M, Sp, IfAmélie Born D, ERüdiger Borstelmann (Ref.) Bi, MBeate Brückner Ku, TgHartmut Bruns M, PhUlrike Delius E, F

Steffen Driftmann L, GeMonika Erbstein (Ref’.) D, KuMatthias Fabritz D, KuBerthold Fahrendorf-Heeren D, KRKarin Fischer-Hildebrand E, SpBrita Florstedt D, EJürgen Frese M, PhReinhard Fritsch E, GeEdgar Frommeyer E, SpMartin Guth Mu, ERDr. Johannes Hachmöller D, Pl, Ge

Gerhard Hanke D, EkDr. Elisabeth Doris Hecker (Ref’.) Bi, ChRenate Heckmann-Zirfas D, EHanna Heidemann L, ER, MHannelore Heineking D, FDr. Harald Hesse Bi, ChDetlef Hommel Ph, SpRainer Hoock M, IfKarin Huflage Ek, SpHans Ulrich Issinger D, WwUwe Jacobsen Mu, ER

Bianca Jung E, KuHelga Kalberg D, KuAndrea Keßler D, EROtto Kindermann D, GeHermann Kleinebenne Ek, SpRaimund Knoll M, IfRolf Kohlmeier Bi, EkFriedrich-Wilhelm Krislin M, SpBirgit Kroll M, ER,TchAxel Krommer D, PlGerd Kühnen Bi

Sigrun Kuhn E, LFriedel Kunze-Hattenhauer D, MuWilhelm Lange M, Sw, IfHolger Langenberg M, SpFriedrich-Wilhelm Latz Bi, ChKati Lax-Gieseking D, Ku

Sabine Lenze (Ref’.) M, PhBernd Linkersdörfer (Ref.) Bi, ChPetra Linnemann KR, FHans-Ulrich Luckfiel M, KuTilo Markworth (Ref.) De, Ge

Astrid Maumené E, LDieter Meier M, PhKlaus Merkel D, MuBeate Meyer (Ref’.) L, SpStefanie Meyersiek (Ref’.) M, SpJürgen Müller ER, SpUwe Münster (Ref.) E, ERIngmar Münther Sw, BiJürgen Neitmann D, LClaudia Niemeyer M, Ph

Hans-Werner Niermann M, PhHanno Otte (Ref.) D, GeIngeborg Palm M, PhElmar Paul M, PhMeike Precht (Ref’.) D, PlJoachim Radi D, F, ERMarie-Luise Rasche-Hagemeier D, EHans-Ulrich Rathert Ch, Ph

Ursula Reske Ge, ERUlrich Riepenhausen L, GeHeinrich Rötger D, SpIlse Sagert F, GeEugen Scheideler E, EkIngrid Schmitz D, EMarianne Schmitz-Neuland F, GeEberhard Schönbohm M, SpDr. Heiner Schultz-Gutschke D, Ge

Markus Tackenberg (Ref.) E, FWolfgang Teckenburg Mu, SwWolfgang Teifel ChPeter Thiele E, EkHartmut Thies L, ERJutta Trautwein D, PlHans-Wolf Wagner D, SpDirk Winterhoff D, SpRenate Wipperling M, Ek

1. Reihe

2. Reihe

3. Reihe

4. Reihe

6. Reihe

8. Reihe

Page 15: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

14

Als nach dem verlorenen 1. Welt-krieg, dem Ende der Monarchie und imZuge revolutionärer Veränderungeneine Neuordnung von Staat undGesellschaft zwingend notwendig ist,wird die schon seit dem Ende des 19.Jahrhunderts geführte und durch denKrieg nur unterbrochene bildungspo-litische Diskussion um den Stellen-wert von staatlicher Erziehung undBildung sowie um Aufgaben undStruktur des Schulwesens wiederaufgegriffen und mit zum Teil radika-len Positionen fortgesetzt.

Die Kritik insbesondere am altsprach-lichen Gymnasium geht einher mit derForderung nach Gründung einer Formder höheren Schule, „die erzieherisch-unterrichtlich vor allem dem deut-schen Kultur- und Bildungsgut ver-pflichtet“ sein soll (Becker, S.167).

Um der bildungspolitischen Verwir-rung entgegenzuwirken und an denhöheren Schulen einen „Geist desFriedens, ohne den Schularbeit nichtgedeihen kann“ - so der damaligepreußische Minister Dr. Otto Boelitz(zitiert nach: Becker, S.168) -, einkeh-ren zu lassen, veranstalten die staatli-

chen Stellen vom 11. bis 19. Juni1920 eine Reichsschulkonferenz zurKlärung aller grundsätzlichen Fragenim Zusammenhang mit Erziehung,Unterricht und Struktur des gesamtenSchulwesens. Die am 18. Februar 1922als ein Ergebnis der angestrebtenNeugestaltung des höheren Schulwe-sens in Preußen veröffentlichte„Denkschrift über die Aufbauschule“ist der Beginn dieser neuen Oberschu-le in Aufbauform, die nach siebenVolksschuljahren eine sechsjährigehöhere Schule vorsieht, „die zurReifeprüfung führt und die gleichenBerechtigungen erteilt wie die Deut-sche Oberschule und die Oberrealschu-le“ (Text der Denkschrift, zitiert nach:Festschrift 1976, S.3). Ziel ist vorallem eine Förderung der begabtenDorf- und Kleinstadtkinder, die nichtmehr wie bisher mit ca. 13 Jahrenzunächst die sogenannte Präparanden-anstalt und anschließend das Seminarbesuchen müssen, um damit aus-

Geschichtliches

Eine Schule verändert ihr GesichtEine Schule verändert ihr GesichtEine Schule verändert ihr GesichtEine Schule verändert ihr GesichtEine Schule verändert ihr Gesicht

Wolfgang BattermannJoachim Radi

Das Gymnasium Petershagen

Das Lehrerkollegium 1925

Page 16: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

15

schließlich den Lehrerberuf ergreifenzu können, sondern sich nun nachdem Besuch der neuen Aufbauschuleund nach dem Abitur frei für irgendei-nen Beruf entscheiden können.

Die Bedeutung dieser Denkschrift fürPetershagen zeigt sich darin, dassschon nach den Osterferien 1922 dieerste Untertertia (8. Klasse) dasaufzulösende Lehrerseminar in Peters-hagen bezieht und mit dem Unter-richt beginnt, der fast ausschließlichim Gebäude des noch heute genutz-ten Altbaus stattfindet.

Mit der ministeriellen Anerkennungals „Höhere Lehranstalt in Entwick-lung“ im Jahre 1924 beginnt - imengeren Sinne - die Geschichte desheutigen Gymnasiums Petershagen.

Nach der letzten Abgangsprüfung amSeminar in Petershagen (12./13.3.1925)und der anschließenden Auflösungvon Präparande, Seminar (seit 1831)und Rektoratsschule erhält die neueAufbauschule durch Erlass vom14.10.1925 nach dem ersten Direktordes Lehrerseminars Friedrich-WilhelmVormbaum (13.9.1795 - 21.11.1875)den Namen „Vormbaum-Schule“ undführt Ostern 1928 die erste Reifeprü-fung durch. Am 1.4.1928 wird die

Petershäger Lehranstalt dann „Deut-sche Oberschule in Aufbauform“(Ministerialerlass vom 19.3.1928); derName „Vormbaum-Schule“ hat danachnoch fast fünfzig Jahre lang Bestand(zu Seminar und Vormbaum: Groß-mann, Festschrift 1931).

Das Ende der 20er und der Beginn der30er Jahre verlangen von der neuenSchule vorwiegend die Bewältigungzweier Krisen:

Der Brand des Daches im heutigenAltbau am 9.2.1929 erfordertgroße Anstrengungen zur Auf-rechterhaltung des Unterrichtsund hat eine erhebliche Verände-rung der räumlichen Nutzung zurFolge.

Der Rückgang der Neuanmeldun-gen und der Schülerzahl insge-samt auf den Tiefpunkt von 80 imJahre 1933 kann nur durch denpersönlichen Kontakt der Lehrermit den Volksschulen im weiterenUmkreis und durch den sichdaraus ergebenden allmählichenWiederanstieg der Anmeldungenabgefangen werden.

Friedrich-Wilhelm Vormbaum

15

Page 17: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

16

Luftbild des Gymnasiums um 1970

Während des 2. Weltkrieges und derdamit zusammenhängenden Phasesteigender Schülerzahlen infolge derEvakuierungen aus dem Ruhrgebiet(1944: 132 Schüler, 1945: 175) kannder Unterricht wegen gleichzeitigverminderter Anzahl der Lehrkräfte -zum Teil bedingt durch den Einzug zumKriegsdienst - unter anderem nur durcheine Erhöhung der Stundenzahl dernoch zur Verfügung stehenden Lehrergesichert werden.

Nach der Wiedereröffnung der Schuleam 21.8.1946 - vom 5.4.1945 bis zum20.8.1946 sind englische Truppen imGebäude der Aufbauschule einquartiert- steigt die Schülerzahl rasch an, be-dingt vor allem durch das Zusammen-treffen zweier Faktoren: Auf der einenSeite werden dringend Einschulungs-möglichkeiten für Flüchtlingsschüleraus den ehemaligen Ostgebieten ge-

sucht, auf der anderen Seite benötigtdie noch kleine, aber aufstrebendeSchule Schüler, damit der Fortbestandder Bildungseinrichtung gewährleistetist. Diese Situation führt 1949 - imnicht mehr vorhandenen Gebäudezwischen heutiger Stadtbücherei undAltbau - zur Eröffnung des Internats,das als „Matthias-Claudius-Heim“zunächst nur acht, später dann übersechzig Jungen und damit einen zeit-weise erheblichen Anteil an der Gesamt-schülerzahl der Aufbauschule beher-bergt.

Der zwischen dem Ende der 40er undder zweiten Hälfte der 60er Jahresteigenden Schüler- und Lehrerzahl ander Aufbauschule, die 1955 zum Auf-baugymnasium wird, entspricht einedeutliche Veränderung des baulichen„Gesichts“ des Schulkomplexes:

Geschichtliches - Eine Schule verändert ihr Gesicht

Page 18: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

17

Blick auf den Schulhof um 1975

1952 wird das Internat um einenAnbau erweitert; 1954/55 erfolgt derNeubau des Direktorenwohnhauses(bis zu diesem Zeitpunkt wohnte derjeweilige Schulleiter imMittelgeschoss des heutigen Alt-baus); 1958 wird die Turnhalle reno-viert und erweitert, es entstehtaußerdem ein Neubau an der Ostseitedes Schulgeländes (der heutige B-Trakt ); 1960 werden der innereUmbau des heutigen Altbaus (begon-nen 1957) abgeschlossen und derPark umgestaltet; 1963 übereignetdie Stadt Petershagen dem Staatli-chen Aufbaugymnasium das an derBremer Straße gelegene Grundstückzwischen den Gärten des Lehrer-wohnhauses und der Ösper.

Mit diesen baulichen Veränderungengeht in den 60er Jahren eine Erweite-rung der pädagogischen Aufgaben derSchule einher. Die vehement einset-zende Diskussion um eine Reform des

Bildungswesens - Picht erkennt inDeutschland eine „Bildungs-katastrophe“ (1964), andere rekla-mieren ein „Bürgerrecht auf Bildung“ -verfolgt vor allem zwei gesellschaftli-che Ziele:

1. die generelle Anhebung des Bil-dungsniveaus der Bevölkerung,vorzeigbar an der Zunahme der Zahlder Kinder, die weiterführende Schu-len - und hier besonders das Gymnasi-um - besuchen;2. den Ausgleich sozialer Benachtei-ligungen, ablesbar an der Vergröße-rung des Anteils vor allem vonArbeiterkindern, Mädchen und Kin-dern auf dem Lande an der Gesamt-zahl der Gymnasiasten.

Im Zuge der einsetzenden allgemei-nen Verbreiterung des Bildungsange-botes wird dem AufbaugymnasiumPetershagen 1965 ein sogenanntesF-Gymnasium (ein eigens für

Page 19: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

18

Das ehemalige Lehrerseminar, danach Auf-bauschule, heute grundständiges Gymnasi-um an der Hauptstraße, ein dreigeschossigerBacksteinbau (später weiß gestrichen) imStil des preußischen Spätklassizismus(1884) mit vierzehn Fensterachsen, davonim Erdgeschoss und im ersten Obergeschossdes Mittelrisalits (vorspringender Gebäude-teil) sechs Fensterachsen, im zweitenObergeschoss drei Fensterachsen (große Fen-ster), Backsteinornamentik an der Außen-fassade in Geschosshöhe und unterhalb derTraufe. (Willi Seele)

Realschulabsolventen konzipiertesGymnasium zur Erlangung einerfachgebundenen Hochschulreife) mitmathematisch-naturwissenschaftli-chem Schwerpunkt angegliedert;parallel dazu wechselt das Aufbau-gymnasium selbst von der bisherigenZwei- zur Dreizügigkeit, und ab 1966werden zum ersten Mal auch Quarten(siebte Klassen) aufgenommen.

Auch die Änderung des Schulfinanz-gesetzes im Jahre 1970 reiht sich einin den Gesamtkatalog entscheidenderbildungspolitischer Maßnahmen,ermöglicht sie doch die kostenloseSchülerbeförderung für Schüler allerSchulformen. Die unmittelbare Folgefür Petershagen ist die Einrichtungstaatlich finanzierter Schulbuslinienim Einzugsbereich von Aufbau-gymnasium und F-Gymnasium ab dem1.8.1970. Damit ergibt sich auch fürjüngere Schüler aus dem ländlichenUmkreis die Möglichkeit zum Besucheiner höheren Schule; der Beginn desgrundständigen (neunklassigen)Gymnasiums ebenfalls am 1.8.1970(Aufnahme der ersten Sexten, d.h. der

fünften Jahrgangsstufe) bedeutet dasEnde des Aufbaugymnasiums.

Der mit diesen Neuerungen verbunde-ne Anstieg der Schülerzahlen von 291(1964) auf 526 (1966) - die Steige-rung beruht im Wesentlichen auf derEinrichtung des F-Gymnasiums undder erstmaligen Aufnahme von Quar-ten (s.o.) - und über 653 (1971) auf850 (1974) verschärft das Raum-problem und zieht weitere baulicheVeränderungen nach sich:

Geschichtliches - Eine Schule verändert ihr Gesicht

Page 20: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

19

1967:Umbau des Erdgeschosses im B-Traktzur „Physiketage“ und Erstellungweiterer Klassenräume im Altbau,

1967/68:Aufstellung eines Pavillons fürUnterrichtszwecke,

1972:Neubau einer dreiteiligen Sporthallean der Stelle des 1912 erbautenLehrerwohnhauses im Vorgriff auf dengeplanten Gesamt-Neubau,

1972/73:Umgestaltung von Internatszimmernzu Klassenräumen,

1973/74:Aufstellung zweier weiterer Pavillonsauf dem heutigen Lehrerparkplatz vorder Stadtbücherei,

1976:Bau des Bootshauses an der Wesersüdlich Heisterholz.

Das Internat, dessen Belegung schonseit der Wende zu den 60er Jahren -nicht zuletzt wegen der Sesshaft-werdung der ehemaligen Flüchtlings-familien - erkennbar zurückgegangenist, verliert durch das dichter werden-de Netz an höheren Schulen, d.h.durch die Ausweitung eines ortsnahenBildungsangebotes, in der zweitenHälfte der 60er Jahre zunehmend anBedeutung, so dass das JohanneswerkBielefeld die Einrichtung zum30.6.1970 aufgibt. Sie wird dannnoch vier Jahre auf privater Basisfortgeführt; am 30.6.1974 verlässtder letzte Internatler die Schule.

Die räumlichen Probleme verschärfensich in den folgenden Jahren trotzaller organisatorischen Anstrengun-gen so dramatisch, dass der Neubaueines Schulgebäudes zwingend not-wendig wird. Mit diesem Neubau von1975/76 (heutiges Hauptgebäudemit Klassenräumen, Verwaltung,Lehrerzimmer, Pädagogischem Zen-trum und naturwissenschaftlichemTrakt) und der zeitgleich durchge-führten Kommunalisierung der Schuleergeben sich weitere bedeutsameEntwicklungen. Die Schule geht vonder staatlichen Trägerschaft in die derStadt über, sie heißt ab nun „Städti-sches Gymnasium Petershagen“, derName „Vormbaum-Schule“ entfällt;das Gebäude des „Matthias-Claudius-Heimes“ wird 1976 abgerissen, Restedes Internats bilden heute die Stadt-bücherei; der „Neubau“ (das heutige„Hauptgebäude“) wird mit einemFestakt und gleichzeitig einer zweiJahre zuvor verschobenen Jubiläums-veranstaltung zum fünfzigjährigenBestehen der Schule feierlich bezo-gen.

Ab den 70er Jahren nimmt die Schü-lerzahl - das „platte Land“ bleibt vom„Pillenknick“ unberührt! - rapide zu:Besuchen 1968 „nur“ 525 Schüler dasGymnasium, steigt diese Zahl im Jahre1974 auf 850 und im Verlauf einerweiteren Schülergeneration auf 1122(1983), um sich seit der Mitte der90er Jahre auf diesem Niveau zwi-schen 1100 und 1200 einzupendeln.

Page 21: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

20

In der Folge dieser zahlenmäßigenEntwicklung hin zur Fünfzügigkeit -auch ein deutlicher Beleg für diegroße und seit Jahrzehnten beste-hende Attraktivität der Bildungsein-richtung bis in die angrenzenden TeileNiedersachsens und Mindens - istneben den pädagogischen Aufgabenund dem pädagogischen Profil auchdas Äußere der Schule ständigenVeränderungen unterworfen: 1993erhält der naturwissenschaftlicheTrakt einen Anbau; für dieErprobungsstufe, die Klassen 5 und 6,wird der „C-Trakt“ mit zehn weiterenKlassenräumen fertig gestellt.

Am Ende seiner 75-jährigen Ge-schichte ist das Städtische Gymna-sium Petershagen eines derschülerstärksten Gymnasien desKreises Minden-Lübbecke.

Wolfgang BattermannJoachim Radi

Literatur:

Karl Großmann (Hg.): Das Lehrersemi-nar zu Petershagen 1831 - 1925.Festschrift zur Jahrhundertfeier 1931.Petershagen 1931

50 Jahre Gymnasium Petershagen.Festschrift 1976. Petershagen 1976

Paul Becker: „Begabung, Kraft undGesundheit“, Aufbauschulen - zurGeschichte des höheren Schulwesens.In: Jahrbuch Westfalen 1996. Münster1996, S.164-173

Geschichtliches - Eine Schule verändert ihr Gesicht

Page 22: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

21Luftbild von 1991

Page 23: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

22

ZeittafelZeittafelZeittafelZeittafelZeittafel

Wolfgang BattermannJoachim Radi

Beginn des Unterrichts an der Aufbauschule parallel zum Lehrerse-minar. Die neue Aufbauschule ist eine besondere Form von höhererSchule, in der nach der siebenklassigen Volksschule ab der Unterter-tia (8. Klasse) in sechs Jahren die allgemeine Hochschulreife er-reicht werden kann.

Ministerielle Anerkennung der Schule als „Höhere Lehranstalt inEntwicklung”.

Auflösung des Lehrerseminars. Die Aufbauschule erhält den Namen„Vormbaum-Schule” nach dem ersten Direktor des LehrerseminarsFriedrich-Wilhelm Vormbaum (13.09.1795 bis 21.11.1875) undträgt ihn bis 1974.

Anerkennung der Vormbaum-Schule als „Deutsche Oberschule inAufbauform”. Die erste Reifeprüfung wird abgelegt.

Brand des Daches im heutigen Altbau. Der Unterricht wird in ver-schiedene Häuser der Stadt verlegt.

Besetzung der Schule durch englische Truppen.

Wiedereröffnung der Schule und Aufnahme des Unterrichts.

Eröffnung des „Matthias-Claudius-Heims” als zur Schule gehörendesInternat.

Veränderung der „Aufbauschule” zum „Aufbaugymnasium”.Neubau des Direktorenwohnhauses.

Erweiterung der Schule um den B-Trakt an der Ostseite desSchulgeländes.

Angliederung eines sogenannten F-Gymnasiums (fürRealschulabsolventen zur Erlangung einer fachgebundenen Hoch-schulreife) mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwer-punkt.

Erste Aufnahme von Quarten (7. Klassen).

1922

1924

1925

1928

1929

1945

1946

1949

1955

1958

1965

1966

Geschichtliches

22

Page 24: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

23

Aufstellung eines Pavillons für Unterrichtszwecke wegen des An-stiegs der Schülerzahlen.

Einführung der Grundständigkeit des Gymnasiums ab der Klasse 5.Es heißt nun “Staatliches neusprachliches Gymnasium i. E. und Auf-baugymnasium und naturwissenschaftliches Gymnasium in Auf-bauform” und immer noch „Vormbaum-Schule”.

Neubau einer dreiteiligen Sporthalle an der Stelle des 1912 erbau-ten Lehrerwohnhauses. - Umgestaltung von Internatszimmern zuKlassenräumen.

Aufstellung zweier weiterer Pavillons auf dem heutigen Lehrer-parkplatz vor der Stadtbücherei.

Übergang der Schule in die Trägerschaft der Stadt. Der Name lautetnun „Städtisches Gymnasium Petershagen”, die Bezeichnung„Vormbaum-Schule” entfällt. – Das Internat wird aufgelöst.

Einweihung des Neubaus (heutiges Hauptgebäude) der Schule mitgleichzeitiger Feier des verschobenen 50-jährigen Jubiläums. –Abriss des Internatsgebäudes.

Fertigstellung des C-Trakts für die Erprobungsstufe und eines na-turwissenschaftlichen Anbaus.

Feier des 75-jährigen Schuljubiläums.

1967

1970

1972

1973

1974

1976

1993

1999

Page 25: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

24

Geschichtliches - Zeittafel - Abbildungen

Der heutige Altbaukurz nach dem Brand - 1929

Das nach dem Brandneu gestaltete Hauptportal -1930 bis 1956

Die ausgebrannte Aula(heutiger Raum 34)

Page 26: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

25

Das alte Lehrerzimmer(bis Anfang 1976)

Der

C-Tr

akt,

von

der

Ösp

er a

us g

eseh

en -

1993

Die wiederhergestellte Aula - 1930

Page 27: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

26

ExistenzkrisenExistenzkrisenExistenzkrisenExistenzkrisenExistenzkrisen

Günther Drees

Anfang der 30er Jahrestieg die Arbeitslosigkeitso stark an, dass sich vieleEltern eine höhere Schul-

bildung für ihre Kinder nicht mehrleisten konnten. Auch an derPetershäger Aufbauschule sank dieSchülerzahl dramatisch. Deswegenstellte das Provinzialschulkollegium inMünster 1931 folgendes Ultimatum:

Wenn die Anfangsklasse deskommenden Schuljahres (1932/33)nicht wenigstens zwölf Schüler hat, wirddie Schule von unten abgebaut.

Weil Oberstudiendirektor Schröter, derdesignierte neue Schulleiter, sich nochin Südamerika befand, musste Studien-rat Paul Drees als dienstältester Lehrerdie neue Klasse bilden: Untertertia(=Klasse 8). Aus der Stadt Petershagenlagen folgende Anmeldungen vor: dreiMädchen (zwei Taubstummenlehrers-töchter und die Tochter eines angesehe-nen Kaufmanns) und zwei Jungen (derSohn eines Beamten der Amtsverwal-tung Petershagen und der Sohn einerPolizistenwitwe). Dazu kamen dreiWiederholer: aus Petershagen der Sohneines Bauunternehmers und der Sohneines Bauern, außerdem ein Schüler ausDankersen, der täglich über 15 Kilome-ter mit dem Rad fuhr.

Um die Zahl 12 zu erreichen, wurdejedem Lehrer der Aufbauschule einBezirk diesseits oder jenseits der Weserzugewiesen, in dem er die Volks-schulleiter (per Rad) aufsuchen und umSchüler werben musste.

Aber man wurde nur in drei Ortenfündig: Aus Maaslingen wollten dieLehrerstochter und aus Meßlingenund Südfelde je ein Bauernsohnkommen. Das waren insgesamt elfInteressenten; der zwölfte Platz bliebtrotz aller Bemühungen leer.

Da entschloss sich Studienrat Dreesim Dezember 1931, seinen SohnGünther die siebte Volksschulklasseüberspringen zu lassen. RektorHumke von der Petershäger Volks-schule war einverstanden, dankFörderunterricht durch beide Pädago-gen bestand G. Drees die Aufnahme-prüfung.

Die Aufbauschule Petershagen wargerettet. Die Untertertia 1932/33startete also mit zwölf (8+4) Schü-lern.

Wegen einer Nichtversetzung beganndie Obertertia 1933/34 mit elf (7+4)und endete mit neun (6+3) Schülern,weil ein Junge im Laufe des Schuljah-res eine handwerkliche Lehre begannund ein Mädchen mit seinen Elternnach Soest verzog.

Die Existenzkrisen der Staatlichen AufbauschulePetershagen 1932 und 1935

Geschichtliches

Paul Drees

Page 28: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

27

Die Untersekunda 1934/35 wurdedurch Neuzugänge wieder auf zwölf(8+4) Schüler aufgestockt: eineWiederholerin und ein Wiederholer,außerdem ein Schüler von der(koedukativen) Mädchenaufbauschulein Rotenburg/Fulda, weil sein Vater inseine Heimatstadt zurückkehren wollte.

Von diesen zwölf Untersekundanerngingen sieben (4+3) mit der mittlerenReife ab, so dass fünf (4+1) Schüler fürdie nächsthöhere Klasse blieben. DerPetershäger Aufbauschule drohte alsoerneut die Auflösung, diesmal durcheinen Abbau von oben.

Wegen direktorialer Vakanz nach derVersetzung von Direktor Schröter warStudienrat Drees zum zweiten Malamtierender Schulleiter und damitverantwortlich für die Errichtung derObersekunda 1935/36. Das gelang ihm- wiederum durch überraschende Lösun-gen, und zwar so:

Aufgenommen wurden zwei Absolven-tinnen des Mindener Lyzeums, weil dasdortige Oberlyzeum aufgelöst wurde;sie waren, wie alle Aufbauschüler ausMinden, Fahrschüler mit der Kleinbahn.Vom Realgymnasium Bünde wurde einSchüler übernommen, dessen Vater, einstaatlicher Beamter, wiederholt dienst-lich versetzt worden war. Deshalbsuchte dieser eine Schule, in der sichsein Sohn in Ruhe auf das Abiturvorbereiten konnte. Als Pensionsschülerbei zwei älteren Petershäger Damenfand der Filius zwar Ruhe, aber dieserSchulwechsel war eigentlich unzulässig;denn der Übergang von(neunklassigen) „grundständigen“höheren Schulen auf (sechsklassige)Aufbauschulen war verboten, da er diegrundständigen Schüler begünstigte.Beispiel: Wenn die Aufbauschüler ab

Untersekunda Latein lernten, hatte einRealgymnasiast bereits fünf JahreLateinunterricht hinter sich.

Als Studienrat Drees dann auch nochvier Schüler - darunter zwei nichtversetzte Obersekundaner - vomaltsprachlichen Mindener Gymnasiumübernahm, war für Münster das Maßvoll. Das Provinzialschulkollegiumschickte Herrn Drees einen wütendenRüffel, weil er gegen strikte Vorschrif-ten verstoßen habe, was Herr Dreesselbstverständlich genau wusste. Aberdie Aufnahme der Altsprachler wurdenicht widerrufen.

Damit war die Klasse mit wiederumzwölf (9+3) Schülern erneut gerettet,und eine eventuelle Auflösung derSchule war nicht mehr zu befürchten.

Als im Hinblick auf den kommendenKrieg der deutschen Führung eineerhöhte Zahl von Offizieren erwünschtwar, durften im Frühjahr 1937 außerden Oberprimanern auch die Unterpri-maner sich der Reifeprüfung stellen,darunter auch der Verfasser als „letz-tes“ Mitglied der Untertertia 1932/33.

Unsere Prüfung wurde ausschließlichmündlich durchgeführt, und wir allewaren erfolgreich. Aber die Hälfte vonuns acht Prüflingen ruht in fremderErde: in Russland drei Kameraden undeiner in Nordafrika.

Günther Drees

Page 29: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

28

Der Der Der Der Der “““““Kristallnacht“-Kritiker Paul DreesKristallnacht“-Kritiker Paul DreesKristallnacht“-Kritiker Paul DreesKristallnacht“-Kritiker Paul DreesKristallnacht“-Kritiker Paul Drees

Günther DreesGeschichtliches

Misshandlung des „Kristallnacht“-Kritikers Paul Drees(Petershagen/Weser) am 18. November 1938

Wie sich aus chronologi-schen Aufzeichnungenvon Dr. Karl Großmann,seinerzeit Studienrat an

der Staatlichen Aufbauschule inPetershagen, ergibt, wurde diePetershäger Synagoge in der Goeben-straße, wegen der geschlossenenBebauung ringsum, am 9. November1938 nicht angezündet. Sonst wäre eszu einer Brandkatastrophe gekommen.Die Einrichtung wurde aber am nächs-ten Morgen (10.11.) demoliert, undam Nachmittag wurden Juden dieFensterscheiben eingeschlagen. In derNacht versuchten dann angetrunkene,von auswärts kommende SA-Leute, diePetershäger Judenhäuser in Brand zustecken. Die Brände wurden aber lautDr. Großmann „im Keime erstickt“. VonAngriffen auf Personen am 10.11.berichtet Dr. Großmann nichts.

Studienrat Paul Drees (geboren1889), damals amtierender Leiter derAufbauschule, verurteilte vor seinenSchülern die Schandtaten vom 10.November mit Empörung und kritisier-te auch den Anführer, einen Sturm-führer der SA. Das wurde als Beleidi-gung empfunden und hatte sichanscheinend auch schnell herumge-sprochen. Denn eine Woche später, amAbend des 18. November, hatten sichdrei SA-Männer aus benachbartenDörfern zusammengetan, um HerrnDrees büßen zu lassen.

Nach den Erinnerungen seiner Toch-ter Charlotte (geboren 1920) spieltesich der Angriff auf ihren Vaterfolgendermaßen ab:

Am 18. November 1938 klingelte esgegen 22 Uhr an der Wohnungstür.Fräulein Drees, die in der Wohnkücheam Schreibpult saß, öffnete. Sie sahsich drei ihr unbekannten SA-Männerngegenüber und führte sie wunschge-mäß in das große Wohn- und Arbeits-zimmer ihres Vaters. Weil dieser ihrbedeutete, das Zimmer zu verlassen,ging sie in die Küche zurück. Nachkurzer Zeit hörte Charlotte Drees lauteGeräusche aus den hinteren Räumen.Als sie die Tür des Wohnzimmersöffnete, sah sie, dass ihr Vater imGesicht stark blutete, als wenn er voneinem Boxer mit schweren Faustschlä-gen traktiert worden wäre. Die Brillelag auf dem Teppich. Außerdem sahFräulein Drees, dass ihre Mutter imNachthemd aus dem Schlafzimmergeeilt war und die drei SA-Leute vonihrem Mann wegzudrängen versuchte.Daraufhin und angesichts der uner-wünschten Zeugen verließen dieSchläger die Wohnung.

Paul Drees

Page 30: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

29

Welcher Art die vorangegangenenGeschehnisse waren, lässt sich heutenicht mehr genau sagen: Herr undFrau Drees und mindestens einer derSchläger leben nicht mehr, CharlotteDrees hatte sich im vorderenWohnbereich aufgehalten, und ihrBruder Günther studierte damals inGraz. Herr und Frau Drees haben auchnur ungern über jenen schrecklichenAbend gesprochen; ob noch Aktenvom Parteigerichtsverfahren vorhan-den sind, ist uns unbekannt.

Weil Parteimitglieder ein anderesParteimitglied übel misshandelthatten und dieser Angriff auf einenangesehenen „Volksgenossen“ demAnsehen der Partei geschadet hatte,fand einige Monate später ein Partei-gerichtsverfahren statt. Den Vorsitz(im Amtsgericht Petershagen) führte -wie sich die als Zeugin geladeneCharlotte Drees erinnert - ein Mannder SS, die der SA bekanntlich weniggewogen war. Die drei SA-Leutewurden aus der Partei ausgeschlossen.Das war damals kein mildes Urteil;hinzu kam noch der Ausschluss ausder SA.

Da die rüde Attacke auch nach demKriege noch nicht vergessen war,hatte einer der Täter, ein Beamter,Schwierigkeiten bei seiner Entnazifi-zierung. Er bat deshalb sein ehemali-ges Opfer um ein möglichst entlasten-des Leumundszeugnis - und erhielt es.Denn Herr Drees war nicht nachtra-gend; diese christliche Einstellungmuss auch heute noch berücksichtigtwerden.

Mit unbotmäßiger christlich-huma-nistischer Gesinnung bei der Verteidi-gung von Menschenrechten hatteStudienrat Paul Drees auch schonfrüher fanatische Parteigenossenverärgert:

Bereits 1932 hatten er und seinKollege Dr. Großmann auf einer NS-Versammlung in der „Deichmühle“dem Redner so eindeutig widerspro-chen, dass der ihnen wütend Racheandrohte, sobald die NSDAP die Machterrungen habe. Außerdem hatte PaulDrees, der während direktorialerVakanzen als dienstältester Studien-rat die Schule leitete, vom 1.4.1937bis zum 1.4.1938 - d. h. vom WeggangOberstudiendirektor Schröters biszum Dienstantritt des neuen Direk-tors - dem schwer kriegsbeschädigten,aber „nichtarischen“ SchulsekretärMax Block unverändert die Treuegehalten, obwohl einige Eltern es fürunzumutbar hielten, dass ihre Kinderihr Schulgeld bei einem Juden einzah-len mussten.

29

Page 31: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

30

Zeugnis der Aufbauschule Petershagen für Max Block - 1937

Geschichtliches - Der Kristallnachtkritiker Paul Drees

Page 32: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

31

Noch schwerer wog, dass Paul Drees -als amtierender Schulleiter - zumSchuljahr 1937/38 den jüdischenSchüler Günter Weinberg, der auf demHof der Mindener Besselschule wie-derholt misshandelt worden war, ohnedass der Aufsicht führende Lehrereingegriffen hatte, auf Wunsch desVaters, eines Mindener Kaufmanns, indie Untersekunda der PetershägerAufbauschule übernommen hatte.Studienrat Drees hat diesen miss-handelten Jungen damals an die Handgenommen, ist mit ihm in jede dersechs Klassen gegangen und hat ihnmit den Worten vorgestellt: „Das istunser neuer Schüler Günter Weinberg.Er steht unter meinem persönlichenSchutz.“ Dank diesem Schutz konnteGünter Weinberg nach einem Jahr dieSchule mit der mittleren Reife verlas-sen.

Dieses in damaliger Zeit sehr unge-wöhnliche Verhalten war umso bemer-kenswerter, als es Herrn Drees zweiJahre vorher, nach der Übernahme vondrei Mindener Gymnasiasten, vomSchulkollegium Münster strikt unter-sagt worden war, noch einmal Abgän-ger von „grundständigen“ höherenSchulen (d. h. von Schulen mit derEingangsklasse 5) in die Aufbauschulezu übernehmen, weil diese erst mitKlasse 8 begann.

Auch der Fall „Günter Weinberg“ hatPaul Drees von Elternseite mindestenseinen Beschwerdebrief eingebracht.Aber seine Entscheidung wurde nichtwiderrufen.

Günther Drees

Page 33: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

32

VVVVVon der Schule in den Kriegon der Schule in den Kriegon der Schule in den Kriegon der Schule in den Kriegon der Schule in den Krieg

Hermann KleinebenneGeschichtliches

Klasse 3 (J 7) 50 (37 J./ 13 Mä. )Klasse 4 (J 8) 9 ( - / 9 Mä.)

Klasse 5 (J 9) 33 (29 J. / 4 Mä.)Klasse 6 (J 10) 2 ( - / 2 Mä.)Klasse 7 (J 11) 5 ( 2 J. / 3 Mä. )

Klasse 8 (J 12) 3 ( - / 3 Mä.)Gesamtstärke: 102 (68 J. /34 Mä. )

Im Jahre 1943 konnteaufgrund der allgemeinenLageentwicklung und der

damit verbundenen Verluste derpersonelle Bedarf durch Männer imwehrdienstfähigen Alter nicht mehrvoll gedeckt werden. Das Afrikakorpshatte kapituliert, in Italien baute sichnach der Landung der Alliierten eineneue Front auf, der Krieg im Osten undvor allem die massiven alliiertenLuftangriffe auf deutsche Städte undIndustrieanlagen forderten zuneh-mend mehr Opfer und versetzten derRüstungsindustrie empfindliche Schläge.

In dieser Lage wurden durch entspre-chende Gesetze, Erlasse und Verfügun-gen die Bedingungen für die Reifeprü-fung verändert. Sie erleichterten denKriegsfreiwilligen den Eintritt in denKriegsdienst. Außerdem wurdenSchüler während ihrer Schullaufbahnzum Beispiel als Flakhelfer zur Mitar-beit in der Reichsverteidigung ver-pflichtet. Damit leisteten sie ange-sichts der Bedrohung durch alliierteBombenangriffe einen lebensgefährli-chen Dienst, der auch Opfer forderte.

Die Klassenstärken und die Anzahl derSchulabgänger der Vormbaum-Schule,heute Städtisches Gymnasium, lagenim 2. Weltkrieg bei weitem unter denZahlen der neunziger Jahre. DasSchulleben war durch den Krieg ge-prägt.

Über die Kriegsjahre 1943/44 wirdim „Nachrichtenblatt der Vereinigungehem. Vormbaumschüler“ berichtet(Erläuterungen d. Verf. in Klammern):„Die Reifeprüfung machten im Jahre1943 drei Schüler, die aus gesund-heitlichen Gründen vom Heeresdienstzurückgestellt waren (Großmann,Iseringhausen und D. Lange). DieKlassen 7 und 8 (heute J 11 und J 12)wurden kombiniert. Da bei der Auf-nahmeprüfung sich zahlreicheSchüler für die Klasse 3 (heute J 7)gemeldet hatten, darunter auchverschiedene Gastschüler aus demRuhrgebiet (seinerzeit durch denLuftkrieg gefährdete Gebiete), wuchsdie Klasse 3 auf 50 Schüler an, sodass die Gesamtschülerzahl dochgehalten wurde.“

Schülerzahlen der Vormbaum-Schule,Stand 01.01.1944

Die Schülerjahrgänge der oberenKlassen wurden zum Kriegsende hinder politisch-militärischen Lageentsprechend in ihrer Personalstärkereduziert. Eine Anzahl ehemaliger

Page 34: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

33

Aufbauschüler wurde nach eigenenAngaben sowie nach Auswertung vonPersonalbögen als Flakhelfer im RaumMinden eingesetzt. Das schulischeLeben wurde dadurch nachvollziehbarstark beeinträchtigt, viel versprechen-de Schullaufbahnen wurden abgebro-chen.

Im ersten Kriegsjahr wurden lediglichdrei Schüler unmittelbar nach derReifeprüfung zur Wehrmacht und einSchüler zum Reichsarbeitsdiensteingezogen - ein nahezu friedens-mäßiges Bild.

In den folgenden Jahren jedochverließen viele Schüler der Klasse 9(heute J 13) die Schule vorzeitigohne die übliche Reifeprüfung. Das„Notabitur“ wurde geboren. DerSchulabschluss wurde bescheinigtdurch ein „Abgangszeugnis, das demReifezeugnis entspricht“ bzw. „gleich-gestellt ist“, durch ein „Not-Reife-zeugnis“ oder auch durch den Hinweis„weil Offiziersanwärter“.Zahlenangaben zu den Einberufungenvon Schülern der Vormbaum-SchulePetershagen von 1939 bis 1945:

Einberufungen aus Klasse 9 (heuteJ 13) mit „Not-Abitur“ in den Dienstbei

Einberufungen aus Klasse 9 (heuteJ 13) ohne Schulabschluss in denDienst bei

Wehrmacht 19Nationalpolitische Erziehungsanstalt 1Waffen-SS 2

Hitlerjugend 1Reichsarbeitsdienst 13Gesamt 36

Beendigung der Schullaufbahn wegenEinberufungen zum Wehrdienst odereiner ähnlichen Tätigkeit nach Klasse5 bis 8 (heute J 9 bis J 12) oderMeldung als Kriegsfreiwillige in denDienst bei

Wehrmacht 7Waffen-SS 2

Hitlerjugend 1Reichsarbeitsdienst 44Lehrerbildungsanstalt 2

Gesamt 56

Wehrmacht 26Waffen-SS 4Hitlerjugend 2Reichsarbeitsdienst 57

Nationalpolitische Erziehungsanstalt 1Lehrerbildungsanstalt 2Gesamt 92

Im Verlaufe dieser Einberufungenwurde jeweils am 10.05.1942 und am10.05.1943 der Jahrgang 1925 zumReichsarbeitsdienst eingezogen.Darunter fanden sich mit Ein-berufungsjahr 1943 auch diejenigenSchüler, die anschließend als Flak-helfer dienten. Über den Kriegsein-satz von Schülerinnen existiert keinAktenvermerk.

Ab dem 05.03.1945 wurden als„letztes Aufgebot“ die Jungen desJahrgangs 1929 in „Wehrertüchti-gungslagern“ zusammengefasst, dieglücklicherweise ab 20.03.1945wieder aufgelöst wurden.

Page 35: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

34

Schließlich verließen zwischen dem31.03.1945 und dem 05.04.1945 ausden Jahrgängen 1928 bis 1932 etwa60 Schüler/-innen die Vormbaum-Schule, um (in der Mehrzahl) „einenBeruf zu ergreifen“ oder „eine andereSchule zu besuchen“. Damit mussteder Schulbetrieb an der Vormbaum-Schule in Petershagen am 05.04.1945allein aufgrund der äußerst geringenAnzahl der verbliebenen Schüler alsnicht mehr durchführbar und beendetangesehen werden.

An diesem Tage wurde die Gemeindebesetzt.

Fliegerhorst Gütersloh, Juni 1944; auch hier dientenPetershäger Vormbaumschüler im Objektschutz alsLuftwaffenhelfer an der leichten Flak (v. l. n. r.):Jürgen Hunold, Helmut Ollmetzer, Rolf Benecke,Gotthard Willmann

Geschichtliches - Von der Schule in den Krieg

Page 36: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

35

Ausbildung und Betreuung

Die als Flakhelfer eingesetztenSchüler erhielten in den Flak-stellungen eine militärische Ausbil-dung an ihren Flugabwehrgeschützenund wurden unter anderem imFlugzeugerkennungsdienst geschult.Daneben erhielten sie weiterhin, wenndie Lage es erlaubte, einige Wochen-stunden Unterricht in ihrer Schule,oder aber sie wurden in der Geschütz-stellung von ihren Lehrern aufgesuchtund unterrichtet. Als Flakhelfertrugen sie eine Uniform mit Armbinde.Während des Dienstes erhielten sieTruppenverpflegung und waren zumWohnen in der Gemeinschafts-unterkunft in der Nähe ihrer Stellun-gen verpflichtet. Nach jeweils zweiWochen Dienst erhielten sie Urlaubvon Samstagmittag bis Sonntag-abend.

Minden, Nordhafen, September 1943; in der Flakstellung derleichten Flak werden Petershäger Vormbaumschüler eingesetzt(v. l. n. r.): Werner Vogt, Rolf Benecke, Hans Heinrich Hugo, Gott-hard Willmann, Hans Goldstein, Fritz Kammeier

In den letzten Kriegswochen wurdenmit der Verlegung von Flakbatteriensowohl an die Ostfront als auch zumBeispiel an die „Weserlinie“ vieleFlakhelfer aus einer heimatnahenVerwendung herausgerissen undhatten anschließend vor allem imFalle der Gefangennahme schwereZeiten zu überstehen.

Hermann Kleinebenne

Page 37: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Das Lehrerkollegium 1986

Zwei „Katzen“ -Anfang der 90er

Malerinnen - 1998

Lockerungsübungen - 1982

Orient ierungshi l fen

Page 38: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Maler Meier - 1998

Vielen Dank, Herr Ötting!

Karl-Wolfgang Fischer,Schulleiter 1965 - 1983

Blockierter Zugang zumHauptgebäude (Abi ‘88)

Benno Kersting,Kunsterzieher1965 - 1993

Page 39: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

38

Plauderei über eine SchulbibliothekPlauderei über eine SchulbibliothekPlauderei über eine SchulbibliothekPlauderei über eine SchulbibliothekPlauderei über eine Schulbibliothek

Heiner Schultz-GutschkeEntwicklungen

Vermutlich kennen Sieauch den Besucher oderPartygast, der sich irgend-wann im Laufe des Abendsauffällig-unauffällig anIhr Bücherregal stellt und

schaut, was es da so alles gibt. Manweiß dann immer nicht so recht, obman nun ein wenig geschmeichelt seinsoll, wenn er die Celan-Erstausgabeentdeckt hat, oder ein wenig indig-niert, weil man sich ja nun mal nichtdas Sockenfach im Kleiderschrankanguckt und Bücher doch auch dieseintime Seite haben. Der Besucherindessen - wenn er nicht ein bloßerLangweiler oder Geck ist - wird in derBibliothek, vielleicht ohne es zuwissen, Art und Wesen der Gastgeberwidergespiegelt suchen, und so ganzfalsch liegt er damit ja auch nicht -was womöglich die Indignation nurverstärkt...

So oder so ähnlich kann man auch inunserer Schulbibliothek wie in einemSpiegel vergangene Zeitlagen undStimmungen, vielleicht gar das Wesendieser Schule ablesen, wenn man sichihr behutsam und respektvoll nähert.Vorderhand allerdings ist sie einWrack: zum größten Teil in den Kellergesperrt, praktisch unzugänglich, voneinem Wasserschaden in den 60er oder70er Jahren teilweise arg mitgenom-men, provisorisch wieder aufgestellt undeines pfleglichen, gar liebevollen Um-gangs unabsehbar harrend; teils willkür-lich auseinander gerissen, teils in Fach-räume ausgelagert, seit längerer Zeitnicht einmal unzureichend fortgeführt

und ergänzt. Nein, mit dieser Biblio-thek ist kein Staat zu machen.

Und doch - sie hat etwas! Bücherhaben eben ihre Schicksale und ihrenWeg; man mag es im Büchmann odergleich bei Terentius Maurus nachle-sen. Sie geben Auskunft, wenn wir siefragen: über die Leute, die sie zusammeln wichtig genug fanden,ebenso wie über die Einrichtung, dersie auch dann noch stumm dienen,wenn diese sie fast vergessen hat.Unsere Bibliothek spiegelt eine ArtBildungseinrichtung, die es so nichtmehr gibt und mit Ausdrücken wie„Präparande“ oder „Lehrerseminar“oder „Aufbauschule“ ganz unan-schaulich und unzureichend beschrie-ben ist: Wir hatten hier in Peters-hagen bis weit in unser Jahrhunderthinein eine Art Universität auf demLande! Stellen Sie sich das einfach sovor, als würde heute ein Teil vonHarvard nach Ruanda ausgelagert:Dann wäre da natürlich intellektuellauch der Bär oder der Teufel odersonst was los. Indessen auch nur einBär. Denn man findet hier in unsererBibliothek keine Wiegendrucke derGutenberg-Bibel und vor dem 19.Jahrhundert überhaupt sehr wenig.Und von Brehms Tierleben ist nichtsals das Gerücht geblieben, es sei (vondem und dem) geklaut worden. (Aber- siehe da - ein Exemplar (1883 ff.)steht dann doch noch im Regal!)

Insgesamt spiegelt diese Bibliothekauf wunderbare und bedrückendeWeise den liberalen und konservati-

Page 40: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

39

ven Geist des deutschen Bildungs-bürgertums im 19. Jahrhundert. Ersteinmal zeigt sie eine Summe desaufgeklärt-liberalen Wissens des 19.Jahrhunderts, zugegeben mit leichtnational-konservativer Schlagseite,aber nicht gar so arger, wenn man sichklarmacht, was da an unaufgeklärtenBreitseiten auf die armen Lehramts-kandidaten hätte abgefeuert werdenkönnen - und vielleicht trotz derBibliothek abgefeuert worden ist. Daist es tröstlich, in Petershagen das„Conversations-Lexikon der neuestenZeit und Literatur“ (Leipzig 1832) zufinden, also einen ganz frühen Brock-haus - nicht ganz vollständig zwar,also antiquarisch wertlos, aber umsowertvoller als Zeichen für das, wasBildung einmal hieß: grundsolide,fortschrittlich und aufgeklärt und vollauf der Höhe der Zeit. Natürlichgehört in eine solche Bibliothek einemassive Abteilung Theologie mitschier endlosen Bänden Luther undprotestantischer Dogmatik. Und esüberrascht auch nicht eine massive

Abteilung Geschichte und Germanis-tik. Dass Treitschke, Sybel und Rankegut vertreten sind, soll ja wohl auchso sein; dass aber auch ein akademi-scher Außenseiter wie Lamprecht mit17 Bänden deutscher Geschichtevorhanden ist, lässt einen schonstaunen.

Und wenn man erst einmal anfängtzu staunen, dann gibt es eigentlichnur noch die Grenzen der eigenenUnwissenheit. So wäre es für einenNaturwissenschaftshistoriker vermut-lich aufschlussreich, in Petershagenschmale Broschüren wie K. Fajans:Radioaktivität und die neueste Ent-wicklung der Lehre von den chemi-

39

Page 41: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

40

Entwicklungen - Plauderei über eine Schulbibliothek

schen Elementen (Braunschweig²1920) oder F. Beer: Die EinsteinscheRelativitätstheorie und ihr histori-sches Fundament. Sechs Vorträge fürLaien (Wien, Leipzig 51920) oder MaxPlanck: Das Prinzip der Erhaltung derEnergie (Leipzig 1924) oder Nils Bohr:Über den Bau der Atome (Berlin1925) zu finden. Offenbar gab es hier

mal Leute, die hellwach und gutausgebildet waren und alsoaufpassten, was in ihrenWissenschaftszweigen los war. Und inanderer Hinsicht ist es nicht wenigeraufschlussreich, erst alle möglichenSchlachtenbeschreibungen des I.Weltkrieges, dann die Broschüre „Wieerhalte ich als Kriegsbeschädigteroder als Kriegerwitwe eine Kapitalab-findung an Stelle von Kriegs-versorgung“ (Oldenburg ²1916) undschließlich sechs Bände stenographi-

Page 42: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

41

sche Protokolle der deutschen Natio-nalversammlung von 1919 aufzuspü-ren. Wenn man bloß selbst mehrwüsste, könnte man aus der Geogra-phie- und Geschichtsabteilung dieDurchsetzung des Imperialismus inden Köpfen, aus den Modellbau- undSegelfluganleitungen die Wehr-ertüchtigung der Nationalsozialistenund aus den Englischbüchern die Re-education-Bemühungen nach dem II.Weltkrieg rekonstruieren.

Irgendwann - und es ist ganz müßig,nach genauen Daten, Ereignissen und„Schuldigen“ zu suchen - hat dieseBibliothek dann aufgehört, die Schulein ihrer jeweiligen Zeit widerzuspie-geln. Irgendwann war nur noch Geldfür die nötigsten Lexika und Handbü-cher da, und daneben trudelte ebenso allerlei ein: Lehrpläne und Denk-schriften natürlich, wohl auch allemöglichen Schulbücher, Broschürenzur (politischen) Bildung, Duplikateoder Teilnachlässe von Lehrern -kurzum, ein ziemliches Sammelsurium.Wenn jemand in - sagen wir mal - 50Jahren auf diesen Teil der Bibliothekblickt, kann er (oder sie) eigentlichnur sagen: Die waren damals arm oderdurcheinander oder beides.

Das mag abfälliger klingen, als esgemeint ist. Insgesamt bleibt dieseBibliothek interessant genug fürjemanden, der alte Bücher mag. Siekönnte schon heute ein Tummelplatzfür verrückte und schräge Typen sein:Allein die Untersuchung der Inventar-verzeichnisse und die Zusammenstel-lung der fehlenden Bücher ist einKapitel für sich. Und dann entsteht soein merkwürdiger Sog der Titel:

O. Jäger: Ein pädagogisches Testament(Wiesbaden 1883) oder Bartels:Schule und Sozialismus (Gera 1878),und man trifft völlig unverhofft auffast zehn Bücher zur Taubstummen-ausbildung, für die Petershageneinmal ein Zentrum war.

Am Ende landet man allemal bei denüberzeitlichen Themen: A. Messer:Wissenschaftlicher Okkultismus(Leipzig 1927), Knoke: Was kannunsere Tochter werden? (Leipzig1929) oder direkt bei den Armen-lehrplänen (Frankfurt 1925). Werdann dieser Bibliothek erst verfallenist, kann sich zurückarbeiten zu CarlVolkmar Stoy: Über Haus- und Schul-Polizei. Ein Vortrag, gehalten imWissenschaftlichen Verein zu Berlinam 19. Januar 1856 (Berlin o. J.),besser aber noch bis zu JohannHeinrich Campe: Allgemeine Revisiondes Gesammten Schul- und Erzie-hungswesens von einer Gesellschaftpraktischer Erzieher, 11 Theile (Ham-burg 1785 - 1788). Das bleibt amEnde doch die Daueraufgabe.

Heiner Schultz-Gutschke

Page 43: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

42

VVVVVerborerborerborerborerborgen, nicht verlorgen, nicht verlorgen, nicht verlorgen, nicht verlorgen, nicht verlorenenenenen

Rolf KohlmeierEntwicklungen

Da stehen sie nun,aufgereiht und katalogi-siert auf meterlangenRegalen oder in Ecken

und Kartons in einem Kellerraumunseres Gymnasiums, die ausgemuster-ten „Schätze“ und „Schätzchen“ auchaus der Sammlung Biologie, die ohnedas Engagement von HerrnBattermann sicher größtenteils längstauf dem Müll gelandet wären: alteKarten und auf Pappe aufgezogene,relativ kleinformatige Schautafeln, diezwar heutigen Ansprüchen nicht mehrgenügen, doch bei aller äußerlichenUnansehnlichkeit dem interessiertenBetrachter eine Fülle naturgetreugezeichneter Details offenbaren undden hohen Stellenwert der botani-schen und zoologischen Systematik imBiologieunterricht früherer Zeitenrepräsentieren; daneben klein zusam-mengefaltete Pappen, die an denFalzen mit Leinen verstärkt sind undbeim Versuch, sie zu entfalten, dreidi-mensionale Modelle des licht-mikroskopischen Sprossaufbaus vonHolzgewächsen ergeben; ausgebleich-te Spirituspräparate mit in Sütterlin-schrift gestalteten Etiketten, die nochaus der Zeit der preußischen Präparan-denanstalt um 1900 stammen und diein heutiger Zeit zuallererst einmalEkelreaktionen bei Schülern hervorru-fen würden, wenn man überhauptnoch einmal darauf zurückgriffe.

Aus dieser Zeit stammen auch nochdie meisten Stopfpräparate, die immer

Schätze im Archiv (Biologie)

noch in der Sammlung Biologiestehen und von denen bisher nurbesonders unansehnlich gewordeneStücke im Archiv gelandet sind, dochdazu später Näheres. Außerdem gibtes verschiedene Modelle vor allem ausden 50er und 60er Jahren aus demBereich der Menschenkunde, teilsäußerlich wenig ansehnlich undlaienhaft repariert oder in relativgutem Zustand, aber trotzdem vongeringem Anschauungswert. Danebengibt es noch eine ganze Modellreiheeinheimischer Pilze, die erahnen lässt,dass Pilze früher im Unterricht einenanderen Stellenwert hatten als heute.Die Farben der Modelle sind imVerlauf der Jahrzehnte starkverblasst und lassen daher nur nochmit Mühe die dargestellte Art auchals solche erkennen. Sicher wäre nochetliches zu ergänzen, wenn man demUmfang des Archivs gerecht werdenwollte.

Gewiss, das Stöbern im Archiv för-dert manches mehr oder wenigerinteressante Stück zutage, dasEindrücke vom Biologieunterrichtvergangener Zeiten vermittelt, dochhier gleich von „Schätzen“ zu spre-chen, scheint sicher vielen dochetwas übertrieben, zumal jenen, beidenen der materielle Wert eines„Schatzes“ im Vordergrund steht.

Dürften sich allerdings Sammler altertechnischer Geräte im Archiv umse-hen, so könnte der eine oder andere

Page 44: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

43

vielleicht doch glänzende Augenbekommen. Immerhin findet man dorteinen Mikroprojektionsapparat nochmit Bogenlampe der Firma Leitz ausdem Jahre 1959 einschließlich desdazugehörigen Trafos, der allerdingskeine Chance mehr hätte, die heuti-gen elektrotechnischen Sicherheitsan-forderungen zu erfüllen, und dessenAnschaffungspreis immerhin 1850 DMbetragen hat. Aus derselben Zeitstammt auch ein Leitz Mikro-photographieapparat, der 1997 imEinvernehmen mit dem Schulträger aneinen interessierten Sammler verkauftwurde. Von dem Erlös konnte immer-hin ein zusätzliches hochwertigesLichtmikroskop für Schülerübungenangeschafft werden. Noch wesentlichälter ist ein Agfa 16mm-Stumm-filmprojektor Jahrgang 1935 in einemunscheinbaren Holzkoffer einschließ-lich eines handbetriebenen Rückspul-gerätes, dessen damaliger Anschaf-fungspreis aber unbekannt ist. Noch-mals älter ist ein Mikroskop der FirmaSteindorf, Berlin, dessen Herkunftnicht mehr sicher zu belegen ist, dasaber vermutlich ebenfalls zum Be-stand der preußischen Präparanden-anstalt gehört hat.

Neben diesen relativ alten Gerätenstehen aber auch solche der jüngerenGeneration, die den Aufbruch in eineneue Welt der elektronischen Medienrepräsentierten. Aus dem Jahre 1978stammen ein VCR-Videorecorder undein Fernsehexperimentiergerät mitintegriertem Kontrollmonitor, elek-tronischen Zeigern und Beleuchtungs-einrichtung - damals gewissermaßender „letzte Schrei“ bei den nochrelativ neuen Medien. Die rasantetechnische Entwicklung führte sehr

bald zur Ablösung des VCR-Systemsdurch das VHS-System, und dasExperimentiergerät, das eigentlichmit Hilfe der Schwarzweiß-Fernsehka-mera dazu dienen sollte, kleinsteDinge auf den Fernsehbildschirm zubringen, erwies sich in der Praxis alsso reparaturanfällig, dass es schonnach wenigen Jahren als Fass ohneBoden betrachtet werden musste undschließlich defekt ins Archiv abge-schoben wurde. Der Wert diesesElektronikschrotts wird sich in Gren-zen halten. Angesichts der damalsrecht hohen Anschaffungskostendürfte dieses Beispiel eher als Mah-nung zu werten sein, nicht jedemneuen Trend zu schnell zu folgen.

Ist es jedoch gerechtfertigt, Schätzeallein an ihrem materiellen Wert oderder Nachfrage von Sammlern zumessen? Diese Frage ist sicher zuverneinen, geben uns doch die vielenGegenstände des Archivs in ihrerGesamtheit einen Eindruck vomBiologieunterricht vergangenerJahrzehnte und lassen so besondersanschaulich seinen Wandel erkennen,und gerade darin liegt wohl derwirkliche „Schatz“ des Archivs.

Ich möchte dies an nur zwei Bei-spielen verdeutlichen.

Das aus dem Jahre 1966 stammendekleine Torsomodell wirft in seinerUnvollkommenheit ein bezeichnendesLicht auf den damaligen Menschen-kundeunterricht, in dem die Sexual-kunde, wenn überhaupt, äußerststiefmütterlich behandelt wurde,heißt es doch noch in einem Buch *)

zur Methodik und Didaktik desBiologieunterrichts aus dem Jahre

43

Page 45: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

44

Entwicklungen - Verborgen, nicht verloren

1971: „Die Unterrichtseinheit (ge-meint ist die Sexualkunde, d. V.)sollte in der 6. Klasse etwa eineUnterrichtsstunde in Anspruch neh-men.“ In etlichen Bundesländern warein solcher Unterricht überhaupt nurdurchführbar, wenn zuvor Schulleiterund Eltern ihr Einverständnis erklärthatten. Auch wenn für diese Thematikin der 10. Klasse mehr Zeit vorgese-hen war, heißt es in diesem Werk *)

unter der Überschrift „Anschauungs-mittel“ weiter: „Medizinische Bildta-feln mit zu realistischen Darstellun-gen sind für Mittel- und Unterstufenicht geeignet.“ Angesichts solcherAuffassungen ist es nur zu verständ-lich, dass auch die damals im Unter-richt eingesetzten Torsomodelle imGegensatz zu den heutigen keineHinweise auf das Geschlecht besitzendurften und daher zwangsläufigunvollständig sein mussten. EinVergleich heutiger Biologie-Lehrbü-cher mit den alten im Archiv verdeut-licht die gewaltigen Veränderungen indiesem Fach - und das nicht nurbezogen auf die Sexualerziehung.Realistische Darstellungen sind heutejedenfalls in allen Lehrbüchern eineSelbstverständlichkeit.

Als weiteres Beispiel, das für gewis-se Veränderungen im Fach Biologiesteht, sollen die Stopfpräparatedienen, von denen bisher nur einkleiner Teil im Archiv gelandet ist.Die vielen Vertreter vor allem ein-heimischer Vögel, die dank derInitiative von Herrn StR Drees auchaus Beständen der NS-Lehrerbil-dungsanstalt bei deren Auflösungim Jahre 1945 dem damaligenAufbaugymnasium zugeführt wor-den sein sollen, hatten bis 1997

ihren Stellenwert vor allem imUnterricht der Klasse 6. Mancheschon ins Archiv überstellten Exem-plare wurden sogar wieder reakti-viert.

Jahrzehntelang dienten diese Präpa-rate Schülern und Lehrern als hervor-ragende Anschauungsobjekte, andenen man die arttypischen Merkmaleaus nächster Nähe und von allenSeiten studieren konnte. VieleSchülergenerationen haben dieseausgestopften Vögel nach Schnabel-und Fußformen sortiert und so we-sentliche Ordnungskriterien erarbei-tet. Mancher Schüler hat auch dieSpitzen von Igelstacheln getestetund das harte Fell eines Dachses oderdas weiche Gefieder einer Eule ganzvorsichtig gestreichelt. Dass einsolcher Umgang mit den ObjektenSpuren hinterlassen hat, versteht sichvon selbst.

Heute besteht allerdings die „Hoff-nung“, dass, dank eines Runderlassesaus dem Jahre 1997, keine weiterenBeschädigungen der von uns so sehrgeschätzten Stopfpräparate zu erwar-ten sind. Hintergrund dieses Erlassessind Untersuchungen zweier Institute,die unabhängig voneinander zu demErgebnis gekommen sind, dass sich inden Federn bzw. im Fell von Tier-präparaten - vor allem bei denen, dieälter als 20 Jahre sind - hohe Konzen-trationen von Arsenverbindungennachweisen lassen. Arsenverbin-dungen gelten als krebserregend, unddeshalb ist dafür Sorge zu tragen,dass eine Gesundheitsgefährdungauszuschließen ist. In der Praxisbedeutet dies die Aufbewahrung instaubdichten Vitrinen, aus denen die

Page 46: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

45

Exemplare nicht einmal mehr zuDemonstrationszwecken herausge-nommen werden dürfen, oder dasEinschweißen in Kunststofftüten. Alsletzte Möglichkeit ist eine ordnungs-gemäße Entsorgung als Sondermüll zuerwägen. In jedem Falle sind damit dieEinsatzmöglichkeiten dieser Präparateim Unterricht stark eingeschränkt undwird Schülern die Chance genommen,sich die ausgestopften Tiere, denensie lebend selten oder überhauptnicht begegnen würden, aus nächsterNähe und von allen Seiten anzuschau-en. Bilder oder eine multimedialeBegegnung per Computer, die inzwi-schen schon zum Alltag gehört,können diese Erfahrungen sicher nichtersetzen.

Aus der Sicht eines Archivars hatdiese Entwicklung vielleicht auch ihrepositiven Seiten, denn möglicherweise

werden angesichts der Erlasslageweitere Stopfpräparate einen Dauer-platz im Keller finden. Hier spielt eskeine Rolle, ob die möglicherweise inFolientüten eingeschweißten „Schät-ze“ aufgrund von Lichtreflexen Einzel-heiten kaum mehr erkennen lassen.Sicher ist jedenfalls, dass diese Schät-ze auf keinen Fall entsorgt werden.

Rolf Kohlmeier

*) Werner Siedentop, Methodik undDidaktik des Biologieunterrichts,Heidelberg 1971

Page 47: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

46

WWWWWie lange wirkt ein Physiklehrie lange wirkt ein Physiklehrie lange wirkt ein Physiklehrie lange wirkt ein Physiklehrie lange wirkt ein Physiklehrer?er?er?er?er?

Hartmut BrunsEntwicklungen

Am 29.05.1899 wurde inBreslau in der FamilieHippe ein Junge geboren.Davon zehre ich heutenoch. Als Dr. Hippe bautedieser Junge nach demKrieg die physikalische

Sammlung des Staatlichen Aufbau-gymnasiums auf. Selbstverständlichsind von seinen Geräten die meisteninzwischen ausgesondert, wirklichüberraschend ist aber, dass es dochnoch einige Dinge in der Sammlunggibt. Ich verwende z. B. noch immerdie acht von Dr. Hippe selbst gewickel-ten Messwiderstände. Dabei handelt essich jeweils zunächst um einPappröhrchen von etwa 2 cm Durch-messer, auf das mit großer Sorgfaltund mit der Hand Kupferdraht aufge-wickelt ist. Das Röhrchen ist auf eineHolzplatte geklebt, die ihrerseitswieder auf vier handgeschnitztenKorkfüßen steht. Die Enden der Spu-lenwicklung sind an 4-mm-Buchsengeführt (die Norm hat sich erfreuli-cherweise bis heute gehalten), die indie Holzplatte eingelassen sind. Injedem Röhrchen befindet sich einkleiner Zettel, auf dem Herr Dr. Hippeden ohmschen Widerstand und dasDatum der Messung angegeben hat.Die Widerstände sind bei seinen be-scheidenen Mitteln tatsächlich in dervon ihm angegebenen Genauigkeitrichtig bestimmt, und sie haben einenfür den „Elektronik“bastler (das Wortgab es damals noch nicht, es hießschlicht „Elektrizität“ und der Bastler„Elektrobastler“) schätzbaren Vorzug:Sie sind nämlich induktionsfrei gewi-

ckelt, d. h. zur Hälfte mit dem einenund zur Hälfte mit dem anderenUmlaufsinn. Dr. Hippes Lieblingsgebietscheint die Hochfrequenztechnikgewesen zu sein.

Dr. Hippe

Von ihm stammt auch noch der Beginnder Inventarisierung der Physikgeräte.Seine Beschriftungen sind bis heute diehaltbarsten und schönsten. Lange Zeithabe ich ihn beneidet um seine ruhigeHand und die Geduld, mit der er dieInventarnummern aufgetragen hat.Später erfuhr ich dann, dass er nichtselbst mit einem feinen Pinsel undweißer Plakafarbe auf die Gerätegeschrieben hat, sondern er zog sichdazu seinen Sohn und andere Schülerheran: Die mussten zunächst aufwertlosem Material üben, bis sie saubergenug schreiben konnten, dann durf-ten sie die Inventarnummern auf dieGeräte - eher malen als schreiben. DieseKinder lernten dabei: Geduld, Sorgfalt,Liebe zu physikalischen Geräten,selbstlose Hingabe an eine der Gemein-schaft nützliche Tätigkeit. Einer vonihnen war Weitenkamps Hanerich ausMeßlingen, jetzt ist er Lebensmittel-chemiker in Kiel.

Page 48: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

47

Ein wenig schwer verständlich ist fürmich, dass diese akribische Beschrif-tung nicht bei jedem die Achtunghervorruft, die sie verdient. So hateinmal ein Kollege eine Schulklasseüber die Sammlung gelassen, dieZettel mit Schranknummern auf dieGeräte - und leider auch auf dieInventarnummern klebte. Der Schadenist noch nicht behoben, dem hilfrei-chen Kollegen auch noch gar nichtbewusst, glaube ich.

Im Umgang mit den Kindern war Dr.Hippe wohl eine ganz eigene Erschei-nung mit sehr direktem Charme. Sohat er, nachdem er eine Frage gestellthatte, einmal eine Schülerin mitfolgenden Worten aufgerufen: „DieDumme da, hinter der Faulen!“ - Sohat es mir die „Dumme“ selbst berich-tet, jetzt ist sie Ärztin. Eine derartigeZielansprache war, bei aller Präzision,wohl auch damals schon mutig, dennauch da gab es tüchtige Pädagogen.Heute ist so etwas ganz undenkbar.

In der herrschenden Phraseologiemüsste man etwa sagen: „Die sozialKompetente da, hinter der sozialAktiven!“, und selbst dann wäre esviel gewagt.

Meine Geschwister - und viele seinerSchüler - haben ihn geliebt, weil ermit ganzer Seele Lehrer war, wenn erlehrte. Er hatte auch immer einigeSchüler, die nachmittags mit ihm inder Physiksammlung arbeiten durften,was immer eine Auszeichnung war. DieWirkung auf seine Schüler wird freilichlänger dauern als die auf die Samm-lung, Software hält länger als Hard-ware.

Vor einigen Jahren ist Dr. Hippegestorben und auf dem PetershägerFriedhof begraben worden.

Hartmut Bruns

Dr. Hippes Arbeitstisch

Page 49: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

48

Der Siegeszug der technischen MedienDer Siegeszug der technischen MedienDer Siegeszug der technischen MedienDer Siegeszug der technischen MedienDer Siegeszug der technischen Medienin der Schulein der Schulein der Schulein der Schulein der Schule

Raimund KnollEntwicklungen

Nachdem der Computerbereits in viele Bereicheder Industrie und Wirt-schaft eingezogen warund die Arbeitsweltgewaltig verändert hatte,begann vor mehr als 20Jahren auch im Städti-schen Gymnasium Peters-hagen das „Computer-zeitalter”: Im Oktober1978 konnte aus Landes-mitteln ein erster Rechnerangeschafft werden. Dochzuvor mussten nocheinige Hürden genommenwerden. Einerseits warenÜberredungs- und Über-zeugungskünste nötig,um die Vorbehalte einiger

Kollegen gegenüber diesem neuenMedium aus dem Weg zu räumen,andererseits musste ein Computer-modell gefunden werden, das sowohlfür die Verwaltung als auch für denUnterricht geeignet war. Aus diesemGrund besuchten Herr Frese und ichsogar die Computermesse CEBIT 1978in Hannover, um uns vor dem Kaufeines Gerätes genügend Informatio-nen „vor Ort” über mögliche geeigneteComputertypen zu beschaffen.

Zu diesem Zeitpunkt waren inDeutschland noch keine Home-PCs,wie sie heute in fast jedem Haushaltzu finden sind, auf dem Markt. ImWesentlichen gab es für die Schule nurzu große und zu kostspielige Compu-ter der mittleren Datentechnik, wie

Unser WANG

48

Page 50: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

49

sie in der Industrie und in großenWirtschaftsunternehmen eingesetztwurden, oder Computer für spezielleAufgaben, z.B. für die Buchhaltung.

Unser erster Computer, ein WANG vomTyp System 2200, war ein frei pro-grammierbarer Bürocomputer. Erbestand aus einer Zentraleinheit mit16 KB Speicher, zwei 8”-Disketten-laufwerken mit je 256 KB Speicherund einem Nadeldrucker. Vergleichtman diese Ausstattung mit einemaktuellen Home-PC, dann ist derHauptspeicher eines aktuellen Gerätestausend- bis fünftausendmal so groß,auf den viermal so kleinen Diskettenvon heute kann fünfmal so viel ge-speichert werden; eine Festplatte, dieheute in jedem PC ist, war damalsnoch nicht vorhanden, so dass alleDaten von der Diskette aus bearbeitetwerden mussten, und das System wardamals etwa zwanzigmal so teuer wieein moderner Pentium-Rechner, derzigtausendmal so schnell ist wie unserWANG 2200.

Und doch waren wir stolz aufunseren WANG, diesen fortschrittli-chen „Bürocomputer”, hatten dochviele Gymnasien überhaupt kein Gerätoder ein Gerät mit einem einfachenKassettenlaufwerk, auf dem Datenver-arbeitung nur schwer möglich war.Zusätzlich konnte unser Computerschon in BASIC programmiert werden,während an anderen Schulen noch –sehr umständlich und nicht schüler-gerecht – Programme in Maschinen-sprache entwickelt wurden. DieHoffnung, mit dem WANG auf einenoch modernere Programmiersprache

wie PASCAL aufsteigen zu können,konnte nicht erfüllt werden, obwohlman uns das auf der CEBIT in Aussichtgestellt hatte.

Dieses Gerät sollte zwei Aufgabenerfüllen: Zum einen sollten Schüler indie Informatik eingeführt werden,zum anderen wollten wir ihn auch inder Schulverwaltung einsetzen.

Das zweite Vorhaben gelang mir mitHilfe einiger engagierter Schülerrelativ schnell und in Anbetracht derbescheidenen Speicherverhältnisse aufdem Computer recht ordentlich; inArbeitsgemeinschaften wurden dieerforderlichen Programme zur Verwal-tung der Schülerdatei „kunstvoll”entwickelt, und die Daten wurden vonFrau Kracht, der damaligenSchulsekretärin, die dem neuenMedium gegenüber sehr aufgeschlos-sen war, mühsam eingegeben. Bereitsim Schuljahr 1979/80 konnten dieDaten der Jahrgangsstufe 5 und imdarauf folgenden Jahr die Daten allerSchüler mit Hilfe der EDV verarbeitetwerden. Listen aller Art wie dasSchülerverzeichnis, Klassenbuchlistenu.ä. und auch Anfragen wie z.B.,wieviele Schüler welcher Jahrgangs-stufe an welcher Haltestelle ein- undaussteigen, konnten bald – nacheiniger Programmierarbeit – kurzfris-tig beantwortet werden. DieserComputer war in der Schulverwaltung

Page 51: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

50

im Gebrauch, bis er 1988 reparaturan-fällig wurde und von seinen Leis-tungsdaten her veraltet war.

Für den Unterricht war der WANGallerdings nicht so gut geeignet, wiesich bald herausstellte. Aus denanfänglichen kleinen Arbeitsgemein-schaften von „Individualisten undHackern” hatten sich seit dem Schul-jahr 1980/81 zahlenmäßig stärkereGrundkurse entwickelt. Die Schülerkonnten zwar an einem von derSchulmark bereitgestellten Fernsehge-rät verfolgen, wie der Lehrer oder einMitschüler Programme erstellte undtestweise laufen ließ, aber diesesZuschauen und Miterleben war keinErsatz für das selbstständige Entwi-ckeln eines Programms an einem

eigenen Gerät. Für den Kauf weitererComputer desselben Typs waren keineMittel vorhanden. Im Vergleich zu denzu diesem Zeitpunkt den Markterobernden Home-Computern war erauch viel zu teuer und nicht mehrleistungsfähig genug.

So war es zweckmäßiger, auf einenneuen Computertyp umzusteigen.Inzwischen gab es auf dem Computer-markt verhältnismäßig preiswerte undleistungsstarke Kleincomputer unter-schiedlicher Hersteller. Wieder musstesondiert werden, um das richtigeGerät zu kaufen. Entscheidend wardieses Mal das Kriterium, dass dieProgrammiersprache PASCAL fürdiesen Computer vorhanden war. ImJuli 1981 wurden zwei APPLE II+

Entwicklungen - Der Siegeszug der technischen Medien

Basis 108Apple II-kompatibler PC - 1984

Page 52: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

51

einschließlich der entsprechendenSoftware angeschafft, so dass vondiesem Zeitpunkt an - bis heute - mitder für den Unterricht viel bessergeeigneten ProgrammiersprachePASCAL gearbeitet werden konnte.Nach und nach wurden weitere AppleII-kompatible Geräte gekauft, bisschließlich 1985 sieben Computervorhanden waren, so dass in einemdurchschnittlichen Grundkurs je dreiSchüler an einem Computer arbeite-ten.

Das Fach Informatik wurde von denSchülern gut angenommen, zeitweiliggab es in der Jahrgangsstufe 11 vierGrundkurse. In der differenziertenMittelstufe wurde die Informatikzunächst im Bereich der Mathematik,seit 1986 auch als selbstständigerAufbaukurs angeboten; im Schuljahr1988/89 kam zum ersten Mal einLeistungskurs Informatik zustande.Dazu ist anzumerken, dass dieCurricula für das Fach Informatik inden verschiedenen Schulstufen erstgeschaffen werden mussten, zum Teilwurden sie von uns mit aufgebautund erprobt.

Ein weiterer Ausbau der Hardware warbei den vielen Kursangeboten unum-gänglich. Da der Apple II nicht weiterproduziert wurde, musste wieder einComputersystem gesucht werden, indas die vorhandenen Computer inte-griert werden konnten. Da es imWesentlichen auf die Software - dieProgrammiersprache PASCAL undverschiedene Anwendersoftware -ankam, entschieden wir uns für dieinzwischen erschwinglich gewordenenIBM-kompatiblen PCs. Der erste

Commodore PC wurde uns 1986 voneinem Kreditinstitut in Petershagengespendet, weitere wurden aus demSchuletat angeschafft, so dass wir1990 einen voll ausgestattetenInformatikraum hatten: zwölf Compu-ter – zwar mit Schwarz-weiß-Monito-ren -, die in einem einfachen Netzwerkmiteinander und mit einem Druckerverbunden waren, und zusätzlich einLaptop, auf dem die Unterrichts-ergebnisse über ein Overlay-Display(einen „durchscheinenden Monitor”)an eine Leinwand projiziert werdenkonnten.

Nach und nach wurden diese Geräteauch mit Festplatten versehen, die in„Eigenleistung” von uns Lehrerneingebaut wurden. Nachdem die ersteAchtung vor den Geräten gefallen war,wurden zusammen mit technisch

Page 53: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

52

begabten Schülern weitere Umbau-und Aufrüstmaßnahmen vorgenom-men, neue Netzwerke eingerichtetund aufgebaut sowie Computergewartet und repariert - und das istbis heute so geblieben. Es wurdenneue Motherboards und Zubehörteilegekauft und eingebaut, so dass ausden „lahmen” XTs allmählich schnelle-re ATs wurden, aus ATs wurden80386er, aus 80386ern wurden80486er. Heute sind fast alle Geräte –immer und immer wieder in Eigenleis-tung – mit Hilfe von „Hardware-Spenden” (ausgediente Mother-boards, Festplatten u.ä.) mehrererFirmen, durch Lehrer- und Schüler-spenden, durch Mittel aus derSchulmark (Farbmonitore, Netzwerk-karten und Festplatten) und durchandere Mittel des Schuletats auf denPENTIUM-Standard gebracht.

Bald reichte ein Computerraum nichtmehr aus, um den Unterrichtsbedarffür alle Schulstufen zu decken. Das1985 projektierte Rahmenkonzept für„Neue Informations- und Kommuni-kationstechnologien in der Schule”,später „Informations- und Kom-munikationstechnologische Grund-bildung” – kurz IKG, ITG oder GRIN –genannt, sah vor, dass alle Schüler inden Jahrgangsstufen 7 bis 9 fächer-übergreifend an drei Projekten teil-nehmen sollten, die sich mit demEinsatz neuer Medien und Technologi-en in der Industrie und Wirtschaftbefassen. In diesem Zusammenhangwurden 1991 einfache Kartenleser,Styroporschneider und technischeBaukästen zum Bau von primitivenRobotern angeschafft, um damit denEinsatz von Scanner-Kassen in Super-

märkten oder die Verwendung vonRobotern in der industriellen Ferti-gung zu simulieren und gleichzeitigdie Auswirkungen der Neuen Medienauf die „Lebenswelt” reflektieren undbeurteilen zu können. Damit parallelzu GRIN kleinere Grundkurse oderLeistungskurse am Computer arbeitenkonnten, wurde 1993 ein weitererInformatikraum zunächst mit vierComputern eingerichtet, der auf 12Computer und einen Netzwerkserverausgebaut wurde.

Ein zweiter Netzwerkserver wurde1997 erforderlich, als es darum ging,neben der Vernetzung zum Datenaus-tausch und zur gemeinsamen Nutzungvon Druckern eine Vernetzung zumArbeiten im Internet zu erreichen.1996 startete das bundesweite Pro-jekt „Schulen ans Netz” (SaN), in demeinem Großteil der Schulen inDeutschland von großen Computer-firmen als Sponsoren Hardware undverbilligte Software, von der TELEKOMein ISDN-Anschluss und im gewissenUmfang Kostenerstattung von Tele-fongebühren sowie von verschiedenenAnbietern ein kostenloser Zugangzum Internet zur Verfügung gestelltwurden. So erhielt auch das Gymnasi-um Petershagen einen ISDN-Anschluss,einen HP-Rechner und eine ISDN-Karte für den Rechner, so dass mansich zunächst von einem Gerät aus indas Internet einloggen konnte. Dadieses von der Unterrichtsmethodikher gesehen sicherlich nicht ausreich-te, wurden – wieder in Eigeninitiativeund in vielen Freizeitstunden - einKommunikationsserver und ein Linux-

Entwicklungen - Der Siegeszug der technischen Medien

Page 54: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

53

Netz aufgebaut, so dass man heutevon allen Plätzen der Computerräume„im Internet surfen” kann.

Auch dieser zweite Informatikraumwird voraussichtlich nicht ausreichen,um den Bedarf an Computerunter-stützung zu decken, sei es im Bereichder Informatik in allen Schulstufen,im Bereich GRIN, in Mathematik,Technik und den Naturwissenschaftenoder – durch die Internet-Anbindungbzw. als Multimedia-Geräte – auch inden geistes- und gesellschafts-wissenschaftlichen Fächern. So wirdschon heute ein weiterer Multimedia-raum geplant - oder besser: ange-dacht -, in dem möglichst jeder oderzumindest je zwei Schüler an einemMultimediagerät arbeiten, den Um-gang mit dem Internet lernen, sich die

nötigen Informationen aus demInternet beschaffen, ein Musikstückam Computer komponieren oder einenSprachkurs am Gerät absolvierenkann/können. Das, was ich 1968 alsAbiturient in einer Zukunftsvisionüber „die Schule von morgen” gelesenhabe („Jeder Schüler hat in der Schuleseinen eigenen Rechner, die Lehrersind (nahezu) überflüssig gewor-den.”), wäre damit ein kleines Stück-chen näher gekommen, zumindest wasdie Anzahl der Computer in der Schuleangeht.

Raimund Knoll

Browserfenster der Festschrift im Internet

Page 55: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

54

“““““Kultur auf dem Lande“Kultur auf dem Lande“Kultur auf dem Lande“Kultur auf dem Lande“Kultur auf dem Lande“Klaus Lewin

Heinrich Rötger

Entwicklungen

Die Überschrift weckt Skepsis, for-dert beim Leser dazu heraus, einFragezeichen - zumindest gedanklich -anzufügen. Und in der Tat ist Kulturauf dem („platten“) Lande meist nurmit Abstrichen vorstellbar, zumindestwar sie in länger zurückliegender Zeitwirklich problematisch. Wie sollte eineSchule mit geringer Schülerzahl, mitSchülern, die vorzugsweise aus einerländlichen Umgebung stammten, ineiner Kleinstadt, die verkehrsmäßignur durch eine „Kleinbahn“ erschlos-sen war, deren Schüler auf dieseKleinbahn, auf das Fahrrad bzw. ihreFüße angewiesen waren (Ausnahme:die wenigen Internatsschüler), wiesollte eine solche Schule es verwirkli-chen, der ländlichen Umgebung„Kultur zu bringen“?

Jede Veranstaltung erfordert entspre-chende Vorbereitung, das beinhaltetvor allem eine Vielzahl von Probenoder aber Trainingseinheiten, undallein diese Tatsache bedeutete unterden damaligen Gegebenheiten für alleBeteiligten eine heute kaum vorstell-bare zeitliche und oft auch witte-rungsmäßige Belastung (bei Radfahr-ten im Regen, beim häufigen Wartenauf die Weserfähre) - ganz abgesehenvon der begrenzten Auswahlmöglich-

keit bei so wenigen Schülern und auchLehrern. - So wundert es nicht, dassfrühe Aktivitäten am Aufbau-gymnasium Petershagen - sofern dieÜberlieferungen überhaupt etwasdavon melden - spärlich blieben, dassnur in Ausnahmefällen in der damalsnoch vorhandenen Schulaula (mitihren gut 200 Sitzplätzen) oder derkleinen Turnhalle (mit dem als Bühnedienenden erhöhten Gymnastikraum)Aufführungen stattfinden konnten -im Regelfall nur vor den eigenenSchülern und allenfalls einem kleinenTeil der an „ihrer“ höheren Schuleinteressierten Bürger der KleinstadtPetershagen. Erst das Wachsen derSchule seit den sechziger Jahren,verbunden mit der zunehmendenVerkehrserschließung der Stadt,später besonders die der Schule durchneue Schulbusanbindungen, auch dieVerbreitung des eigenen Autos in denFamilien (in den letzten Jahrenzunehmend sogar bei einem Teil derSchüler der Oberstufe) und schließlichdie Neubaumaßnahmen schufen dieäußeren Voraussetzungen für mehrAktivitäten - unter den Schülern undauch für ein breiteres Publikum.

In der Rückschau der beiden Verfasserdieses Beitrags gibt es nur vageErinnerungen an einzelne Aufführun-gen einer jeweils kleinen Theatergrup-pe unter der Leitung von FrauMatthes, die eigentlich nur dannstattfanden, wenn einzelne schauspie-lerisch begabte Schüler zur Verfügungstanden, gibt es Erinnerungen an

Page 56: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

55

Szene aus „Krabat“ - 1999

Szene aus „Alfred Jodokus Quak“ - 1999

Page 57: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

56

Entwicklungen - „Kultur auf dem Lande“

begrenzte Gymnastik- und Tanzvor-führungen, erwachsen aus dem Sport-unterricht der Mädchen unter derdamaligen Gymnastiklehrerin FrauAßmann / Ratzel, später unter FrauFlüchter/Scheideler, dann unter FrauLauf/Lackner, dann unter FrauKuhlmann/ Kleinebenne, an früheBannerkampferfolge einzelner sport-lich begabter Jungen oder auch derdamaligen Handballmannschaft,später die Erfolge bei Kreis-, Bezirks-und Landesmeisterschaften in ver-schiedenen Ballsportarten (derTurnhallenflur ist voll von Sieger-urkunden für die Fußballer undHandballer), wobei vor allem diegroße Zeit der Petershäger Volley-baller herausgehoben werden mussmit ihren Erfolgen - bis hin zum Siegim Wettbewerb „Jugend trainiert fürOlympia“ beim Abschlussturnier inBerlin, Erfolge, die auf die frühe„Entdeckung“ und Förderung dieserSportart durch den damaligen Inter-

natsleiter, Herrn Brasche, zurückzu-führen waren.

Die Rückschau auf die sechziger unddie frühen siebziger Jahre leitet dannüber in die konkreteren Erinnerungenan die Fortführung, Erweiterung undErgänzung solcher und ähnlicherAktivitäten, gefördert durch steigen-de Schülerzahlen und damit wachsen-de Auswahlmöglichkeiten, durch dieNeubaumaßnahmen mit dem Pädago-gischen Zentrum und vor allem derviel größeren Sporthalle, aber auchgefördert durch eine große Zahl vonoft heute noch an der Schule aktivenLehrerinnen und Lehrern, die im Zugedes Wachsens der Schule nach Peters-hagen versetzt wurden und sich hier -nicht selten nach anfänglicher Enttäu-schung über die „Verbannung in dieProvinz“ - sehr bald an dieser Schulemit ihrer Schülerschaft wohl fühlenkonnten.

Page 58: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

57

In der Fortführung der Reihe dersportlichen Aktivitäten ist hier zuerinnern an den „Fußball-Altmeister“Herrn Withöft, der auch den Grund-stein gelegt hat für den Aufbau desRudersports, der unter HerrnKleinebenne bis heute weitergeführtwird und der wegen des großenSchülerzuspruchs vor einer Reihe vonJahren zum Bau des Bootshauses ander Weser bei Graßhoff geführt hat, andie Einführung und langjährige Förde-rung des Basketballs an der Schuledurch Herrn Beinke, an die vielenAktivitäten und schulinternen wieöffentlichen Auftritte der Gymnastik-und Tanz-Arbeitsgemeinschaftenunter der Leitung von Frau Beinke, andie Einrichtung der Tischtennis-AGund ihre Erfolge unter ihrem BetreuerHerrn Battermann, an die Handballer,an den Beginn des Badminton-Spielsin jüngster Zeit... Die erwähntenNamen stehen für die „Pioniere“ inden Anfangsjahren; zum Teil sind dieGenannten bis heute in diesenSpezialdisziplinen aktiv, häufig aberhaben Jüngere ihre Arbeit aufgenom-men und führen sie bis heute weiter -die Zahl der Beteiligten ist weitausgrößer geworden als in den „Gründer-jahren“ - entsprechend dem Wachsender Schule mit dem der Zahl ihrerSchüler und Lehrer.

Neben den vielen Betätigungsfeldernim Sport ist aber nun vor allemhinzuweisen auf all die Bereiche, andie beim Thema „Kultur“ vorrangiggedacht wird und deren zaghafteAnfänge auch schon angedeutetworden sind. Einzugehen ist dabesonders auf die Pflege des Theater-spiels, begründet durch Frau Matthes,

der mit Herrn Hoock und (zwischen-zeitlich) Herrn Oeding zwei Helfer,später Nachfolger zur Seite standen,die die Theater-AG zu der Institutiongemacht haben, deren Aufführungeninzwischen das Pädagogische Zentrumjeweils mehrmals bis auf die „Notsit-ze“ füllen und deren Repertoire vonder ernsten (und alten) Klassik(„Antigone“ des Sophokles) über die„klassische Moderne“ (Brecht, Dürren-matt) bis zum modernen Lustspiel(Hochhuth: „Lysistrate und dieNATO“) und Problemstück („DieWelle“) reicht. Hervorzuheben sindneben der Vielzahl von inzwischengespielten Stücken, neben der großenZahl von Darstellern, die Mehrfach-rollen für einzelne Schauspieler in denmeisten Fällen gar nicht notwendigwerden lässt, das stets einfallsreicheund bis ins Detail liebevoll gestalteteBühnenbild und darüber hinaus dieTatsache, dass die Theater-AG längstzum „verschworenen Freundeskreis“geworden ist, dem die „Altgedienten“häufig über ihr Abitur hinaus weiterdie Treue halten. Und die gute Zusam-menarbeit mit der Theatermusik-AGunter Leitung von Herrn Guth, dieErfolgsaufführungen wie „Momo“ oder„In der Bar zum Krokodil“ ermöglichthat, erwies sich als besonderer Glücks-griff. Dass seit längerem eine Thea-

57

Page 59: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

58

Entwicklungen - „Kultur auf dem Lande“

ter-AG „für den Nachwuchs“ in Zusam-menarbeit mit Frau Rasche-Hagemeier,inzwischen unter ihrer Leitung,herangewachsen ist, die auch ihreErfolge auf der Bühne (beginnend mitRoald Dahls „Hexen hexen“) vorzu-weisen hat, muss hier angefügtwerden. Und schließlich ist nochhinzuweisen darauf, dass unter Lei-tung von Frau Sagert eine Schatten-spiel-Interessengruppe in früherenJahren häufiger, zuletzt nur in Zusam-menarbeit mit der Theater-AG durchihre Aufführungen im PädagogischenZentrum für zusätzliche Akzentegesorgt hat. Und beim Hinweis aufsolche weiteren Akzente sollte nichtvergessen werden, daß diePantomimengruppe unserer Partner-schule in Evreux unter Leitung ihresLehrers Serge Dubourg durch ihreGastaufführungen mehrfach fürBegeisterung im PZ gesorgt hat.

Mit dem Hinweis auf Herrn Guth, derdie „Petershäger Musikszene“ inglücklicher Weise bereichert hat durchseine Offenheit und durch seinemusikalische Vielseitigkeit, ist imGrunde schon die Abrundung des„Kulturbereichs Musik“ vorweggenom-men. Seine Vorgängerinnen hatten esfreilich weitaus schwerer, waren siedoch zunächst jeweils als alleinigeFachkraft für die Musikerziehung ander Schule zuständig. Unter FrauFrielinghaus/Seckelmann wurde vorallem die Chorarbeit gepflegt; FrauKunze-Hattenhauer setzte dieseArbeit fort; ein großer Erfolg war dieArbeit mit einem „Großchor“ ausengagierten Eltern, Lehrern undSchülern; auch ein Instrumentalkreisentstand. Herr Buchmann setzte mitseiner „Big Band“ Akzente in Richtungauf moderne Musik, und schon vorihm hatte - sehr bald nach seinem„Einstand“ am Gymnasium Peters-hagen - Herr Merkel einen lateiname-rikanischen Spielkreis gegründet, diespätere Latin Jazz Combo „Coparuba“,die von Jahr zu Jahr erfolgreicherwurde, besonders in den letztenJahren großen Zuspruch auch über dieLandesgrenzen hinaus erfuhr und beimehreren überregionalen Wettbewer-ben bedeutende Preise gewann undgroße Erfolge zu verzeichnen hatte;als beispielhafte Auswahl seien er-wähnt: 1993 Kulturförderpreis desKreises Minden-Lübbecke und 1. Preisbeim Landeswettbewerb „Jugendjazzt“ NRW, 1994 Aufnahme einerMusikkassette, 1996 einer CD, 19951. Preis beim Westfälischen Jazz-wettbewerb in Herdecke, 1997 Aus-wahl der Gruppe als Vertreter desLandes NRW bei der ersten Bundes-

Page 60: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

59

begegnung „Jugend jazzt“ in Düssel-dorf und Förderpreise des DeutschenMusikrates. Und - ähnlich wie dieTheater-AG - ist auch die „Coparuba“im Lauf der Jahre zu einem festenFreundeskreis unter Einbeziehungvieler ehemaliger Schüler geworden.

Wenn von Erfolgen berichtet wird,darf ein weiterer Bereich nicht verges-sen werden: die Arbeit der Platt-deutsch-AG unter Herrn Kindermann.

Sie begann mit gezielter Pflege derplattdeutschen Sprache auch mitSchülern, die diese erst - gewisserma-ßen als zusätzliche Fremdsprache -erlernen mussten, wagte sich anplattdeutsche Theaterstücke, meist intraditionell schwankähnlicher Art,versuchte dann - ähnlich den Talk-runden des Fernsehens - erfolgreich„Klönabende“ mit Zeitzeugen undmehr oder weniger Prominenten, dieplattdeutsch befragt wurden und

Page 61: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

60

entsprechend antworteten; und mitden inzwischen erfahrenen „altenHasen“, die (wie bei der Theater-AGund der „Coparuba“) „ihrer“ Platt-deutsch-AG die Treue hielten, und miteiner Fülle von neuen Kräften wurdeein ganz neuer Weg erprobt: „Kaba-rett op Platt“ - inzwischen Jahr fürJahr immer wieder von neuem einfalls-reich, immer zugkräftiger, und dasweit über den engeren heimatlichenRaum hinaus.

Vorwiegend auf den „InnenraumSchule“ beschränkt waren die vielenAktivitäten im künstlerischen Bereich:Über viele Jahre hin haben die Kunst-erzieher am Gymnasium Petershagenimmer wieder durch Ausstellungen inder Schule auf die Arbeit mit ihrenSchülern aufmerksam gemacht, habensie durch häufig besonders originelle

Einfälle (etwa auf Anregung vonHerrn Luckfiel oder von Frau Lax-Gieseking hin) vor allem zu denSchulfesten oder auch bei Aktions-tagen für Aufsehen und für Freudegesorgt, haben sie sich mit ihrenSchülern auch immer wieder an Wett-bewerben beteiligt und sind dafürausgezeichnet worden, und eineVielzahl von Wanddekorationen imPädagogischen Zentrum und in denvielen Fluren der Schule, aber auch beider Gestaltung des Bühnenbildes fürdie Aufführungen der Theater-AG hatdafür gesorgt, dass die Schule auchinnerhalb ihrer doch recht nüchternenMauern farbenfroher und schönergeworden ist.

Immer wieder war in diesem Beitragdie Rede von den besonders auffälli-gen Aktivitäten. Natürlich habendiese auch besondere Zuwendung ineinem solchen Artikel einer Festschriftverdient. Allerdings führt das zwangs-läufig dazu, dass die vielen anderen,oft auch kleineren Aktionen, die nichtin diesem Maße von der Öffentlichkeitwahrzunehmen waren - beispielsweisebei Aktionstagen oder auch nur beiKlassenfesten, im Zuge von Weih-nachtsfeiern, meist dann nur vorMitschülern (gelegentlich zusätzlichvor Eltern im Normalfall der eigenenKlasse) -, nicht im Einzelnen heraus-gehoben werden können. Die Kolle-ginnen und Kollegen, auch alle Schü-lerinnen und Schüler, die nur ganzpauschal erwähnt wurden, mögen unsdas verzeihen. Schließlich wird auchdie Vielzahl von „kleineren“ Arbeits-gemeinschaften, die zum Teil nur fürkurze Zeit eingerichtet waren bzw.werden, in diesem Artikel vernachläs-

Entwicklungen - „Kultur auf dem Lande“

Szene aus „Hexenjagd“ - 1998

Page 62: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

61

sigt, obwohl auch sie im Rahmen der„Kultur auf dem Lande“ ihren Beitragleisten.

Eines bleibt festzuhalten: Das -gedanklich gesetzte - Fragezeichenhinter der Überschrift darf getrostgestrichen werden. In welch starkemMaße inzwischen in Petershagen„Kultur auf dem Lande“ selbstver-ständlich ist, beweisen immer wiederdie vielen Aufführungen und Veran-staltungen der genannten Gruppender Schule im Pädagogischen Zentrumoder in anderen Räumen, bei denenregelmäßig auch die letzten Plätzemit Zuschauern gefüllt sind - mit

Zuschauern, die nicht nur aus derStadt Petershagen, sondern auch vonviel weiter über ihre Grenzen hinauskommen. So zeigt sich, dass dasGymnasium als wichtige kulturelleInstitution in der Stadt Petershagenwahrgenommen wird.

Klaus LewinHeinrich Rötger

Szene aus „In der Bar zum Krokodil“ - 1997

Page 63: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Einfarbige Lithografie aus der Zeit vor der Jahrhundertwende

Postkarte des Lehrerseminars, von Norden aus gesehen - ca. 1910

Page 64: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Postkarte der Aufbauschule aus den 30er Jahren

Mehrfarbige Lithografie aus der Zeit vor der Jahrhundertwende

Page 65: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

64

In PetershagenIn PetershagenIn PetershagenIn PetershagenIn PetershagenMatthias BronischAnsichten

Es war nichtmehr Frühling,aber der Som-mer wollte inPetershagen,wie in fastjedem Jahr,

nicht ankommen. Dieser Winkel warvergessen, lag abseits, „am Ende derWelt“. Hier machte die Bundesstraße61, kaum dass sie in den Ort hinein-kam, einen scharfen Knick nachWesten, lief dann an Kirche, Schule,Internat und Kino vorbei, um miteiner ruckhaften Nordwendung die-sem Ort Richtung Bremen zu entkom-men. Hier war noch Westfalen, aberselbst für den Bezirk Ostwestfalen-Lippe war dieser Ort eine vergesseneRanderscheinung. Die Welt kam nichthierher, höchstens einmal HermannClaudius, der bei uns noch sein„Dreierbrötchen“ absetzen oder denlieben Gott suchen konnte. Und wennWestfalens Jugend, die gymnasialevor allem, ihre Banner zu den Banner-wettkämpfen trug, dann schafftenPetershagens Hoffnungen den Durch-bruch durch die Porta Westfalica inswestfälische Kernland, also in nord-südlicher Richtung, erheblich schlech-ter (- meistens gar nicht -) als dieWeser, die in umgekehrter Richtung,wenn wohl auch einst unter Mühen,die beiden Bergzüge von Weser- undWiehengebirge („es sieht aus wie’nGebirge“) trennen konnte, um in denNebeln der norddeutschen Tiefebenenach Bremen zu kommen. DenPetershäger bzw. PetershagenerAthleten standen unüberwindlich dieBOS-Bannerträger¹ im Weg. Also

schieden sie aus, wie ihr Ort aus-schied, nicht zu sehen war hinter demRücken Mindens, das breit undselbstbewusst an jener Pforte standund alle Blicke auf sich zog. Peters-hagen musste sich auf seinen Straßen-knick zurückziehen, auf diese drei-hundert Meter vom einen rechtenWinkel zum anderen. Aus diesem Ortführten Straßen heraus, nach Nordenund nach Süden, nach Westen undnach Osten, aber wer wusste dasschon? Die Winkel versperrten demBlick die Einsicht in diese Fluchtwege.Zudem war im Norden die westfälischeWelt zu Ende, im Westen lag der Wald,und zum Osten hemmte die Weser. Diewenigen, die wussten, dass die Weltjenseits lag, die es nur hierher ver-schlagen hatte, sie mussten dasentweder vergessen oder einenFluchtweg ausmachen. Die meistenvergaßen. Der Petershäger spürtewohl die Grenzen nicht, er maß seinedreihundert Meter als Spanne seinerFreiheit, der Petershagener aber, derich war, musste an diesem Knickleiden, musste in diesem Viereck vonSchule, Lehrergärten, Turnhalle undInternat, in jenem Tageskreis vonGebet, Schule, Gebet, Silentium,Andacht die Weg- und Zeitlosigkeitspüren; denn wir wollten gehen, aberda war der Zirkel, den die Hausord-nung abmaß. Hier waren wir unterGottes und der Obrigkeit Obhut, hiertraten wir die Flucht an ins Bettnäs-sen, Nägelkauen, Onanieren, Feuer-legen und in die Krankheit.

¹ BOS: Bessel-Oberschule; heutigesBesselgymnasium

Page 66: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

65

Der Herr Direktor prangte über denStraßen der Stadt als Kandidat derCDU: Wählt Kater! Kurz hinter demMilchladen war quer über die Straßeein Transparent gespannt, in dessenMitte sein Bild auf alle, die die Straßeentlangkamen, heruntersah. Es wareiner der wenigen Momente, in denenwir etwas von der Politik erfuhren.Sicher, wir wussten, der Oberschulrat,der einmal die Richtigkeit der Abitur-prüfungen - und sicher auch dieVoraussetzungen für die Höherstu-fung der Lehrkräfte - überprüfte, warSPD-Mann. Diesen Buchstaben hingetwas Merkwürdiges an, der Geruchvon Unchristlichkeit, von

Auszüge aus einem Roman(Ohne Titel; Petershagen 1950-56)

Page 67: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

66

Ansichten - In Petershagen

Proletentum, diese drei Buchstabenschienen uns so gar nicht zu einemGymnasium zu passen. Ein Abiturient,der Hamsun als Lieblingsdichter -„Nennen Sie mir mal einen, wenn danngar nichts mehr geht, können wir jadarauf zurückgreifen!“ - nehmenwollte, wurde mit leisem Hinweis aufden Herrn Oberschulrat umgestimmt:„Sie können das nicht wissen, aberHamsun, nein, wissen Sie, der Ober-schulrat..., besser Sie nehmen einenanderen Autor, wie wär’s mitWaggerl?“ Nun, heute möchte ichmeinen, dass Waggerl für den HerrnOberschulrat kaum eine annehmbarereAlternative gewesen ist. Natürlichpasste Waggerl ansonsten in unsereWelt. Hamsun, was er geschriebenhatte, war gleichgültig, es genügte,dass da etwas politisch oder histo-risch (erklärt wurde es sowieso nicht)Unklares war. Thomas, kaum hatte erdavon gehört, begann zu lesen,Hamsun natürlich. Er ließ sich einigeWerke von ihm schenken oder brachteaus der Bibliothek seines Onkels inBad Essen einzelne Bücher mit -„Segen der Erde“, „Viktoria“ -, ofterzählte er uns von dieser Liebesge-schichte, „die beste, die es sichergibt!“, und „Hunger“. Nur Hamsun laser, und als es genug war, schüttelte erden Kopf: „Ich weiß nicht, was siegegen Hamsun haben!“ Aber sieerklärten nichts, sie stellten nur dieTatsachen vor uns hin - nehmt hin dasWissen, das wir für euch ausgewählthaben -, und wir saßen dann mit ihrenBauklötzen da und wussten oft nichtweiter, weil nicht zusammenpasste,was zusammengehören sollte.Was wussten wir überhaupt! Wir warenim Internat, weil unsere Mütter nicht

mit uns fertig wurden oder keineandere Möglichkeit sahen, ihre imErziehungsprozess fehlenden Männerzu ersetzen. Thomas sprach manchmalmit mir darüber, was er seinen Vatergefragt hätte. „Ich weiß nicht, warumer in den Krieg gegangen ist, ich kannmir nicht einmal eine Antwort vorstel-len. Sein Vater hat im Gefängnisgesessen, sein Bruder musste mitseiner jüdischen Frau nach Amerikafliehen, warum ging er freiwillig?Warum nutzte er die Zeit seinerUrlaube, um ein Kind nach dem ande-ren zu haben? Heute sitzt meineMutter mit diesem Problem alleine da:Wenn uns nur jemand von dieser Zeitetwas erklären könnte, vielleichtkönnte ich ihm dann die Antwortenabnehmen, die er mir schuldet.“Wir erfuhren nichts davon. Der Kriegwar gewesen, nun ging es eben weiter.Plath, der Kunstlehrer, zu dem Tho-mas ein besseres Verhältnis als zu denanderen hatte, antwortete ihm einmalauf eine Frage.„Du musst wissen, als wir da oben inLitauen hörten, Deutschland erwacht,Deutschland bricht auf und ruft alleDeutschen, da war das für uns eineHoffnung, wir glaubten daran.“Wir hörten das, aber wir verstanden esnicht, es fehlte uns alles, um Plath zuverstehen. Was für eine Hoffnung, wo- da oben in Litauen, was war denn inLitauen? Und Genus paukte dasGerundium, und Kater sprach später inReligion etwas von der Welt, die Gottso gut gemacht habe, und an Ge-schichte habe ich keine Erinnerung.Mein Vater war nicht mehr da, Thomas’Vater hatte so viel zu tun, dass er fürseinen Sohn keine Zeit hatte und ihndaher ins Internat steckte. Und unsere

Page 68: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

67

Lehrer bauten ihre Häuschen, pflanz-ten ihre Radieschen im Lehrergartenoder mühten sich im Unterrichtdarum, uns beizubringen, wie wir siezu grüßen hatten; wenn wir ihnen inBegleitung ihrer Frau begegneten,dann war nämlich ein „Guten Abend,Herr Studienrat“ eine Ungehörigkeit.Wir hörten die Abendandachten,sprachen die Morgengebete, hörten inder Kirche: „Die Bauern in der Ostzonehaben an ihre Traktoren geschrieben:,Ohne Gott und Sonnenschein bringenwir die Ernte.’ Deshalb haben sie indiesem Jahr eine so schlechte Ernte.Gott lässt seiner nicht spotten, ergibt nur denen, die glauben. Wirhaben dieses Jahr wieder einen reichgedeckten Tisch an unserem Ernte-dankfest.“ Thomas stieß mich an. Wirsaßen oben auf der Empore. „Hast dudas gehört, ist der verrückt? Wie kanner sowas sagen?“ Uns gab auch derliebe Gott keine Antworten, auchseine vielen Diener nicht, die sich bei

uns die Türklinken in die Hand gaben.Als dann eines Tages die Transparentevon den Straßen verschwanden, dasGesicht unseres Direktors wiederleibhaftig vor uns erschien, da ahntenwir, dass er wohl nicht gewählt wor-den war. Da draußen mussten dochirgendwo Menschen sein, die andersdachten. Unser Viereck war vollerGebete und Gesänge, voller Christen-tum und Schulandachten, und dochwurde der christliche Direktor nichtgewählt. Aber wir sahen keinen vondenen, keiner gab sich zu erkennen,es schien gefährlich, anders als dasBild zu sein, nach dem wir geformtwurden.

Matthias Bronisch(Schüler von 1950 bis 1956)

Page 69: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

68

Heiteres aus dem UnterrichtHeiteres aus dem UnterrichtHeiteres aus dem UnterrichtHeiteres aus dem UnterrichtHeiteres aus dem Unterrichtund von einer Studienfund von einer Studienfund von einer Studienfund von einer Studienfund von einer Studienfahrtahrtahrtahrtahrt

Willi SeeleAnsichten

In den sechziger und siebziger Jahrenwar es noch üblich, in einzelnenFächern, besonders im Deutschen,Facharbeiten anfertigen zu lassen, fürdie den Schülern mehrere Wochen oderauch ein paar Monate Zeit gelassenwurde. In der Regel wurden keineliterarischen, sondern vor allembegrenzte Sachthemen, besonders ausdem Bereich der Regionalgeschichte,behandelt.

Als in den sechziger Jahren soge-nannte F-Klassen eingerichtet wurden- das waren Klassen, die ein fach-gebundenes Abitur ablegten -, habeich mehrere dieser Klassen in Deutschund Geschichte unterrichtet. DieSchüler kamen zum großen Teil vonder Realschule, einige hatten auchschon berufliche Erfahrungen gesam-melt.

Da in Petershagen die F-Klassenmathematisch-naturwissenschaftlichausgerichtet waren, musste auch dieHochschulausbildung überwiegend indiesen Fachrichtungen fortgeführtwerden. Die Schüler hatten es imDeutschunterricht aufgrund ihrerVorbildung und auch ihrer Neigungennicht immer leicht, den Anforderun-gen, besonders bei der Interpretationvon sprachlichen Kunstwerken, ge-recht zu werden. Insgesamt war esnotwendig, die schriftliche Ausdrucks-fähigkeit zu schärfen. Ich sah esdeshalb gerade für Schüler dieserKlassen als einen geeigneten Weg an,bei der Anfertigung einer Facharbeit,für die man mehrere Wochen Zeithatte, einen geordneten Aufbau, einelogische Gedankenführung und einenangemessenen Stil zu erproben.

Willi Seele,von 1961 bis 1987 Lehrer amStädtischen Gymnasium Petershagen

Page 70: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

69

So wurde dann auch eine der F-Klassen mit einer solchen Aufgabebetraut.Nach etwa sechs Wochen waren dieArbeiten fertig gestellt. Es dauertedann wohl drei bis vier Wochen, bissie korrigiert waren.Alle Schüler warteten gespannt aufdas Ergebnis. Ein Schüler aber warbesonders ungeduldig. Er blickte injeder Stunde danach aus, ob ich mitden Arbeiten unter dem Arm dieKlasse betreten würde. Und er fragteauch immer wieder, wann es dennendlich soweit sei, dass er das Ergeb-nis seiner Arbeit, die Note, erfahrenkönne. Ich hielt diesen jungen Manndeshalb immer mehr für einen ehrgei-zigen und strebsamen Schüler.Als es dann endlich soweit war, dassdie Arbeiten korrigiert waren undausgeteilt wurden, war dieser Schülerentsetzt, ja konsterniert. Er konnte esnicht fassen, dass seine Arbeit nur mit„ausreichend“ beurteilt worden war. Erfragte hitzig, mit hochrotem Kopfund sichtlich außer Fassung nach denGründen, die zu diesem mäßigenErgebnis geführt hätten. Ich beschei-nigte dem Schüler zwar das Bemühen,der Aufgabe gerecht zu werden,jedoch weise seine Arbeit einigeSchwächen nach Inhalt, Aufbau undsprachlicher Gestaltung auf.Unglücklich verließ dieser Schüler denKlassenraum, auch war er in denfolgenden Unterrichtsstunden wenigzugänglich. Ich sprach ihn deshalbnoch einmal an und sagte ihm, „aus-reichend“ heiße ja, dass die Leistungausreiche. Sie sei ja nicht mangelhaft,und darum sei das Ergebnis keineKatastrophe. Da brach es aus ihmheraus: „Ja, für mich ist die „Vier“ ja

auch keine Katastrophe, aber fürmeinen Großvater!“ „Warum denn fürIhren Großvater?“, fragte ich. „Küm-mert der sich so um Sie? Sie sind dochschon ein erwachsener junger Mann!“Ja, entgegnete er, da die Arbeit nurmit „ausreichend“ beurteilt wordensei, könne er es ja ruhig erzählen,denn viel schlimmer könne es jasowieso nicht mehr kommen. SeinGroßvater habe ihm bei der Fertigstel-lung der Arbeit geholfen, ja, mankönne sagen, er habe im Wesentlichendie Arbeit angefertigt. Um die „Kata-strophe“ nun recht zu verstehen,muss man wissen, dass der Großvaterdes Schülers - dieser wohnte imInternat - von weit her, ich glaube ausdem Ruhrgebiet, angereist gekommenwar, um seinem Enkel zu helfen. DerGroßvater hatte sich für zwei oderdrei Wochen im Hotel „Deichmühle“einquartiert und dort fleißig an derFacharbeit seines Enkels gearbeitet.Das Ergebnis ist bekannt.Ich wusste auch keinen rechten Trostzu spenden. Doch bat ich den Schüler,seinen Großvater zu grüßen und ihmzu sagen, dass ich ihn gern zu Kaffeeund Kuchen oder zu einem Bier und

Page 71: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

70

Korn einladen möchte, wenn er einmalwieder in Petershagen zu Besuch sei.Dann könnten wir uns in gelockerterAtmosphäre darüber unterhalten, wieviel sich doch innerhalb von zweiGenerationen in der Pädagogik ände-re. Sicherlich würde es mir später beiden rasanten Veränderungen in Didak-tik und Methodik auch einmal schwerfallen, meinen Enkeln zu helfen.Zu einem Treffen mit dem Großvaterist es dann aber doch nicht gekom-men. Ich glaube nicht wegen derVerärgerung des Großvaters, sondernwohl eher, weil die Zeit darüberhinweggegangen ist. Aber noch heutebedaure ich, dass ich die Arbeit desGroßvaters nicht mit „noch befriedi-gend“ beurteilen konnte.

Zu den schönsten Erlebnissen wäh-rend der Schulzeit gehören für diemeisten Schülerinnen und Schülersicherlich die Klassen- bzw. Studien-fahrten. Aber auch für viele Lehrerin-nen und Lehrer - auf jeden Fall giltdas für mich - waren sie Höhepunkteim Schulleben.

Gern habe ich - in der Regel mitUnterprimen - Fahrten ins Franken-land gemacht. Bamberg, Nürnberg,Rothenburg ob der Tauber, Würzburgwaren in der Regel die wichtigstenStationen bei diesen Reisen. Geschich-te und Kultur dieser Städte übten aufdie damaligen Schülerinnen undSchüler - das habe ich erfahren - einegroße Faszination aus. Vorträge

Ansichten - Heiteres aus dem Unterricht

Schülerinnen und Schüler der OI b des Abiturjahrgangs 1971sehen sich nach 10 Jahren wieder.

Page 72: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

71

während der Busfahrt führten in dieanstehende Thematik ein. Es mussteauch ein Tagesprotokoll angefertigtwerden.

Die Geselligkeit kam auf diesenFahrten natürlich auch nicht zu kurz.Lebhaft erinnere ich mich an sommer-liche Abende auf der Terrasse einesLokals unterhalb der Nürnberger Burg,an denen auch Bekanntschaften mitjungen ausländischen Menschengeschlossen wurden.

Ein besonderes Erlebnis bildete dergesellige Abschluss einer solchenFahrt in einem Weinlokal der schönen,alten Residenzstadt Würzburg imHerbst 1970. Es war eine sehr aufge-schlossene Unterprima, in der ichdamals Klassenlehrer war.

Zwei Schüler, Meyer und Müller ausPetershagen - ich erwähne sie schonhier, weil sie bei den folgenden Ereig-nissen eine besondere Rolle spielen -,hatten sich gerade durch längereFacharbeiten, in denen sie Vorschlägezur weiteren Entwicklung der damalsnoch selbstständigen Stadt Peters-hagen machten, hervorgetan. Siedurften ihre Ergebnisse dem Rat derStadt Petershagen vortragen undernteten dafür auch Beifall. Amanderen Morgen meinte das damaligeRatsmitglied, der Buchhändler Fried-rich Giese, zu mir: „Das war ja wirklichinteressant, was Ihre Schüler an Ideeneingebracht haben. Aber wir habenleider kein Geld, sie zu verwirklichen.“Erfreulich ist, dass die neue „Großge-meinde Stadt Petershagen“ nach derGebietsreform im Jahre 1973 danndoch ein paar Vorschläge in die Tatumgesetzt hat.

Aber zurück zu der Abschlussfeier indem alten Würzburger Weinlokal. Eswurde in der Regel Frankenweingetrunken - aber es kam auch schonmal ein Obstler auf den Tisch. DasEnde der „Sitzung“ war vorgegeben.Um 22.30 Uhr mussten wir in derJugendherberge sein. Irgendwiewurde die Stimmung in der letztenStunde vor Aufbruch recht be-schwingt. Das führte dazu, dass diebeiden Schüler Meyer und Müller

Page 73: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

72

Ansichten - Heiteres aus dem Unterricht

plötzlich aus der geselligen Rundeheraus wegen ihrer hervorragendenArbeiten über die Stadt Petershagenzum „Dr. Frankenwein“ bzw. zum„Dr. Obstler“ promoviert wurden.Fröhlich, beschwingt, aber auchpünktlich kehrten wir in die Jugend-herberge zurück. Die Mädchen undeine Kollegin gingen auf ihre Zimmerund wurden auch nicht mehr gesehen.

Die Jungen, der Busfahrer und ichversammelten uns aber noch in einemder Schlafräume. Die Stimmung warweiterhin, besonders wegen des„Gags“ der Promotion von Meyer undMüller, heiter und ausgelassen. Dasführte dazu, dass auch noch ein Lied„geschmettert“ wurde. Mittlerweilewar aber schon Nachtruhe angesagt.Diese wurde dann auch sogleich vondem Herbergsvater angemahnt. Es istnatürlich auch für einen Lehrerschwer, eine „Bombenstimmung“sofort auf den Nullpunkt zu bringen.So erschien der Herbergsvater nachkurzer Zeit erneut und drohte diePolizei herbeizurufen, wenn nichtsofort Ruhe einkehre! Sie ist wohlnicht sofort eingekehrt, zumal unsauch eine Drohung dieser Art als starkübertrieben erschien. Sie war aber sogemeint, denn plötzlich wurde die Türaufgerissen, der Herbergsvater stürm-te ins Zimmer, und ein paar Polizistenfolgten ihm diensteifrig. Der Her-bergsvater zeigte mit dem Finger aufmich und schrie: „ Das ist er, das istder Rädelsführer!“ Die Polizistentraten sofort in Aktion, fassten michfest an den Armen und wollten michaus dem Zimmer zerren. Ich konntejedoch meinen rechten Arm befreien,machte eine Reflexbewegung, die zur

Folge hatte, dass meine Hand unterder Mütze eines Polizeibeamtenlandete und diese zu Boden fiel. Daswar zwar nicht beabsichtigt, war aberdoch so geschehen. Wer lässt sichauch schon gern in einen „Polizeigriff“nehmen! Die Schüler hatten währendder „Polizeiaktion“ einen Kreis ummich und die Beamten gebildet. Dieauf dem Boden liegende Polizeimützemuss ihnen dann wohl als Symboleiner allzu autoritären Staatsmachterschienen sein, und so trampelten siedarauf herum. Das war zwar nichtrichtig, aber als spontane Reaktionverständlich. Die Polizisten sahen sichnun aber genötigt, mich noch etwashärter anzufassen. Sie packten michfest bei den Armen, zogen mich überdie endlosen Gänge und Treppen derriesigen Jugendherberge und verstau-ten mich in einem Polizeiauto.Alle Schüler folgten, ein paar durftenmit zur Polizeiwache fahren. Dieanderen holten dann ihre „Klamotten“aus der Jugendherberge, in der sienicht mehr übernachten wollten, undgingen in unseren Bus, der vor derJugendherberge parkte. Auf derPolizeistation wurde mir vorgeworfen,wir hätten die Hausordnung gröblichverletzt. Das Wort „gröblich“ erschienmir interpretationsbedürftig. Abereinen Verstoß gegen das nach 22.30Uhr geltende Ruhegebot hatten wiruns schon zuschulden kommen lassen.Der Vorsteher der Polizeistationsprach dann auch noch - auf denVorfall mit der Polizeimütze hinwei-send - von Widerstand gegen dieStaatsgewalt. Dieser war zwar nichtbeabsichtigt, auf jeden Fall nicht inder Form, wie er abgelaufen war, aberder Beamte hatte vielleicht ein Recht

72

Page 74: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

73

dazu, den Vorfall so zu deuten. Aufjeden Fall bedeutete man mir, dieganze Angelegenheit würde Folgenhaben. Man sprach von einer Meldungan meine vorgesetzte Behörde usw.Ich musste meinen Personalausweisdalassen und wurde aufgefordert,mich am anderen Morgen - ab 7.00Uhr - wieder auf der Polizeistation zumelden.

Dann brachten uns ein paar jungePolizisten - es waren nicht diejenigen,die den „Polizeieinsatz“ durchgeführthatten - wieder zurück zur Jugend-herberge. Sie waren aufgeräumt, wirlachten und scherzten gemeinsamüber die „Aktion“.

Die Nacht verbrachten wir, wie schongesagt, im Bus. Morgens um 6.00 Uhrfuhren wir zum Bahnhof, um uns dortauf den Toiletten zu waschen, denndie Jugendherberge wollte keiner derJungen mehr betreten.

Danach holten wir gemeinsam auf derPolizeiwache meinen Personalausweisab. Ich musste aber dann doch noch indie Jugendherberge gehen, denn eswar noch die Rechnung zu bezahlen.Die Mädchen und die Kollegin fielenaus allen Wolken, als sie uns morgensnicht im Frühstücksraum, sondern imBus antrafen. Sie hatten von derganzen Sache nichts mitbekommen.Die Heimreise ging ziemlich ruhigvonstatten, es wurde meist geschla-fen.

In Petershagen verbreitete sich unserWürzburger Erlebnis in Windeseile,sowohl in der Schule als auch in derStadt. Alle schmunzelten. Und nochheute - nach 29 Jahren - ist die„Polizeiaktion von Würzburg“ nichtvergessen. Immer wenn ich ehemaligeSchüler dieser Klasse treffe, ist eineder ersten Fragen: „Denken Sie auchnoch an unser tolles Erlebnis inWürzburg?“

Ja, ich denke manchmal daran, beson-ders dann, wenn in geselliger Rundeheitere Erlebnisse erzählt werden.Dann stehen auch wieder die Gesichterder Schülerinnen und Schüler meinerdamaligen Klasse vor meinen Augen,mit denen ich diese erlebnissreicheFahrt ins Frankenland unternommenhabe. Es war eine tolle Klasse, die OI bdes Abiturjahrganges 1971!

Willi Seele

Page 75: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

74

Analytische Retrospektive eines BrotesAnalytische Retrospektive eines BrotesAnalytische Retrospektive eines BrotesAnalytische Retrospektive eines BrotesAnalytische Retrospektive eines BrotesEllen Schäpsmeier

Ingmar Weber

Ansichten

Der Tag schläft noch und machtkeinerlei Anstalten, seine müdenGlieder zu bewegen. Es ist ungemüt-lich, finster und kalt. Ein LKW brummtdurch die Nacht, hält an einem Haus,die Tür öffnet sich, und der Blicktaucht ein in ein lebhaft geschäftigesTreiben. Man sieht Menschen, diekneten, rühren und Teig formen - wirbefinden uns in einer Backstube. DerLKW, der soeben Halt gemacht hat,bringt die Zutaten: Backmischungenfür Brot. Qualität des Getreides,Zutaten, Art der Verarbeitung, d. h.maschinell oder per Hand, Backdauer,Temperatur und Technik des Backens,all diese Faktoren machen ein Broteinzigartig.

Eines dieser mit so viel Mühe zuberei-teten Brote landet schließlich auf demHöhepunkt seines relativ kurzen, abererfüllenden Lebens, in Scheibengeschnitten, als Pausenbrot in derSchultasche eines Mittelstufen-schülers des wohl bekanntestenGymnasiums in ganz Petershagen,ohne jemals die Chance gehabt zuhaben, auch seinen Standpunkteinmal verdeutlichen zu können.Dieser besagte Schüler, dessen wahreIdentität aus Gründen des Daten-schutzes nicht preisgegeben werden

darf, sei zur besseren Anschaulichkeitim Weiteren einfach Peter genannt.

Peter sitzt nun also an einem Tag, dernoch viel zu weit vom Wochenendeentfernt ist (Es ist erst Mittwoch!), ineiner ganz normalen, also völligsinnlosen und langweiligen Mathe-stunde und versucht vergeblich, aberaufrichtig, den Worten des Lehrers zufolgen. Die einzige Stimme, die wirk-lich bis zu seinem Bewusstsein vor-dringt, kommt leider nicht aus Rich-tung der Tafel, sondern aus seinemMagen. Bis zur nächsten großen Pausesind es noch ganze zehn endlose,erbarmungslose Minuten. Je häufigerer auf seine Uhr schaut, desto langsa-mer scheint die Zeit zu verrinnen.Schließlich gleitet Peters rechte Handvöllig selbstständig in seine Schulta-sche und greift nach dem Einzigen,das seine hungrig knurrende innereStimme zum Schweigen bringen kann.Als der Lehrer törichterweise derKlasse den Rücken zukehrt, um etwasan die Tafel zu bringen, greift Peterdie Gelegenheit beim Schopf und seinBrot. Doch gerade als er voller Genusseinen Bissen nehmen will, durchfährtihn einer dieser Momente wahrer,tiefer Offenbarung.

Page 76: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

75

Dieses schlichte Pausenbrot ist mehrals ein solches. Es ist die bildlichePersonifizierung eines metaphorischenVergleiches. Als er über die Vergan-genheit dieses Brotes nachdenkt unddarüber reflektiert, was alles nötigwar, um diesem Brot seine Einzigartig-keit zu geben, erkennt er auf einmal,wieviel er mit diesem Brot außer demDurchgeknetetwerden gemeinsam hat.Allerlei Leute versuchen irgendwelcheZutaten in ihn hineinzustopfen, stetsnach denselben Rezepten, die aller-dings „Lehrpläne“ genannt werden, inder Hoffnung, dass am Ende eineschmackhafte Persönlichkeit aus dem„Hoch(leistungs)ofen“ kommt, diedann in der Lage ist, ihr eigenes Brotzu verdienen. Dabei werden diesefestgelegten Rezepte in Freses Back-

stube allerdings auf eine besondereArt und Weise ergänzt. Die Qualitätdieses Geheimrezeptes ist sogar imNachbarland Niedersachsen berühmt.Ein Aspekt ist sicherlich das guteSchüler-Lehrer-Verhältnis. Zwar kannman nicht behaupten, dass der Unter-richt, der uns geboten wurde, immerdie Note „sehr gut“ von uns erhielt,aber solche Kritik galt stets nur demUnterricht und nicht dem Menschen,der vor uns stand.

In der Backstube wird allerdings nichtausschließlich versucht, Wissen in dieRohmasse hineinzustopfen und sie zubloßen Brotgelehrten heranzuziehen,sondern es ist deutlich zu spüren,dass alle Hände fleißig darum bemühtsind, Persönlichkeiten zu formen. Bei

Page 77: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

76

Ansichten - Analytische Retrospektive eines Brotes

vielen Lehrern lässt sich leicht erken-nen, dass sie sich mehr um die Men-schen in ihrer Klasse als um Lehrplänekümmern. Die Handgriffe sind zwarlängst zur Routine geworden, trotz-dem ist jeder Bäcker flexibel genug,noch eine Prise Moral oder einenSchuss Lebensweisheit hinzuzugeben.

Diese Anekdoten schafften einepersönliche Atmosphäre: In diesenkurzen Augenblicken, in denen sieuns an ihrem Leben teilhaben ließen,verschwamm die Grenze zwischenihnen und den Schülern. So fiel esleichter, der „gegnerischen“ SeiteFehler zu verzeihen. Wenn es nichtsals Wissensvermittlung gegebenhätte, würden wir uns erstens nichtfreuen, ehemaligen Lehrern weiterhinzu begegnen, und würden zweitensdiesen Artikel nicht mit Tränen in denAugen und blutenden Herzens schrei-ben (Seufz!).

Viele Lehrer bemühten sich, einenZusammenhang zwischen Schulwissenund aktuellem Geschehen herzustellenund so unseren Horizont über dieBrotdose hinaus zu erweitern. Manversuchte uns auf diese und andereWeise zu selbstständigem Denken zuerziehen. Dieses selbstständigeDenken führte immer wieder zuprickelnden Diskussionen, denen manhäufig freien Lauf ließ, obwohl sievom Lehrplan abwichen.

Wenn wir auf unsere Schulzeit zu-rückblicken, sind es oft Erlebnisse amRande des Schulgeschehens, die denCharme unserer Schule ausmachten:das Tischtennisspielen in den großenPausen (ob mit oder ohne Schläger),die Klassenwache (sich im Klassen-schrank verstecken, wenn die Aufsichtkommt), das Verlassen des Schulhofes(was natürlich keiner von uns ge-macht hat), das Zettelchen-hin-und-her-Schieben (wie findest du mich? –Kreuz an!: gut/ naja/ doof), dieBusfahrt (Da ist besetzt; da sitztmeine Tonne!), das ehrfurchtsvolleVorbeigehen am Raucherdach (Mann,sind die aber schon erwachsen!), dersolidarische „Hass“ auf die Parallel-klassen (Ieh, der is‘ ja aus der d!), derfreundliche Mann in Blau (Hallo, HerrÖtting!), ein wenig Angst vor demBetreten des Sekretariats (Da sinddann bestimmt wieder Große odersogar Lehrer!), das Monster, das ausdem Lehrerzimmer kommt (Das ist jaein komisches Bild an der Wand!) ...

Page 78: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

77

Außer Mathe, Deutsch und Englischlernt man auch, Kompromisse zuschließen, Kleinere zu verprügeln,Konflikte verbal zu bewältigen, dasFlugverhalten nasser Schwämme zuanalysieren, so unschuldig wegzu-blicken, dass man bestimmt aufgeru-fen wird, 1001 Ausreden auf alleFangfragen zu erfinden (Außerirdi-sche/ Haustiere/ Hab‘ gerade nichtzugehört!/ Falsches Heft!/ Ich dach-te, wir hätten erst morgen wieder!)und vieles mehr.

Aber inwieweit die Schulzeit wirklichunsere Persönlichkeit geprägt hat,kann keiner sagen. Vielleicht sind wirso, wie wir sind, weil sich das Erbgutunserer Eltern gerade so verteilt hat,und vielleicht verbringt man auchnicht genug Zeit in der Schule, um ihreine Chance zu geben, all das, was zuHause verkorkst wird, gerade zubiegen - aber das wäre wohl auch zuviel verlangt.

Jedenfalls hatte man nie den Ein-druck, die Lehrer hätten schon jedeHoffnung aufgegeben. Ganz im Ge-genteil: Sie haben sich bemüht, unsMut für eine hoffnungsvolle Zukunftzu machen, stets nach der Devise: Youcan get if you really want! AproposDevisen: Der EURO kommt, und mitihm ...? Noch eine inflationsfreieDevise zum Abschluss: Man sollaufhören, wenn es am schönsten ist.

Das ist es zweifelsohne jetzt. Dennwenn Ihnen diese Impressionengefallen haben, dann müssen Sie jetztaufhören zu lesen. Andererseits, wennIhnen dieses pseudo-kluge Geschwätzmissfallen hat, wird es jetzt erstrichtig schön, denn wir sind am Ende.

Also, mach’s gut, altes Haus, undlass‘ nichts anbrennen!

Ellen Schäpsmeier & Ingmar Weber(Abi ´98)

Page 79: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

78

Gedanken zum JubiläumGedanken zum JubiläumGedanken zum JubiläumGedanken zum JubiläumGedanken zum JubiläumKathrin LoerAnsichten

Wenn sich ein Kunst-maler ein Motiv aus-sucht, das er in seinemBild bearbeiten möch-te, dann hat er dieMöglichkeit, mit

unterschiedlichen Pinseln, Zeichen-geräten und den verschiedenen Farbenalles das, was ihm besonders wichtigerscheint, auszudrücken, hervorzuhe-ben und in seiner Zeichnung darzu-stellen. Mir bleibt nur ein Blatt Papier,um von unserer Schule ein möglichstfarbiges und anschauliches Bild ausder Sicht einer Schülerin zu zeichnen.Dabei gibt es besonders erwähnens-werte Gegebenheiten, die ein Maler ineinem Bild niemals veranschaulichenkönnte, die mir jedoch besonderswichtig sind. Vielleicht gelingt es mirmit Worten, einen Eindruck von derAtmosphäre und dem Charakter desGymnasiums Petershagen zu vermit-teln.

Wenn man sich allein einmal als„harte“ Fakten die Schülerzahlensowie die Anzahl der LehrerInnen vorAugen führt, wird sehr schnell deut-lich, dass unsere Schule mit etwa1200 SchülerInnen und ungefähr 70LehrerInnen eine ausgesprochengroße Schule ist. Es müsste schon einsehr großes Gemälde sein, auf demdiese nicht nur alle Platz fänden,sondern auch zu erkennen wären...

Alle neuen SchülerInnen unseresGymnasiums - ganz besonders die„Fünftklässler“- müssen sich in vier

großen Gebäuden zurechtfinden, indenen die unterschiedlichen Fach- undKlassenräume verteilt sind. JederJahrgang teilt sich in fünf Parallel-klassen, die die Schüler aus demriesengroßen Einzugsbereich derSchule besuchen. Trifft manSchülerInnen anderer Gymnasien, sostaunen diese oft über die „Ausmaße“unserer Schule: „So viele Schüler ?!Das ist doch bestimmt alles sehrunpersönlich ?! Das sind viel zu vieleSchüler, da kennt man doch nieman-den!“ Im Gespräch mit Mitschülern,kleinen und großen, älteren undjüngeren SchülerInnen sowie auch mit„Ehemaligen“ wird deutlich, dass dieSchule nicht als zu groß, unüber-schaubar, unpersönlich oder gar alserschlagend empfunden wird.

Der Petershäger Standort lässt esnicht zu, mit einem anderen Gymnasi-um zu kooperieren. Deshalb ist eineso zahlreiche Schülerschaft notwen-dig, um die Kursdifferenzierung in derMittel- und das Kursangebot in derOberstufe zu ermöglichen. Und auf derGrundlage einer hohen SchülerIn-nenzahl ist die Schule dann in derLage, auch allein ein umfangreichesKursangebot zur Wahl zu stellen, waswiederum allen SchülerInnen entge-genkommt.

Eine Vielzahl von Arbeitsgemeinschaf-ten, deren Angebot von unterschiedli-chen Sportarten über Musik undTechnik bis hin zum Theaterspielenauf Hoch- und Plattdeutsch und dem

Page 80: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

79

Erlernen der spanischen Sprachereicht, sorgt dafür, dass sich dieSchülerInnen untereinander näherkommen und auf diese Weise lernen,miteinander umzugehen. Als Früchteoft monatelanger Proben undTrainingseinheiten ergeben sichzahlreiche Unternehmungen, Auffüh-rungen und Konzerte, die von derSchulgemeinde sowie auch von derBevölkerung gerne wahrgenommenwerden. Dabei schaffen es die einzel-nen Arbeitsgemeinschaften, dasPetershäger Gymnasium über seineGrenzen hinaus zu repräsentieren undin der Öffentlichkeit Begeisterunghervorzurufen. In besonderem Maßewird deutlich, dass neben dem Lernenim Unterricht auch Sport, Kultur undKreativität gefördert werden.

Die große räumliche Distanz zwischenden Wohnorten der einzelnen Schüler-Innen erschwert oft das außerschuli-sche Treffen zwischen Klassenkamera-den, die z.B. in Todtenhausen undStolzenau wohnen. Aber trotzdemwerden Freundschaften geschlossen,die über die einzelnen „Grenzen“hinausreichen.

In der Oberstufe wird seit Jahren dieTradition der Kurstreffen gepflegt,durch die das Kursklima besondersgefördert wird. Für diese Treffenversuchen sich die SchülerInnen„räumlich“ so zu arrangieren, dass alleteilnehmen können.

Obwohl sehr viele unterschiedlicheMenschen das Petershäger Gymnasiumbesuchen, herrscht doch eine ent-spannte und ruhige Atmosphäre. Wersich nach den ersten Wochen oder

Monaten eingelebt hat, der nimmt dieGröße der Schule nicht mehr wahr.

Durch die immense Schülerzahlergeben sich natürlich auch Schwierig-keiten für Veranstaltungen, die alleSchülerInnen betreffen. GemeinsameSchulfahrten, wie z.B. ein Tagesaus-flug der gesamten Schule mit derBahn nach Hamburg wie im Jahr 1995,müssen aufwendig organisiert werdenund bleiben daher ein ganz außerge-wöhnliches Ereignis, das dafür jedochnicht so schnell in Vergessenheitgerät.

Für die Zukunft hoffe ich, dass andiesem facettenreichen Bild des nunschon 75 Jahre alten Gymnasiums inPetershagen „weitergemalt“ wird,damit es auch im nächsten Jahrtau-send seinen besonderen Charakternicht verliert, so dass sich weiterhinviele SchülerInnen aus über 35 ver-schiedenen Ortschaften und zweiBundesländern an unserer Schule wohlfühlen und schließlich das Abiturmachen.

Kathrin Loer (Abi ‘99)

Page 81: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

80

“““““WWWWWas Hänschen nicht lernt...“as Hänschen nicht lernt...“as Hänschen nicht lernt...“as Hänschen nicht lernt...“as Hänschen nicht lernt...“Thomas TraueAnsichten

„Was Hänschen nichtlernt, lernt Hans nimmer-mehr.“ Ach, wenn es soeinfach wäre. Dannkönnte Hans nach denLeiden des pubertären

Heranwachsens im behütetenSchulleben einfach das Denken ein-stellen und sich gleich genussvoll denKonsum-Welten zuwenden. Wer träum-te in seinem Pennäler-Dasein nach denoft schweißtreibenden Bemühungender Wissensaufnahme nicht von einemsorglosen Dahintreiben in die berufli-che Zukunft! Man hat sich ja schließ-lich 13 Jahre lang bis zur Reife ge-quält. Was sollte er dann als Hansnoch dazulernen?

Doch der Schock des Arbeitsalltagskommt für Hans meist sehr schnell.Den Kopf nach der Schulausbildungeinfach zumachen und die Ohren aufDurchzug stellen, so funktioniert esnicht. Nicht früher, und schon langenicht mehr in der schnelllebigenmausklickenden Welt. Seine Reifemuss der Hans nämlich tagtäglichzwischen Bits und Bytes neu bewei-sen. Und wehe er lernt nimmermehr imglobalen Netz des atemlosenComputerzeitalters...

Hänschen sollte also in der Schuleirgendwie mitbekommen, wie erspäter als Hans überlebt. Hänschenmuss also Kulturtechniken erlernthaben, mit denen er weiter lernen undarbeiten kann. Mit einem Wort: Ermuss fit sein für die Informationsge-sellschaft.

Was heißt das für den Schulbetrieb?Was heißt das für das Lehrerkollegi-um, für die Schülerinnen und Schüler,die sich immer wieder neu mit dengestiegenen Ansprüchen der Welt dadraußen auseinander setzen müssen?

Vor allem heißt es, dass sich dasGymnasium weiter unbeirrt auf seineTugenden besinnt und selbstbewusstam „altmodischen“ Bildungsauftragfesthält. Nur am Rande: Allein schonaus purem Selbsterhaltungstriebsollte das Gymnasium vor dem Hinter-grund der politischen System-Diskus-sion konsequent seine klassischenStärken ausspielen.

Fachliche Kenntnisse vermitteln,Leistung einfordern, Neugierde we-cken, Lernbereitschaft fördern: DasGymnasium als „Paukinstitut“ impositiven Sinne - es hat noch langenicht ausgedient. Man muss ja nichtgleich wieder Kopfnoten für Fleiß,Betragen oder Ordnung einführen.Wenn Hänschen mit Faust nicht nurden TV-Kommissar in Verbindungbringt, wenn er eine Wurzel nicht nuressen, sondern sie auch mathematischziehen kann, wenn er den Dreißig-jährigen Krieg nicht in die Neuzeitverlegt: Dann ist schon einigesgewonnen.

Gleichwohl ist das Gymnasium mehrals eine reine, trockene Bildungs-anstalt. Es ist ein öffentlicher, eingesellschaftlicher Ort, an dem Häns-

Page 82: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

81

chen außerhalb der familiärenPrivatheit seine ersten sozialenErfahrungen sammelt. Der Lehrer alsaufmerksamer Sozialarbeiter, alsVorbild, als Vermittler von Werten wieToleranz und Solidarität. Idealtypischgibt die „Sozialeinheit“ Gymnasiumunserem Hänschen auch die Grund-muster sozialer Kompetenz mit aufden Weg.

Und der „Pauker 2000“: Er brauchtsich auch künftig nicht als multime-dialer Entertainer vor der Klasseaufzuführen. Seine didaktischenFähigkeiten sollten jedoch schon überden Frontalunterricht, sein Engage-ment über die kognitive Wissensver-mittlung hinausgehen. Wer nur stän-dig auf eine wachsende Null-Bock-Mentalität bei Schülern verweist, aufzu große Klassen und zu wenig Lehrerschimpft, der macht es sich als Pä-dagoge zu einfach.

75 Jahre Gymnasium Petershagen:Wie decken sich aus der Sicht einesehemaligen Schülers und jetzigenElternteils diese Erwartungen mit derRealität? Das Gymnasium Petershagenist bei allem Wachstum jung geblie-ben. Es hat Kurs gehalten, sich nichtvon Trends verbiegen lassen. Vor allemhat sich das Gymnasium Petershagenbeim ständigen Spagat zwischenTradition und Moderne weiterentwi-ckelt. Mehr als 30 Arbeitsgemein-schaften sprechen Bände.

Ob Informatik-Kurs oder Platt-deutsch-AG, ob Theatergruppe oderrhythmische Sportgymnastik, obMittelstufen-Fete oder die Schulband

Coparuba, ob die seinerzeit grandiose„Momo“-Aufführung oder die jüngste„Krabat“-Inszenierung - all dies zeigt:Das Gymnasium Petershagen hatseinen ureigenen Charakter als leben-dige Schule „mitten im Dorf“ bewahrt- weder elitär noch provinziell.

Es ist also durchaus zu vermuten,dass Hänschen in 25 Jahren zumHundertjährigen an „sein altes Gym-nasium“ zurückkommt und als Hansnoch immer von der ganz persönlichenAtmosphäre schwärmt. Dies wäre danndas schönste Geschenk, das sich dasGymnasium Petershagen zum diesjäh-rigen 75. Geburtstag bereitet hätte.

Thomas Traue

Page 83: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

82

VVVVVon guten Geistern und Heinzelmännchenon guten Geistern und Heinzelmännchenon guten Geistern und Heinzelmännchenon guten Geistern und Heinzelmännchenon guten Geistern und Heinzelmännchen

Organisatorisches Jürgen Frese

Frau Kracht

Herr Ötting

Frau Hellmons

Frau Breitbarth

WWWWWas würas würas würas würas würde Schule ohne sie machen?!de Schule ohne sie machen?!de Schule ohne sie machen?!de Schule ohne sie machen?!de Schule ohne sie machen?!

Defekte Kopierer Sie helfen und eilenstöhnende Lehrer trösten und heilenerkrankte Primaner ordnen und hegenverlorene Sextaner stapeln und pflegenanfragende Väter orientierenAntworten später organisierenstädtische Botenfehlende NotenPläne und FristenKarteien und Listeneilige FaxeNotfalltaxeverpflasterte Wundenin ÜberstundenAkten in Hülle Sie speichern und schreibenBriefe in Fülle kleben und schneidenSiegel und Stempel zählen und bindenGarderobenkrempel wissen und findenTelefonate korrespondierenlange Diktate kommunizierenwichtige Schreibenbei Karnevalstreibenvermisste Lehrerund Briefbeschwererjammernder Tutorschlapper Computerstreikende DruckerSahne und Zuckerfür Chef und Begleiter Sie drucken und pochenund so weiter siegeln und lochenund so weiter scherzen und lachen

Page 84: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

83

Verstopfte Rohrequietschende Toretropfende Hähneerstarrte Kränezerbrochene StühleHeizung zu kühlefehlende Schwämme

Sie bohren und glätten vergessene Kämmeleimen und fetten gammelnde Dosenschrauben und klopfen verlorene Hosenkarren und stopfen Kakao in Flaschenimprovisieren vermisste Taschenregenerieren Putzfrauen leiten

Bereitschaftszeitendienstliche GängeSirenenklängeSuchen und Bannentechnischer PannenAbituriententreibenzerborstene Scheibenzahllose Klassen

Sie regeln und heizen Schlüssel in Massenwerken und beizen Tische zum Räumenrechnen und buchen Äste von Bäumenraten und suchen Müll im Geländefotokopieren bröckelnde Wändetelefonieren Wasser von oben

in Chemie und Garderobennerviger Leiterund so weiterund so weiter

Unsere Sekretärinnen und Hausmeister der letzten 25 Jahre

Frau Mittendorff

Frau Rodenbeck

Herr Pagel

machen?!machen?!machen?!machen?!machen?!

Page 85: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

84

“““““WWWWWahlen auf dem Lande“ahlen auf dem Lande“ahlen auf dem Lande“ahlen auf dem Lande“ahlen auf dem Lande“Rainer HoockOrganisatorisches

„Die Oberstufenschüler haben es gut,denn sie dürfen sich ihre Fächer selbstaussuchen!“ Solche neidvollen Äuße-rungen hört man oft von jungenSchülern. Nur zu gern würden sieebenfalls das eine oder andere Fachloswerden - besonders die lästigenKlassenarbeiten - oder auch ihrLieblingsfach länger als die vielleichtvorgesehenen zwei Wochenstundengenießen!

Nahen dann die Oberstufenzeiten, sotritt oft eine gewisse Ernüchterungein: Das herbeigesehnte Wahlrechtentpuppt sich als manchmal rechtlästige Wahlpflicht, die den Schülernschwierige Entscheidungen abver-langt. Nun muss man plötzlich zweiLeistungskurse und sieben Grundkur-se aus insgesamt 17 angebotenenFächern auswählen, und das ist garnicht so einfach.

Nicht nur, dass es viele Bedingungenund Verpflichtungen hinsichtlich derFächerwahl gibt, die aufzulisten hierviel zu weit gehen würde. Man musssich auch klarmachen, dass man vonvornherein acht Fächer eben gar nicht

anwählen kann. Ist es dann noch so,dass jeder Fachlehrer sein Fach mitgutem Recht anpreist und als für dieAllgemeinbildung absolut unverzicht-bar erklärt, so tritt nicht seltenRatlosigkeit ein. Die Schule macht esden Schülern hier auch nicht leichter,denn sie bietet tatsächlich alle unter-richteten Fächer zur Auswahl an, mitwenigen Ausnahmen auch als Leis-tungskurse. Es wäre einfacher für dieSchüler - und für die Schulorgani-sation -, wenn weniger Fächer alsLeistungskurse angeboten würden.Aber welches sollte man weglassen?Ein Aufschrei der entsprechendenFachlehrer und der interessiertenSchüler wäre die Folge.

Unsere Schule liegt „auf dem Lande“,sie ist das einzige Gymnasium derStadt Petershagen. Deswegen hat siestets davon abgesehen, durch Fächer-wahl-Vorgaben eine spezielle Ausrich-tung anzustreben. Sie möchte ihrenSchülern den Fächerkanon in derganzen Bandbreite anbieten. So sindes allein die Schülerinteressen, die zurEinrichtung eines Leistungskursesführen: Wird er von genügend Schü-lern gewählt, so wird er eingerichtet.Dabei geht es nicht ohne Frust undProbleme ab, denn es kommen niemalsalle Leistungskurse zustande. Diejeni-

Eine Untersuchung zum Wahlverhaltender Schüler in der Sekundarstufe II

Page 86: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

85

gen Schüler, derenLeistungskurswahl nichtberücksichtigt werden kann,müssen umwählen. So findensich schließlich einige Schülerin Leistungskursen wieder, diefür sie nur zweite Wahl waren.Denjenigen, denen dies pas-siert ist oder möglicherweisenoch passieren wird, zumTrost: Man kann in einemguten Grundkurs genauso viellernen, wenn man will!

Wie haben nun die Schüler inden zurückliegenden Jahrengewählt? Die Tabelle (Seite 87)gibt die für Schüler vielleichtwichtigsten Entscheidungen,nämlich die Leistungskurs-wahlen zur Jahrgangsstufe11.2, in den Jahren 1984 bis1998 (Abiturjahrgänge 1986bis 2000) wieder. Angegebenist jeweils der prozentualeAnteil der Schüler der jeweili-gen Jahrgangsstufe, die diesesFach als Leistungskurs belegthaben. Dabei sind nur dietatsächlich eingerichtetenKurse berücksichtigt worden,nicht jedoch eventuelle Um-wahlen, denn dazu gibt eskeine Unterlagen mehr. DieSumme der Prozentwerte jedesJahrgangs ergibt 200 %, weilja jeder Schüler zwei Leis-tungskurse belegen musste.

Prozentualer Anteil der Schüler, die das betreffendeFach als Leistungskurs gewählt haben

Deutsch

Mathematik

Englisch

Page 87: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

86

Organisatorisches - „Wahlen auf dem Lande“

Eine Interpretation der Zahlen sollweitgehend den Lesern überlassenbleiben. Man sieht, dass die „altbe-währten Hauptfächer“ immer starkvertreten sind, wobei Mathematik fastimmer den höchsten Prozentsatzerreicht. Geschichte und Erdkundesind durchweg, aber nur mäßig starkvertreten, während die Naturwissen-schaften eher das Problem haben,dass sich ihre durchaus stets vorhan-denen Interessenten auf so vieleFächer verteilen, dass immer nureinige Kurse zustande kommen. Kunsthat sich gut etabliert, während Fran-zösisch eher selten eingerichtetwerden konnte. Musik und Sozialwis-senschaften sind sehr selten zustandegekommen, Latein und Religion nochnie. Philosophie und Sport werden anunserer Schule nicht als Leistungskur-se angeboten.

Die untere Zeile gibt die Durch-schnittsgröße eines Leistungskursesin dem jeweiligen Jahrgang an. Mansieht, dass dieser Wert leicht angestie-gen ist. Die tatsächlichen Größen derLeistungskurse schwanken beträcht-lich: Hier müssen „starke“ Fächergroße Kurse in Kauf nehmen, damitdie „kleinen“ eingerichtet werdenkönnen. Nur so ist es möglich, anunserer Schule ein derart breitesAngebot an Leistungskursen aufrecht-zuerhalten.

Rainer Hoock

86

Page 88: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

87 87

Leis

tung

skur

swah

len

1984

bis

199

8

Jahr

gang

19

84

1

985

1

986

1

987

1

988

1

989

19

90

19

91

19

92

199

3

199

4

199

5

199

6

199

7

1998

Kur

se

Schü

ler

132

125

106

113

103

100

102

96

83

102

114

98

93

116

126

Kur

se

15

14

13

14 1

2

11

11 1

1 9

10

12

11

9

12

13

Proz

entu

aler

Ant

eil

der

Schü

ler,

die

das

betr

effe

nde

Fach

als

Lei

stun

gsku

rs g

ewäh

lt h

aben

Deu

tsch

22,7

33,6

23,6

27,4

18,4

16,0

24,5

16,7

36,1

19,6

31,6

34,7

22,6

32,8

29,4

23

Engl

isch

36,3

32,0

27,4

28,3

38,8

33,0

21,6

21,9

37,3

41,2

28,9

50,0

39,8

30,2

27,0

28

Mat

hem

atik

43,2

45,6

44,3

58,4

50,5

43,0

46,1

39,6

44,6

46,1

46,5

33,7

53,8

36,2

41,3

34

Gesc

hich

te22

,012

,013

,211

,525

,221

,023

,524

,027

,723

,520

,226

,530

,119

,818

,317

Erdk

unde

22,0

19,2

25,5

19,5

19,4

15,0

17,6

35,4

32,5

21,6

21,1

14,3

----

-12

,120

,617

Sozi

alw

iss.

----

---

---

----

---

---

----

---

---

----

---

---

----

---

---

9,6

----

---

---

----

---

---

1

Fran

zösi

sch

9,8

8,8

----

-7,

1--

---

----

---

---

10,8

----

---

---

----

---

---

----

---

---

13,5

5

Biol

ogie

32,6

25,6

31,1

21,2

24,3

40,0

19,6

29,1

----

-25

,521

,114

,318

,333

,614

,320

Phys

ik--

---

13,6

14,2

----

-13

,6--

---

13,7

----

-21

,710

,8--

---

10,2

----

---

---

----

- 7

Chem

ie11

,49,

68,

58,

8--

---

----

---

---

13,5

----

---

---

----

---

---

19,4

----

---

---

6

Info

rmat

ik--

---

----

---

---

----

---

---

14,0

11,8

----

---

---

----

-10

,5--

---

----

-19

,09,

7 5

Kun

st--

---

----

-12

,38,

09,

718

,010

,819

,8--

---

11,8

10,5

16,3

16,1

16,4

18,3

12

Mus

ik--

---

----

---

---

9,7

----

---

---

----

---

---

----

---

---

----

---

---

----

---

---

9,5

2

Durc

hsch

nitt

sgrö

ße d

er L

eist

ungs

kurs

e

Schü

ler

17,6

17,8

16,3

16,1

17,2

18,2

18,5

17,5

18,4

20,4

19,0

17,8

20,7

19,3

19,4

Page 89: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Die „Schaltzentrale“

Erholung vom Unterricht - 1981

Stärkung nach der Einführung desneuen Schulleiters - 1984

„In der Bar zum Krokodil“ - 1997

Page 90: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

Sonderzug nach Hamburg - 1982

Die kleine Mahlzeit zwischendurch

Im Sprachlabor - 1990

„Bettenbau“ - 1987

Page 91: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

90

Schulentwicklung im Spiegel der StatistikSchulentwicklung im Spiegel der StatistikSchulentwicklung im Spiegel der StatistikSchulentwicklung im Spiegel der StatistikSchulentwicklung im Spiegel der StatistikPeter ThieleOrganisatorisches

In den ersten 50 Jahren seines Beste-hens hatte das Petershäger Gymnasi-um einige Besonderheiten zu bieten:Als Aufbauschule nahm es Schülernach der 7. Volksschulklasse auf, eswar koedukativ, staatlich und hatteein angeschlossenes Internat. Aller-dings belegen die Schülerzahlen vonhöchstens 151 (meist um 120), dassdiese Einrichtung nicht die Attraktivi-tät einer klassischen humanistischenBildungsanstalt hatte. Vielmehr musses als Versuch angesehen werden, die

Benachteiligung des ländlichen Rau-mes zu mildern. Nach dem Krieg ver-dreifachte sich die Schülerzahl inner-halb von 10 Jahren auf etwa 400. DieSchule füllte sich u.a. mit Schülern,deren Väter gefallen und deren Mütterberufstätig waren, und später mitDDR-Flüchtlingen oder mit Jugendli-chen, deren Schullaufbahn in derNachkriegszeit durcheinander geratenwar und die nun nach der 7. Klasse imGymnasium Fuß fassen wollten/soll-ten. Der Rückgang der Zahlen zwi-schen 1957 und 1963 auf 273 ent-sprach vermutlich dem allgemeinenTrend. Es gab weniger junge Familiennach dem Krieg, und die wollten deut-lich weniger Nachwuchs haben.

Entwicklung der Schülerzahlen amStädtischen Gymnasium Petershagen

Page 92: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

91

Ab Mitte der 60er Jahre ging es mitden Schülerzahlen in Schüben steilbergauf, zunächst von fast 300 auf ca.540 im Jahre 1970. Im Zuge der Bil-dungsreform öffnete sich auch unsereSchule breiteren Bevölkerungsschich-ten. Die Einrichtung des sogenanntenF-Gymnasiums 1965 betonte noch einletztes Mal den besonderen Charakterder „Aufbauschule” in Petershagen,denn nun wurden auch begabte Real-schüler nach der 10. Klasse aufgenom-men. Als die Schule 1970 in eingrundständiges Gymnasium umgewan-delt, also „normal” wurde, war die800er-Marke abzusehen. Sie war beider Kommunalisierung der Schule1974 endgültig überschritten. 800 bis900 Schüler, das war in etwa auch derMaßstab, an dem der Neubau bemes-

Schülerherkunft im WandelAnteil der Gemeinden am Schüleraufkommen(Bezug: heutige Verwaltungseinheiten)

sen wurde, den das Land NRW als „Ab-schiedsgeschenk“ für die Stadt Peters-hagen errichtete. Welch ein Irrtum!1983 wurde mit 1122 Schülern einvorläufiger Rekord verbucht, derkaum noch zu verkraften war. Hätteder stolze, frisch gebackeneSchulbesitzer von 1974 das „Ge-schenk” angenommen, wenn er dieKostenlawine geahnt hätte, die aufihn zukommen würde? Eine müßigeFrage, denn die Stadt Petershagenhatte gar keine andere Wahl. Immer-hin brachte der Pillenknick zwischen1985 und 1993 etwas Entlastung.Seitdem aber steuern die Zahlen aufeinen neuen Höhepunkt zu. Die1200er-Schwelle wird in diesem Jubi-läumsjahr überschritten, prognosti-ziert sind 1400 Schüler!

Page 93: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

92

Organisatorisches - Schulentwicklung im Spiegel der Statistik

Unsere Schule ist 1999 nach demSöderblom-Gymnasium in Espelkampund dem Immanuel-Kant-Gymnasiumin Bad Oeynhausen das drittgrößteGymnasium im Kreis Minden-Lübbecke. Wir haben seit 50 Jahreneinen festen Einzugsbereich, aus demstets mindestens 60% der Schülerkommen. Das sind, in heutigenVerwaltungseinheiten ausgedrückt,die Stadt Petershagen, die Samt-gemeinde Uchte (ohne Diepenau) undder Norden der Stadt Minden. Trotz-dem sind im Laufe der Zeit beträchtli-che Veränderungen zu verzeichnen.Das Internat, das Schüler aus der ge-samten Nordhälfte der Bundesrepu-blik aufnahm und etwa 20 bis 30 %der Schüler stellte, wurde Anfang der70er Jahre aufgelöst. Mit dem Endedes Aufbau- (ab 1970) und desF-Gymnasiums (ab 1974) endete auchder starke Zustrom aus der gesamtenStadt Minden. Nur der traditionelleEinzugsbereich (Todtenhausen,Kutenhausen, Stemmer) blieb gegenharte Mindener Konkurrenz erhalten.Entgegen der Befürchtung von 1974

hat sich die Errichtung des Gymnasi-ums Stolzenau nicht gravierend aus-gewirkt. Der Anteil der Steyerbergerund Stolzenauer Schüler von 16,8 %1978 ist sehr allmählich auf heute4,7 % gesunken. Dagegen hat die„hauseigene“ Schülerfraktion aus derStadt Petershagen ihren Anteil von40 % auf über 60 % gesteigert, wasbeim Schulträger und bei den Unterrich-tenden nicht nur Freude auslöst. Dashängt mit den Übergangsquoten vonden Grundschulen in die 5. Klassen derweiterführenden Schulen zusammen. ImJahre 1974 wurden von 100 Viert-klässlern in Petershagen 15 am Gymna-sium angemeldet, 60 dagegen an denHauptschulen und 25 an der Realschule.Heute verteilen sich die Grundschul-abgänger etwa gleich auf die Schulender Sekundarstufe I, und der Trend hältan. Allein der Elternwille steuert dieStatistik, solange die örtlichen Schul-bedingungen unverändert bestehenbleiben. Das wird die Hauptschulen wei-ter schrumpfen und die beiden anderenSchulen an ihren Bildungszielen ver-zweifeln lassen.

Page 94: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

93

Aber immerhin ist manches doch bes-ser als früher. Beispielsweise stand1998 bei 68 besetzten Planstellen einLehrer rein rechnerisch 17,5 Schülerngegenüber. 1971 waren es noch 21,8Schüler. Damals zierte der Stempelauf-druck „ausgefallen wegen Lehrer-mangels” die Zeugnisse. Heute fälltUnterricht nur in Einzelfällen, z.B. ausKrankheitsgründen, für eine begrenz-te Zeit aus. Ob der Unterricht heutebesser ist, sei dahingestellt, allerdingsspricht ein durchschlagendes Argu-ment eher für mehr Schwung im dama-ligen Kollegium: Das Durchschnittsal-ter der 30 Lehrer im Jahre 1971 be-trug 43 Jahre (inklusive eines 70jähri-gen Lateinlehrers!). Heute dagegen

Übergänge von den Grundschulen der Stadt Petershagenzu den weiterführenden Schulen in % (eingeschult in Klasse 5)

ist der Durchschnittslehrer im Gymna-sium Petershagen 47,5 Jahre alt undeigentlich schon ein Wrack, wie einermeiner Kollegen sagen würde. Naja,vielleicht können uns die 12 Referen-dare, die uns seit dem letzten Sommerbegleiten, ein wenig in Schwung brin-gen.

Peter Thiele

Page 95: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

94

Der KulturexpressDer KulturexpressDer KulturexpressDer KulturexpressDer KulturexpressMatthias BronischWege nach außen

„Das von Bronski geliebte Mädchen,übersetzen, Bronski!“ Sein Kopf warwieder mal hochrot. Er musste sichüber etwas erregt haben, immerwurden dann das runde, etwasschwammige Gesicht tiefrot und dieAugen zu dem, was man wohlSchweinsäuglein nennt. Michael erhobsich langsam und lauschte dem Flüs-tern des Banknachbarn. Wenigstensden Ansatz musste er mitkriegen,sonst würde dieses Gesicht mit einemlauten Knall platzen und seinenangestauten Ärger über ihn ausschüt-ten. Eben noch hatte er ihm die zweiKarten für Mäuschen und ihn miteinem feisten, tückischen Grinsenübergeben, hatte die Abfahrtszeit desZuges noch erwähnt, und nun dieseAttacke. War die Freundschaft mitMäuschen ein Angriff auf die allmäch-tige Herrschaft des Herrn Studienrats?War es Eifersucht auf ein Gefühl, dasweit hinter ihm lag, an das er sichkaum erinnern konnte und das er nunauch ihm nicht gönnte, diesem Wicht,der nicht mal eine einfache lateinischeForm konnte?

Er dachte an Rückzug. Seine Gedankenwaren längst auf dem Weg nachBielefeld. Er würde neben Irmchensitzen, ihre Hand halten, am Fensterdie Porta Westfalica vorbeistreichen

Der Kulturexpress oderWie man mit einem Schwan fährt

lassen und der Oper entgegenfiebern,die sie heute sehen würden.Aber Strohi ließ ihm keine Zeit, diesenGedanken nachzuhängen. Der ausge-streckte Finger bohrte sich in seineBrust, aber kein lateinischer Quellentsprang dem Bohrloch. Und Strohibekam seinen Tobsuchtsanfall, hoch-rot leuchtete über allem der Kugel-kopf und jagte wie ein glühenderMeteor durch die Bankreihen. „Set-zen!“ Der Finger hatte ein neues Opferaufgespießt. Sollte jetzt die Antwortkommen, konnte sich Michael auf eineneue Attacke gefasst machen. Und siekam. Ganz langsam stolzierte Strohinach vorne, erklomm das Podest,setzte sich und schlug sein Büchleinauf. Die Röte war abgeklungen, derKopf war nur kurz über die Eintragun-gen gebeugt, kam langsam hoch,verharrte in einer leichten Neigungzur rechten Schulter bei ein wenigzugekniffenen Augen, da der zueinem Grinsen sich verziehende Munddie Backen hochschob, dann kamendie freundlichen Bösartigkeiten, diesaftig wie Speichel aus diesem Grinsentropften: „Na ja, Bronski, nichts imKopf, aber... na ja, und heute wiederHändchen haltend in die Oper? Werweiß, was daraus wird, wenn du imnächsten Jahr die Klasse wiederholst,sicher auch zur Freude deiner Mutter,und ganz sicher imponierst duIrmchen...“, und der fast kahle Schä-del nickte heftig, und Freude ent-blößte die Zähne. Michael hörte, undseine Stimmung, die ganze Vorfreude,vor allem auch auf die Bahnfahrt,drohten im süffisanten Schleim derBösartigkeit zu ertrinken.

Die Pause rettete ihn. Nun sah erIrmchen, sie sollte alles wegwischen,sollte ihm sagen, dass sie sich freute.

Page 96: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

95

Er zeigte ihr die Karte, und ihre Augenerzählten von all dem, was er sich vondiesem Ausflug erhoffte. „Kannst dumir etwas erzählen, was wir heutesehen werden?“ Es war die immergleiche Frage, wenn eine Unterneh-mung des Kulturrings bevorstand.Aber diesmal ging es nicht mit derKreisbahn nur bis Minden, sonderndort erst begann die Fahrt richtig. EinZug, vollgepackt mit Schülern diesesostwestfälischen Zipfels, fuhr nachBielefeld, und quer durch die Stadtzog dann dieses Heer zur Oper. „Lo-hengrin ist ein Ritter des Grals...“,erzählte er und war noch nicht zuEnde, als es wieder läutete.

Es war ein warmer Sommerabend, alser sie abholte und die wenigen Meterzu dem kleinen Bahnhof in Peters-hagen begleitete. Von allen Seitentrudelten sie ein und warteten inGruppen auf den gelb-roten Zug ausUchte. Auf der Bank saß, wie immer,der Blöde, den man irgendwann imKrieg unter Trümmern hervorgezogenhatte. Er gehörte zum Bahnhof wiedas Gras zwischen den Gleisen.Es war nicht mehr Frühling, aber derSommer wollte in Petershagen, wie infast jedem Jahr, nicht ankommen.Dieser Winkel war vergessen, lagabseits, nur noch wenige Bahn-

minuten - Ovenstädt - Uchte -, da wardann wirklich die westfälische Welt amEnde. In Petershagen machte dieBundesstraße 61, kaum dass sie inden Ort hineinkam, einen scharfenKnick nach Westen, lief an Kirche,Schule, Internat und Kino vorbei, umkurz vorm Bahnhof mit einer ruck-haften Nordwendung parallel zu denGleisen dem Ort Richtung Bremen zuentkommen. Dabei hatte die Straßeden Vorteil, diese Flucht bis Bremendurchzuhalten, auch wenn es einunendlicher Weg war, während derBahn dann doch bald die Puste aus-ging. Der Norden war also keineverlockende Richtung. Wer diesem Ortentkommen wollte, den im Osten dieWeser und im Westen der FriedewalderForst in die Zange nahmen, mussteden Weg nach Süden nehmen. Nichtnur lag Minden näher, und was warMinden schon für ein Pflaster! Das warschon die Welt, die große Welt mitallem Drum und Dran, vor allem dasDran, jenes Rampenloch, von dem sienur hinter vorgehaltener Hand spra-chen, hatte es ihnen angetan, obwohldas Taschengeld und jene 50er-Jahre-Verklemmtheit nur verstohlene Blickeerlaubten.

Diesmal aber fuhr die Kleinbahndurch bis zum Anschluss an die großeStrecke, die von Berlin nach Kölnführte. Diese Orte gab´s nur in Träu-men, aber Bielefeld, Bielefeld sollteWirklichkeit werden. Die Älterenhatten Parolen ausgegeben - „Dieschönsten Mädchen!“, „Cafés, dass ihrstaunt!“, „Kinos!“, „Und eine tolleJazz-Kneipe!“ -, aber Michael interes-sierte das nicht, für ihn war das ganzeUnternehmen eine unendliche Reisean Irmchens Seite, nebeneinander aufeiner Bank, Schulter an Schulterzurückgelehnt in die Polster, schwei-gen und hinaussehen in eine vorbei-

Page 97: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

96

Wege nach außen - Der Kulturexpress

ziehende Landschaft. Und dann erst,im Theater, im Dunkel, die Hand aufder gleichen Lehne...

Der Zug kam, und alles drängte in dieWaggons. Es ging durch Felder, dich-ten Wald, an Heisterholz und derZiegelfabrik vorbei Richtung Minden.Auf dem Bahnhof blieb beim Umstei-gen gerade so viel Zeit, dass er nochschnell eine Stange Vivil kaufenkonnte. Sie eroberten die nebeneinan-der liegenden Plätze, aber das Abteilwar voll mit Lärm und Erzählen,Lachen und Erwartung auf eine Welt,die den meisten unbekannt war undumso mehr versprach. Und so bliebnichts von dem, was sie erträumthatten. Das aufgerissene Fenster ließeinen Sturm durch das Abteil jagen,jeder wollte einmal das Gesicht in denFahrtwind halten und stieg über siehinweg auf die Heizung, um möglichstweit hinauszureichen, stolpertezurück oder wurde zurückgerissen. Siesahen sich an und wussten, dass ihnenbeiden etwas in diesem Wirrwarr, indiesem Gekreisch und Gekicher abhan-den kam, gestohlen wurde, wasgerade dem Entschlüpfen der sonstallgegenwärtigen Obhut abgewonnenschien. Sie gaben auf und mischtensich in das allgemeine Tohuwabohu.Vorbei zogen der Höhepunkt wan-dernder Klassen, der Kaiser Wilhelm,und die dahinter im Wald verstecktliegende germanische Vergangenheit,der Hufschlag von Widukinds Schim-mel, der dem Poseidon von der Akro-polis in nichts nachstand und imWiehengebirge eine Quelle freigelegthatte. Da der germanische Held dengriechischen Vormacher wohl kaumgekannt hatte, war es eine ganzeigene Schöpfung und wurde bis inihre Tage auch so honoriert. Vorbeizog auch auf der anderen Seite diehausbackene Schweiz, und leichte

Hügel und weite Täler waren nur diePause vor dem Kamm, dessen Namenoch einmal tiefe Vergangenheitraunte. Zu jenem Gipfel deutscherGeschichtstradition reichte der Blickaber nicht, und seltsamerweise hatteMichael nie Gelegenheit, jenem eiser-nen Hohlkopf bei Detmold einmalgegenüberzustehen. Gegenzügedrückten Luftkissen in das Abteil,denn ihr Kommen wurde immer zuspät bemerkt, so dass nur der Griff zuden Lederriemen noch gelang, aber ehdie Scheibe hochgezogen werdenkonnte, war der atemraubende Rauschschon vorbei. Kugeln von Schokola-denpapier oder der Rest einer Juno,die nun gar nicht mehr rund war,nachdem sie durch alle Finger gewan-dert war, wurden zu Geschossendurchs offene Fenster, das sie häufigretour schickte, was das Gekreisch neuentfachte.

Bielefeld - Hauptbahnhof, wie dasschon klang. Die Augen waren groß,nichts sollte ihnen entgehen, was alsVersprechen so lange auf die Erfüllungwarten musste. Jetzt waren sie da, dieCafés und die Mädchen. Michael undIrmchen gingen allein, schlendertendem Pulk hinterher durch dieBahnhofstraße Richtung Stadttheaterund hatten nun, was der Zug ihnennoch nicht gegönnt hatte, ihre Hände,ihre Zweisamkeit. Was sollte sie danoch interessieren. Natürlich, dieOper, der „Lohengrin“!

Die Lichter verstummten, die Erwar-tung auf das, was kommen sollte,wuchs bei denen, die auf der Bühneum den König sich versammelt hatten,und den beiden, die aus einer hinte-ren Reihe auf die Bühne starrten undderen Hände sich auf der Lehnefanden.

Page 98: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

97

Da kam der Schwan. Sein hoher Halsund der Höcker ragten über dieUferpflanzen hinweg. Ein Lichtkegelerfasste ihn, ließ ihn als Lichtgestalthinter und über der Szene den Ritter-haufen vorne auf der Bühne über-strahlen, der nun in abgedämpfterBeleuchtung schattenhaft düster undsehr irdisch wirkte. Und ein zweitesLicht erfasste den ans Ufer tretendenLohengrin, der dem im Dunkel liegen-den Kahn entstiegen sein musste.Aller guten Dinge sind drei, und solöste ein dritter Lichtkegel Elsa ausder vom Wunder zu Boden geworfenenMenge. Über allem erhob sich dasSchwanenmotiv in der hellen StimmeLohengrins.

Irmchen drückte seine Hand, und sietat es noch heftiger, ja fast verzwei-felt, als der Schwan am Schluss wiederauftauchte, um zwar nicht der Liebeder beiden, aber doch ihrer Verwirkli-chung ein Ende zu bereiten, das dieMusik nur bedingt zu versöhnensuchte, der in der Ferne entschwinden-de Schwan und der Schrei Elsas umsostärker ihren Augen und Ohren auf-drängten. So jedenfalls hatte es sichihnen eingeprägt, auch wenn daErinnerungen waren von einem gro-ßen Hokuspokus, von Verwandlungenin Kind und Taube. Für sie beide wares der Schwan, sein leuchtend elegan-tes Weiß über dem dunklen Wasser,was als Größe und Niederlage derLiebe in ihnen blieb, als sie das Thea-ter verließen.

Während sie durch die dunkel gewor-denen Straßen zurück zum Bahnhofspazierten, zog vor ihnen durch dieGrachten der Straßen ein Schwan undleuchtete auf im Kegel der Straßenla-ternen. Sie ließen sich ruhig ziehendurch abgelegene Straßen, ganz mitsich und ihren Gefühlen beschäftigt,

und traten erst wieder an das Uferdieser Welt, als sie am Bahnhof diegroße Uhr sahen. Da war auch derSchwan verschwunden, und sie eiltenmit den vielen durch die Halle, stürz-ten die Treppen hinunter und wiederhinauf zum Bahnsteig, erreichten denZug, warfen sich in die Polster desAbteils und sahen durch die dunklenScheiben und ihre sich spiegelndenGesichter einen weißen Fleck immerkleiner werden. Der Zug fuhr.Nun war es ruhig geworden in demAbteil, alle schliefen, nur Michael undIrmchen suchten einen anderenSchluss der Oper. Sie saßen in demKahn, den ein Schwan, dessen weißes,luftiges Gefieder sie manchmal imSchein der Laterne durch das Abteil-fenster aufleuchten sahen, im ruhigenRhythmus durch die Nacht zog,hielten ihre Hände, lehnten die Köpfeaneinander und spürten ihre Wärme.Dies war ihre Lösung. Elsa musstenicht zurückbleiben, sie war zu Lo-hengrin gestiegen und ließ sichentführen in die Nacht. Und sievergaßen, für eine Zeit wenigstens,dass spätestens in Minden ein Mannmit roter Mütze sie wieder in die Weltder Trennungen rufen würde.

Matthias Bronisch

Page 99: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

98

Schulpartnerschaft mit EvreuxSchulpartnerschaft mit EvreuxSchulpartnerschaft mit EvreuxSchulpartnerschaft mit EvreuxSchulpartnerschaft mit EvreuxIlse SagertWege nach außen

„Ein lang gehegter Wunsch erfülltsich im Februar 1986: Zwischen demStädtischen Gymnasium Petershagenund der Ecole Saint-François in Evreuxfindet ein Schüleraustausch statt“, sobeginnt ein Artikel der damaligenSchulzeitschrift „Kontakte“ aus demJahre 1985.

Nun besteht diese Partnerschaftbereits seit 14 Jahren.

Was für ein langwieriger und mühsa-mer Prozess war es jedoch, dieseVerbindung herzustellen: Drei Jahrewarteten Fachschaft und Schulleitungvergebens auf eine Reaktion desKultusministeriums. Als dann endlicheine Zuweisung erfolgte, stellte sichheraus, dass sich das an uns vermittel-te „Lycée Privé“ in Lille zwischenzeit-lich selbst orientiert und eine nähergelegene Schule am Rhein gewählthatte.

Nur einem glücklichen Zufall war eszu verdanken, dass wir schließlichdoch noch an eine Partnerschulekamen: Ein Lehrer des Liller Etablisse-ments ermöglichte uns die Kontakt-aufnahme mit Herrn Louwagie, der inSaint-François in Evreux tätig war. Sofing alles an. Herr Louwagie besuchteuns für zwei Tage im Mai 1985; HerrRadi und Frau Sagert reisten imOktober in die Normandie, wo die

Modalitäten des Austausches erörtertund genauere Informationen überSaint-François eingeholt wurden: VonJesuitenpatern im Jahre 1872 gegrün-det, von diesen geleitet und unter-richtlich betreut, kann die Schule aufeine lange und elitäre Traditionzurückblicken. 1963 nahmen diePatres ihren Abschied, wie fast überallin Frankreich; das Jesuitenkollegwurde in eine Konfessionsschuleumgewandelt und der Diözese Evreuxund der Académie Rouen unterstellt.Die Lehrer werden von der Diözesebezahlt und arbeiten auf der Basisprivat abgeschlossener und häufigkurzfristiger Verträge; dementspre-chend ist die Fluktuation innerhalbdes Kollegiums beträchtlich. Zudemist die Schulleitung, wie in ganzFrankreich, alle acht Jahre einemWechsel unterworfen. Wie sehr sichder Charakter der Schule veränderthat, ist auch daran ersichtlich, dasskein Jesuitenpater mehr als Seelsor-ger fungiert wie noch im Jahre 1985und dass seit dem Schuljahr 1998/99eine Frau an der Spitze des Etablisse-ments steht.

Zum Schulkomplex, in ein park-ähnliches Gelände integriert, gehörtallerdings auch heute noch eineKirche. Die Größenordnung von Saint-François entspricht in etwa der unse-

Page 100: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

99

res Gymnasiums. Zur Schule gehören80 Lehrer und 1200 Schüler. Sie ist einselbstständiges wirtschaftlichesUnternehmen, das bislang aufgrunddes zu entrichtenden Schulgeldes undder Zuwendungen ehemaliger Schülerüber großzügige finanzielle Mittelverfügen konnte. Die Mittelstufe, dasCollège, und die Oberstufe, das Lycée,sind verwaltungsmäßig voneinandergetrennt und werden jeweils voneinem eigenen Direktor geführt. Indas Collège werden seit einigenJahren auch Mädchen aufgenommen,die Koedukation setzt sich dann inder Oberstufe fort. Hier bleibt derKlassenverband trotz der Differenzie-rung nach Schwerpunkten - dernaturwissenschaftliche Bereich gilt alsder qualifizierteste - erhalten. DieSchüler werden ganztägig unterrich-tet - ein Nachmittag ist frei. DerUnterricht beginnt um 8.30 Uhr undendet, inklusive einer Mittagspausevon 12.30 bis 14.00 Uhr, um 17.00oder sogar 18.00 Uhr. In der schul-eigenen Kantine können Schüler undLehrer ihre Mahlzeiten einnehmen. EinInternat, primär von Schülern aus demPariser Raum genutzt, eine Rezeption,ein Lese- und Medienraum, eineKrankenstation und eine Etude, eingroßer Saal, in dem Schüler ihre Haus-aufgaben erledigen oder eine Strafeverbüßen müssen, gehören ebenfallszu Saint-François und erfordern einumfangreiches Verwaltungspersonal.

Bei ihren acht- bis zehntägigenAufenthalten in Evreux machtenunsere Schüler nicht nur die Bekannt-schaft mit diesem Schulsystem,dessen Abweichungen von dem unsri-gen sie zum Nachdenken veranlassten,sondern sie gewannen auch Einblickein Mentalität, Lebensweise, wirt-schaftliche Strukturen, Kultur undGeschichte unseres Nachbarlandes

durch Teilnahme am Familienleben,durch den Besuch von Fabriken,Museen und Burgen, durch Ausflügein die Region (Rouen, Arromanches,Honfleur, Giverny...), nach Bayeux,Paris...

Den Höhepunkt unserer Beziehungenstellte wohl die Feier zum zehnjähri-gen Bestehen unserer Partnerschaftvom 18. bis 21. Mai 1995 in Evreuxdar. Zu dieser Feier reiste eine Delega-tion von fünf Kollegen, angeführt vonHerrn Frese, und 36 Schülern nachEvreux. Der herzliche Empfang unddas Engagement unserer Gastgeberwaren beeindruckend und werdenunvergesslich bleiben. Das Programmumfasste sportliche Wettkämpfezwischen französischen und deut-schen Schülerteams, eine Besichtigungder Raketenstation Ariane in Vernon,der Kathedrale von Chartres, einenEmpfang durch den kommunistischenBürgermeister im Rathaus, einenGottesdienst, von Franzosen undDeutschen gemeinsam gestaltet, undein opulentes Abschiedsdiner in derSchulkantine.

Evreux

Page 101: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

100

Wege nach außen - Schulpartnerschaft mit Evreux

Natürlich verlief dieser Austauschnicht immer reibungs- und komplika-tionslos; Schwierigkeiten bereitetenund bereiten uns noch immer dieständig wechselnden Bezugspersonenin der Fachschaft Deutsch und diedamit für uns verbundenen organisa-torischen Probleme. Desgleichen führtdie Mentalität der französischenSchüler, bedingt durch anders gearte-te Erziehungsprinzipien und Sozial-strukturen, bisweilen zu Verstän-digungsschwierigkeiten zwischen denAustauschpartnern.

Angesichts dieser Faktoren sindkleinere Komplikationen auf beidenSeiten nicht immer auszuschließenund in die Vorbereitung eines Aus-tauschs mit einzukalkulieren. Sie

beeinträchtigen jedoch nicht diedurchaus positive Gesamtbilanzunserer Beziehungen: Man lernte sichkennen und verstehen, gegenseitigeVorurteile wurden abgebaut, dieSchüler wurden sprachlich gefordertund gefördert und zu einer intensive-ren Beschäftigung mit der Fremdspra-che angeregt. Zudem haben sich engeund bleibende Kontakte zwischeneinigen Schülern herausgebildet: Sonahm im vergangenen Sommer einFranzose an Herrn KleinebennesRuderlager in Plön teil, eine Französinverbrachte einen Teil ihrer Ferien inPetershagen, während eine andere, beider Familie Scheideler untergebracht,ein zweimonatiges Praktikum inMinden absolvierte. Auch zwischendeutschen und französischen Kollegen

Saint-François de Sales

Page 102: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

101

haben sich im Laufe der Zeit Freund-schaften entwickelt, als ein Beispielunter anderen sei die kontinuierlicheZusammenarbeit zwischen der Panto-mime-Gruppe Herrn Dubourgs - beiseinen DeutschlandaufenthaltenStammgast in der Familie Lewin - undder Theater-AG Herrn Hoocks er-wähnt. Diese betreut traditionell diefranzösischen Akteure, die schon zumvierten Mal für ihre Darbietung im PZmit „lautem Beifall für leises Spiel“(Mindener Tageblatt) belohnt wurden.Aber auch die Petershäger Theater-AG,die zusammen mit Frau Rasche-Hagemeier und Herrn Guth 1993 nachFrankreich reiste, konnte mit derAufführung von „Momo“ im Stadt-theater von Evreux einen großenErfolg verbuchen.

Im Rückblick ist anzumerken, dassdas Ausmaß an Zeit, Arbeit undEngagement, das die FachschaftFranzösisch, unterstützt durch dieSchulleitung und viele Kollegen,investiert hat, die Mühe wert gewesenist. So hat das Austauschangebotauch im Schuljahr 1998/99 wiedergroße Resonanz bei den Schülerngefunden: Vom 6. bis zum 15. Novem-ber reisten 25 Schülerinnen undSchüler mit Frau Schmitz-Neuland undFrau Linnemann in die Normandie, undwir hoffen, dass - wie schon so oft -die französischen Schüler nach ihremGegenbesuch im Frühjahr 1999 ebensobegeistert in ihre Heimat zurückge-kehrt sind wie unsere Schüler nachihrem Aufenthalt in Frankreich.

Ilse Sagert

Bleistiftzeichnung von Frederik Bartels (Abi ‘96),Gastgeschenk an unsere Partnerschule in Evreux

Page 103: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

102

Partnerschaft mit AlbuquerPartnerschaft mit AlbuquerPartnerschaft mit AlbuquerPartnerschaft mit AlbuquerPartnerschaft mit AlbuquerquequequequequeKarin Fischer-HildebrandWege nach außen

Die wichtigsten Ziele eines Austau-sches zwischen Schülern verschiedenerLänder sind der Gedankenaustausch,die Konfrontation mit einer anderenKultur und der Abbau von Vorurteilen.In einer Zeit der fortschreitendenGlobalisierung ist dies besondersnotwendig. Jeder Teilnehmer an einemSchüleraustausch muss sich intensivmit der Geschichte, der Kultur sowieden sozialen und wirtschaftlichenAspekten des Partnerlandes auseinan-der setzen. Nur so kann er seinenAufenthalt als kurze Teilnahme amLeben eines anderen Volkes erfahren,nur so kann er die reine Touristen-perspektive verlassen. Jeder Teilneh-mer kommt auch als Repräsentantseines eigenen Landes. Er wird alsDeutscher wahrgenommen und istsomit auch verantwortlich für dieBotschaft, die er hinterlässt. Dieserfordert eine differenzierte Reflexionder eigenen Geschichte sowie dessozio-politischen Systems seinerHeimat und deren kultureller Gege-benheiten. Hierin liegen die Vorteile

eines Schüleraustausches, die mannicht übersehen darf. So ist derAufenthalt an der AlbuquerqueAcademy sowohl für die Schüler alsauch für die Lehrer eine wunderbareErfahrung, die sich nicht ersetzenlässt.

Albuquerque, New Mexico, ist in derTat eine Stadt in der Außen-Welt. Dieswird jedem Austauschteilnehmersofort bewusst, wenn er die Anreise-zeit betrachtet: Hannover – Frank-furt, Frankfurt – Dallas, Dallas -Albuquerque. Reine Flugzeit: 13Stunden. Verlässt man den Flughafen,fühlt man sich in die Zeit der altenamerikanischen Western zurückver-setzt. Verschiedene Reisen ins Umlandwerden diesen Eindruck im Laufe desAufenthalts noch verstärken. Mit ca.342.000 Einwohnern ist Albuquerquedie größte Stadt New Mexicos. EinDrittel der Gesamtbevölkerung lebt indieser Wirtschaftsmetropole. Die Stadtwurde im Jahre 1706 gegründet undnahm an Bedeutung schnell zu,

Das Gymnasium soll- laut Definition ein Lehrwerkzeug sein - ohne Einschränkung seineHauptaufgabe,- ein Ort sein, in dem neben Fachkenntnissen auch kulturelle Wertevermittelt werden,- ein Ort des Zusammentreffens sein, ein Ort, an dem man sich wohlfühlt.Zusammengefasst: Das Gymnasium soll einen Lebensraum für dasLernen schaffen.

Was kann hier ein Austauschprogramm leisten?

Page 104: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

103

besonders nachdem im Jahre 1897 der„Atchinson – Topeka - Santa Fe High-way” gebaut wurde, der durch ganzNew Mexico führt. Jedem ist sicherlichdie legendäre Route 66 bekannt. Auchsie ist mit ihren typischen Cafés undRestaurants ein fester Bestandteil derStadtgeschichte.

Albuquerque liegt am Rio Grande delNorte in 1620 Metern Höhe. DieseHochplateaulage macht es zu einemberühmten amerikanischen Kurort fürAtemwegserkrankungen. DieUniversity of New Mexico und vieleIndustrie- und Forschungszentrentragen zur Attraktivität der Stadt bei.New Mexico ist etwa 315.000 km²groß und hat 1.500.000 Einwohner.Die Bevölkerung ist spanisch geprägt,was sich sowohl in der Sprache, derArchitektur und der Kultur als auch -für unsere Schüler besonders wichtig -im Essen spiegelt. Die Hälfte desgesamten Staates liegt in einer Höhevon 1500 bis 3000 Metern. Die RockyMountains erstrecken sich südlich des

Colorado bis in das nördliche NewMexico. Der berühmte „Roadrunner”ist der Staatsvogel. New Mexico hatein trockenes und sonniges Klima;Steppe und Wüste wechseln sich ab.Die Albuquerque Academy ist einePrivatschule am östlichen Rande derStadt. Ihr Areal, der Campus, ist fürunsere Verhältnisse riesengroß. Willman den Campus und seine Gebäudezu Fuß erkunden, so kann das bis zudrei Stunden dauern. Die Academy istin zwei Teile aufgeteilt: die middle

Albuquerque

Die Academy

Page 105: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

104

Wege nach außen - Partnerschaft mit Albuquerque

school und die upper school. Zwischenden beiden Gebäudekomplexenbefinden sich die verschiedenenFachbereiche, eine Bibliothek, zweiMensen, Sporthallen, Sportplätze, einSchwimmbad und die Verwaltungsge-bäude. Eine parkähnliche Landschaftbildet den äußeren Rahmen.

Schon diese Daten über unsere Part-nerstadt zeigen eindrücklich denUnterschied zwischen Petershagenund Albuquerque auf. Es gibt jedocheine Gemeinsamkeit, die sich auchpositiv auf den Austausch auswirkt:Albuquerque ist flächenmäßig ähnlichweitläufig wie Petershagen mit seinen

Der Campus

Page 106: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

105

vielen Ortschaften. Hinzu kommt,dass die Academy eine Privatschule istund somit ihre Schüler über dasgesamte Stadtgebiet verteilt sind. DieEntfernungen spielen sich in ganzanderen Dimensionen ab als zu Hausein Petershagen, eine erste und wichti-ge Erfahrung der Schüler. Die Schulewird zum Ort der zwischenmenschli-chen Kontakte. Private Treffen nachdem Unterricht sind kaum möglich. Sonimmt die Schule einen anderenStellenwert im Leben der amerikani-schen Schüler ein. Unseren Schülernwird dieser Unterschied sofortbewusst, und zwar meistens im positi-ven Sinne. Die Identifikation mit ihrerSchule, auch bedingt durch die vielen„extra curricular activities” nach demeigentlichen Unterricht, wird vonunseren Schülern vielfach begrüßtund beeinflusst ihr Verhalten oft auchnoch nach der Rückkehr an die heimi-sche Schule. Schule kann also auchanders sein.

Wie ist es möglich, unsere Erfahrun-gen mit dem Schulalltag inAlbuquerque in unser Schullebeneinfließen zu lassen? Unterstützungin ihren Bemühungen und Überlegun-gen erhalten unsere Austausch-teilnehmer häufig von den Schülern,die ein ganzes Schuljahr in Amerikaverbracht haben. Hier entwickelt sichein Kommunikationsaustausch zwi-schen Schülern unterschiedlicherSchuljahre, Klassen und Kurse, abermit gleichen oder ähnlichen Amerika-erfahrungen. Dieser Prozess belebtunsere Schule.

Die Bücherei

Page 107: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

106

Auch der Kontakt zwischen Lehrernund Schülern in Albuquerque ist einanderer. Räumliche und zeitlicheAspekte und besonders auch daszahlenmäßige Lehrer-Schüler-Verhält-nis sind hier ausschlaggebend. Sokommen nicht nur Schüler ins Nach-denken, sondern auch die begleiten-den Lehrer beginnen eine Reflexionüber ihren eigenen Schulalltag.

Ausflüge ins nahe Umland oder auchin weiter entfernte Gebiete konfron-tieren unsere Schüler mit den über-wältigenden Dimensionen Amerikas.Eine Reise zum Grand Canyon führt dieSchüler durch geographisch undklimatisch verschiedene Gegendenund setzt sie schließlich der ungeheu-ren Gewalt der Natur aus, die „live”ganz andere Impressionen hinterlässtals eine Fernsehaufzeichnung!

Einen entscheidenden Einfluss aufden Aufenthalt haben natürlich dieAustauschfamilien, insbesondere deramerikanische Austauschpartner.„Amerikanisch” steht hier für die

Die erste Austauschgruppe aus Petershagen am Grand Canyon

Wege nach außen - Partnerschaft mit Albuquerque

Page 108: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

107

Vielfältigkeit der Kulturen: UnsereSchüler leben in mexikanischen,spanischen, indianischen, chinesischenund amerikanischen Familien. Dasfamiliäre Leben dieser Austausch-familien ist stark von ihrer eigenenKultur geprägt. Unsere Schüler müs-sen sich hier zurechtfinden, wasmanchmal nicht einfach ist. Ein Bei-spiel ist das amerikanische Religions-verständnis, das unseren Schülernfremd ist. Gemeinsame Gespräche sindhier notwendig, um für Klärung oderauch Verständnis zu werben. DieseAnnäherungsprozesse erweitern denindividuellen Erfahrungshorizont.

Amerika, das Land der unbegrenztenMöglichkeiten! Amerika und „TheAmerican Dream”! Begriffe, die denSchülern aus der Schule bekannt sind.Sowohl positive als auch negativeAssoziationen werden hier zur Reali-tät. So vermitteln die Austausch-familien unseren Schülern ein Bild dersozialen Vielfalt Amerikas. VieleFamilien können nur aufgrund einesStipendiums ihre Kinder auf dieseSchule schicken. Und doch: Bildung istfür alle der Weg zum Erfolg! UnsereSchüler erfahren, dass Eltern mehrere„jobs” gleichzeitig haben, um dengewünschten Lebensstandard auf-rechterhalten zu können. Die Auswir-kungen auf das Familienleben sind oftfatal und für uns schwer vorstellbar!Unsere Schüler erleben mit, dass ihre

Ausstauschpartner nach der Schulearbeiten gehen, um das Geld für dasCollege zu verdienen. Denn: Nur eingutes College sichert Erfolg!

Dieser direkte Kontakt mit verschie-denen gesellschaftlichen Situationenund Wertvorstellungen führt zurReflexion der eigenen Situation, dereigenen Werte!

Viele Aspekte eines Austauscheskönnten noch genannt werden. Einersoll noch aufgeführt werden: dieSprache. Sie wird zum einzig mögli-chen Kommunikationsmittel.Und: Es klappt!

Karin Fischer-Hildebrand

Page 109: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

108

Individueller SchüleraustauschIndividueller SchüleraustauschIndividueller SchüleraustauschIndividueller SchüleraustauschIndividueller SchüleraustauschWolfgang BattermannWege nach außen

Seit nunmehr über 20 Jahren ist derindividuelle Schüleraustausch festerBestandteil des Schullebens amStädtischen Gymnasium Petershagen.Viele Schülerinnen und Schüler nutzenjedes Schuljahr die Chance, ein Schul-jahr bzw. –halbjahr oder Trimester ineinem anderen Land mit einer anderenSprache und Kultur, in einer anderenFamilie und an einer anderen Schulezu verbringen.

Dieser individuelle Schüleraustausch,nicht zu verwechseln mit irgend-welchen Sprachferien oder –reisen,mit dem Schulaustausch und denSchulpartnerschaften mit Evreux undAlbuquerque, erfreut sich immergrößerer Beliebtheit. Gründe dafürsind die feste Institution und Traditi-on mit intensiver Betreuung anunserer Schule und ein allgemeinerTrend, wenn man sich vor Augen hält,dass im letzten Jahr 16000 deutscheMädchen und Jungen diesen radikalenTapetenwechsel mit gründlicherSelbsterfahrung vollzogen.

Individueller Schüleraustausch mit langer Tradition

Mehr als 50 kommerzielle und ge-meinnützige deutsche Organisationenbieten solche Auslandsaufenthalte für15- bis 18-jährige Schülerinnen undSchüler an. Der Nutzen liegt auf derHand: Entwicklung der Persönlichkeitdurch neue Erfahrungen und Erkennt-nisse, Knüpfen neuer Freundschaftenund Verbindungen, Ausbildung nahe-zu perfekter Sprachkenntnisse, Ver-besserung der Chancen für den schuli-schen und beruflichen Werdegang.

Jedes Schuljahr sind ca. vier bis fünfPetershäger Gymnasiasten im Ausland.Sie gehen in erster Linie in die eng-lisch- und französischsprachigenLänder USA, England, Irland, Austra-lien, Neuseeland, Kanada und Frank-reich, aber auch in Länder andererSprachkulturen wie Honduras undBrasilien, wobei sie von Organisatio-nen wie ICX, AFS, YFU und „Experi-ment“ betreut werden. Im Jubiläums-jahr unserer Schule befinden sich NinaRabe, Stefanie Kühne, Anja Breuer,Anna-Caroline Lange und ChristinaLangeheinecke in den USA, ChristinaKallendorf in Kanada und SebastianGoldstein in England.

Page 110: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

109

Aber auch unser Gymnasium besuchenregelmäßig Schülerinnen und Schüleraus dem Ausland, zur Zeit natürlichvor allem noch aus den englisch- undfranzösischsprachigen Ländern,zunehmend aus Ländern wie Mexiko,Chile, Kolumbien usw. und in immergrößerem Maße aus den osteuropäi-schen Ländern wie der Slowakei,Ungarn oder den baltischen Staaten.In diesem Jahr machen LenkaOndruskova und Peter Jancovic ausder Slowakei, Tibor Bedö aus Ungarnund Emilie Forthomme aus Belgiendiese Erfahrungen an unserem Gymna-sium.

Wolfgang Battermann

Emilie Forthomme

Lenka Ondruskova

Tibor Bedö

Peter Jancovic

Page 111: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

110

Über Schule und BerufÜber Schule und BerufÜber Schule und BerufÜber Schule und BerufÜber Schule und BerufGerhard HankeWilhelm Lange

Wege nach außen

Der Gymnasiast früherer Zeitengehörte einer gehobenen Schicht an.Der Umgang mit historisch-sprachli-chem Bildungsgut, insbesondereGriechisch und Latein, sollte einenhumanen Menschen aus ihm machen.Geldverdienen, Arbeitswelt undBerufstätigkeit waren keine Themendes traditionellen Gymnasiums, seineSchüler konnten sich durch ihreStandeszugehörigkeit als sozialgesichert ansehen.

Das ist lange her. Ein heutiger Abitu-rient ist sehr offen in seiner Berufs-wahl und hat eine Fülle von Möglich-keiten in jede Richtung vor sich. DasSchulangebot hat er schon nicht mehrals überschaubaren Bildungskanonerfahren, eine zunehmendunübersichtlichere und sich ständigverändernde Arbeits- und Berufswelterschwert sichere Perspektiven undfeste Entscheidungen. Das hat durch-aus positive Seiten, aber es erzeugtauch vermehrt menschliche undsoziale Unsicherheit undOrientierungslosigkeit. Schwierigergeworden ist auch die Verknüpfungder Berufswahl mit den persönlichenAnsprüchen, Interessen, Fähigkeitenund Zukunftsvorstellungen. So wirddie Frage „Was soll ich werden?” -keineswegs ja nur eine Berufsfrage -

verdrängt oder manchmal zufällig-punktuell entschieden, orientiert anTrends und Modeberufen. Beides istungünstig, denn die Frage erforderteigentlich einen längerenInformations- und Entwicklungs-prozess. Verständlich ist auch, dassdaraus gelegentlich ein etwas bangerelterlicher Stoßseufzer wird: „Was sollbloß aus dem Kind mal werden?” DieForderung nach beruflicher Orientie-rung für die Schüler drängt in dieSchulen, auch hier manchmal miteinem Stoßseufzer empfangen: „Wassoll die Schule nicht noch allesleisten!”

Unsere Schule ist mit ihren 75 Jahrenein Kind unseres Jahrhunderts. Viel-leicht hängt es damit zusammen, dassman hier immer viel Interesse an derberuflichen Zukunft der Schülervoraussetzen konnte und die Bereit-schaft der Lehrer vorhanden war, ihreSchüler bei der Berufswahlvor-bereitung zu unterstützen. Das wirdin Zukunft hoffentlich so bleiben.Berufsberater kamen schon an dieSchule, als das an Gymnasien nochwenig üblich war. Das Bestreben,Beruf, Arbeit und Wirtschaft in denStoffplänen vieler Fächer zu etablie-ren, war früh vorhanden. Anregungenvon außen wanderten nicht in den

Page 112: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

111

Papierkorb, sondern wurden denSchülern zugänglich gemacht. Früherwar es schwer, an Informationenheranzukommen; heute besteht durchdie Informationsflut die Gefahr, dieOrientierung zu verlieren.

Die Berufswahlkompetenz jungerMenschen zu fördern, gilt heute alsTeil des Schulprogramms und alsanerkannte und verbindliche Aufgabealler Schulen. Das geschieht in derSekundarstufe I vor allem im Fach-unterricht und durch die Klassenleh-rer, zum Beispiel durch eine besondereUnterrichtsreihe im Deutschunterrichtder Klasse 9 und gründlicher in Klasse

Was Hänschen nicht lernt,

lernt Hans nimmermehr!

10 im Politikunterricht, bei unsverbunden mit einem ersten einfüh-renden Besuch des Berufs-informationszentrums im ArbeitsamtHerford. Zu jedem Elternsprechtagkommt die Berufsberatung mit eineroffenen Sprechstunde.

In der Oberstufe lässt sich stärker aufdie Eigenverantwortung der Schülerbauen und auf ihre Möglichkeit, dievielen Außenanregungen selbstständigund aktiv zu nutzen. Gespräche undAktivitäten besonders von Tutorenund Beratungslehrern und die Beach-tung und Besprechung beruflicherAspekte auf allen Ebenen des Unter-richts sind aber auch hier unverzicht-bar. Die Berufsberater für Abiturien-ten stellen sich den Schülern in Klasse12 nicht nur vor, sie entwickelnzusätzlich ein themenbezogenesInformationsangebot nach den Wün-schen der Schüler. In den letztenJahren war ein gemeinsamer Hoch-schultag in Bielefeld oder Münsterfast immer ein fester Programmpunktin der Oberstufe. Auch das Betriebs-praktikum war 1988, als es an unsererSchule eingeführt wurde, an Gymnasi-en keine Selbstverständlichkeit. Essoll die Wirtschafts- und Arbeitsweltmehr ins Blickfeld rücken und dieBerufsorientierung fördern.

Page 113: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

112

Die Schüler der 11. Jahrgangsstufegehen am Ende des ersten Halbjahresfür 15 Tage in Betriebe, bei denen siesich vorher selbst um einenPraktikumsplatz beworben haben. DasSpektrum der inzwischen insgesamt400 Praktikumsbetriebe spiegelt dieganze Vielfalt des hiesigen Wirt-schaftsraumes; es umfasst großeIndustriefirmen, öffentliche Verwal-tungen, Grundschulen, Kindergärten,Handwerksbetriebe, Krankenhäuser,Tierärzte, Rechtsanwälte, Logopäden,sogar die Stadttheater in Minden undBielefeld, die Bundeswehr (techni-scher Bereich, Sanitätswesen) undviele andere Betriebe und Einrichtun-gen. Dem Einzugsgebiet der Schuleentsprechend liegen die Praktikums-betriebe in einem Gebiet, das imWesten etwa von Espelkamp, im Ostenvon Stadthagen, im Norden vonNienburg und im Süden von Herfordbegrenzt wird.

Wege nach außen - Über Schule und Beruf

Unsere anfängliche Sorge, ob es denSchülern gelingen würde, selbstgeeignete Praktikumsplätze zufinden, bestätigte sich nicht, vonganz wenigen Ausnahmen abgesehen.Das ist sehr erfreulich, denn schon dasSuchen und das Finden eines Platzesvermitteln wichtige Erfahrungen überdie Anforderungen und Bedingungender Arbeitswelt. Im Zentrum stehenallerdings die Begegnungen mit denBetriebsangehörigen und die Gelegen-heit, praktisch tätig zu werden. Denndadurch erhalten unsere Schüler, dieoft eine gewisse Unsicherheit gegen-über der für sie wenig greifbarenArbeitswelt verspüren, vielfältige undkonkrete Einblicke in Berufsfelder undWirtschaftszweige. Gezieltes Beobach-ten und Nachfragen verschafft ihnenKenntnisse über den Aufbau, diewirtschaftlichen Zielsetzungen unddas soziale Gefüge des gewähltenBetriebes.

Natürlich kann unser Praktikum keinewirkliche Berufsausübung auf Probesein. Trotzdem ist es sinnvoll, dassdas Praktikum in einem Berufsfelddurchgeführt wird, das den Neigungender Schüler entgegenkommt. Dielebendigen Eindrücke und Erfahrun-

Page 114: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

113

gen ermöglichen ein realistischeresBild von der persönlichen Eignung.Wird die Vorstellung vom Traumberufzu sehr lädiert, ist es noch frühgenug, Alternativen zu entwickeln.Die bessere Einschätzung eigenerStärken und Schwächen ermöglichtverantwortlichere Entscheidungen.Überhaupt bedürfen die im Praktikumgemachten Erfahrungen, um einenachhaltige Wirkung entfalten zukönnen, der kritischen Reflexion.Daher wird das Praktikum im Unter-richt vorbereitet und ausgewertet. DieLehrer der Jahrgangsstufe 11 besu-chen die Schüler an ihrem Praktikums-platz. Diese Kontakte haben sichgerade auch für die Lehrer als wertvollerwiesen, da sie ihnen Erfahrungszu-wachs und Denkanstöße liefern, dieihnen ansonsten nur aus zweiter Handzugänglich wären. Die Schüler verfas-sen einen Bericht, in dem sie ihreErfahrungen darstellen, analysierenund beurteilen. Dieser Bericht dientauch zur Rückmeldung an die Betrie-be, die insgesamt unsere Schülerfreundlich und intensiv und zu derengroßer Zufriedenheit betreut haben.Wir haben den Eindruck, dass Schülersich nach dem Praktikum systemati-scher mit Berufswahlfragen auseinan-der setzen und zielstrebiger lernen.

Unserer Schule wünschen wir für dienächsten 75 Jahre Lehrer, die dieSchüler mit ihren Lebensentwürfenund Zukunftsplänen nicht alleinlassen. Sie bleibt hoffentlich aufge-schlossen und wandlungsfähig undhält sich nicht unnötig damit auf,überholte Strukturen zu verteidigen.

Dazu in Form von Diskussions-thesen drei gute Wünsche:

Page 115: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

114

2.1.SchuleSchule

braucht zeitgemäße Inhalte und Formen muss an Wertvorstellungen arbeiten

Wege nach außen - Über Schule und Beruf

Die Schule konnte dich nur vorbereiten; denSchritt ins Leben musst du nun selber tun!

Berufsorientierung nutzt wenig,wenn ein überzeugendes und moder-nes Schulkonzept fehlt. Dann hat siebloße Alibifunktion. Man übt Lebens-läufe und Bewerbungen schreiben,sonst bleibt alles beim Alten. Aber esgeht nicht ohne Entrümpelung. Tradi-tionelle und überholte Fächer, Gren-zen und Inhalte müssen abgebautwerden oder sollten wenigstens dieÖffnung nach außen, mehr Praxis- undLebensnähe und erfahrungsbezogenesLernen nicht behindern. Dabei dürfenabfragbare Schulbuch-Weisheiten,Stundenplan, Notengeben und Klas-senarbeiten getrost etwas leiden. Eskommt darauf an, dass der Kopf derSchüler frei wird, nicht darauf, dass ervoll wird. Stoff, der seine Daseinsbe-rechtigung nicht nachweisen kann,muss aus der Schule verschwinden.Blumige Gemeinplätze, z. B. „Oberstu-fe soll auf das Studium vorbereiten”,genügen keineswegs. Fragen wie „Wasnützen diese Kenntnisse und Fähig-keiten dem Schüler heute oder in Zu-kunft?”, „Können wir darauf ganzoder teilweise verzichten?”, „Habendiese Dinge den angemessenen Stel-lenwert?” können gar nicht oft undentschieden genug gestellt werden,aber natürlich nicht nur unter berufli-chem Aspekt.

Ohne Verbindung mit der Persönlich-keit und mit den Lebenseinstellungender Schüler und ohne einen Zusam-menhang mit den Wertvorstellungender Gesellschaft stößt Berufs-orientierung schnell an ihre Grenzen.Man arbeitet für Noten, Zeugnisseund Schulabschlüsse (später: fürGeld), alles andere ist gleichgültig. Soverkommt der Mensch zum Arbeits-und Konsumtier und die Schule zumbloßen Auslese- und Chancen-verteilungs-Apparat. Dass akademi-sche Studien nicht mehr zwangsläufighöheres Einkommen und beruflicheSicherheit bedeuten, muss in diesemZusammenhang als Chance betrachtetwerden.

Page 116: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

115

3.Schulesoll allgemein bildend bleiben

Die Schule soll kein „Trainingslager”für momentan viel benötigte berufli-che Fertigkeiten werden, sondern einegewisse Distanz zur Arbeitswelt wah-ren. Das heißt aber nicht, dass sie einSchutzraum vor der rauen Wirt-schafts- und Arbeitswelt sein darf.Die Vermittlung von Grundwissen inwichtigen Lebensbereichen und vonelementaren Fähigkeiten ist dieHauptaufgabe der Schule. In einerInformationsgesellschaft werden dieAnforderungen an die Urteilskraft derMenschen zunehmen. Die Schule mussdie Grundlagen legen und das ver-nünftige Bemühen um wichtige Ge-genstände in den Mittelpunkt rücken.Wesentliche Bereiche wie Krieg undFrieden, Sexualität und Partnerschaft,ökonomisches Grundwissen, Teilnah-me am öffentlichen politischen undkulturellen Leben und Umgang mitMitmenschen, besonders mit Gleich-altrigen, kommen schon heute imSchulalltag nicht ausreichend zur Gel-tung. Was die Schule hier leistet, istletztlich auch für die Arbeits- undBerufswelt wichtiger als das Schielennach schnell und direkt nützlichen,beruflich verwertbaren Spezial-kenntnissen. Dafür ist später nochZeit.

Und schließlich: Was Hänschen nichtlernt, kann Hans immer noch lernen.Schon jetzt gilt, was in der Informati-onsgesellschaft der Zukunft nochmehr gelten wird: Jeder lernt ständigund lebenslang. Da muss die Schulelernen.

Gerd HankeWilhelm Lange

Was soll ichdenn nun lernen?

Page 117: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

DankDankDankDankDank

Edeka Handelsgesellschaft, Minden-Hannover

Elektrizitätswerke Minden-Ravensberg, Herford

Firma Giese, Petershagen

Firma Grüter, Stolzenau

Firma Herrmann, Petershagen

Firma Höflich, Bad Oeynhausen

Firma Ihr Platz, Petershagen

Firma Klusmeyer, Petershagen

Firma Lampe, Petershagen

Firma Melitta, Minden

Mindener Kreisbahnen, Minden

Oesper-Apotheke, Petershagen

Firma Piepenbrock, Osnabrück

Provinzial-Versicherung Pohlmeier, Petershagen

Rats-Apotheke, Petershagen

Firma Schargott, Petershagen

Spar- und Darlehnskasse, Petershagen

Sparkasse Minden-Lübbecke, Petershagen/Minden

Tonindustrie Heisterholz, Petershagen

Volksbank, Friedewalde

Volksbank, Petershagen

Firma Wahrenburg, Petershagen

Weserland-Klinik Bad Hopfenberg, Petershagen

Folgende Firmen und Kreditinstitute haben durchGeldspenden den Druck dieser Festschrift unterstützt:

Herzlicher Dank gebührt unseren beiden Schulsekretärinnen Frau Petra Rodenbeckund vor allem Frau Annelore Mittendorff für ihre professionelle, freundliche undschnelle Erledigung der umfangreichen Schreibarbeiten, dem Kollegen Hans UlrichIssinger für sein großes Engagement beim Korrekturlesen und dem Studienreferen-dar Bernd Linkersdörfer für das Fotografieren der Mitglieder des Kollegiums.

116

Page 118: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier

FotonachweisFotonachweisFotonachweisFotonachweisFotonachweis

Wolfgang Battermann, Seite 10, 11, 14, 15, 16, 24, 25,26, 45, 47, 56, 62, 63, 65, 89 u., 95

Peter Beinke, Seite 58Rolf Benecke, Seite 34, 35Karin Fischer-Hildebrand, Seite 103, 104, 105, 106Hanna Heidemann, Seite 17Hans Ulrich Issinger, Seite 25 u., 36 o.r., 37 o.l., o.r., u.r.,

82, 83 o., u., 88 o.l., m., 89 m.l.Hermann Kleinebenne, Seite 21, 57Familie Klenke, Seite 24 (Aula)Raimund Knoll, Seite 48, 50Friedrich-Wilhelm Latz, kleines Foto UmschlagMartin Linnemann, Seite 61Bernd Linkersdörfer, Seite 12, 59, Foto UmschlagHans-Ulrich Luckfiel, Seite 12 (Fotomontage), 53Annette Niermann, Seite 18Joachim Radi, Seite 36 u.l., 37 m., 83 m., 88 o.r.,

89 o., m.r.Eugen Scheideler, Seite 36 o.l., m., u.r., 37 u.l., 55,

60, 88 u.Willi Seele, Seite 68, 70Ulrich Westermann, Seite 7

Und ganz zum Schluss

Liebe Leserin, lieber Leser, wir haben uns in der vorliegen-den Schrift redlich bemüht, mit den Regeln der neuen Recht-schreibung zurechtzukommen.

Wolfgang Battermann, Hans Ulrich Issinger, Joachim Radi

117

Page 119: Festschrift - gympet.de · Jürgen Frese Wolfgang Battermann, Joachim Radi, ... Joachim Radi Günther Drees Günther Drees Hermann Kleinebenne Heiner Schultz-Gutschke Rolf Kohlmeier