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Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen Ein Handbuch zur Sprachpolitik des Europarats Herausgegeben von Franz Lebsanft und Monika Wingender

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Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen

Ein Handbuch zur Sprachpolitik des Europarats

Herausgegeben vonFranz Lebsanft und Monika Wingender

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ISBN 978-3-11-024083-2e-ISBN 978-3-11-024084-9

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Felix Tacke (Bonn)Spanien (Reino de España)

1 Vorgeschichte

Der Tod Francos am 20.11.1975 beendete die seit dem Bürgerkrieg (1936–1939) währende Diktatur in Spanien und leitete die als Transición bezeichnete Über-gangsepoche ein, die dem Land ein demokratisches System in Form einer kons-titutionellen Monarchie gab und sich durch die am 31.12.1978 in Kraft getretene Verfassung konstituierte. Die Verfassung bereitete den Boden für die Bildung der Autonomen Gemeinschaften, die der Jahrhunderte langen Geschichte des Antagonismus zwischen dem Zentralstaat und den historischen Nationalitäten (Galicien, Baskenland, Katalonien, Valencia, Balearen) Rechnung trug. Auf der Grundlage von Titel VIII, Kapitel 3 der Verfassung bildeten sich die heutigen 17 Autonomen Gemeinschaften und erließen zwischen 1979 und 1983 entsprechende Autonomiestatute. Die erste, auf die Unterstützung regionalistischer Parteien angewiesene Regierung Zapatero (2004–2008) bot den Autonomen Gemeinschaf-ten eine konsensuelle Reform dieses Statuts an. Der seitdem in Gang gekommene Prozess, den die zweite Regierung Zapatero (2008–2011) fortführte, hat zu refor-mierten Statuten in zahlreichen Regionen geführt, die teilweise auch die spra-chenrechtlichen Bestimmungen betreffen (Katalonien, Valencia, Kastilien-León).

Parallel zur inneren Demokratisierung trieb Spanien seine Integration in die europäischen Institutionen und Bündnisse voran. So trat das Land am 24.11.1979 dem Europarat bei, wurde 1982 Mitglied der Nato und ist seit 1986 Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, heute Europäische Union).

Etwa drei Viertel der über 46 Mio. Einwohner zählenden Bevölkerung Spa-niens ist einsprachig, rund ein Viertel spricht neben dem Spanischen jedoch noch eine weitere der ebenfalls von der Verfassung als „spanisch“ bezeichneten Sprachen. Die verfassungsrechtlich hierarchisch angelegte Regelung der Spra-chenfrage ist ein wesentliches Element des Ausgleichs zwischen Zentrum und Peripherie. In Artikel 3,1 wird das Kastilische als „offizielle spanische Staatsspra-che“ statuiert. Ihm wird eine Sonderstellung zugebilligt, da alle Spanier nicht nur „berechtigt sind, es zu verwenden“, sondern auch „verpflichtet“, die Sprache zu „beherrschen“. Absatz 2 regelt den Status der Regionalsprachen, die als die „übrigen spanischen Sprachen“ („las demás lenguas españolas“) bezeichnet werden. Diese können in den jeweiligen – zum damaligen Zeitpunkt erst zu schaf-fenden – Autonomen Gemeinschaften gemäß ihrer Statuten ebenfalls den Status von Amtssprachen erhalten. Absatz 3 bezeichnet schließlich weitere „unter-

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schiedliche sprachliche Gegebenheiten“ („las distintas modalidades lingüísti-cas“) als ein zu achtendes und zu schützendes Kulturerbe. Mit Absicht werden in der Verfassung die „weiteren spanischen Sprachen“ nicht benannt, um in den politischen Prozess der Schaffung der Autonomen Gemeinschaften nicht weiter einzugreifen. Auf der Ebene der Autonomen Gemeinschaften mit Regionalspra-che(n) wird der Status in den jeweiligen Autonomiestatuten geregelt. Das Gali-cische, das Katalanische und das Baskische werden in ihren Regionen (ausge-nommen Navarra) als „eigene Sprachen“ bezeichnet und genießen in der Folge ebenfalls den Status einer Amtssprache. Der Begriff der ‚eigenen Sprache‘ (sp. lengua propia < kat. llengua pròpia) bezeichnet dabei ein juristisches Konzept, das als politischer Kompromiss aus der Diskussion um den Nationenbegriff in Spanien hervorgegangen ist (vgl. Viaut 2004). Die in den einzelnen Autonomen Gemeinschaften geführte Sprachpolitik wird unterhalb des Statuts in Sprachge-setzen, Dekreten und Verordnungen weiter ausgeführt. Diese Sprachpolitik steht dabei nicht selten unter dem Stichwort der ‚Normalisierung‘ (sp. normalización < kat. normalització), ein ursprünglich soziolinguistisches Konzept, das heute jedoch v.a. eine Politik bezeichnet, die eine Gleichstellung der jeweiligen Regi-onalsprache mit dem Kastilischen in allen gesellschaftlichen Kommunikations-domänen zum Ziel hat.

Die spanische Sprachpolitik beruht somit auf dem Territorialitätsprinzip, nach welchem die Rechte der Sprecher von Regionalsprachen sich ausschließlich auf das Territorium der jeweiligen Autonomen Gemeinschaft beziehen, außer-halb welcher sie keine Gültigkeit haben.

2 Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen

2.1 Implementierung

2.1.1 Zeitlicher Verlauf

Spanien unterzeichnete die Charta als einer der ersten Staaten am 5.11.1992. Erst über acht Jahre später, am 9.4.2001, wurde die Charta ratifiziert und trat am 1. August desselben Jahres in Kraft.

Der erste Staatenbericht wurde am 23.9.2002 von der konservativen Regie-rung Aznar vorgelegt. Im Mai 2004 besuchte der Sachverständigenausschuss erstmals das Land. Als das Ministerkomitee am 21.9.2005 seine Empfehlungen

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an Spanien verabschiedete, wurden diese gemeinsam mit dem ihnen zugrunde-liegenden Bericht des Sachverständigenausschusses über die Anwendung der Charta in Spanien veröffentlicht.

Mit der Vorlage seines zweiten Staatenberichtes durch die sozialistische Regierung Zapatero am 30.4.2007 leitete Spanien den zweiten Berichtszyklus ein. Kaum fünf Monate später – im September desselben Jahres – besuchte der Sach-verständigenausschuss das Land erneut, woraufhin die Regierung des Basken-landes ihre Informationen durch ein beim Europarat am 26.9.2007 eingereichtes Addendum ergänzte. Der zweite Evaluationsbericht des Sachverständigenaus-schusses wurde am 4.4.2008 angenommen und im Dezember 2008, gemeinsam mit den Empfehlungen des Ministerkomitees, veröffentlicht.

Ein weiterer Berichtszyklus wurde von Spanien mit der Vorlage des dritten Staatenberichtes im Juli 2010 eingeleitet.

2.1.2 Institutionen

Ein wichtiger Unterschied bei der Erstellung der bisher vorgelegten Staatenbe-richte Spaniens ist die Art ihrer Entstehung. Hatte sich Spanien im ersten Bericht darauf beschränkt, die gültige Rechtslage aus der Perspektive des Gesamtstaates darzustellen, welcher die Implementierung der Charta ausschließlich als Aufgabe der Autonomen Gemeinschaften ansah, so zeichnete seither das Ministerium für Territorialpolitik und öffentliche Verwaltung (Ministerio de Política Territorial y Administración Pública) verantwortlich und koordinierte durch seine Abteilung für interregionale Zusammenarbeit (Dirección General de Cooperación Autonó-mica) die Erstellung der einzelnen Berichtsteile durch die Autonomen Gemein-schaften, um diese schließlich durch die Angaben der staatlichen Behörden zu ergänzen.

Erst der zweite und dritte Staatenbericht geben Auskunft über die an seiner Ausarbeitung beteiligten Institutionen. Demnach wurden ab dem dritten Bericht auch private und öffentliche Organisationen konsultiert. Da jede einzelne der Autonomen Gemeinschaften mit Regionalsprache(n) über eine eigene Regierung und diverse Ministerien sowie untergeordnete Abteilungen verfügt, kann eine exhaustive, nach den Regionen geordnete Liste aller beteiligten Institutionen an dieser Stelle aus Platzgründen nicht aufgeführt werden. Zusammenfassend kann jedoch festgehalten werden, dass bei allen Autonomen Gemeinschaften neben den jeweiligen Regionalregierungen eigene Ministerien für Sprachpolitik bzw. den Kultusministerien zugeordnete Abteilungen für Sprachpolitik als Hauptver-antwortliche für die Berichte fungieren und zudem meist auch die jeweiligen Bildungs- und Justizministerien genannt werden. Als parastaatliche Organi-

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sationen sind neben Universitäten überdies die jeweiligen Sprachinstitute und -akademien zu nennen: für das Baskenland und Navarra die Real Academia de la Lengua Vasca (baskisch: Euskaltzaindia), für Galicien die Real Academia Galega, für Katalonien das Institut d’Estudis Catalans und das neu geschaffene Institut d’Estudis Aranesi, für Valencia die Acadèmia Valenciana de la Llengua und für die Balearen das Institut d’Estudis Baleàrics. Galicien, Valencia und die Balearen nennen zusätzlich auch ihre jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstal-ten. Eine institutionenübergreifende Beteiligung an der Erstellung der Berichte ermöglichte Katalonien mittels eines bereits 1991 gegründeten Sozialrats der katalanischen Sprache (Consell Social de la Llengua Catalana). Analoge Instituti-onen schufen jüngst auch Galicien und die Balearen.

2.2 Sprachen und Sprachensituation

In seinem Ratifikationsinstrument benannte Spanien als zu schützende Regio-nal- oder Minderheitensprachen die Sprachen, die in den Statuten der Autono-men Gemeinschaften des Baskenlandes, Kataloniens, der Balearischen Inseln, Galiciens, Valencias und Navarras als zweite Amtssprachen neben dem Spa-nischen anerkannt werden (durch Teil II, Art. 7, und III, Art. 8–14) und solche, denen durch die Statute Schutz zugesichert wird (nur durch Teil II). Daraus leitet sich ab, dass der Schutz einer Sprache, deren Gebiet sich über mehrere Regio-nen erstreckt, durch unterschiedliche Sprachpolitiken reguliert wird. Spanien verzichtete, wie schon in der Verfassung von 1978, auf die konkrete Nennung der Sprachen und ermöglichte auf diese Weise ein gewissermaßen offenes Inventar, welches sich nach den in den Autonomiestatuten genannten Sprachen richtet. Als einzige Sprache ohne Territorium benannte Spanien im ersten Staatenbericht das Romanes bzw. caló, das jedoch erst im dritten Staatenbericht wieder berück-sichtigt wurde.

Da Spanien in seinem Ratifikationsinstrument keine explizite Benennung der geschützten Sprachen bot und auch im ersten Staatenbericht wenig präzise Angaben machte, widmete der Sachverständigenausschuss diesem Thema ein eigenes Kapitel in seinen Evaluationsberichten. Demnach sollen dem Schutz durch Teil II der Charta die in der spanischen Verfassung (Art. 3,3) als die unter-schiedlichen sprachlichen Gegebenheiten (modalidades lingüísticas) bezeich-neten Regionalsprachen unterliegen: Das Asturische (auch bable genannt), das Aragonesische (auch fabla genannt) und das Aranesische. Unter den auch auf Teil III ausgedehnten Schutz der Charta fallen das Baskische im Baskenland und in Navarra, das Katalanische in Katalonien und auf den Balearen, das Valencia-nische in Valencia und das Galicische in Galicien. Das Valencianische stelle dabei

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eine Varietät der katalanischen Sprache dar, die auf Wunsch Valencias separat behandelt werde, um der eigenen regionalen Identität Rechnung zu tragen. Der zweite Staatenbericht Spaniens klärte über eine Änderung des Status des Ara-nesischen auf, das im reformierten Autonomiestatut Kataloniens von 2006 nun ebenfalls zur Amtssprache der gesamten Region erklärt wird. Der Sachverstän-digenausschuss sah damit, entsprechend dem spanischen Ratifikationsinstru-ment, die Voraussetzungen für die Ausweitung des Schutzes durch Teil III auch auf das Aranesische als gegeben an und erbat darüber im folgenden Berichtszy-klus weitere Informationen; dem kam Spanien im dritten Staatenbericht nach. Der Sachverständigenausschuss stellte überdies in seinen ersten beiden Evalua-tionsberichten die Frage nach weiteren, in den Staatenberichten nicht benannten Sprachen. Konkret bat er um Informationen zum Galicischen in Kastilien-León, dem Portugiesischen in Extremadura, dem Katalanischen in Aragón, dem Galicisch-Asturischen in Asturien, dem Berberischen und dem Arabischen in den Autonomen Städten Melilla und Ceuta sowie zum Romanes, da diese Sprachen – auch ohne eine explizite Nennung des Vertragsstaates – automatisch dem Schutz durch Teil II der Charta unterlägen, sofern sie den Voraussetzungen entsprechen. Erst im dritten Staatenbericht lieferte Spanien Informationen zu den genannten sowie weiteren Sprachen (vgl. Abschnitt 2.5.).

Da den in Spanien geführten Studien zu Sprachkenntnissen ein differenzier-teres Sprachkompetenzmodell zugrunde liegt als dies in den meisten anderen Staaten der Fall ist, gibt die folgende, auf dem Zensus von 2001 basierende Tabelle keine absoluten Sprecherzahlen wieder, sondern unterscheidet in die vier Grundfertigkeiten Verstehen, Sprechen, Lesen und Schreiben. Mangels ein-heitlicher Daten werden hier nur die Angaben zu den durch Teil III geschützten Sprachen aufgeführt (das Aranesische wurde 2001 noch nicht berücksichtigt):

Bevölkerung nach Sprachkenntnissen, basierend auf dem Zensus 2001

RegionSprache(Einwohner)

ohne nur Verstehen

u. Lesen

nurVerstehen

u. Sprechen

nurVerstehen,

Sprechen u. Lesen

Verstehen,Sprechen,

Lesen,u. Schreiben

BalearenKatalanisch(837.094)

14 % 22,4 % 8,8 % 12,7 % 42,1 %

BaskenlandBaskisch(2.065.476)

43,4 % 4,7 % 4,6 % 1,4 % 45,8 %

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Bevölkerung nach Sprachkenntnissen, basierend auf dem Zensus 2001

RegionSprache(Einwohner)

ohne nur Verstehen

u. Lesen

nurVerstehen

u. Sprechen

nurVerstehen,

Sprechen u. Lesen

Verstehen,Sprechen,

Lesen,u. Schreiben

GalicienGalicisch(2.681.025)

1,3 % 8,9 % 23,9 % 9,9 % 56 %

KatalonienKatalanisch(6.304.366)

6,4 % 24,5 % 3,6 % 16,7 % 48,9 %

Navarra*Baskisch(548.166)

69 % 3,2 % 3,2 % 1,5 % 23,1 %

ValenciaValencianisch(4.145.087)

15,3 % 37,1 % 9,9 % 14,4 % 23,4 %

* Die Daten beziehen sich nur auf die zona mixta und die zona vascófona.

2.3 Maßnahmen der staatlichen Behörden

Die Anwendung der Charta in Spanien betrifft neben den Autonomen Gemein-schaften, die für ihre jeweiligen Regionalsprachen verantwortlich sind, auch die staatlichen Behörden, insofern sie Zuständigkeiten innerhalb der Regionen ausüben, in denen neben der Staatssprache auch eine oder mehrere weitere Amtssprachen gelten. Grundsätzlich trägt Spanien in seiner Eigenschaft als Ver-tragspartei die Verantwortung vor dem Europarat. Nachdem die konservative Regierung Aznar im ersten Staatenbericht noch die Auffassung vertreten hatte, die Zuständigkeit liege gänzlich bei den Autonomen Gemeinschaften, kam die sozialistische Regierung Zapatero dem Europarat im zweiten Staatenbericht zumindest formal entgegen und räumte ein, dass es sich bei der Implementie-rung der Charta um eine gesamtstaatliche Aufgabe handele. Erst der dritte Staa-tenbericht führt jedoch in systematischer und differenzierter Weise Gesetze und Maßnahmen der staatlichen Behörden im Zusammenhang mit den Regional-sprachen auf. In besonderer Weise ist der Staat bei der Anwendung der Artikel 9 (Justizbehörden) und 10 (Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungs-behörden) involviert, bezüglich derer der Sachverständigenausschuss in seinen ersten beiden Evaluationsberichten feststellte, dass gerade die staatlichen Ver-

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waltungsbehörden sich negativ auf die Erfüllung der eingegangenen Verpflich-tungen auswirkten. Darüber hinaus bot Spanien in seinem dritten Staatenbericht auch Informationen bezüglich des Artikels 12 (Kulturelle Tätigkeiten und Einrich-tungen). In den folgenden Abschnitten sollen daher die im zweiten und dritten Staatenbericht genannten allgemeinen Maßnahmen des Gesamtstaates für die genannten Bereiche dargestellt werden.

Justizbehörden: Als Hauptproblem für die Anwendung der Charta im Jus-tizsystem benannte der Sachverständigenausschuss in seinen ersten beiden Berichten das System der überregionalen Verwaltungs- und Justizlaufbahn, das einerseits dazu führe, dass in keiner der staatlichen Behörden innerhalb der Autonomen Gemeinschaften genügend Personal mit Sprachkenntnissen der jeweiligen Region vorhanden sei; andererseits vermindere das Rotationsprinzip die Bereitschaft von Richtern, die jeweilige Sprache zu erlernen. Der Sachverstän-digenausschuss empfahl daher, die aktuelle Laufbahn- und Ausbildungsstruktur zu überdenken und für ausreichend Personal mit entsprechenden Sprachkennt-nissen Sorge zu tragen. Dieser letzten Empfehlung schloss sich auch das Minis-terkomitee an. Spanien ging im zweiten Staatenbericht zwar auf die Kritik des Europarats ein und räumte auch die generelle Notwendigkeit einer Justizreform ein; der vom Sachverständigenausschuss angesprochenen Problematik könne man sich indessen nur nachrangig widmen, hieß es weiter. Das von Spanien als erster Schritt angeführte Gesetz (Ley Orgánica 19/2003) bemängelte der Sach-verständigenausschuss in seinem zweiten Bericht als unzureichend, da die ent-haltene Klausel zu Sprachkenntnissen die Gruppe der höheren Justizbeamten und Richter nicht betreffe und das Problem damit im Kern weiter Bestand habe. Die Empfehlungen des Europarats seien – so erfuhr der Sachverständigenaus-schuss – von den zuständigen Justizbehörden (Consejo General del Poder Judicial) nicht beachtet worden, weshalb das Ministerkomitee diese erneut aussprach. Im dritten Staatenbericht gaben die spanischen Justizbehörden zwar detaillierte Informationen zu zweisprachigen Dokumenten und Beschilderungen, gingen jedoch weiterhin nicht auf das Problem der höheren Laufbahn ein.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Analog zu den Justizbehörden verhindert das überregionale Laufbahnsystem auch die Anwen-dung der Charta bei den Verwaltungsbehörden, weshalb Sachverständigenaus-schuss und Ministerkomitee die gleichen Empfehlungen formulierten. In seiner Reaktion verwies Spanien im zweiten Staatenbericht auf die Ergebnisse einer eigens eingerichteten Expertenkommission: Diese habe festgestellt, der gesetz-liche Rahmen sei adäquat und bedürfe keiner Reform. Die Kommission räume indessen ein, dass in der Praxis den Beamten oft der Wille fehle, sich in einer Regionalsprache auszudrücken und daher die Aus- und Fortbildung des Verwal-tungspersonals intensiviert werden müsse. Der Sachverständigenausschuss kriti-

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sierte in seinem zweiten Bericht, dass Spanien von einer Reform der Gesetzeslage absehen wolle. Zusammen mit dem Ministerkomitee wiederholte er daher seine Empfehlungen aus dem ersten Berichtszyklus. Der dritte Staatenbericht gab Aus-kunft über tiefgreifendere Maßnahmen: So wurde zur Analyse und Förderung des Gebrauchs der regionalen Amtssprachen in den staatlichen Behörden mit dem Rat der Amtssprachen (Consejo de las Lenguas Oficiales en la Administración General del Estado) eigens eine Institution geschaffen. Darüber hinaus wurde ein Gesetz (Ley 7/2007, de 12 de abril, del Estatuto Básico del Empleado Púlico) erlas-sen, das Sprachkenntnisse als Zugangsvoraussetzung und Vorteil für den öffent-lichen Dienst in den Regionen mit Regionalsprache macht, womit man konkret auf die Empfehlungen des Europarats einging. In Zusammenarbeit mit den jewei-ligen Regionen organisiere das INAP (Instituto Nacional de Administraciones Públicas) Sprachkurse für das dort eingesetzte Personal. Weiterhin wurde gesetz-lich festgelegt, dass alle staatlichen Behörden, deren Tätigkeitsbereich auch die Regionen betrifft, ihre Internetpräsenzen auch in den Regionalsprachen zugäng-lich machen müssen, was teilweise bereits umgesetzt wurde.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Im dritten Staatenbericht Spaniens wurden erstmals systematische Informationen zu Maßnahmen des Kultusminis-teriums aufgelistet. Darunter fallen v.a. Subventionszahlungen für Kinoproduk-tionen, Synchronisierungen, Untertitelungen sowie Übersetzungen in die und aus den spanischen Regionalsprachen. Die dem Ministerium unterstehenden Museen Museo Nacional del Prado und Reina Sofía hätten alle Materialien und Broschüren auch in die Regionalsprachen übersetzt. Ferner archiviere man seit jeher sämtliche in Spanien veröffentlichten Bücher in der Nationalbibliothek (Biblioteca Nacional). Im In- und Ausland würden die spanischen Regionalspra-chen v.a. über das Instituto Cervantes gefördert; seit dem Studienjahr 1994/95 biete man in Kooperation mit dem Institut Ramon Llull, der Real Academia de la Lengua Vasca, dem Instituto Navarro del Vascuence, der Real Academia Galega sowie dem Ministerium für Sprachpolitik Galiciens (Secretaría de Política Lingüí-stica de la Xunta de Galicia) Sprachkurse an.

2.4 Durch Teil II und III geschützte Sprachen

2.4.1 Aranesisch

Beim Aranesischen handelt es sich um eine Varietät des in Teilen Südfrankreichs gesprochenen Okzitanischen, die im Val d’Aran (auch Arantal genannt), in der katalanischen Provinz Lérida/Lleida gesprochen wird. Die Gesamtbevölkerung des neun Gemeinden umfassenden Tals beträgt nach dem Zensus von 2001 nur

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7.938 Personen, von denen 88,9 % zumindest eine passive Sprachkompetenz (Ver-stehen), 62,2 % eine aktive Sprech- und 26,7 % überdies eine Schreibkompetenz hatten. Nach einer Erhebung von 2008 verstehen noch 78,2 % das Aranesische, 56,8 % können es sprechen, 34,8 % es auch schreiben.

Aus dem Status als geschützte Sprache durch das Autonomiestatut Katalo-niens von 1979 (Art. 3,4) ergab sich, dass das Aranesische im Zeitraum der ersten beiden Berichtszyklen nur durch Teil II der Charta geschützt wurde. Der Status als Amtssprache des Val d’Aran wurde jedoch durch das reformierte Autono-miestatut Kataloniens von 2006 (Ley Orgánica 6/2006 de reforma del Estatuto de Autonomía de Cataluña, Art. 6,5) auf das gesamte Territorium Kataloniens ausgeweitet, wenngleich die ‚Offizialität‘ des Aranesischen in Katalonien nicht mit derjenigen des Katalanischen gleichzusetzen und die „territoriale Tragweite“ („dimensión territorial“) der daraus abgeleiteten sprachlichen Rechte per Gesetz noch näher zu bestimmen sei, wie es im dritten Staatenbericht Spaniens bzw. im reformierten Autonomiestatut (Art. 36,3) heißt. Dem spanischen Ratifikationsins-trument entsprechend untersteht das Aranesische somit ab dem dritten Berichts-zyklus dem umfassenderen Schutz durch Teil III der Charta.

Bereits in seinen ersten beiden Evaluationsberichten, d.h. die Anwendung der Charta nach Teil II (Art. 7) betreffend, lobte der Sachverständigenausschuss das von Katalonien für das Val d’Aran etablierte administrative und juristische System und urteilte, dass dieses dem einer Amtssprache faktisch entspreche. Eigene Institutionen wie der aranesische Generalrat (Conselh Generau d’Aran) sowie das geplante Sprachinstitut (Institut d’Estudis Aranesi) und das Büro der okzitanischen Sprache in Katalonien (Oficina Occitan en Catalunya) trügen bei-spielhaft zur Förderung der Sprache bei.

Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Anwendung nach Teil III der Charta, welche erstmals im dritten Staatenbericht Spaniens dargestellt wurde, wobei zu den Bestimmungen unter Artikel 12 (Kulturelle Tätigkeiten und Einrich-tungen) und 13 (Wirtschaftliches und soziales Leben) der Charta keine Angaben gemacht wurden.

Bildung: Im dritten Staatenbericht wurde die relevante, jedoch noch vor-läufige Gesetzgebung angegeben, die dem katalanischen Bildungsministerium in Abstimmung mit dem aranesischen Generalrat unterliegt. Gegenwärtig sei das Aranesische eine der Unterrichtssprachen im Primarbereich und werde im Sekundarbereich als Fach unterrichtet. An der Universität von Lérida/Lleida sei es möglich, aranesische Sprache und Literatur im Rahmen des Studiengangs „Estudios Catalanes y Occitanos“ zu studieren. Kurse für Erwachsene würden sowohl im Arantal als auch in Barcelona angeboten.

Justizbehörden: Der dritte Staatenbericht verwies auf eine 2001 zwischen Katalonien, dem Arantal sowie dem Justizministerium geschlossene Vereinba-

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rung, den Gebrauch des Aranesischen im Justizwesen durch geschultes Personal sowie die Bereitstellung von Beratungsmöglichkeiten in sprachlichen Fragen zu ermöglichen. Ferner wurde angegeben, dass Dokumente in aranesischer Sprache in Katalonien uneingeschränkte Gültigkeit besäßen. Gesetze würden bereits seit 1987 gleichzeitig auf Kastilisch, Katalanisch und Aranesisch veröffentlicht, sofern sie das Arantal betreffen.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Der dritte Staatenbericht gab an, dass seit 2007 Aranesischkurse im Rahmen der Ausbil-dung für den öffentlichen Dienst in Katalonien angeboten würden. Übersetzungs- und Korrekturdienstleistungen biete der aranesische Generalrat an.

Medien: Im dritten Staatenbericht führte Katalonien die regionale Gesetzge-bung im Mediensektor auf, in der das Aranesische den gleichen Schutz erhalte wie das Katalanische. Öffentliche Radiosender sendeten zweieinhalb Stunden täglich, Televisió de Catalunya 15 Minuten wöchentlich. Mit der Einführung des Digitalfernsehens erhalte das Arantal überdies einen eigenen lokalen Fernseh-sender. Mit Unterstützung der Generalitat werde seit einigen Jahren die Zeitschrift Aran ath dia in ganz Katalonien herausgegeben. Die Präsenz des Aranesischen in den Medien werde seit dem reformierten Autonomiestatut noch stärker gefördert.

Grenzüberschreitender Austausch: Laut dem dritten Staatenbericht werden jährliche Schüleraustausche mit Katalonien gefördert; Austausche mit Schulen in Südfrankreich würden durch ein Abkommen ermöglicht.

2.4.2 Baskisch

Aufgrund der historischen Entwicklungen wurde das Baskische auf der iberischen Halbinsel zwar immer weiter zurückgedrängt; durch die Sprachpolitik der letzten Jahrzehnte gilt das Fortbestehen der Sprache aber nicht als bedroht. Das baski-sche Sprachgebiet erstreckt sich (in Spanien) über die zwei Autonomen Gemein-schaften Baskenland und Navarra, wobei sich das Sprachgebiet in Navarra – wie im Folgenden gezeigt werden wird – hauptsächlich auf den nördlichen und den zentralen Teil beschränkt. Die soziolinguistische Situation der Sprache in den beiden Regionen ist eine vollkommen unterschiedliche: Im Baskenland (gemeint ist im Folgenden stets die Comunidad Autónoma Vasca) verfügt über die Hälfte der Bevölkerung zumindest über minimale Kenntnisse der Sprache, während in Navarra gerade einmal 20 % Kenntnisse aufweisen. Somit ist das Baskische in Navarra eine auf den Norden beschränkte Minderheitensprache, wohingegen die Sprache zwar auch nicht im gesamten Baskenland gesprochen wird – mitunter wird auch hier von einer Minderheit gesprochen –, jedoch stärker mit der Iden-tität der Region insgesamt assoziiert wird. Die Unabhängigkeit sowie die aus der

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skizzierten soziolinguistischen Situation resultierende Unterschiedlichkeit der Sprachpolitiken der beiden Autonomen Gemeinschaften, macht eine gesonderte Betrachtung nötig. Dies zeigt sich auch an der Tatsache, dass im zweiten Staaten-bericht zwei voneinander unabhängige Berichtsteile erschienen sind.

BaskenlandBereits im 1979 verabschiedeten Autonomiestatut des Baskenlandes (Estatuto de Autonomía del País Vasco) wird das Baskische (endogene Bezeichnung: euskara) in Artikel 6 als „eigene Sprache“ mit offiziellem Status festgelegt. Drei Jahre später, 1982, wurde das Sprachgesetz des Baskenlandes verabschiedet. Zur Förde-rung des Gebrauchs und der Kenntnis des Baskischen wurden seitdem zahlreiche Dekrete und Beschlüsse erlassen. Die Bemühungen zugunsten des Baskischen seit der Transición haben zu einer deutlichen Ausdehnung der Baskischkennt-nisse geführt; nach den Daten von 2001 sprechen oder verstehen etwa 50 % der ca. 1,8 Mio. Basken die Sprache, ein Drittel der Bevölkerung gilt gar als zweispra-chig (gegenüber 20 % 1981). Geographisch ist das Baskische innerhalb des spa-nischen Baskenlandes am weitesten im Norden und im Osten (in den Provinzen Gipuzkoa und Bizkaia) verbreitet, am wenigsten in Álava/Araba und dem west-lichen Teil Bizkaias. Anders als in der Autonomen Gemeinschaft Navarra gilt der Schutz durch Teil III der Charta für das gesamte Territorium des spanischen Bas-kenlandes.

Bildung: Als Ziel der Bildungspolitik des Baskenlandes gibt der erste Staaten-bericht Spaniens das Erreichen eines allgemeinen Bilinguismus an. Das baski-sche Normalisierungsgesetz (Ley de Normalización del Uso del Euskera) statuiert daher für jeden Schüler das Recht auf Unterricht in baskischer wie in kastilischer Sprache. Das darauf aufbauende Bildungsmodell ermögliche die Wahl zwischen vier Modellen, in welchen die Sprachen unterschiedlich stark im Vordergrund stehen, wobei der Sachverständigenausschuss nur das Modell D (ausschließlich Baskisch als Unterrichtssprache) als den eingegangenen Verpflichtungen ent-sprechend beurteilte und zugleich monierte, dass dieses nicht überall verfüg-bar sei. Das Ministerkomitee formulierte daraufhin die Empfehlung, das Unter-richtsangebot des Baskischen auszuweiten. Das Baskenland legte seinerseits im zweiten Staatenbericht und in einem Addendum Statistiken vor, nach denen baskischsprachige Angebote zunehmend gewählt würden. Der Sachverständi-genausschuss gab sich damit zufrieden. Dass weiterhin Defizite im Bereich der Berufsausbildung bestanden, räumte das Baskenland im dritten Staatenbericht ein.

Justizbehörden: Nachdem der erste Staatenbericht neben der Aufzählung der geltenden Rechtsbestimmungen keine substantiellen Informationen zu den

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Justizbehörden lieferte, stellte der Sachverständigenausschuss in seinem ersten Bericht fest, dass das Recht auf Prozessführung in baskischer Sprache nicht gewährleistet sei. Der Übersetzungsdienst sowie die Sprachkenntnisse des Per-sonals qualifizierte er überdies als unzureichend. Das Baskenland räumte Unzu-länglichkeiten beim Übersetzungsdienst ein, verwies aber vor allem auf die man-gelnde Unterstützung durch die Zentralregierung in Madrid. In seinem zweiten Bericht stellte der Sachverständigenausschuss die fehlende Verpflichtung für Richter und Justizbeamte, Baskischkenntnisse zu erwerben, als das Hauptpro-blem einer Umsetzung der Verpflichtungen heraus. Der dritte Staatenbericht zeigte diesbezüglich keine Fortschritte an.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Die im ersten Staatenbericht aufgelistete Gesetzgebung werde – so der Sachverständigenaus-schuss – insbesondere auf lokaler Ebene nicht ausreichend in die Praxis umge-setzt; gerade dort könnten sich Bürger in vielen Fällen nicht auf Baskisch an die Behörden wenden. Positiv wurde indessen hervorgehoben, dass zweisprachige Ortsbezeichnungen bereits überall fest implementiert seien. Das Baskenland verwies im zweiten Staatenbericht auf eine Erweiterung des Kursangebots für das Verwaltungspersonal, räumte aber ein, dass es bislang noch nicht möglich sei, die gesetzlichen Vorgaben überall in die Tat umzusetzen. Der zweite Evaluations-bericht wies überdies auf mangelnde Sprachkenntnisse bei den Polizeieinheiten der Autonomen Gemeinschaft (Ertzaintza) und beim Personal im Gesundheits-wesen (Osakidetza) hin. Im dritten Staatenbericht gab das Baskenland an, dass seit 2006 Baskischkenntnisse für 20 % der Stellen im Gesundheitswesen Voraus-setzung seien.

Medien: Spanien gab in seinem ersten Staatenbericht einen knappen Über-blick über die Medienlandschaft im Baskenland und verwies darin auf die öffent-liche Radio- und Fernsehanstalt EITB, die ausschließlich auf Baskisch sende (tatsächlich sendet Kanal 2 seit jeher auf Spanisch) sowie auf die in baskischer Sprache publizierte – jedoch 2003 geschlossene – Tageszeitung Euskaldunon Egunkaria. Der Sachverständigenausschuss kritisierte in seinem ersten Evalua-tionsbericht dennoch mangelnde Unterstützung bei der Förderung des Baski-schen: So würden der 2003 gegründeten Tageszeitung Berria Werbeeinkünfte von öffentlichen Behörden verwehrt; ferner gebe es weder einen privaten Radio- noch einen privaten Fernsehsender. Das Baskenland gab daraufhin im zweiten Staa-tenbericht an, die geltenden Gesetze zugunsten der Präsenz des Baskischen zu überarbeiten und Minimalquoten einführen zu wollen. Zudem verwies man auf diverse Subventionszahlungen für audiovisuelle Produktionen sowie eine 2005 genehmigte Zusatzsubvention für die Tageszeitung Berria. Der Sachverständi-genausschuss zeigte sich mit den Fortschritten zufrieden, monierte jedoch die unzureichend geförderte sprachliche Ausbildung von Journalisten. Im dritten

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Staatenbericht gab das Baskenland ausführliche Informationen: Man habe mit der Einführung des digitalen Fernsehens Mindestquoten sowohl für öffent-lich-rechtliche, als auch für private Sender festgelegt. Durch erhöhte Subventio-nen unterstütze man die Presse und auch für die Ausbildung von Journalisten seien Finanzhilfen vorgesehen.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Die sich auf Subventionszahlungen beschränkenden Informationen des ersten Staatenberichtes konnte der Sachver-ständigenausschuss auf der Grundlage seines Vor-Ort-Besuches nur unwesent-lich ergänzen. Die Feststellung, für die terminologische Wortschatzarbeit sei die baskische Sprachakademie (Euskaltzaindia/Real Academia de la Lengua Vasca) zuständig, wurde im zweiten Staatenbericht korrigiert: Bereits seit 2001 sei EUS-KALTERM (Banco Terminológico Público Vasco) für die Erstellung der Fachtermi-nologie verantwortlich. Zudem hob der Bericht die Rolle des baskischen Biblio-theksnetzwerkes sowie die finanzielle Unterstützung von Synchronisierungen und Untertitelungen von audiovisuellen Medien hervor, welche der Sachverstän-digenausschuss in seinem zweiten Bericht ausdrücklich lobte. Als besonders bei-spielhaft benannte er überdies die Kooperation zwischen den baskischen Behör-den und dem Instituto Labayru im Bereich der Forschung und Normalisierung sowie den Ausbau des baskischen Fachwortschatzes. Das Baskenland informierte im dritten Staatenbericht über weitere Wörterbücher sowie die seit 2006 laufende Aktualisierung von EUSKALTERM. Zudem sei 2007 das Instituto Vasco Etxepare Euskal Institutua analog zum spanischen Instituto Cervantes gegründet worden.

Wirtschaftliches und soziales Leben: Der erste Staatenbericht Spaniens lie-ferte in diesem Bereich keine substantiellen Informationen. Der Sachverständi-genausschuss stellte seinerseits fest, dass besonders im sozialen Sektor zu wenig Personal über Baskischkenntnisse verfüge; mangels Informationen zum privaten Wirtschaftssektor konnte kein Urteil gefällt werden; insgesamt kritisierte er die Bemühungen der Regionalregierung als unzureichend. Das Baskenland erläu-terte darauf im zweiten Staatenbericht speziell angebotene Sprachimplementie-rungspläne für den privaten Wirtschaftssektor, deren Umsetzung auch subven-tioniert werde. Der Sachverständigenausschuss konstatierte in seinem zweiten Bericht dennoch, dass die Regionalsprache im sozioökonomischen Sektor, v.a. im Gesundheitswesen, kaum präsent sei. Laut dem dritten Staatenbericht führte das Baskenland daraufhin 2008 ein Zertifikat ein, das die Qualität der Implemen-tierung des Baskischen in Firmen und Organisationen garantiert. Im gleichen Jahr sei überdies ein neues Verbraucherschutzgesetz (Decreto 123/2008) in Kraft getreten, das Bestimmungen zum Baskischen enthalte.

Grenzüberschreitender Austausch: Nachdem Spanien keine wesentlichen Informationen zum grenzüberschreitenden Austausch geliefert hatte, bat der Sachverständigenausschuss in seinem ersten Bericht um Informationen über

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einen möglichen bilateralen Vertrag zwischen Frankreich und Spanien und wies auf Beschwerden hin, der bestehende Austausch zwischen beiden Staaten sei rein wirtschaftlicher Natur. Das Baskenland gab daraufhin im zweiten Staaten-bericht einen ausführlichen Überblick über seine Kooperationen: So sei 2004 ein öffentliches Büro der baskischen Sprache (Oficina Pública de la Lengua Vasca) gegründet worden, das die Koordination der Sprachpolitik auf französischer Seite zum Ziel habe; für kulturelle Aktivitäten außerhalb der Autonomen Gemeinschaft würden überdies jährliche Subventionen ausgeschrieben. Hinsichtlich mögli-cher Kooperationen mit Navarra gab das Baskenland in einem Addendum an, dass Navarra jede Zusammenarbeit trotz diverser Angebote abgelehnt habe. Der Sachverständigenausschuss lobte in seinem zweiten Bericht die Bemühungen des Baskenlandes und schloss sich der Kritik an der spanischen Regierung an. Im dritten Staatenbericht informierte das Baskenland über den Abschluss eines Kooperationsvertrages mit Frankreich, der bis 2010 gelte. Ferner sei 2009 eine Kooperation mit Navarra vereinbart worden.

NavarraDas Baskische gilt auch als „eigene Sprache“ der Autonomen Gemeinschaft Navarra (hier jedoch meist als vascuence bezeichnet). Hier wird das Baskische jedoch nicht im Autonomiestatut Navarras (Ley Orgánica 13/1982, de Rein-tegración y Amejoramiento del Régimen Foral de Navarra), sondern erst im Sprach-gesetz vom 15.12.1986 (Ley Foral del Vascuence) als solche statuiert. Der Grund dafür dürfte sein, dass das Baskische zwar als allgemeines Kulturerbe der Region gilt, es aber – anders als im Baskenland – in Navarra nur von einer Minderheit gesprochen wird; bei einer Bevölkerung von 593.472 Einwohnern haben nur etwa 20 % Kenntnisse der Sprache. Die meisten Sprecher bewohnen zudem den nörd-lichen Teil der Autonomen Gemeinschaft. Dieser Tatsache ist die Unterteilung in verschiedene Sprachzonen geschuldet, gestuft in die im Norden gelegene bas-kischsprachige Zone (zona vascófona), die zentrale, Pamplona einschließende gemischte Zone (zona mixta) und die im Süden gelegene, nicht baskischsprachige Zone (zona no vascófona). Entsprechend nehmen von Nord nach Süd die Sprach-rechte ab. Das Autonomiestatut legt das Baskische nur in der baskischsprachigen Zone als Amtssprache neben dem Kastilischen fest, weshalb sich der Schutz von Teil III der Charta nur auf diesen Teil Navarras bezieht. Die vom Sachverständige-nausschuss und vom Ministerkomitee ausgesprochene Empfehlung, den Schutz durch Teil III auch auf die gemischte Zone zu erweitern, begründet sich vor allem darin, dass sich aufgrund sozioökonomischer Veränderungen immer mehr Bas-kischsprecher aus dem Norden in Pamplona niederlassen. Bisher zeigten sich die Behörden Navarras jedoch weder zu einer Änderung der Zoneneinteilung, noch

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zu einer Modifizierung der internen Zonengrenzen bereit, wobei man aber für die gemischte Zone, insbesondere im Bereich der Bildung, nach „flexiblen Lösun-gen“ suche. Die folgenden Ausführungen beziehen sich gemäß der Zoneneintei-lung – soweit nicht anders angegeben – nur auf die nördliche, baskischsprachige Zone.

Bildung: Der erste Staatenbericht Spaniens erläuterte das – wie auch im Bas-kenland – in vier Modelle gegliederte Bildungssystem Navarras und gab an, dass das Modell D (identisch demjenigen des Baskenlandes) das meist gewählte der nördlichen Zone sei, weshalb das Baskische als in der Bildung normalisiert gelte. Der Sachverständigenausschuss lobte zwar die gute Implementierung des Baski-schen, erbat aber weitere Informationen zum Angebot in der Sekundarstufe und der beruflichen Bildung. Anlass zu Kritik bot die Situation der im Süden Navarras ansässigen privaten Ikastolas (Schulen, deren Hauptunterrichtssprache das Bas-kische ist): Trotz der großen Nachfrage verwehre die Regionalregierung diesen die rechtliche Anerkennung und unterstütze sie nur unzureichend mit öffent-lichen Geldern. Die Regionalregierung Navarras reagierte auf die Kritik mit der Legalisierung der Ikastolas im Juli 2006 und stellte dies im zweiten Staatenbericht als besondere Leistung heraus. Der Bericht gab zudem ausführlich Auskunft zur vorschulischen, zur primären und zur sekundären Bildung, in denen das Modell D jeweils von 89,9 %, 85,76 % bzw. 81,22 % gewählt worden sei. Für die Berufsaus-bildung stünden drei Zentren zur Verfügung; die Universitäten seien indessen privat und entzögen sich der Verfügungsgewalt der Behörden. Der Sachverstän-digenausschuss lobte in seinem zweiten Bericht die Legalisierung der Ikastolas, zeigte sich jedoch besorgt hinsichtlich einer Reihe von Aspekten: So stelle sich die Frage nach den Auswirkungen eines neu eingeführten Bildungsmodells, welches das Englische als Unterrichtssprache von 30–40 % der erteilten Stunden vorsieht und damit offensichtlich mit der Präsenz der Regionalsprache in Konflikt tritt. Zudem sei ein Rückgang von Subventionen in mehreren Bereichen der baskisch-sprachigen Bildung festzustellen. Navarra legte im dritten Staatenbericht dar, dass das neue Bildungsmodell nicht zu Ungunsten des Baskischen gehe, wenn man sich für Modell D entscheide, es stelle vielmehr ein alternatives Modell dar, bei dem – sofern man das Baskische als Hauptsprache wähle – eine ähnliche Sprachkompetenz wie im Modell D gewährleistet würde.

Justizbehörden: Der erste Staatenbericht Spaniens bot keinerlei Daten zu Navarra. Der Sachverständigenausschuss stellte in seinem ersten Bericht jedoch fest, dass der gesetzliche Rahmen den von Spanien eingegangenen Verpflichtun-gen nicht entspreche, denn weder sei das Recht auf Verfahrensführung in bas-kischer Sprache garantiert, noch sei ein ausreichender Anteil an baskischspra-chigem Personal in der Justizverwaltung durch die Gesetzgebung sichergestellt. Navarra ging erst im dritten Staatenbericht konkret auf die Monita des Europa-

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rats ein und verwies auf einen Übersetzungsdienst, der Verfahren auf Baskisch ermögliche. Ferner habe man 2009 gesetzgeberische Schritte eingeleitet, um Bas-kischkenntnisse als Vorteil in der regionalen Justizverwaltung berücksichtigen zu können. Ein breites Kursangebot biete das Instituto Navarro de Administración Pública.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Spanien beschränkte sich im ersten Staatenbericht auf eine Auflistung eines Teils der Gesetzgebung. Der Sachverständigenausschuss kritisierte, dass wichtige Texte und Formulare nicht zweisprachig verfügbar seien und empfahl, den Anteil des baskischsprachigen Personals zu erhöhen, worauf Navarra jedoch auch im zweiten Staatenbericht – wie auch hinsichtlich der Justizbehörden – nicht einging. In seinem zweiten Bericht machte der Sachverständigenausschuss auf das Problem aufmerksam, dass die meisten für ganz Navarra zuständigen Behör-den ihren Sitz in der gemischten Zone, d.h. in Pamplona, haben und sich nicht in der Verpflichtung sehen, zweisprachige Dokumente zu erstellen. Der Gebrauch des Baskischen sei daher nur in lokalen, nicht aber den regionalen Behörden garantiert. Defizite wurden auch bei der zweisprachigen Ortsbeschilderung fest-gestellt, die in einigen Fällen wieder abgeschafft worden sei. Größere Probleme bestünden im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, da v.a. bei der Beset-zung von Stellen Sprachkenntnisse nicht berücksichtigt würden. Insgesamt seien die bisher getroffenen Maßnahmen der Regionalregierung – so der Sachverstän-digenausschuss – als unzureichend zu bezeichnen. Dem dritten Staatenbericht zufolge wurde die gesetzliche Bestimmung, nach der die regionale Verwaltung mit Sitz in der gemischten Zone nicht verpflichtet war, das Baskische im Kontakt mit Bürgern der baskischsprachigen Zone zu verwenden, trotz des Widerstands der Regionalregierung 2009 endgültig vom obersten spanischen Gericht (Tri-bunal Supremo) gekippt. Das Parlament plane zudem, Sprachkenntnisse bei der Stellenbesetzung besonders zu gewichten.

Medien: Spanien gab keine substantiellen Informationen zur baskischspra-chigen Medienlandschaft in Navarra. Der Sachverständigenausschuss konsta-tierte in seinem ersten Bericht, dass es weder einen öffentlichen auf Baskisch sendenden Fernseh- noch einen Radiosender gebe, dagegen werde dem priva-ten Radiosender Euskalerria Irratia seit Jahren eine für ganz Navarra geltende Sendelizenz verweigert. Der Empfehlung, diese zu bewilligen, schloss sich auch das Ministerkomitee an. Moniert wurde ferner, dass auch die baskischsprachige Tageszeitung Nabarra Aldizkaria mangelhaft unterstützt werde. Navarra ging auf die Empfehlung des Ministerkomitees bezüglich der Sendelizenz nicht ein; von der Schaffung eines Radio- und Fernsehsenders habe man aufgrund der hohen Kosten abgesehen. Navarra verwies indessen auf die jährliche Ausschreibung von Subventionszahlungen, wenngleich diese nicht speziell für baskischsprachige

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Medien vorgesehen seien. In seinem zweiten Evaluationsbericht kritisierte der Sachverständigenausschuss, dass es zu keinen Verbesserungen gekommen sei. Zum einen ermögliche bzw. erleichtere man auch weiterhin nicht den Empfang von Sendern aus dem Baskenland, zum anderen verweigere man Euskalerria Irratia nach wie vor die Sendelizenz und man benachteilige baskischsprachige Medien zudem bei Subventionszahlungen und der Schaltung von Werbung. Im dritten Staatenbericht verwies Navarra auf eine 2009 geschlossene Vereinbarung mit dem Baskenland, die den Empfang baskischer Sender in Navarra ermögli-chen soll. Ferner unterstütze man diverse lokale Radiosender (genannt wurden die privaten Sender Xorroxin Irratia, Esan-Erran Iratia, Aralar Irratia, Beleixe Irratia und Karrape Irratia).

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Spanien nannte im ersten Staaten-bericht für Navarra einige Bibliotheken und verwies auf Subventionszahlungen für Literatur und Übersetzungen. Der Sachverständigenausschuss empfahl, dafür zu sorgen, dass der Anteil des zweisprachigen Personals zunimmt; das Dekret 372 habe jedoch die Notwendigkeit von Baskischkenntnissen selbst für die bas-kischsprachige Zone gestrichen. Navarra verwies dagegen nur auf eine Ausstel-lung zur baskischen Sprache und die Präsenz der Region auf der Expolingua in Berlin und der Expolangues in Paris. Der Sachverständigenausschuss kritisierte in seinem zweiten Bericht die Tatsache, dass Navarra Kulturaktivitäten allenfalls finanziell und meist unzureichend unterstütze. Auch zur Kooperation mit dem benachbarten Baskenland sei Navarra kaum bereit. Navarra verwies daraufhin im dritten Staatenbericht auf die Bereitstellung von 120.000 Euro für die Unter-stützung kultureller Aktivitäten allein 2008 und zählte zahlreiche Kampagnen und Programme auf.

Wirtschaftliches und soziales Leben: In den ersten beiden Staatenberichten verwiesen die staatlichen und regionalen Behörden lediglich darauf, dass es keine den Gebrauch des Baskischen diskriminierenden Bestimmungen gebe. Der Sachverständigenausschuss kritisierte daher in beiden Evaluationsberichten die passive Haltung Navarras und bemängelte, dass es keine Gesetze gebe, die expli-zit die Einführung diskriminierender Sprachklauseln im sozioökonomischen Sektor untersagten. Aus dem dritten Staatenbericht ging hervor, dass die Behör-den Navarras sich weder für zuständig hielten, noch einen konkreten Handlungs-bedarf sahen. Dennoch führte der Bericht Bemühungen im Gesundheitswesen und der Altenpflege sowie baskischsprachige Sicherheitsvorschriften auf.

Grenzüberschreitender Austausch: Im zweiten Staatenbericht gab Navarra an, dass die Kooperation mit Frankreich nicht, wie vom Sachverständigenausschuss vermutet, rein wirtschaftlicher Natur sei, sondern auch im Bereich der Kultur und der Sprache bestehe, und verwies auf ein Abkommen (Convenio de Coope-ración Transfronteriza) mit dem Regionalrat der Aquitaine, über das jedes Jahr

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Subventionen ausgeschrieben würden. Der Sachverständigenausschuss ergänzte die Informationen Navarras in seinem zweiten Bericht und führte eine Arbeits-gemeinschaft im Pyrenäenraum auf (Comunidad de Trabajo de los Pirineos), welche die Kooperation aller aneinandergrenzenden französischen und spani-schen Regionen koordiniere. Im dritten Staatenbericht verwies Navarra auf die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Büro der baskischen Sprache (Euskararen Erakunde Publikoa/Office Public de la Langue Basque).

2.4.3 Galicisch

Als „eigene Sprache“ Galiciens wird das Galicische auf der Gesamtheit des Gebie-tes der Autonomen Gemeinschaft gesprochen. Ferner wird die Sprache in den angrenzenden Gebieten der Autonomen Gemeinschaften Asturien, Kastilien und León sowie in drei kleinen Siedlungen Extremaduras gesprochen (vgl. 2.5.). Der Schutz durch Teil III der Charta bezieht sich jedoch ausschließlich auf das Galici-sche in Galicien.

Nach dem Zensus von 2001 (s. Tabelle unter 2.2.) verstehen über 90 % der 2.681.025 Personen zählenden Bevölkerung das Galicische bei unterschiedlicher Lese- und Schreibkompetenz. Was den alltäglichen Gebrauch des Galicischen angeht, so gaben 56,84  % an, das Galicische immer zu sprechen, 30,29  % es manchmal und nur 12,86 % es nie zu sprechen.

Das Autonomiestatut Galiciens (Estatuto de Autonomía de Galicia) aus dem Jahre 1981 legt in Artikel 5 das Galicische als die „eigene Sprache“ Galiciens fest (Abs. 1) und regelt seinen Status als gemeinsame Amtssprache mit dem Kasti-lischen (Abs. 2). Die sich daraus ableitenden sprachlichen Rechte der Bürger, ins-besondere in den Bereichen der Verwaltung, Bildung und Medien, werden durch das galicische Sprachgesetz vom 15.6.1983 (Ley de Normalización Lingüística) garantiert. Die galicische Sprachgesetzgebung wird seitdem durch das Erlassen von Verordnungen und Dekreten weiter aktualisiert. Besonders nennenswert ist eine 2004 verabschiedete sprachpolitische Agenda (Plan General de Normali-zación de la Lengua Gallega), die einen Zehnjahresplan festlegt, der Ziele und konkrete Maßnahmen zur Förderung des Galicischen enthält.

Bildung: Der erste Staatenbericht Spaniens gab an, das Galicische sei die offizielle Sprache auf allen Ebenen des Bildungssystems; man garantiere allen Kindern das Recht, am Ende der Schulbildung das Galicische gleichermaßen in Wort und Schrift zu beherrschen. Der Sachverständigenausschuss stellte nach seinem Vor-Ort-Besuch jedoch fest, dass die Richtlinien nicht immer ein-gehalten würden und die Regionalsprache überdies nur die Unterrichtssprache einiger ausgewählter Fächer sei und kam für die Primar- und Sekundarstufe zu

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dem Urteil, dass die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt seien. Galicien gab daraufhin im zweiten Staatenbericht Auskunft über ein für 2007 geplantes neues Bildungsmodell, nach dem im vorschulischen Bereich ein Drittel, in der Primar- und Sekundarstufe mindestens die Hälfte des Unterrichts auf Galicisch erteilt werden sollten. Ferner verwies Galicien auf den auf 10 bis 26 % bezifferten Gebrauch der Regionalsprache in den Universitäten und die Existenz von sog. Centros de Estudios Gallegos an 40 Universitäten weltweit. Der Sachverständigen-ausschuss begrüßte in seinem zweiten Bericht die getroffenen Maßnahmen und den erkennbaren politischen Willen, wies jedoch erneut auf die Diskrepanz zwi-schen gesetzgeberischen Bestimmungen und der Anwendung in der Praxis hin. Im dritten Staatenbericht listete Galicien erneut die geltende Gesetzgebung auf, erläuterte aber auch ein neues Zertifizierungssystem, mit dem die Umsetzung der Bestimmungen überprüft werden soll. Ein Abkommen mit Kastilien-León diene der Förderung des Galicischunterrichts außerhalb der Region.

Justizbehörden: Der erste Staatenbericht lieferte keine substantiellen Infor-mationen. Die Kritik des Sachverständigenausschusses ähnelte derjenigen an Navarra: Der gesetzliche Rahmen sei unzureichend, um das Recht, Galicisch vor Gericht zu verwenden, zu garantieren; Galicischkenntnisse seien nicht Einstel-lungsvoraussetzung, weshalb der Anteil des Personals mit Sprachkenntnissen zu gering sei. Der Empfehlung, eine angemessene gesetzliche Grundlage zu schaf-fen, schloss sich auch das Ministerkomitee an. Galicien wies im zweiten Staa-tenbericht darauf hin, entsprechende Gesetze erarbeitet zu haben und erläuterte einen 2004 verabschiedeten Plan zur Förderung der Regionalsprache in den Jus-tizbehörden. So seien u.a. Kenntnisse der Sprache künftig Einstellungsvorausset-zung. Dennoch räumte Galicien ein, dass zahlreiche Richter vor Gericht auf dem Gebrauch des Kastilischen bestünden. Der Sachverständigenausschuss stellte in seinem zweiten Bericht fest, dass es nicht genügend ausgebildete Übersetzer gebe und es daher zu großen Verzögerungen bei Verfahren auf Galicisch käme. Die negative Einstellung vieler Richter gegenüber der Regionalsprache bestätigte sich beim Vor-Ort-Besuch. Der Ausschuss lobte jedoch, dass Galicien sich auch dort um Fortbildungsmaßnahmen für das Personal bemühte, wo die Beamten nicht der Verantwortung der Autonomen Gemeinschaft unterstünden. Galicien ergänzte im dritten Staatenbericht, dass Maßnahmen ergriffen worden seien, die über die Möglichkeit, das Galicische vor Gericht zu gebrauchen, informieren sollen.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Spaniens erster Staatenbericht bot lediglich einen Hinweis auf die rechtlichen Bestim-mungen im Autonomiestatut Galiciens. Der Sachverständigenausschuss zeigte sich zwar zufrieden mit dem gesetzlichen Rahmen, monierte jedoch auch hier Mängel in der praktischen Umsetzung. Zweifel blieben v.a. hinsichtlich der

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lokalen Behörden. Defizite stellte der Sachverständigenausschuss auch bei Orts-beschilderungen fest. Galicien lieferte im zweiten Staatenbericht ausführliche Informationen zu Fortbildungsmaßnahmen für Beamte auf lokaler Ebene; die Regionalregierung räumte ferner ein, dass die Gesetzgebung zur Regelung von Ortsbezeichnungen teilweise nicht respektiert würde, verwies aber auf ein Projekt zur Wiederherstellung der traditionellen Bezeichnungen. Der Sachverständigen-ausschuss begrüßte in seinem zweiten Bericht die Bemühungen Galiciens und lobte insbesondere Pläne der Regierung, eigens ein Ministerium für Sprachpoli-tik (Secretaría Xeral de Política Lingüística) einrichten zu wollen. Galicien gab im dritten Staatenbericht an, dass auch eine Kommission (Comisión Interdeparta-mental de la Xunta de Galicia para la normalización lingüística) gegründet worden sei, welche die Implementierung des Galicischen in den verschiedenen Behör-den überwachen soll. Zudem lege ein neues Gesetz (Ley 13/2007) Sprachtests für bestimmte Stellen im öffentlichen Dienst fest.

Medien: Spanien beschränkte sich im ersten Staatenbericht auf den Hinweis auf die öffentliche Rundfunkanstalt, die Compañía de Radiotelevisión de Galicia (RTVG). Der Sachverständigenausschuss erbat daher Auskünfte über private Radio- und Fernsehsender. Bezüglich der Tageszeitung O Correo Galego und der Zeitschrift A nosa Terra erbat der Ausschuss Informationen über Finanzierungs-beteiligungen. Galicien vervollständigte im zweiten Staatenbericht den Überblick über die Medienlandschaft: So gebe es ferner die Tageszeitung Galicia Hoxe und die zweiwöchentlich erscheinende El Sil, A Peneira sowie eine Vielzahl an Fach-zeitschriften und Onlinemedien. Zur Förderung audiovisueller Produktionen sei der Consorcio Audiovisual de Galicia gegründet worden. Die Regionalregierung habe überdies Sprachklauseln in die zu vergebenen Sendelizenzen für das digi-tale Fernsehen etabliert, die die Präsenz des Galicischen stärken sollen. Durch das Laboratorio de Lingua Galega und den Diccionario de Televisión würden sämt-liche Medien auch linguistisch unterstützt. Außerdem biete RTVG permanente Sprachfortbildungen für Journalisten an. Der Sachverständigenausschuss lobte explizit die Maßnahmen der RTVG, wies jedoch auf Tendenzen der öffentlichen Rundfunkanstalten des Staates hin, galicischsprachige Sendungen aus dem Pro-gramm zu nehmen. Galicien erläuterte daraufhin im dritten Staatenbericht, dass die Programme der staatlichen Sender TVE und Radio Nacional de España täglich für lokale Sendungen in galicischer Sprache unterbrochen würden. Ferner garan-tiere die quotenabhängige Lizenzvergabe bei der Einführung des digitalen Fern-sehens die Präsenz des Galicischen in den Programmen aller privaten Lokalsen-der.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Spanien informierte im ersten Staa-tenbericht über finanzielle Mittel, die für Bücher, Musik, Bibliotheken und Lese-kampagnen in galicischer Sprache, ferner für gemeinnützige Vereine und die

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weltweit präsenten Casas de Galicia und Centros Gallegos bereitgestellt würden. Die Kulturförderung sei in Form eines Ministeriums (Dirección Xeral de Promo-ción e Difusión da Cultura) sogar eigens institutionalisiert. Galicien ergänzte im zweiten Staatenbericht Informationen zum galicischen Sprachinstitut (Instituto da Lingua Galega), zu einem geisteswissenschaftlichen Forschungszentrum (Centro Ramón Piñero para a Investigación en Humanidades) und zur Vergabe von Literaturpreisen. Wortschatzarbeit werde durch das Organ TERMIGAL der Real Academia Galega geleistet. Der Sachverständigenausschuss sah in seinem zweiten Bericht die meisten Verpflichtungen als erfüllt an, bat jedoch um Infor-mationen zur Archivierung von Büchern und audiovisuellen Werken der Region. Aus dem dritten Staatenbericht geht hervor, dass Galicien in Anlehnung an Kata-lonien einen Sozialrat der galicischen Sprache (Consello Social da Lingua Galega) sowie einen Kulturrat (Consello da Cultura Galega) gegründet hat.

Wirtschaftliches und soziales Leben: Der erste Staatenbericht Spaniens lie-ferte keine substantiellen Informationen. Der Sachverständigenausschuss kriti-sierte auf der Grundlage seines Vor-Ort-Besuches, dass das Personal von Sozial-diensten und Hospitälern kaum über Galicischkenntnisse verfüge und bat um Informationen zu internen Firmenregelungen. Galicien gab im zweiten Staaten-bericht an, 38 % der galicischen Arbeiter seien in ihren Sprachrechten durch ent-sprechende Arbeitsverträge geschützt. Sprachkenntnisse seien Voraussetzung für medizinisches Personal und Pflegekräfte. Der Sachverständigenausschuss monierte, dass im Gesundheitswesen trotz der Vorgaben meist keine Betreuung in der Regionalsprache geleistet würde und es überdies an Reglementierung im Banken- und Finanzsektor mangele. Er empfahl daher die Ausarbeitung eines Aktionsplanes, um Diskriminierungen aus sprachlichen Gründen zu vermindern. Entsprechend erläuterte Galicien im dritten Staatenbericht einen Pakt, der 2006 zwischen dem neu gegründeten Ministerium für Sprachpolitik (Secretaría General de Política Lingüística) und dem galicischen Arbeitgeberverband (Confederación de Empresa rios de Galicia) geschlossen worden sei und zu einer besseren Imple-mentierung der Regionalsprache verpflichte. Im Gesundheitswesen werde das Galicische zunehmend gebraucht, wozu auch ein neues Gesetz (Ley 13/2007) bei-trage, dass Sprachtests für Einstellungsverfahren von medizinischem Personal und in der Altenpflege festlege.

Grenzüberschreitender Austausch: Da Spanien im ersten Staatenbericht keine Informationen zu bilateralen Vereinbarungen mit Portugal gab, riet der Sachver-ständigenausschuss zum Abschluss eines solchen Abkommens. Galicien gab im zweiten Staatenbericht daraufhin ausführlich Auskunft über eine Vielzahl an Kooperationen mit Portugal: So sei 2002 ein Vertrag zwischen Spanien und Portu-gal geschlossen worden (Tratado Hispano-Portugés), es existierten mehrere Aus-tauschprogramme für Schüler, Lehrer und Privatpersonen (Encontro de Culturas,

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LaLO, Eixo Atlántico do Noroeste Peninsular), man organisiere Treffen zwischen Schriftstellern beider Länder und arbeite an einer gemeinsamen Kandidatur bei der UNESCO unter dem Namen Patrimonio Inmaterial Galaico-Portugués. Der Sachverständigenausschuss begrüßte die ausgedehnte Kooperation zwischen Galicien und Portugal in seinem zweiten Bericht. Im dritten Staatenbericht fügte Galicien dem nichts hinzu.

2.4.4 Katalanisch/Valencianisch

Das Sprachgebiet des von über elf Mio. Menschen gesprochenen Katalanischen erstreckt sich über mehrere europäische Staaten: So wird es außer in Spanien auch in Andorra und Teilen Südfrankreichs (Département Pyrénées Orientales) sowie traditionell in Alghero auf Sardinien gesprochen. Innerhalb Spaniens wird das Katalanische heute hauptsächlich in den drei Autonomen Gemeinschaften Katalonien, Valencia und den Balearischen Inseln gesprochen, kleinere Spre-chergemeinschaften befinden sich zudem in den östlichen Teilen der Region Aragón sowie in Murcia. In Katalonien und auf den Balearen nimmt das Sprach-gebiet des Katalanischen das gesamte Territorium der Autonomen Gemeinschaf-ten ein und es herrscht eine Situation der Zweisprachigkeit, wobei das Kastilische zumindest auf den Balearen die dominantere Sprache ist. Die soziolinguistische Situation in Valencia ist eine andere: Das Katalanische wird aufgrund der his-torischen Entwicklung hauptsächlich im östlichen Teil der Region, d.h. in den Küstenregionen, gesprochen. Mit etwa zehn Mio. aktiven Sprechern gilt die Sprache weder mittel- noch langfristig als bedroht. Die Sprachpolitiken der drei Autonomen Gemeinschaften sind voneinander unabhängig und erfordern daher – wie schon beim Baskischen – eine gesonderte Betrachtung. Zwar existieren ver-schiedene Mundarten und regionale Varietäten des Katalanischen, doch werden die verschiedenen Ausprägungen der einzelnen Regionen linguistisch als eine Sprache bezeichnet. Trotz dieser Tatsache besteht man in der Region Valencia auf der Sprachbezeichnung valencià („Valencianisch“); laut Angaben der Valen-cianischen Sprachakademie (Acadèmia Valenciana de la Llengua) repräsentiert die Eigenbezeichnung ein Element der eigenen Identität. Da das Valencianische von Spanien als eigenständige Sprache geschützt wird, behandelt der Europa-rat sie ebenfalls als solche. Unabhängig von der linguistischen Beurteilung als regionale Varietät des Katalanischen wird das Katalanische Valencias daher im Folgenden ebenfalls als ‚Valencianisch‘ bezeichnet.

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KatalonienDas erste Autonomiestatut Kataloniens (Estatuto de Autonomía de Cataluña) wurde 1979 verabschiedet und bezeichnete das Katalanische in Artikel 3,1 als „eigene Sprache“ mit offiziellem Status. Im Jahr 2006 wurde ein reformiertes Statut verabschiedet (Ley Orgánica 6/2006 de reforma del Estatuto de Auto-nomía de Cataluña), das den Artikel zu den Sprachen entscheidend modifiziert: Als Amtssprache Kataloniens sei das Katalanische die Sprache der öffentli-chen Verwaltungen, der Kommunikationsmedien sowie die Unterrichtssprache im Bildungswesen; hervorzuheben ist auch Absatz 2, da hier die Kenntnis des Spanischen und auch des Katalanischen für die Bürger Kataloniens als Recht und zugleich als Pflicht statuiert wird. Zumindest die Pflicht, das Katalanische zu kennen, kann in der Rechtsgeschichte der Regionalsprachen Spaniens als Neuheit betrachtet werden. Zudem wird in Absatz 6 das Aranesische als „eigene Sprache“ des Val d’Aran bezeichnet; erstmals wird das Aranesische ebenfalls als Amtssprache Kataloniens statuiert, wenngleich die rechtliche und praktische Tragweite dieses Status noch nicht genau festgelegt wird. Wesentliche Bestim-mungen des katalanischen Sprachgesetzes von 1998 (Ley de Política Lingüística) wurden nun in das Statut integriert.

Das Katalanische wird in Katalonien von einer Mehrheit gesprochen. Als Sprecher wird jede Person bezeichnet, die das Katalanische versteht und die Sprache sprechen kann. Nach den Daten der katalanischen Sprachstatistik von 2003 (Estadística de Usos Lingüísticos en Cataluña) kommen auf eine Bevölkerung von 5.471.200 ca. 84,7 % Sprecher des Katalanischen; rechnet man die Schreib- und Lesekompetenz hinein, sind es immerhin 62,3 %. Für 50,1 % der Bevölkerung ist das Katalanische zudem die im Alltag gebräuchliche Sprache.

Bildung: Der erste Staatenbericht Spaniens gab an, dass das Katalanische in allen Bereichen des Bildungssystems implementiert sei und jeder Schüler die Pflicht habe, die Regionalsprache am Ende der Schulpflicht korrekt zu beherr-schen. Der Sachverständigenausschuss bezeichnete das katalanische Bildungs-system als außergewöhnlich in der Geschichte Europas, da die Regionalspra-che sogar die erste Sprache des Unterrichts sei, was die Zahlen des Schuljahres 1999/2000 auch bezeugen: 88,9 % des Unterrichts in der Primarstufe und immer-hin 51,2 % in der Sekundarstufe wurden auf Katalanisch erteilt. Angaben fehlten lediglich zur vorschulischen Bildung, wurden von Katalonien jedoch im zweiten Staatenbericht neben Informationen zum 2001 gegründeten Institut Ramon Llull, dessen Netzwerk 98 Lektorate in Universitäten außerhalb Spaniens unterhält, nachgereicht. Der Sachverständigenausschuss sah daraufhin sämtliche Ver-pflichtungen als erfüllt an und lobte das Bildungswesen erneut als beispielhaft. Katalonien stellte darüber hinaus im dritten Staatenbericht einen Plan für sozia-len Zusammenhalt (Plan para la lengua y la cohesión social) vor, der die Integra-

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tion zugewanderter Schüler ins katalanischsprachige Bildungswesen durch spe-ziellen Unterricht (mittels sog. aulas de acogida) zum Ziel habe.

Justizbehörden: Der erste Staatenbericht lieferte keine wesentlichen Infor-mationen zur Implementierung der Charta im Bereich der Justizbehörden. Der Sachverständigenausschuss lobte ein von Katalonien 2000 initiiertes Pilotpro-jekt, das erfolgreich zu einer Erhöhung der auf Katalanisch geführten Prozesse führe. Außerdem sei die Anerkennung von katalanischsprachigen Dokumenten problemlos und es gebe ausreichend Übersetzungsdienste. Katalonien gab im zweiten Staatenbericht an, durch die Bestimmungen des reformierten Autono-miestatuts sowie Ausbildungsmaßnahmen den Anteil des Personals mit Sprach-kenntnissen erhöhen zu wollen; 2005 hätten bereits 77 % des Personals Katala-nischkenntnisse. Die Regionalregierung kritisierte in diesem Zusammenhang das nationale Rotationssystem für Richter. Der Sachverständigenausschuss schloss sich in seinem zweiten Bericht der Kritik an und machte deutlich, dass Reformen auf staatlicher Ebene nötig seien, um die Diskrepanz zwischen Gesetzgebung und praktischer Umsetzung zu vermindern und richtete seine Empfehlungen daher an die staatlichen Behörden. Katalonien kritisierte im dritten Staatenbe-richt erneut, dass das staatliche Justizministerium keine Reformen beabsichtige. Immerhin seien im Jahr 2008 jedoch bereits 25,2  % der Gerichtsverfahren auf Katalanisch durchgeführt worden.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Spanien gab im ersten Staatenbericht an, dass 54,07 % des Personals der staatlichen Behör-den über Katalanischkenntnisse verfügten; auf regionaler Ebene sei die Sprache der Behörden ohnehin das Katalanische. Ortsbezeichnungen seien sogar aus-schließlich in der Regionalsprache vorgesehen. Der Sachverständigenausschuss lobte in seinem ersten Bericht die Implementierung des Katalanischen auf regio-naler Ebene als beispielhaft in allen Aspekten. Hingegen lägen Beschwerden im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen vor. Katalonien räumte im zweiten Staatenbericht Probleme in diesem Bereich ein: So hielten sich staatliche Unter-nehmen wie die Post (Correos) oder die Bahngesellschaft (Renfe) sowie private Firmen wie die Telefongesellschaft Telefónica nicht an die Bestimmungen. Der Sachverständigenausschuss nahm dies in seinem zweiten Bericht zur Kenntnis. Die Implementierung auf regionaler und lokaler Ebene lobte er erneut. Im dritten Staatenbericht führte Katalonien Daten über den Gebrauch des Katalanischen in den Verwaltungsbehörden auf: Im Jahr 2007 sei das Katalanische in 50,7 % der mündlichen Kommunikationen der staatlichen Behörden, bei 90,6 % der regio-nalen und 78,5 % der lokalen Behörden gebraucht worden. In der Schriftkommu-nikation hätten die Werte bei 30,8 % (staatlich), 98,5 % (regional, lokal) gelegen.

Medien: Der erste Staatenbericht Spaniens gab einen Überblick über die katalanischsprachige Medienlandschaft und verwies insbesondere auf die 1983

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gegründete öffentliche Radio- und Fernsehanstalt (Corporació Catalana de Ràdio i Televisió), welche auf Katalanisch sende und auch das Aranesische berücksich-tige. Die gesetzlichen Bestimmungen sähen überdies für alle Sender Mindestquo-ten (mind. 50 %) vor und auch die katalanischsprachige Präsenz müsse adäquat repräsentiert sein. Die katalanischsprachige Tagespresse habe 2001 einen Anteil von 23,61  % ausgemacht. Der Sachverständigenausschuss zeigte sich mit dem medialen Angebot im privaten wie öffentlichen Sektor zufrieden und begrüßte die Regelung durch Mindestquoten. Katalonien verwies im zweiten Staatenbe-richt überdies auf den 1996 gegründeten Medienrat (Consell de l’Audiovisual de Catalunya). Der Sachverständigenausschuss sah daraufhin die meisten Verpflich-tungen als erfüllt an und bat lediglich um Informationen zur sprachlichen Aus- und Fortbildung von Journalisten. Im dritten Staatenbericht listete Katalonien v.a. statistische Daten zum Medienkonsum auf: Demnach haben 2008 27,1 % der Katalanen Presseerzeugnisse auf Katalanisch gekauft und 52 % katalanischspra-chiges Fernsehen konsumiert.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Nachdem der erste Staatenbericht Spaniens keinerlei substantielle Informationen geliefert hatte, zeigte sich der Sachverständigenausschuss auf der Grundlage seines Vor-Ort-Besuchs zufrie-den mit der Kulturförderung Kataloniens, die er als beispielhaft qualifizierte. Als zuständiges Organ für die Sprachpflege und terminologische Arbeit benannte er das Institut d’Estudis Catalans, wobei Katalonien im zweiten Staatenbericht prä-zisierte, dass das 1985 geschaffene Institut TERMCAT mit der Wortschatzarbeit betraut sei. Ferner präsentierte Katalonien ein neues Kulturkonzept, das eine Stärkung des katalanischsprachigen Verlagsmarktes sowie die Förderung von Literatur und Autoren vorsehe. Der Sachverständigenausschuss lobte die Maß-nahmen als beispielhaft. Dazu ergänzte Katalonien im dritten Staatenbericht Daten über die Entwicklung des Verlagsmarktes, nach denen die Zahl der auf Katalanisch herausgegebenen Bücher konstant ca. 15 % der kastilischsprachigen Bücher entspreche. Ferner wurden weitere Informationen zu den Aktivitäten des dem Institut d’Estudis Catalans unterstehenden Institut Ramon Llull im Bereich der auswärtigen Kulturförderung aufgelistet.

Wirtschaftliches und soziales Leben: Der erste Staatenbericht gab nur unzu-reichend Auskunft über die gesetzlichen Rahmenbedingungen, weshalb der Sachverständigenausschuss um weitere Informationen bat. Katalonien reichte diese im zweiten Staatenbericht nach: Demnach seien Unternehmen, die öffent-liche Dienstleistungen im Bereich Transport, Versorgung und Kommunikation leisten, verpflichtet, sich auf Katalanisch an die Bürger zu wenden. Um die Umsetzung sicherzustellen, gebe es einen Sanktionskatalog. Katalonien hob hervor, dass als Folge der bisherigen Maßnahmen 2005 bereits 48,6 % der Tarif-verträge in der Regionalsprache verfasst würden, kritisierte aber zugleich, dass

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es die staatlichen Normen seien, welche die Anwendung der Charta in vielen Bereichen behinderten. Der Sachverständigenausschuss monierte in seinem zweiten Bericht, dass sich die katalanischsprachige Etikettierung von Produk-ten kaum verbessert habe. Katalonien legte im dritten Staatenbericht Daten zum Gebrauch des Katalanischen im Wirtschaftssektor dar, nach denen die Sprache – je nach Sektor – bei 50 bis 65 % der mündlichen Kommunikationen und zwi-schen 40 und 68 % der Schriftkommunikationen gebraucht wurde. Der Bericht räumte ein, dass sich das Katalanische nur auf den Etiketten weniger Produkt-kategorien wiederfinde.

Grenzüberschreitender Austausch: Der erste Staatenbericht Spaniens bot keine Informationen zu diesem Bereich. Der Sachverständigenausschuss bat daher um Informationen zu Abkommen mit Frankreich, Italien, Andorra und den Austausch mit den anderen katalanischsprachigen Regionen Spaniens. Kata-lonien machte daraufhin im zweiten Staatenbericht ausführliche Angaben zu einer Vielzahl von Kooperationen und Projekten mit den genannten Staaten und Regionen. Besonders erwähnenswert scheint die Eröffnung einer Repräsentation der katalanischen Regionalregierung (Generalitat) im französischen Départe-ment Pyrénées-Orientales (Casa de la Generalitat de Catalunya en Perpiñán) am 5.9.2003, welche mangels Rückhalt der französischen Behörden Vereine und Kul-turaktivitäten finanziell fördere. Kritik übte Katalonien an den bilateralen Verträ-gen zwischen Spanien und Frankreich am Beispiel des Rahmenabkommens über Bildungs-, Sprach- und Kulturprogramme von 2005, da dieses nur das Spanische und Französische, nicht aber die beiden Ländern gemeinsamen Regionalspra-chen beinhalte. Der Sachverständigenausschuss nahm in seinem zweiten Bericht die Beschwerden Kataloniens zur Kenntnis und qualifizierte die regionalen Kooperationen mit Frankreich, Italien und Andorra als beispielhaft. Im dritten Staatenbericht verwies Katalonien auf Artikel 6,4 des reformierten Autonomie-statuts, mit dem sich die Region zur Kooperation mit anderen katalanischspra-chigen Gebieten verpflichte. Zudem sei 2005 eine Abteilung zur Verbreitung der Sprache (Servei de Difusió de la Llengua Catalana) im Rahmen der katalanischen Vertretung in Perpignan gegründet worden.

ValenciaAnders als in Katalonien ist das in Valencia valencià genannte Katalanische nicht die „eigene Sprache“ aller Einwohner der Region. Dies hat historische Gründe: Valencia wurde im 13. Jahrhundert der kastilischen Krone einverleibt, wodurch auch das Kastilische sich in der Region teilweise durchgesetzt hat. Dennoch ist das Valencianische noch heute die Muttersprache sowie die Sprache des Alltags eines großen Teils der Bevölkerung, der sich vor allem auf die stärker bevöl-

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kerte Küstenregion konzentriert. Nach den Daten der spanischen Regierung von 1998 sprechen und verstehen mindestens 56 % der Valencianer die Regio-nalsprache. Das erste Autonomiestatut Valencias (Estatuto de Autonomía de la Comunidad Valenciana) wurde 1982 verabschiedet; Artikel 7 statuierte sowohl das Kastilische als auch das Valencianische als Amtssprachen der Region. Das valencianische Sprachgesetz von 1983 (Ley de Uso y Enseñanza del Valenciano), welches das Valencianische erstmals als „eigene Sprache“ bezeichnet, nimmt auf der Grundlage des Autonomiestatuts eine räumliche Gliederung bestehend aus dominant valencianischsprachigen und dominant kastilischsprachigen Gemeinden (municipales de predominio lingüístico valenciano/castellano) vor. Das dominant valencianischsprachige Gebiet umfasst demnach 293 Gemeinden, in denen nach dem Zensus von 2001 88,6  % der Bevölkerung der Autonomen Gemeinschaft leben. Das mehrheitlich kastilischsprachige Gebiet umfasst 143 Gemeinden und repräsentiert 11,4 % der Bevölkerung. Beide Gebiete erstrecken sich über die Provinzen Alicante, Castellón und Valencia. Das zweite, 2006 refor-mierte Autonomiestatut (Ley Orgánica 1/2006, de 10 de abril, de Reforma de la Ley Orgánica 5/1982) deklariert das Valencianische nun ebenfalls explizit als „eigene Sprache“. Absatz 2 statuiert zudem das Recht auf Unterricht des Valencianischen und auf Valencianisch.

Bildung: Laut erstem Staatenbericht Spaniens basiert das valencianische Bildungssystem auf Zweisprachigkeit mit dem Ziel, dass jeder Schüler bis zum Ende der Schulpflicht äquivalente Kenntnisse sowohl des Kastilischen als auch des Valencianischen vorweisen kann. Der Unterricht beider Sprachen sei daher obligatorisch. Der Sachverständigenausschuss kam in seinem ersten Bericht jedoch zu dem Urteil, dass das bestehende Bildungssystem nicht den eingegan-genen Verpflichtungen entspreche. Von den drei verschiedenen Bildungsmodel-len bewertete er nur das zweite, bei welchem die Unterrichtssprache Valencia-nisch ist und das Kastilische progressiv eingeführt wird (inmersión lingüística), als ausreichend; dieses müsse auf dem gesamten Gebiet zur Verfügung stehen. Es mangele auch an qualifizierten Lehrern, kritisierte der Ausschuss weiter. Valen-cia betonte im zweiten Staatenbericht, dass im valencianischsprachigen Teil der Region überwiegend zweisprachige Modelle gewählt würden; im Schuljahr 2002/03 seien 23,3 % aller Schüler Valencias in der Regionalsprache unterrichtet worden. Zur Lehrerausbildung stünden zwei Dienste zur Verfügung, der Servicio de Formación del Profesorado und der Servicio de Enseñanza en Valenciano. Der Sachverständigenausschuss wiederholte indessen in seinem zweiten Bericht die Aufforderung, Bildungsmodelle einzurichten, die hauptsächlich das Valenciani-sche als Unterrichtssprache vorsehen und diese überall zur Verfügung zu stellen. Valencia ging darauf im dritten Staatenbericht nicht ein, führte dagegen Daten auf, nach denen das Valencianische zunehmend gewählt wird.

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Justizbehörden: Spanien machte im ersten Staatenbericht keine substantiel-len Angaben zur Implementierung der Charta in den valencianischen Justizbe-hörden. Der Sachverständigenausschuss kritisierte in seinem ersten Bericht den gesetzlichen Rahmen wie auch die praktische Umsetzung als unzureichend und empfahl, entsprechende Gesetze zu erlassen sowie für Aus- und Fortbildungs-programme zu sorgen, um den Anteil des valencianischsprachigen Personals zu erhöhen. Valencia gab im zweiten Staatenbericht kaum präzise Informatio-nen und beschränkte sich darauf, Angaben zu jährlich stattfindenden Sprach-kursen für nach Valencia versetztes Personal zu machen. Der Sachverständigen-ausschuss monierte den Mangel an Informationen und verwies auf die im ersten Berichtszyklus ausgesprochenen Empfehlungen, da die genannten Probleme wei-terhin Bestand hätten. Valencia gab im dritten Staatenbericht an, man verbessere die Präsenz des Valencianischen durch die Ausbildung des Personals, wofür ein spezieller Dienst (Servicio de Formación y Justicia Gratuita) eingerichtet worden sei. Bei Einstellungsverfahren würden Sprachkenntnisse positiv berücksichtigt.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Spanien gab im ersten Staatenbericht an, dass in Valencia sämtliche Verwaltungsbestimmun-gen auch in der Regionalsprache veröffentlicht würden; im Parlament würden beide Amtssprachen verwendet und für das Verwaltungspersonal seien Kennt-nisse des Valencianischen vorgeschrieben. Die Regionalregierung zeichne für entsprechende Fortbildungen verantwortlich. Der Sachverständigenausschuss bat in seinem ersten Bericht um genauere Daten und fragte, ob und inwiefern die geltende sprachliche Zoneneinteilung sich auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Charta auswirke. Hinsichtlich der öffentlichen Dienstleistungen stellte der Sachverständigenausschuss bei seinem Vor-Ort-Besuch fest, dass es den Über-setzungsdiensten an Personal fehle. In den Fortbildungsprogrammen der Behör-den mangele es überdies an Sprachkursen. Valencia beschränkte sich im zweiten Staatenbericht auf den Verweis auf seit 1995 jährlich gemeinsam mit den staatli-chen Behörden organisierte Sprachkurse. Der Sachverständigenausschuss lobte diese Maßnahmen in seinem zweiten Bericht zwar, monierte jedoch den generel-len Mangel an Informationen zu einer Vielzahl von Bestimmungen der Charta, weshalb es nicht möglich sei, ein Urteil zu fällen. Im dritten Staatenbericht gab Valencia an, für alle Angestellten im öffentlichen Dienst würden Kurse angebo-ten; Übersetzungen und sprachliche Beratungen würden überdies durch interne Einrichtungen, teilweise auch von externen Firmen bereitgestellt.

Medien: Der erste Staatenbericht gab eine knappe Übersicht über die valen-cianische Medienlandschaft: So gebe es seit 1984 die öffentliche Fernseh- und Radioanstalt Radiotelevisión Valencia (RTVV), man fördere kulturelle Sendungen und subventioniere Verlage, die ganz oder zum Teil auf Katalanisch publizieren. Zugleich wies der Bericht darauf hin, dass die Printmedien in valencianischer

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Sprache nur eine geringe Rolle spielten. Der Sachverständigenausschuss bat in seinem ersten Bericht um Angaben zu den Fernsehkanälen Canal 9 und Punt 2 sowie zur Förderung privater Kanäle. Überdies empfahl er, die Schaffung einer auf Valencianisch erscheinenden Tageszeitung zu begünstigen. Valencia gab im zweiten Staatenbericht an, Canal 9 sende hauptsächlich auf Katalanisch (2005: 56,6  %), Punt 2 sogar ausschließlich. Ebenso die Radiosender Ràdio 9 und Sí Ràdio. Bei der Lizenzvergabe werde das Valencianische berücksichtigt. Zur sprachlichen Fortbildung von Journalisten biete RTVV spezielle Kurse an. Der Sachverständigenausschuss lobte die Bemühungen um Fortbildungsmaßnah-men und zeigte sich auch zufrieden mit dem öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioangebot, dennoch monierte er weiterhin das Fehlen einer valencianisch-sprachigen Tagespresse. Daraufhin gab Valencia im dritten Staatenbericht an, dass die valencianische Tagespresse dazu verpflichtet sei, die Online-Versionen ihrer Ausgaben auch auf Valencianisch anzubieten. Die Umstellung auf das Digi-talfernsehen gehe mit der Einführung einer Valencianisch-Quote einher und man verhandele mit Katalonien über den gegenseitigen Rundfunkempfang. Ferner sei die Schaffung eines Rundfunkrates (Consell Audiovisual de la Comunitat Valen-ciana) geplant.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Im ersten Staatenbericht beschränkte sich Spanien auf die Nennung einiger Subventionen für Sprachförderungsmaß-nahmen. Dem Sachverständigenausschuss fehlten dennoch Daten und Beispiele bezüglich der Vergabe von Subventionen. Für die Sprachpflege und Normierung sei die valencianische Sprachakademie (Acadèmia Valenciana de la Llengua) zuständig, stellte er fest. Valencia machte im zweiten Staatenbericht vielfältige Angaben über Subventionszahlungen und die Präsenz des Valencianischen bei kulturellen Tätigkeiten. Der Sachverständigenausschuss erbat in seinem zweiten Bericht Informationen zu kulturellen Aktivitäten außerhalb der Region, worauf Valencia im dritten Staatenbericht auf die Förderung valencianischer Kulturzent-ren in Brüssel, Argentinien und Uruguay verwies.

Wirtschaftliches und soziales Leben: Der Sachverständigenausschuss kri-tisierte in seinen Berichten das Fehlen substantieller Informationen über die Anwendung der Charta sowohl im ersten als auch im zweiten Staatenbericht. Er stellte seinerseits fest, dass es zwar in der Gesetzgebung Valencias keine Sprach-diskriminierung gebe, jedoch sei unklar, ob Bestimmungen existierten, die dis-kriminierende Verordnungen auch explizit untersagen. Valencia ging darauf im dritten Staatenbericht nicht konkret ein, verwies indessen auf Kampagnen, die den Gebrauch des Valencianischen im sozioökonomischen Sektor fördern sollen.

Grenzüberschreitender Austausch: Da der erste Staatenbericht keinerlei Informationen zu dieser Verpflichtung gab, wandte sich der Sachverständigen-ausschuss in Bezug auf das Katalanische bzw. Valencianische gleichermaßen an

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Katalonien, Valencia und die Balearischen Inseln. Aus dem zweiten Staatenbe-richt ging hervor, dass Valencia die Verpflichtung nur in Bezug auf das valen-cianische Katalanisch interpretiert und daher entsprechend nur angab, in der innerhalb der Nachbarregion Murcia liegenden Gemeinde Yecla Valencianisch-kurse anzubieten, da dort traditionell Sprecher der valencianischen Varietät des Katalanischen leben (vgl. 2.5.5.). Der Sachverständigenausschuss merkte in seinem zweiten Bericht jedoch an, dass die Förderung des Unterrichts in Murcia nicht den Verpflichtungen entspreche und bat um relevante Informationen über Kooperationen.

BalearenIm Zuge der Reformen der Autonomiestatute wurde das im Jahr 1983 erlassene Statut der Balearischen Inseln 2007 reformiert (Ley Orgánica 1/2007, de 28 de febrero, de reforma del Estatuto de Autonomía de las Illes Balears). Der die Spra-chen betreffende Artikel 4 (vormals 3) wurde dabei nicht modifiziert. Er bezeich-net das Katalanische als „eigene Sprache“ („llengua pròpia“) und legt das Katala-nische neben dem Kastilischen als Amtssprache der Balearen fest. Die Behörden werden in Absatz 3 damit beauftragt, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, eine rechtliche Gleichheit beider Amtssprachen zu erreichen. Ergänzt wird das Autonomiestatut durch das 1986 verabschiedete Sprachgesetz der Balearen (Ley 3/1986 de normalización lingüística en las Islas Baleares).

Nach einer Erhebung der Generaldirektion für Sprachpolitik (Direcció General de Política Lingüística) von 2003 verstehen 93,1 % der 804.800 zählenden Bevöl-kerung der Balearen das Katalanische, immerhin 46,9 % verfügen auch über eine Schreib- und Lesekompetenz.

Bildung: Der erste Staatenbericht gab an, dass das Katalanische auf allen Ebenen des Bildungssystems implementiert sei und dabei auch die sprachlichen Eigenheiten der Inselregion berücksichtigt würden. Ziel sei es, dass jeder Schüler am Ende seiner Schulzeit beide Amtssprachen beherrscht. Der Sachverständi-genausschuss stellte in seinem ersten Bericht präzisierend fest, dass das Schul-system jeweils die Hälfte des Unterrichts in den beiden Amtssprachen vorsehe, womit die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt würden, da diese verlang-ten, den Unterricht hauptsächlich in der Regionalsprache zu halten. Auf die Emp-fehlung, das Bildungssystem entsprechend zu modifizieren, gingen die Balearen nicht ein, sondern erläuterten erneut das etablierte Modell. Der Sachverständi-genausschuss wiederholte daher in seinem zweiten Bericht seine Empfehlung und äußerte sich zugleich besorgt über ein neues Dekret von 2006 (Decreto 52/2006, de 16 de junio, sobre medidas para fomentar la competencia lingüística en lenguas extranjeras […]), welches den Fremdsprachenunterricht zulasten des

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Unterrichts in katalanischer Sprache ausdehne. Positiv beurteilte er die Koopera-tionen der Balearen mit anderen katalanischsprachigen Regionen Spaniens und Frankreichs. Die Balearen fügten im dritten Staatenbericht hinzu, dass man seit 2008 Mitglied des katalanischen Institut Ramon Llull sei und sich darüber an der auswärtigen Förderung des Katalanischunterrichts beteilige. Ferner habe man – ähnlich wie Katalonien – einen Integrationsplan für die Kinder von Einwande-rern geschaffen (Plan de Acogida, Integración y Refuerzo Educativa), der seit dem Schuljahr 2008/09 angewendet werde.

Justizbehörden: Aus dem ersten Staatenbericht ging lediglich hervor, dass Sprachkenntnisse für das Personal der Justizbehörden von Vorteil bei der Einstel-lung seien. Dennoch kritisierte der Sachverständigenausschuss den Mangel an katalanischsprachigen Beamten und empfahl, die Situation insbesondere durch Fortbildungsmaßnahmen zu verbessern. Ferner monierte er, dass wichtige Geset-zestexte nur mit Verzögerung in Übersetzung erschienen. Die Balearen äußerten sich im zweiten Staatenbericht lediglich zur Übersetzung des spanischen Staats-anzeigers (Boletín Oficial del Estado) durch Katalonien, an der man sich finan ziell beteilige. Der Sachverständigenausschuss monierte in seinem zweiten Bericht das Fehlen von Informationen zu den anderen Bestimmungen und wiederholte daher seine Empfehlungen aus dem ersten Berichtszyklus, wozu die Balearen jedoch auch im dritten Staatenbericht keine substantiellen Informationen boten.

Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbehörden: Der erste Staatenbericht gab an, dass Gesetzestexte in beiden Amtssprachen im regiona-len Gesetz- und Verordnungsblatt (Butlletí Oficial de la Comunitat Autonoma de les Illes Balears) veröffentlicht würden. Für die Einstellung von Verwaltungsper-sonal seien Sprachkenntnisse ein Bewertungskriterium und Ortsbezeichnungen würden einzig auf Katalanisch angebracht, hieß es weiter. Der Sachverständi-genausschuss gab sich zufrieden mit der Anwendung der Charta auf regiona-ler Ebene, bat aber um mehr Informationen zur lokalen und Provinzebene. Als beispielhaft bezeichnete er den Umgang mit Ortsbezeichnungen. Die Balearen gaben im zweiten Staatenbericht keine weiteren substantiellen Informationen, weshalb der Sachverständigenausschuss in seinem zweiten Bericht zu keinem Urteil kommen konnte. Im dritten Staatenbericht beschränkten sich die Balearen erneut auf die Angabe der einschlägigen Gesetzestexte.

Medien: Der erste Staatenbericht Spaniens gab an, dass die Balearen die sprachliche Normalisierung des Katalanischen durch Subventionen fördere, indem sie die Produktion, Synchronisierung und Untertitelung von audiovisuel-len Medien, von Theateraufführungen und anderen kulturellen Erzeugnissen sowie von Büchern unterstütze und dabei mit anderen Regionen kooperiere. Als einzige katalanischsprachige Tageszeitung nannte der Bericht den Diario de Balears. Der Sachverständigenausschuss monierte in seinem Bericht das Fehlen

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von Informationen zu öffentlichen und privaten Radio- und Fernsehsendern sowie zu sprachlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von Journalisten. Die Balearen lieferten daraufhin im zweiten Staatenbericht ein ausführliches Bild ihrer Maßnahmen: Als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt fördere die Ens Públic de Radiotelevisió de les Illes Balears (IB3) das Katalanische; 80 % der eigenen Sendungen würden in katalanischer Sprache produziert und bei Fremd-produktionen synchronisiere man immerhin die Kinderprogramme. Der Fern-sehsender von IB3 sende 60 %, der Radiosender gar 95 % seines Programms auf Katalanisch. Ferner seien seit 2004 die Sender Valencias und Kataloniens frei empfangbar. Journalisten würden regelmäßig Sprachtests unterzogen und fort-gebildet. Der Sachverständigenausschuss stellte in seinem zweiten Bericht fest, dass der TV-Sender IB3 seine katalanischsprachigen Ausstrahlungen auf wenige Programme beschränkt habe und ein öffentlicher Radiosender, Som Radio, gar geschlossen worden sei. Allgemein monierte er, dass zu vielen Punkten keine oder nur mangelhafte Informationen geliefert worden seien. Im dritten Staatenbericht aktualisierten die Balearen ihre Angaben zum Rundfunkbereich: So sende IB3 ausschließlich auf Katalanisch. Zudem habe man mit dem Digitalfernsehen eine Katalanisch-Quote von mindestens 51 % für alle Sender eingeführt und 2009 den gegenseitigen Empfang von Fernsehsendern mit Katalonien vereinbart.

Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen: Erst der zweite Staatenbericht Spa-niens benannte einige Aktivitäten des regionalen Kultusministeriums (Direcció General de Cultura), wie die Förderung von Veröffentlichungen, Ausstellungen und Theateraufführungen, doch genügten die Angaben dem Sachverständigen-ausschuss nicht, um zu einem Urteil gelangen zu können, wie er im zweiten Evaluationsbericht angab. Die Balearen beschränkten sich auch im dritten Staa-tenbericht auf die Auflistung einiger Förderprogramme.

Wirtschaftliches und soziales Leben: Der erste Staatenbericht informierte über Subventionszahlungen sowie über Maßnahmen, den Gebrauch des Katala-nischen in der Werbung zu fördern. Strenge Richtlinien gebe es im Verbraucher-schutz, der eine Betreuung von Kunden auf Katalanisch für Unternehmen mit mehr als drei Angestellten vorschreibt. Der Sachverständigenausschuss lobte diese Bestimmungen, monierte aber insgesamt den Mangel an Informationen. In seinem zweiten Bericht kritisierte er die Balearen scharf und wiederholte die Verpflichtung der Charta, über die Anwendung der Bestimmungen zu informie-ren, da die Regierung der Balearen im zweiten Staatenbericht überhaupt keine Informationen zu diesem Bereich geliefert hatte. Die Balearen verwiesen darauf-hin im dritten Staatenbericht auf einen 2009 verabschiedeten allgemeinen Plan zur Implementierung des Katalanischen (Plan General de Normalización Lingüí-stica), in dem auch die Förderung im sozioökonomischen Bereich vorgesehen sei.

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Grenzüberschreitender Austausch: Der Sachverständigenausschuss wandte sich wie schon hinsichtlich seines Berichts zu Valencia in seinem ersten Bericht gleichermaßen an Katalonien, Valencia und die Balearen, da der erste Staaten-bericht über Kooperationen nicht informiert hatte. Im zweiten Staatenbericht gestand die Regierung der Balearen offen ein, dass die Förderung des Katala-nischen außerhalb der Region wenig Raum innerhalb ihrer Politik einnehme, verwies aber auf die jährliche Teilnahme auf den Sprachmessen von Paris, Berlin und Lissabon, die Unterstützung eines Lehrstuhls „Illes Balears“ an der Universität Sheffield (Groß-Britannien) sowie Subventionen für Schüleraustau-sche mit Frankreich und der Stadt Alghero (Sardinien). Der Sachverständigen-ausschuss fragte in seinem zweiten Bericht nach geplanten Kooperationsver-trägen mit Italien. Dazu machten die Balearen im dritten Staatenbericht jedoch keine Angaben, sondern informierten über die Mitgliedschaft in der Eurorégion Pyrénées-Méditerranée, die 2004 als Kooperation zwischen Aragón, Katalonien, den Balearen und den französischen Regionen Languedoc-Roussillon und Midi-Pyrénées entstanden ist, ebenso wie in deren Erweiterung im Rahmen des Euro-päischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit (Groupement européen de coopération territoriale) von 2009.

2.5 Nur durch Teil II geschützte Sprachen

Wie bereits in Abschnitt 2.2. erläutert, benannte Spanien die zu schützenden Sprachen in seinem Ratifikationsinstrument nicht explizit, sondern verwies auf die Autonomiestatute. Da jedoch auch in den ersten beiden Staatenbe-richten wenig präzise Angaben gemacht wurden, war zunächst nicht ersicht-lich, welche Sprachen vom Schutz durch Teil II der Charta profitieren sollten. Lediglich zum Asturischen in Asturien sowie zum Aragonesischen und zum Katalanischen in Aragón wurden einige Daten aufgelistet, die jedoch nicht auf konkrete Maßnahmen schließen ließen. Erst mit dem dritten Staatenbe-richt änderte sich die Sachlage grundlegend, da zu sämtlichen – auch den vom Europarat genannten – Sprachen in systematischer Weise Informationen auf-gelistet wurden.

So wurden im dritten Staatenbericht Spaniens die Situationen des in der Autonomen Stadt Ceuta gesprochenen arabischen Dialekts (dariya) und des in Melilla gesprochenen berberischen Dialekt (tamazight) beschrieben; man gab an, dass beide weder zum europäischen Kulturgut gehörten, noch traditionell in den beiden Städten gesprochen würden, sondern als Migrantensprachen nicht unter den Schutz der Charta fielen. Bezüglich des Judenspanischen (judeoespañol) stellte Spanien fest, dass dieses außer in folkloristischen Kontexten nicht mehr

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gesprochen werde und das Jiddische nur innerhalb einiger weniger Familien argentinischer Herkunft verwendet werde.

Unter den Schutz durch Teil II der Charta fallen nach der Interpretation Spaniens die folgenden Sprachen: Aragonesisch und Katalanisch in Aragón; Asturisch und Galicisch in Asturien; Galicisch und Portugiesisch in Extrema-dura; Leonesisch, Galicisch und Portugiesisch in Kastilien-León; Valencianisch in Murcia sowie, als einzige „territorial nicht gebundene Sprache“, Romanes in Spanien. Bei der hier gebotenen Liste ist anzumerken, dass der Schutz des Por-tugiesischen nicht mehr als die Förderung des Unterrichts als (zweite) Fremd-sprache darstellt; die Sprache der Roma war im ersten Staatenbericht noch vom Schutz ausgeschlossen worden, da es nur noch von weniger als 100 Personen in Spanien gesprochen werde; das Aranesische unterliegt seit dem dritten Berichts-zyklus dem Schutz durch Teil III und wird daher in Abschnitt 2.4. behandelt.

2.5.1 Aragonesisch und Katalanisch in Aragón

Das Aragonesische ist eine seit dem Frühmittelalter bezeugte romanische Sprache. Zwar wurde sie im Mittelalter auch als Verwaltungssprache des König-reichs Aragón verwendet, doch verlor sie ihren Status ab dem 16. Jahrhundert zugunsten des Kastilischen und ist heute eine v.a. auf die mündliche Kommu-nikation beschränkte Sprache, die in den ländlicheren Regionen Aragóns, v.a. in den Gemeinden Jacetania, Alto Gállego, Sobrarbe und Ribagorza, gesprochen wird. Das Katalanische wird im Osten der Autonomen Gemeinschaft, im Grenzge-biet zu Katalonien, von etwa 30.000 Sprechern gebraucht (vgl. Abschnitt 2.4.4.).

Das reformierte Autonomiestatut der Autonomen Gemeinschaft Aragón von 2007 (Ley Orgánica 5/2007, de 20 de abril, de reforma del Estatuto de Autonomía de Aragón) verzichtet, wie schon das Autonomiestatut von 1982, auf eine explizite Nennung der Regionalsprachen und verweist in Artikel 7,1 an die Formulierung der spanischen Verfassung anknüpfend auf „die eigenen Sprachen und sprach-lichen Eigenheiten“ („lenguas y modalidades lingüísticas“) Aragóns. Ebenfalls analog zum Statut von 1982 wird in Absatz 2 auf ein zu verabschiedendes Sprach-gesetz verwiesen. Ein solches Sprachgesetz (Ley 10/2009, de 22 de diciembre, de uso, protección y promoción de las lenguas propias de Aragón) wurde nun erstmals 2009 vom Regionalparlament verabschiedet und trat 2010 in Kraft. Darin werden das Aragonesische und das Katalanische explizit genannt und in Artikel 2 als die „historischen, ursprünglichen und eigenen Sprachen“ („lenguas propias origina-les e históricas“) der Region apostrophiert. Das Gesetz sieht neben sprachlichen Rechten die Festlegung von Sprachzonen, die Einsetzung eines Sprachenrates (Consejo Superior de las Lenguas de Aragón) und von je einer Sprachakademie für

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das Aragonesische (Academia de la Lengua Aragonesa) und Katalanische (Acade-mia aragonesa del Catalán) vor.

Aragón informierte über die Verabschiedung des Sprachgesetztes im dritten Staatenbericht und kam damit erstmals den wiederholt ausgesprochenen Emp-fehlungen des Europarats nach. In Bezug auf das Aragonesische nannte der Bericht zudem diverse Forschungs- und Kulturprojekte, von denen zwei auch das Katalanische betreffen. Ferner hieß es, dass Abkommen oder Kooperationen hinsichtlich des Katalanischen mit Katalonien nicht getroffen worden seien, dass Katalonien jedoch seinerseits in Aragón abgelegte Katalanischprüfungen aner-kenne.

2.5.2 Asturisch und Galicisch-Asturisch in Asturien

Das Asturische ist eine romanische Sprache, die erstmals in Dokumenten des 12. Jahrhunderts bezeugt ist. Im 13. Jahrhundert war die Sprache auch in Rechtstex-ten und in der Literatur präsent, verlor ihren Status jedoch im 14. Jahrhundert an das Kastilische. Gemäß den Daten der asturischen Sprachakademie (Acade-mia de la Llingua Asturiana) aus dem Jahr 2002 wird die Sprache heute noch von etwa 250.000 Sprechern, etwa einem Viertel der Bevölkerung der Region, ver-wendet. Des Weiteren wird in dem an Galicien grenzenden Westen Asturiens in einem landwirtschaftlich geprägten Gebiet zwischen den Flüssen Navia und Eo eine Varietät des Galicischen von etwa 40.000 Sprechern gebraucht. Die Zuord-nung der dialektalen Varietät ist umstritten, was sich am sinnfälligsten in den verschiedenen Bezeichnungen manifestiert: Während die asturischen Behörden die Varietät als Galicisch-Asturisch (gallego-asturiano) bezeichnen, spricht man in Galicien vom ‚Galicischen in Asturien‘ (gallego en Asturias).

Das zuletzt 1999 modifizierte Autonomiestatut des Prinzipats Asturien von 1981 (Ley Orgánica 7/1981, Estatuto de Autonomía para Asturias) gewährt dem Asturischen (auch hier als bable bezeichnet) in Artikel 4 Schutz und verweist auf ein 1998 erlassenes Sprachgesetz (Ley 1/1998, de 23 de marzo, de uso y promo-ción del bable/asturiano). Das Galicisch-Asturische wird im Statut nicht expli-zit genannt, doch statuiert Artikel 2 des Sprachgesetzes von 1998, dass dieses sich auch auf das Galicisch-Asturische, „dort, wo es den Charakter einer eigenen sprachlichen Eigenheit“ („en las zonas en las que tiene carácter de modalidad lingüística propia“) habe, erstreckt.

Hinsichtlich des Asturischen stellte der Sachverständigenausschuss bei seinem ersten Vor-Ort-Besuch fest, dass die spanische Regierung es offenbar ablehnte, dem Asturischen den Status einer Amtssprache zu verleihen, obwohl die Sprache mittlerweile kodifiziert war. In beiden Berichten lobte er hingegen

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die Maßnahmen der asturischen Behörden zur Förderung der Sprache, welche über die Verpflichtungen durch Teil II weit hinausgingen. Der Empfehlung, auch auf Gesetzesebene das Schutzniveau anzuheben, schloss sich auch das Minis-terkomitee an. Im dritten Staatenbericht gab Asturien weitere Informationen zur Implementierung der Sprache in den Bereichen Bildung, Verwaltung und Medien. So würde das Asturische an allen Schulen angeboten, bliebe jedoch ein freiwilli-ges Wahlfach. Für die Koordinierung der Sprachpolitik habe man eine Abteilung für Sprachpolitik (Dirección General de Política Lingüística) geschaffen, die auch einen Übersetzungsdienst (Unidad de Traducción) integriere. Auf lokaler Ebene würden Filialstellen (Servicios u Oficinas de Normalización) errichtet. In den Medien sei die Präsenz der Sprache durch die 2003 gegründete öffentlich-recht-liche Rundfunkanstalt (Ente Público de Comunicación del Principado de Asturias) gewährleistet. Private Sender und Presseorgane würden finanziell gefördert.

Der Sachverständigenausschuss lobte in seinem ersten Bericht die gesetzli-che Anerkennung des Galicisch-Asturischen und empfahl, angesichts der Kontro-verse um die Sprachzugehörigkeit, die Identität des Galicisch-Asturischen stärker herauszustellen und für eine erhöhte Präsenz und Sichtbarkeit in der Öffentlich-keit zu sorgen. In seinem zweiten Bericht stellte der Sachverständigenausschuss fest, dass sich die Situation der Sprache nicht verbessert habe, vielmehr Koope-rationsangebote seitens galicischer Behörden von Asturien ignoriert würden. Im dritten Staatenbericht verwies Asturien auf die von der Academia de la Llingua Asturiana 2007 publizierte Orthographie des Galicisch-Asturischen (Normas orto-gráficas del gallego-asturiano). Da das Galicisch-Asturische derselben Gesetz-gebung wie das Asturische unterliege, müsse es – innerhalb seines Verbrei-tungsgebietes – an allen Schulen angeboten werden, sei jedoch ein freiwilliges Fach. Zwei der Filialen der Abteilung für Sprachpolitik seien auch im Gebiet des Galicisch-Asturischen eröffnet worden. In den Medien werde die Sprache über Subventionen gefördert. Im Staatenbericht wurde in diesem Zusammenhang auch auf die Kritik galicischer Behörden hingewiesen, denen zufolge die Sprache in den Kommunikationsmedien des Gebietes völlig inexistent sei und überdies seit 2010 der Empfang galicischer Sender infolge des neu eingeführten digitalen Fernsehens nicht mehr ermöglicht werde. Ein anderes Bild zeichneten die astu-rischen Behörden, wenn sie angaben, im kulturellen Bereich etwa habe sich der Gebrauch der Sprache konsolidiert. Zum grenzüberschreitenden Austausch gab Asturien auch im dritten Staatenbericht lapidar an, keine Abkommen geschlos-sen zu haben.

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2.5.3 Galicisch und Portugiesisch in Extremadura

Das mit dem Galicischen verwandte Portugiesische wird in einigen an Portugal grenzenden Gemeinden Extremaduras gesprochen, namentlich im Valle del Jálama, Herrera de Alcántara, Cedillo, Valencia de Alcántara sowie in La Codo-sera und Olivenza, wobei die Sprache teilweise zu verschwinden drohe, wie es im dritten Staatenbericht Spaniens hieß. Der Bericht gab ferner an, es handele sich bei den Sprechern v.a. um die Nachkommen von im 18. Jahrhundert eingewander-ten Portugiesen. Die für das Portugiesische aufgeführten Maßnahmen beschränk-ten sich auf die Förderung der Sprache als Fremdsprache. In der Gesetzgebung findet das Portugiesische keinerlei Erwähnung.

Des Weiteren wird in den drei Gemeinden Valverde del Fresno/Valverde do Fresno, Elijas/As Ellas und San Martín de Trevejo/San Martín de Trebello von etwa 5.000 Sprechern eine dialektale Varietät gesprochen, deren Zugehörigkeit zum Galicischen, zum Astur-Leonesischen oder auch zum Portugiesischen diskutiert wird. Während Galicien die Varietät als ‚Galicisch in Extremadura‘ bezeichnet, heben die Behörden Extremaduras ihre Eigenständigkeit hervor und bevorzugen in Anlehnung an die Sprecher selbst die Bezeichnung a fala (‚die Mundart‘). Das 2011 reformierte Autonomiestatut Extremaduras (Ley Orgánica 1/2011, de 28 de enero, de reforma del Estatuto de Autonomía de la Comunidad Autónoma de Extre-madura) nennt die Minderheitensprache nicht. Explizit wurde die Sprache im Jahr 2001 per Gesetz (Decreto 45/2001, de 20 de marzo, por el que se declara Bien de Interés Cultural la A Fala) zum Kulturgut („bien de interés cultural“) erklärt.

Der dritte Staatenbericht Spaniens bot erstmals Informationen zum Galici-schen in Extremadura bzw. zu a fala. So hätten sich Interesse und Bewusstsein bei den Sprechern erst infolge eines Kongresses zu der Sprache im Jahr 1999 ent-wickelt. Im Rahmen des Programmes „A fala na escuela“ („A fala in der Schule“) sei die Integration der Sprache in das Schulwesen der drei Gemeinden geplant. Extremadura fördere die Veröffentlichung von Büchern zu a fala sowie die Insze-nierung von Theaterstücken, ferner sei ein Museum zu der Sprache in San Martín de Trebello geplant. Die Real Academia Galega kritisierte in dem Bericht ihrer-seits, dass a fala weder in den Medien noch in der lokalen Verwaltung präsent sei.

2.5.4 Leonesisch, Galicisch und Portugiesisch in Kastilien-León

Das Leonesische ist eine mit dem Asturischen eng verwandte romanische Sprache, die Schätzungen zufolge von 25.000 bis 50.000 Sprechern in den Provinzen León und Zamora der Autonomen Gemeinschaft Kastilien-León gesprochen wird. Das Galicische wird im nordwestlichen, an Galicien grenzenden Teil der Provinz León

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in den ländlichen Zonen des Distrikts El Bierzo von etwa 22.000 Sprechern sowie von rund 1.500 Sprechern in der Provinz Zamora gebraucht. Ferner gibt es in den an Portugal grenzenden Gemeinden A Bouza und Alamedilla Sprecher des Por-tugiesischen.

Das 2007 reformierte Autonomiestatut Kastilien-Leóns (Ley Orgánica 14/2007, de 30 de noviembre, de reforma del Estatuto de Autonomía de Castilla y León) enthält erstmals einen Artikel zu den Sprachen bzw. dem sprachlichen Kulturerbe der Gemeinschaft. So definiert Artikel 5,1 zunächst das Kastilische als wertvollstes Kulturgut („acervo histórico y cultural más valioso“) der Region, dem das Leonesische, ebenfalls als ein sprachliches Kulturgut der Region, in Absatz 2 untergeordnet wird. Absatz 3 ergänzt, dass das Galicische dort zu schützen sei, wo es „gewöhnlich gebraucht“ werde („en los lugares en que habitualmente se utilice“).

Nachdem der Sachverständigenausschuss im zweiten Berichtszyklus um Informationen über das seit der Reform des Autonomiestatuts erstmals rechtlich anerkannte Leonesische gebeten hatte, benannte Kastilien-León im dritten Staa-tenbericht das Instituto Castellano y Leonés de la Lengua als die für den Schutz und die wissenschaftliche Erforschung des Leonesischen zuständige Institution, wenngleich sich die aufgeführten Maßnahmen ausschließlich auf die Ausrich-tung von wissenschaftlichen Kongressen beschränkte. Im Kontakt mit den Behör-den, so räumte der Bericht ein, werde die Sprache nicht verwendet.

Nachdem im ersten Berichtszyklus noch nicht genügend Informationen über Status und Situation des Galicischen in Kastilien-León vorgelegen hatten, erbaten sowohl der Sachverständigenausschuss in seinem zweiten Evaluationsbericht als auch das Ministerkomitee genauere Informationen zum Status der Sprache. Der Sachverständigenausschuss lobte ferner eine bestehende Kooperation mit Galicien, im Rahmen derer das Galicische seit 2002 in einigen Grundschulen von El Bierzo unterrichtet werde. Er empfahl daraufhin, auch für eine Implementie-rung im Sekundarbereich zu sorgen. Der dritte Staatenbericht Spaniens ergänzte, dass das Galicische als freiwilliges Fach angeboten werde und die Kooperation mit Galicien in den Jahren 2006 und 2009 erneuert und erweitert worden sei. Im Schuljahr 2009/10 seien 1.096 Schüler in Galicischkurse eingeschrieben gewesen. Galicien merkte ferner an, dass mit der Umstellung auf das digitale Fernsehen der Empfang des galicischen Rundfunks nicht ermöglicht werde.

Das Portugiesische, das im Autonomiestatut (s.o.) nicht erwähnt wird, fand erstmals im dritten Staatenbericht Spaniens Erwähnung, ohne dass kon-krete Maßnahmen zum Schutz der traditionell gebrauchten Sprache aufgeführt werden. So heißt es, zum Gebrauch lägen nur wenige Daten vor. Die aufgelisteten Informationen beziehen sich auf den Unterricht als (zweite) Fremdsprache.

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2.5.5 Valencianisch in Murcia

Das Valencianische wird außerhalb Valencias auch in den landwirtschaftlich geprägten Gemeinden Yecla, Jumilla und Abanilla gebraucht (vgl. Abschnitt 2.4.4.). Sprecherzahlen wurden bislang nicht erhoben, die Anzahl der Einwoh-ner der drei Gemeinden beträgt insgesamt 647. Das Valencianische verfügt über keinerlei rechtliche Anerkennung in der Autonomen Gemeinschaft Murcia. Aus dem dritten Staatenbericht Spaniens ging hervor, dass sich Fördermaßnahmen auf Sprachkurse beschränken, die auf Anfrage der Gemeinde Yecla durch die valencianische Sprachakademie (Academia Valenciana de la Lengua) seit 2005 organisiert werden.

2.5.6 Romanes

Traditionell wird in Spanien eine dialektale Varietät des Romanes gesprochen, die man als caló, teilweise auch als romanó oder romanó-caló bezeichnet und die sich wiederum in diverse dialektale Formen gliedert, die jeweils durch den Sprachkontakt mit dem Spanischen und den übrigen Regionalsprachen geprägt sind: So gibt es etwa ein katalanisch geprägtes caló und ein baskisch geprägtes, das man als erromintxela bezeichnet.

Nachdem Spanien in seinem ersten Staatenbericht angegeben hatte, caló werde praktisch nicht mehr gesprochen, alle Roma seien kastilischsprachig, geht erst der dritte Staatenbericht auf Bitten des Europarats wieder auf die Sprachen der Roma ein. Demnach lebten etwa 650.000 Roma in Spanien, die alle das Kastilische und teilweise auch die jeweiligen Regionalsprachen beherrschten. Zwar gebe es keine genauen Sprecherzahlen, doch schätze man die Zahl der caló-Sprecher auf etwa 1.000 in ganz Spanien. Hinzu kämen rund 30.000 Sprecher des Romanes, die in jüngerer Zeit eingewandert seien. Folglich fallen nur das in Spanien als caló bezeichnete Romanes und seine dialektalen Varietäten unter den Schutz durch Teil II der Charta. Insgesamt problematisch und nicht immer klar unterscheidbar sind die Förderung und der Schutz der Kultur der Roma von Maßnahmen, die die Sprache betreffen. Im Folgenden wird versucht, v.a. die für die Sprache relevanten Maßnahmen darzustellen.

Im dritten Staatenbericht Spaniens heißt es, Spanien erkenne die Kultur der Roma – auch als Teil der spanischen Kultur – an und fördere diese. Konkret seien 2005 ein Rat des Volkes der Roma (Consejo Estatal del Pueblo Gitano) und ein Kulturinstitut (Instituto de Cultura Gitana) geschaffen worden. Ferner finden sich in dem Bericht Angaben zu analogen Institutionen und Projekten auf regionaler Ebene, v.a. in Katalonien, Madrid, Extremadura und im Baskenland. Maßnahmen

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auf staatlicher Ebene betrafen die Herausgabe diverser Schriften, darunter auch Übersetzungen der wichtigsten Rechtstexte auf romanó-caló, einige NGOs hätten Sprachkurse organisiert und durch Konferenzen und Artikel versuche man, die Sprache zu verbreiten; hervorzuheben sei darunter das Projekt „Sar san?“ („Wie geht’s?“) des Kulturinstituts. Das Bildungsministerium fördere überdies die Her-ausgabe von zwei Zeitschriften, von denen eine (O Tchatchipen) teilweise auf Romanes verfasst würde. Auf regionaler Ebene führte Katalonien konkrete Maß-nahmen zur Förderung der Sprache auf, die im Rahmen von Integrationsplänen für die Roma vorgesehen sind: Man versuche v.a. über Sprachkurse und didakti-sche Materialien das beinahe verschwundene Romanes in Katalonien wiederzu-beleben und neu zu verbreiten.

3 Bewertung

Die Tatsache, dass das Vielsprachenland Spanien die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats unterzeichnete und ratifi-zierte, vermag kaum zu überraschen. Bedenkt man, dass die junge Demokratie seit ihrer Konstituierung 1978 den wichtigsten internationalen und europäischen Institutionen beitrat, so ist es nur nahe liegend, dass sich das Land auch über den kulturellen Schutz von Regional- und Minderheitensprachen im Sinne der Charta auf europäischer Ebene profilieren will.

Der Verzicht auf eine explizite Nennung der zu schützenden Sprachen im Ratifikationsinstrument erklärt sich durch die kluge Einbeziehung der Autono-men Gemeinschaften: Insbesondere die sog. „historischen“ Gemeinschaften, d.h. Galicien, das Baskenland und Katalonien, deren Identität sich nicht zuletzt durch die jeweils „eigene Sprache“ definiert, sollen über ihre Autonomiestatute und die Entwicklung eigener Sprachpolitiken selbst über die Auswahl der Sprachen bestimmen; demgegenüber verhält sich der Gesamtstaat abwartend tolerant. Die sich in dieser Haltung artikulierende Passivität der gesamtstaatlichen, die Regio-nalsprachen betreffenden Sprachpolitik kann auch begründen, weshalb die für die Erstellung des ersten Staatenberichts verantwortliche konservative Regierung Aznar aus dem Maßnahmenkatalog der Charta beinahe ausnahmslos die dem höchsten Standard entsprechenden Verpflichtungen übernahm und selbstbe-wusst erklärte, der Schutz und die Förderung der spanischen Regional- und Min-derheitensprachen übersteige bereits bei Weitem den vom Europarat geforderten Schutzstandard.

Mit dem Regierungswechsel 2004 erlebte die Sprachpolitik und vor allem die Zusammenarbeit zwischen den Autonomen Gemeinschaften und dem Gesamt-

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staat einerseits und zwischen dem Gesamtstaat und dem Europarat andererseits eine entscheidende Richtungsänderung und führte zu einer aufgeschlosseneren Haltung Spaniens gegenüber seinen Regionalsprachen (vgl. Lebsanft 2008): Die sozialistische, weniger nationalistisch-zentralistisch orientierte Regierung unter der Führung José Luis Rodríguez Zapateros war in hohem Maße auf den Rückhalt regional(istisch)er Parteien angewiesen. Die sprachpolitische Richtungsände-rung Zapateros manifestierte sich bereits in den ausführlichen Erörterungen des zweiten, stärker noch in dem knapp 1.000 Seiten umfassenden dritten Staatenbe-richt; beide Berichte setzten sich aus den Angaben der Autonomen Gemeinschaf-ten, ergänzt durch Informationen staatlicher Behörden zusammen. Nach dem Regierungswechsel in der Folge der Wahlen vom 20.11.2011 bleibt abzuwarten, in welcher Form sich der bisherige Dialog zwischen dem Europarat und Spanien nun unter der konservativen Regierung Mariano Rajoys weiterentwickeln wird.

Allgemein lässt sich zur Situation der Regionalsprachen in Spanien konsta-tieren, dass besonders solche, die in den jeweiligen Autonomen Gemeinschaften Mehrheitssprachen darstellen, von einer besonders guten Förderung profitieren. Dies trifft v.a. auf die „eigenen Sprachen“ Kataloniens und des Baskenlandes, aber auch Galiciens und der Balearen sowie Asturiens zu. Benachteiligt sind hin-gegen all die Sprachen und Varietäten, die in ihren Regionen nur durch eine (poli-tisch unbedeutende) Minderheit repräsentiert werden, wie etwa das Baskische in Navarra, das Galicisch(-Asturische) in Asturien, das Katalanische in Aragón sowie – eingeschränkt – auch in Valencia. Eine Ausnahme stellt das Aranesische dar, das durch das reformierte Autonomiestatut Kataloniens von 2006 sogar zur Amtssprache der gesamten Autonomen Gemeinschaft erklärt wurde und einen exzellenten Schutz genießt, wenngleich es nur etwa 8.000 Sprecher zählt und sein Gebiet auf ein kleines Tal begrenzt ist. Zu erklären ist diese Sonderstellung zweifellos mit den sprachpolitischen Interessen Kataloniens auf nationaler und nicht zuletzt auch auf europäischer Ebene.

Ob und inwieweit die Anwendung der Charta bislang zu konkreten, tatsäch-lich auf den Einfluss des Europarats zurückgehende Verbesserungen im Schutz und bei der Förderung der Regionalsprachen führen konnte, zeichnet sich im Falle Spaniens erst mit dem Beginn des dritten Berichtszyklus (2010) ab. Mit dem Staatenbericht wird ersichtlich, dass gegenüber dem zweiten Bericht nicht nur die regionalen Behörden, sondern zunehmend auch die staatlichen Behörden konstruktiv zur Implementierung der Charta beitragen. Beispielhaft kann dazu die Schaffung zahlloser neuer Institutionen und Abteilungen zur Förderung der Regionalsprachen genannt werden. So zeugt auch der auf staatlicher Ebene gegründete Rat der Amtssprachen vom Einfluss der Charta, verweist dessen Grün-dungsdekret (Real Decreto 905/2007, de 6 de julio, por el que se crean el Consejo de las Lenguas Oficiales en la Administración General del Estado y la Oficina para las

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Lenguas Oficiales) doch explizit auf die Empfehlungen des Europarats. Das spa-nische Beispiel verdeutlicht insofern, dass der Wert der Charta sich anhand der Berichtszyklen bemisst, die es erlauben, Verbesserungen in der Sprachförderung in regelmäßigen Abständen nachzuvollziehen und zu evaluieren.

Abgesehen von allgemeinen Tendenzen ist es indessen nicht möglich, ein globales Urteil über den Fortschritt der Anwendung zu fällen, insbesondere weil die Zuständigkeiten sich in Spanien über eine Vielzahl von Regionen und Behörden verteilen. So zeigt sich anhand des bisherigen Berichtszeitraumes (2001–2010), dass die Passivität des Gesamtstaates zwar im Bereich der Ver-waltungsbehörden nachlässt, jedoch im staatlichen Justizwesen in Form von mangelnder Kooperationsbereitschaft weiter anhält. Der weiterhin fehlende Anreiz für Richter und höhere Beamte, im Rahmen des Rotationssystems die Regionalsprachen zu erlernen, steht der Erfüllung aller Bestimmungen von Artikel 9 der Charta damit nach wie vor entgegen. Als vorhersehbar kann die weitgehende Wirkungslosigkeit der Charta im Bereich des wirtschaftlichen und sozialen Lebens (Art. 13) gelten, da dieser nicht oder nur bedingt von Seiten der Politik beeinflussbar ist. Weitgehend positiv sind indessen die Fortschritte im Bereich des Sprachausbaus zu bewerten, welcher in fast allen Autonomen Gemeinschaften mit Regional- oder Minderheitensprachen zum Teil sogar durch eigene Institutionen (z.B. TERMIGAL, TERMCAT) oder auch innerhalb des Auf-gabenbereichs der jeweiligen Sprachakademien (z.B. die Real Academia de la Lengua Vasca oder die Academia de la Llingua Asturiana) im Bereich des (Fach-)Wortschatzes vorangetrieben wird.

Für die auch durch Teil III geschützten Sprachen ist es wichtig, die Bevöl-kerungszusammensetzung in den einzelnen Regionen zu betrachten. Generell kann gelten, dass eine Sprache, die von einer Mehrheit gesprochen wird, sich in einer privilegierteren Situation befindet als solche, mit denen sich nur ein kleinerer Teil der Bevölkerung identifiziert. Größere Fortschritte sind daher für Katalonien, das Baskenland und Galicien sowie eingeschränkt auch die Balea-ren festzustellen; in Navarra und Valencia werden Fortschritte mitunter durch den Widerstand der jeweils regierenden Parteien verlangsamt, wie die restriktive Politik Navarras hinsichtlich der baskischsprachigen Privatschulen (ikastolas), die erst infolge des anhaltenden Drucks des Europarats anerkannt wurden, bei-spielhaft verdeutlicht. Im Bereich der Medien ist die Umstellung auf das digitale Fernsehen und die damit einhergehende Einführung von Mindestquoten für den Gebrauch der Regionalsprachen in allen Regionen gleichsam interessant zu beobachten. Erwartungsgemäß kann Katalonien in beinahe allen Punkten eine vorbildhafte Förderung vorweisen, die zum Teil tatsächlich über die Verpflich-tungen der Charta hinausgeht; besonders auffällig sind die Bemühungen auch über die Grenzen der Region hinaus, wie die Arbeit des Institut Ramon Llull oder

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auch die Etablierung einer katalanischen Repräsentation in Frankreich für eine grenzüberschreitende Koordination der Sprachpolitik verdeutlichen. Das in Katalonien seit dem dritten Berichtszyklus ebenfalls durch Teil III geschützte Aranesische profitiert, trotz seiner geringen Sprecherzahl, ganz offenkundig von den Ambitionen der katalanischen Generalitat. Valencia und die Balearen fallen besonders im Bereich der Schulbildung auf, da ihre Bildungsmodelle nicht den Verpflichtungen der Charta entsprechen.

Die nur durch Teil II der Charta geschützten Sprachen wurden infolge der wiederholten Nachfragen des Sachverständigenausschusses von Spanien erstmals im dritten Staatenbericht systematisch berücksichtigt. Dass dieser Bereich vom Europarat nicht vernachlässigt wird, verdeutlichen die Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarats (drei von sechs Empfehlungen betreffen nur durch Teil II geschützte Sprachen). Will man die Qualität der Förderung der einzelnen Sprachen bewerten, so zeigt sich ein noch breiteres Spektrum als für die oben genannten Sprachen. Während etwa das Asturische in Asturien einen sehr hohen gesellschaftlichen und rechtlichen Status genießt, wird dieser dem Galicischen (/Galicisch-Asturischen) nur symbolisch zuteil. Äußerst fragwürdig erscheint überdies die Forderung des Sachverständigenausschusses, die Identität des Galicischen in Asturien herauszustellen, denn die in der Folge von der Academia de la Llingua Asturiana 2007 publizierte Orthographie des Galicisch-Asturischen (Normas ortográficas del gallego-asturiano) schafft eine Kluft zum Galicischen, die kaum im Interesse der Sprecher liegen kann. Hier zeichnen sich überdies Interessenkonflikte zwischen den sich verantwortlich fühlenden galicischen Behörden und Asturien ab, die sich im dritten Staatenbericht deutlich manifestieren. Die Förderung des Valencianischen in Murcia sowie des Galicischen in Kastilien-León beschränkt sich auf Bildungsangebote in einigen Schulen; in Extremadura, wo das Galicische als a fala bezeichnet wird, hat der Sprachenschutz hingegen rein folkloristische Züge angenommen, wie etwa das geplante Museum in der Gemeinde San Martín de Trevejo demonstriert. Weniger folkloristisch als vielmehr wissenschaftlich erscheint in den Staatenberichten das Interesse Kastilien-Leóns am Schutz des Leonesischen. Das Portugiesische wird in Kastilien-León und Extremadura offenbar nur als Fremdsprache in den Schulen gefördert, nicht jedoch als Regionalsprache. Eine Sonderstellung nimmt das von Spanien erst im dritten Staatenbericht wirklich berücksichtigte Romanes bzw. caló ein: Als einzige nicht territorial gebundene Sprache wird es sowohl durch staatliche als auch durch einige regionale Institutionen geschützt, wobei Sprachenschutz und allgemeiner Minderheitenschutz nicht klar von einander differenzierbar sind. Darüber hinaus zielen die Bemühungen weniger auf den Erhalt als auf die ‚Wiederbelebung‘ der Sprache, die nur noch von rund 1.000 Roma gesprochen wird.

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Will man die Zukunftsperspektiven der geschützten Sprachen beurteilen, so lässt sich keine globale Aussage treffen. Schon die Ausgangssituation der verschiedenen Sprachen stellt sich äußerst heterogen dar. Sprachen wie das Katalanische und teilweise auch das Galicische und Baskische blicken auf eine Literaturtradition zurück und können als Ausbausprachen betrachtet werden. Andere, wie das Asturische oder das Aragonesische, wurden fast ausschließlich mündlich tradiert und können die Anforderungen einer Schriftsprache bislang kaum erfüllen, wobei gerade das Asturische mittlerweile über eine Kodifizierung von Wortschatz und Grammatik verfügt und sich die Schriftlichkeit der Sprache in den letzten Jahren ausgedehnt hat. Nach den Sprecherzahlen sind – auf ganz Spanien bezogen – nur zwei Sprachen von einem Verschwinden bedroht: Zum einen gilt das Aragonesische aufgrund seiner gesellschaftlich marginalisierten Rolle als gefährdet, zum anderen stellt sich die Situation für das Aranesische als kritisch dar, da dessen Sprecherzahl äußerst gering ist und ein langfristiges Überleben daher in Zweifel gezogen werden kann. Schwierig stellt sich bezogen auf die Regionen aber auch die Situation der kleinen Sprechergruppen größerer Sprachen dar, wie das Galicische in Extremadura und in Kastilien-León oder das Valencianische in Murcia.

4 Bibliographie

4.1 Quellen

4.1.1 Europarat

Rapport périodique de l’Espagne, 23.9.2002. [= 1. Staatenbericht]Rapport périodique de l’Espagne, 30.4.2007. [= 2. Staatenbericht]Rapport périodique de l’Espagne, 30.7.2010. [= 3. Staatenbericht]Addendum 1 (The Basque Language in the Basque Autonomous Community. Additional

information for the Expert Committee), 26.9.2007. [= Addendum des Baskenlandes zum 2. Staatenbericht]

Rapport d’évaluation du Comité d’experts, 8.4.2005. [= 1. Evaluationsbericht]Rapport d’évaluation du Comité d’experts, 4.4.2008. [= 2. Evaluationsbericht]Recommandation du Comité des Ministres, 21.9.2005. [= Empfehlungen des Ministerkomitees

auf Grundlage des 1. Evaluationsberichtes]Recommandation du Comité des Ministres, 10.12.2008. [= Empfehlungen des Ministerkomitees

auf Grundlage des 2. Evaluationsberichtes]

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4.1.2 Weitere Quellen

Autonome Gemeinschaft Aragón: „Ley 10/2009, de 22 de diciembre, de uso, protección y promoción de las lenguas propias de Aragón“. In: Boletín Oficial de Aragón (BOA) 252, 30.12.2009.

Autonome Gemeinschaft Balearische Inseln: „Ley 3/1986, de 29 de abril, de normalización lingüística en las Islas Baleares“. In: Boletín Oficial de las Islas Baleares (BOIB) 15, 20.5.1986.

Autonome Gemeinschaft Balearische Inseln: „Decreto 52/2006, de 16 de junio, sobre medidas para fomentar la competencia lingüística en lenguas extranjeras de los alumnos de los centros no universitarios de las Illes Balears sostenidos con fondos públicos“. In: Boletín Oficial de las Islas Baleares (BOIB) 87, 20.6.2006: 79–82.

Autonome Gemeinschaft Baskenland: „Decreto 123/2008, de 1 de julio, sobre los derechos lingüísticos de las personas consumidoras y usuarias“. In: Boletín Oficial del País Vasco (BOPV) 135, 16.7.2008: 18653–18669.

Autonome Gemeinschaft Extremadura: „Decreto 45/2001, de 20 de marzo, por el que se declara Bien de Interés Cultural la ‚A Fala‘“. In: Diario Oficial de Extremadura (DOE) 36: 2859–2860.

Autonome Gemeinschaft Galicien: „Ley 3/1983, de 15 de junio, de normalización lingüística“. In: Diario Oficial de Galicia (DOG) 84, 14.7.1983.

Autonome Gemeinschaft Galicien: „Ley 13/2007, de 27 de julio, de modificación de la Ley 4/1988, de 26 de mayo, de la función pública de Galicia“. In: Diario Oficial de Galicia (DOG) 165, 27.7.2007.

Autonome Gemeinschaft Katalonien: „Ley 1/1998, de 7 de enero, de Política Lingüística“. In: Diario Oficial de la Generalitat de Catalunya (DOGC) 2553, 9.1.1998.

Foralgemeinschaft Navarra: „Ley Foral 18/1986, de 15 de diciembre del vascuence“. In: Boletín Oficial de Navarra (BON) 154, 17.12.1986.

Foralgemeinschaft Navarra: „Decreto Foral 372/2000, de 11 de diciembre, por el que se regula el uso del vascuence en las Administraciones Públicas de Navarra“. In: Boletín Oficial de Navarra (BON) 3, 5.1.2001.

Fürstentum Asturien: „Ley 1/1998, de 23 de marzo, de uso y promoción del bable/asturiano“. In: Boletín Oficial del Principado de Asturias (BOPA) 73, 28.3.1998.

Königreich Spanien: „Constitución Española“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 311, 29.12.1978: 29313–29424.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 3/1979, de 18 de diciembre (Jefatura del Estado), de Estatuto de Autonomía para el País Vasco“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 306, 22.12.1979: 29357–29363.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 4/1979, de 18 de diciembre, de Estatuto de Autonomía de Cataluña“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 306, 22.12.1979: 29363–29370.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 1/1981, de 6 de abril, Estatuto de Autonomía de Galicia“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 101, 28.4.1981: 8997–9003.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 7/1981, de 30 de diciembre, de Estatuto de Autonomía para Asturias“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 9, 11.1.1982: 524–530.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 5/1982, de 1 de julio, de Estatuto de Autonomía de la Comunidad Valenciana“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 164, 10.7.1982: 18813–18820.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 8/1982, de 10 de agosto, de Estatuto de Autonomía de Aragón“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 195, 16.8.1982: 22033–22040.

Spanien   379

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Königreich Spanien: „Ley Orgánica 2/1983, de 25 de febrero, de Estatuto de Autonomía para las Illes Balears“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 51, 1.3.1983: 5776–5783.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 1/2001, de 26 de marzo, por la que se modifica la Ley Orgánica 13/1982, de 10 de agosto, de Reintegración y Amejoramiento del Régimen Foral de Navarra“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 75, 28.3.2001: 11508–11509.

Königreich Spanien: „Instrumento de ratificación de la Carta Europea de las Lenguas Regionales o Minoritarias, hecha en Estrasburgo el 5 de noviembre de 1992“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 222, 15.9.2001: 34733–34749.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 19/2003, de 23 de diciembre, de modificación de la Ley Orgánica 6/1985, de 1 de julio, del Poder Judicial“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 309, 26.12.2003: 46025–46095.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 1/2006, de 10 de abril, de Reforma de la Ley Orgánica 5/1982, de 1 de julio, de Estatuto de Autonomía de la Comunidad Valenciana“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 86, 11.4.2006: 13934–13954.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 6/2006, de 19 de julio, de reforma del Estatuto de Autonomía de Cataluña“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 172, 20.7.2006: 27269–27310.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 1/2007, de 28 de febrero, de reforma del Estatuto de Autonomía de las Illes Balears“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 52, 1.3.2007: 8703–8728.

Königreich Spanien: „Ley 7/2007, de 12 de abril, del Estatuto Básico del Empleado Público“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 89, 13.4.2007: 16270–16299.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 5/2007, de 20 de abril, de reforma del Estatuto de Autonomía de Aragón“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 97, 23.4.2007: 17822–17841.

Königreich Spanien: „Real Decreto 905/2007, de 6 de julio, por el que se crean el Consejo de las Lenguas Oficiales en la Administración General del Estado y la Oficina para las Lenguas Oficiales“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 172, 19.7.2007: 31373–31375.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 14/2007, de 30 de noviembre, de reforma del Estatuto de Autonomía de Castilla y León“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 288, 1.12.2007: 49486–49505.

Königreich Spanien: „Ley Orgánica 1/2011, de 28 de enero, de reforma del Estatuto de Autonomía de la Comunidad Autónoma de Extremadura“. In: Boletín Oficial del Estado (BOE) 25, 29.1.2011: 9466–9503.

Valencianische Gemeinschaft: „Ley 4/1983, de 23 de noviembre, de Uso y Enseñanza del Valenciano“. In: Diari Oficial de la Comunitat Valenciana (DOCV) 133, 1.12.1983.

4.2 LiteraturJanich, Nina / Greule, Albrecht (Hrsg.): Sprachkulturen in Europa: Ein internationales

Handbuch, Tübingen: Narr 2002.Lebsanft, Franz: „¿Europeización de los conflictos lingüísticos españoles? Las Españas central

y periférica ante la Carta europea de las lenguas regionales o minoritarias“. In: Kirsten Süselbeck / Ulrike Mühlschlegel / Peter Masson (Hrsg.): Lengua, Nación e Identidad. La regulación del plurilingüismo en España y América Latina, Madrid/Frankfurt: Vervuert 2008: 111–130.

380   Felix Tacke

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Pan, Christoph / Pfeil, Beate Sibylle: Minderheitenrechte in Europa, Wien u.a.: Springer 22006.Viaut, Alain: „Pertinence sociolinguistique de la notion de langue propre à l’extérieur de

l’Espagne?“. In: Quo vadis Romania 23, 2004: 92–103.

4.3 Maßnahmenkatalog

Artikel 8 (Bildung) 1a (i), b (i), c (i), d (i), e (iii), f (i), g–i; 2

Artikel 9 (Justizbehörden) 1a (i–iv), b (i–iii), c (i–iii), d; 2a; 3

Artikel 10 (Verwaltungsbehörden und öffentliche Dienstleistungsbetriebe)

1a (i), b, c; 2a–g; 3a, b; 4a–c; 5

Artikel 11 (Medien) 1a (i), b (i), c (i), d, e (i); 2; 3

Artikel 12 (Kulturelle Tätigkeiten und Einrichtungen)

1a–h; 2; 3

Artikel 13 (Wirtschaftliches und soziales Leben)

1a–d; 2a–e

Artikel 14 (Grenzüberschreitender Austausch)

a, b

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