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© Carl Hanser Verlag Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 6 (2010) 1 eingereicht/handed in: 30.07.2008 angenommen/accepted: 06.10.2009 Prof. Dr.-Ing. Johannes Wortberg, Dipl.-Ing. Marcel Großmann, Institut für Produkt Engineering, Universität Duisburg-Essen „KoAx-S-Truder“ – ein neues Extruderkonzept mit Koaxialschnecken und Schmelzetrennung Eine Alternative zur Gewährleistung konstant hoher Plastifizierleistungen ohne Vergrößerung des Schneckendurchmessers oder der Verfahrenslänge wird durch den Einsatz eines koaxialen Schneckenkonzeptes im Einzugsbereich und einer nachfolgenden Feststoff-Schmelze-Trennung erreicht. Durch eine unabhängig anzutreibende Einzugsschnecke kann ein Abfall der Förderrate bei höheren Schneckendrehzahlen für Materialien mit unterschiedlichsten physikalischen Eigenschaften in weiten Bereichen kompensiert werden. Die gleichzeitige Feststoff-Schmelze-Trennung ermöglicht hohe effektive Plastifizierleistungen innerhalb einer kurzen Verfahrenslänge. „KoAx-S-Truder“ – a new extrusion concept with coaxial screws and melt separation An alternative way to get high and constant plasticizing capacities without using larger screw diameters or longer processing units can be reached with a new plasticizing concept. With a separately driven coaxial feeding screw the decrease of throughput rate especially for materials with varying physical properties and higher screw speeds can be reduced in a wide range. The following separation of solid material and melt within the short transition zone leads to high plasticizing capacities and lower melt temperatures by reducing the induced shear energy caused by the rotating screw. Zeitschrift Kunststofftechnik Wissenschaftlicher Arbeitskreis der Universitäts- Professoren der Kunststofftechnik Journal of Plastics Technology archivierte, peer-rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK) archival, peer-reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern.

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Wortberg, Großmann „KoAx-S-Truder“ - ein neues Extruderkonzept

© Carl Hanser Verlag Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 6 (2010) 1

eingereicht/handed in: 30.07.2008 angenommen/accepted: 06.10.2009

Prof. Dr.-Ing. Johannes Wortberg, Dipl.-Ing. Marcel Großmann, Institut für Produkt Engineering, Universität Duisburg-Essen

„KoAx-S-Truder“ – ein neues Extruderkonzept mit Koaxialschnecken und Schmelzetrennung Eine Alternative zur Gewährleistung konstant hoher Plastifizierleistungen ohne Vergrößerung des Schneckendurchmessers oder der Verfahrenslänge wird durch den Einsatz eines koaxialen Schneckenkonzeptes im Einzugsbereich und einer nachfolgenden Feststoff-Schmelze-Trennung erreicht. Durch eine unabhängig anzutreibende Einzugsschnecke kann ein Abfall der Förderrate bei höheren Schneckendrehzahlen für Materialien mit unterschiedlichsten physikalischen Eigenschaften in weiten Bereichen kompensiert werden. Die gleichzeitige Feststoff-Schmelze-Trennung ermöglicht hohe effektive Plastifizierleistungen innerhalb einer kurzen Verfahrenslänge.

„KoAx-S-Truder“ – a new extrusion concept with coaxial screws and melt separation An alternative way to get high and constant plasticizing capacities without using larger screw diameters or longer processing units can be reached with a new plasticizing concept. With a separately driven coaxial feeding screw the decrease of throughput rate especially for materials with varying physical properties and higher screw speeds can be reduced in a wide range. The following separation of solid material and melt within the short transition zone leads to high plasticizing capacities and lower melt temperatures by reducing the induced shear energy caused by the rotating screw.

Zeitschrift Kunststofftechnik Wissenschaftlicher

Arbeitskreis der

Universitäts-

Professoren der

Kunststofftechnik Journal of Plastics Technology archivierte, peer-rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK) archival, peer-reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com

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„KoAx-S-Truder“ – ein neues Extruderkonzept mit Koaxialschnecken und Schmelzetrennung

J. Wortberg, M. Großmann

1 EINLEITUNG UND AUSGANGSSITUATION

Bei der Investition in neue Maschinen und Anlagen zur Verarbeitung von Kunststoffen liegt das Augenmerk heute zumeist auf möglichst geringen spezifischen Investitionskosten, aber immer mehr auch auf die zukünftig anfallenden Betriebskosten. Insbesondere um Investitions- und Betriebskosten möglichst gering zu halten, sind folgende Anforderungen an ein Maschinen- und Anlagenkonzept zu stellen. Ein möglichst hoher und pulsationsfreier Massedurchsatz bezogen auf die jeweilige Baugröße minimiert die späteren Produktkosten. Gleichzeitig muss eine konstante stoffliche und thermische Homogenität der Schmelze zur Gewährleistung einer gleichbleibend guten Produktqualität gewährleistet werden. Um Produktionsunterbrechungen zu vermeiden, sollten Schnecken zum einen flexibel in der Verarbeitung verschie-dener Rohstoffe sein und zum anderen einen geringen Verschleiß sowie Belagbildung während des Betriebs aufweisen.

Die Erhöhung des Massedurchsatzes kann durch verschiedene Maßnahmen umgesetzt werden. Die Durchsatzerhöhung durch eine Vergrößerung des Schneckendurchmessers und des L/D-Verhältnisses erfordert meist größere Investitionen als eine Steigerung der Schneckendrehzahlen und/oder der Förderrate. Der Einsatz von Schnellläufern bietet dabei verschiedene Vor- und Nachteile [1].

Ein diesbezüglich erfolgreiches Beispiel ist z. B. die Durchsatzsteigerung in der Rohrextrusion innerhalb der letzten 25 Jahre. Durch den Einsatz weiter-entwickelter genuteter Einzugszonen, leistungsstärkerer Antriebe sowie durch eine gezielte Optimierung der Schneckengeometrien konnten Durchsatz-erhöhungen von bis zu 400 % erreicht werden. Diese konnten mit konstant bleibenden Extrudergrößen (-baureihen), jedoch stets größer werdenden Verfahrenslängen von 24 auf bis zu 40D erreicht werden [2].

In den letzten Jahren arbeiten jedoch auch Verarbeiter aus dem Thermoform- und Blas-/Flachfolienfoliensektor verstärkt an der Verbesserung der Leistungs-fähigkeit ihrer Anlagen durch Leistungssteigerung bestehender Baugrößen. Lange Zeit bestehende Bedenken nach einem möglicherweise nicht vollstän-digen Aufschmelzen teilkristalliner Strukturen und unerwünschtem molekularen Abbau der Polymere durch zu hohe Schmelzetemperaturen und Scher-geschwindigkeiten konnten praktische Untersuchungen in vielen Fällen jedoch nicht bestätigen. Unter anderem konnte belegt werden, dass die Verarbeitung

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von Polystyrol auf einem 75-er Extruder mit Drehzahlen bis 1100 1/min keine nachteiligen Veränderungen des Rohstoffes oder der Produkteigenschaften der Folie nach sich zieht [3].

Eine alternative Möglichkeit des Plastifizierens durch reine Reibleistung in einem sehr kurzen Extrusionskonzept ist in [13] beschrieben. Der Intensiv-plastifizierer, bestehend aus einer mehrgängigen Schnecke und einem mit Wendelnuten versehenden Zylinder, nutzt unterschiedliche Fördergeschwind-igkeiten innerhalb der Wendelnuten und Schneckengänge zur Umsetzung von Reibarbeit in Wärme. Die Funktion des alternativen Plastifizierens innerhalb einer kurzen Verfahrenslänge konnte an einer Reihe verschiedener Materialien nachgewiesen werden.

Dennoch tauchen auch weiterhin Probleme beim Einsatz schnelldrehender konventioneller Extruderschnecken auf. Aus vielen praktischen Erfahrungen ist bekannt, dass die Förderrate mit steigender Schneckendrehzahl absinkt. Als Folge dieses Verhaltens werden sehr schnell Grenzen der maximal zulässigen Schmelzetemperatur erreicht und eine weitere Steigerung der Schneckendreh-zahl ist nicht mehr möglich, obwohl das mechanische System keine Einschränkungen vorgibt.

Ursache dafür ist das nicht ausreichende Feststoffförderverhalten im Bereich der Einfüll- und Einzugszone. Die hohen Umfangsgeschwindigkeiten der Schneckenstege in der Einfüllzone führen dabei zu einer Unterfütterung der Schneckenkanäle mit Feststoff. Zu dieser Thematik wurden diverse Untersuchungen durchgeführt, die sich mit der Problematik des Einrieselvor-gangs, der Variation der Einfüllöffnung und Einfüllzone sowie der theoretischen Modellierung befassen [4 bis10].

Dieser Vorgang ist umso deutlicher bei der Verarbeitung von Materialien mit hohen äußeren Reibwerten oder Polymermischungen mit geringer Schüttdichte zu beobachten. Dazu zählt insbesondere die Regeneratverarbeitung, auf die aus wirtschaftlichen Gründen heute in kaum einem Betrieb mehr verzichtet werden kann. Als Regenerat wird dabei Produktionsabfall bezeichnet, der in Form von Butzen, Angüssen oder den Randbeschnitt bei Folien in der Produktion anfällt. Das aufbereitete Material (Säubern, Zerkleinern, Entstauben) weist je nach Mischungsverhältnis mit der Neuware eine zumeist deutlich niedrigere Schüttdichte als reine Neuware auf und unterscheidet sich auch in weiteren physikalischen Eigenschaften wie der Korngröße und Korngrößenverteilung sowie der Kornform und Rieselfähigkeit.

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Bild 1: Einfluss des Regeneratanteils auf die Förderrate [6]

Den Einfluss des Regenratanteils auf verschiedene Verarbeitungsparameter macht Bild 1 deutlich und wird in [11] ausführlich beschrieben. Um auf diese schwankenden Materialeigenschaften bei der Verarbeitung Einfluss nehmen zu können, ist ein flexibles Extrusionskonzept notwendig. Die Anwendung einer senkrechten Förderschnecke im Einfülltrichter ist dabei eine Lösung, die aber nur vereinzelt in der Praxis zum Einsatz kommt.

2 NEUES EXTRUSIONSKONZEPT - KOAX-S-TRUDER

Im Institut für Produkt Engineering der Universität Duisburg-Essen wird dazu seit Jahren an alternativen Extrusionskonzepten gearbeitet, die sich unter anderem mit dem Problem des abfallenden Durchsatzes bzw. der abfallenden Förderrate mit steigenden Schneckendrehzahlen befassen. In einem von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) geförderten Projekt ist dabei ein alternatives Extrusionskonzept entstanden, welches sich aus verschiedenen am Institut und mit der Fa. ETA Kunststofftechnologie GmbH, Troisdorf, entwickel-ten und zum Patent angemeldeten Systemkomponenten zusammensetzt, Bild 2.

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a) Koaxiale Einzugszone 6D b) Übergangszone 3D c) Aufschmelzzone mit Feststoff-Schmelze-Trennung 7D d) Homogenisierzone 6D

Bild 2: Prototyp des KoAx-S-Truders

Dabei unterscheidet sich das Extrusionskonzept durch zwei verfahrens-technische Besonderheiten von Standard-Einschneckenextrudern. Der KoAx-S-Truder besitzt im Einzugsbereich eine zusätzliche, koaxial um die Plastifizierschnecke angeordnete Einzugsschnecke, die unabhängig von der Plastifizierschnecke angetrieben werden kann. Möglich wird dies durch einen speziell für diese Aufgabe konstruierten Mehrmotoren-Antrieb, der mit 3 Antrieben über eine Getriebestufe die Plastifizierschnecke und über einen ebenfalls übersetzten Antrieb die Einzugschnecke antreibt. Der Antrieb ist dabei kompakt, wassergekühlt und im Betrieb geräuscharm.

Über eine Veränderung der Einzugsschneckendrehzahl nE kann die Förderrate in weiten Bereichen an die Materialeigenschaften des Rohstoffes bzw. des jeweiligen Gemisches angepasst werden. Die Einzugsschnecke (glatt oder genutet) ist im Einfüllbereich mit Bohrungen bzw. Öffnungen versehen, durch die Granulat auch zwischen beide Schnecken gefördert werden kann, Bild 3. Der Gesamtmassetrom ergibt sich somit aus dem Massestrom zwischen den beiden Schnecken und dem Massestrom zwischen Einzugsschnecke und genutetem Zylinder. Betrachtet man das Mengenverhältnis beider Feststoff-ströme, so findet der Großteil des Materialtransportes zwischen der Ein-zugsschnecke und dem Zylinder statt. Der weitaus geringere Feststoffstrom zwischen beiden Schnecken dient vorwiegend dazu, ein Rückfließen von Schmelze aus der Übergangszone zwischen die Schnecken zu verhindern. Durch die Relativgeschwindigkeit beider Schnecken zueinander ist eine Abdichtung konstruktiv schwierig und verschleißanfällig.

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Bild 3: Koaxiale Einzugsschnecke

Bild 4 zeigt den Einfluss der Einzugsschneckendrehzahl auf die Förderrate und die Massetemperatur.

Bild 4: Einfluss der Drehzahl nE auf die Förderrate und Massetemperatur

Die Erhöhung der Förderrate ist lediglich limitiert durch die Temperatur der luftgekühlten Einzugszone. Die materialabhängige Schmelzefilmbildung in der genuteten Einzugszone erfolgt bei Förderraten zwischen 0.8 und 1. Die Übergabe des äußeren Feststoffstroms auf die Plastifizierschnecke zu Beginn der Übergangszone ist bis zu Förderraten von 1.0 kg/(h*1/min) unproblema-tisch. Weder das an der Einzugsschnecke anliegende Drehmoment noch die optische Beurteilung der Schneckenoberfläche an dieser Stelle lassen Probleme durch zu große Beanspruchung in Form von Verschleiß erkennen.

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Die zweite Besonderheit liegt in einer Feststoff/Schmelze-Trennung innerhalb der Plastifizierzone. Dazu wird die Plastifizierzone von einer Hülse umgeben, deren mehr als 500 Bohrungen die Schmelze aus dem Schneckenkanal in einen Ringspalt abführen. Der Ringspalt ist derart ausgelegt, dass die Schmelze, unter Annahme einer gleichbleibenden Aufschmelzrate, entlang der Plastifizierbuchse durch eine reine Druckströmung transportiert wird. Anschlie-ßend gelangt die Schmelze erneut in die Schneckengänge, wo sie mittels eines dynamischen Mischers homogenisiert wird. Alternativ dazu ist auch die Verwendung eines statischen Mischers möglich.

Der Vorteil dieser Feststoff/Schmelze-Trennung liegt in der Verringerung des dissipativen Energieeintrags und damit Verringerung der Schmelzetemperatur selbst bei hohen Drehzahlen. Wird der Feststoff nach der Einzugszone am Zylinder der Übergangszone bzw. der Innenfläche der Plastifizierhülse aufgeschmolzen, fließt die Schmelze umgehend durch die Bohrungen in den außen liegenden Ringspalt. Die Geometrie der Bohrungen ist zum einen darauf ausgelegt, das Durchfließen von Feststoffpartikeln zu verhindern und zum an-deren, einen möglich niedrigen Druckverlust beim Durchströmen der Schmelze zu erzeugen. Gleichzeitig wird die Schmelze beim Durchfließen geschert und durch die Aufteilung des Massestroms dispersiv gemischt. Wie nachfolgende Ergebnisse belegen, führt der sehr dünne Schmelzefilm zwischen im Schneckenkanal komprimiertem Feststoff und der Plastifizierhülse zu einem beschleunigten Aufschmelzprozess.

Bild 5: Plastifizierhülse zur Schmelzetrennung

links: Gesamtansicht rechts: Geometrie des Einlaufbereichs

Um die Gefahr von Totzonen innerhalb der ersten Bohrungsreihe des Ringspaltes zu vermeiden, wurden die ersten fünf Bohrungsreihen jeweils in Längsrichtung versetzt, Bild 5 rechts. Da an dieser Stelle des Ringspaltes (blauer Bereich) weder eine Geschwindigkeitskomponente in Umfangs- noch in Längsrichtung vorliegt, hätten sich bei einer nicht axial versetzten Bohrungs-

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reihe Totzonen zwischen den Bohrungen bilden können, die sowohl einen Materialwechsel erschwert als auch die Wahrscheinlichkeit von Materialabbau durch zu lange Verweilzeiten erhöht hätten.

Bei der Auslegung der Plastifizierhülse wurde ein linearer Aufschmelzverlauf angenommen, der durch die Abführung der Schmelze aus dem Schneckenka-nal entsteht und eine hohe Plastifizierleistung innerhalb einer kurzen Plastifizier-zonenlänge bewirkt, Bild 6. Insgesamt ermöglichen diese verfahrens-technischen Besonderheiten eine extrem kurze Gesamtbauweise von lediglich 20D bei einem Schneckendurchmesser von 50 mm, wodurch sich das System sehr gut in ein Anlagenumfeld integrieren lässt.

Einen ähnlichen Ansatz zur Feststoff-Schmelze-Trennung wird in [12] mit der Entwicklung der Barr2000-Schnecke verfolgt. Dort wird von einer wesentlichen Erhöhung der Aufschmelzleistung durch Abführung der Schmelze in eine hohl gebohrte Schnecke berichtet. Trotz prinzipieller Ähnlichkeit zur Feststoff-Schmelze-Trennung des KoAx-S-Truders ist bei diesem Konzept ein größerer Schmelzeanteil im Schneckenkanal zu erwarten. Da der Aufschmelzprozess an der Innenfläche des Zylinders beginnt, sind im Schneckenkanal deutlich längere Verweilzeiten des Schmelzestroms auf dem Fließweg in das Innere der Schnecke zu erwarten, als bei einer Abführung nach Außen.

Bild 6: Aufschmelzcharakteristik des KoAx-S-Truders

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3 EXPERIMENTELLER AUFBAU - PROTOTYP

Das gesamte Extrusionskonzept ist im Bild 1 unter Angabe der Längen einzelner Verfahrenseinheiten dargestellt. Die verwendete 50 mm Plastifizier-schnecke ist 2-gängig ausgeführt, was sich in vergangenen Versuchsreihen positiv auf die Stabilität der Förderrate ausgewirkt hat. Die beiden zur Verfü-gung stehenden Einzugsschnecken besitzen jeweils einen Außendurchmesser von 70 mm und sind ebenfalls 2-gängig ausgeführt. Sie dienen ausschließlich zur Feststoffförderung und führen den verdichteten Feststoffstrom nach dem Ende der Einzugszone innerhalb eines Übergangsbereiches auf die Plastifizier-schnecke. Die Förderrate der Plastifizierschnecke wurde entsprechend der erwarteten Aufschmelzleistung der Plastifizierhülse ausgelegt. Da die maximale Aufschmelzrate durch den prototypischen Einsatz der Plastifizierhülse noch nicht exakt bestimmt werden konnte und der Aufschmelzbereich im Vergleich zu konventionellen Extrudern extrem kurz ist, wurde die Geometrie der Plastifizierschnecke für eine etwa halbierte Förderrate gegenüber einer Standardschnecke für Polyolefine ausgelegt. Die verwendeten Einfüll- und Einzugszonen sind axial genutet ausgeführt und luftgekühlt. Nach der 6D langen Mischzone wurde bei den Versuchen ein Drosselwerkzeug eingesetzt, mit dem der Werkzeuggegendruck flexibel einzustellen war.

4 ERGEBNISSE

Zunächst wurde das Betriebsverhalten zweier unterschiedlicher Einzugsschneckengeometrien untersucht, wobei diese sich im Wesentlichen durch eine innen glatte bzw. axial genutete Oberfläche unterscheiden. Als Versuchsmaterial diente zunächst ein PE-LD (Lupolen 2420D der Fa. Basell) mit einer MFR von 0,25 g/10 min (190 °C/2,16 kg). Es wird angestrebt, den Plastifizier- und Mischvorgang mit einer möglichst geringen Drehzahl der Plastifizierschnecke zu erreichen, um einen energetisch optimalen Extru-sionsprozess zu erzielen. Dazu muss im Gegenzug die Drehzahl der Einzugsschnecke soweit erhöht werden, dass der erwünschte Massedurchsatz durch die höchstmögliche Förderrate bei möglichst niedriger Betriebsdrehzahl der Plastifizierschnecke gefördert wird. Abweichend zu dieser in der Praxis anzuwendenden Regel wurden in den Versuchen zunächst die maximalen Förderraten des Extrusionskonzeptes untersucht. In Bild 7 sind dazu die erreichten Massedurchsätze und Förderraten in Abhängigkeit der Drehzahl der Plastifizierschnecke dargestellt.

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Bild 7: Plastifizierleistung in Abhängigkeit der Einzugsschneckengeometrien

Die Versuche wurden dabei jeweils so durchgeführt, dass die Einzugs-schneckendrehzahl bei konstanten Drehzahlen der Plastifizierschnecke bis zu einer verfahrenstechnisch maximalen Grenze erhöht wurde. Worin diese Grenzen bestehen, wird im weiteren Verlauf für spezifische Betriebspunkte erläutert. Durch Variation der Schneckengangsteigung besitzt die glatt ausgeführte Einzugsschnecke eine höhere Förderrate als die genutete.

Der Durchsatz der innen genuteten Einzugsschnecke liegt dabei jedoch in allen Betriebspunkten verglichen zur innen glatten Einzugsschnecke höher. Zum einen begründet sich dieser Unterschied in der höheren Förderrate der Plastifizierschnecke, da sich das Volumen zwischen beiden Schnecken aufgrund der Nuten erhöht. Dieser Effekt wirkt sich jedoch nur im unteren Drehzahlbereich der Einzugsschnecke aus, da mit geringerer Drehzahldifferenz beider Schnecken die Förderrate bis null abfällt (nE=nPl). Des Weiteren konnte die Drehzahl der genuteten Einzugsschnecke bis zu einem Verhältnis nV=nPl/nE von 1 wesentlich weiter gesteigert werden als mit der glatten Ausführung. Der unstetige Verlauf der Förderrate (glatte Ausführung) im unteren Drehzahl-bereich wird durch das begrenzte Drehmoment des Antriebs verursacht. Die hohe Förderrate der glatten Einzugsschnecke in Verbindung mit den niedrigen Granulattemperaturen bei geringer Drehzahl begrenzt die Einzugsschnecken-drehzahl. Aus diesem Grund wurden alle weiteren Versuche mit der genuteten Einzugsschnecke durchgeführt.

Wie Bild 7 zeigt, fällt die Förderrate der genuteten Einzugsschnecke ab einer Drehzahl nPl von etwa 140 deutlich ab. Grund dafür ist die Überschreitung der

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maximal zulässigen Temperatur in der Einzugszone. Während bis zu diesem Betriebspunkt ein Drehzahlverhältnis von fast nV=1 erreicht werden konnte, musste dieses im weiteren Verlauf bis auf nV=0,78 abgesenkt werden, um ein Aufschmelzen des Materials in der luftgekühlten Einzugszone zu verhindern. Mit dem Abfall der Förderrate geht somit ein Anstieg der Schmelzetemperatur einher, der jedoch auch bei einer Drehzahl nPl von 300 1/min unterhalb der maximal zulässigen Grenze liegt, Bild 8.

Bild 8: Förderrate und Massetemperaturen in Abhängigkeit der Einzugs-schneckengeometrien

Wie in den Bildern 7 und 8 deutlich wird, gelingt es im realisierten Prototyp nicht, die Förderrate für das verwendete LD-PE mit steigender Drehzahl nPl aufrecht zu halten. Der Einsatz einer modifizierten Einzugszone oder ein umgestalteter Nutenauslauf und Durchmesserübergang würden es jedoch aller Voraussicht nach erlauben, die Plastifizierleistung des Systems weiter zu erhöhen. Gestützt wird diese These durch Versuche mit einem zweiten Material, einem PE-LLD der Fa. Dow (DOWLEX NG5056G, MFR 1,1 g (190°C/2,16)), Bild 9.

Hier gelingt es im gesamten untersuchten Drehzahlbereich, die Einzugs-schneckendrehzahl nE bis zu einem Verhältnis von nV=1 zur Plastifizier-schneckendrehzahl nPL zu erhöhen. Die Temperatur in der Einzugszone blieb dabei deutlich unterhalb der Schmelztemperatur des Materials, wodurch, abgesehen von Schwankungen, eine nahezu konstante Förderrate erreicht wurde.

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In Bild 9 sind zum Vergleich Ergebnisse früherer Arbeiten mit dem KoAx-Extruder ohne Schmelzetrennung und einem 24D Einschneckenextruder (50 mm, Barriereschnecke) dargestellt [4]. Bereits mit dem KoAx-Extruder konnte die Förderrate im Vergleich zum Einschneckenextruder in Abhängigkeit des Betriebspunktes um bis zu 35 % angehoben werden.

Bild 9: Förderrate verschiedener Extrusionskonzepte (PE-LLD)

Bild10: Plastifizierschneckendrehzahl und Massetemperatur in Abhängigkeit des Durchsatzes

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Während dort jedoch ein Abfall der Förderrate mit Anstieg der Drehzahl nPl beobachtet wurde, gelingt es nunmehr, die Förderratensteigerung von 35 % über dem gesamten Drehzahl-bereich aufrecht zu erhalten.

In Bild 10 sind die Drehzahlen der Plastifizierschnecken sowie die Masse-temperaturen des KoAx-S-Truders und des Einschneckenextruders in Abhängigkeit des Massedurchsatzes vergleichend dargestellt. Es wird deutlich, dass die Drehzahl nPl bei gleichem Durchsatz zum Einschneckenextruder stark verringert werden kann. Für einen Durchsatz von 183 kg/h ist eine Reduzierung der Plastifizierschneckendrehzahl von bis zu 95 1/min möglich. Dies entspricht einer Abnahme von über 30 %. Gleichzeitig sinken die Massetemperaturen in Folge der erhöhten Förderraten und die geringe eingebrachte Dissipations-leistung bei niedrigeren Schneckendrehzahlen. Trotz dieser Voraussetzungen konnte auch hier ein Anstieg der Massetemperatur mit steigender Schnecken-drehzahl nPl nicht gänzlich verhindert werden. Dazu wäre eine Anhebung der Förderrate mit steigender Drehzahl nPl notwendig, was mit dem gegenwärtigen Design der Einzugsschnecke nicht möglich war. Nach eigenen Einschätzungen leistet insbesondere mit steigender Drehzahl das eingesetzte 4-fach-Wendelschermischteil (6D) einen gewichtigen Beitrag zur Erhöhung der Schmelzetemperatur. Diesbezüglich sind Maßnahmen in Vorbereitung, um den Mischprozess bei hohen Schneckendrehzahlen zu optimieren. Ziel dabei ist eine hohe Mischqualität unter möglichst geringem Eintrag dissipativer Energie in die Schmelze zu erreichen. Nach eigenen Einschätzungen sind dazu neuartige Geometrien von Schnecken und Mischteilen zu entwickeln, die den besonderen Anforderungen schnell drehender Schnecken gerecht werden.

Ergänzend zu den Versuchsergebnissen sind in Bild 11 die Massedruckverläufe an verschiedenen Messstellen des Extruders in Abhängigkeit der Plastifizier-schneckendrehzahl dargestellt. Die Darstellung belegt, dass der Druck P1 im Zylinderabschnitt nach Einzugszone selbst bei Plastifizierschneckendrehzahlen von 300 1/min (270 kg/h) übliche Werte genuteter Systeme nicht überschreitet. Der höhere Druck P2 im Ringspalt belegt einen wirksamen Druckaufbau der Plastifizierschnecke bis zum Beginn der Schmelzetrennung. Der Druckgradient zwischen P2 und P3 bestätigt zudem die Annahme einer konstanten Aufschmelzrate entlang der Plastifizierhülse. Die zuvor beschriebene Notwen-digkeit zur Untersuchung alternativer Mischelemente wird durch den hohen Druckgradient P3 zu P4 von max. 150 bar deutlich, der durch das gegenwärtig eingesetzte Wendelschermischteil verursacht wird. Insbesondere bei der kurzen Verfahrenseinheit des KoAx-S-Truders muss dabei eine gute Homogenisierung unter möglichst geringem Druckverbrauch bzw. geringer Einbringung dissipativer Energie sein.

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Bild 11: Druckverläufe in Extrusionsrichtung für verschiedene Drehzahlen nPl der Plastifizierschnecke (Druckverlauf in den Funktionszonen linearisiert)

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Material: Dowlex NG5056G

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5 SCHLUSSFOLGERUNGEN

Trotz verfahrenstechnischer Einschränkungen durch das Design derzeitig eingesetzter Schnecken im Einzugsbereich ist der KoAx-S-Truder in der Lage, die abfallende Förderrate mit steigender Drehzahl nPl in einem weiten Drehzahl-bereich zu kompensieren. Die Schmelzetemperaturen wurden in keinem Versuch innerhalb des untersuchten Drehzahlbereichs überschritten. Aus einer Reihe von Veröffentlichungen sind Ergebnisse bekannt, welche die Aufrecht-erhaltung der Förderrate auch für Standard-Einschnecken-Systeme belegen, doch wurden diese meist nur für einen bestimmten Materialtyp durch ein angepasstes Design von Schnecke und Einzugsbereich erreicht.

Durch die mögliche Einflussnahme auf die Förderrate durch den separaten Antrieb der Einzugsschnecke sind die hier veröffentlichten Ergebnisse auch für andere Werkstoffe zu erwarten, deren physikalischen Eigenschaften im Schüttgut variieren. Weitere Versuche sind dazu in Planung. Die Steigerung der Förderrate für die Verarbeitung von z. B. Mahlgut wurde bereits in verschiedenen Versuchsreihen belegt [4,6].

Unerwartet hoch waren in allen Versuchen die Plastifizierleistungen des Extrusionskonzeptes, betrachtet man den relativ kurzen Bereich, der bis zum Ende der Plastifizierhülse zu Verfügung steht. Auf ca. 450 mm Länge zwischen Ende der Nutbuchse und Ende der Plastifizierhülse können beispielsweise 270 kg/h PE-LLD vollständig unter Einhaltung der maximalen Schmelzetemperatur plastifiziert werden. Betrachtet man den Aufschmelzprozess im Vergleich zu einem üblichen Einschneckenextruder, Bild 12, lassen sich diese Ergebnisse auf folgende Art interpretieren.

Bild 12: Qualitative Schmelzefilmbildung

links: Standardextruder, analytisch beschrieben in [12] rechts: KoAx-S-Truder

Durch die Abführung der Schmelze aus dem Schneckenkanal in den Ringspalt verbleibt nur ein äußerst dünner Schmelzfilm an der Innenfläche der Plastifizierhülse. Es bilden sich im Schneckenkanal kein größerer Schmelzefilm und auch kein Schmelzewirbel, wie er üblicherweise in Aufschmelzmodellen

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beschrieben wird [14]. Durch den fast ausschließlichen Feststoffanteil ergibt sich ein effektiver und gleichzeitig beschleunigter Aufschmelzprozess.

Ziel weiterer Untersuchungen wird unter anderem sein, diesen Vorgang in Form eines analytischen Aufschmelzmodells zu beschreiben und abzubilden. Anhand dieser Ergebnisse soll die Leistungsgrenze eines solchen Systems bestimmt werden. Die Versuche mussten bei einer Drehzahl von nE=300 1/min aufgrund der Leistungsgrenze des Antriebs abgebrochen werden. Auch das Drehzahlverhältnis von nV=1 ließ in diesem Betriebspunkt keine weitere Erhöhung der Förderrate durch Drehzahlerhöhung der Einzugsschnecke zu. Die gemessenen Massedrücke im System und das vollständig aufge-schmolzene Material bis zu dieser Grenze lässt aber eine weitere Steigerung des Massedurchsatzes und der Förderrate zu. Dazu wird derzeit eine neue Einzugsschnecke ausgelegt, deren erhöhte Förderrate eine Leistungs-begrenzung durch das Drehzahlverhältnis verhindert. Des Weiteren sind Versuche der Plastifizierhülse zur Schmelzetrennung in einem Standard-Einschneckenextruder vorgesehen. Im Vergleich zu früheren Untersuchungen wird die Förderrate der Plastifizierschnecke durch eine neue Schnecken-geometrie erhöht, da frühere Einschätzungen der Plastifizierleistung weit übertroffen wurden. Anhand dieser Ergebnisse soll eine gesicherte Auslegung der Plastifizierhülse möglich sein, die einerseits genügend Oberfläche zur Plastifizierung bereitstellt und des Weiteren eine definierte und optimierte Lochanzahl/-geometrie zur Schmelzeabfuhr enthält.

6 LITERATUR

[1] Wortberg, J. Innovative Konzepte für Einschneckenkonzepte – bessere Effizienz und Qualität

,SKZ-Fachtagung “Neuigkeiten in der Extrusion“, 28/29 Juni 2006, Würzburg

[2] Stieglitz, H.; Schneider, F.

Das 36D Verfahrenskonzept eröffnet neue Potenziale in der Rohrextrusion

VDI Fachtagung „Der Einschneckenextruder von Morgen“, 15/16 November 2006, Baden-Baden

[3] Roth, M. Entwicklungsstand der Hochgeschwindigkeits-extrusion - erfolgreiche Anwendungen

VDI Fachtagung „Der Einschneckenextruder von Morgen“, 15/16 November 2006, Baden-Baden

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[4] Rahal, H. Alternative Methoden zur Feststoffförderung und Plastifizierung in der Extrusionstechnik

Dissertation, Universität Duisburg-Essen, 2008

[5] Kaczmarek, D. Feststoffförderung und alternative Plastifizierung bei der Extrusion

Dissertation, Universität Duisburg-Essen, 2004

[6] Michels, R. Verbesserung der Verarbeitungsbandbreite und der Leistungsfähigkeit von Einschneckenextrudern

Dissertation, Universität Duisburg-Essen, 2005

[7] Potente, H.; Pohl,T.

Simulation and Analyses of the Polymer-Pellet-Flow in the first section of a single screw

Antec2001, Proceedings of the 59th Annual Technical Conference, Vol. XLVII, Dallas, USA

[8] Potente, H.; Pohl,T.

Theory for the description of the polymer pellet flow out of the hopper into the first section of a single screw

International Polymer Processing XVII (2002) 1, Carl Hanser Verlag, München, S 11-21

[9] Potente, H.; Pohl,T.

Analyses of the polymer-pellet-flow into the first section of a single screw, Antec 2002

Proceedings of the 60th Annual Technical Conference, Vol. XLVIII, San Francisco, USA

[10] Pohl, T. Entwicklung schnelldrehender Einschneckensysteme für die Kunststoffverarbeitung auf Basis theoretischer Grundlagenuntersuchungen

Dissertation, Universität GH Paderborn, 2003

[11] Michels, R. Verfahrensvarianten und Besonderheiten bei der Regeneratverarbeitung

VDI Seminar „Der Einschneckenextruder“, 27/28 April 2006, Bad Dürkheim

[12] Barr, R. Extruder screw with internal axial bore for melt transport

EP 1057612 A1, Anmeldetag: 24.05.1999

[13] Potente,H. Ernst, W. Schlottmann, R. Reckert, F

Kostengünstiges Konzept zum Aufschmelzen von Thermoplasten

Kunststoffe 2/2005, S. 36-39

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Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 1 18

[14] Schöppner, V. Verfahrenstechnische Auslegung von Extrusionsanlagen

Habilitationsschrift, Univerisität-GH Paderborn, 2001

Stichworte:

KoAx-S-Truder, Extrusion, alternatives Plastifizierkonzept, koaxial, Feststoff-Schmelze-Trennung, Förderrate, Durchsatz, Massetemperatur, Aufschmelz-leistung

Keywords:

KoAx-S-Truder, extrusion, alternative plasticizing concept, coaxial, solid material melt separation, throughput rate, output, melt temperature, plasticizing capacity

Autor/author: Prof. Dr.-Ing. J. Wortberg Dipl.-Ing. M. Großmann Institut für Produkt Engineering Konstruktion und Kunststoffmaschinen Universität Duisburg-Essen Lotharstr. 1 47057 Duisburg

E-Mail-Adresse: [email protected] Webseite: www.uni-due.de/kkm/ Tel.: +49(0)203/379-3252 Fax: +49(0) 203/379-4379

Herausgeber/Editor: Europa/Europe Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gottfried W. Ehrenstein, verantwortlich Lehrstuhl für Kunststofftechnik Universität Erlangen-Nürnberg Am Weichselgarten 9 91058 Erlangen Deutschland Phone: +49/(0)9131/85 - 29703 Fax.: +49/(0)9131/85 - 29709 E-Mail-Adresse: [email protected]

Amerika/The Americas Prof. Prof. h.c Dr. Tim A. Osswald, responsible Polymer Engineering Center, Director University of Wisconsin-Madison 1513 University Avenue Madison, WI 53706 USA Phone: +1/608 263 9538 Fax.: +1/608 265 2316 E-Mail-Adresse: [email protected]

Verlag/Publisher: Carl-Hanser-Verlag Jürgen Harth Ltg. Online-Services & E-Commerce, Fachbuchanzeigen und Elektronische Lizenzen Kolbergerstrasse 22 81679 Muenchen Tel.: 089/99 830 - 300 Fax: 089/99 830 - 156 E-mail-Adresse: [email protected]

Beirat/Editorial Board: Professoren des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik/ Professors of the Scientific Alliance of Polymer Technology

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