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zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,,weltgeseflschaft " ,2ao5, s. gg-119 Die,, Entdeckung" der Weltgesellschaft Entstehung und Grenzen der Weltgesellschaftstheorie The"Discovery" of WorldSociety Emergence and Limits of the Theory of WorldSociety Jens Greve und Bettina Heintz Univeßität Bielefeld,Fakultät für Soziologie,Universitätsstraße 25, D-33615 Bielefeld E,mail: [email protected]; [email protected] Zusammenfassung: Der Aufsatz untersucht die ,,Mehrfachentdeckung" der'Weltgesellschaft durch Niklas Luhmann, Peter Heintz sowie durch John Meyer und seine Schule. In einem ersten Teil wird gezeigt, an welche sozialwissenschaftli- chen Vorläuferdiskussionen die Weltgesellschaftstheorien anknüpfen: einerseits an die Theorien des internationalen Sys- tems (u.a. Kaplan, Riggs, Parsons und Lagos) und andererseits an die kritische Rezeption der Modernisierungstheorie, die sich in der Dependenz- und WeJtsystemtheorie vollzieht. Der zweite Teil des Aufsatzes stellt die drei rüTelrgesell- schaftstheorien dar und arbeitet ihre gemeiniamen Annahmen heraus. Diese unterscheiden die l7eltgesellschaftspeispeli- tive nicht nur von früheren Ansätzen, sondern auch von der gegenwärtig prominenten Globalisierungsforschung, Ers- tens teilen alle drei \üTeltgesellschaftstheorien die Vorstellung, dass im Laufe der historischen Entwicklung ein umfassen- der globaler Zusammenhang entstanden ist. Zweitens bildet dieser globale Zusammenhang eine eigenständige Form der Sozialorganisation. Damit erschließt sich die Soziologie ein grundlegend neues Untersuchungsobjekt. Drittens zeichnet sich die Weltgesellschaft durch nicht-reduzierbare Strukturmerkmale aus. Viertens unterstellen rüüeltgesellschaftstheorien ,,Makrodetermination", d. h. alles, was in der Welt stattfindet, ist als Folge dieser '!üelt zu begreifen. Eine lerzte Gemein- samkeit liegt fünftens in der Übertragung des Gesellschaftsbegriffs aufglobale Zusammenhänge. In einem abschließen- den Abschnitt zeigen wir, in welcher'STeise die makrosoziologisch konzipierten rüTeltgesellschaftstheorien durch einc mi- krosoziologische Perspektive sinnvoll emeitert werden können. Summary: This article analyzes the "parallel discovery" of world society by Niklas Luhmann, by Peter Heina, and by John Meyer and his school. The first section ofthe article scrutinizes two central traditions in the social sciences to which their world society theories refer, namely the theories of the intemadonal system (Kaplan, Riggs, Parsons, and Lagos among ot- hers) and the critical discussions ofmodemization theory which lead to dependence theory and world system theory. In the second section the three conceptions ofworld society are described in detail, )7e argue that world sciety theories are mar- ked by five common assumptions which distinguish wodd society theory from previous theories and also from currently prominent globalization research. First, world society theories assrme that in the course of history one encompassing wodd society has emelged. Second, this soc.ietydenotes an independent form of social reality which, accordingly, pr.ovidesa new obiect for socio.logy.Third, this obiect is marked by irreducible properties. Fouth, world society theories assume "macro determination," i.e. they consider occurrences in the word society as a consequence of world society. Fifth and finally, they apply the notion of society at the global level, In the concluding section we suggest complernenting the macro-sociological outlook of woild society theory with a micro-sociological perspectrve. Die Bindung des Gesellschaftsbegriffs an den Natio- nalstaat hat lange Zeit verhindert, die soziale Welt in ihrer Gesamtheit als Einheit und eigensrändigen Untersuchungsgegenstan d zu denken. Ansätze daztr gab es zwar immer wieder, aber offensichtlichfiel es schwer, den letzten Schritt zu tun und den globalen Zusammenhang als etwas zu begreifen, das mehr und etwas anderesist als die Summe der National- staaten und deren Beziehungen. Die Schwierigkeit, diesen Ebenenwechsel zu vollziehen, dokumentiert ein Band, der 1.980 erschienen ist und in dem Beiträ- ge aus der Schule der lüüeltsystemtheorie von Imma- nuel Wallerstein, aber auch dje ersten world-p<llity- Aufsatze von John Meyer und seinem Stanforder I(reis versanlmeltsind (Bergesen 1980b). Albert Bergesen plädiert in seiner Einleitung für ei- nen doppelten Perspektivenwechsel - für eine Ver- schiebung des Analysefokus von der nationalen auf die globale Ebene und für einen grundlegenden $Techsel des Erklärungsmodells (Bergesen I980a). Anstatt globale Strukturen auf die Nationalsta aten und ihre Beziehungen zurückzuführen, sei der glo- bale Zusammenhang in Durkheimscher Weise als eigenständiger und kausal wirksamer Wirklich-

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zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,,weltgeseflschaft " ,2ao5, s. gg-119

Die,, Entdeckung" der WeltgesellschaftEntstehung und Grenzen der Weltgesellschaftstheorie

The "Discovery" of World SocietyEmergence and Limits of the Theory of World Society

Jens Greve und Bettina HeintzUniveßität Bielefeld, Fakultät für Soziologie, Universitätsstraße 25, D-33615 BielefeldE,mail: [email protected]; [email protected]

Zusammenfassung: Der Aufsatz untersucht die ,,Mehrfachentdeckung" der'Weltgesellschaft durch Niklas Luhmann,Peter Heintz sowie durch John Meyer und seine Schule. In einem ersten Teil wird gezeigt, an welche sozialwissenschaftli-chen Vorläuferdiskussionen die Weltgesellschaftstheorien anknüpfen: einerseits an die Theorien des internationalen Sys-tems (u.a. Kaplan, Riggs, Parsons und Lagos) und andererseits an die kritische Rezeption der Modernisierungstheorie,die sich in der Dependenz- und WeJtsystemtheorie vollzieht. Der zweite Teil des Aufsatzes stellt die drei rüTelrgesell-

schaftstheorien dar und arbeitet ihre gemeiniamen Annahmen heraus. Diese unterscheiden die l7eltgesellschaftspeispeli-tive nicht nur von früheren Ansätzen, sondern auch von der gegenwärtig prominenten Globalisierungsforschung, Ers-tens teilen alle drei \üTeltgesellschaftstheorien die Vorstellung, dass im Laufe der historischen Entwicklung ein umfassen-der globaler Zusammenhang entstanden ist. Zweitens bildet dieser globale Zusammenhang eine eigenständige Form derSozialorganisation. Damit erschließt sich die Soziologie ein grundlegend neues Untersuchungsobjekt. Drittens zeichnetsich die Weltgesellschaft durch nicht-reduzierbare Strukturmerkmale aus. Viertens unterstellen rüüeltgesellschaftstheorien

,,Makrodetermination", d. h. alles, was in der Welt stattfindet, ist als Folge dieser '!üelt

zu begreifen. Eine lerzte Gemein-samkeit liegt fünftens in der Übertragung des Gesellschaftsbegriffs aufglobale Zusammenhänge. In einem abschließen-den Abschnitt zeigen wir, in welcher'STeise die makrosoziologisch konzipierten rüTeltgesellschaftstheorien durch einc mi-krosoziologische Perspektive sinnvoll emeitert werden können.

Summary: This article analyzes the "parallel discovery" of world society by Niklas Luhmann, by Peter Heina, and by JohnMeyer and his school. The first section ofthe article scrutinizes two central traditions in the social sciences to which theirworld society theories refer, namely the theories of the intemadonal system (Kaplan, Riggs, Parsons, and Lagos among ot-hers) and the critical discussions ofmodemization theory which lead to dependence theory and world system theory. In thesecond section the three conceptions ofworld society are described in detail, )7e argue that world sciety theories are mar-ked by five common assumptions which distinguish wodd society theory from previous theories and also from currentlyprominent globalization research. First, world society theories assrme that in the course of history one encompassing woddsociety has emelged. Second, this soc.iety denotes an independent form of social reality which, accordingly, pr.ovides a newobiect for socio.logy. Third, this obiect is marked by irreducible properties. Fouth, world society theories assume "macrodetermination," i.e. they consider occurrences in the word society as a consequence of world society. Fifth and finally, theyapply the notion of society at the global level, In the concluding section we suggest complernenting the macro-sociologicaloutlook of woild society theory with a micro-sociological perspectrve.

Die Bindung des Gesellschaftsbegriffs an den Natio-nalstaat hat lange Zeit verhindert, die soziale Weltin ihrer Gesamtheit als Einheit und eigensrändigenUntersuchungsgegenstan d zu denken. Ansätze daztrgab es zwar immer wieder, aber offensichtlich fiel esschwer, den letzten Schritt zu tun und den globalenZusammenhang als etwas zu begreifen, das mehrund etwas anderes ist als die Summe der National-staaten und deren Beziehungen. Die Schwierigkeit,diesen Ebenenwechsel zu vollziehen, dokumentiertein Band, der 1.980 erschienen ist und in dem Beiträ-ge aus der Schule der lüüeltsystemtheorie von Imma-

nuel Wallerstein, aber auch dje ersten world-p<llity-Aufsatze von John Meyer und seinem StanforderI(reis versanlmelt sind (Bergesen 1980b).Albert Bergesen plädiert in seiner Einleitung für ei-nen doppelten Perspektivenwechsel - für eine Ver-schiebung des Analysefokus von der nationalen aufdie globale Ebene und für einen grundlegenden$Techsel des Erklärungsmodells (Bergesen I980a).Anstatt globale Strukturen auf die Nationalsta atenund ihre Beziehungen zurückzuführen, sei der glo-bale Zusammenhang in Durkheimscher Weise alseigenständiger und kausal wirksamer Wirklich-

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90 Zeitschr i f t für Soziologie, Sonderheft , ,Weltgesel lschaft . " ,2005, S. B9-119 Jens Creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdecl<ung" derWeltgesel lschaft 91

keitsbereich zu begreifen ,,that has its own laws of

motion, that, in turn, deterrrr ine the social, poli t i-

cal, and economic reali t ies of the national societies

i t encompasses" (Bergesen 1980a: x i i i ) . Ahnl ich

unterscheidet Robert l-. Bach zwei Jahre später

zr,vischen drei Typen von Theorien: der Moderni-

sierungstheorie, die die Nationalstaaten als unab-

hängige Entitäten konzipiert und deren Außenweit

nicht in den Blick nimmt; der Dependenztheorie,die zwar die (Abhängigkeits-)Beziehungen zwi-

schen den Ländern in den Mittelpunkt rtickt, aber

den globalen Gesamtzusammenhang (noch ) nicht

als eigenständigen XTirklichkeitsbereich begreift;

und schließlich die \Weltsystemtheorie von Immanu-

el \Tallerstein, die den von Bergesen geforderten

Ebenenwechsel konsequent vollzieht (Bach 1 982l-

hnplizit gehen Bergesen und Bach von einem ,,star-ken" Ernergenzbegrr{f aus. \il/ährend die Soziologie

in der Regei bereits dann von Emergenz spricht,

wenn die Makroebene Eigenschaften aufweist, die

auf der Mikroebene nicht vorhanden sind, beinhal-

tet der stärkere Emergenzbegriff der Philosophie

die zr-rsätzliche Annahme, dass die Makroeigerr-

schaften irredr-rzibel, d.h. nicht auf die Mikroein-

heiten und ihre Beziehungen zurückführbar sind(ugl. B. Heintz 2004).1 Genau dies behaupten Ber-

gesen und Bach in Bezug auf die globale Ebene. Die

These einer kreduzibilität globaler Strukturen ist

gleichzeitig mit der Annahme verbunden, dass im

Prinzip sämtliche sozialen Prozesse und Einheiten

als Folge dieser emergenten globalen Strukturmerk-male aufzufassen sind. Im Anschluss an die philoso-

phische Emergenzdiskussion bezeichnen wir diese

Annahme als Makrodetermination bzw. downward

causation (vgl. terminologisch ähnlich \7endt 2003).

Bergesen und Bach sprechen zwar nirgends von

\Teltges ellschaft und tendieren ähnlich wie \Val-

lerstein dazu, \(elt mit \X/eltwirtschaft gleichzuset-

zen) davon abgesehen formulieren sie jedoch die

Grundprämissen einer soziologischen \X/eitgesell-

schaftstlreorie: I . Die Entdeckung des globalen Zu-

rDas philosophische Emergenzkonzept, das vor allerr-r in

der Philosophie des Geistes und in der \Tissenschaftsphi-

losophie entwickelt wurde, kor-nbiniert zwei Annahmen,

die in der Regei als unvereinbar angesehen werden: Mi-

krodeterrl iniertheit und epistemologische Irreduzibil i tät.

Emergente Phänomene sind zwar durch die Prozesse auf

der Mikroebene determiniert, aber dennoch ist es nicht

möglich, sie vollständig auf diese zurücl<zuführen. So gese-

hen ist Bewusstsein eine emergente Eigenschaft des Ge-

hirns, die zwar durch neurophysiologische Prozesse deter-

miniert ist, aber dennoch nicht reduktiv erklärbar ist.

Danrit grenzt sich Emergenztheorie von reduktionisti-

schen wie auch von dualistischen Positionen ab.

sammenhangs ul, ,r.u.s und eigenständiges Unter-

suchungsobjekt. 2. Die Vorstellutrg, dass die

globale Ebene Eigensch aften aufweist, die sich von

denjenigen der sie konstituierenden Einheiten und

Prozesse unterscheiden und auch nicht ar-rf dies e zu-

rückftihrbar sind (Ernergenzthese). 3. Die Annah-

rne, dass die globalen ,,sozialen Tatsachen" kar-rsal

wirksam sind und ar-rf die tiefer liegenden Einheiten

und Prozesse einwirken (Makrodetermination),

und 4. die Auffassung, dass 'sfeltgesellschaftsana-

lyse einen makrosoziologischen Bezugsrahmen er-

fordert.

Bergesens Band erschien 7980 und karn in gewisser'Weise

in doppelter Hinsicht ztt spät. Denn erstens

war die von ihm geforderte ,,globology" bereits ei-

nige Jahre fr'üher unabhängig voneinander von drei

Alltoren entwickeit worden: in der systemtheor:eti-

schen 'VTeltgesellschaftstheorie

von Niklas Luh-

mann, die er erstmals 1,971. formulierte (Luhlnann

1975 11971'l), in der Weltgesellschaftstheorie von

Peter Heintz, die im l(ontext der Entwicklungs-

soziologie entstanden ist (u.a. P. Heintz 1'974,

1,976, 1982a), und in der world-polity-Theorie von

John Meyer, die in Auseinandersetzung mit der'\)Teltsystemtheorie

von Wallerstein entwickelt wur-

de und einen deutl ich modernisierungstheoreti-sclren Hintergrund hat (r.t.

". Meyer et al. 1977 ,

Meyer 1980, Boli Bennett 1980) . Zweitens waren

die Annahmen der \X/eltgesellschaftstheorien nicht

so neLl, wie sie uns heute erscheinen mögen. Blickt

man weiter zurück, stel l t man fest, dass einiges von

dem, was sie zu einem theoretisch konsistenten Bitd

zusammenfägten, bereits früher formuliert worden

war) wenn auch fragmentarisch und verstreut auf

unterschiedliche Diskussionskontexte. Auf diese

Vorläuferdiskr-rssionen gehen wir in einem ersten

Abschnitt ein. Wir beziehen uns hier auf zwei Dis-

kussionsstränge, an die die X7eltgesellschaftstheo-rien auf ie unterschiedliche

-!7eise anknüpfen: auf

die in den Politikwissenschaften entwicl<elte Theo-

rie des internationalen Systems und auf die Iftitik

an der Modernisierr-rngstheorie, die im Rahrnen der

Dependenztheorie sowie in \X/al lersteins'Weltsys-

tem-Theorie formuliert wurde. Die \X/eltgesell-

schaftstheorien waren nicht nur durch diese Vorläu-

ferdiskussionen geprägt, sondern auch durch die

aktuellen polit ischen Debatten, die zur gleichen

Zeit auf den internationalen Bühnen ausgetragen

wurden. Verfolgt man den Wandel der sozialwis-

senschaft l ichen Diskussion seit den 5Oer Jahren, so

lässt sich eine erstaunliche Parallele zur ent-

wicklungspolitisclren Diskussion im Rahmen der

einschlägigen internationalen Organisationen fest-

stel len. lVir können darauf nicht svstematisch ein-

gehen, werden aber punktuell ar-rf diesen parallellaufenden polit ischen Diskurs verweisen.

Die Rekonstn-rktion des Diskursraumes in den 50erund 60er Jahren dient dazu, die theorerischen Ent-scheidungen der \ü/eltgesellschaftstheorien deutli-cher hervortreten zu lassen. Auf diese Entscheidun-gen gehen wir in einem zweiten Abschnitr ein, indem wir die drei Theorien vorstel len. Daran an-schließend werden die Annahmen der Weltgesell-schaftstheorie(n) noch einmal zusammengefasstund mit der Globalisierungstheorie konrrastiert. Ineinem abschließenden dritten Teil diskutieren wireinige Beschränkungen und Probleme, die sich ausden genannten Annahmen ergeben. Die Weltgesell-schaftstheorien haben der Soziologie zw^r ein neuesUntersuchungsobjekt erschlossen, die von ihnen ge-troffenen theoretischen Entscheidungen haben je-

doch auch zu einer Verengung auf eine str ikr ma-krosoziologische Betrachtung globaler Prozessegefährt. Die Variabilität und Revgrsibilität globalerVergesellschaftungsprozesse lässt sich unter den ge-wählten Prämissen kar-rm mehr fassen. Um dieseVerengung aufzubrechen, gehen wir in Analogie zuLuhmanns Strategie, das Erwartbare zunächst alsunwahrscheinl ich zu betr:achten (Luhmann 1981),davon aus, dass die Herausbildung globaier Ord-nungsstrukturen ein unwahrscheinliches Ereignisist und fragen Lrns anschließend, unter welchen Be-dingungen es dennoch d,azu kommt.

l . Die Theor ie des internat ionalen Systemsund der Weg von der

Modernisierungstheori e zur Theorie desWeltsystems

Die in den 70er Jahren entwickelten \üTeltgeseil-

schaftstheorien sind zwar durch LrnterschiedlicheTheoriekontexte geprägt, dennoch teilen sie eineReihe von Grundannahmen (ugi. Einleitr-rng). !iliewir in diesem Abschnitt zeigen, wurden viele derIdeen, die sie zu einer neuen, ,,globalen" Soziologieverknüpfen, bereits früher formuliert, wenn aucherst zögerlich und nicht immer konsistent. \ü/ir stel-len irn Folgend en zwei Theorietraditionen vor, dieft ir die Entwicklung der'Süeltgesellschaftsrheorienwichtig waren: die in der Politikwissenschaft ent-wickelte Theorie des internationalen Systems unddie kritische Aneignung der Modernisierungstheo-rie im Rahmen der Dependenzschule und der

'Wal-

lersteinschen Weltsystemtheorie.2 Für die \üelt-

2 Ein dritter Diskussionsstrang ist dierungsdiskussion, die damals vor al lem

fr i ihe Global is ie-unter dem ßegriff

gesellschaftstheorien der 7\er Jahre stel len dieseDiskussionen einen Ideenpool dar, aus dem sie sichauf unterschiedliche rWeise bedienen.

1. Die Theor ie des internat ionalen Systerns

Die Übertragr-rng des Geseilschaftsbegr:iffs auf dieglobale Ebene ist keine Erfindung der rX/eltgesell-

schaftstheorien der 70er Jahre, sondern findet sichbereits früher, und zwar vor al lem in den Rechts-wissenschafren. Beispielhaft dafär sind etwa Ger-hart Niemeyer (1,941,), der von einer ,,society ofstates" spricht, oder George x(/. I(eeton und GeorgSchwarzenberger, die bereits 1939 eine weltweite

,, internationarle Gesellschaft" konstatieren (Keeton/Schwarzenberger 1939: 29). Diese Annahme i,virdin der Folge von Schwarzenberger r,veiter aus-gebaut. Eine ,, internationale Gesellschafr" ist fr irihn eine Gesellschaft, die aus mindestens zwei I(ol-lek t i ven bes teh t , d ie un tere inander in rege lmäßi -gem l (ontakt stehen (Schwarzenberger 1.951: 25).Heute Lrmspanne die internationale Gesellschaftdie gesamte \üZelt und sei deshalb, so Schwarzen-berger, eine ,,world society" (Schw arzenlterger1,9 51: 26) .3

Schwarzenberger wählt seinen Gesellschaftsbegriffin Anschluss an die Tcinnies'sche Tiadit ion(Schwarzenberger 1,951.: 12; vgl. ähnlich auch l(ee-ton/Schwarzenberger 1939: 28f .). Aus seiner Sichtberuht die'Gesellschaft l ichkeit der: \ü/eltgesellschaft

auf der wechselseitigen Abhängigkeit der verschie-denen Gruppen, und das Bindr-rngsprinzip istMacht: ,,Modern international society is a reali tyfor the reason that in it groups co-exist rn'hich areboth interdependent and independent of each other.

[.. . ] The bond that holds world society together isnot any vague community of spir i tual interests. I t ispower" (Schwarzenberger 19 51: 251). Schwarzen-

der ,,Transnationalisierung" gefuhrt wurde r.rnd her-rteweitgehend vergessen ist; vgl. etwa Inkeles 1.975,I(aiser1969, Nye/l(eohane 1971, Ivloore 1966, E,tzioni 1963.Wir können auf diese Diskussion nicht weiter eingehe n.'r Die Tatsache, dass es zunächst die Rechtswissenschaftensind, die zurnindest versuchsweise von,, 'Weltgesellschaft"bzw. ,, internationaler Gesellschaft" sprechen, ist kein Zu-fal l , sondern eine paradoxe Folge der rechtswissenschaft l i-chen Tradit ion, Recht und Staatbzw. Recht und nationaleGesellschaft zusammenzudenken. Die Beolrachtung, dasssich ein transnationales Recht herausbildet, lässt folgl ichdie Frage aufkommen, ob diesem Recht eine ,,internatio-nal society" odcr sogar eine ,,world society" entspricht;vgl. dazu Teubner 1996,Buzan 1,993, Cutler 1991', Buffer-field/Wight 1,966.

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92 Zeitschrif t für Soziologie, Sonderheft ,,Weltgesellschaft" , 2OO5, S. 89-119 Jens Creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdecl<ung" der wel tgesel lschaft

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berger übertr:ägt zwar den Gesellschaftsbegriff auf

die globale Ebene, im Gegensatz zu den \üTeltgesell-

schaftstheorien der 70er Jahre ist sein Erklärungs-

modell jedoch reduktionistisch: Die Struktur-merkmaie der ,,world society" werden auf die(Macht-)Beziehungen der sie konstituierenden (na-

tionalen) Einheiten zurückgeführt.a Trotz dieserVorgaben wird der \Weltgesellschaftsbegriff in derFolge nur noch selten verwendet. Ein Grund dafürliegt darin, dass die konventionelle Gemeinschafts-/Gesellschafts-Unterscheidung eine neue Deutung er-fahrt. Im Gegensatz zur Tönnies'schen Traditionrvird ,, Gesells chaft" nun mit normativer Integrationassoziiert (etwa X7irth 1948). Dies hat zur Folge,dass Weltgesellschaft nicht mehr als Realität, son-dern bestenfalls als ein Projekt betrachtet wird.

,,Weltgesellschaft" ist aus dieser Sicht ein noch her-zustellen der Zustand, und das wiederholt vorgetra-gene Ar:gument lautet, dass es bislang keine gemein-samen Normen und Sfertvorstellungen gibt, diediese globale Weit hinreichend integrieren könn-ten .5

Die Übertragung des Gesellschaftsbegriffs ar-rf dieglobale Ebene ist damit zunächst blockiert. Gleich-wohl wird Ende der 50er Jahre mit dem l(onzeptdes ,,internationalen Systems" ein theoretischesModell formulie rt) an das die späteren \ü/eltgesell-

schaftstheorien anknüpfen können. Entscheidendfür diese Entwicklung war Morton A. I(aplan, derim Rückgriff auf die allgemeine Systemtheorie (v.a.

Ashby 1,9 52) den Begriff des internationalen Syt-tems in die politikwissenschaftliche Diskussion ein-ftihrt und dieses als eigenständige und ir:reduzibleSysternebene begreift (l(aplan 1957).u Im Anschiussan Parsons, den er allerdings nicht expiizit erwähnt,definiert I(aplan das internationale System als ein'Handiungssystem, das durch eine spezifische l(on-figuration ausgewählter Variablen charakterisiertist und mit seiner Umwelt in Austauschbeziehungen

o Vgl. ähnlich ,auch Mathisen, der im Anschluss an

Schwarzenberger ebenfalls von einer ,,world society"

spricht und diesen Begriff vom Konzept. der ,,internationalsociety" abgrenzt Im Gegensatz zur ,,international socie-

ty" berücksichtige der Begriff der ,,world society" auch

niclrt-staatl iche Akteure (Mathisen 19 59: 36ff ., I48ft.).5 Vgl. z.B. Arndt/Everett 195L, Carlston 1962: 66, Cor-

bett 195 Lz 40 und Mander 1948.6 Der Begriff des internationalen Systems findet sich auch

bei Morgenthau, aber das dahinter liegende Erklärungs-

modell ist reduktionistisch. Im Einklang mit cler im Sinne

der polit ischen Theorie,,realistischen" I(onzeption von

Schwarzenberger wird die Struktur des internationalen

Systenrs auf die (Macht-)Beziehungen zwischen National-

staaten zurückgeführt (vgl. Morgenthau 19 54: 25).

stöht. Im Zentrum steht die Frage, unter welchenBedingungen das System seine Stabil i tät bewahrt(ugl. I(apian 1957:4). Neben dem internationalenSystem unterscheidet I(aplan nationale und supra-nationale, aber auch Persönlichkeitssysteme, die erals Subsysteme des internationalen Systems be-greift. Die verschiedenen Systemtypen stehen zuei-nander in (asymmetrischen) Austar-rschbeziehun-gen, ohne jedoch aufeinander reduzierbar zu sein.

,,The international system is the most inclusive sys-tem treated by this book. National and supranatio-nal systerls are subsystems of the international sys-tern. They ffiäy, however, be treated separately as .

systems, in which case inputs from the internationalsystem would function as parameters" ( l(aplan

1957: 12). Ihplan geht zwar davon aus, dass derEinfluss der nationalen Subsysteme auf das interna-tionale System zvm gegenwärtigen Zeitpunkt grö-ßer ist als r-rmgekehrt (upward causation), erschließt jedoch nicht aus, dass sich die Einflussrich-tung im Sinne einer dctwnward causation auch um-kehren kann (ugl. auch Brecher 1,963).

In der Politikwissenschaft wird die Frage nach derReichweite des Systemansatzes bald intensiv dis-kutiert. Kontrovers ist z.B. die Frage, ob ein sol-chermaßen deduktiver Ansatz fär die Analyse inter-nationaler Beziehungen überhaupt geeignet sei.'Ein weiterer, ftir unse ren Zusammenhang relevante-rer Diskussionsstrang betrifft die Frage, ob sich derSystemb egriff ,, der ursprüngiich nur auf National-staaten angewendet wurde, äberhaupt auf intetna-t ionale Beziehungen übertragen lässt (ugi. u.a.Carlston 1962: 66, Hoffinann 1959: 360). Einge-wandt wird vor al lem, dass Merkmale, die für Na-tionalstaaten konstitutiv sind - eine zentrale Regie-

fung, eine verbindliche Rechtsordnr-rng und einstaatliches Gewaltrnonopol -, im Falle des interna-tionalen Systems fehlen oder nur rudimentär aus-gebaut sind. Dieser Einwand ist der Ausgangspunktfür Fred \7. Riggs, der 1961. in einem einflussrei-chen Aufsatz wesentliche Vorarbeiten ftir die späte-ren'Weltgesellschaftstheorien leistet (Riggs 1'961,).Riggs konzedi ert z\var, dass zwischen der nationa-len und der internationalen Ebene Unterschiede be-stehen, er macht aber gleichzeitig darauf aurfmerk-sam, dass es auch Staaten gibt, darunter viele

,,neue" Staaten, die die genannten Merkmale nichtaufweisen. Damit hebelt er die Kritik am Begriffdes internationalen Systems erfolgreich aus. Offen-sichtlich lässt sich der Systembegriff auch auf Enti-täten anwenden, die weder über eine politische

Woff'ra'rr 1gs9 und abwägend Singer

Ordnung mit Gewaltmonopol noch über ein ausdif-ferenzierres Rech tssystem verfügen.

In der Folge entwickelt Riggs ein differenzierungs-theoretisches Modell, das drei Typ..t von Sysremenunterscheidet. Das gegenwärtige internationale Syr-tem bezeichnet er als ,,prismatisches" System undinterpretiert es als übergangsstadium, das zwischenzwei Gesellschaftstypen liegt, die er als ,,fused" und,,refracted" bezeichnet: ,,!fe may speak of a systenlfor which a single structure perforrns all the neces-sary functions as a fused rnodel, using the tennino-logy of light. At the opposite end of this scale is arefracted society in which , f.or every function, a cor:-responding structure exists. Traditio nal agriculrr-rraland folk societies (Agraria) approximare the fusedrnodel, and modern industrial societies (Industria)approach the refracted model. The former is'function ally diffllse', the latter'functionally speci-fic'. Intermediate between these polar extremes isthe prismatic model, so callbd because of the prismthrough which fused l ight passes ro become re-fracted" (Riggs 1961,: 149).8 Fesrzuhalten sind vor:allem drei Überleglrngen, die die Argumenrarionvon Riggs für die späteren Weltgesellschaftsrheo-rien anschlussfähig machen. Erstens ist das interna-tionale Systern fär Riggs ein welrweites System(Riggs 1,961: 151). Zweitens geht er davon aus,dass sich das internationale System nicht nur, wie inden Politikwissenschaften üblich, als ein ,,inrer-state-system" beschreiben lässt. Vielmehr ist es einkomplexes System mit Staaten, Individuen und Or-ganisationen als Einheiten. Drittens beschränktRiggs den Begriff des internationalen Systems nichtauf die politische Sphäre, sondern dehnr ihn auf an-dere Bereiche aus: ,,What emerges is not a rnodelfor world politics, but rath er a ,holistic' or rotalpicture of world affairs - perhaps a ,macro sociery'- which might be studied in rerms of i ts poli t ical,economic, social, and ideological aspecrs" (Riggs1961.: 181). Obschon er den Begriff der l7elrgesell-sclraft nicht explizit verwendet und srarrdessen dieBeze ichnung, ,macro soc ie ty " wäh l t , hä t te e rebenso gut von ,,sfeltgesellschaft" sprechen kön-,rat.9

Die meisten politikwissenschaftlichen Auroren zie-hen es jedoch vor, weiterhin den Begr:iff des interna-

8 Die Unterscheidung zwischen Agraria und Industriaübernimmt Riggs von lVlodelski (1961,). Die These, dasssich das internationale Systenr als ein primitives sozialesSystem verstehen lasse, f indet sich auch bei Alger 1963,Masters L964, Modelski 1961 und Easton 1959:236.e Andere, wie etwa Modelski (1961: 1.20), sprechendurchaus von einer ,,world society".

tionalen Systems zu verwenden. Dies gilt auch fürTalcott Parsons, der zwar die internationale Ord-nungsebene als soziales System interpretiert (unddamit den Begriff des internationalen System erheb-lich weiter fasst als die Politikwissenschaftler), denGesellschaftsbeg riff aber für nationale Gesellschaf-ten reserviert. l0 Ahnlich wie im Falle des National-staats setzt soziale Ordnung für Parsons auch aufinternationaler Ebene gemeinsame Iü/erte voraus,die in Normen spezifizier:t sind und qua Institutio-naiisierung und Internalisierung zum Bestand dessozialen Systems beitragen. Aus seiner Sichr hat sichseit dem 2. \üTeltlcr:ieg ein weltweit akzeptierter'Vfertkomplex

herausgebildet, dessen l(ern die Mo-dernisierung bildet (Parsons 1,969b: 305f.). Moder-nisierung, verstanden als wirtschaftliches \X/achs-

tum und politische Unabhängigkeit, ist für Parsonsein äbergeordneter $7ert, der von allen Ländern -

Regierungen wie Bevölkerungen - geteilt wird, un-abhängig von ihrer Blockzugehörigkeit. Die Spal-tung der \Welt in verschiedene politische Lager istinsofern eine Erscheinuflg, die ffotz ihrer offen-sichtlichen l(onflikthaftigkeit auf eine gemeinsameWertorientierung verweist. Diese \Tertorientierunglrabe ihren Ursprung zwar in der westlichen l(ultur,sie stelle heute aber ein weitgehend konsensual ak-zeptiertes Orientierungsmuster dar (ugl. Parsons1964: 390, Parsons 1969b: 305). Parsons schließtzwar an die Modernisierungstheorie der 50er Jahrean) er betont jedoch stärker als diese den

'Wertcha-

rakter der Modernisierung und damit auch dieRelativität der Deutung der Velt in Termini vonModernisierungs- resp. Entwicklungsnnterschieden(Parsons 1,967: 477; vgl. ähnlich auch Nett l /Robert-son 1966 sowie Anm. 19).

In Analogie zur nationalen Ebene begreift Parsonsdas internationale System als ein Schichtungssys-tem, nur sind die Einheiten in diesem Fall Nationenund die Ordnungsdirnension ist der Modernisie-rungs- bzw. Entwicklungsgrad. tX/ahrend die inter-nen Klassenspannungen in den westlichen Ländernzu einer Transnationalisierung der entsprechendenpolitischen Bewegungen geführt hätten, sei in denheutigen unterentwickelten Ländern eine nationa-l ist ische Deutung des Problems zu beobachten, in-

r0 'Sfir beziehen uns im Folgenden vor allern auf zwei Auf-

sätze, die ursprünglich 1961, erschienen sind und in denen

sich Parsons aus einer konfl iktsoziologischen Perspektive

eingehend mit dem Probiern der internationalen Orcl-

nungsbildung befasst (Parsons L967, 1969b). Sie gehören

zu den wenigen Texten, in denen Parsons das internatio-

nale System zum Gegenstand macht. Ein weiterer Bertrag,

der wesentlich an Parsons (1967) anknüpft, ist Parsons( I e 6 4 ) ,1961.

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94 Zeitsch rift f ür S ozi ologie, So n d e rh eft ,, Weltgese l f sc h a ft", 2oo5 . s. B9-1 1 9

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Jens Creve und Bett ina Heintz: Die , ,EntdeckLrng" derWeltgesel lschaft 95

dem die interne Ungleichheit externalisiert, d. h. aufdie internationale Ungleichheitsstruktur zurück-geführt und in den Rahmen des Ost-West-l(onfliktsgestel l t werde.l 1 D.h. hinter der Konkur renz derBlöcke steht für Parsons ein Konflikt, der sich ausdem Schichtungscharakter des internarionalen Sys-tem ergibt: der Osr-tVesr-I(onflikr ist ftir ihn gleich-zeitig ein Gegensatz zwischen den ,,rhave' and ,havenot' nations", in dem letztere versuchen, mit ers-teren gleichzuziehen (Parsons 1967: 471ff .). Mil i tä-risch sei dies dem Ostblock gelungen, in ökonomi-scher Hinsicht jedoch nicht. Die Deurung der Weltin Terrnini von zwei politischen Lagern verdeckezwa\ dass es jenseits der Blöcke ein gemeinsames\X/ertsystem gibt, gleichzeLtig diene sie jedoch auchder Spannungsreduktion. Die sozial ist ische ldeo-logie sei als ein Versuch zu sehen, die moralischeÜberlegenheit eines alternativen Enrwicklungspfa-des zu behaupten und dadurch die Spannung zu re-duzieren, die sich aus dem Vergleich mit den erfolg-reichen westl ichen Ländern ergebe (Parsons L967:485). Anders als die meisten seiner I(ollegen zu die-ser Zeit hat Parsons den gemeinsarnen \Vert derModernisierung - und nicht den Ost-West-I(onflikt

als konstitutives Merkmal des inrernationalenSystems angesehen. Mehr noch: Die stabiie Spal-tung der \ü7elt in einen westlichen und einen kom-rnunistischen Block, die Parsons als Zwei-Parteien-systefir auf der Ebene des internationalen Systemsdeutet, und die Institutionalisierung eincr drirtenPartei - des Lagers der Blockfreien - war für ihn ne-ben der Entwicklung des Völkerrechts und derEtablierung der UNO ein Zeichen dafür, dass sicheine internationale normative Ordnung heraus-gebildet hat (Parsons 1969b: 302).

Angesichts der Tatsache, dass Parsons die integrati-ven Mechanismen betont, und sogar von einer,,emergent world comm unity" spricht (Parsons1,967:471), stel i t sich die Frage, weshalb er den Ge-sellschaftsbegriff ledigiicir auf Nationalstaaten an-n'endet, nicht aber auf das internationale Systern. Ei-ne explizite Rechtfertigung hierfür findet sich beiParsons nicht. In seinen Uberlegungen zum Gesell-schaftsbegriff (ugl. v.a. Parsons L966, Parsons 1971)bindet Parsons die Verwendung des Gesellschafts-begriffs an das Iftiteriurn der Selbstgenügsamkeit:,,In defining a society, we may use a criterion which

rr Parsons (1.967: 476f .) weist in diesem Zusammenharrgdarauf hin, dass die internationaien Konflikte bislang nichtreligiös gedeutet wurden, was aber nicht ausschließe - unddamit nirnmt er eine wichtige Entwicklung vor\ /eg -, dassder gegenwärtige

'$Tertkonsens in Zukunft durch religiöse

Ideologien überlagert und letztlich auch zerctört werdenkönne.

i: 'goes back at least to Aristotle. A society is a type ofsocial system, in any universe of social systems,which aftains the highesr level of self-sufficiency asa system in relation ro its environments. (.. .) Thecore of a society, as a system, is the patterned nor-mative order through which the life of a populationis collectively organized" (Parsons 1966: 9f .)."Selbstgenügsamkeit bedeutet also einerseirs I(on-trolle äber die Umweltbedingungen, andererseirs,und das steht im Weiteren irn Vordelgrund, internenorrnative Integration. Ein soziales System istm.a.W. nur dann als Gesellschaft zu qualifizieren,wenn eine für ihre Mirgl ieder verbindliche normari-ve Strr,rktur exisriert, die auch effektiv durchgesetztwerden kann. Dies erforderr eine Institutionalisie-rung der Normen im Rahmen eines Rechtssystemsund eine Zentralgewalr, die in der Lage ist, die nor-mativen Verpflichtungen innerhalb eines Territori-ums zu kontrol l ieren und bei Abweichung zu sank-tioni'eren: ,,Hence, there can be no certainty ofimplernentation of a normative order, unless theemployment of physical force can be control led -

and controlled within a territorial area - becauseforce must be applied ro the object in the placewhere it is located" (Parsons 1969b:295; vgl. auchParsons 1966: 1 .7 , 1 .971: 8 , 10) .\ü7ährend diese Bedingungen für Parsons im Falleder Nationalstaaten gegeben sind, isr dies auf inter-nationaler Ebene (noch) nicht der Fall, auch wenner, Lrnter Hinweis auf das Völkerrecht, die UNOund ein entstehendes,,privates" transnationalesRecht, eine Tendenz zur Institutionalisierung vonglobalen Normen konstatierr (1.967: 47\ff .). So ge-sehen erscheint Parsons' Ver:rneidung des Gesell-schaftsbegriffs letztlich empirische, nicht prinzipiel-le Gründe gehabt zu haben (vgl. auch 1969b:297).Unter der Vcrraussetzung einer weitergehenden In-stitutionalisierr-rng weltweit geltender Normen undder Entstehung einer globalen Zentralagentur miteffektivem Sanktionspotenrial wäre es frir ihn ver-mutl ich denkbar gewesen, das internationale Sys-tem als Weltgesellschaft zu bezeichnen und denGesellschaftsbegriff von seiner nationalsraarlichenI(onnotation zu lösen. 13

12 , ,urnwelt" bezieht s ich hier auf die Umwelr des al l -gemeinen I{andlr"rrrgssystems, I(ultur, Persönlichkeit undVerhandl l lngsorganismus, die, ,u l t imate real i ty" und die, ,physikal isch-organische Umwelt" (Parsons 1966: 9).Nach der Einfährung der ,,human condirion" wärc nochdas menschlich-organische System hinzuzufugen (Parsons1e78).r3 In diese Richtung weist auch folgende überlegungPar-sons' zum Gesellschafrsbegriff: ,,The rop of rhis hierarchyI vorr Systern-Subsystem-Beziehr-rngen, Zusatz durch unsl is

Parsons' Texte zvfi7 internationalen System lassensich als eine Verbindung zwischen der Theorie desinternationalen Systems und der Modernisierungs-theorie lesen. Expiizit wird dieser Zusarnmenhangvon Gustavo Lagos hergestellt, der in seinern 1963erschienen Buch,,International Stratif ication andUnderdeveloped Countries" den Begriff des inter-nationalen Systems mit der Entwicklungs- und Mo-dernisierungsfrage verknüpft (Lagos 1963,1,962).Lagos bezieht sich in seinem Buch auf die Ent-wicklungssoziologie von Peter Heintz und nimmtgleichzeit ig Überlegungen der Dependenzschuler-rnd der \Teltsystemtheorie vorweg, indem er diesozio-ökonomische Posi t ion der e inzelnen Länderauf die Struktur c{es internationalen Schichtungs-systems zr-rrückführt. Die von Parsons bereits an-satzweise formulierte Idee, dass sich al le Länderam'$7ert der Modernisierr-rng orientieren und nachihrem Entwicklungs- resp. Modernisierungsgradeingestuft werden; wird von Lagos weiter aus-gebaut und rnit bchichtungstheor:etischen Über-legungen verbunden. Seine l(ernthese lautet, , , fhatthe nations of the world can be considered a greatsocial system composed of different groups inte-racting and that the naticlnal groups occupy vario-us posit ions within the social system" (Lagos

1963: 6 f f . \ .

Aus Lagos' Sicht lässt sich die Posit ion der Länderim internationalen Schichtungssystem anhand vondrei Dimensionen bestimrnen: wirtschaftliche Ent-wicklung, mil i tärische Macht und Prestige (ugl.ebd. 1963: 20). Das Prestige eines Landes ergibtsich aus seiner l(onformität mit international aner-kannten \Terten wie Demokratie, Modernität undSelbstbestimmung (vgl. Lagos 1963: 140). Das in-ternationale System selbst zeichnet sich durch dreiStrukturmerkmale aus: 1. Die I(oexistenz von for-maler Gleichheit und struktureller Ungleichheit, in-dem alle Länder: politisch gesehen zwar formalgleichberechtigt sind, faktisch aber auf den drei Di-mensionen unterschiedliche Positionen einnehmen.2. Schichtung im Sinne einer systematischen Un-gleichheit zwischen entwickelten und unterent-wickelten Ländern. 3. Im Falle der Entwicklungs-länder eine wachsende Diskrepanz zwischen demformalen und dem faktischen Status mit der Folgeeines relativen Statusverlusfs. Lagos verwendet da-

the concept of societl ' , which is the highest-order concretesystem of intera* ion t reated ( including the possibi l i ty ofan emergent ,wor ld society ' )" (Parsons 1,961:43). Für eineweitere Verwendung des V/eltgesellschaftsbegriffs, aller-dings in einern unterminologischen ZusarnLnenhang; vgl.P a r s o n s 1 , 9 6 9 a : 2 8 5 .

fär den Begriff der ,,atimia" (ugl. ebd. 7963:22ff.). Lagos halt zwar am Begriff des inrernario-nalen Systems fest, er reformuliert das ursprüng-l iche l(onzept jedoch in zweierlei Hinsicht. Zumeinen sind die polit isch-mil i tärischen Machtdiffe-renzen, die im poiit ikwissenschaft l ichen Begriffdes internationalen Systems eine zentrale Rolle spie -

len, nur noch eine Dimension neben anderen . Zumandern verbindet er das I(onzept des internationalenSystems rnit dem in den 50er Jahren einsetzendenEnrwicklungs- bzw. Modernisierungsdiskr-rrs undfügt damit die beiden Diskussionsstränge zlrsammen,die die Entwicklung der \üTeltgesellschaftstheorien

vorbereiten.

2 . D ie Modern is ie rungs theor ie und ih re

kr i t ische Weiterentwicklung: Dependencia

und Weltsystemtheorie

l:

2.1 Modern isierungstheorie

Die Modernisierungstheorie entstand Enclc cler 40er

Jahre und bildete bis Mitte der 60er Jahre die domi-nante makrosoziologische Orientierung. la Die Be-schäftigung mit Fragen der Modernisierung war ansich nichts Neues. Im Rahmen der historisch oderevolutionstheoretisch argumentierenden Soziologie,man denke etwa an Max !7eber oder Emile Durk-heim, war Modernisierr-rng, wenn auch nicht unterdiesem Begriff, schon immer ein prominentes The-ma (Moore 1 966). Neu war aber, dass die Moder-nisierungsfrage systematisch auf nicht-westlicheGegenwartsgesellschaften ausgeweitet wurde. Ent-scheidend für den Erfolg der Modernisierungstheo-rie war die Verbindung, die sie mit der Entwick-lungsproblematik einging. I 5 Modernisierung r-r n d

ra Für Überblicke vgl. Flora'1974, Huntington 1977,Knöbl 200| Lepsius 1,977, Mansil la 1,978, Zapf 1975.Der ,,Gründungstext" ist Levy 1949.l ' t Im polit ischen Rahr-nen wurde ,Entwicklung' innerhalbkürzester Zeit zu einem Leitkonzept für clie De trtung dertVelt. I)ies zeigt sich nicht zuletzt an der semantischenI(ar:r iere der entsprechenden Begriffe:,,Unterentwicl<-lung" und ,,Dritte $Zelt" sind Begriffe, die erst Ende der40er Jahre Einzug in den polit ischen Diskurs halten, clanrtaber mit unschlagbarem Erfolg; vg\. zur BegriffsgeschichteArndt 1,981 und Pletsch 1981. Escobar (1999) spricht indiesem Zusaurmenhang von einer ,, invention of develop-ment" und rneint damit, dass das l(onzept der: E,ntwick-lung in kürzester Zeit zu einem ,,lnasterframe" rvurdc, derdie gesellschaftliche Optik bis Ende der 7)et Jahre unge-brochen prägte.

'vflir können auf diese politische Diskus-

sion hier nicht näher eingehen.

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96 Zeitschrift fur Soziologie, Sonderheft ,,Weltgesellschaft" ,2005, S. B9-119 Jens creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdeckung" der weftgesel lschaft 97

Entr,vicklung wurden schon in kurze r Zeit zu prak-tisch synonymen Begr:iffen. Gleichzeirig fielen dieGrenzen, die die akademische Soziologie in der Re-gel vom politischen Geschäft fernhalten: Für kurzeZeit wurde die Soziologie in bislang nie gekannrem(und auch nie wieder erreichtem) Maße ,,prak-tisch". Soziologen wurden von ihren Universitätenbeurlaubt, um als Repräsentanten der UNO oderihrer Regierungen Entwickiungsländer planerischzu beraten und dort die Sozialwissenschaften auf-zubauen (ugl. u. a. Fuenzalida 1980, Gendzier1985, P. Heintz 1959).

Zu den Leitideen der frühen Modernisierungsrheo-rie gehörte die Gegenüberstellung von Traditionund Moderne. Der Gegensatz zwischen ,,moder-nen " und ,,traditionalen" Geselischaften wurdezurn Teil in psychologischen Begriffen beschrieben(rrgl. etwa McClelland 1,96I, Hagen 1,962, Inkeles1,966), zvm Teil institutionell verstanden (ugl. etwaRostow 1960, Lipset 1959). Im einen Fall hieß lvlo-dernisierung Überwindung von traditionalen Per-sönlichkeitsstrukturen, im andern Fall wurde Mo-dernisierLrng gleichgesetzt mit Industrialisierung,Urbanisierung, Bildung, Demokratisierung und derNutzung von Massenmedien. Häufig wurden beideKonzepte auch miteinander verbunden, so etwa beiLerner (1958), der institutionelle Modernisierungals Voraussetzung für die Entwicklung von ,,Empa-thie" begreift (r-rnd umgekehrt). Ahnliches gilt auchfür Arbeiten, die an Parsons' ,,pättern variables"anknüpfen und darüber den Gegensatz zwischentraditionalen und modernen Gesellschaften bestim-ffren (ugl. Levy 1952, Hoselitz 1969, Sumon 1965,Levy 1949).

Trotz der Fülle der modernisierungstheoretischenSchriften lässt sich ein Kern gemeinsamer Annah-men ausrnachen, von denen wir drei besonders he-rausstel len möchten: 1. Modernisierung wird alsein endogener Prozess verstanden, d. h. als eine Ent-wicklung, die sich aus der inneren Dynarnik dereinzelnen Länder ergibt und nicht wesenrl ich vonaußen beeinflusst ist (ugl. Porres 1976: 66, Tipps1973:212). 2. Dernentsprechend sind es die einzel-nen Länder, die die Analyseeinheit bilden. DieTatsache, dass diese in ein umfassendes System ein-gebettet sind, wird kaum thematisiert. 3. Moderni-sierung wird als eine notwendige und irreversiblePhasenfolge beschrieben, der universelle Gült ig-keit zukommt. Im Zuge ihrer Modernisierungdurchläuft jede nationale Gesellschaft die gleichenPhasen in gleicher Reihenfolge. Dies führt zu Kon-vergenz und Homogenisierung: Sofern sie den Zu-stand der Modernität erreichen, werden aile Län-der am Ende durch ähnliche kulrurel le Leitbi lder

r.rnd Institutiorr.r, geprägt sein (ugl. Hr-rntington197! t '2B8f f . ) . r6

Nach einer kurzen Blütezeit gerät. die klassischeModernisierungstheorie in den 60er Jahren unterzunehmende Krit ik, die zurn Teil innerhalb der Mo-dernisierungstheorie selbst formuliert und zum Teilvon außen an sie herangetragen wird. Die intenreIftidk setzt an drei Punkten an.t'Der erste betrifftdie Unterscheidung von Tradition und Moderne.I(ritisiert wird insbesondere die Annahme, dassTradit ion und Moderne notwendig in einem l(on-flikt zueinander stehen und sich die einzelnenLänder entlang dieser Dimension trennscharf von-einander abgrenzen lassen. Zweitens führen Moder-nisierungsprozesse nicht notwendig zu einer ein-heitlichen Gestalt. Vielmehr erzeugen die jeweiligenhistorischen Prozesse unterschiedliche Interpreta-t ionen dessen, was Modernität und Tradit ionalitätirn Einzelfal l bedeuten (ugl.Huntington 1971:

293ff ., Eisensta dr 1973, Gusfield 1967).18 Der drit-te lftitikpunkt ist wesentlich mit dem Namen vonReinhard Bendix verbunden und bezieht sich aufdie Endogenitätsannahme der frähen Modernisie-rungstheorie und ihr:e Vorstel lung, dass Modernisie-rung in al len Ländern weitgehend gleich abläuft.Inr Gegensatz dazu betont Bendix die Pfadabhän-gigkeit von Modernisierungsprozessen. Moderni-sierung kann sich in seinen Augen schon deswegennicht tiberall auf gleiche \ü/eise vollziehen, weil sieunter jeweils andern historischen Bedingurngenstaftf indet (vgl. Bendix 1.967: 324ff.). Wahrend dieModernisierungsprozesse in Europa weitgehend en-dogen verursacht wurden, ist dies heute in dennicht-westlichen Gesellschaften nur noch bedingtder Fall. Die bereits modernisierten Gesellschaftenstel len ft ir diese,,Nachfolgergesellschaften" eineBezugsgröße dar, an denen sie sich orientieren (vgl.Bendix 1967:331). Hier t r i f f r s ich Bendix sowohlmit Parsons' Vorstel lung von Modernisierung als ei-nem welrweit angestrebten, aber in unterschiedli-cher Weise verwirklichtem

'Werr, wie auch mit Gus-

tavo Lagos (1963: 56;vgl. auch 130): ,,The existenceof developed nations acts as a reference group forthe underdeveloped countries. The interaction in astratified system makes these nations appeat as ,mo-

16 Mit seinem Konzept cler ,,strukturellen Isomorphic"schließt Meyer später an diese Konvergenzvorsrellung an.17 Zs auf diese Kritiken reagierende Umbauten der ur-sprünglicherr Modernisierungstheorie vgl. Binder ct al.(197L), Knöbl (2001), $üehler (1975),Zapf (1,975:220ff .).t8 Vgi. auch die \X/eiterentwicklung in Eisenstadts Konzeptder multiplen Moderne (Eisenstadt 2000a, Eisenstadt2000b) .

deis'whose very high status creates imitation and at-traction."19

2.2 Dependenztheorie

s7ährend Gusfield, Bendix, Eisenstadt und anderedas modernisierungsrheorerische paradigma gleich-sam von innen her zu transformieren suchen, ent-steht Mitte der 60er Jahre mit der Dependenz-schu-le eine sicht ar-rf das Enrwicklungsproblem, die sichvon der klassischen Modernisierungstheorie gnrnd-särzlich unterscheidet und vor dem Hintergrunclder ausbleibenden nachholenden Entwicklung vie-ler staaten versfanden werden muss. Im Gegensatzzur Modernisierungstheor:ie, die vorwiegend in denusA entwickelt wurde, entsteht die Depend enz-theorie in Lateinamerika und in engem Austauschmit entwicklungspolitischen Gremien.

viele soziaiwissenschaftler, die an der Entwicklungder Dependenzi'heorie wesenrlich beteiligt waren -z.B. Celso Furtado, Osvaldo Sunkel, FernandoHenrique Cardoso und Enzo Falleto - , waren engmit der comisidn Econ6mica para Am6rica Latina(CEPAL) verbunden. Die CEPAL ist eine UN-Kom-mission für Lareinamerika, die l94g gegrüncletwurde und auf die lateinamerikanischen Länder ei-nen beträchtlichen Einfluss hame. Ihr Leiter, derWirtschaftswissenschafter Raril Prebisch, ging vonder Beobachtung aus, dass die \x/irtschaftsbeziehun-

gen zwischen Industrie- und Entwicklungsländernfür letztere durch eine verschlechterung der termsof trade gekennzeichnet sind. Die produktivitäts-gewinne bei der Herstellung von Industriegütern,die in den industrialisierten Ländern (dern Zen-

1e vgl. in cliesem zusamme'hang auch Nettl/Robertson(1966), d ie äh' l ich wie Parsons dafür plädieren, Moder-nisierr,rng resp. Entwicklung nicht zu reif izieren, sonclernals ein kontingentes kulturelles Modell anzusehen. IhreArgumentat ion ist in zweier le i Fl insicht aufschlussreich.zum einen zeigt der Text, dass die von ihner verrrerene,,kul tural ist ische" Perspekt ive, d ie später von Roberrsonweiter ausgebaut wird, damals keineswegs selbstver-ständlich rn'ar. Die Argurnentation hatte sich gegen Mo-delle durchzus etzen) die Entwicklungsd ifferenzen als ob-jekt ive strukturrarsachen begr i f fen. zum andern lassensich die Arbeiten von heute aus gesehen als vorläufer derkulturalistischen lr)Zende in der Entwicklungsdebame le_sen, die in den 80er Jahren einsetzr. sowohl in c ler aka-demischen wie auch in der pol i t ischen Diskussionkommt es zu einer , ,Dek'nstrukt ion" des Entwicklungs-model ls mit der Folge, dass die von Nett l u 'd RobertsLnerst zögerlich behauptete Kontingenz des Moder:nisie-rungs- und E'rwicklungsrnodel is deut l icher s ichtbarwird; vgl . Escobar 1,999,Manzo 1991, Banur i 1990.

trum) erzielt wurden und diese Gürer dort billigerwerden ließen, füirrten nicht dazu, dass sie im Han-del mit den Rohstoff exporrierenden Ländern (derPeripherie) für letztere ebenfalls günstiger wurden.D.h. die in den Industrienationen durch technologi-schen Fortschritt erzielten Preisvorteile wurdennicht an die Rohstoff exporrierenden Nationen wei-tergegeben.2o Aus dieser Beobachnrng leitete pre-bisch die Ernpfehlung ejner Import substituierenden\x/irtschaftspolitik ab,, um von den Lnporren höher-wertiger Industriegütern aus den Industrieländernunabhängig(er) zu werden. Bis in die 60er Jahrestellte die Politik der Importsubstitution den pro-grammatischen l(ern der lateinamerikanischen\x/irtschaftspolitik dar. Mit der zeit wurde jedochzunehmend deutlich, dass dieses Programm geschei-tert war. Es ist dieser I(ontext, in dem die Depen-denztheorie entstand.

Bei aller Vielfalt der enrwickelten positionen liegtihr gemeinsamer Nenner in der übe'rahme vonPrebischs unterscheidung von zentrum und peri-pherie sowie in der Annahme, dass sich die wirt-schaftlichen Bedingungen und Prozesse in den bei-den Regionen wesenrlich unterscheiden (vgl. Love1990). Im vergleich zur CEPAL beurteilten die De-pendenztheoretiker die Möglichkeit, die peripherestellung durch eine kapitalistische Entwicklung imInnern zu überwinden, aber wesentlich skeptischer.zudem bezweifelten sie, dass die narionalen Elitenüberhaupt an einer überwindung der'abhängigensituatio' ihrer Länder interessiert sind.21 Entspre-chend steht fär die Dependenztheorie das problemder Abhängigkeit im Vordergrund sowie die Frage,ob und wie Entwicklung trotz dieser Dependenzmöglich ist. Die klassisch gewordene Definitionvon Abhängigkeit stammr von Theodonio Dos San-tos: ,,IJnter Abhängigkeit verstehen wir eine Situa-rion, i' der die wirtschaft bestimmrer Länder be-dingt ist durch die Entwicklung u'd Expansion der

20 Prebisch gelangt damit zu einer Einschärzung, die derRicardoscl'ren These der komparativen preisvorteile ent-gegengesetzt isr (ugl. Prebisch i,959: v.a. 261ff., ar.rch1949). Dieselbe These wird kurz nach prebisch und u'ab-hängig von diesem auch von singer enrwickelt, weshalbsie als Prebisch-Singer-These in die ökonomische Diskus-sion eingegangen ist; vgl. Love "i980, Maneschi 1983.21 Eine der Dependenztheorie verwandre position enr-wickelt samir Amin (2.8. 1973) ftir Afrika. An hnperialis-mustheo'ien und die Depender-rzschule schließen die Ar-beiten von Galturrg (1,966,1971) und senghaas (1981) an.In dieser

-lradition stehen auch die Arbeiten von Gantzel

und Röhrich, die den \x/eltgesellschaftsb egri{f aufnehmen,bei Gantzel (1973,1975) undefiniert, bei Röhrich (1978:144) als Ausdrr,rck der das Ganze bestimmenden prodr,rk-tionsweise.

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98 Zeitschrift für soziologie, sonderhefl ,,Weltgesellschaft" ,2oo5, s, B9-119 Jens creve und Bett ina Heintz: Die ,,Entdeckung" der Weltgesellschaft 99

Wirtschaft eines anderen Landes, der sie unterwor-fen ist" (Santos 1973:243).

Die Dep endenztheorie ist jedoch keine einheitlicheDoktrin. Ihre Vertreter unterscheiden sich nicht nurhinsichtlich ihrer Nähe zum Marxismus (vgl. Man-si l la 1,978: 58, Love 1990), sondern vor al lem auchdanach, wie sie den Zusammenh ang zwischen Ab-hängigkeit r-rnd Unterentwicklung beschreiben.lfährend Andr6 Gunder Frank und Samir AminAbhängigkeit ausschließlich auf den ungleichenTausch zurückftihren (Frank 1967, Arnin 1973), ar-gumentieren andere wie etwa Sunkel, Cardoso, undFalemo, dass Abhängigkeit aus einem

'Wechselspiel

von internen und externen Faktoren resultiere (Sun-kei 1973: 260, Cardoso/Faletto 1979; vgl. auchCardoso 1977: 14). Es sind nicht bloß die unglei-chen Tauschbedingr-rng€n, sondern auch die jeweili-gen Klassenkonstellationen, die inrernen regionalenDisparitäten und Produktionsbedingungen, die fürdie Abhängigkeit verantwortlich sind (ogl. Boeckh1985: 65, Roxborough 1979: 44). Schließlichherrscht auch keine Einigkeir darüber, ob Entwick-lung tTotz Abhängigkeit möglich ist. rX/ährend bei-spielsweise Cardoso und Faletto davon ausgehen,dass es eine abhängige Entwicklung geben kann, isrdies für Frank nicht denkbar (ugl.Frank 1969b,Frank 1969a)

Die Dependenztheorie verstehr sich selbst als Ge-genprogramm zur Modernisierungstheorie und denaus ihr abg^eleiteten entwicklungspolirischen E*p-fehlunge n.22 Ihre Kritik beziehi sich insbesondereauf die Endogenitätsannahrne der Modernisie-rungstheorie und ihre Kontr:astierung von traditio-nalen und modernen Gesellschaften: ,,Selbst einebescheidene Kenntnis der Geschichte zeigt (.. .),dass die Unterentwicklung nicht ursprünglich odertraditionell ist, und dass weder die Vergangenheitnoch die Gegenwart der unrerentwickelten Länderin irgendeiner: Hinsicht der Vergangenheit der jetztentwickelten Länder entspricht. Die jetzt entwickel-ten Länder waren niemals unterentwickelt, auchwenn sie unentwickelt gewesen sein mögen. Ebensowird oft angenommen, dass die derzeitige Unrerent-wicklung eines Landes als das Pr"odukt oder die Re-flexion seiner eigenen ökonomischen, politischen,sozialen und kulturellen Besonderheiten oder Srruk-tur verstanden werden könne. Die historische Er-

22 Mit Manzo ('1991) könnte rnan allerdi'gs argu*entie-ren, dass die Dependenztheorie ietzrl ich einem moderni-sierungstheoretischen Rahmen verhaftet bleibt, da sierriclrt das zrel der Entwicklung selbst infrage stellt, son-dern nur die von der Modernisierungstheorie vorgezeich-neten \fege, es zu erreichen.

, ' fahrung zeigt jedoch, dass die zar Zeit stattf in-dende Unterentwicklung zum großen Teil dashistorische Produkt der vergangenen und andau-ernden wirtschaft l ichen und anderen Beziehungenzwischen dem unterentwickelten Satell i ten undden jetzt entwickelten Metropolen ist. lfeiterhinsind diese Beziehungen ein wesentl icher Teil derStruktur und Entwicklung des kapital ist ischenSystems in seinem gesamten rüTeltumfang" (Frank1 9 6 9 a : 3 1 f . ) .

Frank verwirft hier wie die anderen Autoren derDependenzschule nicht nur die für die Modernisie-rungstheorie zentrale Unterscheidung von traditio-nal und modern, sondern auch die Konverg enz-annahme. Der entscheidende Unterschied zurModernisierr,rngstheorie liegt aber darin, dass er dieErklärungsrichtung umkehrt. Indem er Unterent-wicklung nicht bloß ar-rf die Beziehungen zwischenden Ländern zurückführt, sondern diese selbst alsTeil eines globalen Zusarnmenhangs versteht, ent-wirft Frank eine radikal makrosozioiogische Per-spektive, die ähnlich auch von Furtado formuliertund später von'V7allerstein ausgearbeitet wird: ,,Dieals unterentwickelt bezeichneren \ü/irtschafren

(sind) Subsysteme, deren Verhalten so lange nichtganzlich zu begreifen ist, wie wir nicht Hyporhesenverwenden, die sich auf die Strukrur und Funk-tionsweise des globalen, übergeordneten Systemsbeziehen ... Daraus ergibt sich die Forderung, zuHypothesen über die Struktur des Systems als Gan-zes zu kommen (und das ist erwas ganz anderes als,internationale Beziehungen' im Sinne der tradit io-nellen Theorie)" (Furtado "J.973: 317).

2.3 Die Weltsystemtheorie lmmanuel Wallersteins

Furtados Forderung, die ,,'Welt als Ganze" in denBlick zu nehmen und sie zum Ausgangspunkt derempirischen Analysen zu machen, wird erst von Im-manuel !flallerstein konseqllent umgesetzt (vgl. zu's7alierstein

Hack in diesem Band).23 Dauon abge-sehen stimmt \flailerstein in vielen Punkten mit der:Dependenz-Schule überein: in der Kritik der Mo-dernisierungstheorie, in der Betonung des r-rnglei-

23 Neben cler l)ependenztheorie gehören zu den prägen-den Ideengebern die Annales-Schule, hier insbesondere dieArbeiten von Fernand Brar-rdel, und der Mar:xismus (vgl.Imbtrsch 1,990 L9). Dennoch ist die Nähe zur FrankschenI(onzeption unübersehbar, der entsprechend häufig eben-falls zur'Weltsystemrheorie gerechnet wird (vgl. z.B. Ber-gesen 1982). Chirot und Hall (1.982:90) gehen sogar soweit, in der

'Weltsystem-Theorie ,,merely a North Ame-

r:ican adaption of dependency theorl" ' zu sehen.

chen Tauschs ftir die Erklärung der Unrerentwick-lung und in der Einteih-rng der \Wel t in Zentrum undPeripherie.2a \,Vallerstein geht davon aus, dass diegegenwärtige V7elt als globale kapitalistische \ü/elt-

ökonornie verstanden werden muss. Diese entstandin Europa während des langen 16. Jahrhrinderrsund breitete sich dann über den gesamren Globusaus (ugl. \Tallerstein "1979a: 46, HopkinsAMaller-ste in 1979: 157,1,68f . ) . Aus seiner Sicht hat d ie ka-pitalistische !7eltökonomie frühere Formen öko-nomischer Systeme - Minisysteme r-rnd \ü/eltreiche -abgelöst und ist heute das einzig verbliebene his-torische System (ugl. lTallerstein 1 987:3 18).25

unter einem historischen System versteht \)faller-stein ein System, das ,,largely self-contained"(rWallersrein 1976a: 229) ist und sich durrch einefortgesetzte Arbeits-teilung reprodu ziert (ugl. Xfal-lerstein 1987:31,7).26 Minisysreme sind kleine, kul-turell und politisch homogene Einheiten mit einemreziproken Tausch. rü/eltreiche (world empires)zeichnen sich dagegen durch eine umfassende poli-tische Srukmr und vielfäftige Kulturen alrs, in de-nen das Zentrum Tribute vän lokalen auronomenwirtschaftlichen Einheiten forderr. !7eltökonomienschließlich sind durch eine diversifizierte poiitischeStruktur und eine kapitalistische Logik gekennzeich-net, die in einer ungleichen Abschöpfung des Mehr-werts besteht. ,,The ,world economies' are vast une-ven chains of integrated production structuresdissected by multiple political srrucrures. The basiciogic is that the accumulated surplus is distriburedunequally in favor of those able to achieve variouskinds of temp orury monopolies in the market net-works. This is a ,capitalist' logic" (rüTallerstein1 ,987:31 .7) .27

Im Gegensatz zur Modernisierungstheorie, die Enr-wicklung prirnär endogen erklärt und die umfassen-de soziale

.Welt, wenn überhaupt, nur als Summe

von Nationalstaaten in den Blick bekommt, setztWallersteins Analyse beim Veltsystem als Ganzeman. Aus seiner Sicht sind es die Strukturmerkmale

2a XTallerstein fügt alierdings noch die ,,semiperipherie"hinzu, die seines Erach.tens für die Funktionsweise cles ka-pitalistischen Systems unabdingbar ist; vgl. Wallerstein1 , 9 7 9 a : 4 8 f . , 1 , 9 7 6 a : 2 3 1 f .2s f)a die struktur der kapitalistischen öko'ornie über diepolit ische Struktur hinausreicht, ist sie schon vor ihrer glo-balen Ausbreitung fär \X/allerstein ein \Weltsystem; vgl.\X/allerste in 197 6a: 1,5 , 48 .2o Die Verwendung des Gesellschaftsbegriffs lehnt \il/aller-

stein explizit ab, da dieser wegen seiner Bindung an denStaatsbegriff zv unangemessenen Konnotarionen führe;l7allerste in'/-,9 87 : 31 Sff ., 1 985.t ' Ygl.auch Wallerstein 1979a: 35, 1. 976b: 348.

des Gesamtsystems, die die Einheiten und prozesseauf tieferer Ebene formen. ,,Es waren also das xTelr-system und nicht die einzelnen ,Geselischaften', diesich ,entwickelt ' haben. Das heißt, nachdenr sie ein-mai ins Leben gerufen worden war, wurde die kapi-talistische weltwirtschaft zunächst einmal konsol;-diert, und dann nach und nach der Einfluss ihrerGrundstrukturen auf die gesellschaftlichen prozesseinnerhalb ihrer Grenzen vertieft und erweitert"(STallerstein 1985: 85). Demenrsprechend werdendie Länder nicht mehr als autonome, vorgegebeneEntitäten betrachtet, sondern ,,as one kind of or-ganizational structure among orhers within this sin-gle social system" (\Tallerstein 1976a:7). '8 Das be-stimmende Strukturprinzip der kapitalistiscirenXTeltökonomie ist für \X/allerstein das Profitstrebenund die daraus erwachsenden Strukturen eines un-gleichen Tausches (vgl. Wallerstein 1979a: 43ff .).Entsprechend rechnet Wallerstein ähnlich wie dieDependenztheorie nicht mit einör l(onvergenz derLänder, sondern mit einer Perpetuierung oder sogarVerstärkung der strukturellen Differenzierung inzentrale' semiperiphere und periphere \üTelrregio-

nen. Die dezentrale politische Struktur des }Teltsys-tems und die Differenzierung in schwache und star-ke Staaren isr ftir ihn dabei eine Folge undVoranssetzung der kapitalistischen Logik (ugl. STal-lerste in 1976a: LLl ,230f . , !979a: 48f . ) .ze

\Tallersteins Ans atz ist aus verschiedenen Perspekti-ven infrage gestellt worden. Ifuitisiert wur:de seinauf den Täusch zentrierrer Kapitalismusbegriff, dervon den Produktionsverhältnissen weitgehend ab-sieht. X7eiter wurde ihm vorgehalten, dass er politi-sche und kulturelle Strukturen auf ökonomische Be-ziehungen reduziere oder ihnen bestenfalls einenepiphänomenalen Status einräume (ugi. Bergesen1.990, Skocpol 1.977, Hauck 1985,Imbusch 1990:39ff . , Brenner 1976, 1.977, 1,983, Chirot/Hall1982).30 Im Vergleich zu vielen Str-rdien der Depen-

28 Vgl. zur entsprechenden lGitik am Atomismus der VIo-dernisierungstheorie auch Hopkins/Wallerstein L979 : 1, 52.2e Für historische Gegenbeispiele vgl. Skocpol 1977:1085. Zum Problem einer ausbleibenden Definition vonschwachen und starken Staaten vgl. Irnlrusch 1 990: 51ff .Bergesen 1990 und Imbusch 1990:79 weisen darauf hin,dass bei \Tallerstein nicht eindeutig geklärt isr, ob der un-gleiche Tausch eine rein ökononrische Folge von Tausch-beziehungen ist ; vgl . Wal lersrein 1,979b:7 '1, ,1983: 31 (wo-bei der Gewährsmann für S7allerstein nicht Prelrisch,sondern Emmanuel ist), oder ob er erst zustande kommt,wenn es politische Einheiten gibt, die sich fär die Vcrschie-br-urg von Marktgleichgewichten insrrumentalisieren las-sen. Für diese Annahme vgl. Wallerstein 1979a:46f .30 Skocpol kritisiert an rVallerstein eine doppelte Reduk-tion: die Reduktion der ökonomischen Struktur auf den

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100 Zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,,Weltgesellschaft." ,2005, S. B9-119 Jens creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdecl<ung" der wel tgesel lschaft

denztheorie fehlt bei \Wallerstein zudem eine weiter

reichende Analyse der regionalen und strukturellen

Differenzierungen jenseits der Gliederung in Natio-

nalstaaten. Skocpol (1977: 1089) zufolge bleibt'Wallerstein

in diesem Punkt der Modernisierungs-

theorie verhaftet. Ahnlich wie diese sehe er nur die

Differen zierung in Nationalstaaten und nehme

nicht-nationale Strukturbildungen nicht ausrei-chend zur Kenntnis.

Fassen wir abschließend die Resultate dieses Ab-schnitts kurz zusammen. Schwarzenberger sprichtschon früh und explizit von \üTeltgesellschaft, seinIvlodell ist jedoch wenig elaboriert und im l(ern re-duktionistisch. In der Folge vermeiden die Theoriendes internationalen Systems zwar den Begriff der'$Teltgesellschaft,

sie nehmen aber wesentliche Uber-legungen der späteren rüTeltgesellschaftstheorien vor-weg. Dies gilt insbesondere für die makrosoziologi-sche Perspektive und die emergenztheorctischeVorstellung, dass die internationale Ebene eiue eigen-ständige und irreduzible Form der Sozialorganisa-tion biidet. Die frühe Modernisierungstheorie ver-engt dagegen den Blick wieder auf die Ebene derNationalstaaten, wenn auch in vergleichender Per-spektive. Die von Bendix und anderen vorgetrageneIftitik an einer ausschließlich endogenen Peispektiveftihrt zwar einen Schritt weiter, da nun die Beziehun-gen zwischen den Ländern in den Blick geraten, derGesamtzusammenhang wird allerdings noch nichtwahrgenommen. Demgegenüber konzeptualisierenAutoren wie Gustavo Lagos den globalen Zusam-rnenhang als ein intentationales Schiclotungssystemund repräsentieren damit bereits den zweiten Typusvon Theorien, die Bach (1,982) unterschieden hat(.'g1. Einleitr-rng). Diese schichtungstheoretische Per-spektive wird von der Dependenztheorie radtkah- .

siert. 'Während

Lagos und Parsons der Auffassungwaren, dass das internationale Schichtungssystemüber den konsensualen

'Vüert der Modernisieru ng zu-

mindest partiell legitimiert ist, wird es von der De-

Markttausch und die Reduktion der Polit ik auf die öko-nomie; vgl . Skocpol 1977: 1079, 1087. Das l (onf l ik t -potenzial zwischen Polit ik und ökonomie wird von'Süal-lerstein zwar gelegentlich notiert - ,,!fas clie Staaten zr-rvereinen suchen, reißt die Weltwirtschaft auseinander"(Hopkins/\X/allerstein 1979: 153) -, aber nicht sysrema-tisch entfaltet. Zur Diskussion r-rm die Rolle cler Kr-rltr,rrvgl. Boyn e 7990, \ffallerstein.1990a, 7990b. Ahnliche l(ri-t iken wurden gegenäber Frank vorgebracht, Auch für sei-nen Ansatz gehe, dass er iediglich den Tausch und nichtdie Produktionsbedingungen berücksichtige und dass erdie \Wirkungen von I(lassenbildungsprozcssen, von Polit ikund l(ultr-ir vollständig vernachlässige; vgl. Foster Carrer1 .976: 176.

penden2theorie als,eine Art Feudalsystem interpre-tiertr' das auf einer asymmetrischen Tauschbeziehungzwisctren den Ländern des Zentrum und der Periphe-rie beruht. Obschon die Außenwelt - als primäre Ur-sache der ,,Entwicklung der Unterentwicklung" - inder Dependenztheorie in den Mittelpunkt rtickt,wird der von Bergesen geforderte doppelte Perspekti-venwechsel (vgl. Einleitung) erst zögerlich vollzogen.

Erst in \Tallersteins Weltsystemtheorie kommt es zueinem konsequenten lfechsel von der nationalenzur globalen Ebene. Analytischer Ausgangspunktist der globale Zasammenhang, der von ihm - aller-dings verkürzt auf die Ökonomie - als eine eigen-ständige Strukturform mit eigenen Gesetzen unddeterminierender \Tirkung beschrieben wird. \ü/as

aus der Perspektive der früheren Theorien bis hinzur Dependenztheorie als Außenwelt erscheint,wird bei Wallerstein zur Innenwelt: sämtliche Ein-heiten und Prozesse sind als Binnendifferenzierun-gen des \ü/eitsystems zu begreifen. Im Unterschiedzur Theorie des internationalen Systems ist dasStrukturprinzip ein ökonomisches und kein politi-sches, r-rnd anders als in Parsons' Lesart wird diemögliche Einheit des internationalen Systems nichtüber gemeinsame \ü/erte oder Normen, sondernüber die wechselseitigen wirtschaftlichen Verflech-tungen bestimmt. Indem

'Wallerstein den globalen

Zusammenhang als eigenständigen Untersuchungs-gegenstand behandelt, hat er zwar einen entschei-denden Schritt in Richtung einer lüeitgesellschafts-theorie getan, gleichzeitig entwirft er jedoch eintheoretisches Modell, das soziologisch um einigesansprLlchsloser ist als jenes seiner Vorgänger. \ü/al-

lerstein reduziert die 'Süelt

auf nur eine Dirnensionund bleibt damit weit hinter Riggs, Parsons und La-gos zurück, die sie als komplexes, mehrdimensiona-les Gefäge konzipiert hatten.

f l . Die Weltgesellschaftstheorien der 70er

Jahre: John Meyer, Peter Heintz undNik las Luhmann

Die im letzten I(apitel dargestellten Debatten warenzwat ein wichtiger Schritt eine soziologischeTheorie der Weltgesellschaft, die den von Bergesengeforclerten doppelten Perspektivenwechsel tatsäch-lich vollzieht, wurde aber erst in den 70er Jahrenentwickelt, und zwar unabhängig voneinander vondrei Autoren. Insofern ist die ,,Entdeckung" derWeltgesellschaft ein instruktives Beispiel einerMehrfacherfindung.3t \fit gehen im Folgenden vor

31 Zu Beginn der 70er Jahre entwickelt Burton (1972) in

allem auf die frühen Arbeiten an, um auf diese \üZei-

se die l(ontinuitäten, aber auch den Bruch mit denskizzierten Theorietraditionen aufzuzeigen. DieDar:stellung ist notgedrungen selektiv und kon zen-triert sich eher auf die Gemeinsamkeiten, ansrattdie dr-rrchaus vorhandenen theoretischen Differen-zen zD akzentuieren (rrgl. als überblick über die dreiTheorien auch Wobbe 2000).

1. Weltgesef lschaf t a ls Weltkul tur :Der neoinst i tut ional is t ische Ansatz vonJohn Meyer

Die ersten weltgesellschaftstheoretischen Arbeitenvon John Meyer und seinen Mitarbeitern starnmenaus den späten 70er Jahren. Der Begriff der Welt-gesellschaft wurde damals allerdings noch kaumverwendet der Leitbegriff isr der Begriff der,,world poli ty" (Boli-Bennem 1979, Meyer- 1990,Meyer et al. 1.977, RamirezlMeyer L98q.32 Die Ar-gumentation richtet sich einerseits gegen Ansätze,die wie die klassiscire Modernisierungstheorie Na-tionalstaaten als abgeschlossene Entitäten konzipie-ren und deren

'Wandel ausschließlich endogen er-

klären, und andererseits gegen den ökonomisrnusder l7eltsystemtheorie. Mit \Tallerstein teilt Meyerdie Auffassung, dass sich jenseits der Nationalstaa-ten eine globale lf irkl ichkeit herausgebildet har,die in zunehmendem Maße die Entwicklungen inden einzeinen Ländern beeinfh-rssr. S7ährend Wal-lerstein diese globale \firklichkeit mit der kapitalis-tischen Weltwirtschaft gleichsetzt, betonen Meyerund seine Mitarbeiter die politisch-lculturelle Di-mension und sprechen deshalb in expliziter Abgren-zurng zu \Tallerstein von ,,world polity" .

Dass \Tallerstein die Kontrastfigur isr, zeigt sich be-sonders deutl ich in einem 1980 erschienenen Auf-sat4 in dem Meyer den world poliry-Ansatz zumersten Mal in programmatischer Form formr-rliert(Meyer 1980). Der Aufsatz schließt an die zu dieserZeit heftig diskutierte Frage an, ob Modernisierungam Ende zu institutioneller Homogenität oder gera-de umgekehrt zu vermehrter Diverge nz führt Wäh-rend die klassische Modernisierungstheorie eine

der Polit ikwissenschaft ebenfalls ein Modell der Welt-gesellschaft, das den soziologischen Weltgesellschaftstheo-rien in vielen Punkten nahe kommr.32 Die Weltgesellschafrstheorie von John Meyer enrsrandursprünglich im Rahnren der neo-institurionalistischenOrganisationstheorie. r,üZir können auf diese Verbindunghier nicht näher eingehen, vgl. aber Hasse/Krücken in die-sem Band.

Tendenz zur l(onvergenz posrLrliert, behauptet dieweltsystemtheorie u'achsende Divergenz, nicht nllrin öko'omischer, sondern auch in politischer Hin-sicht. Die Iftäfre des \')Teltmarkres weisen den dreiweltregionen - zentrum, semiperipherie r-rnd peri-pherie - unterschiedliche wirrschaftliche Rolle' zu,dje ihrerseits rnit unrerschiedlichen politischenStrukturen einhergehen (rrgl. Abschnitr 1.2.). DerBehauptung einer ökonomisch induzierten polir i-schen Divergenz setzt Meyer die empirische Beob-achtung entgegen, dass sich gerade im politischenBereich deutl iche l(onvergenzen -,, lsomorphien"(Meyer 1980: 115) - herausgebi ldet haben. Er ver-weist in diesem Zusammenhang zllm einen auf dasPhänomen, dass sich die Sozialform des National-staates seit dem 2. Xüeltkrieg flachendeckend aus-gebreitet hat, und zuffr andern auf die Tatsache,dass praktisch alle Staaten ihren Regr-rlationsbereicherweitert haben, und zwar unabhängig von ihrerStellung in der

'Weltwirtschaft.33 !(/ie ist diese

politische Isomorphie "trg.'ri.hrc

der besrehendenökonomischen Disparitäten und kulturellen Unter-schiede zu erklären? Diese Frage bildet das Bezugs-problern der neo-institutionalistischen Weltgesell-schaftstheorie, und die Antwort darauf wird in dcrHerausbildr-rng einer globalen Ordnungssrrukturgesucht, die die ökonomisch induzierren Heteroge-nisierungstendenzen im politischen Bereich ar-rf-fängt und die Meyer zu diese r Zeit noch relativ be-l ieb ig a ls , ,wor ld sys tem" , , ,wor ld soc ie ty " undoder eben als ,,world polity" bezeichnet.3a

Da zu diesem Zeitpunkt noch keine urnfangreiche-ren ernpirischen Studien vorliegen, welche dieworld-polity-These hätten srürzen können, verläuftdie Plausibi l isierung im Wesentl ichen über eine ,,re-ductio ad absurdum". Hätte \üTallerstein recht undwäre ökonomische Konkurrenz wirklich das einzigeglobale Str:ukturprinzip, dann würde die Welt an-ders aussehen, als sie es tatsächiich rLrr: Staatenkönnten sich nr-rr in den Zentren halten, währendsie in der Peripherie rnit der Zert verschwinden wür-den. An ihre Stelle träten mult inationale Organisa-t ionen, die einen Teil des Gewaltmonopols für sich

33 Die empirischen Belege dafür hat insbesondere Boli-Bennett geliefert, vgl. u. a. Boli-Bennett/Meyer 1 978, Boli-Bennett L979, 1,980.3a Die enge Verbindung zLrr rrVeltsystemtheorie zeigt sichauch darin, dass Meyer seinen ersten Aufsatz zr-rr \felt-gesellschaftsproblematik zusammen mit Christopher Cha-se-Dunn, einem Vertreter der \ü/eltsystemtheorie, verfassthat (Meyer et al. 197 5). Der Aufsatz ist ein Hybrid: The-sen der rrX/eltsystemtheorie werden mit Überlegr-rngen kom-biniert, die Meyer später ausarbeiter, ohne dass die beidenPositionen schon klar voneinander abgegrenzr würden.

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102 Zeitschrift für soziofogie, Sonderheft ,,Weltgesellscha{t" ,2005, s. 89-119 Jens Creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdeckung" der Wettgesel lschaft 103

beanspruchen. Die Zentrumsgesellschaften würden

zunehmend modernere Institutionen aufbauen,während die Gesellschaften der Peripherie traditio-nelle Strukturen beibehalten oder sogar noch weiterausbauen würden. Da dies nicht der Fall ist, son-dern gerade im politischen Bereich zunehmendeKonvergenzen zü beobachten sind, kann Waller-steins These einer Domina nz der Ökonomie nichtzutreffen. Erklärbar sind diese strukturellen Iso-morphien nur dann, wenn man neben der'V7eltwirt-sclraft noch eine zweite globale Ordnungsstrukturannimmt - die ,,world poli ty" ) die die öko-nomisch induzierten Heterogenisierungstendenzenirn politischen Bereich auflängt.

Die These einer globalen Makrodetermination wirdan verschiedenen Beispielen zu plausibi l isieren ver-sucht. Empirisch verfahren diese Arbeiten bereitsnach der Logik, die in der Folge anhand von Zeit-reihenanalysen perfektioniert wird. Man nehrne ei-nen weltweit präsenten ,, isomorphen" Trend, z.B.den Ausbau des Bildungssystems (Meyer et al.1.977) oder die zunehmende Regulationskom petenzdes Staates (Boli-Bennett 1979), versuche diesenTrend endogen, d.h. über die Binnensrruktur dereinzelnen Lände r zu erklären , zeige, dass dies nichtmöglich ist, und leite daraus die Folgerung ab, dassdie Strukturähnlichkeiten die Existenz einer überge-ordneten X7irklichkeitsebene voraussetzen, die aufalle Länder in gleichem Maße einwirkt: ,,The mo-dern expansion of the university system, as withrhat of rnass education, seems closely tied to the riseof a ffansnational world culture; it cannot be ex-plained in terms of distinctive national characteris-f ics" (RamirezlMeyer 1980: 393).In den folgenden

Jahren wird diese Annahme einer sysrematischenernpirischen Überprüfun g vnterzogen bei gleichzei- .tiger Ausarbeitung des theoretischen Ansatzes. Ab-gesehen von begriffiichen Verfeinerungen und einerenormen Ausweitung des Datenrnaterials ändertsich an der grundlegenden Argumenrationsstrukturaber nur noch wenig.

Der Begriff der ,,world polity" hat ähnlich wie derspätere Begriff der ,,world society" eine stark kul-turalistische Komponenre: ,,The world polity is ahighly institutionalized sysrem, reified in world so-cial l i fe. (.. .) ( l t) is held rogether by something of acornmon cuiture, and by a clergy thar embodies thiscofirmon culture and its authoriry" (Meyer 1980:110, 1,31,). Die globale kulturel le Ordnüilg, die rundum die }Terte Rationalität, Gerechtigkeit, Fort-schritt und Individualismus organisierr isr, wirdnicht als internalisiertes Bündel von Werten ver-standen, sondern als in Institurionen objektivierteKultur. ,,Modern world culture is more than a

qimple. set of ideais or values diffusing and opera-t ing,s€parately in individual sentiments in each so-ciety. The power of modern culture (...) l ies in thefact that it is a shared and binding set of rules exo-genous to any given society, and located not only inindividual or elite sentimenrs) but also in manyworld institutions (.. .).The United Nations, thougha weak body organvationally, symbolically repre-sents many of the rules of rhe modern world polity"(Meyer 1980: 1I7). In späteren Arbeiten avancierrdiese ,,world culture" zü einem ähnlich (makro-)de-terininistischen und monokausalen Erklärungsprin-zip wie Wailersteins Gesetz des ungleichen Tar,r-sches. Die von Meyer r-rnd seinen Mitarbeiterrikonstatierte Strukturkonvergenz - sei das nun imBildungs- und Wissenschaftsbereich, bei der Gleich-stellung, im Umweltschutz oder im Aufbau unddem Inhalt von Verfassungen - werden auf die Exis-tenz einer \Teltkultur zurückgeführt, die in inrerna-tionalen Verträgen kodifi ziert, in Aktionsprogram-men operationalisiert und über ein dichtes Geflechtvon internationalen Regierungs- und Nichr-Regie-rungsorganisationen in die einzelnen Länder diffun-diert wird.

Interessanterweise wird die in den frühen Arbeitennoch durchaus themarisierte Ungleichheitsproble-matik in der Folge sukzessiv ausgeblendet. !7äh-rend der globale Zusammenhang in den ersrenAufsätzen noch als ein inrernarionales Schichtungs-system konzipiert wird, das auf den gemeinsamen'Wertkomplex

der Modernisieru ng bezosen ist (ugl.etwa Boli-Bennett/Meyer 1.978: 810, Meyer/Han-nan L979: 301), spielen Entwicklungsunterschiedein den späteren Arbeiten kaum mehr eine Rolle:Entwicklung wird auf eine endogene Variable redr-r-ziert, fur die ztt zeigen ist, dass sie mit der Heraus-bildung der Weltgesellschaft ais Einflussfaktor anBedeutung verliert (ugl. exemplarisch Ramirez eraI. 1,997). Diese Ausblendung der Ungleichheitspro-blernatik, die gieichermaßen auch in der sysrem-theoretischen \Teltgesellschaftstheorie zu finden isr,markiert den rvohl stärksten Br:uch mit Wallersteins'IüTeltsystemtheorie

und generell mit den Theoriede-batten der 60er und 70er Jahre.Der neo-institutionalist ische's7eltgesellschaftsan-satz ist in gewisser Weise eine \üTeiterfährung dermodernisierungstheorerischen Tradition. Die vonihm postulierte Weltkultur ist aus Meyers Sicht dasErgebnis einer Universalisierung westlicher \üferre

und Handlungsmuster. D.h. Max Webers These ei-ner Ausbreitung formaler Ration alität in der Mo-derne wird auf eine globale Ebene gehoben und umjene Komponenten ergänzt, die ftir Parsons dieKonstitutionsmerkmale der Moderne bilden (ugl.

Meyer et al. 1997, Meyer et al. I9B7). Mit seinemI(onzept der strukrur:ellen Isomorphie schließt Meyeran die Konvergenzthesen der: klassischen Moder-nisierungstheorie an, distanziert sich jedoch von ih-nen in zu'eierlei Hinsicht. Zum einen werden dievon ihm konstatierten strukturähnlichkeiten nichtmehr endogen erklärt, sondern auf die Existenz ei-ner globalen Kultur zurückgeführt, an die sich dieAkteure anzupassen haben. Zum andern nimmtMeyer zum Fortschrittsglauben der Modernisie-rungstheorie eine ironische Haltung ein: Staatenpassen sich zwar pro forma den globalen Vor-gaben an, faktisch serzen sie aber keineswegs im-mer Lrm, was sie auf der ,,Vorderbühne " sym-bolisch demonsrrieren. Dies ft ihrt dazu, dassStrukturähnlichkeiten vor al lem auf einer forma-len Ebene zu f inden sind, während die faktischenunterschiede hinter der Irassade der Modernitätfortbestehen (Meyer et al. 1987: 32). Pointiert for-

, muliert: Es wird geplant sratt ausgeführt, dekla-riert statt implementiert.

Obschon Meyer seinen Ansatz vor allem in Abgren-zLtng zu

'$Tallersrein entwickelt, ist die Erklärings-

logik weitgehend dieselbe. Beide gehen davon aus,dass sich jenseits der Nationalstaaten ein eigensrän-diger und irreduzibler sf irkl ichkeitsbereich gebildethat, der nicht bloß das Verhalten der tiefer liegen-den Einheiten prägt, sondern diese als Akteureüberl'raupt ersr lconstituiert (vgl. exemplarisch M.y-er{epperson 2000). Meyer bezeichner seinen An-satz in einer späteren Arbeit zwar als ,,Makrophä-nomenologie" (Meyer et al. 1997: "147), faktischvertr i t t er aber einen radikalen (Makro-)Determi-nismus, der die Interpretationsleistungen der Ak-teure gerade nicht berücksichtigt. Eine weirereGemeinsamkeit besteht in der monokausalen Erkla-rungsstruktur und in der Auffassung, dass die Ent-stehung einer \Teltgesellschaft resp. eines \Teltsys-tems eine Entwicklung darstellt, die nicht mehrrückgän gig zu machen ist. \X/ährend Peter Heinrzdie Konsolidierung einer weltgesellschaft als einenZustand begreift, der jm Prinzip ar_rch umkehrbarist, ist die Veltgesellsch aft für Meyer und für $fal-lerstein - und dies gilt ähnlich auch ftir Luhmann -ein Prozess, der unaufhaltsam voranschreitet. ImGegensatz zu Luhmann, der seine Theorie explizitals Gesellschaftstheorie verstehr, bleibt der Gesell-schaftsb egriff bei Meyer unbesrimmt. Der Beg riff der,,world polity" wird zwar zusehends durch den Be-griff der ,,world society" ersetzt (vgl. exemplarischMeyer et al. 1997), es wird jedoch nirgends sysre-matisch ausgeführt, worin das Gesellschaftliche ander lTeltgesellschaft besteht. \il/eltgesellschaft wirdstattdessen gleichgeserzr mit einer in globalen Insti-

tlltionen objektivierren Kultur, in der westliche\ü7erte und Handlungsmuste r zLt prinzipien avan-ciert sind, die heute welrweite Gelrung haben - zLt-rnindest auf der Vorderbühne.

2. Weftgesellschaft als weltweltesInteraktion sfeld:Die Weltgesel lschaftstheorie vonPeter Heintz

Die weltgesellschafrstheorie von Peter Heintz stehrin einem engen Zusammenhang mit seinen entwick-lungssoziologischen Arbeiten (rrgl. u. a. P. Heintz1962,1969). \7ährend Heintz in seinen frühen enr-wicklungssoziologischen Studien ähnliche Fragenverfolgte wie Gustavo Lagos, verschob sich rnit derZeit der Fokus vorl der Analyse nationaler Entwick-lungswege zur Analyse des Gesamtsysrems. Damitwurde die Weltgesellschaft, ähnlich wie bei Meyerund Luhmann, zLlm Ausgangspunkt seiner theoreti-schen und ernpirischen Arbeir.

Weltgesellschaft wurde von Heintz als ein weltwei-tes Interaktionsfeld aufgefassr, das als umfassends-tes System alle denkbaren Systeme umgreift undgleichzeit ig die höchste Systemebene darstel l t (ugl.u. a. P. Heintz 1976,

'1,982a, 1982b). Ahnlich wie

Morton I(aplan (ugl. I .1.) unrerschied er zwischenverschiedenen, nicht aufeinander reduzierbarenSystemebenen - Nation, Region, Farnilie und Per-sönlichkeitssystem , die miteinander verknupftsind und die Einheiren des umfassenden Sysremsdarstellen. Die

'Weltgesellschaft ließ sich für Heintz

so als ein System von konzentrisch gelagerten sozia-len Systemen beschreiben. Das Modell der l<onzen-trisch gelagerten Systeme schließt alrs, die rü7elt-

gesellschaft als ein ausschließlich aus Individr-renbestehendes System zu begreifen. Individuen par-tizipieren an der \ffeltgesellschaft indirekt, über ihreMitgliedschaft an sozialen Systemen tieferer Ord-nlrng (2.8. Nationalstaaten), die ihrerseits Einhei-ten des umfassendsten Systems sind.3s Abgesehenvon der Differen zierung der Weltgesellschaft in r-rn-terschiedliche Systemebenen unterschied Lleintzdrei Typen von weltweiten Systemen: das inte rna-t ionale Entwicklungsschichtungssysrem, das internin die genannten Systemebenen gegliedert ist, das

35 Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auf Weltebe-ne direkte Mitgliedschaftsrollen institutionalisiert werdenurnd Individuen eine globale ldentität entr,vickeln (P.

Heintz 1982b:14). Beispielhaft dafür ist die gegenwärtigeDiskussion um \ü/elt lrürgerrechtel vgl. u.a. Birckenbach2000.

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104 Zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,,Weltgesellschaft" ,2005, S. B9-119

intergouvernementale Sysrem politisch-militäri-scher Macht, dessen Haupteinheiten die nationalenRegierungen sind, und das interorganisarionelleSystem, das sich ar-rs (rnultinationalen) Organisatio-nen zusammensetzt (rrg1. Ll. a. P. Hetntz 1.982a:27ff.). Alle drei Systeme sind konstitutive Bestand-teile der Weltgesellschaft, ihre relative Bedeutungist jedoch historisch variabel. Da der Fokus seinerempirischen Arbeiten auf dem internationalenSchichtungssystem lag, gehen wir im Folgenden voral lem auf d ieses ein.36lX/ie angemerkt, wird Veltgesellschaft von Heintzals weltweites Interaktionssystem konzipiert. Indieser Hinsicht bestelrt durchaus eine Ahnlichkeitzu Luhmann. Mit der Definition der \ü/eltgesell-

schaf t a ls, ,wel twei tes Interakt ionsfeld" (Heintz1982a: 12) oder als das ,,umfassende Sozialsystemaller l<ommunikativ füreinander erreichbaren Hand-iungen" (Luhmann 197 5 119711: 1 1 ) ist al lerdingsnoch wenig Liber die Struktur'der \Teltgeselischaftausgesagt. Während Luhmann den Aspekt derfunktionalen Differ:enzierung in den Mittelpunktrückt, steht bei Heintz die internationale Ungleich-heit im Vordergrund und die Frage nach derenVahrnehrnung und Deutlrng. In Übereinstimmungmit Autoren wie Lagos, Parsons oder Nettl/Robert-son geht Heintz davon aus, dass sich seit dem 2.\Weltkrieg ein weltweites Schichtungssystem heraus-gebildet hat, das rund um den Wert der Modernisie-rung bzw. der Entwicklung organisiert ist.37 Ahn-lich wie Parsons und in Abgrenzung zu, dennormativen Setzungen der klassischen Modernisie-rungstheorie betrachtet er Modernisierung als einenirn Prinzip kontingenten kr-rlturellen

'Wert, der auch

wieder infrage gestellt werden kann. Die weltweite

36 Die l7eltgesellschaftstheorie ist ein Anwendungsfall ei-ner allgemeineren Theorie, clie Heintz als Theorie sozie-taler Systerne lrezeichnet hat; vgl. r-r. a. P. Heintz 1972:TeilIII.37 Ahnlich rvie Lagos konzipiert Heintz das internationa-le Schichtungssystem als ein mehrdimensionaies System.Die Länder nehmen auf den verschiedenen Entwick-lungsdimensionen unterschiedl iche Posi t ionen ein, d iezlrsammen ihre Statuskonfiguration auslnachen. Je nachStatuskonfiguration erfahren die Länder (und ihre Bevöl-kerungen) unterschiedl iche strukturel le Spannungen:Rang-, Statusinkonsistenz- und Unvollständigkeirsspan-nungen. Die Entwicklungschancen ergeben sich aus der:Gesamtstruktur der rVeltgesellschaft zu einem bestimm-ten Zeitpunkt und der Art r-rnd

'Weise, wie die aus der je-

weil igen Statuskonfigur:ation resultierenden Spannungenverarbei tet und (um)gedeuret werden. Die daraus abge-Ieiteten Hypothesen wurden in qLranritativen Studienund anhand von Sirnulationsrnodellen geresret (P. Heintz"t"969, 1982b).

hkzeptanz dieses' \)Tertes und die damit einher-gehenäe vergleichsweise hohe Legitimität des inter-nationalen Schichtungssystems waren aus seinerSicht auf die Zeit zv,,ischen 1950 und 1,970 be-schränkt. Seit den 70er Jahren zeige sich dagegeneine zunehmende Tendenz, die Legitimität des Ent-rvicklungsschichtungssystems infrage zLr steilenoder sogar das Ziel der Modernisierung generell zurelativieren. Der Grund dafür liege vor allem darin,dass die über den Ar-rsbau des Bildungssystems legi-timierten Erwartungen auf wirtschaftliches Wachs-tum in den Entwickh-rngsländern enttäuscht wordenund in den Indr-rstrieländern neue postmaterielleOrientierungen in den Fokus der Selbstbeschrei-bung gerückt seien. Der: Legitimationsverlust führedazu, dass das internationale Schichturngssystemseine verhaltensprägende Kraft verliere mit der Fol-ge einer wachsenden Unberechenbarkeit des Han-delns bzw. einer Relevanzverschiebung auf andereDifferenzierungsdimensiorr.rr.3s Heintz spricht indiesern Zusarnmenhang von einer tendenziel len

,,Entstrukturierung" der STeltgesellschaft, die inIetzter l(onsequ enz auch zu einer Abkopplung ein-zelner Länder oder Regionen führen kann. Insofernist die Entstehung der

'\)Teltgesellschaft für ihn ein

prinzipiel l reversibler Prozess (ugl. P. Heintz 1974:453ff . , 1982a: 7 5f f . \ .

Die Weltgesellschaftstheorie von Heintz ist keinebloße Strukturtheorie, sondern zielt auf eine syste-matische Verknüpfung von ,, Struktur" und ,,Sc-mantik" der

'V7eltgesellschaft. Es geht m.a.'W. nicht

bloß um die Frage der kausalen 'Wirksamkeit

welt-gesellschaftiicher Struktr-rren, sondern ebenso, unddarnit verbunden, um die Vahrnehmung und Deu-tung dieser Strukturen: lTeltgesellschaft ist fürHeintz ein objektiver Strukturzusammenhang undgleichzeitig ein (möglicher) Orientierungshorizont,der auf unterschiedliche

'Weise interpretiert rverden

kann. Die von der später:en Globalisierungsdiskus-sion in den Mittelpunkt gerückte Frage der Wahr-nehrnung der einen, gemeinsamen N7elt (ugl. u.a.Friedman 1994) wird von Heintz vorweggenom-men und systematisch mit der spezifischen Strukturder Weltgesellschaft und deren Wandel verknüpft.Als umfassendstes System bildet die

'$Teltgesell-

schaft zwar eine al len Individuen gemeinsame so-ziale Umwelt, faktisch orientieren sie sich aber inder Regel an jenen S)'sternen, an denen sie unmittel-bar partrzipieren und nehmen die Existenz einer

38 Die gegenwärtige Dominanz kulturell-religiöser Deu-tungsmuster wäre dafür ein Beispiel ebenso wie die ,,post-rnoderne" Kritik am Entwicklungsparadigrna; vgl. u. a.Escobar 1,995.

Jens creve und Bett ina Heintz: Die ,, Entdeclcung" der weltgesellschaft 105

'S7eltgesellschaft nicht oder nlrr am Rande wahr

(ugl. u. a. P. Heintz et al. 1978).3e

Aus dieser Doppelkonsrruktion von \üZeltgesell-

schaft \X/eltgesellschaft als objektiver Strul<tur-zusammenhang und $Teltgesellschaft als Orien-tierungshorizont - leitet Heintz eine Reihe vonHypothesen über: den Zusammenhang zwischenstruktureller Position und Reichweite des Orienrie-rungshorizontes ab. Vas Parsons in seinern Lufsatz,,Pol arrzation of the World and International Or-der" (Parsons 1967) nur angedeutet hatte, dassnämlich die eigene soziale Situation je nach Ent-wicklungsgrad des Landes unrerschiedlich interpre-tiert werden kann und entsprechend entweder dieIdentifikation mit der l(lasse oder mit der eigenenNation im Vordergrund steht (ugl. I .1.), wird vonHeintz Slrstematisch ausgebaut und mit Hypothesenüber den Zusammenhang zwischen strukrurellenSpannungen und Deutungen der Velt verbunden:,,\fle assume thar the relevance of different systemlevels is interrelated and may change by rhe rransferof tensions and problem-solving activities frorn oneIevel to the other. In particular', but not exclusively,transfers from a higher to a lower level are envisa-ged" (P. Heintz 1982b: 16). So werden z.B. die so-wohl am oberen als auch am unteren Ende des in-ternationalen Schichtungssysrems beobachtbarenTendenzen zur Abschließung gegen außen - z.B. tnForm eines ausgeprägten Nationalismus oder einerradikalen Polit ik der ,,self-rel iance" - als ein Span-nungstransfer interpretiert, durch den die im Prin-zip extern verursachten Probleme nicht als solchewahrgenomffren, sondern ausschließlich in eineminternen Rahmen gedeutet werden. Während einesolche ,,Internalisierung" im Falle der hoch ent-wickelten Länder eine Reaktion auf deren mangeln-de Legitimität irn internarionalen Schichtr-rngssys-tem ist, ist sie im Falle der armen Länder eine Folgeblockierter Entwicklungsmöglichkeiten (rrgl. P.Heintz 1982a: 66ff.). Zu ähnlichen Relevanzver-schiebungen und Spannungstranfers kann es auchin Bezug auf die verschiedenen Systemtypen kom-men, indem z.B. das internationale Schichrungssys-tem zugunsten eines (subjektiven) Bedeutungs-zuwachses des politisch-militärischen Systems anRelevanz verliert (oder umgekehrt). Beides, sowohl

3e Eine solche ,,Nahsiclrt" kennzeichne aurch die meistenSoziologen, die sich vornehmlich mit ihrer eigenen Gesell-schaft beschäftigen und dabei äbersehen, dass die Welt-gesellschaft der einzige Forschungsgegenstand ist, der ih-nen allen gemeinsam ist. Die Beschäftiglri lg mit derWeltgesellschaft könnte deshalb, so Heintz, dazu beitra-gen, den,,Provinzialismus" der gegenwärtigen Soziologiezu überwinden (P. Heintz 1.982a: 1.0).

die Internalisierung von spannungen als ar_rch dieRelevanzverschiebung auf das politisch-rni litärischeSystem, wird, so Hein tz, durch die genannte Ent_stru kruri erung der'VTeltgesel I schaft verstärl<t.a0

In unserem Zusammenhang entscheidend ist, dassdie Erklärurng dieser Phänome'e für Heintz immervon außen nach innen resp. von oben nach untenverläuft So disp arate Phänomene wie die segmen-täre Differenzierung der Velt in Nationalsraargn,die zurnehmende Technik- und xilissenschaftskritikin den Industrieländem, die Reruraiisierungspolit ikdes Pol-Pot-Regimes, die Revital isierung indigenerI(ultr-rren, der \üTandel der offtziellen UN-Entwick-lungsindikatoren, die Solidarnosc-Bewegung in Po-len, der Bedeutungsverlust der UNO zugunstenweltregionaler Gipfeltreffen, der I(ampf der Juras-sier fär einen eigenen Kanron - dies al les wird nichtüber die Bedingungen in den einzelnen Ländern er-klärt, sondern auf die spezifische und historischlcontingente St,ruktur der Weltgesellschaft zurück-geführt. ,,Tatsächlicir können wir unrer einem ma-krosoziologischen Gesichtspunkt feststellen, dassInteraktionsfelder (gemeint sind Nationalsraaren,Organisationen etc.; Anm. von uns), die nicht dieWeltgesellschaft umfassen, ausdiffe renziert. r-rnd inunterschiedlichem Maße nach außen abgegrenzts ind. ( . . . ) . fedoch kann man s ich f ragen, ob dieExistenz solcher Interaktionsfelder ausschließlichdurch Prozesse erklärt werden kann, die von innennach außen verlaufen, d.h. durch Faktoren, die be-inhalten, dass für die Abgrenzung der Felder fasrausschließlich deren Mitglieder veranrwortlichsind. Es ist nämlich durchaus sinnvoll, die Abgren-z:ung solcher Interaktionsfelder auch als eine Funk-tion der weiteren Umwelt zu sehen. Man kann alsoauch versuchen, die Differenzierung der \Teltgesell-schaft in solche Interaktionsfelder aus der Existenzdieser Gesellschaft selbst ztr erklären" (P. Heintz1982a: 9). Heintz teilt zwar die top-down-Erklä-rungslogik der anderen Weltgesellschafrsrheorien,im Gegensatz zu Meyers makrodeterministischemUniversum wird aber der E,bene der Deutungen einsehr viel größeres Gewicht beigemessen und der in-

a0 Ahnlich könnte man auch den von Lrns beschriebenenl7andcl der soziologischen Modelle weltgesellschaftstheo-retisch erklären. So lässt sich z. B. die Tatsache, dass dieinternationale Ungleichheitsproblematik in den soziologi-schen

'V7eltgesellschaftstheorien seit den 8Oer Jahren kaum

rnehr drematisiert wird, kaum als lvissenschaftl icher Fort-schritt interpretieren, eher ist zu vermuten, dass diese Ent-wicklung (unreflektierter) Ausdruck genau jenes \üTandels

ist, den Heintz als ,,Entstrukturierung" der Weltgesell-schaft beschr:ieben hat.

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106 Zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,, Weltgesellschaft " , 2005, s. 89-119 Jens creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdeckung" der wel tgesel lschaft 107

rernen Differenzierung der \Teltgesellschaft stärkerRechnun g getr^gen.

Zusammenfassend schließt Heintz in verschiedenerHinsicht an die von r-rns skizzierten Theoriedebat-ten der 50er und 6Aer Jahre an. Seine Weltgesell-schaftstheorie hat deutlich systentheoretische An-klänge und entstand in Auseinandersetzung sowohlmit der damaligen Systemtheorie wie auch mit derDependenzschule und rü/allersteins Weltsystemtheo-rie. ,,Der hier vertretene Ansatz der \üTeltgesell-

schaft unterscheidet sich von andern Ansätzen, sovom Dependenzansatz, der die externe Abhängig-keit von der Weltwirtschaft hypostasiert, und vonder Modernisierungstheorie, der die Annahme na-tionaler Unabhängigkeit zugrunde l iegt. In dem hiervertretenen Ansatz werden beide Fragen nriteinan-der kornbiniert, d. h. Dependenzbzw. nationale Un-abhängigkeit wird als Variable eingeflihrt" (P.Hettz/Hischier 1,983: 103). Neu ist insbesondereder konsequente \X/echsel rzon der nationalen Irbeneauf die Ebene der \üTeltgesellschafr, die für Heintzeinen eigenständigen Untersuchungsgegensranddarstel l t und den Bezugsrahmen für die Erklärungvon Prozessen auf t iefer i iegencien Systemebenenbildet. hn Gegensatz zu Parsons wird (\7elt-)Gesell-schaft nicht über gemeinsame lrlormen und \ferre,sondern als Netz von Interal<tionen gefasst: , ,Ge-sellschaft stellt cin zlrsanrmenhängendes Interak-tionsfeld dar, in das jedermann direkr oder indirekrinvolv ier t is t . . . . (Da es) heute l<aum mehr isol ier teGruppen von Menschen geben (dürfte), die tatsäch-l ich außerhalb der \ i l /eltgesellschaft leben (...) kannman mit Irug und Recht von einer $Teltgesellschaftsprechen" (P. Heintz I9B2a: 7f .). Obschon sein In-teraktionsbegriff sehr viel weniger elaborierr ist alsder I(ommunikationsbegriff von Luhmann, tei l tHeintz mit Luhmann die Annahme, dass l(om-munikation eine Basiseinheit der Soziologie ist r-rnd\ffeltgesellschaft als das umfarssenclste System allerfüreinander erreichbaren l(ommunikationen defi-niert werden muss.

3. Weltgesel lschaf t a ls Einhei t a l lerfü rei nander erreichbarenKommu n ika t ionen:Die Weltgesel Nschaftstheorie vonNik las Luhmann

Niklas Luhmanns \ü/eltgesellschaftstheorie ist einErgebnis seiner theoretischen Auseinandersetzungrni t dem Gesel lschaf tsb egr i f f (Luhmann 197 S119711, 1 ,974 [L9701, 1 ,975,1982,1980: 333f f . ) . LnUnterschied zu Meycr: r,rncJ Heintz, die in gervisser

lü/eise induktiv, d..h. über eine Generalisierurng em-pirischer Beobachrungen za ihrern

's7eltgesell-

schaftsrnodell gelangten, ist Lr-rhmanns Vorgehens-weise eher deduktiv. Dies har zur Folge, dass seineWeltgesellschaftstheorie empirisch wenig kon-turiert, dafür aber theoretisch komplerer ist, vor al-lem was ihren gesellschaftstheoretischen l(ern an-belangt.al

In Abgrenzung zur soziologischen Tradit ion, dieGesellschaft über Staatl ichkeit, rerri toriale Grenzenund gerneinsame \ü/erte r-rnd Nolmen definiert, fasstLuhmann den Gesellschaftsbegriff abstrakter'. Ge-sellschaft ist für ihn das r-rmfassende System allerfüreinander erreichbaren l(ommunikationen (I-uh-mann 1 ,975 119711:11 , vg l . auch Luhmann 1997:1,71). Als umfassendstes soziales System ist Gesell-schaft für al le anderen sozialen Sysrerne Umwelt:,,ihre Strurktur regelt \etz.te, grundlegende Redul<tio-nen, an die anderc Sozialsysteme anknüpfen kön-nen " (Luhrnann 1980: 133). Damit is t im Pr inzipnoch keine Aussage über: die Reichweite von Gesell-schaft getr:offen. Es ist auch vorstellbar (r,rnd his-torisch realisiert)., dass verschiedene voneinanderisolierte Gesellschaften existieren, die für ihre je ei-genen sozialen Systeme als umfassendstes Systemfungieren. L-rwieweit Gesellschaft \ü/eltgesellschaft

ist und es damit nur noch eine Gesellschaft gibt, isrfolgl ich eine empirische Frage. ,, 'Wir beginnen da-her ( . . . ) mi t der Frage, ob und in welchen Hinsich-ten sich weltweite Interaktion schon l<onsolidierthat" (Luhmann 197 5 }971,1: 53). In der Folgeweist Luhmann, ganz im Sinne der fr:ühen Trans-nationalisierungsdebatte (ugl. Anm. 2), auf die Zu-nahme von Interaktionen hin, die nicht an Landes-grenzen enden: ,,E,in Argentinier mag eineAbessinierin heiraten, wenn er sie l iebt; ein Seelän-der in Neuseeland Iftedir aufnchmen, wenn dieswirtschaft l ich r:ational ist, ein Berl iner sich ar-rf denBahamas bräunen, wenn ihm dies ein Gefühl derErholung vermit te l t " (Luhmann 1975 [1971]: 53).Sofern also Interaktionen nach f lrnkrionaien Gc-sichtspunkten realisierr werden, haben sie potentiel lrveltweiten Charakter. Damit ist frei l ich nicht ge-

al Wichr ige Autorcn cler beiden Vor läuferdiskussionenwerden von Luhn-ranr1 zwar erwähnt, z.B. Nienreyer,Moorc, Car lston und Nerr l /Robertson, aber vor al lem alsBeispiele für e inc Gcsel lschaftskonzept ion, gegen cl ie ersic l r abgrenzt. Dass es Lulrnrann vor al lenr unr den Gesel l -schaftsbegr i f f gegangen ist und weniger um eine Analy5sder gegenrvärt igen Reir l i tät dcr Wcltgcscl lschaft , zcigr s ichauch dar in, dass er s ich in seinen frühen i ,vel tgesel lschafts-theorer ischcn Arbei ten nur auf Parsons' Gesel lschafts-begr i f f , n icht aber auf dessen Arbei ten zLlrn intcrnzrt ionar-len Systeni bezieht.

meint, dass nun alle mit al len weltweit interagierenund möglichst über große Distanzen hinrveg, son-dern dass Interaktionen potentiel l auf andere ver-weisen r-rnd sie ,, in die Interaktionssteuerung ein-beziehen " (Luhmann 197 5 11971 l: 5 4 , vgl. dazuauch Stichweh 2000: 256ff .). Im Zuge der Heraus-bi ldung,,wel twei t or ienr ierrer I (ommunikar ion"(Lulimann 1975 ['1971): 57) gibt es foigiicir nLrrnoch eine Gesellschaft: die $Teltgesellsch afr.a2 \X/elt-

gesellschaft ist das singuläre soziale Sysrem., das kei-ne soziale Umrvclt hat - al les Soziale f inder inner-hal b der \ü/eltgesellschaft statt.

In dieser al lgemeinen Bestimmung von (Welt)Ge-sellschaft besrehen zwischen Heinrz und Lr-rhrnannnoch gewisse Parallelen. Die Unterschiede l iegen inder weiteren Atrsführung des XTeltgesellschafts-begriffs. Vährend Heintz den Aspekr der Ungleich-heit in den Mittelpunkt r l ickt, entwickelt I-uhmannseine \,X/eltgesellschaftsrheorie aus einer differe nzje-rungstheoretischen Perspektive. Im Gegensatz zurModernisierr"rngstheorie und ähnlich wie Parsonsversteht l ,uhmann den Prozess sozialer L.volutionallgemeiner, nämlich als Prozess der Durchsetzungfunktionaler Differen zierung. Im Unterschied zLlParsons verschiebt er aber die Referenz des Gesell-schaftsbegriffs hin zur Weltgesellschafr: , ,The inclu-sion of al l communicative behavior inro one so-cietal system is the unavoidable conseqlrence offunctional differ:entiation" (Luhmann 7982: 298).Die Herausbildung der \ i l /eltgeseilschaft und dieDurclrsetzLrng funktionaler Differenzierung sindm.a.X7. ,,ein r-rnd derselbe Vorgang" (Stichweh2004: 1,90).

Mit dem Übergang von srrarifikarorisch er za fr-rnk-tionaler Differenzierung ändert sich der Selektions-horizont von l(ommunikation. Es sind nicht mehrIfuiterien wie Stand oder Narion, an denen sich dieI(ornmunikation orientiert, sonder:n die für die jc-weiligen Funktiorissysreme spezifischen Codierun-gen. Ein mathematischer Beweis wird nicht deswe-gen akzeptiert, rveil es sich hei der Autorin um eineSchweizerin handelt, und die Herkunft alrs ei ireraristokrarischen Farnil ie isr für die Schiedsrichrer ei-nes Fußbal lspie ls n icht entscheidungsrelevanr, D.h.\Virtschaft, \ü/issenschaft, Recht oder Sport orien-t ieren sich an den ihnen eigenen Funl<rionen, unddies ohne Riicksicht auf tcrriroriale Grenzen.aj

a2 Luhmann führt konrplernenrär zum (t( /e l t )Gesel l -schaftsbegr i f f noch einen phänomenologisch inspir ier tenweltbegr i f f e in. wir könne' darauf nichr näher eingehe.,vg l . aber aus f t i l - r r l i cher Luhr r rann (1975 [197 l ] : 64 f i . ,' 1997:14Sf f . ) ;

sowie St ichweh (2000: 237f f . ) .a3 Ansatzweise rn ' i rd c l ic vorstel lu 'g, dass der funkt i ' .a lerr

Gleichzeitig bedeutet fu'ktionale Differen zierung,dass die jeweiligen Perspektiven cler einzelnenFunkrionssysteme nicht ineinander übersetzbarsind: ü bergreife'de gemeinsame werte und Nor-men sind damit ausgescirlossen. ,,Die einzelnenTeilsysterne fordern jeweils andere Grenzen nichtnur für siclr selbst, sondern auch f i ir ihre Gesell-schaft. Man kann nicht mehr einfach unrersrel len,dass die Gesellschafts grenzen zwischen zugehörigenr-rnd nichtzugehörigen Mitmenschen identisch blei-ben, vvenn man von polit ischer Aktivitär zu wissen-schaftlicher I(orrespondenz, zu wirrschaftlichenTransaktionen, zur Anknüpfung einer Liebesbezie-hung übergeht. Solches l{andeln s*zr jeweils ande-re Abschatt l lngen relevanten Handelns voraus, dieinsgesamt nicht rnehr durch einheit l iche rerri torialeGrenzen auf dem Erdball symbolisiert werden kön-nen. Damit is t d ie Einhei t e iner a l le Funkr ionen um-fassenden Gesellschaft nur noch in Form cler \X/elt-ge sell.schpft möglich " (Luhmann 197 5 119711:60\.44

I

Obschon Lr-rhmann den Prirnat der funktionalenDifferenzierung betont, schließt er nicht aus, dasssich in der nrodernen, fr"rnktional differenzierten(Welt)gesellschaft noch andere Differenzierungsfor-men finden. Diese haben jedoch nur den Status ci-ner selcundären Differenzierung (ugl. Luhmann'1997:

1,67, 81,0ff.). Ahnlich wie Meyer und Heintzbegreift Luhiriann die segmenräre Differenziervngdes Fr-rnlctionssystems Politik in Territorial- bzw.Nationalstaaten als Zweitdifferenzierung, d. h. alsFolge der Entstehung einer Weltgesellschaft und derfunktionalen Ausdifferenzierung eines weltpoliti-schen Systems (ugl. bereits Luhmann 1.975 11971):60; ar-rsführl ich 2000: 220ff .). Ohne eine solche seg-mentäre Differenzierung, die eine gewisse Hand-

Differenzierung eine Dyrrarrri l< inhärent ist, cl ie nationaleGrcnzcn transzencliert, bereits von Parsons angesprochen,olrne dass er derraus jcdoch l(onsequenzen frir den Gesell-schaftsbe grif i zieht; vgl. Parsons 1 969b: 298fi.aa Sclrwin n (799 5) stel l t d ie Frage, ob sich unrer dieser Vo-raussetzrrng Gesel lschaft noch als Einhei t denken lässr.Luhmann sieht für d ie Beihehal tung eines einhei t l ichenGesellschaftsbegriffs drei Grände. Zunächsr serze die Ideeder Di f ferenzierung notwcndig eine Einhei t voraus, diesich c l i f ferenzieren kann. Gesel lschafr is t das , ,Subsrrar"von Evolut ion und Dif ferenzierung; vgl . Luhmanrt (1,975

[ '19711:6'1). Zudern seien crst von einem Gese] lschaftsgan-zen aLrs clie Beiträge der einzelnen Funl<tionssysl.r-rl. tntdas Ganz,e ident i f iz ic:rbar; r 'g l . Lulrmzrnn (1975 11,9711:60 , 1974 }9701: 145) ; sch l ieß l i ch s rc l le c l ie Gese l lschaf tdurch ihre komplexi tätsreduzier:ende Leistung cl ie Voraus-setzung fär die Bi ldung anclerer Systeme clar; indem sie

, ,c len Hor izont des Mögl ichen und F,rwartbaren def in ier t"( l -uhnrann 7974 [19701: 145) .

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lungsfreiheit und dezentrale Problemlösungen

sichert, besdnde die Gefahr, dass die anderen

Funktiorlssysteme,,poli t isiert" würden (Luhmann

2000: 222ff.). D.h. irn Gegensatz zu reduktionisti-schen Theorien wird die Entstehung einer welt-gesellschaft l ichen Ordnungsebene nicht auf dieNationaistaaten zr-rrückgeführt, sondern diese wer-den urngekehrt als Produkt der \Teltgesellschaftaufgefasst. In diesem Punkt stimmen alle drei Au-toren überein.

Von'Wallersteins Weltsystemtheorie unterscheidets ich di e systemthe oretische \)7e ltgesell scha ftsth eor:i ein mehrfacher Hinsicht. Zum einen widersprichtdie Vorstellung einer Gleichwertigkeit der Funk-tionssysteme Wallersteins These einer Vorherrschaftder Ökonomie (rrgl. Luhmann 1974 11,970): 142f.,1997: 170f.). Zudem steht die Annahme einesPrimats funktionaler Differenzierung irn Gegen-satz zur ZentrumiPeripherie-Unterscheidung. Undschließlich besteht ein weiterer Unterschied darin,dass die Frage der internationalen Ungleichheit beiLuhmann keine zentrale Rolle spielt. Der Grunddafür ist seine differ:enzierungstheoretische Orien-tierung. Obschon Luhmann die internationale Un-gleichheit durchaus konstatiert und deren weltweiteTlrematisierung, ähnlich wie Parsons und Heintz,auf die Etablierung des Modernisierungswertes alsgemeinsame Referenzgröße zurückführt, betrachteter sie als ein zweitrangiges Problem. Im GegensatzzLr Phänomenen wie ,, l3evölkerungsvermehrung,Aufblähung von Anspruchsniveaus, Entwicklungvon Zerstörungstechniken", die sich unmittelbaraus dem Prinzip der funktionalen Differ:enzierungergeben, ist Ungleichheit für ihn keine direkte Folgedieses Differenzierungsprinzips. Sie lässt sich ent-sprechend als ein ,,historisch bedingter Zufall" be.greifen, d. h. als ein Problem, das im Prinzip lösbarist, im Gegensatz zu den direkten Folgeproblemenfunktionaler Differenzierung,, die sich nr-rr über ei-nen Wechsel der primären Differenzierungsform be-seit igen l ießen (Luhmann 1980: 336).'$fährend

Luhmann 1,980 noch explizit zwischender Ungleichheitsproblematik und den Folgeproble-men funktionaler Differenzierung unterschiedenhatte, versucht er später äber das Begrtffspaar In-klusion und Exklusion Ungleichheit und funktiona-le DifJerenzieru ng zu verbinden und auf den welt-gesellschaftlichen Zusammenhang zu übertragen(Luhmann 1995a, t995b).45 Die Beobachrung, dass

a5 Die Unterscheidung zwischen lnklusion und Exklusionfallt mit dem I(onzept sozialer Schichtung schon deswegennicht vollstaindig zusammen, da diese im Gegensatz zurUnterscheidung von Inklusion und Exklusion in der Regel

es Gebiete gibt, in.denen Teile der Bevölkerung vonpraktisch allen Funktionssystemen ausgeschlossensind, ließ ihn vermuten, dass funktionale Diffe renzie-rung in bestimmten Regionen der X7elt durch die

,, Meta -D iff er enz" InklusionlE xk lus i on a bgelöst wer-den kann (Luhmann 1997: 632ft., vgl. auch Luh-mann 1995a). Diese Vermutung hat jedoch weitrei-chende Implikationen. Unterstel l t man, dass sichdie lTeltregionen in ihrer Differenzierungsform un-terscheiden, lässt sich die Vorstellung einer primärfunktionalen Differenzierung der

.Weltgesellschaft

nicht mehr aufrechterhaiten. Gleichzertlg wird da-mit ar,rch die Globalitätsannahme problematisch.Denn wenn neben die Differenzierung in Funk-tionssysteme eine Differenzierung entlang von In-kiusion und Exklusion tritt, lässt sich der globaleCharakter funktionaler Differenzierung streng ge-nommen nicht mehr behaupten (vgl . dazu Stichr,veh2002, Greve 2004).

Luhmann ftihrt den Weltgesellschaftsbegriff aller-dings nicht nur über die Differenzierungstheorieein, auch wenn diese seinen Hauptbezugspunkt bi l-det, sondern zusätzlich über die Unterscheidungzwischen drei Systemebenen: Interaktion, Organi-sation und (Welt)Gesellschafr (Luhmann 197 5).Aus dieser Perspektive ist \(/eltgesellschaft, ähnlichwie bei Heintz, das umfassendste System undgleichzeitig die höchste Systemebene:,, Gesells chaftist das umfassende Sozialsystem aller kommunika-tiv füreinander erreichbaren Handlungen. In derheutigen Zeit ist Gesellschaft Veltgesellschaft. (. . .)Gesellschaft ist danach nicht einfach die Surnme al-ler Interaktionen, sondern ein System höherer Ord-nung" ( I uhmann 1975: 11). Aus Luhmanns Sichtbilden die drei Systemebenen je eigene Ordnungen,die im historischen Verlauf zunehmend auseinandertreten. \7ährend Gesellschaft und Interaktion in ar-chaischen Gesellschaften weitgehend zusammenfie-len und die Sozialform der Organisation noch nichtausgebildet war, ist es erst im Verlauf der soziokul-turellen Evolution zLt einer Differenzierung von In-teraktion und Gesellschaft und damit zur Emergenzvon Gesellschaft als höchster Systemebene gekom-men.

Obschon die drei Ebenen in einem hierarchischenVerhältnis stehen, schließen sie sich gegenseitignicht aus, vielmehr können die t iefer l iegenden Sys-teme auch in den jeweils höheren Systemen enthal-ten sein (ugi. zLrr Unterscheidung von inklusivenund exklusiven Hierarchierr Stichweh 1991). Auchin Organisationen wird interagiert, und Organisa-

nicht binär codiert, sondern als gradualistisches Konzeptverstanden wird. YgL. dazu u. a. Schwinn (2000).

Jens Creve und Bett ina Heintz: Die, ,Entdeckung" derweltgesel lschaft 109

tionen und Interaktionen sind Teil der Gesellschaft,d. h. alles, was auf den beiden tieferen Systemebe-nen geschieht, findet immer auch in der Gesell-schaft statt. Inklusivität impliziert jedoch nicht Re-duzibilität: Organisarionen lassen sich nichr aufInteraktionen reduzieren, und Gesellschaft ist mehrals die ,,Summe" der Interaktionen und Organisa-tionen. Dies schließt sowohl eine ausschließlichinteraktionstheoretische als auch eine primär orga-nisationssoziologische Erklärung weltgesellschafrli-cher Phänome'e alrs: Iü/eltgeseilschaftstheorie ist(vorwiegend) als Gesellschaftstheorie zu berreiben.Als höchste Systemebene besitzt die (Welt)Gesell-schaft firr Luhmann ein Erkiärungsprimar: ,,Bei ei-nem solchen Aufbau sind die jeweils umfassenderenSysteme ftrr die eingeordneten Systeme in doppelter!7eise relevant: Sie geben ihnen bestimmte struktu-relle Prärnissen vor, auf Grund deren ein selbst-selelctiver Prozess anlaufen kann und in seinenMöglichkeiten begrenzt wird" (Luhmann I97 5:19). In diesern Sinn geht Luhmann ähnlich wieHeintz und Meyer von der makrotheoretischenAuffassung aus, dass sämtiiche Ereignisse und Pro-zesse weltgesellschaftsinterne Phänomene sind, d.-ren Forrn und Verlauf durch die Strukturen derlfeltgesell.schaft geprägt werden. Oder wie es Ru-dolf Stichweh formuliert: ,,Zunächst aber sind be-obachtbare Unterschiede als strukturelle Effekreder \ü/eltgesellschafr selbsr zu analysieren." (Stich-weh 2000:13)

4. Zwischenfazit : Die gemeinsamenAnnahmen der Weltgesel lschaftstheorien

Alle dr:ei \ü/eltgesellschaftstheorien zeichnen sichtrotz ihrer Unterschiede durch eine Reihe von Ge-meinsamkeiten aus, die zusammengenommen ihreBesonderheit und ihre Differenz zu den Vorläufer-debatten ausmachen.

1. Allen drei \Weltgesellschaftstheorien gemeinsamist die Vorstellung, dass im Laufe der historischenEntwicklung ein glob aler Zusammenhang enrsran-den ist, der als umfassendstes System die Randbe-dingungen für alle anderen sozialen Einheiten undProzesse vorgibt.a5

a6 In Bezug auf die historische Daderung bestehen aller-dings Unterschiede. \ü7ährend Meyer und Hein tz den Zeit-punkt auf die 2.Ilalfte des 20. Jahrhunderrs verlegen, enr-steht \üTeltgesellschaft für Luhmann, ähnlich wie für'Sfallerstein,

im 16. lahrhundert als Folge der Vollent-deckung des Erdballs; vgl. Luhmanrt 1997: I48ff ., Stich-weh 2000:245ff .

2- Dieser globale Zusammenhang bildet eine neueund eigenständige Form der sozialorganisation.Damit erschiießt sich die soziologie ein gruncl-legend neues untersuchungsobjekt: Die $Telrgesell-schaft ist mehr und etwas anderes als die sr-unmeder Nationalstaaten und deren Beziehungen. AlleEreignisse, wie ,, lokal" sie auch imi,er erscheinenmögen, sind von nun an auf dieses umfassende Sys-tem zu beziehen. Gesellschaftstheorie wird damit,so Luhmann, zLtt Theorie der Welrgeselischaft(Lulimann 1975 l1,97tl: 61).

3. Damit verbunden ist die Vorstel iung, dass die\,ü/eltgesellschaft eigenständige und ir-reduzibleStrukturmerkmale aufweist. Metarheoretisch gese-hen handelt es sich um eine ,,starke" E,mergenzthe-se, die sich explizit von reduktionistischen Ansätzenabgrenzt (vgl. Anm. 1). D.h. es wird nicht bloß pos-tuliert, dass sich neue weitgesellschaftliche Srruk-turformen herausbildet haben, sondern es wirdzusQtzlich behauptef, dass diese neuen Strukturrfor-men als globale ,,soziale Tatsachen" eine Eigendy-namik aufweisen, die nicht auf die Prozesse tiefererSystemebenen zurückführbar sind. Der Analysefo-kus liegt irn Gegensatz zu den Modernisierungs-theorien auf der Ebene der tX/eltgesellschaft undnicht mehr auf der Ebene der Nationalstaaren.

4. Dementsprechend ist die theoretische Ausrich-tung strikt makrosoziologisch. \ff/elrgesellschafts-

theorien behaupten m.a.\W. nicht bloß eine Irreduzi-bilität globaler Strukturen, sondern sie unrerstellenzusätzlich ,,Makrodetermination": Alles, was in derVelt stattfindet, ist aIs Folge dieser

.Welt zu begrei-

fen. Oder wie es Peter Heintz formulierte: ,,Die Dif-ferenzierung der \üTeltgesellschaft in Interaktionsfel-der (ist) aus der Existenz dieser Gesellschaft selbstzu erklären" (P. Heintz 1982a: 9). Bei Meyer äußertsich die Annahme einer downward causation in derAuffassung, dass es die weltkulturellen Vorgabensind, die die institutionellen Strukturen von Natio-nalstaaten und Organisationen und die Selbstdefi-nitionen der Subjekte prägen, bei Luhmann im Ge-danken, dass die (Welt)Gesellschaft für alle anderensozialen Systeme eine gemeinsame soziale Umweltdarstellt und für die weiteren Systembildungspro-zesse die strukturellen Randbedingungen vorgibt.

5. Eine weitere Gemeinsamkeit l iegt in der Über-tragung des Gesellschaftsbegriffs auf globale Zu-sammenhänge. Mit der Entscheidung,

'V7elt als

'$Teltges ellschaft zu begreifen, nehmen Weltgesell-

schaftstheorien die gesamte Sozialwelt in den Blickund grenzen sich damit von Theorien ab, die dieThese einer emergenten Sozialordnung nur auf einFunktionssystem beziehen - auf die \üirtschaft imFalle der Weltsystemtheorie, auf die Polit ik im Falle

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der Theorien des internationalen Systems. '!7ährend

Luhmann einen abstrakten und differenzierten Ge-

sellschaftsbegriff entwickelt und diesen dann auf

den globalen Zusammenhang überträgt, findet sich

bei Heintz und erst recht bei Meyer keine explizitegesellschaftstheoretische Begründung für die Ver-wendung des Gesellschaftsbegriffs. So gesehen ver-fugt nlrr die Systemtheorie äber eine Weltgesell-schaftstheorie im strengen Sinne.

Mit den genannten fünf Annahmen unterscheidensich \ü/eltgeseJ lschaftstheorien in verschiedener Hin-sicht von der Globalisierungsforschung. Die Globa-lisierungsforschr-rng beruht nicht auf einer überge-ordneten theoretischen Perspektive, sondern bildeteher ein heterogenes Gefüge von Teilhypothesen,die bislang nicht zu einer integralen Theorie ver-bunden sind.aT Trotz der: Heterogenität der l(on-zepte und Standpunkte lassen sich drei Annahmenausmachen, die sie von der lüTeltgesellschaftstheorie

unterscheiden. Erstens wird der globale Zusam-menhang nicht als eine (gesellschaft l iche) Einheitverstanden oder höchstens im kulturellen Sinne ei-nes zlrnehmenden Bewusstseins einer gemeinsamen

,,Welt" (rrgl. Arcl ier 1991: 133, Robertson 1992:13). Zweitens argumentiert die Globalisierungsfor-schung in der Rege l von , , innen" nach, ,außen" ,d. h. der Ausgangspunkt sind lokale Zusammen-hänge. Globalisierung wird entsprechend als Pro-zess der,,Entgrenzüng", d.h. der Aurflösung lokaler(2.8. nationaler) Grenzen interpretiert. Exempla-risch für diese Argumentation ist Anthony Giddens'Begriff der ,,Entbettung" im Sinne ,,eines ,Heraus-hebens' sozialer Beziehungen aus ortsgebundenenInteraktionszusammenhängen und ihre unbegre nzteRaum-Zeit-Spannen übergreifende Umstrukturie-rung" (Giddens 1995: 33). Im Zusammenhang da-mit steht drittens, dass Globalisierung häufig mitHomogenisierung gleich gesetzt und glei chzeitig da-rauf verwiesen wird, dass dieser Homogenisie-rungsprozess durch das X7eiterbestehen von kultu-rellen Differenzen und lokalen Orientierllngenkonterkariert resp.' transformiert wird (ugl. dazukritisch

'Wimme r 2001). Während die neo-institu-

aT lnnerhalb der Global is ien-rngsdiskussion lassen sichgrob zwei Hauptdebatten unterscheiden. Zum einen dievor allem in den Polit ikwissenschaften geführte l)isktrs-s ion zur Frage, inwieweit der (ökonomische) Global is ie-rungsprozess zv einem Bedeutungsverlust oder sogar zu ei-nem Verschwinden des Nationalsraates ft ihrt. Zumandern die eher in der Soziologie und in den Kulturwissen-schaften thematisierte Frage nach dern Zusammenhangzwischen Globalisierung und Lokalität resp. zwischen Ho-mogerrisierung r-rnd kultureller Differenz; vgl. als über-blick Therl 'roru 2000, Gr-ri l l6n 2001, Därrschmidt 2002.

.gionaljstische \X/eltgesellschaftstheorie mit ihrerThese,einer zunehmenden,, lsomorphie" zurnindestauf der Ebene der Formalstrukturen einen ähn-l ichen Homogenisierungstrend behauptet, stehtkulturelle Diversität ftir die Systemtheorie nicht imGegensatz ztt Globalisierung, sondern bildet geradeumgekehrt ein konstitutives Moment von Globali-tät.a8 Indem Funktionssysteme einen rvelrweitenI(ommunikations- und Beobachtungszusamnlen-hang etablieren, schaffen sie einen Vergleichshori-zont, vor dessen Hintergrund Singulärcs r-iberhaLrpterst als Differenz wahrgenommen und kommuni-ziert werden l<ann (r'gl. Stichweh 2004 sowie \ü7er-

ron in diesem Band).

Ein entscheidender Unterschied zwischen Globali-sierungs- und l7eltgesellschaftstheorie bestehr vorallem darin, dass \üTeltgesellschaftstheorien nichtbei der Beobachtung einer zunehmend vernetzren!7elt stehen bleiben, sondern zusätzlich annehmen)dass sich innerhalb dieses globalen l(ommqnika-tionsraumes eine neue, emergente Systemcbene he-rausgebildet hat. Der Begriff der ,,I7eltgesells chaft"erhält damit eine doppelte Bedeutung (vgl. ähnlichauch Schwinn in diesem Band) . Zunächst meint er- und in dieser ersten Bedeutung besteht weitgehen-de Übereinstimmung mit der Globalisierungsthese

) dass ein weltumspannender l(ommunikaticlns-zusammenhang entstanden ist, der nationale Gren-zen transzendiert. Der Begriff ,,tü/eltgesellschaft"beschr:änkt sich aber nicht auf die Feststel lung, dasssich gewissermaßen in der ,,Horizontalen" ein um-fassendes Sozialsystem herausgebildet hat, sondernmeint gleichzeitig, dass innerhalb dieses weltweitenI(omm unikationszu sammenh anges ü bergeordneteStrukturen entstanden sind, die ger,r'issermaßen inder Vertikalen auf die Ereignisse und Prozesse derunteren Systemebenen einwirken. Darauf weist je-denfalls der in allen drei Theorien präsente Begriffder ,,höchsten Systeme bene" hin. Die drei !7elt-gesellschaftstheorien unterscheiden sich allerdingsdarin, welche Bedeutungsvariante sie akzentuieren.Während bei Meyer die Vrrstellung von \ü/eltgesell-

schaft als einem alles Soziale umfassenden Systernkaum zu f inden ist und er statrdessen mit seinenrBegriff der ,,world polity" bzw. der ,,world cultu-

a8 Dies gilt in gewissem Sinne auch für ltolancl ltobcrtson,der mit seinem breit rezipierten Begriff der ,,Globalisie-rung" versucht, die in der Globalisierungsforschung ver-breitete Entgegensetzung von Globalität und Lokalität resp.I*lomogenisierung und kultureller Differenz zu liberuinden(Itobertson 1994). Aus seiner Sichr ist Globalisierung durrchzwei interdependente Prozesse charakterisiert, die er als,,universalization of part icularisnr" und,,part icularizationof universalism" bezeichnet (Robertson 1992 100).

re" die h.mergenz einer übergeordneten globalenEbene beront, steht für die Sysremrheorie die He-rausbildung globaler r-rnd fr-rnktion al differenzierterI(ommunikationszusammenhänge im Vordergrund(ugl. exemplarisch Mersch sowie lTerron in diesemBand). Bei Heintz sind beide Bedeutungsvarianrengleichermaßen präsenr, sie wer:den jedoch nicht sys-tematisch ar-rseinandergehalten. Abgesehen von die-sen Lrnterschiedlichen Akzentsetzungen vertreten je-doch alle drei Theorien die Auffassr-ing, dass sozialePhänomene alrs der Existenz der Welrgesellschaftzu erklären sind, und fomruiieren damit einen sehrviel umfassenderen Erl<lärlrngsanspruch als dic Glo-bal is ierungsforschung (ugl .auch St ichweh 20A0:14).

l l l . Ausb l i ck : D ie l - f nwahrsche in l i chke i tgf obal er Ordn u ngsstru ktu ren

Die lfeltgesellschaftstheorien haben der Soziologiezwat ein neues Untersuchungsfeld erschlossen, dievon ihnen getroffenen Entscheidungen haben je-doch auch zs einer theoretisclren Verengung ge-ftihrt. Diese Verengung betrifft insbesondere denmakrosoziologischen Bezugsrahmen. Die srrikt ma-krosoziologische Orientierung blockiert die Ent-wicklr"rng einer komplemenrären mikrosoziologi-schen Perspektive und hat zLrr Folge, dass dieExistenz, ,g lobaler Mikrostrukturen" n icht wahr-genommen wird (ugl. als Ausnahme l(norr CetinalBruegger 2002, I(norr Cerina 2005). Die ,,Gräße"des globalen Zusammenhanges legt es offenbar na-he, makroskopisch zu beobachten und makrosozio-logisch zu erklären, während die Mil<rosoziologieins Reservat des (G)Lokalen verbannt und welt-gesellschaftstheoretisch als irrelevant betrachretwird. Dies gilt sogar für die Systemrheorie, die eineergänzende interaktionstheoretische Analyse globa-ler Phänomene im Prinzip zulassen würde, faktischaber fast ausschließlich als makrosoziologisch angc-legte Differenzierungstheorie betrieben wird, mitBezugnahme höchstens auf die Ebene der Organisa-t ion. Besonders ausgeprägt isr dieser makrosoziolo-gische Rigorismus bei Meyer,, der trotz seinesphänomenologischen Anspruchs str i lct mal<roderer-ministisch argumenrierr.

Die Ergänzung der I/eltgesellschaftstheorie um cinemikrosoziologische Perspektive öffnet dagegen denBlick auf den unterschiedlichen l(r istal i isationsgradglobaler Struktur:en und die Variabil i tär globalerVergesellschaftungsprozesse; sie srel l t in doppelterHinsiclrt eine Erweiterung dar. Zum einen beder_rtetdie Entstehr-rng eines glo[ralen I(ommr-rnil<ations-

zusamlnenhangs nicht notwenclig, dass sich überallübergeordnete ordnungssrruktlrren herausgebildethaben; und sofern es zur Ausbildu'g von solchenstrulcturen kommr, brauchen diese nicht 'nbedingtiroch institutionalisiert und durch organisarionenabgestütztztr sein. sie können auch auf \üzechselwir-

Icungen beruhen, clie noch wenig verfestigt r-rnd instarkem Maße interaktionsabhängig sind und diefolgl ich unter Rekurs auf die Mikroebene beschrie,ben werden müssen (vgl. B. Heinrz 2004). Enrspre-chend stel l t sich die Frage, wo und in welcher Formsich übergeordnete uncl weltweit geltende Erwar-t lrngsstrukturen herausgebildet haben und welcheMechanismen zLr ihrer Gcnese und Reprodr-rl<ticlnl'reitragen. Zum anderen ver]rilft die Erweiten-rngum eine mikrosoziologische Perspektive dazu, deninsbesoncler:e irn Neo-Institutionalismus ausgepräg-tcn Strukturdeterminismus zu relativieren. Aus mi-krosoziologischer Sicht wirken Regeln nicht vonselbst, sondern rryerden stets interpretiert und an diejeweil ige Situation angepasst. Dies gi l t auch für welt-weit institutionalisierte Regeln, die, um rarirksarr zusein, lokal übersetzt werden müssen.

$7ie lassen sich solche Mikroprozesse in den Blickbringen? Ein möglicher Zugang besteht darin, dieExistenz globaler Ordnungsstn-rkturen zunächst alsein unwahrscheinliches Phänomen zu behandelnund dan n zü fragen, unter welchen Bedingungcn esdennoch dazu kommt. Es lassen sich zumindesr dreiGründe f inden, weshalb die Ausbildr-rng globalerOrdnungsstl 'Lrkturen ein unwahrscheinl iches Phä-nomen ist .

Ein erster - trivialer - Grund sind dre räumlichenDistanzen. Globale Strukturen umspannen die gan-ze Welt. F.in zweiter Grund sind die kulturellen umdsozialen Distanzen: An der Genese und Reproduk-tion globaler Strr-rkturen sind Akteure aus unter-schiedlichsten kr,r l turel len l(ontexten betei l igt. Diesführt zu Verständigr-rngsschwierigkeiten und verrin-gert die Akzeptanzwahrschcinlichkeit von I(om-munikation. Ein Beispiel dafür isr die Frauer-rbewe-gung, der es erst Ende der 80er Jahre gelang, dieinternen wel t regionalen Spal tungen zu überwindenund s ich zumindest temporär a ls t ransnat ionale Be-wegung zu etablieren (ugl. u. a. Finke 2001, \ i lölte2002). Eine dritte Unwahrscheinlichkeit ist dieEtablienrng normativer globaler Inreglations- undInklusionsmechanismerr., wie sie zumindest aus ei-ner Parsorrianischen Sicht für die Entsrehr-rng einer\')Teltgesellsch aft erforderl ich sind.

Damit es t rotzdem zLTr Herausbi ldung globaler :Strukturen kommt, braucht es Mechanismen, diediesen fragnrentierenden Tendenzen entgegenwir-

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112 Zeitschrift für Soziologie, Sonderheft ,,Weltgesellschaft" ,2005, S. B9-119 Jens creve und Bett ina Heintz: Die, ,Entdeckung" der weftgesel lschaft 113

ken. Drei mögliche Gegenmechanismen möchten

wir im Folgenden kurz erw'ähnen:

1.. Das Problem der räumlichen Ausdehnung wirddurch die Entwicklung von Transport- und I(om-munikationstechnologien ar-rfgefang€fl, mit derenHilfe sich geographische Distanzen heute relativproblemlos überwinden lassen, entweder faktischoder virtuell. Es ist deshalb kein Zufall, dass vieleAutoren einen Zusammenhang zwischen Globali-sierungsprozessen und Umbrüchen in den l(om-munikations- und Transporttechnologien konstatie-ren (vgl. exerrlplarisch Stichweh 2000: 17, Giddens2A03, Osterhammel/Petersson 2003).

2. Das Vorhandensein einer technischen Infrastrurk-tur reicht jedoch nicht alls, um weltumspannendeZusammenhänge entstehen zu lassen.ae Um derkulturellen und sozialen Heterogenität entgegen-zuwirken, bedarf es zusätzlich einer kulturellen ,,In-ffastruktur". Es müssen m.a.\7. Mechanismen ent-wickelt werden, die kommunikative Anschlüsseauch dann möglich machen, wenn die Beteiligtenaus unterschiedlichen sozialen I(ontexten stafflmen.Ein nröglicher' tW.g ist funktionale Spezialisierung,d. h. die Einschränkung des thematisierten Weltaus-schnitts auf einen eng umgrenzten Gegenstands-bereich. Ein anderes, ebenso wichtiges Verfahren istdie Standardisierung der Sprache. Die Festlegungvon expliziten I(ommunikationsregeln verhilft da-zu, Verständigung auch unter der Bedingung ano-nymer und sozial heterogener I(ommunikation zuermöglichen. Ein überzeugendes Beispiel dafür istdie Mathematik, die irn Verlauf des 19. Jahrhun-derts ihre I(ommunikationsregeln stark normierte.Die rigorose Formalisierung der mathematischenSprache war ein wichtiges Instrument, um ange-sichts eines zunehmend heterogenen und anonymenAdressatenkreises die internationale mathematischeKommunikation sicherzustellen (zur Interpretationder mathematischen Formalisierung als symbolischgeneralisiertes I(ommunikationsmedium vgl. B.Heintz 2001,: Kap. 7).

Diese Überlegung lässt sich verallgemeinern. EinBeispiel dafür sind die von I(arin Knorr Cetina un-tersuchten globalen Finanzmärkte, die als eine Artvirtueller Interaktionssysteme funktionieren (ugl.I(norr CetinaiBrLregger 2002). Die Koordination

ae Dies zeigt exemplarisch die Internet-l(ommunikation.Die meisten virtuellen Kommunikationen haben hochgra-dig lokalen Charakter, d. h. die soziale Heterogenität wirddrastisch reduziert. Anstatt mit Personen aus anderenLändern und l(ulturkreisen zu kommunizieren, trrfft mansich in lokalen Chats und schreibt im Regionaldialekt; vgl.B. Heintz 2400.

,irber Itteraktion gelingt hier nur deswegen, weil dieWelt, auf einen kleinen visualisierbaren Ausschnittreduziert und die Verkehrssprache hochgradig stan-dardisiert ist. Ein aufschlussreicher Kontrastfall istdas politische Systern, das, wie Gipfeltreffen undLlN-Sfeltkonfer enzen zeigen, offenbar in hohemMaße auf face-to-face-Kontakte angewiesen ist.Aber auch in der \üTirtschaft gibt es Grenzen einerUmstellung von dir:ekter Interaktion auf virtuelleKommunikation. So werden in mr-rltinationalenKonzernen E-Mails vor al lem für Routinekom-munikation eingesetzt, während die Steuerungund Entscheidungsfindung zLrm größten Teil übersimulierte (Videokonferenzen) und faktische face-to-face-Gespräche erfolgen, auch wenn letzteresfür das Management ein ständiges Reisen rund umden Globus er fo rder l i ch macht (ug l .F rohnen2005 ) .

3. Die Schwierigkeiten, jenseits der NationalstaatenInklusions- und Integrationsmechanismen zü etab-lieren, zeigen sich bereits auf EU-Niveau (vgl .präg-nant Geser 2000). Allerdings stel l t sich die Frage,inwieweit die Existenz einer Weltgesellschaft ::,t-sächlich auf so etwas wie eine globale (Sozial-)Inte-gration angewiesen ist. Je nach theoretischemStandpunkt fallt die Antwort Lrnterschiedlich aus.'V7ährend

sich Luhmann gegen die Vorstellung einerübergreifenden Integration wendet und an derenStelle das I(onzept der strukturellen I(opplung setzt(ugl.u. a. Luhmann 1997: 601,ff .)50, halten Autorenin Parsonianischer Tradition darun fest, dass dieVerwendung des Begriffs der

'Süeltgesellschaft die

Existenz von normativen globalen Integrations-mechanismen voraussetzt (ugl. Münch in diesemBand). Dies gilt ähnlich auch fär die beiden anderenIü/eltgesellschaftstheorien. So schließt Heintz ausder Relativierung des gemeinsamen Wertes der Mo-dernisierung auf eine ,,Entstrukturierung" der\Teltgesellschaft (ugl. II.2.), und bei Meyer ist

,,$(/eltgesellschaft" praktisch gleichbedeutend mitder Ausbreitung einer ,,world culture", dfl derenNormen sich die einzelnen Akteure orientieren, zu-rnindest auf einer symbolischen Ebene (ugl. I I .1.).Unabhängig davon wie diese Frage theoretisch ent-schieden wird, gibt es auf ernpirischer EbeneZeichen fär eine Institr-rtionalisierlrng globaler Er-wartungsstrukturen (man denke etwa an den Men-

50 Die These einer nicht ineinander übersetzbaren V'iel-stimnrigkeit der funktionalen Perspektiven schließt dieExistenz von normativen (und kognitiven) Erwartungeninnerhalb der Funktionssysterne nicht ans. Bestritten wirdbloß, dass in der modernen (!felt)Gesellschaft normativeIntegration im Sinne eines übergreifenden I(onsensesdenkbar ist .

schenrechtsbereich). Auch lassen sich Hinweise da-ranf f inden, dass die Frage nach den Möglichkeitenglobaler sozial inregrarion auf der Ebene der Selbst-beschreibung zunehmend thematisiert wird. Mandenke hier etwa an die Diskussionen um eine Glo-balvefiassurlg (ugl. Brunkhorsr in diesem Band), andie Rede von einer ,,globalen Zivilgesellschaft"(ugl. Czernpiel 1992, Lipschutz 1992, I(eane 2003)oder an die Diskussion um eine gerechre \üfeltwirt-

schaftsordnung.

Diese empirischen Befunde zeigen, dass global insti-tutionalisierte Standards nicht überall und nicht inallen Funktionsbereichen in gleichem Maße dur-ch-gesetzt sind - von einer homogenen Formien-rng derWeltgesellschaft kann daher nichr ausgegangenwerden. Stattdessen bietet es sich an, zwischen Lrn-terschiedlichen Graden der Institr-rtionalisierungglobaler Struktr-rren zv unterscheiden. Ein hoher In-sti tut ionalisierungsgrad beder-rter, dass sich globaleErwartungsstrukturen herausgebilder haben, dieobjektiviert uind weltweit verbindlich sind und überderen Einhaltung ein mehr oder weniger effizientesI(ontrolf - und Sanktionssysrem wachr (ugl. dazu in-struktiv Djelic/Quack 2003). Wo sich solche Insti-tutionen ar-rsgebildet haben, kann man von einer ei-genständigen globalen Ordnungsebene sprechenund ist ein makrosoziologischer Bezugsrahmen an-gemessen. Beispielhaft dafür sind die Vermehrungvon globalen Gerichtshöfen, die teilweise sraaten-unabhän gig agieren, und die verschiedenen Va-rianten von

'Weltrecht, die, irn Gegensatz zum

Völkerrecht, nicht oder nur teilweise auf zwischen-staatlichen Vereinbarungen beruhen, sondern größ-tenteils von privaten Organisationen entwickeltr-rnd durrchgesetzt werden. In Ansätzen gilt dies fürdas Sporrrechr, für die lex digitalis des Internet undvor allem flir die lex mercatoria (ugl. Lr. a. TeubnerI996, Wahl 2003, Fischer-Lescano/Teubner 2005).Ein anderes Beispiel sind global institutionaiisierteStandards, die mit einem weltweiten Anspruch defi-nieren, wie Dinge und Personen zLr klassifizierenund zu behancleln sind (ugl. Loya/Boli 1,999, Bruns-son 2000) .

Am anderen Pol liegen globale Felder, in denen dieRegeln und gemeinsamen Deutungen erst in Ansät-zen objektiviert sind und vor allem in den I(öpfender Beteiligten exisriere'. Deren Reproduktion istfolglich instabil und stark personenabhängig. EinBeispiel dafür ist die rransnationale Frauenbewe-BunB, die zu einem großen Teil auf informellenKontakten zwischen einer Vielzahl von Gruppie-rungen beruht und nur in Ansätzen,formal organi-siert ' ist (vgl. u. a. Rucht 2002: 338f.). Transnatio-nale,,advocacy nerworks" (I(eck/Sikkink 1999\

und,,epistemische Gemeinschaften,, (Haas 1993)i iegen zwischen diesen beiden polen. so bi ldet 2.8,.die wissenschaft einen weltweite' I(ommunika-tionszusarnmenhätrg, der vorwiegend auf informel-len und thernenabhängigen Netzwerksrruktr-rren be-ruht. Transnationale rx/issenschaftsorganisationen

existieren zwa\ sie haben aber ftir die Forschung ei-ne nur _ geringe Bedeutung (ugl. Stichweh 2000:17 \ f f . ) . s1

\X/ir haben in diesem Aufsatz die Annahmen be-schrieben, die allen drei rüTeltgesellschaftstheorien

gemeinsam sind, und haben dazu zwei Theorietra-ditionen rekonstruiert, die ihnen voraLlsgingen.Trotz ihrer unbestreitbaren Innovationsleistr_rngsind die \Teltgesellschaftstheorien jedoch in dreier-lei Hinsicht problematisch.

Erstens sollten die beiden Fassungen des \üTelrgesell-

schaftsbegriffs (ugl. I I . 4.) explizirer auseinander ge-halten werden: Es ist eine Sache, die Enrstehung

'eines globalen l(ommunikations- und Beobach-tungszusammenhangs zu postul ieren, eine andereaber zu behaupten, dass sich innerhalb dieses l(om-munikationszusammenhangs übergeordnete Regel-und Ordnungsinstanzen ausgebildet haben, die ge-wissermaßen in der Vertikalen wirken. IüZährend ander Existenz einer Weltgesellschaft im ersreren Sinnkaum gezweifelt werden kann, sind solche überge-ordneten Ordnungsstrukturen in unterschiedlichemMaße realisiert. Es ist deshalb eine ernpirische Fra-ge, inwieweit und wo sich \X/eltgesellschaft in die-sem zweiten Sinne ausgebildet hat.

Die makrodeterministische Orientierung führtzweitens dazu, die Autonomie und die Eigendyna-mik von Prozessen auf tieferer Ebene zu unterschät-zen. rü/ährend die Modernisierungstheorie die Be-deutung transnationaler Strukturen übersehen hat,neigt die $Teltgesellschaftstheorie umgekehrt dazu,deren determinierende \Wirkung zu hypostasieren.Als Gegenpol zu dem nach wie vor dominierenden,,Provinzial ismus" der Soziologie (P. Fleintz) ist dieDevise, alle Phänomene in der rüTeltgesellschaft ausder Existenz dieser Gesellschaft selbst zu erklären,zwar eine wichtige Anregung, als Forschungspro-gramm ist sie aber kaum durchführbar. Nicht al leEr:eignisse in der \ü/elt sind ausschließlich auf die(Makro-)Strukturen der Weltgesellschaft zuri.ick-zr-rführen sieht man von der letztlich trivialen

51 Der Unterschied zum \ü/eltrechr. zeigt sich auch darin,dass Regelverletzungen in der Regel informell geahnderwerden. Erst in jüngster Zeithaben sich formelle und vonl7issenschaftsorganisationen getragene Sanktionsverfah-ren herausgebi ldet , d ie aber nach wie vor mehrhei t l ich na-tional verankert sind.

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1 1 4 Zeitschrift f ür Soziologie, So nderh eft,, Weltgesel lschaft ", 2OO5, 5 . 89-1 1 9 Jens Creve und Bett ina Heintz: Die , ,Entdeckung" der wel tgesel lschaft 1 1 5

Feststellung ab, dass alles durch alles beeinflusst ist,

wenn alles mit allem zusammenhängt. Vielmehr ist

es eine zunächst empirisch zu beantwortende Frage,

in welchem Maße und auf welche \Weise regionale

und lokale Ereignisse durch übergeordnete globaleOrdnungsstrukturen geprägt sind.

Die strikt makrosoziologische Ausrichtung der 'V7elt-

gesellschaftstheorien hat drittens zur Folge, dassglobale Zusammenhänge, die noch wenig institurtio-nalisiert und entsprechend instabil und interaktions-abhängig sind, aus dem Blickfeld geraten. Um solche

,,globalen Mikrostrukturen" in den Blick zu bekom-men, rnüssen Weltgesellschaftstheorien um eine mi-krosoziologische Dimension erweitert werden. Nurauf diese

'Weise geraten die globalen ,,Wechselwir-

kungen" in den Blick, die sich, mit Simrnel gespro-chen, ,,noch nicht zu festen, überindividuellen Gebil-den verfestigt haben" (Simmel 1992: 33).

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Autorenvorstellung: Jens Greve, geb. 7966 in Heidelberg. Studium der Philosophie und Soziologie in Frankfurt a.M.und Heidelberg. 2001 Promotion anr Max 'JTeber-Kolleg fur kultur- und sozialwissenschaftl iche Siudien an 4er Univer-sität Erfurt, anschließend wissenschaftl icher Angestellt ir am Institut für Soziologie der Universität Mainz. Seit 2004\)fissenschaftlicher Angestellter an dcr F'akultät für soziologie dcr universität Bieleield.Forschungsschwerpurrkrc: Soziologische Theorie, Handlungstheorie uncl Theorie der \,J(/eltgesellschaft.Veröffendichungen u'a.: Handlungserkläruhgen und die zwei Rationalitäten? Neuere Änsätze zur Integration von Wert-undZweckrationalität in ein Handlungsmodell, in; Kölner Zejtschrift für Soziologie und Sozialpsyciologie 55, 2003:621-553; Kommunikation und B^edeutung. Grice-Programm, Sprechakttheorie unJradikale Interpretation. \Vürzburg:Königshausen & Neumann 2003; Bedeutung, Handlung uncilnrerpreration. Zu den Grundlagen der verstehcndäSoziofogie, in Zeitschrift für Soziologie 31,2002: SZI-lSö.

Bettina Heintz, geb. 7949 in Zürich. Studium der Soziologie und Sozialgeschichte in Zürich. Promotion j,991 in Ztirich.Habilitation 1995 an dcr FrJ Berlin. L987-'1995 Assistentin an den UnivÄitäten Zürich, FU Berlin und Bern. L992/93 FelIow am lfissenschaftskolleg Berlin. i996 Gastprofcssur an der Universitätwiei.-lggi-2004 professorin für AllgcrneineSoziologie an der Universität Mainz.; seit 2004 Professorin für Soziologische Theorie an der Universität Bielefeld.

fgrslhungsschwerpunkte: Soziologische_Theorie, Soziologie der Weltgisellschaft, Vissenschaftssoziologie.'ütrichtigste Publikationen: Die Hcrrcchaft der Regel. Zur öruncllagenleschichte ies Computers, Frankfirt/M. 199-3; Die In-nenwelt der Mathematik. Zur Kultur und Praxis einer beweisenden bisziplin, Vien u.a.2000; Wissenrchaft, die Grenzenschafft, Geschlechterkonstellationen in disziplinären Vergteich, Bielefeld 2b04 (zus. mit Man in Mertund Christina Schrmacher); Emergenz und Reduktion. Ne ue Perspektiven a;f das Mikc/Makro-Problem, in: Kölner Zeit*hrift für Soziologieund Sozialpsychol ogie,2004, 56:1*.31; zuletzt in dieser Zeitschrift: ,,ln der Mathemat'ik ist ein Streit mir Sicherheit zu ent-scheiden" - Perspektiven einer S.ziologie der Mathem attk, in: Zts 29,2000: 339_360.

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Zeitsch rift tür SoziofogieDie Zei*.chrift w.ifd herausgegeben von der universität Bielefeld, Fakultät für soziologie, Dre .l.akultät beruft auf Zeitdas in seiner Tärigkeit unabhängige Herausgebergremium und den Beirat.

Herausgeber: BeftinaHeintz,BielefeldMartin Kohli, FlorenzRichard Münch, BambergPeter Preismdörfer, MainzHartmann Tyrell, Bielefeld

Redaktion undGeschäftsführung: Hartmann-ryrell, u*niversität Bielefeld, rakultät für soziologieposifach 10 01 31, D_33i01 Bielefeld

Te le fon (05^21) 1 ,06_4627 (vorm. Sekr . _4626) . Fax (0521) 106_6473E-mail: zfs@uni_bielefeld.deInrerner: ww. uni_bielefeld.delsolzfs

'Wissenschaftlicher Beirat:

Jutta Allmendinger, München 'Johmnes Berga, Mannheim .-förg Bergmmn, Bielefeld . Hans-I,ets Blossfcld, Bambere .Josef Brüderl, Mannheim ' Andreas Diekman-n, ztir;ch . ttmslDi!,g. r'""", Bi.l"üiJ.lmgäw. Falter, Mainz . ute Gir-hard, Frankfun a' M. 'Jürgen Gerhards, Berlin ' Hans c"r*, 2u.i.rr . Hans-Joachim öi.;J;l;"^ .Johann Handl, Erlan-gen ' Hartmut Häussermann, Berlin ' $efan Hlrsghger, utincrten chrirr;i Crpf, HillJ.iSi"i jiorr"r"., Huinink, Bremen' HansJoas, Erfurt' Frmz-Xaver Kauftnann, Bierefeld : Ka;; i;on ceri"";K;;;;:i;;riJir"r;rg, Bieiqferd .Thomas' Luckmann, Konstanz 'Niklas Luhmannf, Bielefeld .nenate Maynz, Köln . walter Müller, Mannheim . Bernhard Nauck.chemnitz' Rosdmarie Nave-Hez, olclenburg . c..;J N;;;;r-winkrer, Münche" l.ä ürr"r,"ler, Duisburg . Ilonaosmer, Göttingen 'Franz u. Pappi,tr'I""nheiri- ned"f polt""t, i*nr.run ioae.i. ry;-;;;*trt, Berlin .werner Raub,utrecht ' uwe schimank, Haeen . Gert schrnidt, ErlansJ . rüjrg-g iri*;g !.hr;il;; Fffi;;s i. B. . yvonne schütze,Berlin 'Hms-Georg soeffner'komt^i:Irj^i*;;2:'r.pql

iy;ir t.agr, saLburg . nrä.r srä*"r,, Luzern . worfgangi|fhfj:

' Gunther reubner, Frankrurt a. M. . Monik; woil';-i;h?E;;;;;:s,.oiärillh Hildesheim . wotdan!

I ,r/ S

Anschriften der Herausgeber des sonderhefres:

Professor I)r. Bettina HeinrzUniversität BielefeldFakultät für SoziologieUniversitätssrraße 25D-33615 B ie le fe idE-mail : bettina.heinrz@uni- bielefeld.de

Professor Dr-. Hartmann TvrellUniversitär BielefeldFakLrltär für Soziologie

)niv et'si rätsstra ße 2 S/ / D-33615 B ie le fe ld

Professor Dr. Richard MünchUniversi tät BambergInstitut für: Soziologie IIL ichtenhaidestraße 11D-96045 BambergE-rria i l : r ichard. m Lr ench@sowi. u rr i - bam berg. de

Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikaiim in der Deutschen Nationalbibliografic; detaillierte hibliogrefi-sche Daren sind im Internet ub., http,//dnb.dJUJ-"UrJtrr.'

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I !r:i-t * lT.il._V^._tFggese[schaft rnbH . Sruttsarr . 2005ueroksrr_, ue 5 j,, D -7 01 84 StungartDas werk einschließlich aller seter Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung a,ßerhalb der engcn Grenzendes.urhcberrechtsgesetz€s i.. ot'n. zrrii..;ü;;'ü;il; 'f;ulässig und strafbar. DÄ girr insbesorrcrere fiir vcrvicr-talfisunsen' ubersetzungen und Mikroverfirm*!*

""J J"'ä;ril;;;"r;;;M'ü,,;rrtär*ä l'"'li.r.,ronischcn sysrcmcn.

$_9ll-,tf.tst.ttung: Buch- und Offsetdruckerei Somme4 D-91555 Feuchtwangenl'rrnted in Germany

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Zeitsch rift tür Soziofi ogf e

f nhal tl Contents

VI Vorwort

Einf e i tung

Singular oder Plural - Einleitende Bemerkungen zu Globalisierung und'Weltgesells ch aft

Singular or PIural - Prelimi nary Remarks on Glctbalizatiort and World Societt,

Begriffsgesch i chtf iche Zugänge

Goethes,,'welrlit eratur." - Ein ambivalenter ErwartungsbegriffGoethe's "weltliteratur" - An Ambivale't, Antiöi patory curr-..pt

von der,, Gesellschaft " zur,,vergesel Ischaftr_rng,, . zur der_rtschenTr adition des GesellschaftsbegriflsFrom "Gesellschaf{'to "Vergesellschaftung". The German Traditio' of theConcept of Sociery

Zur Theorie der Weftgesef lschaft89 Die ,,Ent{eckung" der \X/eltgesellschafr. Entstehung und Grenzen der

Weltgesell scha ftstheorieThe "Discovery" of rWorld Society. Emergence and Limits of the Theory ofWorld Society

120 Auf der Suche nach der verlorenen Totalität. Vrn Marx' kapitalistischerGesellschaftsforrxa tion z u \rVallersteins Analyse d,et,,S7eltsy51eme,, ?In Searclr of the Lost Totality. Fronr Marx' Societal Formarion of Capiralism to\ü7all erstein' s "'V(/o rl d-Systems Ana I ys i s,' ?

5 1

Sonderheft,, Weltgesellschaft"

Bettina HeintzRichard MünchH artntann Tyre.ll

Hartmann Tyrell

Manfred Kocb

Klaus Lichtblau

Jens GreueBettina Heintz

Lothar Hacl<

Bettina Mahlert

Rudolf Stichweh

Raimund HasseGeorg Krückert

Tltomas Schuinn

68

186

1s9 Globale ordnung und globaler l(onfl ikt: Talcott parsons alsTheoretiker des ost-'west-Konfiikres. Eine Anrnerkung zurTheoriegeschichre von,,Welrgesellschaft.,Global order and Giobal Conflict: Talcorr Parsons as a Theorist of the Cold'v7ar.

A contribution to the History ,f Theories of ..'world sociery,,

Zum Gesellschaftsbegriff der Systemrheorie: Parsons uncl l.uhmannund die Hypothese der \üZelrgesellschaftOrr the Concepr of Society in Systems Theory: .lalcort parsons, Niklas Luhrnannand the Hypothesis of tVorlcl Sociery

Der Stellenwert von Organisationen in Theorien cler \üTeltgesellschaft.Eine kritische \TeiterentwicklLlng systemrheoretischer und neo_institr-r_tionalistischer Forschungspersp.kriu.n

1,74

The Significance of Organizarions in Theories of the \ü/orld Society. A Cr.iticalExtension of Research Per:spectives of .Sysrerns Theory and New Institr-rtionajism

205 lreltgesellschaft, rnultiple Moderne Lrncl die Herausf.rderllngerl für cliesoziologische Theorie. Piädoyer für eine mitr lere Absrraktionshöhe\ü/orld Society, Mr-rltiple Moclemity ancl rhe Challenges for-Sociological Theor,v.A Piea f or an Intermediare Lever of Abstracrion

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IV Zeitschrift f ü r Soz iologie, Son d erheft,, Weltgesel lsch aft", 2OO5, S. l l l-V lnha l t

Differenzierung und Integration der WeltgesellsChaft .;

223 Politik der STeltgesellschaft und Politik der Globalisierung:Uberlegungen zur Eme rgenz von

's7eltstaatlichkeit

Politics of 'World

Society and Politics of Globalization: Notes on the Emergenceof \ü7orld Statehood

239 Die \X/elt der Patente. Eine soziologische Analyse des \ff/eltpatentsystems

Patent'World. Towards a Sociological Analysis of the World Patent System

260 Der \ü/eltsport und sein Publikum.'s7eltgesellschaftstheoretischeÜberlegungen zum ZuschauersportWorld Sports and Their Publics. Spectator Sports through the Lenses of \7orldSociety Theory

290 Die I(onstruktion des Welthandels als legitime Ordnung der\X/eltgesellschaft

The Construction of 'lüorlcl

Trade as a Legitimate Order in World Society

31,4 Vom globalen Dorf zur kleinen \felt: Netzwerke und I(onnektivität inder IX/eltgesellscha ftFrorn the Global Village to the Small l7orld: Networks and Connectivity inNüorld Society

330 Demokratie in der globalen Rechtsgenossenschaft. Einige Überlegungenzur poststaatlichen Verfassung der WeltgesellschaftDemocracy in the Global Legal Community. Reflections on the Post-StatistConstitution of the Global Society

Region, Nation, Lokal i tät

348 Die Verortung Europas in der Weltgesellschaft. HistorischeEuropasemantik und Identitätspolitik der Europäischen UnionSituating Europe tVithin World Society. Histor:ical Semantics and the IdentityPolitics of the European Union

374 '$Teltgesellschaft,

Menschenrechte und der Formwandel desNationalstaatslVorld Society, Human Rights and the Transformation of the Nation-State

394 Weltgesellschaftund Nationalgesellschaften: Funktionen vonStaatsgrenzenWorld Society and National Societies - Functions of National Borders

41,5 XTie global ist institutionalisierte Weltbildungsprogrammatik?Neo-institutionalistische Thesen irn Licht kulturvergleichenderAnalysenRe-Exam i n i n g Irr sti tuti o nalized \X/orl d -Level Educa ti ona I Id eo I ogy :Neo-Institutionalist Assumptions in the Light of Cross-Cultural Analysis

442 Die Vergangenheit in der Gegenwart. Tr:aditionelle Landwirtschaft,soziopoiitische Differenzierung und moderne Entwicklr-rng in Afrikaund Asien: Ein statistischer LändervergleichThe'Weight of the Past. Traditional Agriculture, Sociopolitical Differentiation,and Modern Development irr Africa and Asia: A Cross-National Analysis

479 Das Lokale als Ressource im entgrenzten \Tettbewerb: Das Verhandelnkollektiver Repräsentationen in Nepal-HimalayaThe'Local ' as a Resource in Global Competit ion. Negotiating CollectiveRepresentations in Nepal-Hirrralaya

501 Alphabetisches Verzeichnis der Autorinnen und Autoren desSonderheftes

I o anna P faff- Czarne cka

Mathias Albert

Christian Merscb

Tohias Werron

Richard Mänch

Boris Holzer

.,i

Hauke Brunk horst

Tl'teresa .Wobbe

Matthias Koenig

Utue Schimank

Järgen Schriewer

Patrick ZiltenerHans-Peter Müller