Über den Aufbau des Virus-Elementarteilchens der...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. AUFBAU DES VI R U S - E L E M E N T A R T E I L C H E N S II 199 Über den Aufbau des Virus-Elementarteilchens der klassischen Geflügelpest II. Mitt.: Chemische Eigenschaften des Elementarteilchens und seiner Spaltprodukte Von WOLFRAM ZILLIG, WERNER SCHÄFER und SIGRID ULLMANN Aus dem Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen (Z. Naturforschg. 10 b, 199—206 [1955]; eingegangen am 17. März 1955) Durch chemische Untersuchung hochgradig gereinigter Viruskonzentrate der klassischen Ge- flügelpest und der durch Ätherbehandlung aus ihnen gewonnenen Virus-Spaltprodukte wurde der Aufbau der infektiösen Virus-Elementareinheit aufzuklären versucht. Dabei ergab sich, daß die Elementareinheit außer Lipiden (etwa 24%) und einer noch nicht sicher erfaßten Menge von Kohlenhydraten, vor allem ein Nucleoproteid (etwa 63%) enthält. Die Nucleinsäure gehört sehr wahrscheinlich dem Pentosetyp an und macht etwa 4% der Trockenmasse des Elementarteilchens aus. Bei der Prüfung der Virus-Spaltprodukte wurde festgestellt, daß die gesamte Pentose- Nucleinsäure des Virus-Partikels in der als „gebundenes Antigen" bezeichneten Untereinheit vorliegt, die in der Hauptsache aus Nucleoproteid besteht (etwa 15% Pentose-Nucleinsäure) und annähernd 25% der Masse des Elementarteilchens ausmacht. In der zweiten, in reiner Form gewonnenen, biologisch aktiven Untereinheit des Virus- Elementarpartikels, dem „Hämagglutinin", wurden bisher nur Protein und Kohlenhydrate nachgewiesen. Sein Anteil am Aufbau des Elementarteilchens ließ sich noch nicht genau be- stimmen. Das gebundene Antigen wird wegen seines hohen Pentose-Nucleinsäure-Gehaltes als das eigentliche selbstvermehrungs-fähige Material des Virus-Elementarteilchens angesprochen. I n der ersten Mitteilung 1 wurde über die Zer- legung des infektiösen Elementarteilchens der klas- sischen Geflügelpest (K.P.) durch Behandlung mit Äther berichtet und gezeigt, daß man dabei zwei sowohl funktionell wie auch physikalisch-chemisch voneinander verschiedene Spaltstücke, das Häm- agglutinin und das gebundene Antigen, erhält. Durch eine eingehendere chemische Untersuchung des Virus-Elementarteilchens und seiner Spaltpro- dukte sollte jetzt zu klären versucht werden, inwie- weit die beiden biologisch aktiven Untereinheiten am Aufbau des infektiösen Virusteilchens beteiligt sind und welche chemischen Strukturen ihren biologischen Fähigkeiten zugrunde hegen. Es ist geplant, diese Untersuchungen später durch Analysen des löslichen Antigens 2 ' 3 und der „inkompletten Formen" 4 zu ergänzen und so die Möglichkeit für einen Vergleich der verschiedenen virus-spezifischen Einheiten von der chemischen Seite her zu schaffen. Wir hoffen, daß es auf diese Weise gelingt, einen Einblick in die funktionellen Beziehungen zu gewinnen, die zwischen 1 W. S c h ä f e r u. W. Z i l l i g , Z. Naturforschg. 9b, 779 [1954], 2 W. S c h ä f e r , Z. Naturforschg. 6b, 207 [1951]. 3 W. S c h ä f e r u. K. M u n k , Z. Naturforschg. 7 b, 573 [1952]. den einzelnen, bei der Virusvermehrung auftreten- den, virus-spezifischen Teilchen bestehen. Die chemische Untersuchung der Viruskonzentrate hat nur dann einen Sinn, wenn Präparate bereit- gestellt werden können, die weitgehend frei von Be- standteilen der Wirtszellen sind. Dieser Forderung genügten die bisher 5 untersuchten Präparate nicht. Die an ihnen gewonnenen Ergebnisse haben deshalb nur einen begrenzten Wert. Es war dabei festgestellt worden, daß die Viruskonzentrate neben Eiweiß noch geringe Mengen von Desoxyribonucleinsäure (DNS) und wahrscheinlich auch noch Kohlenhydrate und Lipide enthielten. Inwieweit Pentosenucleinsäure (PNS) vorhanden war, wurde nicht geprüft. Für die nunmehr durchgeführten Untersuchungen wurden Viruspräparate von möglichst hohem Rein- heitsgrad herzustellen versucht. Bei der chemischen Prüfung dieser Präparate sowie der aus ihnen ge- wonnenen Virus-Spaltprodukte wurde besonderer Wert auf die quantitative und qualitative Bestim- mung der vorhandenen Nucleinsäure gelegt. 4 W. Schäfer, W. Z i l l i g u. K. M ü n k , Z. Natur- forschg. 9 b, 329 [1954]. 5 W. S c h ä f e r u. G. S c h r a m m , Z. Naturforschg. 5 b, 91 [1950].

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Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

A U F B A U D E S VI R U S - E L E M E N T A R T E I L C H E N S II 1 9 9

Über den Aufbau des Virus-Elementarteilchens der klassischen Geflügelpest

II. Mitt.: Chemische Eigenschaften des Elementarteilchens und seiner Spaltprodukte

V o n W O L F R A M Z I L L I G , W E R N E R S C H Ä F E R u n d S I G R I D ULLMANN

Aus dem Max-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen (Z. Naturforschg. 10 b, 199—206 [1955]; eingegangen am 17. März 1955)

Durch chemische Untersuchung hochgradig gereinigter Viruskonzentrate der klassischen Ge-flügelpest und der durch Ätherbehandlung aus ihnen gewonnenen Virus-Spaltprodukte wurde der Aufbau der infektiösen Virus-Elementareinheit aufzuklären versucht.

Dabei ergab sich, daß die Elementareinheit außer Lipiden (etwa 24%) und einer noch nicht sicher erfaßten Menge von Kohlenhydraten, vor allem ein Nucleoproteid (etwa 63%) enthält. Die Nucleinsäure gehört sehr wahrscheinlich dem Pentosetyp an und macht etwa 4% der Trockenmasse des Elementarteilchens aus.

Bei der Prüfung der Virus-Spaltprodukte wurde festgestellt, daß die gesamte Pentose-Nucleinsäure des Virus-Partikels in der als „gebundenes Antigen" bezeichneten Untereinheit vorliegt, die in der Hauptsache aus Nucleoproteid besteht (etwa 15% Pentose-Nucleinsäure) und annähernd 25% der Masse des Elementarteilchens ausmacht.

In der zweiten, in reiner Form gewonnenen, biologisch aktiven Untereinheit des Virus-Elementarpartikels, dem „Hämagglutinin", wurden bisher nur Protein und Kohlenhydrate nachgewiesen. Sein Anteil am Aufbau des Elementarteilchens ließ sich noch nicht genau be-stimmen.

Das gebundene Antigen wird wegen seines hohen Pentose-Nucleinsäure-Gehaltes als das eigentliche selbstvermehrungs-fähige Material des Virus-Elementarteilchens angesprochen.

In der ersten Mitteilung1 wurde über die Zer-legung des infektiösen Elementarteilchens der klas-

sischen Geflügelpest (K.P.) durch Behandlung mit Äther berichtet und gezeigt, daß man dabei zwei sowohl funktionell wie auch physikalisch-chemisch voneinander verschiedene Spaltstücke, das Häm-agglutinin und das gebundene Antigen, erhält.

Durch eine eingehendere chemische Untersuchung des Virus-Elementarteilchens und seiner Spaltpro-dukte sollte jetzt zu klären versucht werden, inwie-weit die beiden biologisch aktiven Untereinheiten am Aufbau des infektiösen Virusteilchens beteiligt sind und welche chemischen Strukturen ihren biologischen Fähigkeiten zugrunde hegen. Es ist geplant, diese Untersuchungen später durch Analysen des löslichen Antigens2 '3 und der „inkompletten Formen" 4 zu ergänzen und so die Möglichkeit für einen Vergleich der verschiedenen virus-spezifischen Einheiten von der chemischen Seite her zu schaffen. Wir hoffen, daß es auf diese Weise gelingt, einen Einblick in die funktionellen Beziehungen zu gewinnen, die zwischen

1 W. S c h ä f e r u. W. Z i l l i g , Z. Naturforschg. 9b, 779 [1954],

2 W. S c h ä f e r , Z. Naturforschg. 6b, 207 [1951]. 3 W. S c h ä f e r u. K. M u n k , Z. Naturforschg. 7 b,

573 [1952].

den einzelnen, bei der Virusvermehrung auftreten-den, virus-spezifischen Teilchen bestehen.

Die chemische Untersuchung der Viruskonzentrate hat nur dann einen Sinn, wenn Präparate bereit-gestellt werden können, die weitgehend frei von Be-standteilen der Wirtszellen sind. Dieser Forderung genügten die bisher5 untersuchten Präparate nicht. Die an ihnen gewonnenen Ergebnisse haben deshalb nur einen begrenzten Wert. Es war dabei festgestellt worden, daß die Viruskonzentrate neben Eiweiß noch geringe Mengen von Desoxyribonucleinsäure (DNS) und wahrscheinlich auch noch Kohlenhydrate und Lipide enthielten. Inwieweit Pentosenucleinsäure (PNS) vorhanden war, wurde nicht geprüft.

Für die nunmehr durchgeführten Untersuchungen wurden Viruspräparate von möglichst hohem Rein-heitsgrad herzustellen versucht. Bei der chemischen Prüfung dieser Präparate sowie der aus ihnen ge-wonnenen Virus-Spaltprodukte wurde besonderer Wert auf die quantitative und qualitative Bestim-mung der vorhandenen Nucleinsäure gelegt.

4 W. S c h ä f e r , W. Z i l l i g u. K. M ü n k , Z. Natur-forschg. 9 b, 329 [1954].

5 W. S c h ä f e r u. G. S c h r a m m , Z. Naturforschg. 5 b, 91 [1950].

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236 W. Z I L L I G , W . S C H Ä F E R U N D S. U L L M A N N

A. Material und Methoden

1. V i r u s m a t e r i a l Das für die Untersuchungen benötigte Virusmaterial

(Stamm „Rostock") 5 wurde durch zwei verschiedene Auf-arbeitungsmethoden gewonnen.

Bei der einen reinigten wir das Virus, wie es auch früher geschah 5, ausschließlidr durch fraktionierte Zentri-fugation. Während jedoch früher das Virus nur 2-mal mit Hilfe der iHtrazentrifüge (U.Z.) gewaschen wurde, wusdien wir es jetzt mindestens 3-mal. Es wurde zuerst bei 20000 U./Min. 1 Stde. lang (Rotor R 21 der Spinco-L-Zentrifuge) aus infizierter Eiflüssigkeit ausgeschleudert, darauf in einer größeren Menge Kochsalz-Phosphat-Lö-sung (pH 7,2) aufgenommen, niedertourig zwischengerei-nigt und anschließend 3-mal bei 18 000, 17000 und 16 000 U./Min. (Rotor R 30) je 1 Stde. sedimentiert; nach jeder Zentrifugation wurde es in gepufferter Kochsalz-lösung aufgenommen. Das nach der letzten Ultrazentri-fugation gewonnene Konzentrat reinigten wir dann schließlich noch durch 5-Min.-langes Zentrifugieren bei 3000 U./Minute.

Das zweite Reinigungsverfahren bestand darin, daß wir die Viruspartikel zuerst durch Adsorption—Elution an und von Hühnererythrozyten aus der infektiösen Ei-flüssigkeit isolierten und anschließend noch durch vier Waschungen in der U.Z. (je 60 Min. bei 24 000, 18 000, 17000 und 17 000 U./Min., Rotor R 30) reinigten. Der-artige Präparate wurden allerdings nur für einige Nucleinsäure-Bestimmungen bereitgestellt.

Der Grad der Reinheit unserer Präparate ließ sich nach ihrem Verhalten in der analytischen Ultrazentrifuge be-urteilen 6. Da die als Verunreinigung in ihnen enthaltene „normale Komponente" über eine hohe Viskosität ver-fügt, verlangsamt sie die Sinkgeschwindigkeit der Ele-mentarteilchen. Diese beträgt in reinen Lösungen etwa 740 S und kann in stärker verunreinigten Präparaten bis auf 600 S heruntergehen. Es wurde darauf geachtet, daß für die chemische Untersuchung nur solche Präparate verwandt wurden, in denen das Virus mit der höheren Geschwindigkeit absank.

2. B i o l o g i s c h e T e s t e Die Technik der biologischen Testreaktionen wurde in

der ersten Mitteilung besdirieben i.

3. S p a l t u n g d e r E l e m e n t a r t e i l e h e n m i t Ä t h e r An gleicher Stelle findet sich auch eine eingehende Be-

schreibung der mit Hilfe von peroxydfreiem Äther durch-geführten Spaltung sowie der präparativen Trennung von gebundenem Antigen und Hämagglutinin, die durch Adsorption des letzteren an Erythrozyten erfolgte.

4. C h e m i s c h e M e t h o d e n a) Der Stickstoffgehalt von Lösungen und Trockenmate-

rial wurde mit Hilfe der Mikromethode nach K j e l d a h l ermittelt.

(i W. S c h ä f e r , K. M ü n k u. O. A r m b r u s t e r , Z. Naturforschg. 7 b. 29 [1952],

7 G. S c h r a m m u. H. D a n n e n b e r g . Ber. dtsdi. chem. Ges. (Abt. B) 77. 53 [1944],

b) Der Phosphorgehalt wurde nach dem Verfahren von F i s k e - S u b b a r o w mit Hilfe des liditelektrischen Kortüm-Kolorimeters bestimmt.

c) Trockengewichte ermittelten wir nach mindestens 48-stdg. Dialyse der Viruspräparate gegen mehrmals er-neuertes destilliertes Wasser und anschließender Trock-nung über Phosphorpentoxyd im Vakuum-Exsikkator bei Raumtemperatur.

d) Für die Ermittlung der LW-Spektren stand ein Beckman-Quarz-Spektrophotometer zur Verfügung.

e) Der Gesamtgehalt an Nucleinsäure wurde aus dem V erhältnis der Extinktionen bei 260 mu und 280 mu nach einer für Mischungen von Tabakmosaik-Virus-Protein (TMV) und -Ribonucleinsäure (RNS) gewonnenen Eich-kurve unter Annahme einer spezifischen Extinktion von 0,120 bei 260 in« für die Nucleinsäure und eines dem TMV entsprechenden Gehaltes des K.P.-Proteins an aro-matischen Aminosäuren abgeschätzt.

Genauere Gesamtnucleinsäure-Bestimmungen führten wir nach der von S c h r a m m und D a n n e n b e r g 7 für TMV beschriebenen Methode durch. Das Protein wird dabei mit 5-proz. Trichloressigsäure durdi 30 Min. langes Erhitzen auf 100° C im siedenden Wasserbad ausgefällt und ab-zentrifugiert, der Nucleinsäuregehalt im Überstand durch Messung der Extinktion bei 260 mc ermittelt.

f) DNS-Bestimmungen wurden nach dem kolorimetri-sclien Verfahren von C e r i o 11 i 8 durchgeführt. Diese Methode, die auf der Bildung eines rosa Farbstoffes mit Indolsalzsäure beruht, ist um etwa eine Zehnerpotenz empfindlicher als die Disdie-Reaktion mit Diphenvl-amin-Schwefelsäure in der üblichen Ausführung und ge-stattet die Erfassung von 2,5 )• bis 15 v DNS * pro Kubik-zentimeter.

Zum qualitativen und halbquantitativen Nachweis von DNS wurde eine Substanzprobe auf Filterpapier auf-getüpfelt und daneben zum Vergleich Proben von DNS und RNS verschiedener Konzentrationen aufgetragen. Sämtliche Flecken wurden nach dem von B u c h a n a n und Mitarbb.9 angegebenen Verfahren mit Diphenvlamin-Reagenz bzw. Feulgen-Reagenz angefärbt. Die sehr emp-findliehe Disdie-Reaktion ergibt blaue, das in der Aus-führung ziemlich umständliche und weniger empfindliche Keulgen-Verfahren rote Färbungen, deren Intensität sehr deutlich von der Konzentration abhängt, so daß es mög-lich ist, diese entweder durch Eingabein oder durch Messung der Extinktion der Flecke auf dem Papier-streifen im lichtelektrischen Elphor-Photometer von Ben-der und Hobein zu bestimmen.

g) Zur Bestimmung der Purin- und Pyrimidin-Basen der Nucleinsäure war es zweckmäßig, diese von Protein und Lipid abzutrennen. Hierzu wurde die Probe ähn-lich dem von W e s t p h a 1 10 benutzten Verfahren bei

8 G. C e r i o t t i , J. biol. Chem. 198, 297 [1952]. 9 J. G. B u c h a n a n , C. A. D e c k e r u. A. G. L o n g ,

J. chem. Soc. [London], 3162. 1950. 10 O. W e s t p h a 1 , O. L ü d e r i t z , E. E i c h e n -

b e r g e r u. W. K e i d e r l i n g , Z. Naturforschg. 7 b, 536 [1952].

* Ketosen, die nach unseren Erfahrungen ebenfalls die Indolsalzsäure-Reaktion geben, waren nicht in störenden Mengen vorhanden (vgl. S. 202).

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A U F B A U D E S V I R U S - E L E M E N T A R T E I L C H E N S II 201

Raumtemperatur 30 Min. lang mit dem gleichen Volumen 80-proz. Phenols geschüttelt und anschließend zentrifu-giert. Die spezifisch schwerere Phenolphase, die als Sedi-ment und an der Piusengrenzfläche ungelöstes Material enthielt, wurde in das 4-fache Volumen Methanol ein-gegossen. Das quantitativ ausgefallene Protein wurde ab-zentrifugiert, zur Entfernung des Phenols mehrfach mit Methanol gewaschen, über P ,0 5 getrocknet und für eine noch später durchzuführende Aminosäure-Analyse auf-bewahrt. Die spezifisch leichtere Wasserphase wurde zur Ausfällung von Nucleinsäure und Kohlenhydrat in das 6-fache Volumen auf 0°C gekühlten Methanols einge-gossen und nach 30 Min. langem Stehen in der Kälte abzentrifugiert. Das Sediment wurde noch 2-mal in wenig Wasser gelöst, mit Methanol wieder ausgefällt und schließlich nach mehrfachem Waschen mit Methanol über P.,0. getrocknet.

Zur Bestimmung des Basenverhältnisses nadi einem von W y a 11 und C o h e n 1 1 angegebenen Verfahren wurde eine eingewogene Menge (zwischen 0,1 und 1,0 mg) der getrockneten Kohlenhydrate und Nucleinsäuren in einem zugeschmolzenen Röhrchen mit 0,5 ccm 85-proz. Ameisensäure 30 Min. lang auf 175° C erhitzt. Die Ameisensäure wurde im Vakuum abgedampft, der Rück-stand in wenig 0,1-/1. HCl aufgenommen und auf What-man - Nr. 1 - Papier im System Isopropanol-5,7-n. HCl 65:35 (V/V) absteigend chromatographiert. Die durch UV-Kontaktphotographie kenntlidi gemachten, durdi ein Referenzchromatogramm von authentischen Purin- und Pyrimidinbasen identifizierten Flecke wurden mit je 5 ccm 0,1-n. HCl eluiert. Ihre Konzentration wurde spektrophotometrisdi gegen Papierblanks bestimmt. Für die Berechnung des Basenverhältnisses wurde Adenin 10 gesetzt. i ^

h) Den Lipidgehalt ermittelten wir gravimetrisch nach Extraktion der Probe mit Äther, Aceton und Chloroform. Cholesterin wurde nach dem Verfahren von S c h m i d t -T h o m e und A u g u s t i n 1 2 bestimmt.

i) Den Gesamt-Kohlenhydrat-Gehalt suchten wir nach der Methode von T i 11 m a n n s und P h i 1 i p p i 1 3 mit Orcin-Schwefelsäure zu ermitteln. Die im Beckman-Spektrophotometer bei 425 m« gemessene Extinktion lieferte unter Benutzung einer mit variierenden Glucose-mengen gewonnenen Eichkurve den Kohlenhydrat-An-teil als Glucosewert. Der Gehalt an Ketosen wurde mit-tels einer von W e e h u i z e n 1 4 angegebenen, sehr empfindlichen Modifikation der Seliwanoff-Reaktion be-stimmt. Zur Identifizierung der Kohlenhydrate wurden das bei der Phenolbehandlung gewonnene, kohlenhydrat-haltige Material und in einigen Versuchen auch unvor-behandelte Elementarteildien und Virusuntereinheiten unmittelbar mit 1-n. H2S04 8 Stdn. lang bei 100° C hydrolysiert, anschließend mit Baryt neutralisiert, durch Zentrifugation von Bariumsulfat befreit, auf ein kleines Volumen eingedampft und in Pyridin-Butanol-Wasser

11 G. R. W v a t t u. S. S. C o h e n , Biocli. J. 55, 776 [1953],

12 J. S c h m i d t - T h o m e u. H. Aug us t i n , Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 275, 190 [1942],

13 J. T i 11 m a n n s u. K. P h i 1 i p p i , Biochem. Z. 215. 36 [1929],

30 : 20 : 15, Butanol-Eisessig-Misdiung nach Partridge und 80-proz. Phenol auf Whatman - Nr. 1 - Papier absteigend chromatographiert. Die Anfärbung erfolgte mit Tri-phenyltetrazoliumchlorid nach dem von L ü d e r i t z und W e s t p h a 1 15 angegebenen bzw. mit Anilin-Phos-phat nadi dem von W e i d e 1 und Mitarbb.16 beschrie-benen Verfahren.

k) F e r m e n t v e r s u c h e : Hochgereinigte Präpara-tionen von gebundenem Antigen und Hämagglutinin wurden mit Desoxyribonuclease (DN-ase), Ribonuclease (RN-ase) und Trypsin bei 36° C und pH 6,9 bzw. pH 7,5 mehrere Stdn. lang inkubiert und ansdiließend im Ver-gleich zu fermentfreien Kontrollen auf komplementbin-dende und hämagglutinierende Aktivität getestet.

Die Versudisbedingungen sind in Tab. 1 aufgeführt.

B. Ergebnisse

1. B a u s t o f f a n a l y s e d e s V i r u s -E l e m e n t a r t e i l c h e n s

Im getrockneten Virusmaterial wurden bei zwei Bestimmungen 10,1% N gefunden. Daraus errechnet sich unter der Voraussetzung, daß Protein und Nucleinsäure einen ~N-Geha.lt von 16% haben und den gesamten Stickstoff enthalten, ein Nucleopro-teid-Anteil von 63,2% im Trocken virus und ein Ge-halt von 36,8% an stickstoff-freien Substanzen.

An Phosphor lag im getrockneten Virus eine Menge von 1,4% (2 Bestimmungen) vor. Wenn es sich dabei ausschließlich um Nucleinsäure-Phosphor handeln würde, sollte man einen Gesamtnucleinsäure-Gehalt von etwa 14% erwarten; nachgewiesen wurden aber im Trockenmaterial (Trichloressigsäure-Methode) nur 4,14% bzw. 4,0% (Mittel 4,07%) Nucleinsäure. Sie gehört sehr wahrscheinlich ausschließlich dem Pen-tosetyp an. DNS ließ sich in 2 Präparaten, die durch Adsorption-Elution gewonnen waren, überhaupt nicht mit Sicherheit feststellen. Bei der zum Nachweis die-ses Nucleinsäuretyps verwandten, sehr empfindlichen Ceriotti-Probe wurde zwar indol-positives Material, das etwa 0,15% bzw. < 0,15% DNS entsprechen könnte, erfaßt. Der Farbton war aber nicht bräun-lich wie bei DNS, sondern rosa; außerdem wies das Material ein UV-Spektrum auf, das mit dem für DNS charakteristischen nicht völlig übereinstimmte. In den durch fraktioniertes Zentrifugieren gereinig-ten Viruskonzentraten fanden wir im Gegensatz zu den durch Adsorption-Elution gewonnenen wech-

14 F. W e e h u i z e n , Ree. 37, 302 [1918]. 15 O. L ü d e r i t z u. O. W e s t p h a l , Z. Naturforschg.

7 b, 548 [1952], " W. W e i d e l , G . K o c h u. F. L o h s s , Z. Natur-

forschg. 9b, 398 [1954].

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202 W. Z I L L I G , W . S C H Ä F E R U N D S. U L L M A N N

Material [cm3]

Ferment [cm3]

MgCl, [cm3]

0,1-771 • Phosphat-Puffer vom

PH 7,2 [cm3]

Inkubations-dauer

[h]

0,4 0,1 DN-ase* 0,1] 0,2 6 0,4 0,1 RN-ase** 0,1 \ 0,01-m • 0,2 6

Antigen ' 0,4 0,1 0,1-m • NaCl 0,1 ' 0,2 6

0,4 0,1 Trypsin*** — 0,2 8,5 0,4 0,1 0,01-71 • HCl — 0,2 8,5

0,6 0,1 DN-ase* 0,1] — 6 0,6 0,1 RN-ase** 0,1 0,15-771 • — 6

Hämagglu- 0,6 0,1 0,1-jn • NaCl 0,1 J 6 tinin

0,6 0,1 0,1-jn • NaCl 0,1 J

0,4 0,1 Trypsin*** — 0,2 8,5 0,4 0,1 0,01-7i • HCl — 0,2 8,5

* DN-ase, ein nadi K u n i t z l " kristallisiertes Präparat aus dem Worthington Lab. (USA). 500 y pro Ansatz. * * RN-ase, trypsinfrei; 510 y pro Ansatz.

* * * 50 y DN-ase- und RN-ase-freies Trypsin pro Ansatz, in 0,01-n. HCl gelöst.

Tab. 1. Ferment-Versuche.

selnde Mengen von DNS, die zwischen 0,41% und 1,19% lagen. Wir gewannen den Eindruck, daß hier die Höhe des DNS-Gehaltes abhängig war vom Reinheitsgrad der Viruspräparate.

Die Bestimmung des Lipid-Gehaltes wurde mit 516 mg Trockenvirus durchgeführt. Diese enthielten 23,5 Gewichtsprozent an fett-löslichen Substanzen. Durch Behandeln der teilweise kristallinen Lipid-fraktionen mit verschiedenen Lösungsmitteln ließen sich teils nadel-, teils schuppenförmige Kristalle ab-scheiden, deren Isolierung jedoch Schwierigkeiten be-reitete. Durch Chromatographie einer benzolischen Lösung des Materials an Aluminiumoxyd der Aktivi-tätsstufe II (nach B r o c k m a n n ) mit Benzol ließ sich eine weitgehend reine Fraktion gewinnen, die nach mehrfachem Umkristallisieren aus verdünntem Alko-hol im Koflerschen Schmelzpunktmikroskop bei 148° C schmolz und in Mischung mit einer authentischen Probe von Cholesterin keine Schmelzpunktdepression zeigte. Durch Umsatz einer ätherischen Lösung der Fraktion mit Brom in Eisessig ließ sich ein in langen Nadeln kristallisierender Stoff darstellen, der mit Cholesterindibromid vermischt keine Schmelzpunkts-Depression zeigte. Damit ist das Vorkommen von Cholesterin in der Lipidfraktion gesichert.

Durch Untersuchung von Trockenvirus wurden nach der Methode von S c h m i d t - T h o m e und A u g u s t i n 1 2 9.2% freies Cholesterin und 10% Ge-

samtcholesterin nachgewiesen. Der Unterschied zwischen freiem und Gesamtcholesterin ist nicht ge-sichert. Die Phosphorbestimmung in der Lipidfrak-tion ergab, daß diese 2 ,5% Phosphoriipide enthält, was einem Gehalt von ~ 0,5% an Phosphorlipiden im Gesamt-Virus entsprechen würde.

Auf Grund der Bestimmungen mit Orcin-Schwefel-säure sind im getrockneten Virusmaterial etwa 17% Kohlenhydrate enthalten. Mit Hilfe der chromato-graphischen Analyse, die sowohl nach Einschaltung der Phenolbehandlung als auch ohne Verwendung dieses Verfahrens durchgeführt wurde, ließ sich aber nur ein Bruchteil der genannten Menge erfassen. Man muß hier wohl mit der Möglichkeit rechnen, daß Zucker unter den zur Hydrolyse angewandten Bedingungen nicht in Freiheit gesetzt bzw. schon zerstört wurden. Eines der im Hydrolysat vorhan-denen Kohlenhydrate hat die chromatographischen Eigenschaften der Glucose. Weitere Zucker müssen nach den Chromatogrammen noch vorhanden sein, ließen sich aber bisher noch nicht identifizieren. Ketosen konnten in der für die Bestimmung nach W e e h u i z e n ' 4 eingesetzten Virusmenge (1 mg) nicht nachgewiesen werden. Wenn Kohlenhydrate dieser Art vorhanden sein sollten, müßte ihre Menge danach unter 1 % liegen.

i' M. K u n i t z , J. gen. Physiol. 33, 349, 377 [1950],

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A U F B A U D E S V I R U S - E L E M E N T A R T E I L C H E N S II 2 0 3

2. C h e m i s c h e Z u s a m m e n s e t z u n g d e r d u r c h Ä t h e r b e h a n d 1 u n g g e w o n n e n e n S p a 1 1 p r o d u k t e

Durch die Ätherbehandlung wurden gewonnen:

1. die wäßrige Phase, aus der wir das gebundene Antigen (a) und das Hämagglutinin (b) isolierten,

2. ein fester Rückstand, der nochmals mit Äther, Chloroform und Aceton ausgezogen wurde (extra-hierter Rückstand) (c) und dessen so gewonnener fett-löslicher Anteil mit

3. der Ätherphase zur Lipidfraktion vereinigt wurde.

Da die Zusammensetzung der Lipidfraktion be-reits unter B/1 besprochen wurde, wird im Folgen-den nur noch auf die chemische Beschaffenheit des gebundenen Antigens, des Hämagglutinins und des extrahierten Rückstandes eingegangen.

a) G e b u n d e n e s A n t i g e n

An Stickstoff wurden im getrockneten gebundenen Antigen 14% gefunden; das entspricht einem Nucleo-Proteid-Gehalt von 87,5 Prozent.

Sein Nucleinsäure-Anteil beträgt etwa 15%. Das ergab sich sowohl aus dem Verhältnis der Extinktion (vgl. S. 200) bei 260 m/u und 280 mu, nach dem etwa 16% Nucleinsäure vorliegen, als auch aus den Be-stimmungen nach S c h r a m m und D a n n e n b e r g 7 , bei denen einmal 16%, ein andermal 14%, also im Mittel 15% gefunden wurden.

In Übereinstimmung mit den Untersuchungen am Virus-Elementarteilchen ließ sich auch beim gebun-denen Antigen keine DNS (Ceriotti-Probe sowie Tüpfel-Reaktion mit Dische- und Feulgen-Reagenz) nachweisen. Die Nucleinsäure muß also auch hier ausschließlich in Form der Pentose-Nucleinsäure vor-liegen.

Bei der chromatographischen Untersuchung der Purin- und Pyrimidin-Basen (s. Tab. 2) wurde nie-mals Thymin, wohl aber regelmäßig Adenin, Cyto-sin, Guanin und Uracil erfaßt. Diese Basen standen nadi der quantitativen Auswertung im Verhältnis 1 0 : 9 , 8 : 1 6 , 7 : 1 5 , 1 (Mittelwerte aus 3 Bestimmun-gen). Ob es sich bei der Pentose der Nucleinsäure um Ribose handelt, konnte noch nicht endgültig ent-schieden werden.

Außer dem Nucleinsäure-Zucker scheint im gebun-denen Antigen keine wesentliche Menge anderer Kohlenhydrate vorzuliegen. Mit Hilfe der Orcin-Probe wurden lediglich ~ 7 % Kohlenhydrate erfaßt.

Base Versuchs-Nr. Mittel-Base

1 2 3 wert

Adenin 10 10 10 10 Cytosin 10,1 9,7 9,5 9,8 Guanin 16,5 16,9 16,7 16,7 Uracil 15,3 15,0 14,9 15,1

Tab. 2. Verhältnisse der Purin- und Pyrimidin-Basen in der Nucleinsäure aus gebundenem Antigen.

Substrat Ferment

bzw. Lösung

K.B. H.A. Bemer-kungen

Gebun-denes

Antigen

DN-ase RN-ase NaCl

1/256 + + + 1/32 + 1/256 + +

— / Bildg. von 1 Flocken

Trypsin HCl

1/8 -

1/256 + + —

Hämag-glutinin

DN-ase RN-ase

NaCl

1/64 + 1/64 ± 1/64 +

2 - i 4 + +

2 - 1 4 + +

2 - 1 4 +

Trypsin HCl

1/16 + + 1/64 + +

2 - i i + 2—13 +

Tab. 3. Einfluß von DN-ase, RN-ase und Trypsin auf die komplementbindende und hämagglutinierende Aktivität

von gebundenem Antigen und Hämagglutinin. K.B.: Titer in der Komplementbindungs-Reaktion;

+ bis + + + + = Grad der Hämolyse-Hemmung. H.A.: Titer in der Hämagglutinations-Reaktion;

+ bis + + + + = Stärke der Agglutination.

Fermentativ wurde das gebundene Antigen durdi Desoxvribonuclease (DN-ase), Ribonuclease (RN-ase) und Trypsin zu zerlegen versucht (s. Tab. 3).

Eindeutig verändert wurde es durch Trypsin, unter dessen Einwirkung die komplementbindende Aktivi-tät auf weniger als 3 % absank. Der Abfall (etwa 84%), der nach Zugabe von RN-ase beobachtet wurde, kann nicht ohne weiteres als Folge einer fermentativen Spaltung der betreffenden Nuclein-säure durch das Ferment angesehen werden. Es wurde hier unmittelbar nach der Zugabe der RN-ase eine starke Flockenbildung beobachtet. Diese Erschei-nung tritt auch bei Behandlung von Tabakmosaik-Virus mit RN-ase auf und wird hier auf eine salz-artige Bindung des Fermentes an das Substrat zu-rückgeführt 18. Die Bebrütung mit DN-ase blieb ohne jede Wirkung auf die biologische Wirksamkeit des gebundenen Antigens.

is H. S. L o r i n g , J. gen. Physiol. 25, 497 [1942],

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2 0 4 W. Z I L L I G , W . S C H Ä F E R U N D S. U L L M A N N

Man kann aus diesen Ergebnissen lediglich fol-gern, daß die Eiweißkomponente teilhat an der antigenen Wirksamkeit des Antigens und daß etwa vorhandene Spuren von DNS ohne Einfluß darauf sind. Auf die Bedeutung der chemisch nachgewiese-nen Pentose-Nucleinsäure für das serologische Ver-halten des gebundenen Antigens sind daraus keine bindenden Schlüsse zu ziehen.

b) H ä m a g g l u t i n i n

Der Stickstoffgehalt des Hämagglutinins beträgt 10% (bezogen auf das Trockengewicht).

Nucleinsäure konnte weder durch die Trichlor-essigsäure-Methode noch durch Tüpfeln mit Dische-und Feulgen-Reagenz nachgewiesen werden. Nach der Ceriotti-Probe sind sicher weniger als 0,1% DNS im Hämagglutinin enthalten; ein genauerer Wert ließ sich wegen Mangels an Material mit dieser Methode nicht ermitteln.

Der Kohlenhydrat geholt wurde auch beim Häm-agglutinin wieder mit Hilfe der Orcin-Probe und chromatographisch zu bestimmen versucht. Dabei begegneten wir den gleichen Schwierigkeiten wie bei der entsprechenden Untersuchung der Elementar-teilchen. Auch hier wurde wieder mit Hilfe der Orcin-Probe eine Kohlenhydratmenge (10%) festge-stellt, die chromatographisch nicht in der gleichen Höhe zu erfassen war. Von den vorhandenen Zuk-kern wurde ebenfalls wieder nur Glucose identifiziert.

Bei der Fermentbehandlung (s. Tab. 3) blieben die Nucleasen ohne Wirkung auf die biologischen Aktivi-täten des Hämagglutinins, während das Trypsin diese auch hier in gewissem Grade reduzierte. Der Abfall war aber nicht so stark wie beim gebundenen Antigen; sowohl die komplementbindende wie auch die hämagglutinierende Aktivität gingen nur um etwa 75% zurück.

c) E x t r a h i e r t e r R ü c k s t a n d

Die Analyse eines extrahierten Rückstandes lie-ferte folgendes Ergebnis: N - 10,9, P = 2,8, Ge-samtnucleinsäure = 0,36 und DNS = 0,33% des Trockengewichtes. Da in den festen Rückständen an-derer Aufarbeitungen keinerlei Nucleinsäure nach-zuweisen war, wird angenommen, daß die hier vorgefundene DNS von einer Verunreinigung her-rührte. Die in den Virus-Elementarteilchen vorhan-dene Pentose-Nucleinsäure muß auf Grund der an den Spaltprodukten durchgeführten Untersuchungen ausschließlich im gebundenen Antigen vorliegen.

C. Besprechung der Versuchsergebnisse

Das Virus-Elementarteilchen der klassischen Ge-flügelpest hat nach unseren Untersuchungen die aus Tab. 4 ersichtliche Zusammensetzung.

In den durch Ätherbehandlung der Virusteilchen gewonnenen, biologisch aktiven Spaltprodukten wur-den die in Tab. 5 angegebenen Bestandteile nach-gewiesen.

Bei einem Vergleich, der bei den Virus-Elementar-teilchen gefundenen Werte fällt auf, daß diese mehr P enthielten, als dem Gehalt der nachgewiesenen Phosphorlipid- und Nucleinsäure-Menge an diesem Element entspricht. Das könnte u. a. dadurch bedingt sein, daß den Viruspartikeln trotz ausgiebiger Dialyse gegen Wasser noch wasser-lösliche Phosphor-verbindungen anhafteten. Der für „Gesamt-Kohlen-hvdrate" angegebene Wert bedarf, da sich Wider-sprüche in den Ergebnissen der einzelnen Unter-suchungsmethoden ergaben, noch der Nachprüfung. Nach den chromatographischen Untersuchungen be-findet sich unter den Hexosen Glucose. Die Nuclein-säure der Virus-Elementarteilchen gehört sehr wahr-scheinlich dem Pentosetyp an. Die gelegentlich ge-fundene geringe Menge von DNS ist vermutlich auf eine Verunreinigung der Elementarteilchen mit Wirtsmaterial zurückzuführen. Ein Unterschied in der biologischen Wirksamkeit war zwischen DNS-haltigen und DNS-freien Präparationen nicht festzustellen.

Bei der Untersuchung der durch Ätherbehandlung gewonnenen Spaltprodukte wurde nachgewiesen, daß die gesamte Pentose-Nucleinsäure des Elementarteil-chens in dessen gebundenem Antigen vorliegt. Die Charakterisierung der Nucleinsäure erfolgte, außer durch Zucker-Reaktionen, durch den Nachweis der Purin- und Pyrimidin-Basen. Dabei wurden Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil im Verhältnis 1 0 : 9 , 8 : 16,7: 15,1 gefunden, Thvmin aber niemals nach-gewiesen. Offen bleibt vorläufig noch, ob es sich bei der in der Nucleinsäure enthaltenen Pentose um Ribose handelt.* Der festgestellte hohe Gehalt des gebundenen Antigens an Nucleinsäure spricht dafür, daß dieses das autoreproduktionsfähige genetische Material des Virus repräsentiert.

Kohlenhydrate können im gebundenen Antigen nach den Ergebnissen der Orcin-Probe außer als Nucleinsäure-Zucker nur noch in Spuren enthalten sein. Der größte Teil der Masse des Antigens be-

* Anm. b. d. Korr.: Inzwischen wurde Ribose eindeutig nachgewiesen.

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A U F B A U D E S V I R U S - E L E M E N T A R T E I L C H E N S II 2 0 5

N Proteid P

Nucleinsäure* [°/o 1

Lipide* [%]

Kohlenhydrate* [%]

[%]* [%]* [%]* Gesamt PNS DNS Gesamt Chole-

sterin P-Lipide Gesamt

(Orcin probe, Glucosewert)

Ketosen

10,1 63,2 1,4 4 ~ 4 < 0 , 1 5 23,5 10 0,5 ~ 17 (?) K l )

* Bezogen auf Trockenvirus.

Tab. 4. Zusammensetzung des Virus-Elementarteilchens.

N Proteid (Faktor

Nucleinsäure* [°/o]

Kohlen-hydrate*

[%]

[%]* 6,2) [%]*

Ge-samt PNS DNS

(Orcin-Probe,

Glucose-wert)

Gebun-denes

Antigen 14 87,5 15 15 — ~ 7 (?)

Hämag-glutinin

10 62,5 — — — - 10 (?)

* Bezogen auf getrocknete Untereinheiten.

Tab. 5. Zusammensetzung der Spaltprodukte.

steht aus Eiweiß, das nadi den Fermentversuchen seine serologische Wirksamkeit bestimmt.

Ebenso wie das gebundene Antigen ist auch das nucleinsäure-freie Hämagglutinin ein Proteid. Im Gegensatz zum gebundenen Antigen scheint aber hier die antigene Aktivität nicht nur auf dem Eiweiß-Anteil zu beruhen; es besteht vielmehr die Möglich-keit, daß daran auch seine Kohlenhydrate beteiligt sind. Welche Bestandteile des Hämagglutinins für die Anheftung desselben an die Rezeptoren der Erythrozyten und der Wirtszellen verantwortlich sind, ist noch nicht bekannt. Bisherige Versuche, ein solches Prinzip von der fermentativ wirksamen Gruppe, welche die Rezeptoren der Erythrozyten ab-baut, abzutrennen, schlugen fehl.

Der Kohlenhydratgehalt des Hämagglutinins kann wegen der schon vorher erwähnten Schwierigkeiten noch nicht mit Sicherheit angegeben werden. Nach der chromatographischen Untersuchung enthält es zumindest einen Teil der im Elementarteilchen nach-gewiesenen Glucose. Die Identifizierung weiterer Zucker scheiterte daran, daß nicht genügend Material beschafft werden konnte.

Aus dem gleichen Grunde bleibt auch noch zu klären, welche weiteren Verbindungen neben den bisher festgestellten Hauptbausteinen am Aufbau der beiden biologisch aktiven Spaltprodukte beteiligt sind. Die nicht erfaßten Verbindungen können höch-stens etwa 10% (gebundenes Antigen) bzw. 30% (Hämagglutinin) der Untereinheiten ausmachen.

Da bei der Behandlung der Virus-Elementarteil-chen mit Äther die einzelnen Ansätze sehr unter-schiedliche Mengen von Untereinheiten lieferten, ist es nicht möglich, aus den Ausbeuten an diesen Par-tikeln auf ihren Anteil am Aufbau des Virus-Elemen-tarteilchens zu schließen. Wahrscheinlich sind die Untersdiiede in den Ausbeuten dadurch bedingt, daß bei der Spaltung nicht kontrollierbare, wechselnde Mengen vor allem von Hämagglutinin denaturiert werden und in den festen Rückstand übergehen. Der Anteil an gebundenem Antigen ließ sich aber trotz-dem berechnen. Wie oben gezeigt, ist in den Antigenpartikeln die gesamte Nucleinsäure des Ele-mentarteilchens enthalten, und zwar besitzt das Viruspartikel etwa 4 % , das Antigen-Partikel ~ 15% Pentose-Nucleinsäure. Daraus ergibt sich, daß der Gewichtsanteil des gebundenen Antigens am infek-tiösen Elementarteilchen etwa 25% beträgt. Weitere ~ 2 5 % der Masse des Viruspartikels werden nadi unseren Analysen von Lipiden eingenommen. Mög-licherweise handelt es sich bei den restlichen 50% in erster Linie um Hämagglutinin, von dem 6—7 Teil-dien ein Gewicht haben ( ~ 70 • 106), das der Hälfte des Partikelgewichtes des Elementarteilchens ent-spricht 6.

Einige Hinweise auf die Art der Anordnung von Hämagglutinin und gebundenem Antigen im Virus-Elementarteilchen wurden durdi sero-immunologische Untersuchungen e r h a l t e n 1 9 . Danach scheint das Hämagglutinin am Aufbau der Elementarteilchen-Oberfläche beteiligt zu sein, das gebundene Antigen

I» W. S c h ä f e r , Z. Naturforsdig. 10b, 81 [1955],

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R. G U I L L I E N U N D G. H E R M A N N

dagegen größtenteils im Innern der Partikel vorzu-liegen.

Unsere Ergebnisse stimmen hinsichtlich Art und Menge der Nucleinsäure annähernd mit denen über-ein, die von G r a h a m 2 0 am Influenza-A-Virus, das mit dem K.P.-Virus verwandt ist19, gewonnen wur-den. A d a und P e r r y 2 1 fanden bei dem gleichen Virus zwar ebenfalls PNS und nur gelegentlich DNS. kamen aber auf Grund ihrer quantitativen Bestim-mungen zu dem Schluß, daß die PNS lediglich 0,78—0,98% der Masse des Virus ausmacht. Nach K n i g h t 2 2 soll im Influenza-Virus neben PNS ( ~ 3 % ) auch DNS (2%) enthalten sein. Bei den früheren Untersuchungen am Influenza-Virus wurde von T a y l o r 2 3 nur DNS (2,1%) nachgewiesen.

Pentose-Nucleinsäure scheint nach unseren nun-mehrigen Kenntnissen nicht nur bei Pflanzen-, son-dern auch bei zahlreichen Tierviren der einzige vor-handene Nucleinsäure-Typ zu sein. Bei Vertretern

20 A. F. G r a h a m , Can. J. Res. Sect. E 28, 186 [1950], 21 G. H. A d a u. B. T. P e r r v , Austr. J. exp. Biol.

med. Sei. 32, 453 [1954]. 22 C. A. K n i g h t , J. exp. Medicine 85, 99; 86, 125

[1947],

beider Gruppen wurde wahrscheinlich gemacht, daß die Nucleinsäure im Innern der infektiösen Einhei-ten ihren Sitz hat 24-25. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, daß der PNS-Gehalt der Pflanzen-Viren im allgemeinen erheblich höher liegt (bis zu 40% PNS) als der der tier-pathogenen Erreger. Das könnte damit zusammenhängen, daß die letzteren im Gegensatz zu den Pflanzen-Viren neben der eigent-lichen vermehrungs-fähigen Einheit noch einen ver-hältnismäßig hohen Lipid-Anteil sowie Komponen-ten besitzen, die ihnen das Eindringen in die Zelle erlauben. Entfernt man diese zusätzlichen Bestand-teile, dann kann, wie wir am Beispiel des K.P.-Virus zeigen konnten, auch hier ein stark PNS-haltiger Proteid-Komplex in Form des gebundenen Antigens gewonnen werden.

Die Untersuchungen wurden durch Mittel gefördert, die das B u n d e s m i n i s t e r i u m für E r n ä h r u n g , L a n d w i r t s c h a f t u n d F o r s t e n sowie die D e u t s c h e F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t zur Verfügung stellten.

23 A. R. T a y l o r , J. biol. Chemistry 153, 675 [1944]. 24 R. M a r k h a m , Faradav Soc. Disc. Nr. 11, 221

[1951]. 25 G. S c h r a m m, G. S c h u m a c h e r u. W. Z i 11 i g,

Nature 175, 549 [1955].

Über die Adsorption von Bromphenolblau an zellulose-gebundene Serumeiweiße

Ein Beitrag zur Papierelektrophorese

V o n R . G U I L L I E N u n d G . HERMANN

Aus der Medizinischen Klinik (Leiter: Prof. Dr. med. F. D o e n e c k e ) und dem Physikalischen Institut (Direktor: Prof. Dr. R. G u i 11 i e n) der Universität des Saarlandes. Homburg/Saarbrücken

(Z. Naturforschg. 10b. 206—210 [1955]; eingegangen am 14. Februar 1955)

Die Adsorption von Bromphenolblau an Serumtropfen wird bei systematischer Variation von Tropfenvolumen, Eiweißgehalt und unter Berücksichtigung der Diffusionsvorgänge unter-sucht. Es ergeben sidr einige Hinweise für die quantitative Auswertung von Papierelektro-phoresen. Die Farbadsorption ist von der Verteilung der Eiweiß-Stoffe im Papier abhängig. Auf die Faktoren, welche die Farbadsorption beeinflussen können, wird hingewiesen. Nur bei weitgehender Normierung der Versuchsbedingungen werden sich einheitliche Ergebnisse er-zielen lassen.

Bei der Papierelektrophorese1—3 wird allgemein die Menge der im Papier eingesogenen Proteine

durch Anfärbung bestimmt 4~~8. Dann wird der

1 E. L. D u r r u m , J. Amer. ehem. Soc. 72, 2943 [1950], 2 F. T u r b a u. H. J. E n e n k e 1, Naturwissenschaf-

ten 37. 93 [1950],

vom Protein fixierte Farbstoff mit geeigneten Lö-sungsmitteln herausgelöst und die Farbintensität der Lösung kolorimetrisch gemessen 2.»—n_ jrs e r h e bt

a Ch. W u n d e r l y , Chimia [Zürich] 7, 145 [1953]. 4 W. G r a s s m a n n , K. H a n n i g u. M. K n e d e 1.

Dtsch. med. Wschr. 76. 333 [1950],