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[Statement] von Journalisten für Journalisten Ausgabe Dezember 2012 P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien, Österr. Post AG | Sponsoringpost | 02Z032364S | Preis: € 3,90 © Rachel Gold Journalisten im Reißwolf Mann mit profil [K]eine Medienkrise

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von Journalisten für Journalisten

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[Kommentar]

Warum die österreichischen Medienverleger – dazu gehören die Privaten genauso wie auch die Funktionäre im öffentlich-rechtlichem Sektor – immer öfter die Krise herbeireden, ohne die Wirklichkeit auch nur ansatzweise zu streifen. Während die

Verlage schwarze Zahlen schreiben, werden Journalisten immer öfter „eingespart“. Ein „Todesszenario“ wird gern an die Wand gemalt. Die Verleger und Funktionäre sind sich in einem sichtlich einig: Sie brauchen keine teuren, erfahrenen und kritischen Qualitätsjournalis-ten mehr. Lieber werden billige, unerfahrene und unkritische Alltagsjournalisten genommen, die immer mehr Inhalt produzieren müssen. Was herauskommt, ist eine dünne Buchstaben-suppe – so sieht es zumindest unsere Zeichnerin Rachel auf unserem Cover.

Der international tätige Medienmanager und Österreicher Gerhard Zeiler hat eine andere Perspektive: Er hält ein „Plädoyer des Optimismus“. Bleibt die Frage, warum sich die alpenre-publikanischen Zeitungsherausgeber und öffentlich-rechtlichen Polit-Funktionäre so stupid verhalten und damit den gesamten österreichischen Journalismus in seiner Existenz gefähr-den. Denn wenn man Journalisten wie Prostituierte oder Callboys mieten kann, können diese nicht gleichzeitig für ein Qualitätsmedium schreiben. Daher, liebe VÖZ-und ORF-Funktionäre, lest doch auf Seite 6 nach, was der Chefredakteur des Spiegel, Mathias Müller von Blumen-cron, bei den heurigen Medientagen in München sagte: „Wenn schon sparen, dann in der Verwaltung und nicht bei Redakteuren.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, meint Ihr

Fred Turnheim

[ ]Man wird doch nochmal fragen dürfen …

Das [Statement] erscheint im neuen Gewand, und Sie gehören zu unseren ersten Leserinnen und Lesern. Herzlich willkommen bei dieser Monatszeitschrift, die von Journalisten für Journalisten geschrieben und gezeichnet wird! Für uns ist Qualitätsjournalismus sehr wichtig. Daher halten wir uns strikt an die Regeln der deutschen Sprache und verzichten auf das vielleicht politisch korrektere Binnen-I.

Herausgeber ist der Österreichi-sche Journalisten Club – ÖJC, der 2012 sein 35jähriges Jubiläum

begeht. Deshalb hat der ÖJC beschlossen, heuer seinen gesamten Medienauftritt neu zu gestalten. Seit dem Frühjahr gibt es den neuen Webauftritt, jetzt folgt das neue [Statement] und in wenigen Tagen unsere Journalisten-App „OeJC2go“, natürlich für Android und iOS.

Wir freuen uns, dass wir namhafte Journalistinnen und Journalisten und Gastautoren aus dem In- und Ausland für unsere Journalisten-zeitschrift gewinnen konnten. Auch die Studierenden der „Lehrredaktion Journalismus 2020“

der Journalismus & Medien Akademie sind in das Redakti-onsteam eingebunden.

Partner in diesem Projekt sind der medianet-Verlag und die Wiener Design-Agentur CO2. Wir wünschen eine spannende und unterhaltsame Lektüre und freuen uns auf Ihre Leserbriefe an: [email protected]

Ihre Chefredakteure

Oswald Klotz undFred Turnheim

[ ]Brief aus der Redaktion

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4 [Statement] Dezember 2012

[Inhalt]

06 [ ][K]eine Krise für die Medien

„Wenn schon sparen, dann in der Verwal-tung und nicht bei den Redakteuren“, sagt Spiegel-Chefredakteur Blumencron.

03 Kommentar: Man wird doch nochmal fragen dürfen … Brief aus der Redaktion

06 Medien: [K]eine Krise für die Medien

08 Medien: Kündigungswelle in den heimischen Medienhäusern

10 Medien: Facebook – Chance oder Gefahr für den Journalismus

12 Ausland: Ein Anruf kommt selten allein

13 Kommentar: [Statement fundiert]: Medienjournalismus vor neuen Herausforderungen

14 Medien: Auf journalistischem Außenposten in Österreich

16 Viennale: Eine ganz andere Geschichte …

18 Medien: Keine einfache Rückkehr

10Chance oder Gefahr für den Journalismus

12Ein Anruf kommt selten allein

14Auf Außenposten

16Eine ganz andere Geschichte …

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Dezember 2012 [Statement] 5

[Inhalt]

08 Keine einfache Rückkehr nach Österreich

18

Der Mann mit profil20

Sprache ist allgegenwärtig22

Die Ladinischen Taliban24

[ ]Kündigungswelle in den heimischen Medienhäusern

Bis zu 100 Mitarbeiter könnten dem Spar-kurs bei WirtschaftsBlatt, Standard, Kurier, Presse und der APA zum Opfer fallen.

20 Portrait: Christian Rainer : Der Mann mit profil

22 Philosophicum: Sprache gleicht einem offenen Buch

24 Gatterer-Preis: Die Ladinischen Taliban

25 Technik: Rettung in letzter Not! / Digitale Pressefotos / Platzhirsch im Grafikuniversum

26 Technik: SAT-TV für den Rucksack

27 Film / Glosse: AN(ge)DACHT / Filmtipp / Impressum

28 Ratgeber: Darf man sich auf die APA verlassen? / Pauschale mit Grenzen

29 Aktuell / Bücher: Journalistenaufstand gegen Stronachs Interview-Zensur / Buchtipps

30 Das letzte Wort: Sprachpolizei / Vorschau: [Statement] im Februar 2013

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6 [Statement] Dezember 2012

von FreD Turnheim

Die medientage münchen haben sich in den vergange-nen Jahren zum wichtigsten

deutschsprachigen medienkongress entwickelt. unter dem motto „Weichen stellen – die neuen Gesetze der medienwelt“ sprach als Keynote-Speaker der Österrei-cher Gerhard Zeiler. Der frühere Geschäftsführer der rTL-Group und ex-orF-Generalintendant gab ein „Plädoyer des optimismus“ für die Zukunft traditioneller medien ab. Seine Botschaft: „Die Zukunfts-perspektive unserer medienindust-rie birgt mehr Chancen als risiken.“ Grundsätzlich zeigte sich Zeiler überzeugt, dass neue Geschäftsmodelle nicht automa-tisch den Tod alter Geschäftsmo-delle zur Folge haben müssen – vorausgesetzt, dass sich die alten an die Bedingungen der neuen anpassen. man erlebe derzeit zwar eine „evolution, aber keine revolution im Konsumentenverhal-ten“, beruhigte der nunmehrige Präsident von Cnn/Turner Broadcasting System international. er sei überzeugt, dass sich die wesentlichen Kennzeichen der medienindustrie, wie etwa die gesellschaftliche Bedeutung von

glaubwürdigem Journalismus, die entspannungskraft guter unterhal-tung oder der Zauber des kreativen Prozesses nicht ändern werden. „Wenn wir uns auf unsere Stärken konzentrieren und die interessen des Konsumenten in den mittelpunkt stellen, dann werden wir unsere Bedeutung behalten“, so Zeiler.

es sei auch „grundfalsch, anzuneh-men, dass menschen kein Geld für inhalte ausgeben“ würden, meinte Zeiler und führte die milliarden-Ausgaben für Apps, Pay-Tv oder hD-Fernsehgeräte ins Treffen. An die Kollegen der Printhäuser appellierte er, es müsse bei der Frage der Gratismentalität zu einem „notwendigen Strategie-wechsel kommen“. Zeitungen dürften nicht nur am Kiosk, sondern müssten auch in ihren mobil- und onlineversionen kostenpflichtig sein, fordert Zeiler : „Denn Qualität hat ihren Preis und es gibt die erwiesene Zahlungs-bereitschaft der Konsumenten.“

Anders als Gerhard Zeiler zeichnete Dennis Teichmann von der Unternehmensberatungsfirma roland Berger bei den münchner medientagen ein deutlich düstere-

res Bild für die Zukunft der traditionellen medien: „Junge menschen lesen kein Print und fangen auch im Alter nicht damit an“, und „der digitale Wandel hat den Zugang zum Kunden er-schwert und andere Spieler übernehmen die Steuerung des Kunden“, lauteten zwei von Teichmanns Thesen bei der Podiumsdiskussion „Aufbruch in eine neue Publishing-Welt“.

Den allermeisten verlagshäusern sei der Übergang in die digitale Welt nicht gelungen und die monetisierung von online sei bisher nicht geglückt. So bringe ein online-nutzer einem verlag rund 90% weniger umsatz als ein Print-nutzer, so Teichmann. Gebot der Stunde sei nun die Neuerfin-dung der Kundenbindung; ein zentrales element sei dabei die starke marke „als Anker“, um die Kunden auf allen Plattformen „leidenschaftlich an eine erlebnis-welt zu fesseln“, meinte der unternehmensberater.

Detlef haaks, Geschäftsführer beim Süddeutschen verlag, betonte, es sei unumgänglich, die marken in allen verfügbaren Distributionska-nälen voranzutreiben. Über eine

Paywall denkt die Frankfurter Allgemeine Zeitung nach, wobei FAZ-Geschäftsführer Tobias Trevisan davon ausgeht, dass man frühestens in zehn Jahren im digitalen Bereich den umsatz schaffen wird, den man in Print hat.nach dem motto „Schuster bleib bei deinem Leisten“ geht Alexan-der Koppel, Chief Commercial Officer beim Salzburger „Red Bull media house“, nicht davon aus, dass Printtitel im onlinegeschäft je wirklich Geld machen werden. Die haptik einer Zeitung oder Zeitschrift werde immer wichtig sein und bleiben, deshalb sollten sich verlage lieber darauf konzen-trieren, in ihrem Print-Segment Spitzenreiter zu sein.

Über eine Tatsache waren sich verlage und Journalisten einig: Qualitätsjournalismus garantiert den verlagen, wirtschaftlich zu überleben.

Daher war für alle der vorschlag des Chefredakteurs des Spiegel, mathias müller von Blumencron, bei den medientagen münchen durchaus nachvollziehbar: „Wenn schon sparen, dann in der verwaltung und nicht bei den redakteuren.“

In Österreich ist man sich einig: Die Medien befinden sich in der größten Krise aller Zeiten. Dies war auch Thema bei den heurigen Österreichischen medientagen in der Wiener Stadthalle. Ganz anders sehen das international tätige österreichische Medienmanager.

[ ][K]eine Krise für die medien

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Mehr Club zum 35.!Zum 35. Geburtstag wünscht die co2 Werbe- und Design-agentur nicht nur „Alles Gute“ sondern modernisiert das Corporate Design des Österreichischen Journalisten Clubs sowie sämtliche Druck sorten, vereinheitlicht den Webauf-tritt und designt die neue Monatszeitschrift [Statement] sowie das Journalisten-App OeJC2go. Denn die Augen lesen mit!

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[Medien]

8 [Statement] Dezember 2012

von Michael StrauSz

Kurier-Geschäftsführer thomas Kralinger und chefredakteur helmut Brandstätter

informierten in einer Betriebsver-sammlung über das weitreichende Sparpaket. Dieses reicht von der völligen neuaufstellung der Produktionsweise über einen Print- und online-relaunch bis zur einrichtung eines integrierten newsrooms. „ziel ist es, den Kurier zukunftsfähig aufzustellen, die Qualität zu erhalten und auszubau-en, aber gleichzeitig auch die Kosten im Griff zu haben“, erklärte Kralinger. Die einsparungen sollen sich im hohen einstelligen Millionenbereich bewegen, in absehbarer zeit wird der Kurier bis zu 25 weitere Stellen abbauen müssen. in erster linie soll dies durch nicht-nachbesetzungen und natürliche abgänge erfolgen, allerdings seien Kündigungen nicht ausgeschlossen.

Bereits anfang 2011 trennte sich das Blatt von 36 Mitarbeitern. „redaktionelle unabhängigkeit funktioniert nur über finanzielle Stabilität. Wenn die Kosten steigen, die einnahmen aber nicht, muss man reagieren“, erklärte Brandstät-ter vor der Belegschaft. Gemein-sam mit dem Beratungsunterneh-men oc&c Strategy consultants Gmbh wurden arbeitsprozesse, organisationsstrukturen und Produktionsweisen durchleuchtet und der Markt analysiert. eines der ergebnisse ist, dass der Kurier seine Print- und onlineredaktionen zusammenlegen wird. ob dies in der lindengasse in Wien-Mariahilf oder an einem neuen Standort in der Muthgasse in Wien-heiligen-stadt geschehen wird, steht noch nicht fest.

erster Schritt in die zukunft war der am tag der uS-Präsidenten-wahl erfolgte relaunch, der für einen einfacheren und übersichtli-cheren eindruck des Kurier sorgen soll. verantwortlich für den Print-relaunch zeichnete artdirec-tor helge Schalk, das online-Design stammt von lukas Kircher. als zukunftsprojekt will der Kurier ab 2013 eine lehrredaktion aufbauen, wobei ein Drittel aus Jungjournalisten mit Migrationshin-tergrund bestehen soll. „Derzeit geht es drunter und drüber, die Stimmung ist am tiefpunkt, viele Mitarbeiter sind demotiviert, weil sie nicht wissen, wie es weiter-geht“, beschreibt ein Kurier-redak-

teur die aktuelle Situation in der lindengasse.

im Sommer wurde die Führungs-garnitur der Styriaverlags-Flagg-schiffe – Presse und Wirtschafts-Blatt – abgelöst. Presse-chefredakteur Michael Fleischhacker wurde durch rainer nowak ersetzt, beim Wirtschafts-Blatt kam esther Mitterstieler für Wolfgang unterhuber. auch nahmen WirtschaftsBlatt-vor-standschef hans Gasser und Presse-Geschäftsführer reinhold Gmeinbauer den hut. Das neue starke Führungsduo heißt seit oktober Michael tillian und herwig langanger. ersterer kündigte für beide titel eine „Schlankheitskur“ an. „Dabei geht

es um Sach- und Personalkosten. Wir werden zuerst schlank und kümmern uns dann ums Wachs-tum“, erklärte tillian gegenüber [Statement]. vorerst sollen die beiden redaktionen inhaltlich getrennt geführt werden, der Grad der verschränkung zwischen den beiden Blättern werde in den nächsten Wochen evaluiert. nicht vorstellbar sei zunächst eine gemeinsame chefredaktion mit nur einem chefredakteur: „Wir wollen jegliche vermischung der Marken nach außen vermeiden; beide bleiben getrennt und unabhängig.“ es sei jetzt „notwen-dig, einschnitte zu machen, aber diese sollen neues Wachstum ermöglichen und ressourcen für investitionen, neue Geschäftsfelder und digitales Geschäft freispielen“, so tillian.

in diversen Medienberichten kursierten zuletzt ein Sparauftrag zwischen 3-3,5 Mio. € sowie ein verlust von 40 arbeitsplätzen, davon 25 in der Presse. Gegenüber der aPa räumte Styria-vorstand Klaus Schweighofer zwar einen Personalabbau ein, bezeichnete die genannten zahlen aber als falsch.

Beim Standard brodelt es vorläufig nur an der online-Front. Die Standard.at-redakteure forderten in einem offenen Brief an heraus-geber oscar Bronner, unabhängig von den Kollektivvertragsverhand-lungen, „eine längst fällige Besser-stellung der online-redakteure Ihres Hauses in finanzieller, sozialer und rechtlicher hinsicht“. in seiner replik auf diese Forderungen trat Bronner „selbstverständlich für ein faires Gehaltsystem ein“, auch befürworte er eine Änderung der ungleichen kollektivvertraglichen Situation zwischen Print und

[ ]Kündigungswelle in den heimischen Medienhäusern

Bis zu 100 Mitarbeiter könnten dem Sparkurs bei Standard, Kurier, Presse, WirtschaftsBlatt und der austria Presse agentur (aPa) zum opfer fallen. insgesamt planen die betroffenen Printmedien-verlage und die aPa, einen zweistelligen Millionenbetrag einzusparen.

Zum AutorMag. Michael Strausz

Der Wiener Michael Strausz studierte an der europäi-schen Journalismusakademie in Krems und handelswis-senschaften an der Wu in Wien. er kann auf eine ganze reihe einschlägiger erfahrungen verweisen: nach volontariaten bei News, aPa und Börsenkurier war er redakteur u.a. beim WirtschaftsBlatt, bei der handelszeitung Regal und beim Fachmagazin Gastro. er schrieb und schreibt für Die Presse, medianet, und das Magazin des Wiener Sport-clubs, Alszeilenmagazin.

„Wir werden zuerst schlank undkümmern uns dann ums Wachstum.“

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[Medien]

Dezember 2012 [Statement] 9

Online. Weiters wurde der Umzug des Standard von der Wiener Herrengasse in das ehemalige Kundenzentrum der Bank Austria, Bahnhof Wien-Mitte mit Dezem-ber terminisiert. Damit werden erstmals Print- und Online-Redak-tion unter einem Dach versammelt sein. Ob man sich bis dahin auf die längst fällige Besserstellung der Onliner geeinigt hat, steht vorerst in den Sternen. Von Standard-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann war bis Redaktions-schluss keine Stellungnahme bezüglich weiterer Sparmaßnah-men zu erhalten.

Mit Jahresanfang 2012 sah sich die APA-Nachrichtenagentur gezwun-gen, das Tarifmodell für die Genossenschafter der APA-Diens-te zu senken, um die bestehenden Gesellschafter zu halten. Dadurch entgehen der Nachrichtenagentur rund 800.000 € im Jahr, die wegen des geringeren Wachstums (2012: 1–2 Prozent) nicht aufgefangen werden konnten. „Die wirtschaftli-che Situation der APA eG hat sich 2012 durch die allgemeine wirtschaftliche Lage und beson-ders durch die verschärfte Situation des Medienmarktes, der einem umfassenden Strukturwan-del unterliegt, deutlich verschlech-tert. Die Umsätze haben sich in diesem Bereich deutlich reduziert“,

so Peter Kropsch, APA-GF, in einem Brief an die Redaktion. Insgesamt errechne sich daraus bis Jahresende 2015 ein Sparbedarf von rund 1,5 Mio. €. „Von diesen Einsparungen sind bis Ende 2014 rund 15 von derzeit 166 Mitarbei-tern betroffen“, teilte Kropsch mit. Dies sollte sozial-verträglich durch Nicht-Nachbesetzungen der natürlichen Abgänge, Auslaufen von befristeten Verträgen und Nicht-Ersetzen von karenzbeding-ten Abwesenheiten umgesetzt werden. „Getreu unserem Motto: ‚Unabhängigkeit durch wirtschaftli-che Stärke‘ sehen wir uns zu diesem Schritt gezwungen, werden aber gleichzeitig auf dem Sektor der institutionellen Kunden unsere Expansionsbemühungen verstär-ken“, betonte Kropsch.

Außerdem kündigte die Austria Presse Agentur-APA an, ab 1. Jänner 2013 mit der Deutschen Presseagentur (dpa) ein Gemein-schaftsunternehmen mit Sitz in Hamburg gründen zu wollen. Ziel der 50:50-Kooperation ist eine gemeinsame Vermarktung von Apps und mobilen Lösungen. „Die Zusammenarbeit wird unseren gemeinsamen Kundenkreis erweitern und uns helfen, verstärkt in Lösungen für den Medienmarkt der Zukunft zu investieren“, so Kropsch abschließend.

Der Kurier im Umbruch

Seit dem 7. 11. erstrahlt der Kurier im neuen Layout. Insgesamt präsentiert sich die Zeitung optisch klarer, einfacher, übersichtlicher und aufgeräumter. Verantwortlich für den Print-Relaunch zeichnet Kurier-Artdirector Helge Schalk, das Online-Design stammt vom renom-mierten Zeitungsdesigner Lukas Kircher.

Um den hohen Ansprüchen an die neue Optik gerecht zu werden, wurden die Abteilun-

gen Grafik, Bildbearbeitung und klassisches Layout zu einer Produktionsabteilung zusammengefasst. Die Redakteure arbeiten in ein vorformatiertes Layout hinein und übernehmen so Teile der bisherigen Layouter-Arbeit. Nur mehr die Aufmachersei-ten sollen künftig von Layoutern gestaltet werden, die ihre Aufmerksamkeit zukünftig verstärkt auf hochwertige Grafiken und andere optische Gestaltungs-elemente legen sollen.

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[Medien]

Von HanS-Peter Jauk

Sich zu vernetzen gehört seit jeher zu den wichtigsten Fähigkeiten von Journalisten.

Dies gilt besonders, seit Soziale netzwerke im Internet immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das einflussreichste Online-Netzwerk ist Facebook. Im März 2012 zählte die Facebook-Gemeinde laut dem britischen Guardian weltweit 900 Mio. Mitglieder, ihre Zahl steigt aktuell um rund sechs Prozent. In Österreich sind laut „social-mediaschweiz.ch“ im Jahr 2011 2,68 Mio. Menschen Mitglied bei Facebook gewesen.

Dieses enorme Potenzial an rezipi-enten will sich natürlich auch der Journalismus zunutze machen. Für den onlinejournalismus bringt Face-book zahlreiche Vorteile mit sich. Österreichische Qualitätszeitungen nutzen zum Beispiel die sogenannte „like“-Funktion, um ihre Storys auf Facebook zu bewerben. neben den eigenen Foren können user somit auch Facebook dazu nutzen, um über Geschichten, die online veröffentlicht wurden, zu diskutie-ren. Somit vergrößert sich der kreis der potenziellen user eines Mediums. Das risiko, das damit einhergeht, ist die immer stärkere konzentration im onlinejournalis-mus. Facebook hat es geschafft, den

Markt in einer bedenklichen Weise monopolartig zu durchdringen und lässt somit anderen Informationsan-geboten wenig Platz im netz. Die art und Weise, wie das unterneh-men von Marc Zuckerberg personalisierte Werbung revolutio-niert hat, führt dazu, dass auch ein Großteil der Werbegelder, die online eingesetzt werden, zu Facebook wandern. Daher wird es auch immer schwieriger, ein Medienunternehmen, das auch von seinem onlineauftritt lebt, profitabel zu führen.

Die kommunikationswissenschafte-rin Dr. Gerit Götzenbrucker sieht weitere Gefahren: „Da es sich bei Facebook um eine proprietäre und globale Plattform handelt, die Informationen durch den netz-werkeffekt schneller bereitstellt als Journalisten, stellt es eine Gefahr für den Journalismus dar. Denn Facebook-Inhalte sind mehrheitlich unpolitisch und trivial. Dieser umstand führt zu einem Qualitäts-verlust von Journalismus, der sich an Facebook orientiert.“

Journalisten bietet Facebook die Möglichkeit, über das Weltgesche-hen zu informieren. Der sogenann-ten grasroots-journalism hat durch onlineplattformen wie twitter, aber auch durch Soziale netzwerke, eine neue Dimension erreicht. Beson-

ders zur Zeit des „arabischen Frühlings“, der seit Dezember 2010 zum Sturz mehrerer autoritärer Systeme in der arabischen Welt geführt hat, spielten einfache Bürger und ihre kommunikation über die revolution Schlüsselrollen. auch der kommerzielle Journalismus nutzte diese art der Informationsverbrei-tung für seine recherche über die Vorgänge in den innersten kreisen der revolutionäre. Dadurch läuft der Journalismus alter Prägung aber auch Gefahr, von Bürgerjournalisten in puncto Schnelligkeit und aktualität überholt zu werden. nur ein sinnvolles einbetten der Berichterstattung von Bürgern über Geschehnisse in der Gesellschaft in den professionellen Journalismus kann diesen auch in Zukunft sichern.

Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, meinte bei einer Podiumsdiskussion bei den Medientagen in München: „Die mobile Internetnutzung inklusive einer genauen Lokalisierung von nutzerstandorten bedeutet außer neuen Geschäftsmodellen auch risi-ken. Daher gilt es, die Daten und Persönlichkeitsrechte der Verbrau-cher zu schützen. außerdem muss es ein anliegen jeder Bildungsein-richtung und der Medien sein, die Medienkompetenz der nutzer zu stärken.“ Der Policy Director von

Facebook Deutschland, Gunnar Bender, argumentierte ähnlich, als er meinte, dass Social Media im deutschsprachigen raum noch nicht richtig angekommen seien. Der einzelne müsse die konsequenzen seines Handelns erkennen können und sich „Medienproduzentenkom-petenz“ aneignen.

Bevor Medienunternehmen neue Geschäftsmodelle, die auf die unterstützung von Sozialen netzwerken aufbauen, sinnvoll nutzen können, müssen die user aber erst geschult werden. Diese Bringschuld haben natürlich in erster Linie Bildungseinrichtungen zu erbringen. Jedoch auch Journalis-ten müssen ihren usern durch kritische Berichterstattung über neue entwicklungen im Internet Medienkompetenz vermitteln. Denn es ist verlogen, einerseits den mangelhaften umgang von Facebook mit dem Datenschutz zu kritisieren, aber andererseits durch das einbauen von Facebook-tools für das eigene Medienprodukt Profit zu schlagen.

Soziale netzwerke verändern den Journalismus und die Gesellschaft, die mit Informationen überflutet wird. Daher müssen Journalisten neue Chancen nutzen und rezipienten ihr Medienverhalten adaptieren.

Zum Autor Hans-Peter Jauk

Der 1985 geborene Steirer Hans-Peter Jauk ist redak-

teur beim orF. nach seiner ausbildung zum tourismus-kaufmann und einigen Stati-

onen in der Gastronomie im In- und ausland studierte er Publizistik in Wien. Während dieser Zeit war er unter an-derem für die Kleine Zeitung,

den orF-Steiermark und die antenne Steiermark tätig. neben Skifahren und Fußball

interessiert sich der nach-richten-Junky besonders für

das politische und wirtschaft-liche Weltgeschehen.

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[ ]Facebook – Chance oder Gefahr für den Journalismus

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WIR GEBENIHNEN UNSERWORT.

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Worte sind unser Geschäft. Unser Erfolgsmodell entwickeln wir seit 1848 täglich weiter, bleiben zugleich unseren Werten und Prinzipien heute und in Zukunft treu: Unabhängiger Qualitäts-journalismus mit klaren Konturen.

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12 [Statement] Dezember 2012

[Ausland]

von [Statement]-KorreSponDent Jon menDrala auS Hamburg

Wie stark ist der Einfluss der Politik auf den öffentlich-rechtlichen

Rundfunk? „Ich bin auf dem Weg zum Emir.“ So soll sein Aufsager, sein Drohanruf, begonnen haben. Was sich liest wie ein Karl May-Roman, war der Anfang vom Ende eines Staatsoberhaupts.

Dank der zornigen Nachricht, die er auf der Mailbox des Bild-Chef-redakteurs hinterließ. „Er” heißt Christian Wulff. Und er ist nicht mehr in Amt und Würden. Der letzte Staatsbesuch in Katar und Wulffs letzter bundespräsidialer Gang zum Emir sind zumindest medial gut dokumentiert.

Umso erstaunlicher, dass das altgediente Sprachrohr der bayerischen Landesregierung nicht nur so töricht war, den Chef vom Dienst der „heute“-Redaktion telefonisch vom Verbreiten einer Nachricht über die politische Konkurrenz abbringen zu wollen. Sondern dass er augenscheinlich glaubte, mit seiner politisch motivierten Intervention könne er auch durchkommen.

Hans-Michael Strepp hatte der Redaktion auf den Weg gegeben, dass es zu „Diskussionen“ kommen werde, sollte das ZDF in ihrer Hauptnachrichtensendung „heute“ über den Landesparteitag der Bayern-SPD berichten. „Man kann auch mit freundlichen Worten deutliche Drohungen aussprechen“, kommentierte ZDF-Chefredakteur Peter Frey Ende Oktober den Anruf, nachdem CSU-Chef Horst Seehofer kurz vorher an der Demission seines Sprechers nicht mehr vorbeikam.

„Es sind leider keine Einzelfälle“, sagt Irene Neverla, Universitäts-professorin für Journalistik an der Uni Hamburg. „Aber dieser Fall ist ein Rollback in die 1970er, wo sich die Parteikader noch in der Lage sahen, in den Redaktionen zu intervenieren. Parteien und Pressesprecher sind Wiederho-lungstäter. Deswegen muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk wehren. In diesem Fall hat das rasche Öffentlichmachen des Vorgangs durch das ZDF zu den richtigen Konsequenzen bei der CSU geführt.“

Strepps Fauxpas legt nun die Frage nahe, ob es nicht schon lang

vorher die Anweisung aus der Staatskanzlei gab, Redaktionen unter Druck zu setzen, sie mit politischen Weisungen zu belegen.

Seehofers Kronprinz, Finanzmi-nister Markus Söder, und CSU-General Alexander Dobrindt sind auch bereits in die Schlagzeilen gekommen. Denn sie könnten die „Strippenzieher“ sein, ihr Presse-sprecher nur das Bauernopfer. Regierungschef Seehofer weist die Vorwürfe brüsk zurück.

Söder soll sogar selber als Mitglied des ZDF-Fernsehrats mehrfach auf eine Berücksichtigung von CSU-Positionen im Programm gedrängt haben, berichtet nun die Süddeutsche Zeitung. Noch ist die Krise für die Staatspartei nicht überstanden: Der bayerische SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher erklärt gegenüber [Statement]: „Die Aufklärung ist zunächst Angelegenheit der ZDF-Gremien. Wenn es jedoch dort keine Aufklärung gibt, werden wir die Einsetzung eines Untersu-chungsausschusses im Bayerischen Landtag prüfen.“

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV),

Michael Konken, spricht gegenüber [Statement] von einem „Damm-bruch”. „Es ging Herrn Strepp offenbar nicht darum, der ‚heute‘-Redaktion die Sicht der CSU über den SPD-Parteitag mitzuteilen, was völlig legitim gewesen wäre. Er ging weiter und wollte Berichterstattung verhin-dern – ein unglaublicher Vorgang.“

In Deutschland ist zwar die „Staatsferne“ in sogenannten Rundfunkstaatsverträgen schriftlich fixiert, welche die neun ARD-Anstalten und das ZDF mit Bund und Ländern geschlossen haben. Doch ein Blick in die Rundfunkräte der Sender zeigt: Parteienproporz, wohin man schaut.

Neben der politischen Gremien-Durchsetzung in öffentlich-rechtli-chen Sendern sind eben jene auch zur Abspielstation politischer Parolen in Talkshows geworden. Und die werden nur allzu gern von den Funktionären – aller Parteien – wahrgenommen. Im Falle Strepps steht nun Aussage gegen Aussage.

Der Schaden dürfte aber weitaus größer sein, als nur das Karriereen-de eines ambitionierten Spindoc-tors.

In Deutschland glühen mal wieder die Drähte: Nun hat es den Pressesprecher der CSU erwischt. Ein Anruf Hans-Michael Strepps in der „heute“-Redaktion des ZDF bringt nicht nur einen Pressesprecher zu Fall, sondern eine Debatte ins Rollen.

[ ]ein Anruf kommt selten allein

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Dezember 2012 [Statement] 13

[Kommentar]

Kommentar von Fritz HauSjell

Österreich diskutiert ein neues modell der orF-Finanzierung: die Haushaltsabgabe. Der diese Debatte begleitende medienjourna-lismus hat es schwer. Für die involvierten journalisten ist es nicht

einfach, die interessen des eigenen mediums und der dahinter stehenden mediengruppe nicht durchschlagen zu lassen. zudem die medien-über-medien-Berichterstattung an eingefahrenen mustern leidet und zu selten Blicken über die Grenzen blickt.

Das Thema ORF-Finanzierung löst fast schon journalistische Reflexe aus, weil über jahrzehnte eingespielt. Da wurde jede nachjustierung der rundfunkgebühr als erhöhung kritisiert, da konnte und musste man einfach dagegen sein. Diese Haltung war man seinem Publikum schuldig. Die einzelverkaufs- und abonnementpreis-erhöhungen des eigenen Blatts wurden indes in einem kleinen Kasten verkündet, immer mit der Begründung versehen: gestiegene Druck-, Papier- und Personalkosten. und es gab und gibt keine Debatte dazu, auch auf eine online-abstim-mung dazu wird verzichtet.

Bei der letzten rundfunkgebühren-anpassung um sieben Prozent gingen wieder alle Printmedien kritisch zur Sache, die zeitung Österreich gab sogar Geld aus, um die Bevölkerung zu fragen: in einer Gallup-umfrage für das Blatt „lehnen 82 Prozent die Gebührenerhöhung ab. nur 13 Prozent finden es in Ordnung, dass sie für das Programm mehr zahlen sollen.“ erstaunlicherweise nur 82 Prozent. Spannend wären diese zahlen allerdings nur, wenn vergleichsweise die Frage gestellt worden wäre: Sollen zeitungen teurer werden? Wer so fragt, kennt schon im voraus das ergebnis. man hätte ja auch fragen können: „Diese erhöhung macht knapp die Hälfte der Inflation für den damit abgedeckten Zeitraum aus, wodurch Hörfunk und Fernsehen in Österreich vergleichsweise mit anderen Dienstleistungen und Produkten günstiger wird. Sind Sie damit einverstanden, dass die orF-Gebühren um sieben Prozent angepasst werden, um weiterhin sein Programmangebot finanzieren zu können?“

am 17. oktober 2012 wurde im zuge eines Studientags des orF-Publi-kumsrats die Debatte um die orF-Haushaltsabgabe gestartet. Fachleute aus Deutschland, Schweiz und Österreich referierten, doch deren ausführungen ließ der österreichische medienjournalismus fast völlig außen vor, es interessierte bisher lediglich, was orF-vertreter, orF-Gremien, heimische medien-interessensvertreter und die Politik sagt. und der Boulevard setzte heftig auf des volkes meinung, ohne diesem vorher ausreichend sachliche informationen anzubieten.

zwei tage nach der ankündigung durch Generaldirektor Wrabetz titelte die Kronen Zeitung: „Gebührenzahler auf den Barrikaden: aufstand gegen neue orF-Steuer“. Die medienredakteurin der Presse bemerkte am folgenden tag zu recht, dass das volksblatt „aber in der dazugehörigen Geschichte im Blattinneren Details zu diesem angekündigten aufstand und der Barrikadenwut der Gebührenzahler schuldig“ blieb. Dafür durfte der Krone-Postler michael jeannée tags darauf Wrabetz einen bösen „Brief“ schreiben (und seine Wunden aus einem einige zeit zurückliegen-den orF-auftritt einmal mehr lecken). Dann wurden noch einige tage ausschließlich orF-kritische leserbriefe abgedruckt. es blieb beim Kampagnenversuch.

Der Platz reicht hier nicht aus, um darzustellen zu können, wie alle heimischen medien den Start der Debatte zur Haushaltsabgabe medial begleitet haben. insgesamt fällt aber auf, dass aus der Politik jene Parteien,

die die Haushaltsabgabe befürworten, kaum zu Wort kommen, die Kritiker aus Politik, interessensvertretungen und medien indes deutlich stärker. Dabei wäre der Wrabetz-vorschlag mehr als nur eine Überle-gung wert, vor allem bei journalisten, denen die unabhängigkeit und die faire Bezahlung journalistischer arbeit ein anliegen ist. Denn worum geht’s? Wrabetz nannte zehn Kriterien für die Haushaltsabgabe: Diese solle bei der Gesellschaft akzeptiert, ausreichend, nachhaltig, staatsfern, autonom, transparent, effizient, ungeteilt und sozial gerecht sein. Obgleich der orF-Generaldirektor diese Kriterien ausführlich erläuterte, hat der medienjournalismus sie noch nicht kritisch gewürdigt.

eine ernsthafte medienjournalistische Beschäftigung mit dem neuen Modell wäre angesagt, statt unreflektiertes ORF-Bashing und simples referieren von partei- und interessenspolitischen Positionen. Denn die Finanzierung von Qualitätsmedien und qualitativ hochstehendem journalismus sollte gerade auch anderen Qualitätsmedien und ihren journalisten angesichts von ökonomischer Krise etlicher privater wie öffentlich-rechtlicher medien, steigender Gratismentalität und journalisti-schem Prekariat unter den nägeln brennen.

Die argumente in der bisherigen medien-Debatte sind z.t. die umkehr von ursache und Wirkung. Der orF müsse zuerst noch mehr Qualität leisten, bevor es Geld gebe. So argumentieren übrigens auch jene teile der Politik, die sich vom orF etwas erpressen möchten. viele verweisen auf die rtr-Studie und das Kommaustria-urteil zur unausgewogenheit zwischen den Programmteilen information, Kultur, unterhaltung und Sport im orF. Dabei fragte noch kein medienjournalist bei der medien- und Kommunikationswissenschaft nach, wie valide denn jene Studie ist, auf die sich die aufsichtsbehörde in ihrer entscheidung zentral gestützt hat. und – abgesehen von einem klugen Kommentar von rosemarie Schwaiger im profil mitte oktober – meinen alle, auf Grundlage einer ausschließlich Quantitäten ausmessenden Studie nun über die angeblich mangelnde Qualität der orF-Programme reden zu können.

und selbst wenn dieses rtr-urteil dazu berechtigen würde, dann wäre ja wohl noch ursache und Wirkung zu debattieren: ein orF, der heute im vergleich zu früher erheblich mehr Programmleistungen anbietet, macht dies mit wesentlich weniger mitarbeitern (minus 600!) als früher. und er hat trotz erheblich gestiegener Übertragungsrechte-kosten (insbesondere im Sport) wesentlich weniger Geld dafür zur verfügung. zwar hat der durchschnittliche zuseher nicht den eindruck, dass in den tv- und radioprogrammen des orF weniger Werbung liefe (was ja auch nicht der Fall ist), aber der orF bekommt dafür erheblich weniger Geld. Die privatwirtschaftliche Konkurrenz, die mit niedrigstpreisen in die erschließung des österreichischen tv-Werbe-markts hineinging, verringerte die Preise für die tv-Werbung insgesamt. Der orF verlor nicht nur wegen der inzwischen geringeren marktan-teile viel Geld aus der tv-Werbung: Während mittlerweile rund 400 mio. € aus Österreich an die Werbefenster der deutschen Privatsender abfließen, die dafür nur marginal neues, auf Österreich bezogenes Programm senden, haben sich in den letzten zehn jahren die tv-Werbeeinnahmen des orF halbiert.

Wo bleibt der medienjournalismus, der sich systematisch der Frage widmet, wie in europäischen Kleinstaaten die Existenz starker öffentlich-rechtlicher medienanbieter mittelfristig gesichert werden kann? Denn dass deren leistungen für die positive entwicklung demokratischer Gesellschaften und deren Herausforderungen im europäisierungsprozess essenziell sind, bestreitet kaum jemand.

[ ][Statement fundiert]: Medienjournalismus vor neuen Herausforderungen

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14 [Statement] Dezember 2012

[Medien]

von Michael ellenbogen

einige bekannte europäische Medienanstalten, wie beispiels-weise die aRD, der verbund

öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehanstalten in Deutsch-land, unterhalten in Wien ein Studio, deren Mitarbeiter nicht nur aktuelle Reportagen aus Österreich gestalten, sondern ebenso aus südosteuropäischen ländern wie Ungarn, albanien, bulgarien, Rumänien, Serbien, bosnien, dem Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Slowenien berichten. Seit dem Jahr 2000 ist Susanne glass aRD-Korrespon-dentin in Wien. „ich erarbeite beiträge für alle Fachgebiete, beziehungsweise Ressorts. Die Umsetzung von berichten für die ‚Tagesschau‘ gehört ebenso zu meinen aufgaben, wie die gestaltung von Reportagen für die ‚Tagesthemen‘ sowie auch Fernsehfilme in der Länge von 30 bis 45 Minuten über die Region“, beschreibt die engagierte Journalis-tin, die seit 2006 auch die Funktion

der Präsidentin der auslandspresse in Wien bekleidet, ihre Tätigkeiten. Redakteure aus nahezu allen Weltgegenden beschäftigen sich nicht nur in beruflicher Hinsicht mit ihrem gastland, sondern sammeln während ihres aufenthalts auch private erfahrungen gesellschaftli-cher natur. Sie erwerben mit der Zeit ihr persönliches bild über das österreichische Wesen. neben den

positiven eindrücken bestehen auch kritische einstellungen, die offen aber auch umfangreich zur Sprache kommen. bei der beurteilung von verhaltensweisen der Repräsentanten des öffentli-chen lebens in Österreich spielt die Mentalität, die auch mit der größe des landes in Zusammen-

hang steht, eine wesentliche Rolle. Susanne glass bringt dieses Phänomen auf den Punkt: „Öster-reich ist ein kleines land mit einem einerseits großen Selbstbewusst-sein wie andererseits auch einem Minderwertigkeitsgefühl; daraus ergibt sich auch das ambivalente verhältnis zum großen Deutschen nachbarn.“

Der russische Sportjournalist boris Tosunyan hatte bereits als junger Mann die gelegenheit, aufgrund der erzählungen seines vaters, Sergej Tosunyan, Korrespondent der russischen Tageszeitung Iswestija in Österreich, Wissen über das alpenland zu sammeln. Der auf Fußball spezialisierte Sportredak-teur kam im Jahr 2000 nach Österreich und sollte zwei Jahre bleiben. Doch da die russische nationalmannschaft öfter hierzu-lande trainierte, begleitete er die Sportler und lernte auf diese Weise auch einige bundesländer kennen. Die Pinzgauer gemeinde leogang blieb boris Tosunyan ebenso wie den Mitgliedern der russischen

[ ]auf journalistischemAußenposten in Österreich

Medienvertreter aus vielen ländern der erde berichten über die politische und wirtschaftliche entwicklung in Österreich, über kulturelle ereignisse und Sportveranstaltungen – die sogenannten auslandsjournalisten.

Oslobodenje-Korrespondent Dusko Dimitrovski.Mnb-Korrespondentin Mungunchimeg batmunkh.

„Mentalität und größe des landes spielen eine Rolle.“

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[Medien]

Fußballnationalmannschaft ob ihrer Gastfreundschaft in bleibender Erinnerung. In seinen Berichten analysiert der Sportreporter im Auftrag der Chefredaktion des Mediums „AIF Europe“ auch das „Wesen der Österreicher“. „Mir war es sehr wichtig, unseren Lesern ein verständliches Bild über das Land, in dem ich mittlerweile zwölf Jahre lebe und arbeite, zu vermit-teln“, sagt dieser Reporter, der mit österreichischen Gesprächspart-nern bislang noch keine negativen Erfahrungen gemacht hat. Was den russischen Journalisten dennoch ein wenig an der österreichischen Mentalität stört, ist der Umstand, dass auch private Vereinbarungen mit Freunden und Bekannten in einen Terminkalender eingetragen werden. „Wir Russen sind da

spontan. Wenn wir Lust haben, gute Freunde einzuladen, so tun wir das ganz einfach“, weiß Boris Tosunyan.

Auch das Mongolische Staatsfern-sehen MNB ist in der Donaume-tropole durch eine weltoffene Korrespondentin, Mungunchimeg Batmunkh, vertreten. „Ich lebe und

arbeite seit 2003 in Wien und habe hier auch Theater- und Filmwissen-schaften studiert“, erzählt die zierliche Fernsehredakteurin, die während ihrer Studienzeit bereits Beiträge für Nachrichtensendungen ihres Auftraggebers recherchierte und gestaltete. Die mongolische Medienvertreterin hat sich ausschließlich auf die Bereiche Kultur und Wissenschaft speziali-siert. „In einigen Bereichen, wie beispielsweise in der klassischen Musik oder dem Skisport, ist Österreich weltberühmt. In meiner Heimat sind die ‚Sissi‘-Filme ja sehr bekannt und auch beliebt“, meint dazu Batmunkh und lächelt. Im Vergleich zu den Deutschen sind die Österreicher eher ruhig, gelassen und gemütlich, spricht die mongolische Journalistin aus eigener Erfahrung, da sie während der ersten Jahre in Deutschland studiert hat. Mittlerweile ist die Akademikerin auch Staatsbürgerin unseres Landes geworden und mit einem Österreicher verheiratet. Die Mutter zweier Kinder gründete gemeinsam mit ihrer Landsfrau Badamsuren sowie Universitäts-professor Friedrich Hausjell und dem Medienspezialisten Franz Simbürger den „Mongolischen Kulturverein in europäischen Ländern“. Ihre ehemalige Heimat besucht die Korrespondentin höchstens einmal im Jahr, in der Regel aber einmal in zwei Jahren. Dennoch würde sie sehr gern regelmäßig in der Mongolei als

Fernsehjournalistin arbeiten, da sie mit dem Land sehr verbunden ist. Großes Interesse hätte Mungunchi-meg Batmunkh, die 2007 in der ORF-Innenpolitikredaktion ein Praktikum absolvierte, auch an einer Tätigkeit für ein österreichi-sches Medium.

Der aus Bosnien stammende Filmspezialist Dusko Dimitrovski kam 1992 als Flüchtling nach Österreich. Ursprünglich war er bei

der bosnischen Zeitung Osloboden-je angestellt. Während seines Aufenthalts in Wien repräsentierte er das Medium als Korrespondent.

Dimitrovski bezeichnet sich als Kulturjournalist und Filmkritiker. „Alle Filmkritiker sind Journalisten, doch alle Journalisten sind nicht Filmkritiker“, argumentiert der Fachredakteur, der schon einige Filmfestivals organisiert hat. Eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen Österreich und Bosnien besteht darin, dass beide Länder mit „Oscars“ sowie Hauptpreisen des Filmfestivals in Cannes ausgezeichnet wurden.

ARD-Korrespondentin Susanne Glass. Iswestija-Korrespondent Boris Tosunyan.

Zum AutorMichael Ellenbogen

Michael Ellenbogen, Jahr-gang 1962, lebt in Wien, Abschluss des Studiums

der Politikwissenschaften und des multidisziplinären

Studiums Balkanwissenschaf-ten. Seit 1993 journalistisch für diverse österreichische Printmedien und Fernseh-

produktionen tätig; hat sich auf die Bereiche Geschichte,

Kultur und Wissenschaft spezialisiert. Aufgrund

seiner Verbundenheit zum adriatischen Raum sind ihm

Artikel, Geschichten und Reportagen über Kroatien

ein Anliegen.

Viele Korrespondenten kommen für kurze Zeit, bleiben aber länger.

„Alle Filmkritiker sind Journalisten, doch alle Journalisten sind nicht Filmkritiker.“

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[Viennale]

Von FreD Turnheim

Das ist Frust. Kurz vor einem fixierten Interviewtermin wurde dieser aus „Krank-

heitsgründen“ abgesagt. Kurzfristig wurde der ebenfalls bereitstehende Kameramann und Pressefotograf abgesagt. Blöd am Rande: Der Interviewpartner war zur gleichen Zeit im TV zu sehen. Stellt sich der bösartige Reporter die Frage: „Warum weicht der ‚Viennale‘-Chef einem Interview aus?“ Dabei ist das Thema eigentlich unkompliziert: „Der Dokumentarfilm auf der Viennale“, hatten wir vereinbart.

Das Festival hatte 63 Dokumentar-filme im Programm. Die Autoren kamen aus Frankreich, Israel, Palästina, Deutschland, Großbritan-nien, Italien, Russland, Spanien, Libanon, Kanada, USA, Japan, Kambodscha, Argentinien, Algerien, Mali, Marokko, Schweiz, Indien, Hongkong, Schweden, Mexiko, Brasilien, Dänemark und Öster-reich – ein hervorragender Überblick über das aktuelle Dokumentarfilmgeschehen auf der Welt. Die meisten Filme wurden 2011 und 2012 produziert – aktu-eller geht es nicht.

Wie eindrucksvoll der Dokumen-tarfilm sein kann, zeigt sich in der japanischen Produktion „Nyukuria Neisyon“ des 1974 in Osaka geborenen Filmemachers Funahshi Atsushi. Er berichtet aus einer Turnhalle in Tokio, in der nach der Reaktorkatastrophe 1.400 Menschen versuchen, wieder ein „normales“ Leben zu führen; kritische und sensible Beobachtun-gen mit der Kamera machen diesen Film zu einem Meisterwerk des Dokumentarfilms.

Die „Viennale“ zeigte auch die Vielfalt des filmdokumentarischen Schaffens und die Freude zum Experiment auf, die unsere Filmemacher heute gern testen – von der Langzeitbeobachtung über den Essayfilm, den Kompilations-film bis zum Dokumentarfilm als politische Waffe.

Zum Beispiel die indische Produkti-on „Jai bhim comrade“ des Aktivisten und Dokumentaristen Anand Pawardhan, 1950 im Mumbai geboren. Der Soziologe und Kommunikationswissenschaf-ter drehte in den vergangenen 14 Jahren seinen Film über ein 1997 in seiner Heimatstadt von der Polizei

an Slumbewohnern verübtes Massaker, das als „Dalit-Demonst-ration“ in die Geschichte eingegan-gen ist. Der Film zeichnet sich durch extreme Beharrlichkeit des Filmemachers aus.

Geschichte aufbereitet und so für die Nachwelt dokumentiert, das war ein „großartiger Film“ (Elfriede Jelinek) des Österreichers Walter Manoschek auf dieser Viennale 2012. „Dann bin ich ja ein Mörder“ ist die Zusammenfassung eines mehrstündigen Gesprächs mit dem ehemaligen SS-Unterscharführer Adolf Storms, der beschuldigt wurde, am 29. März 1945 im burgenländischen Deutsch-Schüt-zen mindestens 57 jüdisch-ungari-sche Zwangsarbeiter erschossen zu haben. Während sich der 90-jährige Storms (verstorben 2010) nicht an das Massaker erinnern kann, wird er von den zwei ehemaligen HJ-Führern Johann Kaincz und Fritz Hagenauer schwer belastet. Außerdem führte der Filmemacher Gespräche mit ungarischen Juden, die das Massaker überlebt haben.

Ein poetischer Experimentalfilm ist die spanische Produktion „Ensayo

Final para Utopia“ von Andrés Duque. In einer tagebuchartigen Darstellung verschwimmen oft die einzelnen Ebenen der Handlung und stehen in Konkurrenz zum Ton. So verschwimmen Recherchen über den Unabhängigkeitskampf in Mosambik (1962 bis 1975) mit der Nachricht von der Erkrankung seines Vaters. es entsteht ein filmisches Tagebuch aus Licht und Schatten, verwoben mit anderen Filmen und einem Auftritt von Hildegard Knef im Robert-Lynn-Film „Mozambique“.

Die Filmauswahlkommission der 50. Viennale hat es im Jubiläumsjahr geschafft, gerade im Bereich des Dokumentarfilms einen sehr guten Überblick über die internationalen Tendenzen nach Wien zu bringen. Was fehlt, ist die Wirkung auf die heimischen Nachwuchs-Filmema-cher.

Qualitätsjournalismus und Dokumentarfilm haben mehrere Beziehungsebenen zueinander. Darüber mit dem Viennale-Direk-tor zu sprechen, war, wie gesagt, leider nicht möglich. Aber das ist, wie schon gesagt, eine ganz andere Geschichte …

Vom 25. Oktober bis 7. November fand die Viennale 2012 statt. In der [Statement]-Redaktion haben wir beschlossen, ein Gespräch mit dem langjährigen Viennale-Chef Hans Hurch über die Bedeutung des Dokumentarfilms im größten heimischen Filmfestival zu führen. Das Gespräch kam nicht zustande.

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[ ]Viennale 2012: Eine ganz andere Geschichte …

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18 [Statement] Dezember 2012

[Medien]

VON FRITZ HAUSJELL

Der Journalist Hans Winge ist zunächst keiner. Wie viele Wiener zieht es den am 26.

Dezember 1903 in Wien gebore-nen Sohn der Kaufl eute Ida und Emil Ornstein in den frühen

zwanziger Jahren nach Deutsch-land, wo er als Schauspieler und Regisseur an verschiedenen Theatern arbeitet. 1933 muss Winge – weil jüdischer Herkunft und Linker – aus NS-Deutschland fl iehen. Er kehrt nach Österreich zurück und wird hier Journalist, bei der Neue Freie Presse. Er hat dort zunächst keinen leichten Stand. Ist ehrgeizig, müht sich ab und schafft es schließlich; er schafft in der Neue Freie Presse eine wöchentliche Beilage für Film – der Emigrant Winge wird zum anerkannten Filmjournalis-ten in Wien.

Doch dann der März 1938: Der Filmjournalist fl ieht ein weiteres Mal vor den Nazis. Diesmal zunächst nach England und dann über das große Wasser nach USA. Seine jahrelange Praxis als Schauspieler, Regisseur und Journalist in Europa zählte in den USA freilich nichts. „Hilfsarbeiter“ lautet nunmehr die neue Berufsbezeichnung. Um 1940/41 schaffte er den Sprung zu Universal Pictures in Hollywood – als Cutter-Lehrling. Danach bringt er es noch zum Music-Cutter und sogar zum Producer-Editor bei Metro Goldwyn Mayer. Aber mit den Berufen, die er in Europa ausgeübt hat, hatte dies wenig zu tun. Versuche, im amerikanischen Journalis-mus Fuß zu fassen, scheitern. Lediglich die schon in England begonnene Mitarbeit bei der Fachzeit-schrift Sight and Sound kann er weiterführen, wie Maria Reumann für ihre Diplom-arbeit recherchiert hat. Für lange Zeit zerstört

wurden kritischer Journalismus und journalistische Qualität durch Vertreibung oder physische Vernichtung von Personen sowie durch zerstörtes Erfahrungswissen. Zunächst einmal lässt sich der Verlust für den österreichischen Journalismus festmachen an den Journalisten, die ins Exil mussten. Allerdings kann die Forschung noch nicht beantworten, welchen Umfang die Vertreibung insgesamt hatte. Lediglich zwei Fallbeispiele können hier genannt werden: Die von Karl Kraus zeitlebens heftig

kritisierte Neue Freie Presse verlor unmittelbar nach dem „Anschluss“ 1938 22 von damals insgesamt 33 beschäftigten Redakteuren. Fünf weitere Redaktionsmitglieder mussten zwischen Juni 1938 und Jänner 1939 das Blatt verlassen. Die Mehrzahl konnte sich ins Exil retten, wie eine penible Diplomar-beit von Gerda Steinberger ergab. Von den insgesamt 22 exilierten Journalisten der Neue Freie Presse sind zwei noch vor 1945 im Exil gestorben. Eine ähnlich präzise Studie liegt noch für die sozialde-mokratische Wiener Arbeiter-Zei-tung vor, die Miriam Machtinger als Diplomarbeit geschrieben hat. Die Ergebnisse für diese beiden Tageszeitungen sind sicher nicht verallgemeinerbar. Für die liberal und links ausgerichtete Presse Wiens dürften sie allerdings gelten, nicht aber für die katholische oder deutschnationale oder die – aller-

[ ]Keine einfache RückkehrFür Österreichs Medien arbeiteten vor 1938 viele Journalisten, die dann von den Nazis als Juden vertrieben oder umgebracht wurden. Nur wenige der Überlebenden kehrten aus dem Exil zurück, weil sich das Land und seine neuen Blätter selten um sie bemühten. So auch nicht um den Filmjournalisten Hans Winge, der dennoch zurückkam.

bei der Er hat dort zunächst keinen leichten Stand. Ist ehrgeizig, müht sich ab und schafft es schließlich; er schafft in der eine wöchentliche Beilage für Film – der Emigrant Winge wird zum anerkannten Filmjournalis-ten in Wien.

Doch dann der März 1938: Der Filmjournalist fl ieht ein weiteres Mal vor den Nazis. Diesmal zunächst nach England und dann über das große Wasser nach USA. Seine jahrelange Praxis als Schauspieler,

Hans Winge in der Neue Freie Presse.

NS-Zeit: kritischer Journalismus durch Vertreibung undVernichtung zerstört.

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[Medien]

dings weniger bedeutenden Blätter – der Provinz.

Nach 1945 kehrten nur drei der emigrierten Neue Freie Presse-Redakteure nach Österreich zurück, wobei einer dem Journalis-tenberuf fortan den Rücken gekehrt hatte. Die beiden anderen kamen als Journalisten zu Zeiten

nach Österreich zurück, als die Posten längst gut vergeben waren und sich eine neue journalistische Kultur bereits etabliert hatte. Aus dem Exil heimgekehrte Journalis-ten waren zum Beispiel in der österreichischen Tagespresse der ersten Nachkriegsjahre – zumin-dest quantitativ – nicht stark: Unter

den Redaktionsmitgliedern aller Tageszeitungen der Jahre 1945 bis 1947 finden wir lediglich 5,5 Prozent erfahrene Journalisten aus dem Exil und weitere 2,4 Prozent Remigranten, die vor 1945 jedoch noch nicht journalistisch tätig waren, wie meiner Dissertation „Journalisten gegen Demokratie oder Faschismus“ (1989) zu entnehmen ist. Die meisten Exiljournalisten beschäftigte die sozialdemokratische Arbeiter-Zei-tung und die kommunistische Österreichische Volksstimme und etwas später das linke Boulevard-blatt Der Abend.

Hans Winge zieht es zurück nach Europa. Zunächst arbeitet er nach der Befreiung Österreichs als Korrespondent von Amerika aus für die Presse, das Drei-Parteien-Tagblatt Neues Österreich und die Zeitschriften Österreichisches Tagebuch und Filmkunst. Seinen Lebensunterhalt verdiente er jedoch bis 1949 weiterhin als hauptberuflicher Cutter. Die 1946

gegründete Presse, die sich als Nachfolgeblatt der Neue Freie Presse wähnt, hatte übrigens zwischen 1948 und 1950 lediglich ein paar Remigranten beschäftigt, aber – so wie Winge – nur als freie Mitarbeiter. In der Redaktion indes hatte damals kein Ex-Exil-Journalist Platz. Da gab es andere: Drei Viertel der Presse-Redakteure waren Journalisten, die während des NS-Regimes zumindest zeitweise einschlägig tätig waren, wie eine Studie von Michaela Lindinger ergab. Das Blatt bemühte sich auch nicht um Winges Rückkehr, aus Österreich war ihm nur der kommunistische Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka behilflich.

Hans Winge kehrte zunächst nicht nach Wien zurück, sondern ging als künstlerischer Berater von Bertold Brecht nach Ost-Berlin, dessen Freund er im amerikanischen Exil geworden war. Doch in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands traut man dem vor Hitler in den Westen – nach USA – geflohenen Winge in diesen Kalte-Kriegs-Zeiten nicht so recht: Er wird nach einem Jahr ausgewie-sen, kommt so wieder nach Wien. Als Kommunist bekommt er zunächst einen Job als Leiter des Besetzungsbüros der Wien-Film. Winge ist darüber nicht besonders glücklich, aber der Posten bedeutet immerhin ein gesichertes Einkom-men – aber nur bis 1955: Nach dem Abzug der Besatzungstruppen verliert er diesen. Winge schlägt sich fortan freiberuflich als Schriftsteller und vor allem – wie-der – als Filmkritiker in Wien durch. Obgleich er als Letzteres fachlich hoch geschätzt wird, bekommt er erst, nachdem er sich öffentlich und mehrfach vom Kommunismus losgesagt hat, bei der Tageszeitung Die Presse (bei deren Vorläufer Neue Freie Presse er bereits vor 1938 Filmredakteur war) eine feste Stelle. Er hat nach zwei Jahrzehnten wieder das erreicht, was er vor seinem zweiten Exil in Wien schon einmal

war: einfacher Tageszeitungsredak-teur für den Bereich Film. Fortan macht Winge, nunmehr deklarierter Ex-Kommunist, eine allerdings späte und kurze Karriere. International bedeutsame Blätter wie die Neue Zürcher Zeitung und die Welt drucken seine Beiträge über Filme, das junge österreichi-sche Fernsehen beschäftigt ihn ebenfalls als Filmkritiker. Er unterrichtet an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und bringt es ehrenhalber bis zum „Außerordentlichen Hochschul-professor“. Hans Winge starb am 13. April 1968 an den Folgen eines Unfalls.

Emigrant und Filmjournalist Hans Winge.

Zum AutorFritz Hausjell

Fritz Hausjell, Jahrgang 1959, arbeitete in den frühen

80er-Jahren als Magazinjour-nalist beim Extrablatt, 1985 schloss er sein Studium der Publizistik- und Kommuni-kationswissenschaft sowie

Pädagogik an der Universität Salzburg ab. Er ist Autor

zahlreicher Bücher, seit 1986 Mitherausgeber der Fach-zeitschrift Medien & Zeit.

Derzeit außerordentlicher Universitätsprofessor am

Institut für Publizistik- und Kommunikationswissen-schaft an der Universität Wien, nebenberuflich an den Fachhochschulen St.

Pölten und Wien. Als viel-gefragter Medienexperte

wird er für [Statement] regelmäßig den Journalismus, die Medienentwicklung und

die Medienpolitik kritisch analysieren.

Drei Viertel der Presse-Redakteure waren wäh-rend des NS-Regimes zumindest zeitweise einschlägig tätig.

Winges Lebens- und Leidensweg: Wien-Berlin-Hollywood-Ostberlin-Wien.

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„Die soziale Kompetenz, gern kommunizieren,

umtriebig sein sowie offene Augen zu haben für alles, was in der Welt passiert,

ist für Journalisten besonders wichtig.“

Christian Rainer

[ ]Christian Rainer: Der Mann mit profil

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[Portrait]

von nina Bayer

Mein Privat- und Berufsleben versuche ich mit zuneh-mender vergreisung

bewusster zu trennen“, verrät der bald 51-jährige Christian rainer, der seit 14 Jahren als Herausgeber und Chefredakteur für das unabhängige nachrichtenmagazin profil tätig ist. „nach einigen Jahrzehnten auf der Walz könnte ‚Privates und Berufliches als eine Einheit zu sehen‘ ziemlich ungesund werden“, ist sich rainer sicher, der für seine Kollegen nach wie vor 24 Stunden am Tag erreichbar ist. aber: „Zwei Geschäftsessen an einem abend finden heute nicht mehr statt.“

neben der Liebe zum geschriebe-nen Wort zeigt der geborene oberösterreicher auch guten Geschmack: Dieses Jahr wurde er im rahmen eines Publikumsvotings der Österreichischen Schuhwirt-schaft aufgrund seines „herausra-gend geschmackvollen Schuh-werks“ mit dem Titel „Mr Shoe 2011“ geehrt. als eine art Dandy würde er sich aber nicht bezeich-nen: „Lächerlich ist eitelkeit vor allem dann, wenn es zum intellek-tuellen und optischen Schnösel-gerät wird.“

rainer gilt als einer der großen net-worker des Landes. „Menschen, die glauben, dass networking mit Berechnung zusammenhängt, haben es nicht verstanden. networking ist das Gegenteil und in Wahrheit das ‚Bekanntschaften pflegen‘, um des Pflegens von Bekanntschaften willen, und nicht, um etwas zu erreichen“, so rainer.

Was ihm am meisten abginge, wenn er seinen Job nicht mehr hätte, wären nicht die Macht oder die Gestaltungsmöglichkeit, sondern seine Mitarbeiter und jene Menschen, die täglich sein Umfeld bilden. arbeiten des reichtums wegen kann für rainer kein Thema sein. Seine Wunschmitarbeiter müssen, neben Loyalität, die arbeit als Berufung und nicht als Beruf empfinden: „Wer Journalismus beim profil als eine einnahmequelle oder zur Befriedigung seiner eitelkeit sieht, hat missverstanden, worum es

bei uns geht. Die unstillbare neugierde ist ein absolutes Muss.“

eigentlich wollte rainer Zoologe werden – Konrad Lorenz war eines seiner großen vorbilder. „als ich in Gmunden zur Schule ging, wäre mir der Gedanke, eines Tages als profil-Journalist oder gar Herausgeber zu arbeiten, als ein unmöglicheres Ziel vorgekommen, als Bundeskanzler zu werden“, erinnert sich der Herausgeber. als Zivildiener lehnte man rainer ab: „ich wurde mehr oder weniger mit Handschellen gezwungen, Präsenzdienst zu leisten. am dritten Tag bin ich mit starken rückenschmerzen beim exerzieren zusammengebrochen und ab Woche zwei musste ich zuhause

auf der Gesundheitsmatratze schla-fen.“ rainer ist klarer Befürworter eines Berufsheers: „Der Präsenz-dienst bringt im besten Fall verlorene Monate für junge Österreicher, im schlechteren prägende eindrücke von der abenteuerlichen verfasstheit des Staats, im schlimmsten Fall traumatische erfahrungen für ein ganzes Leben.“

nach einem kurzen auslandsauf-enthalt in den USa studierte er rechtswissenschaft und volkswirt-schaftslehre in Wien. von ebensee nach Wien lockten ihn letztlich seine beiden um 10 bzw. 12 Jahre älteren Brüder, die ihn damals herzlich umsorgten.

Journalist wurde der heute in Wien lebende Chefredakteur durch Zufall, als er angesichts der „Waldheim-affäre“ 1986 anfangs in der Wiener Wochenzeitung Falter zu schreiben begann, um seiner empörung ausdruck zu verleihen und um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. 1988 bis 1990 war rainer bei der Arbeiter-

zeitung, wo er zum Leiter des Finanz- und Wirtschaftsressorts und zum stellvertretenden Chefredakteur aufstieg. Danach arbeitete er bis ende 1996 als ressortleiter und Chefredakteur bei der Wochenpresse/Wirtschafts-woche. von 1997 bis 2008 war rainer Herausgeber und Chef-redakteur des Wirtschaftsmagazins trend, zudem von 1998 bis heute Herausgeber und Chefredakteur der Wochenzeitschrift profil. Letzteres wird oft abfällig „von den rechten“ als Zentralorgan des antifaschismus in Österreich bezeichnet: „Für mich ist dies durchaus eine positive Brandmar-kung“, so rainer.

rainer lebt sowohl in der Wiener innenstadt auf 53 Quadratmetern, als auch in Traunkirchen am Traunsee. in seiner Freizeit reist er gern um die Welt: Übers verlän-gerte Wochenende nach Kolumbi-en oder Kambodscha zu fliegen, ist bei rainer keine Seltenheit. Was ‚Heimat‘ für ihn bedeutet? vor zehn Jahren hätte rainer fassungslos nach einer antwort gerungen: „aber jetzt spüre ich immer stärker eine innere verbundenheit mit dem inneren Salzkammergut“, sagt rainer, der den ständigen Konflikt mit seinen Eltern in den letzten Jahren gut aufarbeiten konnte: „Mein vater war ein Wehrmachtssoldat, der die Gesamtverantwortung jeder Generation nicht gesehen oder eben verdrängt hatte. es ist eigenartig, als vater einen Wehr-machtssoldaten und als Kinder jüdische Zwillinge zu haben. Meine Mutter hat uns Kinder mit einem ständigen Ungleichgewicht von zu viel oder zu wenig Liebe traumati-siert. nach drei Jahren analyse habe ich das Thema mit meinen eltern für mich gut abschließen können.“

Seine Zwillingsmädchen sowie Berge und Klettersteige halten rainer in Balance, „den eigenen Dialog zwischen dem erwachsenen und dem Kind in sich selbst aufrecht zu erhalten“. Zwischen-menschliche Konflikte rauben rainer am meisten energie: „So angriffslustig ich als Journalist bin,

so sehr versuche ich ein konflikt-freies Umfeld in meiner Umwelt zu finden. Gute Diskussionen schließe ich nicht aus. Dabei bin ich sehr offen – man kann mir alles ins Gesicht sagen, Fehler können passieren.“ Bücher sind sein Heilmittel: „Mich hinter den Seiten zu verstecken, gibt mir oft sehr viel Kraft.“

Zur Autorinnina Bayer

nina Bayer (geb.1978 in Wels) lebt als freie Journa-listin in Wien. Schon mit 20

war sie bei LiFe radio in Linz journalistisch tätig, da-nach für aPa, Ö1 Campus,

medianet verlag, u.a.. Sie besuchte die oÖ Jour-nalistenakademie und lebte fünf Jahre in Schottland, wo

sie ein Mediencollege absol-vierte und für den erfolgrei-chen Filmproduzenten Bob

Last tätig war.

offenheit ist mir sehr wichtig. Man kann mir alles ins Gesicht sagen.

Christian rainer zählt zu den längstdienenden Herausgebern und Chefredakteuren europas. neben profil fühlt er sich stark mit dem inneren Salzkammergut verbunden und zeigt weit mehr als nur guten Geschmack.

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22 [Statement] Dezember 2012

[Philosophicum]

von SuSanne Schreiner

autoren und Theoretiker befassen sich mit der herausforderung, Sprache

und ihre verwendung zu beschrei-ben. Philosophisch nähern sie sich dem sprachlichen ursprung und der Bedeutung an. Drei berühmte deutschsprachige autoren, Kurt Tucholsky, Karl Kraus und Peter handke, beleuchten in essays den Begriff „Sprache“. Gemein ist allen Dreien das Bemühen um den erhalt der sprachlichen Qualität.

Kurt Tucholsky mahnt den Schriftsteller: „halte die Qualität der Sprache hoch. alle sollen verstehen können.“ Der essayist macht sich lustig über den Gebrauch von Fremdwörtern. Berufliche Terminologien sind ihm ein Graus. „Warum sprecht ihr nicht einfach?“ fragt er den Leser, „Wenn aber einer so spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, dann kann es gut gehen.“ Karl Kraus geht noch einen Schritt weiter. Das nachdenken und ein bewusster umgang mit Sprache ist für den herausgeber der „Fackel“ entschei-dend: „Geistig beschäftigt sein (…) ist jene erschwerung des Lebens,

die andere Lasten erleichtert.“ Das publiziert er in seinem 1887 erschienenen essay „Die Sprache“. Peter handke fordert in „ich bin ein Bewohner des elfenbeinturms“ ein umfassendes verständnis für das geschriebene oder gesprochene Wort. Das gilt für den Qualitätsan-spruch. Für handke kann und ist Sprache mehr. er grenzt sich ab von Jean-Paul Sartres vergleich: „Man glaubt naiv, durch die Sprache auf die Gegenstände durchschauen zu können wie durch das sprichwörtli-che Glas. Dabei denkt man aber nicht, dass es möglich ist, mit der Sprache buchstäblich jedes Ding zu drehen.“ Bei der verwendung von Sprache vertreten Tucholsky, Kraus und handke völlig unterschiedliche auffassungen. Kurt Tucholsky beschreibt in seinem gleichnamigen essay die Sprache als Waffe; Form, inhalt, Sinn und verständlichkeit sind für ihn entscheidend. Bei anspra-chen sind Form und inhalte der rede wichtig. Tucholskys Tipp lautet hingegen: Sprich kurz, klar und kurzweilig. Der Sinn unterscheidet leere information vom Kern. Leere information ist „Quatsch“, und es gibt vielerlei arten davon. „ich glaube nicht, daß die Menschen ohne diesen Quatsch überhaupt

leben könnten – sie kommen ohne ihn nicht aus, sie brauchen ihn wie Luft und Wasser – er ist ein Lebenselement“, so der Berliner. Die Konzentration auf die Kernin-formation ist entscheidend. in der verständlichkeit liegt der Schüssel der Sprache, sagt Tucholsky. Diese unterscheidet, ob Sprache trennt oder verbindet. Peter handke nähert sich der verwendung von Sprache weniger positiv an; ein Schriftsteller, meint handke, nutzt die Sprache zur Manipulation. Der Kärntner fordert ein, kritisch mit seinem Werk und mit sich selbst zu sein, denn: „Die Sprache ist eine realität für sich und ihre realität kann nicht geprüft werden an den Dingen, die sie beschreibt, sondern an den Dingen, die sie bewirkt.“ Der autor selbst kann erkennen, dass Sprache tückisch ist. Sie (ver)dreht Dinge, ist keine reine Beschreibung wie aus dem Lexikon. Der Schriftsteller, betont handke, schreibt nicht bloß ab, es geht ihm um die Wirklichkeit. er nimmt die Welt bewusst wahr, erfasst sie im Detail. Karl Kraus wiederum postuliert, die regeln der Sprache könnten nicht beherrscht werden. Das steht im Gegensatz zu handke. Kraus formuliert Fragen zur

verwendung von Sprache. Diese bleiben jedoch unbeantwortet. Lösungen bietet er nicht an. Der Leser bleibt mit seinen Gedanken allein. ein Beispiel: „Geht es um sprachliche vollkommenheit? Kann diese überhaupt erreicht werden? reicht es aus, ihr nahezukommen oder lediglich ihre Gefahren zu kennen?“ Die vorgebrachten Thesen zum Thema „Sprache“ sind anhaltspunkte für weitergehende Überlegungen. Jeder Theoretiker hat seinen eigenen Blickwinkel. Manches Gesagte ergänzt sich, anderes steht im Widerspruch.

Das verständnis von „Sprache“ gleicht einem Mosaik; Steinchen für Steinchen wird es bunter.

Sprache ist allgegenwärtig. Sie umgibt uns und übermittelt information. im idealfall erfolgt die Übertragung klar und ohne Missverständnisse. in der realität sieht es aber oft anders aus. ein Wort wird falsch gebraucht oder verstanden. information geht verloren. Sprache wird missverständlich.

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[ ]Sprache gleichteinem offenen Buch

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Zur AutorinSusanne Schreiner

Die anthropologin (geboren 1976 in Wien) war Tv-

Journalistin und Pressespre-cherin. Derzeit arbeitet sie an naturwissenschaftlichen

Tv-Dokumentationen. Die-ser Beitrag entstand in der

Lehrredaktion des ÖJc.

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Journalismus auf allen Kanälen. Der KURIER ist von einer Zeitung zu einem Medienhaus gewachsen, das über Nachrichten hinaus vielfältigste Services für alle Endgeräte anbietet.

Medienhaus

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24 [Statement] Dezember 2012

[Gatterer-Preis]

von [Statement]-KorreSponDent ChriStoph FranCeSChini auS Bozen

am anfang stand ein Satz. eigentlich nur ein nebensatz. „auch der ladinische

Landesrat hat uns für diese Feier ein Geschenk gemacht, indem er gestern sein abonnement gekündigt hat“, erklärte David Lardschneider, einer der macher der zeitung La Usc di Ladins, in seiner offiziellen eröffnungsrede zur vergabe des „professor-Claus-Gatterer-preises 2012“. es war der Startschuss für einen mehrere tage dauernden medialen Schlagabtausch, der einiges über die Südtiroler medienlandschaft und noch mehr über die politischen zustände in diesem Land aussagt.

Die Jury des Gatterer-preises vergab in diesem Jahr die „ehrende anerkennung“ an die redaktion der Wochenzeitung der ladinischen minderheit in Südtirol. La Usc di Ladins. Die „Stimme der Ladiner“ verfolgt einen kritischen und eigenständigen Journalismus in Südtirol. „Sie ist als ein medium einer Sprachminderheit den Subjekten und objekten ihrer Berichterstattung besonders nahe und hat trotzdem die notwendige

journalistische Distanz bewahrt“, sagte ÖJC-präsident Fred turnheim in seiner Laudatio.

Schon am tag der preisverteilung in St. ulrich wurde klar, dass diese Ehrung von manchem im offiziellen Südtirol alles andere als goutiert wurde. auffallend bei der preisver-leihung war nicht nur das Fehlen des ladinischen Landesrats Florian mussner – immerhin fand die verleihung in seinem heimatdorf statt –, sondern auch das bewusste Fernbleiben maßgeblicher ladini-scher Kulturinstitutionen.

Die Gründe dafür: Die La Usc di Ladins ist der regierenden Südtiroler volkspartei (Svp) seit Langem zu kritisch, zu unabhängig und zu aufsässig. Das führt dazu, dass man die Wochenzeitung nicht nur bei der Förderung bescheidener als andere medien bedient, sondern sogar für das Landtagswahljahr 2013 ein Konkurrenzprojekt plant, das mit öffentlichen Geldern finanziert werden soll.

Die ehrung durch den ÖJC kam deshalb für die Svp zum denkbar ungünstigsten zeitpunkt. Das zeigte sich in einem interview, das Landesrat Florian mussner am tag

der preisverleihung der Neue Südtiroler Tageszeitung gab. mussner bestätigte darin seine offene abneigung gegen die Usc-redaktion („ich habe angst vor solchen Leuten“), beantwortete die Frage, ob das ladinische taliban seien, mit einem klaren ‚Ja‘ und verstieg sich zu der waghalsigen Feststellung: „Diese Usc hat sich den Gatterer-preis nicht verdient“.

Der Svp-politiker wiederholte danach diese aussagen in mehreren medien. es folgte eine öffentliche Diskussion über die Usc, ihre politische haltung und den missmut der Svp. Dabei erfuhr die redaktion der ladinischen Wochenzeitschrift viel Solidarität aus der politik, aber auch aus der zivilgesellschaft, während sich die ladinische Svp wie ein Schutzschild vor ihren Landesrat stellte.

Claus Gatterer hätte an dieser polemik seine helle Freude gehabt. macht sie doch deutlich, wie wichtig unabhängiger und kritischer Journalismus auch heute noch ist. vor allem aber zeigt sie, wie gut und treffsicher der große Südtiroler Journalist seine heimat schon in einem 1969 erschienenen Buch beschrieben hat. Der titel des

Buchs: „Schöne Welt, böse Leut“.Die preisverleihung fand im Beisein der Südtiroler Landesrätin Sabina Kasslatter-mur statt. Der mit 5.000 € dotierte preis ging an die Ö1-Journalistin ursula Scheidle. ihr partner bei der ausgezeichneten produktion war arno aschauer, 1953 in Wien geboren. Die von den beiden gestaltete reportage „Was lange gärt wird endlich Wut / protokoll eines asylverfahrens“ ist eine tief- greifende auseinanderset-zung mit dem phänomen „integrati-on made in austria“, sowohl im privaten, als auch im halböffentli-chen Bereich einer lokalen Kirchengemeinde.

Der opportune umgang der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministeriums für inneres, mit dem Bleiberecht, der europäischen menschenrechtskonvention sowie vor allem der un-Kinderrechtskon-vention machte eine vollinhaltliche, viele monate dauernde recherche in diversen Gesetzestexten notwendig. zugleich musste der aktuelle Fall der Familie maksuti aus Gjakova im Kosovo verfolgt werden. Für journalistische Beharrlichkeit, ausdauer und mut der radioma-cher gab es den heurigen prof. Claus Gatterer-preis.

Die ladinische Wochenzeitung La Usc di Ladins erhielt beim diesjährigen Claus-Gatterer-preis die ehrende anerkennung. Weil die zeitschrift vielen in der Südtiroler regierungspartei Svp zu kritisch ist, kam es nach der preisverleihung in St. ulrich im Grödental (fast) zum eklat.

[ ]Die Ladinischen Taliban

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[Technik]

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von ChriS haDerer

vor 2006 war alles ganz anders. Ging ein handy verloren oder wurde es gestohlen, dann war das Problem nach Sperre der SiM-Karte mehr oder weniger aus der Welt geschafft. Seit apple mit seinen patentiert rechteckigen Geräten den Telefonmarkt smart gemacht hat, ist die Zeit der Sorglosigkeit allerdings vorbei.

apps haben die Funktionalität der Geräte, die eigentlich mehr Computer als Telefone sind, in praktisch jeden Lebensbereich hinein erweitert. So sind Smart-phones zu mobilen Datensilos geworden, in denen neben der einkaufsliste auch jede Menge sensible und höchst private informationen lagern.

verlust oder Diebstahl lassen sich nicht verhindern, der mögliche

Schaden, der durch Datenverlust oder -missbrauch entsteht, ist aber begrenzbar. Die vom PC-Sektor bekannten virenschutz-hersteller haben mobile Suiten im Programm, die vor allem android-Geräte vor Malware schützen. Darüber hinaus bieten sie auch Funktionen zum orten und – wichtig – zum Sperren oder Fernlöschen der Geräte. außerdem können mit der eingebauten Kamera Schnapp-

schüsse vom Täter gemacht werden. insgesamt lässt sich so etwa das risiko des Missbrauchs von Zugangsdaten minimieren. Surfer, die sich im internet gern ein Tarnkäppchen überziehen wollen, sollten außerdem einen Blick auf den „iD|GarD“-Dienst von Uniscon werfen, der alle Webzu-griffe des Browsers filtert und nur jene Daten weitergibt, die vom anwender erlaubt werden.

von herBerT KoCZera

Unbestritten ist adobe mit seiner umfassenden Produktpalette das am breitesten aufgestellte Unter-nehmen, wenn es um professionelle Bild- und videobearbeitung, Layout, Design für Web oder Print und zahlreiche andere aufgaben der digitalen erstellung von Medien geht. aber lohnt sich die investition

in die recht kostspieligen Program-me? Bieten nicht Mitbewerber wie z.B. Corel oder open-Source-Programme ähnliche Funktionen zu einem weit günstigeren Preis oder gar umsonst? Wobei man aufpassen muss, um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen und dann im Bereich semiprofesioneller anwendungen das letzte i-Tüpfelchen vermisst.

Wer unter Bildbearbeitung mehr

versteht, als Bilder zu beschneiden, rote augen zu eliminieren und Farb-, Kontrast- und helligkeitswer-te zu verändern, kommt um eine umfassende analyse seiner Bedürfnisse nicht herum. Daraus resultiert häufig ein Anforderungs-profil, das direkt zu Photoshop führt; ähnlich ist es bei Layout, Videoschnitt, Grafikdesign, usw.

adobe punktet also mit einer

unglaublichen vielfalt im kreativen Prozess, zusätzlich aber seit der einführung der Creative Cloud auch mit einem unschlagbar günstigen Preis. ‚nicht kaufen, sondern mieten‘ heißt die Devise. Und zwar gleich die Master-Collection für wenig Geld.

allerdings: ein indischer Tata fährt auch, aber ein rolls-royce macht einfach mehr Spaß … .

von norBerT WeLZL

ein Flüchtlingspaar vor zerstörten häusern bei aleppo in Syrien, ein von Bauchspeck befreiter französi-scher Präsident oder die von rauchsäulen verhüllte Silhouette von Beirut nach einem israelischen Luftangriff: Diese und noch vermutlich Tausende andere Fotos waren aufgedeckte Bild(ver)fälschungen in den Medien. Dabei sind Bildmanipulationen nicht neu, jedoch waren sie früher, im Zeitalter von fotochemischen Filmen, meist politisch motiviert. Lenin zum Beispiel ließ 1920 Trotzki aus einem historischen Bild während einer rede auf dem Moskauer Swerdlow-Platz löschen, das fortan ohne Trotzki veröffentlicht wurde. Wie glaubwürdig sind veröffentlichte Bilder nun wirklich?

Der Zeitdruck in den Bildredakti-onen hat nicht nachgelassen, und die anzahl an Bildern, die sowohl von Pressefotografen als auch neuerdings von Bürgern mit Digitalkameras geschossen werden, steigt seit Jahren exponentiell an. Für den Fotoredakteur ist das eine gewaltige herausforderung: ein authentisches Bild auszuwählen und gleichzeitig abzuwägen, ob das Dargestellte auch tatsächlich der Wahrheit entspricht.

Wer kennt nicht die zufällig oder heimlich mit dem Smartphone gemachten Bilder von neuesten automodellen oder Mobiltelefon-prototypen, die „zufällig“ in einer Bar während eines Toilettengangs des Besitzers auf dem Tresen „vergessen“ worden waren. Dass diese oft schlecht belichteten und unscharfen handybilder nicht ungern bewusst von der eigenen Pr-abteilung in der hauseigenen Tiefgarage oder nach Dienstschluss im Lokal ums eck für Werbezwecke gemacht wurden, steht auf einem anderen Blatt.

nach wie vor vermag ein Bild mehr auszusagen als die sprich-wörtlichen 1.000 Worte. auch wenn mittlerweile teure Digitalka-meras digitale Signaturen für die Bilder verwenden, die eine nachträgliche Manipulationen

nahezu ausschließen, wird wohl in kaum einer redaktion eine technische echtheitsprüfung von Digitalbildern durchgeführt. Letztlich obliegt es dem Fotoredakteur und seinem Bauchgefühl, ob das Foto authentisch ist oder nicht. Dabei sind es oft Kleinigkeiten, die auf eine Manipulation schließen lassen: Unterschiedlicher Schattenwurf, verschiedene Lichtverhältnisse, divergierende Farbabstimmungen, falsche Perspektivfluchtlinien, andere objektivverzeichnungen, usw. können schnell Zweifel an der Plausibilität aufkommen lassen, ohne gleich gerichtsforensische Bildanaly-semethoden anwenden zu müssen.

vorsätzliche Bildmanipulationen in den redaktionen sind standesethisch abzulehnen, da sie an der Glaubwür-digkeit aller veröffentlichten Bilder grundsätzlich zweifeln lässt.

[ ]Rettung in letzter not!

[ ]Adobe – Platzhirsch im Grafikuniversum

[ ]Digitale Pressefotos – fälschen leicht gemacht

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26 [Statement] Dezember 2012

[Technik]

von FreD Turnheim

Das Faszinierende daran: Jeder Kleinwagen kann innerhalb von wenigen minuten zu

einem Satellitenwagen umgebaut werden. Das wurde im rahmen der „medientage münchen“ vor dem eingang in die Tagungshalle eindrucksvoll demonstriert. Das von eutelsat entwickelte System „news Spotter“ wird über den KA-SAT, der auf 9 Grad ost steht, abgewickelt. Dabei stehen Bandbreiten von 0,5 bis 10 mbit im Down- und upload zur verfügung. Die dedizierte Bandbreite wird, wie eine Standlei-tung, dem Sat-Wagen zur verfügung gestellt.

Bei diesem Punkt-zu-Punkt-Strea-ming gibt es daher keine „Leitungs“-verluste. Das System ist in fünf minuten einsatzbereit. Der hersteller betont, dass die Sendestation in ganz europa, und zwar ohne Zusatzbewilligung, einsetzbar ist. Bei der in münchen

vorgestellten variante sucht sich der Sendespiegel automatisch die verbindung mit dem KA-SAT. Die Sendeleistung beträgt, variabel einstellbar, 0,7 bis 3 Watt.

„news Spotter“-nutzerterminals wurden von verschiedenen herstellern in drei verschiedenen varianten entwickelt: Das kleinste Format, die „Fly-Away“-Terminals

im rucksack-Format, erfordern eine manuelle Ausrichtung und wiegen zwischen fünf und zehn Kilogramm bei einem Antennen-durchmesser von 60 bis 75 cm. Das „vehicle Compact“-Terminal hingegen hat einen Steuerungsmo-

tor und lässt sich automatisch ausrichten. Die Antennengrößen liegen hier zwischen 75 und 90 cm. Die fest installierten „rugged vehicle“-Terminals sind mit Antennen zwischen 75 und 120 cm verfügbar.

eutelsat-Direktor Cristiano Benzi betont, dass Fernsehsender wie BBC, rTL, rAi und Sky das neue System bereits mit Liveübertragun-gen in europa erfolgreich testen konnten.

Für die nutzung dieses neuartigen Satellitensystems fallen keine monatlichen Grundgebühren an.

10 mbit in der Stunde kosten unter 100 €, ein Gigabyte 56,25 €. Auch die investitionskosten sind im vergleich zu einem „klassischen“ Satellitenwagen relativ gering. inklu-sive Anschluss für eine Livekamera bzw. einen regieplatz müssen 28.000 € investiert werden.

Als Auto kann jeder Kleinwagen dienen, so passt die Technik ohne Probleme in einem smart oder einen kleinen Fiat.

[Statement] hat diese besonders für internet-Streaming geeignete Technik getestet. unser Fazit: ein sehr stabiles und technisch ausgereiftes System zu einem extrem günstigen Preis. „news Spotter“ ist in der rucksackvarian-te auch hervorragend für einsätze in Kriegs- und Krisengebieten geeignet, sofern eine verbindung zum KA-SAT möglich ist. Der nachteil ist also, dass derzeit nur ein Satellit das „news Spotter“ übertragen kann.

Der Satelliten-Tv-Anbieter eutelsat Communications hat den newsgathering-Dienst „news Spotter“ gestartet. Dieser über den eutelsat-Satelliten KA-SAT angebotene Dienst macht Live-Tv-Außenübertragungen in hD- und SD-Qualität schneller und kostengünstiger. er unterstützt auch den mobilen Transfer von Filmrohmaterialien und Proxy-Dateien aus einem Kleinst-Ü-Wagen.

[ ]„News Spotter“: SAT-Tv für den rucksack

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Die Technik passtohne Problemein einen smart oder in einenkleinen Fiat.

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[Film / Glosse]

Dezember 2012 [Statement] 27

von Michael Mohapp

Radio Wien ist nur ein Beispiel, aber ein perfektes ... wofür? nun, es sei benannt „titulomania austriaca“. Jeder Mitarbeiter der Redaktion ist ein experte. Wenn einer eine cD bespricht, wird er gleich zum Musikexperten. Kann jemand Meldungen über aktuelle vorgänge auf Wiens Straßen einsammeln, ist er schon ein verkehrsexperte, um gleich darauf zum Filmexperten zu avancieren, weil er das Kino-pro-gramm vor sich liegen hat.nun soll die expertenschaft der so benannten Redakteure keineswegs infrage gestellt werden. aber die ständige Wiederholung mürbt auf Dauer. abgesehen davon, dass die exzellenz des Titels auch rasch an Wirkung verliert, um letztlich fast schon lächerlich zu wirken.

Übrigens: ich schreibe das als publikumsexperte, weil in meinem autoradio gerade Radio Wien läuft. Und ich meine, dass der Titel ‚Redakteur‘ viel mehr aussagekraft zum Thema Kompe-tenz hat (oder hätte) als die Schleimspur ‚experte‘ ... oh, da wäre noch etwas: alexander Goebel als ‚Kultmoderator‘ zu bezeichnen, ist sicher in ordnung; der Zusatz ‚und Multitalent‘ ist für den 59-jährigen Vollprofi eine Frechheit! Da ist ja ‚experte‘ noch weniger peinlich.ein letztes noch: es tut not, dass man wieder einmal jemanden findet, der sich um die Sprache der Moderatoren kümmert – ein Redakteur genügte völlig, es muss kein experte sein. Und Radio Wien ist nur ein Beispiel – aber ein perfektes ...

von Michael STRaUSZ

Die ungarisch-französisch-deutsche Koproduktion beleuchtet einen Tag im leben einer ungarischen Roma-Familie. Der Film beginnt mit einem Begräbnis und endet in einem leichenschauhaus. Der historische hintergrund dazu sind die rassistischen anschläge in den Jahren 2008/2009, bei denen insgesamt acht Roma getötet wurden. Der ungarische Regisseur Bence Fliegauf (38) folgt mit seiner handkamera Mutter Mari, Tochter anna, dem elfjährigen Rió und dem schwerkranken Großvater vom Morgengrauen bis zu deren gewaltsamen ende. Der Zuseher ist so mit dabei, wenn Mari mit ihrem Gehalt als Reinigungskraft auf autobahnparkplätzen und in einer Schule ihre Familie mehr schlecht als recht durchs leben bringt. Während seine ältere Schwester die Schule besucht, begeht Rio kleine einbrüche. nur die hoffnung auf die baldige ausreise nach Kanada, wo der Familienvater lebt, hilft, das harte Schicksal ein wenig

leichter zu ertragen. eines abends, nachdem sich die Familie in ihrer bescheidenen Behausung zum Schlafen niedergelegt hat, wacht anna durch ein Geräusch auf. „Das ist nur der Wind“, beruhigt Mari. nur Sekunden später krachen Maschinengewehrsalven durch die nacht, Rio kann aus dem Fenster flüchten…Trotz des Minibudgets von nur 500.000 € gelingt es dem Film, den Zuseher von der ersten Sekunde an in seinen Bann zu ziehen. es ist wichtiger, aufrüttelnder Film, der ins Gedächtnis ruft, dass im friedlichen europa auch Gewalt herrscht und Minderheiten gnadenlos verfolgt werden.„Csak A Szél“ („Just The Wind“), HU/DE/FR 2012,Regie: Bence Fliegauf

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iMpReSSUM eigentümer der Journalistenzeitschrift [Statement] – von Journalisten für Journalisten:

Österreichischer Journalisten Club – ÖJCa-1010 Wien, Blutgasse 3ZvR-Zahl: 874423136Tel: +43.(0)1.982 85 55Fax: + 43.(0)1.982 85 55 50Mail: [email protected] internet: www.oejc.at

Der ÖJc ist ein gemeinnütziger, parteiunabhängiger und bundesweiter Kommunikations- und Service-club für in- und ausländische Journalisten und andere Medienmitarbeiter. Die Tätigkeit des vereines ist nicht auf Gewinn ausgerichtet. Die Bildung von parteipolitisch motivierten Gruppen (Fraktionen) innerhalb des vereines ist nicht gestattet. Der verein fördert den österreichischen Journalismus sowie die journalistische aus-, Fort- und Weiterbildung. Er fördert auch die Erhöhung der beruflichen Qualifikation und orientiert sich an den Idealen der Demokratie. Dieser Zweck soll hauptsächlich durch veranstaltungen, Seminare, pressekonferenzen und den Betrieb sonstiger Medien in allen Bereichen erreicht werden. Der verein fördert und betreibt weiters entwicklungshilfe auf journalistischem Gebiet.

Chefredakteure: oswald Klotz, Fred Turnheim

Ressortleiter: hannes hochmuth (Bildredaktion), herbert Koczera (Technik), Michael Mohapp (Glossen, Kommentare), christiane laszlo (philosophicum), Fred Turnheim (politik).

Mitarbeiter dieser Ausgabe:nina Bayer, Michael ellenbogen, Jörg Fiala, christoph Franceschini (Bozen), chris haderer, Fritz hausjell, hans-peter Jauk, Josef lachmann (Rechtsanwalt), Jon Mendrala (hamburg), Susanne Schreiner, claudia Stadler (Steuerberaterin), Michael Strausz, Rudolf Wanka und norbert Welzl.

Karikaturen: Markus SzyszkowitzGrafik: Raimund applLektorat: christoph StrolzDesign: co2 Werbe- und Designagentur Coproduction Grafik GmbHAnzeigen: aleksandar MilenkovicProduktion: Raimund applDruck: herold Druck und verlag aG, 1030 WienAdresse: Redaktion [Statement] c/o Österreichischer Journalisten club – ÖJc Blutgasse 3, 1010 Wien Telefon: +43 1 9828555 Fax: +43 1 9828555Mail: [email protected]: www.oejc.at

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28 [Statement] Dezember 2012

[Ratgeber]

Man könnte meinen, dass Journalisten Agenturmeldungen problemlos übernehmen können. Tatsächlich schließt die Übernah-me einer Agenturmeldung die eigene rechtliche Verantwortung aber nicht aus. Rechtlich geht es darum, ob mit Übernahme der Agenturmeldung der journalisti-schen Sorgfalt entsprochen wird, ob also auf deren Wahrheit vertraut werden darf. Maßgeblich dazu ist eine Gerichtsentschei-dung aus 1996. Demnach darf der Journalist wohl auf amtliche Mitteilungen ohne Weiteres vertrauen, nicht aber auf Meldungen von – noch so anerkannten – Agenturen. Auch eine APA-Meldung entbindet nicht von den üblichen Verpflich-tungen, insbesondere auch, die Stellungnahme des Betroffenen

einzuholen. Die Agenturmeldung entbindet also nicht ohne Weiteres von der eigenen (medien)rechtlichen Verantwor-tung. Dazu kommt, dass selbst bei ausreichender journalistischer Sorgfalt eine Haftungsbefreiung nur dann eintritt, wenn zusätzlich ein „überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentli-chung bestanden hat“. Zu Recht wurde kritisiert, dass in der Entscheidung unklar blieb, welche Bedeutung die ausdrückliche Erwähnung der Agentur haben soll. Jedenfalls kann Journalisten nur empfohlen werden, trotz des Vertrauens auf die APA auf eigene Recherchen nicht zu verzichten und ausdrücklich darauf zu verweisen, dass es sich um die Wiedergabe einer Agenturmeldung handelt.

Als Freigeist hat man den Vorteil einer unbegrenzten Kreativität, aber auch den Nachteil einer gewissen Unordnung, die mit ihr einhergeht. So steht man als Journalist womöglich vor dem Problem einer wilden Zettelwirt-schaft oder gar fehlender Belege, doch hierfür gibt es eine Lösung: die Pauschalierung.Als Einnahmen-Ausgaben-Rech-ner besteht für selbstständige Journalisten die Möglichkeit, eine Betriebsausgabenpauschale je nach Art der Tätigkeit in der Höhe von 6% oder 12% der Nettoein-nahmen, maximal 26.400 € bzw. 13.200 €, zu beanspruchen. Zudem können neben dieser Pauschale bezahlte Löhne, Gehälter, Honorare und Sozialver-sicherungsbeiträge abgezogen werden. Der Gewinnfreibetrag von 13%, maximal 3.900 €, wird

von der Pauschalierung nicht berührt, ein darüber hinausgehen-der Freibetrag für Investitionen kann indes nicht beansprucht werden. Auch für die Ermittlung der Vorsteuern können umsatz-steuerpflichtige Journalisten eine Pauschalierung anwenden, die hier 1,8% des Nettoumsatzes, höchstens aber 3.960 €, beträgt.Mit der Pauschalierung ist man jedoch nicht von der Pflicht zur Aufzeichnung der Einnahmen und jener Ausgaben, die neben der Pauschalierung geltend gemacht werden, befreit.Nicht selbstständige Journalisten haben auch die Möglichkeit, im Rahmen einer Arbeitnehmerver-anlagung ein Werbungskostenpau-schale in Höhe von 7,5% der steuerpflichtigen Einkünfte, maximal 3.942 €, geltend zu machen.

[ ]Ratgeber Recht Darf man sich auf die APA verlassen?

[ ]Ratgeber Steuer Pauschale mit Grenzen

Zum AutorJosef Lachmann

Dr. jur. Josef Lachmann, Master phil., Studium in Wien und Cambridge

(GB). Nach mehrjähriger Forschungstätigkeit an der

Universität Wien Seit 1993 selbstständiger Rechtsanwalt in Wien mit Schwerpunkten im Zivilrecht und im Grund-

rechtsschutz. Umfassende Zusatzausbildungen im

Bereich außergerichtlicher Streitbeilegung (Mediation).

Zur AutorinClaudia Stadler

Die Grazerin Mag. Claudia Stadler, Jahrgang 1961, ist seit 2006 geschäftsführende Gesellschafterin der cSt Steuerberatungs GmbH in Wien. Ursprünglich studier-te sie Jus, wechselte dann aber zu den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Schwerpunktfächer waren Marketing, Finanzierung und Preispolitik. Spricht Englisch, Italienisch, Portugiesisch und – Latein.

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[Aktuell / Bücher]

Dezember 2012 [Statement] 29

VON OSWALD KLOTZ

Das hat sich der frischgebackene Politiker Frank Stronach fein ausgedacht, als er Mitte November zwar nicht das Rad neu erfand, dafür aber den Maulkorb: Wer mit ihm ein Interview führen wolle, müsse sich schriftlich verpfl ichten, dieses vor Veröffentlichung von vorn bis hinten vom zahlungsfreu-digen Neo-Politiker erst einmal autorisieren zu lassen, samt Titel und Vorspann, versteht sich. Und sollte das Interview-Ergebnis nicht genehm sein, so dürfe „weder der

Umstand noch das Gespräch“ wiedergegeben werden, gibt das Monatsmagazin Datum bekannt.Metternich, schau oba!Der Sturm der Empörung, der ob dieses Zensurwunschs daraufhin aus den Redaktionsstuben brauste, war auch im Reich des Herrn Magna unüberhörbar.Dies sei ein „eindeutiger Verstoß gegen die Grundregeln der Pressefreiheit,die blutig erkämpft wurden“, erklärte ÖJC-Präsident Fred Turnheim und rief zum Interview-Boykott gegen den Milliardär auf.

Dessen Neopartei reagierte gekonnt windelweich: So sei das alles ja nicht gemeint gewesen, aber Frank Stronach wüsste, dass jeder Halbsatz Bedeutung haben könnte, und die Formulierung der ursprünglichen Forderung sei halt unglücklich gewählt worden. „Wir bedanken uns ausdrücklich beim Österreichischen Journalistenclub und allen JournalistInnen Öster-reichs, die uns auf unseren Fehler aufmerksam gemacht haben“, heißt es in einer Aussendung. Nie, nie sei ein Angriff auf die Pressefreiheit geplant gewesen …

Für den ÖJC ist diese Modifi zie-rung der bisherigen Erklärung „nur eine Augenauswischerei“, denn eine schriftliche Autorisierung von Interviews ist in Österreich, sowie in großen Teilen der demokarti-schen Welt nach wie vor unüblich und abzulehnen. In Österreich herrscht nämlich – offenbar im Gegensatz zum Magna-Reich – ein historisch fundiertes Vertrauen zwischen Journalisten und ihren Interview-Partnern. Das sollte sich Frank Stronach in sein Poesiealbum schreiben, mitsamt dem Merksatz: Wehret den Anfängen!

[ ]Journalisten-Aufstand gegen Stronachs Interview-Zensur

BuchtippsAthener Verhältnisse

Badegrubers Geheimnis

Petros Markaris ist Kult. In seinem jüngsten Krimi „Zahltag“, der im Verlagsverzeichnis bescheiden als Roman fi rmiert, schildert er, wie in all seinen anderen Krimis auch, die aktuellen Verhältnisse, und jetzt eben die, wie sie derzeit im bankrotten Griechenland herrschen: Generalstreiks am laufenden Band, Massendemons-trationen, verzweifelte Menschen, die sich umbringen, weil sie nicht mehr aus noch ein wissen. Und als Athener Spezialität ein raffi nierter Mörder, der reiche Mitbürger auf sehr traditionelle, um nicht zu sagen antike Art umbringt, wenn sie ihre Steuern

nicht pünktlich zahlen – er nennt sich „Nationaler Steuereintrei-ber“ und wird von der ganzen Nation als Held verehrt. Kommissar Kostas Charitos braucht mehr als 400 Seiten, um den Verbrecher zur Strecke zu bringen. Schade nur, dass die Übersetzerin ziemlich lieblos mit dem so spannenden Stoff umgeht: Charitos und auch andere Personen der Handlung „stürmen“ regelmäßig irgendwo-hin, wohin man eigentlich auch hingehen, schreiten, schlendern, rennen, sprinten, eilen, hasten, sausen oder hetzen könnte. Auch dass die Mordkommission immer

noch einen „Mord an der Backe“ hat, klingt nicht sehr sprachge-wandt. Und dass gestandene Griechen ständig Mokka trinken, statt den bodenständigen Ellinikós, darf auch bezweifelt werden.

Fazit: Wenn man von solchen sprachlichen Holperern absieht: hochaktuell, wirklichkeitsnah, äußerst spannend – ein echter Markaris eben.

Petros Markaris: Zahltag (aus dem Neugriechischen von Michaela Prinzinger), Diogenes Verlag. 419 Seiten, 23,60 €. OMK

„Künstler und Verbrecher sind Wahnsinnige“, lässt der im Wiener Exil lebende Oberöster-reicher und Journalist bei Radio Wien, Reinhardt Badegruber, in seinem zweiten Kriminalroman den Wiener Polizei-Gruppenins-pektor Frank Karl sagen.

Im verwirrenden Wechsel zwischen Warschau und Wien malt Badegruber ein Sittenbild einer schillernden Branche, des

Kunsthandels und sinistrer Zustände im real-sozialistischen Polen, wo Gewalt und Gehim-dienste das tägliche Leben des Protagonisten bestimmen.

Dann sterben seine beiden Hunde und ein undurchsichtiger polnischer Kunstexperte gerät in ein undurchschaubares und schier unüberwindliches Netz von Behörden, Agenten und Journalisten. Am Ende stehen ein

Mord und ein frustrierter Wiener Kriminalbeamter ziemlich seltsam in der schönen Wienerstadt herum.

Fazit: Ein spannender Krimi der anderen Art.

Reinhardt Badegruber: Canalet-tos Geheimnis. echomedia Buchverlag, Wien. 428 Seiten, 22,90 €. OMK

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30 [Statement] Dezember 2012

[Das letzte Wort]

von Michael Mohapp

... steht oft ganz am anfang. So ist im Sport zum Beispiel – beim Rundenlauf – oberstes Ziel, eben dieses als erster wieder zu erreichen. Und auch im Journalis-mus dreht sich meist der ganze ‚nachfolgende‘ Bericht nur um das letzte Wort, den Titel. in meinem Fall war ‚das letzte Wort‘ tatsächlich der Beginn einer lebenslangen

leidenschaft für die unendliche vielfalt der Sprache. Der Titel über all dem, was mir seit damals zu be-schreiben Freude macht, sei „Denk mal“!

ich war, so ich mich wohl entsinne, gut fünf Jahre alt, und in einen gewaltigen Disput mit meiner Mutter ... ja, verstrickt. in ermange-lung der entsprechenden vorbildung meinerseits stritten wir nicht um

des Kaisers Bart, wiewohl die Wichtigkeit des damaligen Themas ganz sicher adäquat gewesen sein wird. Jedenfalls tobte die Schlacht – sie wurde, wie immer, mit großer Geste geführt – lange Zeit hin und her. Schließlich endete sie mit Mutters entscheidender Frage: „Musst Du immer das letzte Wort haben?“ Und, nach einigen Sekunden, leuchteten meine fünfjährigen augen auf: „nein!“

Triumphierend verließ ich den Raum, und Mama wusste: eben hatte etwas begonnen, das uns noch lange beschäftigen wird.

apropos: Dem ewigen Maya-Kalen-der folgend, kommt am 21. Dezember das ende der Welt. Damit macht der kryptische Wiener Sager ‚ewig und drei Tag‘ endlich Sinn ... Weihnachten; wenn das kein schönes letztes Wort ist.

Recherche auf einem Havaristen

im Frühjahr 2010 sorgte ein luxus-Kreuzfahrtschiff namens „azamara Quest“ international für aufsehen: Mitten in der Karibik brach auf ihr Feuer aus, das Schiff konnte aber aus eigener Kraft einen rettenden hafen erreichen. Kurz zuvor war die „costa concordia“ im Tyrrhenischen Meer vor der insel Giglio gesunken. Wir recherchierten an Bord der „Quest“: Wie sicher sind Kreuzfahrten im Mittelmeer?

Globales Mitmach-Kinoein Tag auf der erde – gesehen

aus Tausenden perspektiven. Das ist „one Day on earth“, ein vom US-Filmemacher Kyle Ruddick ins leben gerufenes cross-Media-projekt. am 10. und 11. november 2011 filmten Menschen aus allen Teilen der Welt die Dinge, die ihnen wichtig waren. Daraus entstanden ein online-archiv und abendfüllende Filme. am 12.12.12 wird das weltweite video-Kollabo-rations-projekt wiederholt.

[Statement] fasst die spannendsten Momente dieses Kunstwerks zusammen.

Portrait: Am Puls der Zeit

Markus Breitenecker, geboren 1968 in Wien, konnte seinen Traum, mit einem eigenen Sender in Österreich durchzustarten, verwirklichen. er ist Geschäftsfüh-rer von proSiebenSat.1 puls 4, ein Unternehmen der proSiebenSat.1 Media aG sowie führendes privat Tv-Unternehmen in Österreich. Zudem ist Breitenecker stv. vorsitzender verband Österreichi-scher privatsender (vÖp) sowie obmann der arbeitsgemeinschaft Teletest (aGTT).

Mit [Statement] sprach Brei-tenecker über seinen geschäftli-

chen aufstieg, seine visionen, seinen Stress und ob er noch ein privatleben hat.

von JÖRG Fiala

Drastische Formulierungen zwecks Auflagensteigerung sind probate Mittel. aber obwohl ohnehin genügend viele Zuseher die haupt-„ZiB“ konsumieren, wollen Redakteure scheinbar mit flapsigen Formulierungen punkten. als ob der Beinaheabsturz eines Jets einer Billigflug-Airline nicht Drama genug wäre, müssen die gestressten

aeronauten auch noch ein unbekanntes Gebiet anfliegen – ir-gendwo zwischen „Delirium“ und „Somnambulistan“: „Giftige luft war ins cockpit geströmt, die piloten landeten am Rande der Bewusstlo-sigkeit.“ Wie heroisch ist es doch, die defekte Maschine in diesem Territorium, das vermutlich der Fantasie von Terry pratchett’s „Scheibenwelt“ entsprungen ist, heil zur erde zu bringen.

Dafür gebührt den wackeren helden unser aller Dank. Selbiger gebührt aber auch jener Direktorin, die nach Rapper Sidos Konflikt mit dem offensichtlich fallsüchtigen, ewigen ‚Gesellschaftsliebling‘ für „die große chance“ in der Jury derselben gesorgt hat: Zechner bedankt sich bei Rudi Roubinek alias Seyffenstein für seinen „kurzfristigen und bravourösen einsatz als Juror“.

Rudi Roubinek bedankt sich bei Zechner. „ich war völlig aus dem häuschen ... “ So wie Udo Jürgens, dessen Fans ihr idol in der halle feierten, während dieser draußen konzertierte: „ ... vor einer ausverkauften Wiener Stadthalle hat Udo Jürgens gestern seine Fans begeistert …“ Seien wir froh, dass sich der hartgesottene Barde im Freien vor der Stadthalle nicht verkühlt hat.

[ ]Das letzte Wort ...

[ ]Vorschau: [Statement] im Februar 2013

[ ]Sprachpolizei

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Page 30: Statement

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