„Soziale Insekten― - bienenkunde.uni-hohenheim.de · 3 Darwin’s enigma C. Darwin, 1859...

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1 Sozialverhalten Honigbienen Praktikum Zoologie/ Lehramt WS 2011/ 12 Dr. Peter Rosenkranz Landesanstalt für Bienenkunde „Soziale Insekten― • Hymenopteren • Ameisen • Bienen • Wespen • Termiten („Schabenartige) • Säugertiere: „Nacktmull― • „Eusozialität― • „Kasten― • Arbeitsteilung • Generationenüberlappung

Transcript of „Soziale Insekten― - bienenkunde.uni-hohenheim.de · 3 Darwin’s enigma C. Darwin, 1859...

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Sozialverhalten Honigbienen Praktikum Zoologie/ Lehramt

WS 2011/ 12 Dr. Peter Rosenkranz Landesanstalt für Bienenkunde

„Soziale Insekten―

• Hymenopteren

• Ameisen

• Bienen

• Wespen

• Termiten („Schabenartige)

• Säugertiere: „Nacktmull―

• „Eusozialität―

• „Kasten―

• Arbeitsteilung

• Generationenüberlappung

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„Soziale Evolution―

„Soziale Insekten―

Darwin’s enigma

“... I will confine myself to one special difficulty

which at first appeared to me insuperable, and

actually fatal to the whole theory (of evolution).

I allude to the neuters or sterile females in insect

communities”

C. Darwin, 1859

How can sterile females be explained

within the framework of an evolutionary

theory based on survival of the fittest?

In other words:

Social Community and Evolution

* 12. Februar 1809

3

Darwin’s enigma

C. Darwin, 1859

“This difficulty (of sterile workers), though

appearing insuperable, is lessened, or, as I believe,

disappears, when it is remembered that selection

may be applied to the family, as well as to the

individual, and may thus gain the desired end”

„Soziale Evolution“

1. Solitär

2. Kommunal

3. Primitiv eusozial

4. Hoch eusozial

4

„Kleptoparasiten―

Schrittmacher der sozialen Evolution?

„Blutsbienen“ (Sphecodes spec.)

Das Bienenvolk (Apis mellifera)

als „Superorganismus―

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Stachellose Bienen

Stachellose Bienen (hier: Scaptotrigona spec.) in Brasilien: Sie sind die ursprünglichen eusozialen Bienen Amerikas, Honigbienen wurden erst durch die europäischen Eroberer importiert!

Systematik Honigbienen

Klasse Insekten

Ordnung Hautflügler

Stechimmen

Familie Apidae (Honigbienen und Hummeln)

Gattung Apis (Honigbienen)

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Honigbienenarten weltweit

Apis mellifera *(Europa, Afrika, Kleinasien)

Apis cerana * (Asien)

Apis nicrocincta (Asien)

Apis koschevnikovi (Asien)

Apis nuluensis (Asien)

Apis dorsata *(Asien)

Apis laboriosa * (Asien)

Apis florea (Asien)

Apis andreniformis (Asia)

* Von wirtschaftlicher Bedeutung

Höhlenbrüter

Frei hängende einzelne Wabe

(―Honigbiene‖ = ―Apis‖)

Honigbienen weltweit

Apis dorsata (Riesenhonigbiene) in Indien

Apis florea in Asien

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Honigbienen weltweit

Apis mellifera in Äthiopien Apis cerana in Thailand

Apis mellifera in Deutschland

Populationsdynamik Bienen/ Brut im Jahresablauf

0

10000

20000

30000

40000

10.

Mär

z

2. A

pril

26. A

pril

17.

Mai

5. J

uni

26. J

uni

19. J

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6. A

ug

28. A

ugust

20.

Sep

t

10. O

kt

Anzahl Bienen/

Brutzellen

Bienen

Brut

Schwäbische Alb 2001

Sensible Phase der Volksentwicklung

Das Bienenvolk als Superorganismus

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Soziale Verhaltensweisen

bei Honigbienen

Soziale Verhaltensweisen bei Honigbienen

Sammeln

Thermoregulation

Wabenbau Brutpflege

Verteidigung

Hygieneverhalten

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Sozialverband „Superorganismus―

Soziale Organisation im Bienenstaat

Die Königin als Chefin?

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Bedeutung der Königin

Eiablage

• „Harmonie“ im Volk

• Unterdrückung der Fortpflanzung

von Arbeiterinnen

Die Fortpflanzung des Bienenvolkes

Das Schwärmen

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Paarung

Weibliche Geschlechtsorgane

Paarung

Männliche Geschlechtsorgane

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Königinnenpheromon ist auch „Sexpheromon―

Drohnensammelplatz Begattung in der Luft

Drohnensammelplatz Begattung in der Luft (= Sexpheromon)

Königinnenpheromon ist auch „Sexpheromon―

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Versuch zur Wirkung des Königinnenpheromons

(9-Oxodecensäure) auf Drohnen

Tote Biene mit Königinnenpheromon

Besonderheiten der

Bienengenetik

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Mehrfachpaarung

nach Tom Glenn

Geschlechtsbestimmung

nach Tom Glenn

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Brutnest-Beurteilung: Inzucht?

Haplo-Diploide Geschlechstbestimmung

X

♀ ♂

♀ ♂

X

Parentalgenaration P

Parentalgenaration P

Filialgeneration F1

F1 = P2 („Muttervolk“)

Filialgeneration F2

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Beispiele für neue Erkenntnisse zur Bienenbiologie

Fragen zu Drohnen und Hochzeitsflug

• Bisher: Keine Ahnung

• Neu: Bestimmte Arbeiterinnen (3-7%

einer bestimmten älteren Altersklasse

„wecken― die Drohnen durch

Vibrationssignale („Drohnenvibratoren―)

Drohnen fliegen bei optimalen

Bedingungen aus!

Wie merken die Drohnen im dunklen Stock, dass die Bedingungen für einen Hochzeitsflug

gut sind?

www.gerlindedrews.de/ /

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Honigbienen: Genmarkierung entscheidet über blaues Blut Bienenköniginnen und Arbeiterinnen unterscheiden sich in der chemischen Markierung von etwa 550 Genen. Dies entdeckten Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum gemeinsam mit australischen Kollegen. Die Krebsforscher wählten die Biene als Studienobjekt um zu verstehen, wie es bei Organismen mit identischer Erbgut-Sequenz zu so unterschiedlicher Entwicklung kommen kann. Denn auch gesunde und Krebszellen teilen das gleiche Genom, entwickeln aber abweichende Eigenschaften. Kaum zu glauben, dass sie derselben Art angehören: Die große, langlebige Bienenkönigin ist zeitlebens damit beschäftigt, Nachwuchs in die Welt zu setzen. Die wesentlich kleineren Arbeiterinnen dagegen sammeln Nahrung, halten den Stock in Ordnung, pflegen und füttern die Brut – sind aber selbst unfruchtbar. „Die Honigbiene ist ein Extrembeispiel für unterschiedliche Entwicklungsschicksale―, erklärt Professor Frank Lyko. Der Wissenschaftler untersucht im Deutschen Krebsforschungszentrum, wie Gene durch chemische Markierungen mit Methylgruppen reguliert werden. Dieses Regulationsprinzip zählt zu den so genannten epigenetischen Mechanismen, chemischen Änderungen am Erbgut, die nicht die Abfolge der DNA-Bausteine verändern. Über diesen Steuermechanismus passt sich die Zelle an wechselnde Umweltbedingungen an. Was interessiert einen Krebsforscher an Bienen? „Krebszellen und gesunde Zellen haben ein identisches Genom, verhalten sich aber völlig unterschiedlich. Das liegt zu einem guten Teil an unterscehiedlich methylierten Genen. Auch Bienenkönigin und Arbeiterin teilen das gleich Erbgut, trotz aller äußerlichen Unterschiede. Auch hier könnten Methylmarkierungen für die abweichende Entwicklung verantwortlich sein―, erklärt Lyko. Die epigenetische Genregulation hat für die Krebsforscher auch ganz praktische Bedeutung: Die chemischen Markierungen lassen sich durch Medikamente beeinflussen und gelten daher als aussichtsreicher Angriffspunkt für neue Krebstherapien. Im Bienenstock entscheidet allein das Futter über die Zukunft des Nachwuchses: Werden die Larven mit Pollen gefüttert, entwickeln sich Arbeiterinnen. Sollen sie zur Bienenkönigin heranreifen, erhalten sie ausschließlich das fett- und eiweißreiche Gelee Royale. Australische Forscher hatten kürzlich die Effekte dieses Kraftfutters imitiert, indem sie in Bienenlarven das Enzym abschalteten, das die DNA mit Methylgruppen markiert. Aus diesen Larven entwickelten sich ausschließlich Königinnen – ganz ohne Gelee Royale. Das war ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es Methylmarkierungen sind, die über das Schicksal der Larven entscheiden, indem sie die Aktivität bestimmter Gene beeinflussen. Welche Gene genau die Biene zur Königin machen, ermittelte Lykos Team in einer aktuellen Arbeit. Während sich bisherige epigenetische Untersuchungen auf die Methylmarkierung einzelner Gene konzentrierten, verglichen die Heidelberger gemeinsam mit Bienenexperten aus Australien erstmals die Methylierung des gesamten Erbguts von Königinnen und Arbeiterinnen. ―Die Biene mit ihrem kleinen Genom diente uns als Modell zum Erproben der Technik, auch beim großen Erbgut des Menschen können wir solche Untersuchungen nun durchführen―, erklärt Frank Lyko ein weiteres Ziel des Projekts. Im Gegensatz zum reich methylierten menschlichen Erbgut enthält das Bienegenom deutlich weniger Methyl-Markierungen. Bei über 550 Genen entdeckten die Forscher eindeutige Unterschiede zwischen Arbeiterinnen und Königinnen. Diese Gene sind häufig in der Evolution hoch konserviert – für die Forscher ein Hinweis, dass sie wichtige Aufgaben der Zelle erfüllen. Lykos Team erkannte außerdem einen bislang unbekannten Mechanismus, über den Genmethylierung die Merkmalsausbildung beeinflussen könnte: Bei Bienen sitzen die Methyllmarkierungen besonders häufig an den so genannten Spleißstellen der Gene. Hier wird die Bauanleitung für die Proteinproduktion zurechtgeschnitten. Werden diese Erkennungsstellen durch chemische Markierung unkenntlich gemacht, stellt die Zelle unter Umständen ein verändertes Protein mit abweichender Funktion her. „Bisher galt die Theorie, dass Methylmarkierungen an den Genschaltern das Ablesen der Gene blockieren und dadurch zu abweichenden Merkmalen führen―, erklärt Frank Lyko. „Inzwischen haben wir aber Hinweise darauf, dass der Mechanismus, den wir an der Bienen neu entdeckt haben, auch bei Krebszellen eine Rolle spielen könnte.― ***** Frank Lyko, Sylvain Foret, Robert Kucharski, Stephan Wolf, Cassandra Falckenhayn und Ryszard Maleszka: The Honey Bee Epigenomes: Differential Methylation of Brain DNA in Queens and Workers. PLoS Biology 2010, DOI: 10.1371/journal.pbio.1000506 Deutsches Krebsforschungszentrum

Veröffentlichung 2010

Schön schlicht

Früher waren ―One-Author-Paper‖ üblich, heute sind sie eine aussterbende Gattung — gerade in den Life Sciences. Der globale Durchschnitt nähert sich gerade dem Wert von fünf Autoren pro Paper, und Publikationen mit mehr als fünfzig Autoren sind schon lange keine Seltenheit mehr. Vor kurzem jedoch verirrte sich wieder einmal solch ein seltenes ―Ein-Autor-Exemplar‖ in Nature (Band 473, 478-83). Und auch in diesem Fall konnte man fast schon ergriffen feststellen, dass es doch noch geht, große Fragen ohne viel Hightech, sondern vielmehr mit verblüffend einfachen Ansätzen zu lösen. Es ging um die Frage, wie die Bienenkönigin zur Bienenkönigin wird. Diese unterscheidet sich in ihrer Genomsequenz kein bisschen von den Arbeiterinnen ihres Stocks — und wird dennoch so sehr anders. Das Geheimnis ist ihre Ernährung. Drei Tage lang bekommen die frisch geschlüpften Larven einen Kraftmix aus Proteinen, Zucker, Fetten und Vitaminen, den die Arbeiterinnen ordentlich mit eigenen Drüsensekreten aufpeppen. Danach jedoch werden die künftigen Arbeiterinnen auf ein schlichtes Mahl aus Honig, Pollen und Wasser gesetzt, während die angehende Königin weiterhin ―Gelee Royal‖ schmausen darf. Mit den bekannten Folgen. Was jedoch ist drin in diesem ―Gelee Royal‖, dass es ein und dieselben Gene so ―königlich‖ anders orchestriert? Ein Japaner namens Masaki Kamakura vom Biotechnology Research Center in Toyoma hat das gewisse Etwas nun gefunden. Und das auf recht einfache Weise. Er verwahrte Gelee Royal bei konstanten 40 Grad und prüfte, wie lange dessen ―Königin-machendes‖ Potential erhalten blieb. Und siehe da, nach dreißig Tagen bei 40 Grad waren die ―königlichen‖ Eigenschaften des Gelees dahin. Nachdem Kamakura dies wusste, schaute er sich vor allem mit HPLC (okay, ein bisschen Hightech war dabei) an, wie sich die Zusammensetzung des Gelee Royals bei 40 Grad über die gleiche Zeit änderte. Und da die meisten Gelee-Komponenten schon vorher abgebaut wurden, konnte er nach dreißig Tagen tatsächlich ein prominentes 57kDa-Protein als ―Königinnen-Protein‖ identifizieren. Witzigerweise hatte er dieses bereits zuvor in anderem Zusammenhang beschrieben und Royalactin genannt. Die nachfolgenden Tests lieferten dann ein eindeutiges Bild: Royal Gelee ohne Royalactin ―machte‖ keine Königinnen — und bestimmte Drosophila-Mutanten, denen sowohl Gelee Royal oder Royalactin alleine gefüttert wurde, wurden daraufhin größer und fruchtbarer und lebten länger. Schaltete Kamakura allerdings in den Fliegen den Epidermal Growth Factor-Rezeptor (Egfr) aus, blieb dort der Roaylactin-Effekt aus. Sein Fazit daher: Royalactin wirft das ―Königin-Programm‖ über den Egfr-Signalweg an. Wie gesagt: Schön schlicht das Ganze. Vor allem, wenn man es mit einem Papier zum selben Thema von vor einem Jahr vergleicht. Darin hatten sechs Autoren nachgeschaut, welche Gene in den Hirnen von Bienen-Arbeiterinnen und -königinnen unterschiedlich methyliert werden — deren Hirn-Epigenome also. Viel Deep Sequencing, viele Maschinen, viel Rechnereinsatz, alles vom neuesten Stand — aber irgendwie doch mit ―schlichterem‖ Ergebnis.

Veröffentlichung 2011

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Uralte Frage zur Kastenentstehung gelöst?

• Bisher: Vor allem die Menge an Gelee Royale ist entscheidend

• Neu: Ein Bestandteil des Futtersaftes, das kleine Eiweiß „Royalactin― (Masaki Kamakura , Nature 2011) ist für die Königinnenprägung verantwortlich

• Wenn Drosophila-Fliegen damit gefüttert

werden, werden sie größer und leben

länger…

Wie wird eine Königin „gemacht―?

www.jw11.jimdo.com

www.karlheinz-graf.de/