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NMB Nouveau Musée Bienne / Neues Museum Biel Faubourg du Lac 52 / Seevorstadt 52 Case postale / Postfach 2501 Biel / Bienne Pädagogisches Material in-flore-scientia – Kunst und Botanik Josef Hanel (1865-1940) / Gabriela Maria Müller Zu den Workshops „Herr Löwenzahn & Frau Farn“ und „Goldblätter“ im Rahmen der Aktionswochen (10.05-25.06.2021) Gabriela Maria Müller, Il canto della terra, 2019, Bienenwachs, Walderde aus Pura, Blattgold, 16 Platten, jede 63 x 63 x 3 cm Kunst- und Kulturvermittlung [email protected] Tel.: 032 322 24 64 www.nmbiel.ch

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NMB Nouveau Musée Bienne / Neues Museum Biel Faubourg du Lac 52 / Seevorstadt 52 Case postale / Postfach 2501 Biel / Bienne

Pädagogisches Material

in-flore-scientia – Kunst und Botanik Josef Hanel (1865-1940) / Gabriela Maria Müller

Zu den Workshops „Herr Löwenzahn & Frau Farn“ und „Goldblätter“

im Rahmen der Aktionswochen (10.05-25.06.2021)

Gabriela Maria Müller, Il canto della terra, 2019, Bienenwachs, Walderde aus Pura, Blattgold, 16 Platten, jede 63 x 63 x 3 cm

Kunst- und Kulturvermittlung [email protected] Tel.: 032 322 24 64 www.nmbiel.ch

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Inhaltsverzeichnis

Kunst und Botanik ...................................................................................................... 3

Im Unterholz .............................................................................................................. 5

Pilze ........................................................................................................................ 5

Moose ..................................................................................................................... 5

Flechten .................................................................................................................. 5

Im Verlauf des Jahres ................................................................................................. 6

Blütenpflanzen: Angiospermen ............................................................................... 6

Früchte .................................................................................................................... 7

Im Wald .................................................................................................................. 9

Farnartige Pflanzen ................................................................................................. 9

Ein Blumenstrauss ................................................................................................. 11

Biografien ................................................................................................................. 13

Josef Hanel ............................................................................................................ 13

Gabriela Maria Müller ........................................................................................... 14

Ideen für den Unterricht .......................................................................................... 15

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Kunst und Botanik Die neue Ausstellung in-flore-scientia des NMB Neues Museum Biel (oder: Neuen Museums Biel) zeigt Natur, Kunst und Wissenschaft in enger Verflechtung. Sie besteht aus einer Reihe handkolorierter Glasdiapositiven mit botanischen Motiven des Fotografen Josef Hanel (1865–1940) und Werken der zeitgenössischen Künstlerin Gabriela Maria Müller, die Blütenstaub, Samen, Erde und Bienenwachs verarbeitet.

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Museo Vincenzo Vela in Ligornetto (TI) und dem Botanischen Museum der Universität Zürich, wo die 208 handbemalten Glasnegative im Jahr 2015 entdeckt wurden. in-flore-scientia wurde 2019 im Tessin erstmals gezeigt. In Biel wird sie um einzelne Werke der Malerfamilie Robert erweitert, welche die Verbindung von Kunst und Botanik sowie die Passion der minutiösen Naturdarstellung verkörpern.

Entlang der drei unterschiedlichen Annäherungen an die Natur entspinnt sich ein Dialog: Hanel koloriert, einem Landschaftsmaler gleich, die für didaktische Zwecke hergestellten Lichtbilder. Gabriela Maria Müller durchforstet in ihren künstlerischen Arbeiten die Vergänglichkeit und die Metamorphose der Pflanzenwelt. Und Léo-Paul, Philippe und Paul-André Robert kombinieren den wissenschaftlichen Blick mit künstlerischer Interpretationsfreiheit.

Von der Malerfamilie Robert werden ausschliesslich Gemälde gezeigt. Darin gelingt es den Künstlern, präzise Naturdarstellungen ohne direkte wissenschaftliche Bestimmung als Kunstwerke zu verpacken. Ihre Landschaftsdarstellungen beschränken sich aber nicht auf das rein sinnliche Erleben: Sie sind gleichzeitig transzendentale Natursymbole, die auf die göttliche Schöpfung verweisen. Die wissenschaftlichen Aquarelle der Malerfamilie Robert zur Flora und Fauna können Sie in der Ausstellung RobLab im Haus Neuhaus des NMB entdecken.

Der Ausstellungsparcours beginnt mit vier vergrösserten Darstellungen von einzelnen Pflanzen und drei Landschaftsfotografien. Dabei soll der feine Unterschied zwischen der rein wissenschaftlichen Abbildung und der künstlerischen Überarbeitung durch den Fotografen Josef Hanel hervorgehoben werden, der ein Pionier auf diesem Gebiet war. Sein Werk Kornblumen im

Roggenfeld, mit seinem Geburtsort Hennersdorf im Hintergrund, komponierte er wie ein Landschaftsgemälde. Die als Grundlage dienende Fotografie, die an einigen Stellen noch filigran durchschimmert, kolorierte er so, dass im Bild eine Tiefenwirkung entsteht: Der diagonale Streifen mit Kornblumen verläuft sich zusehends im Roggenfeld. Die Dächer des Dorfes im ehemaligen Sudetenland und des Kirchturms nehmen die Tonalität der Kornblumen auf und eröffnen den Blick auf eine Hügellandschaft. Die sanfte Bewegung der Szenerie setzt sich schliesslich in den langgezogenen Wolken des hoch angesetzten Himmels fort.

In seinen botanischen Darstellungen dagegen liegt das Augenmerk auf den Bestimmungsmerkmalen der Pflanzen. Auch diese bearbeitete Josef Hanel präzis mit den künstlerischen Fertigkeiten eines Malers: Durch die stark verdünnten Lasuren, die er in mehreren feinen Schichten auftrug, imitierte er den Schatten- und Farbverlauf auf Blüten, Blättern und Wurzeln. Die Pflanzen erscheinen plastisch und sind somit eindeutig bestimmbar.

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In seiner Darstellung des Löwenzahns, der auf den Sommerwiesen leicht zu finden ist, bildete Hanel die unterschiedlichen Stadien der Blütezeit ab. Damit ist in einer einzigen Abbildung die Komplexität der Welt der Botanik zusammengefasst und nachvollziehbar.

Josef Hanel, Taraxacum officinale, Gewöhnlicher Löwenzahn, handkoloriertes Glasdiapositiv

© 2019 Botanisches Museum der Universität Zürich

Die federleichten, kaum greifbaren Samen des Löwenzahns spielen auch in den Installationen von Gabriela Maria Müller eine zentrale Rolle, wie die drei Werke der Künstlerin zeigen. Sie kombiniert die Samen mit Bienenwachs oder näht sie auf feines Voile.

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Im Unterholz Ähnlich einem Ritual, das Gabriela Maria Müller über alle Schaffensphasen hinweg ausführt, beginnt sie ihre Kompositionen mit dem Sammeln von Materialien, bearbeitet diese meist auf komplexe Weise und fügt sie mit Sorgfalt zusammen. So entstehen als Ergebnis mühevoller Arbeit Werke von höchster Anmut. Als Trägermaterial für La danse de l’âme setzte die Künstlerin ihren Lieblingsstoff Voile ein. Das überaus leichte und transparente Gewebe bildet einen idealen Hintergrund, auf dem sie mithilfe von Frottagen Abdrücke von Farnen hinterlässt.

Pilze Auch das Pilzsammeln ist heute für viele Menschen ein Ritual. 1916, in Zeiten des Hungers, war die Pilzsuche eine günstige Nahrungsmittelbeschaffung. In diesem Jahr erschienen die ersten Publikationen mit Josef Hanels Bebilderungen rund um die essbaren Pilze. Heute gehören die «Echten Pilze» (Schlauch- und Ständerpilze) nicht mehr in das Pflanzenreich. Verschiedene Merkmale wie chitinartige Zellwände oder die Unfähigkeit der Saccharose-Umwandlung weisen eher in die Tierwelt. An der Anziehungskraft der Pilze hat sich jedoch für die Sammlerinnen und Sammler nichts geändert. Nach wie vor wird vielerorts begeistert nach sichtbaren Sporophoren, bestehend aus Hut und Ständer, gesucht, die in vielen Fällen essbar sind. Hanel arrangierte auf seinen Fotografien die Pilze wie ein Stillleben, platzierte sie jedoch in ihrer natürlichen Umgebung und lieferte damit den Pilzsuchenden wichtige Hinweise.

Moose Die Moose, zu denen die Lebermoose, Torfmoose und Laubmoose zählen, sind ursprüngliche Pflanzen, die über kein Gefässsystem verfügen. Sie sind im Boden durch Rhizoide verankert, und die ganze Pflanze absorbiert die für ihr Überleben wichtigen Nährstoffe. In Trockenzeiten können Moose ihren Stoffwechsel unterbrechen. Um ihre Reproduktion durch Sporen zu sichern, benötigen sie allerdings eine feuchte Umgebung.

Flechten Flechten sind symbiotische Organismen, die aus einem Pilz und einer Grün- oder Blaualge bestehen. Der Pilz als dominanter Partner ist für die Form der Flechte und für ihre Verankerung verantwortlich. Er profitiert von der Alge und nutzt deren durch Photosynthese produzierte Glukose. Die Alge ihrerseits profitiert vom Pilz, indem sie Wasser und Mineralsalze nutzt, die er aus der Umgebung aufnimmt.

In einer Serie von Baumstrunk-Darstellungen Philippe Roberts, von denen zwei in der Ausstellung zu sehen sind, sind Moose und Flechten zwar weniger naturgetreu dargestellt. Dennoch

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erscheinen sie eindrücklich, da der Künstler sie als Kompositionselemente einsetzt, um das Licht-, Schatten- und Farbenspiel im Wald einzufangen.

Diesen Blick ins Unterholz vermittelt auch die Moorwaldfotografie von Josef Hanel. Das Zusammenspiel zwischen Baumstämmen, Ästen und Wurzelgeflecht mutet durch die Kolorierung ebenso künstlerisch an wie Philippe Roberts Inszenierungen.

In Les traces de la terre (vrgl. Titelbild) unterstreicht Gabriela Maria Müller die Bedeutung des

Humus, der allem zu Grunde liegenden Kraft der Erde: Sie verbindet in einer quadratischen Platte rote Erde aus dem Wald von Caslano (TI) mit Bienenwachs und umrandet sie mit Blattgold.

Im Verlauf des Jahres

Blütenpflanzen: Angiospermen Die Angiospermen oder Blütenpflanzen umfassen die Mehrheit der heute bekannten Landpflanzenarten. Sie werden in Einkeimblättrige und Zweikeimblättrige unterteilt. Ihr Merkmal sind Früchte, die im reifen Zustand die Samen enthalten. Die befreiten Samen keimen und bilden neue Pflanzen. Die Samen bestehen neben dem Embryo und dem Nährgewebe aus einem oder zwei Keimblättern: den Cotyledonen, die vertrocknen, wenn sich der Keimling entwickelt.

In einem Saal ist eine Reihe von Diapositiven von Josef Hanel zu sehen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Schattierungen von Weiss ausgewählt wurden. Dieses Lichtspiel ist im Frühling an Pflanzen und Blüten zu beobachten. Den Kreislauf des Wachsens zeigen zudem Darstellungen mit Sommer- und Herbstfrüchten auf.

Gabriela Maria Müller antwortet auf die Blütendarstellungen mit einer monumentalen Installation: 24 Schälchen aus weissem Porzellan, von denen jedes einen Rohrkolbensamen enthält, scheinen schwerelos in der Luft zu hängen. Die Böden der Schüsselchen verzierte die Künstlerin mit Blattgold – als ein Symbol des Lichtes, das notwendig ist, um zu wachsen. Es stellt zudem die ideale Verbindung zwischen dem winzig Kleinen und dem unermesslich Grossen in der Natur dar. Die Kostbarkeit und Einzigartigkeit eines jeden Bestandteils innerhalb der komplexen und vielfältigen Natur ist ein wichtiger Aspekt der Poetik der Künstlerin, die in ihren Werken die Zähigkeit scheinbar fragiler Elemente ergründet.

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Früchte Nach der Befruchtung verwandeln sich Blüten in Früchte, die je nach Gattung ihre typische Form annehmen. Die bekanntesten, meist bunt gefärbten Früchte sind diejenigen, die wir auf unseren Tellern wiederfinden. Es bilden aber alle blühenden Pflanzen Früchte aus. Steinobst mit grossem Kern sowie Beeren besitzen saftiges Fruchtfleisch, wogegen Trockenfrüchte wie Haselnüsse eine harte, holzige Schale haben. Äpfel und Birnen werden von Botanikern dagegen als «Scheinfrüchte» bezeichnet, da ihr essbarer Teil nicht aus dem Fruchtknoten, sondern aus der Blütenachse entsteht.

Silence into Light zeigt eine Verbindung zwischen winzigen Naturbestandteilen – in diesem Fall Ackerdistelsamen – und dem universalen Charakter der uns umgebenden Welt. Diese Verbindung ist für die Künstlerin typisch. In diesem Werk schweben die Samen vor einem Hintergrund aus Blattgold, der auf Kostbarkeit verweist. Sie sind so angeordnet, dass sie spezifische Sternenkonstellationen wiedergeben, die im Tessin in den Wintermonaten zu beobachten sind.

Mit der Installation Den Herbstschatten leuchtend frühlingsfeiern antwortet Gabriela Maria Müller auf die grosse, vom Wind verwehte Buche, die eine Fotografie von Josef Hanel zeigt. Sie schafft darin eine Verbindung zwischen den Jahreszeiten: Haselnusspollen sind die im Jahreszyklus mitunter am frühesten fliehenden Blütenstaube. Auf den kahlen, an Ästchen erinnernden Formen werfen sie lange Schatten wie im Herbst auf die Ausstellungswände.

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Gabriela Maria Müller, Den Herbstschatten leuchtend frühlingsfeiern, 2018-19

Blütenstaub von Haselnuss, Plexiglas, 250 x 80 cm, © matthias m

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Im Wald Ausgestellt sind auch drei vergrösserte Landschaften von Josef Hanel, die in kleinerem Format auf seinen handbemalten Glasdiapositiven zu finden sind. Die Waldlandschaft und die beiden Flussgebiete wurden zu einer besonders stimmungsvollen Tageszeit mit faszinierendem Farbenspiel eingefangen: am Mittag und in der Abenddämmerung. Bei dieser stimmungsvollen Atmosphäre im gedämpften Licht wird die Wahrhaftigkeit fotografischer Abbildungen vom malerischen Eingriff der Künstlerhand noch verstärkt: Josef Hanel schafft das mit der überaus suggestiven, aber trotzdem naturgetreuen Farbgebung und der fast unmöglich erscheinenden Detailverliebtheit der Darstellungen. Gabriela Maria Müller antwortet auf diese üppigen Landschaften mit einem minimalistisch gehaltenen Video, in dem ein in zyklischen Abständen herabfallender Tropfen in einer Pfütze aufschlägt, die einen wolkenverhangenen Himmel widerspiegelt.

Die grossflächige Installation am Boden ist das Pendant zum Element Wasser. Sie erinnert an die Wachsplatte im Erdgeschoss, doch diesmal wurde nicht rote, sondern schwärzlich-braune Walderde verwendet. Das Erdreich ist wiederum in Bienenwachs gefasst, und darauf scheinen Blütenstaub, Blätter, Blumen und Zweige zu schwimmen, obwohl sie befestigt sind. 16 deutlich erkennbare Versteinerungen erinnern an Bernstein, in dem der Kreislauf des Lebens für einen Augenblick innehält und sich kristallisiert. Auch in ihrem Werk omaggio a madre terra, einer Frottage des Waldbodens, widmet sich die Künstlerin mit grösstmöglicher Intensität der Natur. Sie taucht völlig in die Natur ein, um nach über zehn Stunden ununterbrochener Arbeit einen Abdruck vom Boden zu erhalten.

Von der Kraft und Stärke des Waldbodens hebt sich eine grossflächige Stickerei mit getrockneten Farnen ab, die an der Wand hängt. Das Werk mit den auf Voile gestickten Farnen symbolisiert die Zerbrechlichkeit natürlicher Bestandteile. Gleichzeitig weist es darauf hin, dass Pflanzen seit Menschengedenken und in allen Kulturen zu Dekorationszwecken benutzt werden.

Farnartige Pflanzen Die Farnartigen Pflanzen, zu denen die Bärlapppflanzen, die Schachtelhalme und die Farne zählen, sind sehr alte Gefässpflanzen. Im Gegensatz zu den Moosen bilden sie ein Leitgewebe für den Saft aus, erzeugen jedoch keine Samen, um sich zu verbreiten. Sie sind vor allem als Blattpflanzen bekannt. Die Sporen, die ihre Reproduktion sichern, sind in Sporangia (Sporenbehältern) geschützt. Bei den Bärlapppflanzen und den Schachtelhalmen sitzen diese in einer Art Endähre, bei den Farnen unter den Blättern.

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Josef Hanel, Dryopteris filix-mas, Echter Wurmfarn, handkoloriertes Glasdiapositiv

© 2019 Botanisches Museum der Universität Zürich

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Ein Blumenstrauss Die Rotonde des Hauses Schwab ziert ein imposanter Blumenstrauss. Er besteht aus Vergrösserungen von Motiven der handkolorierten Glasdiapositive Josef Hanels, die Blütenpflanzen darstellen, die auch in unseren Breiten wohlbekannt sind: Rittersporn, Klee, Trollblumen. Geradezu verblüffend sind die naturgetreue Nuancierung, das meisterliche Auftragen der Farben und die exakte Wiedergabe der Pflanzenstängel und Blumenkronen. Obgleich Hanel die Glasplatten hauptsächlich für wissenschaftliche Zwecke herstellte, werden in den Diapositiven seine Ausbildung zum Dekorationsmaler sowie seine künstlerischen Ambitionen sichtbar. Die Anmut und die Sorgfalt seiner Kompositionen verleihen den Werken fast den Rang von Stillleben mit botanischen Motiven. Dabei handelt es sich um eine Gattung der Malerei, die über die Jahrhunderte in jedem Kulturkreis beheimatet war und grossen Erfolg hatte, sei es in Gemälden, Dekorationen, Fresken, auf Stoffen oder Stickereien.

Ein kleiner, glänzend vergoldeter Kubus von Gabriela Maria Müller im Eingang der Rotonde huldigt im Stile eines Votivschreins dem Ahornsamen: Er birgt – unsichtbar zwar – ein potenzielles, zukünftiges Leben in sich. Das Werk Un nuovo mondo, für das insgesamt 1234 Löwenzahnsamen auf Voile gestickt wurden, nimmt die Rundung des Gebäudes auf und verkörpert den Kreislauf des Lebens.

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Gabriela Maria Müller, Un nuovo mondo, 2012, 1234 Löwenzahnfrüchte (Taraxacum officinale)

auf Voile genäht, Holz, Eisen, ø 90 cm, © Stefano Spinelli

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Biografien

Josef Hanel Josef Hanel wurde am 29. März 1865 als Sohn von Anton Hanel und seiner Frau Johanna Wurst in Hennersdorf im Sudetenland geboren, das damals zu Österreich gehörte. Sein Vater arbeitete zunächst als Schuhmacher, später als Maurer. Über Josef Hanels Ausbildung ist wenig bekannt: Vielleicht besuchte er eine der Wiener Schulen für Dekorationsmalerei und wurde von seinem Bruder Eduard, ebenfalls Fotograf, an die Fotografie herangeführt.

1915 siedelte Hanel mit seiner Frau nach München über, wo er als Maler und Fotograf arbeitete und sich auf die «Herstellung farbiger Lichtbilder zu Lehrzwecken» («la fabrication de plaques de verre coloriées à buts pédagogiques») spezialisierte. Er arbeitete mit Hans Schnegg (1875–1950) zusammen, einem Experten für Hefereinzucht an der Akademie für Landwirtschaft und Brauereien Weihenstephan. Hanel beherrschte die fotografische Technik perfekt und stellte Glasdiapositive von Pilzen her, die er mit höchster Genauigkeit kolorierte. Der Professor seinerseits verwendete diese für seine Vorträge sowie für Kartenserien und Publikationen, darunter auch Ratgeber und Merkblätter zu Pilzen. Diese waren aufgrund der Lebensmittelknappheit ein wertvolles Nahrungsmittel. Zu den Kunden zählten damals Pilzsammlervereine, welche die ausgezeichnete Qualität der Glasplatten schätzten.

In jenen Jahren erweiterte Hanel sein Repertoire auf bayerische Wälder, die Torfgebiete um Bad Aibling sowie auf Flechten, Laub- und Lebermoose, die er in ihrem natürlichen Umfeld oder im Studio fotografierte. 1921 wurde Josef Hanel von Ludwig Klein (1857–1928), Professor für Botanik an der Technischen Hochschule in Karlsruhe, engagiert, um die Illustrationen seines Buchs über Gift- und Speisepilze zu vervollständigen. Im selben Jahr wurden seine Diapositive von Pilzen auf dem ersten Mykologenkongress in Nürnberg mit dem ersten Preis ausgezeichnet. 1923 zog Hanel mit seiner Frau in seinen Geburtsort zurück, der mittlerweile Jindrichov hiess. Nach dem Zerfall der österreich-ungarischen Monarchie gehörte das Dorf zur Tschechoslowakei.

Hanels Schaffen, das von einschlägigen Fachzeitschriften sehr geschätzt wurde, umfasste mehr als 1200 Motive, darunter Pilze, Flechten, Moose, Farne, Blütenpflanzen sowie Pflanzen- und Pilzkrankheiten. Zu seinen Landschaftsbildern kamen Wälder und Heiden hinzu. 1930 zogen die Hanels nach Wiesegräflich bei Hennersdorf (heute Łaka Prudnicka, Polen) in Oberschlesien, wo sie ein Grundstück mit Haus erworben hatten. 1937 erschienen bis dahin unveröffentlichte Fotografien des Künstlers im Bienenzucht-Buch «Die besten Bienennährpflanzen» von Rudolf Gasch. Josef Hanel starb am 12. November 1940 im Alter von 75 Jahren in Neustadt (heute Prudnik, Polen) an Tuberkulose. Er wurde in seinem Geburtsort bestattet.

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Gabriela Maria Müller Die Künstlerin Gabriela Maria Müller wurde 1963 in Teufen/Appenzell geboren und lebt heute im Tessin. Nach Abschluss der Handelsschule arbeitete sie in einer auf Botanik und Naturwissenschaften spezialisierten Buchhandlung und besuchte gleichzeitig Kurse an der Schule für Gestaltung St. Gallen. Zur selben Zeit knüpfte sie fruchtbare Kontakte mit dem Künstlerverband SPSAS (heute Visarte) und konnte so ihre kreativen Fähigkeiten ausweiten. Während ihrer Ausbildung in Ergotherapie (1983–1989) vertiefte sie ihre Kenntnisse verschiedener künstlerischer und kunsthandwerklicher Techniken.

Seit ihrem Umzug nach Pura (TI) 1989 ist sie als freie Künstlerin tätig. Seit 2002 verarbeitet sie Materialien aus der Natur: Fragmente mineralischen Ursprungs (Asche, Felssplitter, Rost) sowie pflanzlicher Herkunft (Waldboden, Samen, Blätter, Pollen, Löwenzahn). Für ihre künstlerische Tätigkeit nutzt sie zum Teil althergebrachte Techniken wie Holzschnitzen, Vergolden mit Blattgold, Wachsguss, Frottage, Eitempera, die sie mit modernen Darstellungsformen verbindet (Installationen, Performances, Videoprojektionen). 1994 begann die Künstlerin, ihre Werke in Einzel- und Gruppenausstellungen in der Schweiz und im Ausland zu präsentieren. Unter ihren jüngeren Einzelausstellungen sind jene von Paris und Venedig im Jahr 2017 von besonderer Bedeutung, sowie die 2016 von der Kunststiftung Erich Lindenberg in Porza (TI) ausgerichtete Schau und die Ausstellung im Museum Vincenzo Vela in Ligornetto (TI) im Jahre 2018. Ihre Arbeiten sind in privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter auch in derjenigen des Kantons Tessin. 2012 erhielt sie für ihr Werk Un nuovo mondo den Soroptimist Kunstpreis. 2020 wurde sie mit der Auszeichnung «Bally Artist of the Year Award» der Stiftung Bally geehrt.

Im Zentrum von Gabriela Maria Müllers Poetik steht die Natur, die sie mit andächtigem Staunen betrachtet und deren geheimnisvolle Wandlungen sie zu ergründen sucht. Die Kraft und die Regenerationsfähigkeit der Naturzyklen, die bei aller Fragilität ein stabiles Gleichgewicht bilden, stellen eine Inspiration für ihr Schaffen dar. In einer Auflösung von Gegensätzen lässt Gabriela Müller Tradition und Moderne, Mikro- und Makrokosmos, Sichtbares und Unsichtbares miteinander verschmelzen und schafft Kompositionen und geometrische Darstellungen von ausgesuchter Harmonie, die zur Kontemplation und zur Introspektion einladen. So entstehen in sorgfältiger, geduldiger Kleinstarbeit schlichte, kristalline Formen, wobei sich der physische Schaffensakt auf den aufmerksamen Blick nach innen und eine konzeptuelle Dimension stützt.

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Ideen für den Unterricht

Pflanzen im fliegenden Rahmen https://blog.moemax.de/herbarium-im-fliegenden-bilderrahmen/

Herbarium erstellen https://www.betzold.ch/blog/herbarium-anlegen/

Mit Klopapierrolle und Wattestäbchen einen Löwenzahn malen

https://www.youtube.com/watch?v=FpvIOpciq2Y

Essbare Wildpflanzen sammeln

https://naturschutz.ch/tipps/nachhaltig-leben/10-schmackhafte-und-gesunde-wildpflanzen-fuer-den-fruehling/145221

Papierblumen basteln

https://deavita.com/bastelideen/papierblumen-basteln-mit-kindern-ideen-anleitung.html

Laternen mit getrockneten Blüten basteln

https://www.gesal.ch/de/ratgeber/inspiration/dekoration-basteln/laterne-mit-getrockneten-blueten

Graskopf basteln

https://kinderglueck-der-familienblog.de/kreativecke/basteln/graskopf/

Blütenmedaillons aus Salzteig https://schwesternliebeundwir.de/blumenfreuden-schoenes-aus-salzteig-mit-kindern-basteln/