Palmsonntagskonzert WELLBER - staatskapelle-dresden.de · Als Jette Parker Young Artist am Royal...

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14., 15. April 2019 Semperoper 9. SYMPHONIEKONZERT Palmsonntagskonzert Omer Meir WELLBER Steven Isserlis Camilla Tilling Katija Dragojevic Luis Gomes Milan Siljanov Dresdner Kammerchor

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14., 15. April 2019Semperoper

9 . S Y M P H O N I E K O N Z E R TPalmsonntagskonzert

Omer Meir

W E L L B E RSteven Isserlis

Camilla Tilling

Katija Dragojevic

Luis Gomes

Milan Siljanov

Dresdner Kammerchor

U2 1 9. SYMPHONIEKONZERT

Dresden klingt und glänzt! Kunst gehört zu den wichtigsten Kultur gütern

unserer Gesellschaft. Wir freuen uns daher ganz besonders, als

Partner der Semperoper Dresden Kunst und Kultur zu fördern und so einen

Beitrag leisten zu können.

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14., 15. April 2019Semperoper

9 . S Y M P H O N I E K O N Z E R TPalmsonntagskonzert

Omer Meir

W E L L B E RSteven Isserlis

Camilla Tilling

Katija Dragojevic

Luis Gomes

Milan Siljanov

Dresdner Kammerchor

2 3 9. SYMPHONIEKONZERT

9. SYMPHONIEKONZERT PROGRAMM

Haydn weltlich und geistlichAuch 2019 wird das traditionsreiche Palmsonntagskonzert von Omer Meir Wellber geleitet, der seit der aktuellen Saison die Position des Ersten Gastdirigenten der Sächsischen Staatsoper Dresden innehat. Im Mittelpunkt stehen zwei Werke von Joseph Haydn, die dieser als Kapell-meister im Dienste der Familie Eszterházy komponiert hat: das populäre D-Dur-Cellokonzert, interpretiert von Steven Isserlis, und die »Missa in angustiis«, die ihren Beinamen »Nelson-Messe« vermutlich Napoleons englischem Widersacher Admiral Nelson verdankt.

Kostenlose Konzerteinführungen jeweils 45 Minuten vor Beginn im Opernkeller der Semperoper

Omer Meir WellberDirigent

Steven Isserlis Violoncello

Camilla Tilling Sopran

Katija Dragojevic Mezzosopran

Luis Gomes Tenor

Milan Siljanov Bass

Dresdner KammerchorEinstudierung: Tobias Mäthger

SONNTAG14.4.1920 UHR

MONTAG15.4.1920 UHR

SEMPEROPERDRESDEN

Henryk Górecki (1933-2010)»Amen« für gemischten Chor a cappella op. 35

Lento e tranquillo

Joseph Haydn (1732-1809)Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur

Hob. VIIb : 2 (Kadenzen: Steven Isserlis)

1. Allegro moderato

2. Adagio

3. Rondo. Allegro

P A U S E

Joseph Haydn»Missa in angustiis« d-Moll

Hob. XXII : 11 »Nelson-Messe«

für Soli, Chor und Orchester

1. Kyrie. Allegro moderato

2. Gloria. Allegro

3. Qui tollis. Adagio – attacca

4. Quoniam tu solus. Allegro

5. Credo. Allegro con spirito

6. Et incarnatus. Largo

7. Et resurrexit. Vivace

8. Sanctus. Adagio

9. Benedictus. Allegro moderato – attacca

10. Osanna. Allegro

11. Agnus Dei. Adagio – attacca

12. Dona nobis. Allegro vivace

4 5 9. SYMPHONIEKONZERT

 Omer Meir Wellber gehört zu den führenden Dirigenten für Opern- und Orchesterrepertoire. Seit 2018 / 2019 ist er Erster Gastdirigent der Semperoper Dresden, ab Juli 2019 Chefdi-rigent des BBC Philharmonic Orchestra und ab Januar 2020 Music Director des Teatro Massimo in Palermo. Er stand am

Pult zahlreicher erstklassiger Ensembles weltweit, so etwa beim London Philharmonic Orchestra, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Pitts-burgh Symphony Orchestra, dem Swedish Radio Symphony Orchestra, dem Orchestre National de Lyon, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Orchester RAI Torino und dem Tonhalle-Orchester Zürich. Er ist regelmäßiger Gastdirigent der Bayerischen Staatsoper München, von La Fenice Venedig und der Israeli Opera. Ein Gegenpol zu Wellbers internationalen Auftritten bildet sein Engagement in seiner Heimat Israel für klassische Musik und integrative Projekte.

In der Saison 2018 / 2019 debütiert er an der Metropolitan Opera in New York mit Vorstellungen von Bizets »Carmen«. Wenige Wochen zuvor gibt er mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra sein Debüt beim Lucerne Festival. Erstmalig steht Omer Meir Wellber in der Hamburger Elbphilharmonie beim NDR Elbphilharmonie-Orchester am Pult und dirigiert Konzerte mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, u. a. beim Bachfest Leipzig 2019. Auch in Dresden ist er bestens bekannt: Nach seinem Einstand 2010 mit Strauss’ »Daphne« leitete er u. a. einen Mozart / Da Ponte-Zyklus. In seiner Position als Erster Gastdirigent der Semperoper Dresden übernimmt er hier im Mai 2019 das Dirigat der Neuinszenierung von Verdis »Nabucco«. Außerdem leitet er die Wieder-aufnahmen von »Don Giovanni«, »Tannhäuser« und »Der Rosenkavalier«.

Von 2010 bis 2014 war Omer Meir Wellber Music Director am Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia. Zwischen 2008 und 2010 assistierte er Daniel Barenboim an der Berliner Staatsoper Unter den Linden sowie an der Mailänder Scala. Mit großem Erfolg dirigierte er Giuseppe Verdis »Aida« bei einem Gastspiel der Scala an der Israeli Opera. 2016 leitete er die Residency des Israel Philharmonic Orches tra bei den Dresdner Musikfestspielen. Seit 2009 ist er Musikdirektor der 1991 für die Integration von jüdischen Emigranten in Israel gegrün-deten Raanana Symphonette.

Omer Meir Wellber Dirigent

6 7 9. SYMPHONIEKONZERT

 Steven Isserlis wird weltweit für seine Technik und Virtuo-sität gefeiert und kann auf eine herausragende Karriere als Solist, Kammermusiker, Lehrer, Autor und Moderator blicken. Als Konzertsolist tritt er regelmäßig mit den international führenden Orchestern auf, darunter mit den Wiener und

Berliner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem London Philharmonic Orchestra, dem Tonhalle-Orchester Zürich, dem National Symphony Orchestra Washington, dem Los Angeles Philhar-monic Orchestra sowie dem Orchestra of the Age of Enlightenment. Rezi-tale führen ihn in die bedeutendsten Musikzentren, beispielsweise in die Wigmore Hall und zu den Salzburger Festspielen.

Als Anhänger der historischen Aufführungspraxis führte er gemeinsam mit Robert Levin, der auf echten und nachgebauten Klavieren aus der Beethoven-Ära spielte, sämtliche Beethoven-Werke für Violoncello und Klavier auf. Mit dem Cembalisten Richard Egarr spielte er die Viola-da-gamba-Sonaten von Johann Sebastian Bach ein sowie Sonaten von Händel und Scarlatti. Zudem musiziert er regel-mäßig mit renommierten Kammerorchestern und dirigiert diese bei Klassikprogrammen vom Violoncello aus. Sein Engagement für die zeitgenössische Musik äußert sich in Uraufführungen von Werken John Taveners, Stephen Houghs, Wolfgang Rihms, David Matthews’ oder György Kurtágs. Seit 1997 ist er außerdem Künstlerischer Leiter des International Musicians Seminar at Prussia Cove in Cornwall.

Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit bildet das Kompo-nieren und Spielen für Kinder. Seine Kinderbücher über das Leben großer Komponisten sind auch in Deutschland erschienen. Isserlis erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Robert-Schumann-Preis der Stadt Zwickau, den Piatigorsky-Preis, die Wigmore Hall Gold Medal und 2017 den Glashütte Original Music Festival Award Dresden. Außerdem wurde er als einer von nur zwei lebenden Cellisten in die Hall of Frame von Gramophone aufgenommen.

Steven Isserlis spielt das Stradivari-Cello Marquis de Corberon (Nelsova) von 1726, das ihm freundlicherweise von der Royal Academy of Music zur Verfügung gestellt wird. Im diesjährigen Palmsonntagskonzert gibt er sein Debüt bei der Staatskapelle Dresden.

Steven Isserlis Violoncello

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 Camilla Tilling stammt aus Schweden und studierte in Göte-borg sowie in London. 1999 debütierte sie als Corinna (»Il viaggio a Reims«) an der New York City Opera und gastierte in Folge u. a. am Londoner Royal Opera House Covent Garden, am Théâtre de la Monnaie in Brüssel, an der New Yorker

Metropolitan Opera, der Chicago Lyric Opera, dem Teatro alla Scala in Mailand, der Nederlandse Opera, der Opéra national de Paris sowie bei den Festivals in Aix-en-Provence, Salzburg, Glyndebourne und Drottningholm. Ihr Repertoire umfasst Partien wie Sophie (»Der Rosen-kavalier«), Susanna (»Le nozze di Figaro«), Mélisande (»Pelléas et Méli-sande«), Dorinda (Händels »Orlando«), Gouvernante (»The Turn of the Screw«) und Ilia (»Idomeneo«). Diese Spielzeit kehrt die Sopranistin für ihr Rollendebüt als Blanche de la Forche in Francis Poulencs »Dialogues des Carmélites« unter der Stabführung von Marc Soustrot nach Stock-« unter der Stabführung von Marc Soustrot nach Stock-Soustrot nach Stock-holm zurück, zudem singt sie die Rolle der Mélisande an der Finnischen National Oper unter Esa-Pekka Salonen.

Als gefragte Künstlerin im Konzertbereich ist sie regelmäßig bei den führenden Orchestern der Welt zu Gast. Zu den Höhepunkten der aktuellen Konzertsaison zählen Joseph Haydns »Nelson-Messe« mit dem London Symphony Orchestra unter François-Xavier Roth, die Johannespassion von Johann Sebastian Bach mit den Berliner Philharmonikern und Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie, »Ein deutsches Requiem« von Johannes Brahms mit dem Orchestre National de Lyon und dem Dirigenten David Zinman sowie Beethovens neunter Symphonie mit dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra unter Sakari Oramo in Tokio. Frühere Konzert-Highlights waren Henri Dutilleuxs Liederzyklus »Correspondances« für Sopran und Orchester mit den Los Angeles Philharmonic unter Esa-Pekka Salonen, Gustav Mahlers vierte Symphonie mit dem Orchestre de Paris und Thomas Hengelbrock, Robert Schumanns »Faust-Szenen« mit dem NDR Elbphil-harmonie Orchester unter Hengelbrock sowie Bachs h-Moll-Messe mit den Wiener Symphonikern unter Philippe Jordan.

Camilla Tilling hat zahlreiche Aufnahmen vorgelegt, u. a. Solo-Alben mit Liedern von Richard Strauss und Franz Schubert, begleitet von Paul Rivinius.

Camilla Tilling Sopran

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 Die schwedische Mezzosopranistin Katija Dragojevic studierte an der Königlich-Schwedischen Musikakademie in Stockholm sowie an der Guildhall School for Music & Drama in London. Im Herbst 2000 feierte sie ihr Debüt am Théâtre Royal de La Monnaie in Brüssel in Leoš Janáčeks »Die Sache Makropulos«

als Krista. An der Mailänder Scala debütierte sie ebenso wie bei den Salzburger Festspielen als Cherubino in Mozarts »Le nozze di Figaro«. Weitere Rollen umfassen u. a. Siebel in Charles Gounods »Faust« am Royal Opera House Covent Garden, Lucretia in Benjamin Brittens »The Rape of Lucretia« in Oslo, Lichas in Georg Friedrich Händels »Hercules« mit Les Arts Florissants in London und New York, Zerlina in Mozarts »Don Giovanni« in Baden-Baden und Sesto in Mozarts »La clemenza di Tito« in Stockholm. In »Così fan tutte« sang sie die Dorabella an der Mailänder Scala unter dem Dirigat von Daniel Barenboim sowie am Theater an der Wien unter der Stabführung von Nikolaus Harnoncourt. An der Königlichen Oper in Stockholm interpretierte sie die Carmen in Georges Bizets gleichnamiger Oper sowie Mrs. Meg Page in Giuseppe Verdis »Falstaff«. In der letzten Saison gastierte Katija Dragojevic am Grand Théâtre de Genève mit der Titelrolle in Offenbachs »Fantasio« und war außerdem in konzertanten Aufführungen von Schumanns »Faust-Szenen« zu erleben. Ferner verkörpert sie die Rolle der Zerlina in Kasper Holtens Kinofilm »Mozart’s Don Giovanni«.

Katija Dragojevic ist gleichermaßen im Konzertfach aktiv. Bislang trat sie mit dem Swedish Radio Symphony Orchestra ebenso auf wie dem Orchestre de Paris, dem Malmö Symphony Orchestra, dem Orquestra Gulbenkian Lissabon, dem NDR Sinfonieorchester Hamburg sowie mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Dabei sang sie in zahlreichen Werken, darunter in Bachs Magnificat, Beethovens neunter Symphonie, Mozarts c-Moll-Messe und Mahlers »Des Knaben Wunder-horn«. Sie arbeitet mit Dirigenten wie William Christie, Daniel Harding, Thomas Hengelbrock, Andris Nelsons oder Robin Ticciati. An der Semperoper gab sie ihr Debüt in der Spielzeit 2016 / 2017 als Dorabella. Katija Dragojevic hat mehrere Aufnahmen vorgelegt, darunter Michael Haydns »Missa Sancti Hieronymi« und »Timete Dominum«.

Katija Dragojevic Mezzosopran

12 13 9. SYMPHONIEKONZERT

 Der junge portugiesische Tenor Luis Gomes absolvierte seine Ausbildung am National Opera Studio in London sowie an der Guildhall School of Music & Drama unter Führung von Rudolf Piernay. Als Jette Parker Young Artist am Royal Opera House, Covent Garden London sang er

bereits früh u. a. die Rollen Le Chevalier in Francis Poulencs »Dialo-gues des Carmélites«, Pong in Giacomo Puccinis »Turandot«, Gastone in Giuseppe Verdis »La traviata«, Lampionnaio in Puccinis »Manon Lescaut« sowie den vierten Knappen in Wagners »Parsifal« an der Seite großer Opernstars und unter der Leitung renommierter Dirigenten wie Sir Antonio Pappano und Sir Simon Rattle. Im Juni 2015 feierte er sein Debüt als Fenton in Verdis »Falstaff« als erster portugiesischer Sänger in einer großen Rolle am Royal Opera House. 2018 gewann er den Don Plácido Domingo Ferrer Prize of Zarzuela sowie den Publikums-Preis des Operalia Wettbewerbs. Weitere Opernerfahrungen umfassen u. a. Alfredo in Verdis »La traviata« am Teatro Nacional São Carlos, Tebaldo in Verdis »I Capuleti e I Montecchi« beim Buxton Opera Festival, Nemo-« beim Buxton Opera Festival, Nemo-Buxton Opera Festival, Nemo-rino in Gaetano Donizettis »Elisir d’amore«, Don Ottavio in Mozarts »Don Giovanni« am Teatro Verdi Trieste sowie die Partie des Rodolfo in Puccinis »La bohème« bei der Verbier Festival Academy.

Luis Gomes ist zudem als Konzertsänger gefragt. Er folgte Einla-dungen an die Royal Festival Hall, die Wigmore Hall, Barbican Hall, an das De Doelen in Rotterdam, das Concertgebouw Amsterdam, St. Cecilia Rom sowie an die Gulbenkian Foundation Concert Hall in Lissabon. Sein Konzertrepertoire umfasst Gioachino Rossinis »Petite Messe solennelle«, Charles Gounods »Messe solennelle en l’honneur de Sainte-Cécile«, Antonín Dvořáks »Stabat mater«, Bachs Johannespassion, Mozarts c-Moll-Messe und Requiem, das Verdi-Requiem, Joseph Haydns »Die Schöpfung« sowie Franz Schuberts Es-Dur-Messe und »Intende voci«. Im August 2009 sang er für mehr als 30.000 Zuhörer bei der größten Operngala, die jemals in Portugal stattgefunden hat.

Luis Gomes ist seit November 2012 Artist am Samling Institut für junge Künstler. Als Stipendiat der Georg Solti Accademia di Belcanto besuchte er Meisterklassen bei Richard Bonynge, Dennis O’Neill und Angela Gheorghiu.

Luis Gomes Tenor

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 Milan Siljanov, geboren in der Schweiz, studierte Gesang an der Zürcher Hochschule der Künste und absolvierte den Opera Course der Guildhall School of Music & Drama in London unter Leitung von Rudolf Piernay. Er gewann zahlreiche Preise, darunter den

Ersten Preis des prestigeträchtigen Wigmore Hall / Kohn Foundation International Song Competition 2015 in London sowie 2018 den Zweiten Preis des ARD-Musikwettbewerbs. Beim 50. Internationalen Gesangs-wettbewerb in Hertogenbosch, Niederlande, ging er 2014 sowohl mit dem Ersten als auch dem Publikums-Preis hervor. Zudem war er Stipendiat der Independent Opera Voice Fellowship der Wigmore Hall.

Zu seinem Repertoire zählen Partien wie Collatinus in Benjamin Brittens »The Rape of Lucretia«, Leporello in Mozarts »Don Giovanni« und die Titelpartie in »Le nozze di Figaro«. In den Spielzeiten 2016 / 2017 und 2017 / 2018 war er Mitglied des Opernstu-dios der Bayerischen Staatsoper und ist seit 2018 / 2019 deren festes Ensemblemitglied. In München umfassen seine Rollen aktuell u. a. Antonio in Mozarts »Le nozze di Figaro«, den Nachtwächter in Wagners »Die Meistersinger von Nürnberg«, Čekunov in Leoš Janáčeks »Aus einem Totenhaus«, Montano in Verdis »Otello«, Peter Besenbinder in Engelbert Humperdincks »Hänsel und Gretel«, Sprecher in Mozarts »Die Zauberflöte«, Schaunard in Puccinis »La bohème« sowie Ein Kappadozier in Richard Strauss’ »Salome«. Zu seinen kürzlichen Enga-Strauss’ »Salome«. Zu seinen kürzlichen Enga-gements zählen der Fürst von Boullion in Francesco Cileas »Adriana Lecouvreur« beim Verbier Festival 2018 unter der Leitung von Valery Gergiev, Beethovens neunte Symphonie mit dem Orchestre de Chambre de Lausanne sowie Haydns »Nelson-Messe« mit dem Orchestre national de Lyon. Milan Siljanov hat mit renommierten Dirigenten gearbeitet, neben Valery Gergiev auch mit Kirill Petrenko, Constantinos Carydis, Ivor Bolton, Ingo Metzmacher, Joshua Weilerstein und Simone Young. Zu den Highlights der laufenden Spielzeit zählen die »Winterreise« beim Cambridge Music Festival, ein Galeriekonzert zum 150. Todestag des Komponisten Carl Loewe mit der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in der Staatsgalerie Stuttgart sowie Rezitals beim Oxford Lieder Festival und in der Wigmore Hall mit dem Pianisten Nino Chokhonelidze.

Milan Siljanov Bass

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 Der Dresdner Kammerchor wird für seine einzigartige Klang-kultur international geschätzt. Der künstlerische Leiter Hans-Christoph Rademann prägt diesen unverwechselbaren Klang seit der Gründung 1985 und führt den Chor zu welt-weitem Renommee. Das vielfältige Repertoire des Chores

hat sein Fundament in der Barockmusik. Besonderer Schwerpunkt ist die sächsische Hofmusik. Als kultureller Botschafter Dresdens und Sach-sens pflegt und erschließt der Chor das musikalische Erbe der Region und macht es einem internationalen Publikum bekannt. Als prominentes Beispiel dafür steht die weltweit erste Heinrich-Schütz-Gesamteinspie-lung. Die Schütz-Johannespassion wurde 2016 mit dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet.

Neben der Chorsymphonik aus Klassik und Romantik liegt ein weiterer Repertoire-Fokus auf anspruchsvollen A-cappella-Werken des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, dazu zählt Musik von Johannes Brahms, Max Reger, Olivier Messiaen, Francis Poulenc, Arnold Schönberg und Herman Berlinski. Seit Jahren widmet sich der Dresdner Kammerchor intensiv der modernen und zeitgenössischen Musik: mit Uraufführungen, Erstaufführungen und eigenen Auftragswerken. Dieses Engagement vertiefen auch vielfältige Musikvermittlungs- und Nach-wuchsprojekte. 2009 initiierten Hans-Christoph Rademann und der Dresdner Kammerchor die Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik. Für seine Verdienste um die zeitgenössische Chormusik wurde der Chor mit einem Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung ausgezeichnet.

Der Dresdner Kammerchor gastiert in Musikzentren und bei Festi-vals in ganz Europa. Tourneen führen die Sänger nach Indien, Taiwan, China, Mexiko, Südamerika und Südafrika. Zu den musikalischen Part-nern gehören bisher René Jacobs, Sir Roger Norrington, Ádám Fischer, Václav Luks, Trevor Pinnock, Christoph Prégardien, Jos van Immerseel, Herbert Blomstedt, Christian Thielemann, Riccardo Chailly und Rein-hard Goebel sowie die Sächsische Staatskapelle Dresden, das Gewand-hausorchester Leipzig, Anima Eterna Brugge, The Orchestra of the Age of Enlightenment, Concerto Köln, die Bamberger Symphoniker, das Wrocław Baroque Orchestra und die Akademie für Alte Musik Berlin.

Dresdner KammerchorKünstlerischer Leiter: Hans-Christoph RademannEinstudierung: Tobias Mäthger

Sopran

Christina AlbrechtSandra BernhardtLisa DietrichKatrin EngelhardtLaura KeilMagdalena KircheisChristin LinßeViola MichalskiKatharina SaldenAlbertine SelunkaBo-Kyoung SeoNicola Zöllner

Tenor

Robert FröhlichAlexander HemmannMarkus KloseTobias MäthgerYonah RaupersCarl RowekBurkhard RügerBurkhard SchöblBen Uhle

Alt

Elisa BellmannNanora BüttikerLinda GeberzahnJonathan MayenscheinClaudia PhilippMandy RabeSinah Seim-OleschAnna-Maria TietzeSophie Wangemann

Bass

Gustav AugartDirk DöbrichThomas GläßerRaphael HeringAlexander KeukFelix RohlederJakob SautterValentin SchneiderKonrad Schöbel

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SCHWEBUNGENGóreckis »Amen«

 »Ich wurde in Schlesien geboren. Das ist altes polnisches Land, wo schon immer drei Kulturen existierten: die polnische, die tschechische und die deutsche. Die Volkskunst, Kunst überhaupt, kannte keine Grenzen. Die polnische Kultur ist eine wundervolle Mischung. Wenn man die polnische Geschichte betrachtet, ist es

genau der Multikulturalismus, die Gegenwart sogenannter Minder-Multikulturalismus, die Gegenwart sogenannter Minder-heiten, die Polen zu dem machte, was es ist. Der kulturelle Reichtum, die ausgesprochene Vielfalt schuf eine neue Einheit«, so der Komponist Henryk Górecki über die Besonderheit seiner geographischen Herkunft. Górecki wächst im Südwesten Polens auf. Sein Vater arbeitet im Waren-büro einer lokalen Bahnstation und ist Amateurmusiker. Seine Mutter, ebenfalls musikalisch, spielt Klavier bis zu ihrem Tod 1935, Góreckis zweitem Lebensjahr. Viele seiner frühen Arbeiten sind ihrem Gedenken gewidmet. Auch später, nach den Folgen einer nicht gleich behandelten Sepsis, erinnert sich Górecki, »oft mit dem Tod gesprochen zu haben«. In den frühen 1950er Jahren arbeitet er zunächst als Lehrer und lässt sich in Klarinette, Violine, Klavier und Musiktheorie ausbilden, bevor er seine Kompositionsstudien 1960 bei Bolesław Szabelski, einem Schüler Karol Szymanowskis, am staatlichen Musikkonservatorium in Katowice abschließt. Als er schließlich an seinem Ausbildungsort selber Kompo-sition unterrichtet, rät er seinen Studenten: »Wenn Sie für zwei, drei Tage ohne Musik leben können, so schreiben Sie nicht. Es wäre besser, Sie würden Ihre Zeit mit einer Frau oder einem Bier verbringen. Wenn

ENTSTEHUNG

im Februar 1975 in Katowice im Auftrag des Poznańer Musikfrühlings

WIDMUNG

für den 15. Poznańer Musikfrühling

UR AUFFÜHRUNG

5. April 1975 in Poznań mit dem Knabenchor Poznań unter Leitung von Jerzy Kurczewski

DAUER

ca. 8 Minuten

Henryk Górecki* 6. Dezember 1933 in Czernica, Polen† 12. November 2010 in Katowice

»Amen« für gemischten Chor a cappella op. 35Lento e tranquillo

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Sie aber nicht ohne Musik leben können, dann schreiben Sie.« Kompo-nieren ist für Górecki eine Haltung, ein Auftrag. Noch während seines Studiums tritt er in den späteren 1950er Jahren im Warschauer Herbst auf, einem Festival für zeitgenössische Musik mit internationaler Strahl-kraft. Rasch erlangen seine Werke Aufmerksamkeit, auch über Polen hinaus. Górecki vertritt eine neue serielle Ästhetik in der Nachfolge Weberns. Seine Musik repräsentiert den »farbenreichsten und schwung-vollsten Ausdruck innerhalb der neuen polnischen Welle« (Adrian Thomas). Mit seinen Kollegen Krzysztof Penderecki, Kazimierz Serocki und Wojciech Kilar prägt er eine Form der Oberflächenmusik, die als Sonoristik bezeichnet wird und eine geräuschorientierte Stilrichtung in der Neuen Musik beschreibt. Spätestens 1961 steht Górecki an der Spitze der polnischen Avantgarde und macht mit seiner ersten Symphonie von sich reden. Er geht nach Paris, wo er Olivier Messiaen, Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen kennenlernt. Damals ist Górecki vor allem für seine stählernen Klanghärten und querstrebenden Dissonanzen bekannt. Mit Boulez verbindet ihn die Erprobung eines punktuellen Serialismus, der sich in seinem Zyklus »Genesis« expressionistisch und spürbar ungeschliffen bemerkbar macht.

Spannung und Entspannung

Mitte der sechziger Jahre zeigen sich erste Anzeichen eines Wandels in seiner Musiksprache. Schon die »Drei Stücke im alten Stil« für Streichor-chester deuten 1963 auf eine Wende, deren Folgen für Górecki noch nicht absehbar sind. Während er sich zusehends von der strengen Avantgarde der sechziger Jahre löst, scheint mehr und mehr die Suche nach neuen und alten Vorbildern auf. Górecki macht wie später auch Arvo Pärt die Erfahrung, dass die extreme Härte seiner musikalischen Sprache kaum noch eine weitere Verengung zulässt. Ähnlich wie Pärt in der Mitte der siebziger Jahre findet Górecki um 1965 Anknüpfungspunkte in der litur-gischen Musik des Mittelalters, die für den gläubigen Katholiken auch spirituell große Bedeutung hat. In seinen Werken äußert sich nun eine neue Einfachheit. Adrian Thomas, langjähriger Professor für Musik an der Cardiff University School of Music und Górecki-Spezialist, attestiert seiner Musik nunmehr einen »nahezu meditativen Zugang zu der Wahr-nehmung von Zeit und zu den strukturellen Möglichkeiten von Refrains und Block-Kontrasten«. Was damit gemeint ist, macht sich an der mittel-alterlichen Technik des sogenannten Diskant-Satzes fest. Nach einer weitgehend frei gehandhabten mehrstimmigen Führung, vorzugsweise in Dissonanzen, kommen die Stimmen an einem Sammelpunkt zusammen, der konsonant gesetzt ist, also zumeist in einem Oktav- oder Quintklang Der polnische Komponist Henryk Górecki, 1993

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den musikalischen Verlauf bündelt, bevor ein neuer Abschnitt beginnt. Dahinter steckt die jahrhundertealte Kulturtechnik eines Wechsels von Spannung und Entspannung mit dem Ziel des Ausgleichs der Kräfte. Tonpsychologisch liegt vor allem die Vorstellung eines tonräumlichen Erlebnisses von Intervallen zugrunde, die bereits um 1200 in der Notre-Dame-Schule praktiziert wurde.

Góreckis »Amen« für gemischten Chor a cappella scheint sich diesem Prinzip verpflichtet zu fühlen. Als letzte von drei Chorarbeiten 1975 entstanden, arbeitet der polnische Komponist hier mit ausgespro-chen tonalen Strukturen, deren sich Pärt ein Jahr später in »Für Alina« nach einer längeren Krise ebenfalls bedienen wird. Die Parallelen sind auffällig und machen rein äußerlich die Anwendung der tonalen Mittel als subversive Reaktion auf ein repressives System verstehbar. Innerlich mögen sie indes für eine Ausflucht aus der Enge serieller Denkmuster in eine Klangwelt stehen, die von ihren Befürwortern in vielerlei Hinsicht als Befreiung empfunden wird. In seinem achtminütigen »Amen« greift Górecki auf die Tradition polnischer Kirchenhymnen zurück und schafft eine Atmosphäre konzentrierter Meditation auf der Grundlage repetitiver Strukturen. Die textliche Schicht ist auf das Wort Amen limitiert, einer weitgehend im liturgischen Kontext gebräuchlichen Bekräftigungsformel. Das Wort versieht Górecki mit tonalen Zuspitzungen, eingefasst in ein nachhaltiges, langsam strömendes Atmen. Längere melodische Linien bewirken dabei eher den Eindruck einer kontinuierlichen Entwicklung, als dass sie Hinweise lieferten für eine bestehende formale Ordnung. Die chorischen Sammelpunkte am Ende des Wortes Amen reichert Górecki mit Dissonanzen an, die gleichsam als tonale Schwebungen eingehen. Er bringt damit einen Grad der ›Verunreinigung‹ ins Spiel, der erst im zuletzt kulminierenden A-Dur aufgelöst wird. Dadurch, dass die Kompo-sition auf eine Klimax zusteuert, erweckt sie den Anschein einer narra-tiven Setzung, die in der sechzehnmaligen Wiederholung des Wortes Amen die Chance auf eine vor allem harmonische Ausdeutung ergreift. Grundsätzlich beobachtet Adrian Thomas in Góreckis Werken der sieb-ziger Jahre »extrem langsame Tempi, dynamische Extreme, modale Melodien, Ganzton- und Modalharmonie, sparsame Texturen und eine ökonomische Konzentration des Materials«, was in summa eine Verdich-, was in summa eine Verdich-tung des Ausdrucks bewirkt. Immer mehr wendet sich Górecki einer Musik mit Stimmen zu. Selbst sein bekanntestes Werk, die 1976 entstan-dene dritte Symphonie, arbeitet in ihren expressiven Lyrismen mit einem Solosopran, der das Arkanum einer schwebenden Harmonie zwar nicht zu entschlüsseln vermag, es aber einnehmend zu schildern weiß.

A N D R É P O D S C H U N

Christian

T H I E L E M A N NS C H U M A N N S Y M P H O N I E N

»Die Symphonien Schumanns sind Teil der Kapell-Seele«, weiß Christian Thielemann, der die Meisterwerke der

Romantik mit der Staatskapelle Dresden neu eingespielt hat.

NEU

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MELODISCHER GLANZ UND SPIELTECHNISCHE BRILLANZHaydns Cellokonzert D-Dur

 Joseph Haydn schreibt sein D-Dur-Cellokonzert im Jahre 1783, in einer Zeit, als sich seine Werke in Europa erfolgreich herumspre-chen. Als eines der ersten Länder hegt Spanien ein Interesse an seinen Kompositionen. Über einen Wiener Mittelsmann schließt Haydn einen Vertrag mit dem Herzog von Alba und der Herzogin

von Benavente und Osuña, zwei ranghohen Vertretern des spanischen Adels, wonach er ihnen jährlich eine bestimmte Anzahl an Symphonien, Quartetten und anderer Kammermusik zu liefern hat. Bereits 1781 hat ihn der Direktor des Pariser Concert Spirituel brieflich um Beiträge gebeten, bevor ihn die französische Vereinigung Concert de la Loge olympique 1784 gewinnen kann, sechs neue Symphonien für sie zu schaffen. Für jede dieser sogenannten Pariser Symphonien erhält er 25 Louis d’or, für Haydn ein »kolossaler« Betrag. Auch seine Kontakte ins Vereinigte König-reich intensivieren sich zusehends. Als 1783 die Londoner Professional Concerts gegründet werden, bemüht sich der Mäzen Lord Abing don, Haydn die Leitung anzutragen. Gerüchte um eine Englandreise Haydns kursieren europaweit. So weiß das in Königsberg publizierte Magazin der Musik zu berichten: »Der Zeitungs-Anzeige zufolge hat H. Haydn eine Reise nach England gethan; mit Lorbeeren um seine Schläfen kehrt er einstens gewiss in sein Ihn liebendes, Ihn schätzendes Vater-land, und wenn sein Verdienst gehörig belohnt wird, mit braven Guinen bezahlt, zurück.« Haydn reist freilich nicht nach England, er ist an seine Dienstorte Eisenstadt und Eszterháza gebunden. Ebenso wie auf der Insel erfreuen sich seine Werke auch in Italien einer stetig wachsenden Beliebt-heit. Zu seinen weiteren Bewundern zählen neben Friedrich Wilhelm II.

ENTSTEHUNG

1783, geschrieben für Haydns Kompositionsschüler Anton Kraft, der seit 1778 als Erster Cellist beim Fürsten Eszter-házy unter Vertrag steht

UR AUFFÜHRUNG

vermutlich 1783 mit Anton Kraft am Cello

BESETZUNG

Solovioloncello | 2 Oboen, Fagott, 2 Hörner, Streicher

DAUER

ca. 25 Minuten

Joseph Haydn* 31. März 1732 in Rohrau, Niederösterreich† 31. Mai 1809 in Wien

Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur Hob. VIIb : 2

1. Allegro moderato2. Adagio3. Rondo. Allegro

Kadenzen: Steven Isserlis

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von Preußen auch die russische Großherzogin und spätere Zarin Maria Fedorovna. Bei aller Wertschätzung seitens der gekrönten Häupter wahrt er jedoch immer eine freundliche Distanz. Bekannt ist Haydns Äußerung: »Ich bin mit Kaisern, Königen und vielen großen Herren umgegangen und habe manches Schmeichelhafte von ihnen gehört; aber auf einem vertraulichen Fuss will ich mit solchen Personen nicht leben, und halte mich lieber zu Leuten von meinem Stande.« Langjährige Erfahrungen als Erster Kapellmeister am Hof des Fürsten Eszterházy mögen ihn stets seine bedienstete Stellung vor Augen geführt haben. Werden Arbeiten für das von seinem Dienstherrn geliebte und selber gespielte Baryton gewünscht (ein Instrument, das äußerlich an ein Cello oder eine Gambe erinnert), legt Haydn diese wie selbstverständlich vor – immerhin weit über einhundert Barytontrios innerhalb von zehn Jahren. Verlangt man Opern für das Schloss Eszterháza, komponiert Haydn bereitwillig auch diese. 1783 schreibt er mit dem Dramma eroico »Armida« seine letzte Oper für Eszterháza. Ein Jahr später wird ihre Uraufführung ein großer Erfolg. Unterdessen pflegt Haydn, der unglücklich verhei-ratet ist, eine nähere Beziehung zu Luigia Polzelli, einer italienischen Mezzosopranis tin, die seit 1779 im Dienste des Fürsten Eszterházy steht. Die Liaison verheimlicht Haydn keineswegs – und sie scheint auch von seinem Fürsten geduldet worden zu sein. Polzelli verfügt über eine kleine Stimme, geeignet vor allem für diverse Nebenrollen. Sie ist es, die Haydn dazu bewegt, verschiedene Einlagearien für sie zu komponieren. 1783 fehlt ihr Name gänzlich unter den in Eszterháza angestellten Opernsän-gern. Sie ist schwanger und bringt ihren zweiten Sohn zur Welt, von dem es heißt, er sei Haydns Sohn, wofür allerdings keine Beweise vorliegen.

Neuentdeckung

Vorrangig fallen Haydns Instrumentalkonzerte in seine frühe Zeit als Kapellmeister des Fürsten Eszterházy. Um seine Musiker zu motivieren, weisen viele seiner Symphonien solistische Abschnitte auf. Sie geben den Spielern Raum, aus der Gruppe herauszutreten und sich als Individuen zu äußern. Man nimmt an, dass Haydn um die fünfzig Instrumental-konzerte komponiert hat, viele davon sind nicht mehr überliefert. Von seinen Cellokonzerten müssen ursprünglich knapp zehn existiert haben, zwei sind zweifelsfrei für die Nachwelt erhalten geblieben. Während das frühere C-Dur-Konzert wahrscheinlich zwischen 1762 und 1765 für Joseph Weigl, einem versierten Cellisten in Haydns Eisenstädter Hofka-pelle, geschrieben worden ist, entsteht das D-Dur-Cellokonzert zwanzig Jahre später. Wiederum ist ein Cellist Grund für die Komposition. Haydn verfasst das Werk für seinen Kompositionsschüler Anton Kraft, der seit

1778 als Erster Cellist beim Fürsten Eszterházy unter Vertrag steht und später als einer der Gründerfiguren des legendären Schuppanzigh-Quartetts von sich reden macht und zudem Anfang des neunzehnten Jahrhunderts als einer der Protagonisten in Beethovens Tripelkonzert in Erscheinung tritt. Krafts eigene kompositorische Ambition ist wohl der Anlass, warum man ihm das D-Dur-Cellokonzert über mehr als ein Jahrhundert zugeschrieben hat, obwohl der Mozart-Forscher Köchel die später verlorengegangene Originalhandschrift offensichtlich noch selbst bei Julius Rietz in Dresden in Augenschein nehmen konnte. Die Debatte um die Provenienz ließ erst nach, als Haydns Autograph in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wiederentdeckt wurde.

Joseph Haydn, Ölgemälde von Christian Ludwig Seehas, 1785

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also die Aufstellung der Themen, nimmt fast die Hälfte des Satzes ein. Daran kann man erkennen, welches Gewicht Haydn der thematischen Vorstellung verleiht, die er facettenreich auszudeuten weiß. Nach dem einleitenden Orchestervorspiel setzt das Cello in hoher Lage ein. Gene-rell liegt das Solocello offen über einem transparenten Orchestersatz. In seine filigrane Linienführung fügen sich Arpeggio-Figuren, in denen einzelne Töne eines Akkords schnell nacheinander gespielt werden, gefolgt von raschen Läufen, um schließlich in Doppelgriff-Passagen überzugehen. Weite Tonlagen in rasantem Tempo fordern das Spiel des Solisten zusätzlich heraus. Allem Anschein nach geht es Haydn um eine Vermittlung von technischer Exzellenz und gesanglicher Geläufigkeit. Entgegen der Konvention weist der Mittelsatz weder das Schema eines dreigeteilten Liedsatzes auf noch das einer Variationsform, sondern präsentiert sich in einem Rondo. Er führt damit die ritornellähnlichen Tendenzen des ersten Satzes weiter. Der Solist stellt den Refrain im piano ohne Bässe und Bläser vor, lediglich begleitet von parallel geführten Unterterzen in den ersten Violinen. Haydn entwickelt eine klassische achttaktige Periode mit Vorhalt und dominantischem Halbschluss im vierten Takt. Die ersten acht Takte tönen geradezu kammermusikalisch und erinnern in Gestus und Tonfall an ein Streichquartett, bevor in der Tutti-Wiederholung ein symphonischer Klang entsteht. Im ersten Couplet übernimmt der Solist die Führung mit teils figurativ ausgeschmückter Melodieführung. Auch hier herrscht ein vornehm zurückhaltender Ton in nobler Ausführung der Faktur. Im sich anschließenden Refrain gestaltet Haydn die erste Stimme freier, um dann umso strenger das gesamte Orchester in einer effektvollen Molleintrübung einsetzen zu lassen und in entferntere Tonarten auszuweichen. Den Schlussrefrain bildet Haydn dann wieder versöhnlich, bevor die Kadenz im Cello in die ausklingenden Takte des Adagios führt. Auch der Finalsatz steht in einem Rondo. Ähnlich wie im Mittelsatz beginnt das Cello den Refrain mit begleitenden Unterterzen in den ersten Violinen. Gehalten in einem unbeschwert fließenden -Takt offeriert es Anklänge an einen Kehraus. Formal gesehen liegt in der ersten Phrase der Kern, aus dem das ganze Thema variationsartig weiterentwickelt wird. Überdies hat der Solist rapide Dreiklangsbrechungen in hoher Lage ebenso zu bewältigen wie Doppelgriffe und große Sprünge. Eine unvermittelte Wendung in den Variantklang d-Moll rundet den Verlauf mit einem eigenen Abschnitt ab. Haydn nutzt das Mittel der tonartlichen Farbänderung, um die Wirkung des Schlusses noch zu steigern. Wechsel von wiegenden Bläsern und temporeichen Dreiklangsbrechungen im Cello sind die Vorboten für ein kurzes, jubelndes Tutti, mit dem das Werk endet. A N D R É P O D S C H U N

Singendes Allegro

Im Vergleich zum früheren C-Dur-Konzert zeigt sich das D-Dur-Konzert weitaus cantabler und lyrischer. Nicht selten wird der weiche, geschmei-dige Zugriff auf Haydns Bekanntschaft mit Mozart 1781 zurückgeführt. Beide ziehen aus ihrer Freundschaft manchen Vorteil. Mozart lernt die thematische Arbeit in Haydns »Russischen Quartetten« kennen und Haydn profitiert von Mozarts Technik eines Singenden Allegro. Gegen-seitig schätzen sie sich als außergewöhnliche Komponisten. Dabei dürfte Mozart der Umstand nicht entgangen sein, den der amerikanische Pianist und Musiktheoretiker Charles Rosen Anfang der 1970er Jahre in Haydns Schaffen als zentrale Errungenschaft hervorgehoben hat: »Das Gefühl, dass Bewegung, Entwicklung und dramatischer Verlauf eines Werkes sämtlich latent im Material enthalten sind und dass man das Material dazu bringen kann, seine geballte Kraft so zu entladen, dass die Musik sich nicht wie im Barock entfaltet, sondern wahrhaft von innen angetrieben wird – dieses Gefühl war Haydns größter Beitrag zur Musik-geschichte.« Unter »Material« sind dabei vor allem die am Anfang eines Satzes verdeckt enthaltenen Beziehungen zu verstehen. Wichtig für Haydns formale Konzeption ist das Detail. Aus ihm erwächst die Binde-kraft einzelner Abschnitte wie auch des Gesamtgefüges. Der erste Satz dauert deutlich länger als die beiden anderen zusammen; die Exposition,

Beginn erster Satz des Cellokonzerts D-Dur, Manuskriptseite

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IN BEDRÄNGNISHaydns »Missa in angustiis«

 Im zeitlichen Umfeld der Entstehung seiner »Missa in angustiis« gewährt Joseph Haydn einen seltenen Einblick in seinen mitunter als beschwerlich empfundenen Schaffensprozess: »Die welt macht mir zwar täglich viele Complim. über das feuer meiner letzteren arbeithen, aber niemand will mir glauben; mit welcher mühe und

anstrengung ich dasselbe hervorsuchen muss, indem mich manchen Tag die schwache gedächtnüss und Nachlassung der Nerven dermassen zu boden drückt dass ich in die traurigste Laage verfalle, und hiedurch viele Täge nachero ausser stand bin nur eine einzige Idee zu finden, bis ich endlich durch die vorsicht [Vorsehung Gottes] aufgemuntert mich wider an das Clavier setzen, und dan zu kratzen anfangen kann: genug hirvon.« Anders als Mozart gilt Haydn nicht als Stimmungsmensch. Sein Schaffen ist eher Ausdruck eines stetigen Strebens. Haydns Arbeitspensum ist ebenso legendär wie sein Arbeitsethos. Seine immense Selbstdisziplin bildet den Grundstein für die Vielzahl außerordentlicher Hervorbrin-gungen, immer verbunden mit dem Gefühl, der Welt etwas schuldig zu sein. Wenige Jahre vor seinem Tod schildert er rückblickend einigen Kunstfreunden des Städtchens Bergen auf Rügen seine produktive Moti-vation: »Oft, wenn ich mit Hindernissen aller Art rang, … wenn oft die Kräfte meines Geistes und Körpers sanken, und es mir schwer war, in der angetretenen Laufbahn auszuharren, – da flüsterte mir ein geheimes Gefühl zu: Es gibt hinieden so Wenige der frohen und zufriedenen Menschen, überall verfolgt sie Kummer und Sorge, vielleicht wird deine

ENTSTEHUNG

10. Juli bis 31. August 1798 in Eisenstadt

UR AUFFÜHRUNG

im September 1798 in der Stadtpfarrkirche zu Eisenstadt aus Anlass des Namenstags der Fürstin Eszterházy

BESETZUNG

Flöte, 2 Oboen, 2 Klarinetten, Fagott, 2 Hörner, 3 Trompeten, Pauke, Orgel, Streicher

DAUER

ca. 45 Minuten

Joseph Haydn* 31. März 1732 in Rohrau, Niederösterreich† 31. Mai 1809 in Wien

»Missa in angustiis« d-MollHob. XXII : 11 »Nelson-Messe«für Soli, Chor und Orchester

1. Kyrie. Allegro moderato 2. Gloria. Allegro 3. Qui tollis. Adagio – attacca 4. Quoniam tu solus. Allegro 5. Credo. Allegro con spirito 6. Et incarnatus. Largo 7. Et resurrexit. Vivace 8. Sanctus. Adagio 9. Benedictus. Allegro moderato – attacca10. Osanna. Allegro11. Agnus Dei. Adagio – attacca12. Dona nobis. Allegro vivace

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Arbeit bisweilen eine Quelle, aus welcher der Sorgenvolle … auf einige Augenblicke seine Ruhe und seine Erholung schöpfet. Dies war dann ein mächtiger Beweggrund vorwärts zu streben.« Haydn weiß um die Nöte der Menschen, zahlreiche Jahre war er am Hof des Fürsten Eszterházy als Erster Kapellmeister angestellt und in das enge hierarchische Korsett ebenso eingebunden wie viele seiner Zeitgenossen. Die unmittelbare Abhängigkeit vom Dienstherrn prägt sein Leben und macht vielleicht verständlich, warum er regelmäßig in die Gefilde der Tonkunst eintaucht. Freilich gelten auch hier allerhand Bestimmungen und Regeln. Doch erlauben ihre impliziten Freiheitsgrade immer ein bewegliches wie geist-reiches Spiel, das munter seine eigenen Gesetze aufstellt.

Wechselnde Ereignisse

Als der Nachfolger des verstorbenen Fürsten die Hofmusik 1790 kurzer-hand entlässt, nutzt Haydn den gewonnenen Freiraum für weitläufige Reisen. Formal weiterhin Kapellmeister der Eszterházys, geht er ab 1796 die nunmehr einzige Verpflichtung ein, jedes Jahr zum Namenstag der Fürstin Maria Josepha Hermenegild eine Messe zu komponieren, die dem Anlass entsprechend meist am 8. September in der Bergkirche zu Eisenstadt aufgeführt wird. Zunächst entstehen die »Missa Sancti Bernardi von Offida« (»Heiligmesse«) und die »Missa in tempore belli« (»Paukenmesse«), bevor Haydn in nur 53 Tagen im Hochsommer des Jahres 1798 – und nur wenige Wochen nach dem überwältigenden Erfolg der Uraufführung seiner »Schöpfung« – eine neue Messe komponiert, die den Titel »Missa in angustiis« trägt. Es liegt nahe, die »Messe in der Bedrängnis«, wie ihre deutsche Übersetzung gewöhnlich lautet, vor dem Hintergrund der napoleonischen Kriege zu sehen. In zunehmender Schnelligkeit beschert die später so bezeichnete »Franzosenzeit« den europäischen Verhältnissen wechselnde Ereignisse. Mitten in der Arbeit an der Messe kommt es am 1. und 2. August 1798 zur Seeschlacht bei Abukir, ungefähr 15 Kilometer nordöstlich von Alexandria. Unter dem Kommando von Admiral Nelson versenken britische Kriegsschiffe die französische Mittelmeerflotte, die zuvor das Expeditionsheer Napo-leons nach Ägypten gebracht hatte. Haydn scheint an dem Ausgang des Gefechts im Nachhinein regen Anteil genommen zu haben. Nach seinem Tod findet sich unter seinen Papieren immerhin eine schema-tische Darstellung der Schlacht am Nil. Seine Neigung zu England mag nicht zuletzt in einem längeren London-Aufenthalt 1791 / 1792 begründet liegen. Ob Haydn sein Werk tatsächlich für den britischen Seehelden Admiral Nelson komponiert hat, wie der populäre Beiname »Nelson-Messe« es suggeriert, bleibt allerdings offen. Nach der Uraufführung Joseph Haydn, Ölgemälde von Thomas Hardy, 1791

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der Missa im September 1798 in Eisenstadt (diesmal nicht in der Berg-kirche, sondern in der Stadtpfarrkirche) gelangt das Werk im September des Jahres 1800 neuerlich zur Aufführung. Anlass ist ein Besuch Lord Nelsons in Eisenstadt. Nelson, der sich auf der Rückreise nach England befindet, wird von dem Ehepaar Hamilton begleitet. Mit Lady Hamilton verbindet ihn eine intensive Liaison, die ihr älterer Ehemann, britischer Diplomat am Hof des Königreichs Neapel, offenbar toleriert. Die Prota-gonisten bilden die wohl schillerndste Dreiecksbeziehung im damaligen Europa. Die Legende weiß, dass Nelson das ihm zu Ehren gegebene und von Haydn dirigierte Konzert in Eisenstadt nicht zu Ende hört, sondern mit Lady Hamilton zum Spieltisch eilt. Die Reisenden machen über Prag auch in Dresden Station, wo Emma Hamilton eine Einladung zum säch-sischen Kurfürsten Friedrich August III. jedoch nicht gewährt wird.

Vokale Symphonie

Ursprünglich besteht die Besetzung der »Missa in angustiis« aus drei Trompeten, Pauken, Orgel und Streichern, ohne die übrigen Bläser. Kurzum hatte Fürst Nikolaus II. »die Spieler der blasenden Instrumente verabschiedet«, wie Haydn lakonisch berichtet. Namentlich die Trom-peten prägen das äußere Klangbild der Messe. Im Zusammenspiel mit den Pauken bilden sie in den ersten Takten des »Kyrie« einen signalhaften Rhythmus, der an den damals vorherrschenden militärischen Geist erin-nert. Andererseits speist sich die Einfügung von Trompetenfanfaren in Teile des Hochamtes aus einer alten österreichischen Tradition. Mit den chorischen Kyrie-Anrufungen in punktiertem Oktavsprung setzt Haydn das Niederfallen vor dem Allerhöchsten gestenreich in Szene. Doch teilt sich im heroisch-pathetischen Allegro eher eine Glaubensgewissheit mit denn eine Glaubenszerknirschung. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Fioraturen des Solosoprans, die fast schon instrumental komponiert sind. Die traditionelle Dreiteiligkeit des »Kyrie« ist in der »Nelson-Messe« nicht mehr textlich bedingt, sondern folgt einem orchestralen Konzept. Für den Haydn-Kenner H. C. Robbins Landon stellen die späten Messen eine direkte Fortsetzung der symphonischen Werke Haydns dar: »Dem Wesen ihres Aufbaus nach sind die späten Messen Symphonien für Gesang und Orchester.« Martin Chusid entwickelt Landons These mit dem Gedanken weiter, dass jede Messe aus einem Zyklus von drei vokalen Symphonien besteht. Demgemäß gliedert sich das Ordinarium Missæ in drei Hauptteile: 1. Kyrie und Gloria, 2. Credo und 3. Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. In allen drei Abschnitten komponiert Haydn einen schnellen Satz am Anfang (manchmal mit langsamer Einleitung) und einen ebenso raschen Satz am Ende, in der Mitte befindet sich ein

langsamer Satz mit einem meist heiteren Teilstück. Hervorzuheben ist zudem eine mehr symphonische als sonatenhafte Formensprache und Orchesterbehandlung in den einzelnen Sätzen. Verstärkt wird der symphonische Charakter in Haydns späteren Messen durch eine zuneh-mende Herauslösung aus der Liturgie in das Umfeld eines Konzerts. Man spürt erste Zeichen einer Heraufdämmerung des Zeitalters der Kunstreligion. Dennoch nutzt Haydn, tiefgläubiger Katholik, Versatz-stücke der kirchenmusikalischen Tradition, »vor allem auf der Ebene der Figuren- und Affektsprache«, und verwendet »eine neue, oft ganz volksliedhafte Einfachheit der Melodik« (Ludwig Finscher).

Horatio Nelson, Gemälde aus dem Jahr 1799 von Lemuel Francis Abbott

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Nähe zum Text

Subtile Textausdeutungen klingen bereits im »Kyrie« an: Das effektvolle Anschwellen hin zum Wort »eleison« setzt die Bitte nach Erbarmen als Kollektiverfahrung ständiger Bedrohung in Zentralperspektive. Ganz anders der Beginn des »Gloria«, der die oratorische Diktion der »Schöpfung« unüberhörbar aufgreift und dem Lobpreis Gottes eine gesanglich fassliche Form gibt. Auch hier deutet Haydn einzelne Text-abschnitte musikalisch sinnfällig, etwa wenn der Bassist im tiefen Register das »et in terra pax« intoniert und damit das Verlangen nach Frieden auf Erden in die Nähe des menschlichen Jammertals ansiedelt. Kontrastierend dazu die homophone Exegese des Wortes »glorificamus«

(Wir verherrlichen dich), die in strahlendem D-Dur die Ehre Gottes vor dem Hintergrund verheißungsvollen Heils illustriert. Den Abschluss des »Gloria«-Teils bildet eine Fuge, in der die ordnungsstiftende Gewalt der göttlichen Majestät zum Ausdruck kommt. Haydn knüpft an die Tradition in der Messvertonung an, das »Gloria« mit einer Fuge zu beschließen. Im folgenden »Credo« verdichtet er die Komplexität und komponiert im Chorsatz einen strengen Quintenkanon, der nicht nur Haydns unerschütterlichen Glauben zu manifes tieren scheint, sondern der gottgegebenen Ordnung in einer Zeit massiv empfundener Auflö-sung huldigt. Die Menschwerdung Christi besingt im »Et incarnatus est« zunächst der Solosopran in ariosen Zügen, bevor der homophon gesetzte Chor übernimmt. Auch hier legt Haydn den Text anschaulich aus, etwa wenn der Chor die Stelle »sub Pontio Pilato« im tiefen Regis ter anstimmt, also davon kündet, dass Christus unter Pontius Pilatus gestorben ist. Die Last der Überlieferung wirkt geradezu körperlich in einem verhängnisvoll sich verdüsternden orchestralen Umfeld. Nach dem »et sepultus est« (und begraben) im Solistenquartett windet sich der instrumentale Bass mit einer Linie, in der das kreatürliche Leiden eindrucksvoll aufscheint, bevor das Orchester im »Et resurrexit« (und auferstanden) die Rückholung aller Bewegung ausgelassen feiert. Ungewöhnlich ist die Verwendung der Trompeten im »Benedictus«. Meist wird darauf hingewiesen, dass die drohenden Fanfaren am Ende des Satzes die Kriegsereignisse bei Abukir in Erinnerung rufen. Doch scheint der Einsatz der Trompeten hier auch in einem anderen Licht. Im Umkreis des Textes Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn leuchtet nicht nur die göttliche majestas auf, sondern stellt diese in Spannung zu einer Untertänigkeit, die das auferlegte Schicksal gottergeben zu tragen bereit ist und den Weg des Gebenedeiten huldvoll begleitet. Dass kriegerische Demonstration und Unterwürfigkeit vor einer göttlichen Allmacht mitunter eng zusammengehen, offenbart die Ehrfurcht vor weltlichen wie göttlichen Autoritäten gleichermaßen. Nicht umsonst gilt Haydns »Missa in angustiis« als seine dramatischste; als einzige seiner vollendeten Messvertonungen steht sie in einer Molltonart.

Was bleibt, ist die Hoffnung auf Frieden. Im »Dona nobis pacem« findet Haydn wieder zu einer Gewissheit, die es ihm sicher macht, auf die vermeintlich richtigen Autoritäten zu setzen. Doch wäre er nicht Haydn, wenn er nicht zeigte, dass alles auch ganz anders kommen kann. Wenn er in der Bitte um Frieden unvermutet Inseln spielerischer Leichtigkeit schafft, ist er wieder ganz in der Natur des Menschen angekommen, in der die Sehnsucht nach Entspannung ihre wohl unschuldigsten Blüten hervorbringt. A N D R É P O D S C H U N

Die Schlacht bei Abukir. Das französische Flaggschiff L’Òrient explodiert am 1. August 1798 gegen 22 Uhr, Gemälde von George Arnald

9. SYMPHONIEKONZERT38 39

1. Kyrie

Kyrie eleison!

Christe eleison!

Kyrie eleison!

2. Gloria

Gloria in excelsis Deo

et in terra pax hominibus

bonæ voluntatis.

Laudamus te, benedicimus te,

adoramus te, glorificamus te.

Gratias agimus tibi

propter magnam gloriam tuam.

Domine Deus, Rex coelestis,

Pater omnipotens,

Domine Fili unigenite, Jesu Christe.

Domine Deus, agnus Dei,

filius patris.

3. Qui tollis

Qui tollis peccata mundi,

miserere nobis!

Suscipe deprecationem nostram.

Qui sedes ad dexteram patris.

4. Quoniam tu solus

Quoniam tu solus sanctus,

tu solus Dominus,

tu solus altissimus, Jesu Christe.

Cum sancto Spiritu

in gloria Dei patris.

Amen.

5. Credo

Credo in unum Deum,

Patrem omnipotentem,

factorem coeli et terræ,

visibilium omnium

et invisibilium omnium.

Et ex Patre natum

ante omnia sæcula.

Deum de Deo, lumen de lumine,

Deum verum de Deo vero,

genitum, non factum,

consubstantialem Patri,

per quem omnia facta sunt.

Qui propter nos homines

et propter nostram salutem

descendit de coelis.

6. Et incarnatus

Et incarnatus est

de Spiritu sancto

ex Maria virgine,

et homo factus est.

Crucifixus etiam pro nobis

sub Pontio Pilato,

passus et sepultus est.

7. Et resurrexit

Et resurrexit tertia die

secundum scripturas.

Et ascendit in coelum,

sedet ad dexteram Patris,

et iterum venturus est cum gloria

judicare vivos et mortuos,

Herr, erbarme dich!

Christe, erbarme dich!

Herr, erbarme dich!

Ehre sei Gott in der Höhe

und auf Erden Friede den Menschen,

die guten Willens sind.

Wir loben dich, wir preisen dich,

wir beten dich an, wir verherrlichen dich.

Wir sagen dir Dank

wegen deiner großen Herrlichkeit.

Herr Gott, himmlischer König,

allmächtiger Vater.

Herr, eingeborener Sohn, Jesu Christe.

Herr Gott, Lamm Gottes,

Sohn des Vaters.

Der du trägst die Sünden der Welt,

erbarme dich unser!

Nimm an unser Flehn.

Der du sitzest zur Rechten des Vaters.

Denn du allein bist heilig,

du allein bist der Herr,

du allein bist der Höchste, Jesu Christe.

Mit dem Heiligen Geiste

in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.

Amen.

Ich glaube an einen Gott,

den allmächtigen Vater,

Schöpfer des Himmels und der Erde,

alles Sichtbaren

und Unsichtbaren.

Und aus dem Vater geboren

vor aller Zeit.

Gott von Gott, Licht vom Lichte,

wahrer Gott vom wahren Gott,

gezeugt, nicht erschaffen,

gleichen Wesens mit dem Vater,

durch den alles erschaffen ist.

Der wegen uns Menschen

und um unseres Heils willen

herabkam vom Himmel.

Und empfangen wurde

vom Heiligen Geist,

geboren von der Jungfrau Maria,

und Mensch ward.

Und gekreuzigt wurde für uns,

unter Pontius Pilatus

gestorben und begraben ward.

Und auferstanden am dritten Tage,

nach der Schrift.

Und aufgefahren in den Himmel,

sitzet zur Rechten des Vaters.

Und wiederkommen wird in Herrlichkeit,

zu richten die Lebenden und die Toten,

MESSTEXT

Joseph Haydn

»Missa in angustiis« d-Moll »Nelson-Messe«für Soli, Chor und Orchester

9. SYMPHONIEKONZERT40 41

cujus regni non erit finis.

Et in Spiritum sanctum,

Dominum et vivificantem,

qui cum Patre et Filio

simul adoratur et conglorifcatur,

qui locutus est per Prophetas.

Et unam sanctam Catholicam

et Apostolicam ecclesiam.

Confiteor unum baptisma

in remissionem peccatorum,

et exspecto resurrectionem

mortuorum et vitam venturi sæculi.

Amen.

8. Sanctus

Sanctus, sanctus, sanctus

dominus Deus Sabaoth.

Pleni sunt coeli et terra

gloria tua.

Osanna in excelsis.

9. Benedictus

Benedictus,

qui venit in nomine Domini.

10. Osanna

Osanna in excelsis!

11. Agnus Dei

Agnus Dei,

qui tollis peccata mundi,

miserere nobis.

Agnus Dei,

qui tollis peccata mundi,

dona nobis pacem.

12. Dona nobis

Dona nobis pacem!

sein Reich wird ohne Ende sein.

Ich glaube an den Heiligen Geist,

der Herr ist und Leben gibt,

Der mit dem Vater und Sohne

zugleich angebetet und verherrlicht wird,

der gesprochen hat durch die Propheten.

Ich glaube an eine heilige katholische

und apostolische Kirche.

Ich bekenne eine Taufe

zur Vergebung der Sünden,

und erwarte die Auferstehung

der Toten und das ewige Leben.

Amen.

Heilig, heilig, heilig

ist der Herr Gott Zebaoth.

Voll sind Himmel und Erde

von deinem Ruhm.

Hosianna in der Höhe!

Gelobt sei,

der da kommt im Namen des Herrn.

Hosianna in der Höhe!

Lamm Gottes,

das du trägst die Sünden der Welt,

erbarme dich unser!

Lamm Gottes,

das du trägst die Sünden der Welt,

gib uns Frieden.

Gib uns Frieden!

»PLATÉE« am 16., 23. & 29.4.2019

»GIULIO CESARE IN EGITTO /JULIUS CÄSAR IN ÄGYPTEN« am 18. & 21.4.2019

GALAKONZERT: »LES MUSICIENS DU LOUVRE« am 22.4.2019

Informationen & Karten

T +49 351 49 11 705 / semperoper.de

Foto: Matthias Creutziger

SO_A_PH_Staatskapelle_Barocke_Meisterwerke_Giulio_Cesare_135x210.indd 1 09.04.2019 13:55:14

9. SYMPHONIEKONZERT

Vorschau

6. KammerabendMONTAG 29.4.19 20 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

Rozália Szabó FlöteThomas Eberhardt FagottSarah Christ HarfeMasumi Sakagami Klavier

Olivier Messiaen»Le Merle noir« (Die schwarze Amsel) für Flöte und KlavierCharles KoechlinTrois Pièces für Fagott und Klavier op. 34André Jolivet»Pastorales de Noël« für Flöte, Fagott und HarfeLowell LiebermannSonate für Flöte und Klavier op. 23Roger Boutry»Interférences I« für Fagott und KlavierAstor Piazzolla»Histoire du Tango«

10. SymphoniekonzertDONNERSTAG 9.5.19 20 UHR

FREITAG 10.5.19 19 UHR

SA MSTAG 11.5.19 11 UHR

SEMPEROPER DRESDEN

Vladimir Jurowski DirigentIsabel Karajan SprecherinTuuli Takala SopranChristina Bock MezzosopranDamen des Dresdner Kammerchors

Carl Maria von WeberOuvertüre zu »Oberon«Hans Werner HenzeSinfonia N. 8Felix Mendelssohn Bartholdy »Ein Sommernachtstraum« Vollständige Bühnenmusik op. 61

* als Gast** als Akademist / in

9. Symphoniekonzert 2018 | 2019 Orchesterbesetzung

1. ViolinenRoland Straumer / 1. Konzertmeister

Federico KasikChristian UhligMartina GrothWieland HeinzeHenrik WollAnett BaumannYuval Herz

2. ViolinenHolger Grohs / Konzertmeister

Annette ThiemBeate PrasseTilman BüningSeika Koike**Elsa Klockenbring**

BratschenFlorian Richter / Solo

Stephan PätzoldFabian LindnerRaimund Eckertz*

VioloncelliSimon Kalbhenn / Solo

Jörg HassenrückNatalia Costiuc

KontrabässeMartin KnauerFrancis Maheux**

FlöteRozália Szabó / Solo

OboenHenrik Wahlgren* / Solo

Volker Hanemann

KlarinettenBilly Schmidt**Egbert Esterl

FagottErik Reike

HörnerErich Markwart / Solo

Yang Liu**

TrompetenPeter LohseCsaba Kelemen*Alexander Schuhwerk**

PaukenManuel Westermann / Solo

OrgelJohannes Wulff-Woesten

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IMPRESSUM

Sächsische Staatskapelle DresdenChefdirigent Christian Thielemann

Spielzeit 2018 | 2019

HER AUSGEBER

Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist ein Ensemble im Staatsbetrieb Sächsische Staatstheater – Staatsoper Dresden Theaterplatz 2, 01067 Dresden

GESCHÄF TSFÜHRUNG

Peter Theiler Intendant der Staatsoper Wolfgang Rothe Kaufmännischer Geschäftsführer

© April 2019

REDAK TION

André Podschun

GESTALTUNG UND L AYOUT

schech.net Strategie. Kommunikation. Design.

DRUCK

Union Druckerei Dresden GmbH

ANZEIGENVERTRIEB

Anzeigenvermarktung Semperoper Dresden Sascha Bullert Telefon: 089 / 540 447 424 E-Mail: [email protected]

TE X TNACHWEISE

Die Artikel von André Podschun sind Original- beiträge für dieses Programmheft.

BILDNACHWEISE

Matthias Creutziger (S. 5); Satoshi Aoyagi (S. 6); Maria Ostlin (S. 9); Emelie Joenniemi (S. 10); Renato Guerra (S. 13); IMG Artists (S. 14); Johannes Windolph (S. 17); Polish monthly »Studio«, herausgegeben von Lech Kowalski & Włodzimierz Pniewski, Ausgabe vom November / Dezember 1993 (S. 21); Staatliches Museum Schwerin (S. 27); Musiksammlung, Österreichische Nationalbibliothek Wien (S. 28); Royal College of Music, Museum of Instruments London (S. 32); Greenwich Hospital Collection, National Maritime Museum London (S. 35 / 36)

Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.

W W W.STA ATSK APELLE-DRESDEN.DE

SächsischeStaatskapelle DresdenKünstlerische Leitung / Orchesterdirektion

Christian ThielemannChefdirigent

Maria GrätzelPersönliche Referentin von Christian Thielemann

Jan Nast Orchesterdirektor

Dennis GerlachKonzertdramaturg, Künstlerische Planung

André PodschunProgrammheftredaktion, Konzerteinführungen

Felicitas BöhmPresse und Marketing

Alexandra MacDonaldAssistentin des Orchesterdirektors

Cornelia Ameling Orchesterdisponentin

Matthias GriesOrchesterinspizient

Steffen TietzGolo LeuschkeWolfgang PreißStefan OtherOrchesterwarte

Agnes ThielVincent MarbachNotenbibliothek

WWW.SCHOSTAKOWITSCH-TAGE.DEPROGRAMM UND TICKETS UNTER

SCHOSTAKOWITSCH – PROKOFJEW – STRAWINSKY

Quatuor Danel, Kapelle 21, Isabel Karajan,

Raschèr Saxophone Quartet, Sergei Babayan, Isang Enders,

Andris Nelsons, Günter Baby Sommer u.a.

2 0 . – 2 3 . 6 . 2 0 1 9

1 0 . I N T E R N AT I O N A L E

SCHOSTAKOWITSCH

TA G E

GOHRISCH

Die Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch werden mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.

Sandstein und Musik

Partner der Staatskapelle Dresden