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03. Mai 2017 Management im Gesundheitswesen - Industrie 1 Management im Gesundheitswesen III Industrie Prof. Dr. med Reinhard Busse FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management) & European Observatory on Health Systems and Policies Medizintechnik: Regulatorische Rahmenbedingungen I

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03. Mai 2017 Management im Gesundheitswesen - Industrie 1

Management im Gesundheitswesen IIIIndustrie

Prof. Dr. med Reinhard Busse

FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management)

&European Observatory on Health Systems and Policies

Medizintechnik: Regulatorische Rahmenbedingungen I

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203. Mai 2017 Management im Gesundheitswesen - Industrie

Datum Inhalt der Lehrveranstaltung19.04.2017 Einführungsveranstaltung

26.04.2017Medizintechnik-Industrie

Marktentwicklung

03.05.2017 Regulatorische Rahmenbedingungen I

03.05.2017 Regulatorische Rahmenbedingungen II

17.05.2017 Kundenmanagement

24.05.2017 Telemedizin und e-Health

31.05.2017Pharmazeutische Industrie

Marktentwicklung

07.06.2017 Regulatorische Rahmenbedingungen I

07.06.2017 Regulatorische Rahmenbedingungen II

21.06.2017 Preisbildung

28.06.2017 Evaluation und Pharmakoökonomie

05.07.2017 Kundenmanagement

12.07.2017 Vorbereitung schriftlicher Test

19.07.2017 Schriftlicher Test

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„Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten

Instrumente, Apparate, Vorrichtungen […], die vom Hersteller zur Anwendung

für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke der

a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten

b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,

c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder

d) der Empfängnisregelung

zu dienen bestimmt sind […]

und die – im Gegensatz zu Arzneimitteln – ihre Hauptwirkung nicht auf

pharmakologischem, immunologischem oder metabolischem Wege hervorbringen.“

Definition: Medizinprodukte (§3 MPG)

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Beides = Gesetze (im Ggs. zur nationalen Terminologie)

Europäische (EU) Richtlinien (engl. „Directives“)

• Dienen der Rechtsangleichung• Erarbeitung unter Beteiligung der EU-Mitgliedsländer und der EWR Staaten• Umsetzung in nationales Recht durch Länder innerhalb einer vorgegebenen Frist• Länder bestimmen Form und Mittel der Zielerreichung

Europäische (EU) Verordnungen (engl. „Regulation“)

• Dienen der Rechtsvereinheitlichung• Erlass durch EU-Kommission in Brüssel ohne direkte Zustimmung der

Länderparlamente• Allgemeine Geltung/ in allen Teilen verbindlich• Anwendung erfolgt innerhalb einer vorgegebenen Frist als europäisches,

übernationales Recht

Exkurs Richtlinien vs. Verordnungen

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• Voraussetzung für das Inverkehrbringen (Marktzulassung):CE-Kennzeichnung

• Anbringung der CE-Kennzeichnung erfordert:- Erfüllung der grundlegenden Anforderungen durch Anwendung von Normen- Durchführung vorgeschriebener Konformitätsbewertungsverfahren

• ALT: verbindliche RL für MP:- 90/385/EWG (aktive implantierbare Medizinprodukte) (AIMD)- 98/79/EWG (In-vitro-Diagnostika) (IVD)- 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte) (MDD)

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Inverkehrbringung von Medizinprodukten

03. Mai 2017

In-vitro-Diagnostikum (IVD) ist jedes Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System — einzeln oder in Verbindung miteinander — nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitro-Untersuchung von aus dem Körper stammenden Proben,

einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern:

- über physiologische oder pathologische Zustände oder- über angeborene Anomalien oder

- zur Prüfung auf Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei den potentiellen Empfängern oder-zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen.

CAVE: In-vivo-Diagnostika (z.B. Kontrastmittel) fallen in Deutschland unter das Arzneimittelgesetz!

Ein „Aktives Medizinprodukt“ ist ein Medizinprodukt, dessen Betrieb von

einer Stromquelle oder einer anderen Energiequelle (mit Ausnahme der direkt vom

menschlichen Körper oder durch die Schwerkraft erzeugten Energie)

abhängig ist.

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• Voraussetzung für das Inverkehrbringen (Marktzulassung):CE-Kennzeichnung

• Anbringung der CE-Kennzeichnung erfordert:- Erfüllung der grundlegenden Anforderungen durch Anwendung von Normen- Durchführung vorgeschriebener Konformitätsbewertungsverfahren

• ALT: verbindliche RL für MP:- 90/385/EWG (aktive implantierbare Medizinprodukte) (AIMD)- 98/79/EWG (In-vitro-Diagnostika) (IVD)- 93/42/EWG (sonstige Medizinprodukte) (MDD)

• NEU (April 2017)

– 90/385/EWG + 93/42/EWG

Medical Device Regulation (MDR)– 98/79/EWG In-Vitro Diagnostic Medical Devices Regulation (IVDR)

haben als Verordnungen direkten Gesetzescharakter, d.h. deutsche MPG ist für viele Bereich dann nicht mehr nötig!

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Inverkehrbringung von Medizinprodukten

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Art des Konformitätsbewertungsverfahren sowie den Umfang derBeteiligung einer unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsstelle (BenannteStelle) ist vom potenziellen (Gesundheits-)Risiko der Produkte – nicht vonihrer Wirksamkeit – abhängig (Logik des Binnenmarktes!)

• aktive implantierbare Medizinprodukte (90/385/EWG): keine weitere Unterscheidung nach Risikogesichtspunkten

• MP nach RL 93/42/EWG: Produktdifferenzierung nach festgelegten Kriterienin Klassen

• In-vitro-Diagnostika (98/79/EG): Einteilung in Gruppen

Konformitätsbewertungsverfahren sowie deren Durchführung sind in derdt. Verordnung über Medizinprodukte (MPV)* geregelt. Diese verweist auf entsprechende Anhänge der europäischen Richtlinien

(* Achtung: diese darf nicht mit der neuen europ. Medizinprodukte-Verordnung verwechselt werden!)

Inverkehrbringung von Medizinprodukten

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• einheitliches Zulassungsverfahren in Europa

• wird jeweils von „Benannten Stellen“ (Zertifizierungsstellen) durchgeführt• in Deutschland derzeit 10, z. B. TÜV, Materialprüfstellen, BerlinCert (an der TUB)

• in der EU insgesamt ca. 50 (in vielen Ländern nur 1 oder gar keine)

• Benennende Behörden der Benannten Stellen in Dtl: Benennung und Überwachung der Zertifizierungsstellen

• ZLG - Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten: nichtaktive Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika

• ZLS - Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik: aktive Medizinprodukte

• Ziel: Risiko für den Verbraucher bzw. den Patienten zu minimieren• 3

• Hersteller muss Produktsicherheit und medizinisch-technische Leistungsfähigkeit nachweisen

• Zulassung basiert auf Überprüfung der Qualität und der Qualitätssicherungsmaßnahmen

Marktzulassung von Medizinprodukten

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Benannten Stellen

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http://www.dimdi.de/static/de/mpg/adress/benannte-stellen/

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https://www.zlg.de/medizinprodukte/dokumente/stellenlaboratorien/benannte-stellen.html

Benannten Stellen durch ZLG

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https://www.zlg.de/medizinprodukte/dokumente/stellenlaboratorien/benannte-stellen-9342ewg.html

Benannten Stellen nach § 15 MPG – RL 93/42/EWG

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Ausschnitte des Geltungsbereiches – Berlin Cert

www.zlg.de

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• Wozu?

zur Abschätzung des potentiellen Risikos

• Wie?

durch die Einteilung in Risikoklassen (I, IIa, IIb, III)

• Wonach?

Anwendung der 18 Regeln im Anhang IX der Richtlinie (93/42/EWG) unter Berücksichtigung

Klassifizierung von Medizinproduktennach Richtlinie 93/42/EWG

aller Charakteristika des MP

Zweckbestimmung

Angewandte Technologie (aktiv, nicht aktiv ...)

Anwendungsart, -dauer (<1h, <30d, >30d), -ort

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Einteilung der Medizinprodukte nach Art in Klassen:

I Produkte mit niedrigem Risiko, die meisten nicht-invasivenProdukte und wiederverwendbare chirurgische Instrumente (z.B. Stethoskope, Spatel)

IIa nicht aktive Produkte mit mittlerem Risiko, invasive und nicht-invasive Produkte für kurzzeitige Benutzung (z.B. Kanülen)

IIb aktive Produkte mit mittlerem Risiko, die Substanzen oderEnergie mit potentiellem Risiko emittieren (z.B. Röntgengeräte),und Produkte für längere Nutzung

III Produkte mit hohem Risiko und solche, die mit demGefäßsystem oder dem zentralen Nervensystem in Kontakt kommen(z.B. Gefäßtransplantate)

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Klassen von Medizinprodukten nach Richtlinie 93/42/EWG

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Klassifizierungsregeln

Nicht invasive Produkte

Invasive Produkte

Zusätzliche Regeln füraktive Produkte

Regel 1-4 Regel 5-8 Regel 9-12

Besondere Regeln

Regel 13-18

Klassifizierungsregeln – Anhang IX der RL 93/42/EWG

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Wesentliche Klassifizierungsmerkmale vonnicht-invasiven Medizinprodukten

Regel 1:

alle nicht invasiven Produkte, für die keine andere Regel zutrifft: Klasse I

Regel 2:

Produkte zur Durchleitung von Blut oder zur Aufbewahrung von Blut etc., oder Einsatz mit Produkten der Klasse IIa oder höher: Klasse IIa

Regel 3:

Produkte zur Veränderung der biologischen und chemischen Zusammensetzung des Blutes, wenn in den Körper perfundiert: Klasse IIb

Regel 4:

Produkte, die in Berührung mit verletzter Haut kommen als mechanische Barriere: Klasse IIa

- mit Beeinflussung der Mikroumgebung einer Wunde: Klasse IIa

- bei Durchtrennung der Dermis: Klasse IIb

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Wesentliche Klassifizierungsmerkmalevon invasiven Medizinprodukten I

Regel 5:

Produkte (außer chirurgisch-invasiven) für

- vorübergehende Anwendung: Klasse I

- kurzzeitige Anwendung und bei Verwendung zusammen mit aktiven Produkten der Klasse IIa oder höher: Klasse IIb

Regel 6:

- Wiederverwendbare chirurgische Instrumente: Klasse I

- chirurgisch-invasive Produkte für die vorübergehende Anwendung: Klasse IIa

- Produkte zur Energieabgabe (ionisierende Strahlung): Klasse IIb

- Produkte mit biologischer Wirkung: Klasse IIb

- Produkte zur Verabreichung von Arzneimitteln mit potentieller Gefährdung: Klasse IIb

- Produkte, die resorbiert werden: Klasse IIb

- Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III

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Wesentliche Klassifizierungsmerkmalevon invasiven Medizinprodukten II

Regel 7:

- Chirurgisch-invasive Produkte für kurzzeitige Anwendung: Klasse IIa

- Produkte zur Energieabgabe (ionisierende Strahlung) und zur Abgabe von Arzneimitteln: Klasse IIb

- Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III

- Produkte in Kontakt mit dem zentralen Nervensystem: Klasse III

- Produkte mit biologischer Wirkung oder Resorption: Klasse III

Regel 8:

- Produkte zur Implantierung in Zähne: Klasse IIa

- alle implantierbaren Produkte und chirurgisch-invasiven Produkte zur langzeitigen Anwendung, wenn keine andere Regel zutrifft: Klasse IIb

- Produkte für den Einsatz am Herzen oder am zentralen Kreislaufsystem: Klasse III

- Produkte in Kontakt mit dem zentralen Nervensystem: Klasse III

- Produkte mit biologischer Wirkung oder Resorption: Klasse III

- Produkte zur Abgabe von Arzneimitteln: Klasse III

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Zusatzregeln für aktive (energiebetriebene) Produkte –Hierzu gehört auch eigenständige Software!

Regel 9 (aktive therapeutische Produkte, um „biologische Funktionen oder Strukturen im Zusammen-hang mit der Behandlung oder Linderung einer Krankheit, Verwundung oder Behinderung zu erhalten, zu verändern, zu ersetzen oder wiederherzustellen“):

- grundsätzlich :Klasse IIa

- bei potentieller Gefährdung: Klasse Iib

- zur Leistungssteuerung oder Leistungskontrolle von aktiven therapeutischen Produkten: Klasse IIb

Regel 10 (aktive diagnostische Produkte, um „eine direkte Diagnose oder Kontrolle von vitalenKörperfunktionen zu ermöglichen“):

- grundsätzlich: Klasse IIa

- mit potentieller Gefährdung (z. B. Änderung der Herzfunktion, der Atmung oder der Aktivität des zentralen Nervensystems): Klasse IIb

- zur Aussendung ionisierender Strahlung und Produkte zur Steuerung oder Kontrolle solcher Produkte: Klasse IIb

Regel 11 (aktiven Produkte zur Abgabe von Arzneimitteln, Körperflüssigkeiten und anderen Stoffen an den Körper oder/und für deren Entfernung):

- grundsätzlich: Klasse IIa

- bei potentieller Gefährdung: Klasse IIb

Regel 12:

alle anderen aktiven Produkte: Klasse I

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Besondere Regeln

Regel 13: Produkte zu deren Bestandteil ein Stoff gehört, der bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel angesehen werden kann: Klasse III

Regel 14:

- Produkte zur Empfängnisverhütung und zum Schutz vor der Übertragung sexuell übertragbaren Krankheiten: IIb

- Produkte zur Empfängnisverhütung und zum Schutz vor der Übertragung sexuell übertragbaren Krankheiten ,wenn diese implantiert werden oder wenn es sich um invasive Produkte zur langzeitigen Anwendung handelt: Klasse III

Regel 15:

- Produkte speziell zur Desinfektion von Produkten: Klasse IIa (Desinfektionsmittel für invasive MP: IIb)

- Produkte zur Desinfektion, Reinigung, Spülung und zum Hydratisieren von Kontaktlinsen: Klasse IIb

Regel 16: Nicht-aktive Produkte zur Aufzeichnung von Röntgendiagnosebildern: Klasse IIa (digitaler Röntgenbildempfänger: IIb)

Regel 17: Produkte, die unter Verwendung von tierischen Geweben oder Folgeerzeugnissen hergestellt werden: Klasse III

Regel 18:

Blutbeutel: Klasse IIb

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1. Welche Richtlinie gilt? Ausschlussverfahren

- Eine Gehhilfe ist kein aktives implantierbares Medizinprodukt (keine Energiequelle, keine Implantation) 90/385/EWG ist nicht anwendbar

- Eine Gehhilfe ist kein in vitro Diagnostikum 98/79/EG ist nicht anwendbar

- Nach dem Ausschlussverfahren ist die Richtlinie 93/42/EWG anzuwenden

2. Klassifizierung? Überprüfen der Klassifizierungsregeln

- Gemäß den Klassifizierungsregeln des Anhangs IX der Richtlinie 93/42/EWG ist eine Gehhilfe ein Produkt der Klasse I, denn

- Regel 1: alle nicht invasiven Produkte gehören der Klasse I an, es sei denn, es findet eine der folgenden Regeln Anwendung

- Regel 2: nicht invasives MP dient der Durchleitung oder Aufbewahrung von Körperflüssigkeiten ... IIatrifft nicht zu

- Regel 3: nicht invasives MP zur Veränderung der biologischen oder chemischen Zusammensetzung des Blutes ... IIatrifft nicht zu

- Regel 4: Nicht invasive MP die mit verletzter Haut in Berührung kommen ... IIa, IIb trifft nicht zu

Klassifizierung eines Medizinproduktes – Beispiel Gehhilfe

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Einige konkrete Beispiele für Medizinprodukte:

Klasse I Klasse IIa Klasse IIb Klasse III

• ärztliche Instrumente

• Gehhilfen• Rollstühle• Spitalbetten• Stützstrümpfe• Verbandmittel• wiederver-

wendbarechirurgische Instrumente

• Dentalmaterialien• diagnostische

Ultraschallgeräte• Einmalspritzen• Hörgeräte• Kontaktlinsen• Trachealtuben• Zahnkronen• Software zur The-

rapie/ Diagnostik

• Anästhesiegeräte• Beatmungsgeräte• Bestrahlungsgeräte• Blutbeutel• Defibrillatoren• Dialysegeräte• Kondome• Kontaktlinsenreiniger• Dentalimplantate• Software für

Intensivstationen

• Herzkatheter• künstliche

Gelenke• Stents• resorbierbares

chirurgisches Nahtmaterial

• Intrauterinpessar(Spirale)

• Brustimplantat

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EG-Konformitäts-erklärung

gemäß Anhang VII

EG-Baumusterprüfung gemäß Anhang III

EG-Konformitätser-klärung gemäß Anhang II

vollständiges Qualitätssicherungssystem

EG-Prüfunggemäß Anhang IV

EG-Konformitätserklärunggemäß Anhang V

(Qualitätssicherung der Produktion)

EG-Konformitätserklärunggemäß Anhang VI

(Qualitätssicherung der Produkte)

CEBeteiligung einer benannten Stelle

nicht erforderlich

I, IIa

IIb, III

IIa, IIb, III

I

I1, IIa, IIb, III

I1, IIa, IIb, III

I1, IIa, IIb

CE + Kennnummerder benannten Stelle

Beteiligung einer benannten Stelleerforderlich

Umfang der Beteiligung ist abhängig vom Risikograd

des Medizinproduktes

ohne Prüfung der Produkt-auslegung (Abschnitt 4)

mit Prüfung der Produkt-auslegung (Abschnitt 4)

IIa, IIb

III

Klassifizieru

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lassen I, IIa, IIb

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1 Produkte der Klasse I, die steril in den Verkehr gebracht werden, oder Produkte der Klasse I mit Messfunktion

Zulassungsregulation der Produktklassennach RL 93/42/EWG

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RL 2007/47/EGzur Änderung der RL 90/385/EWG u. 93/42/EWG

- Aufnahme von Software in die Definition MP

- Verschärfung der Konformitätsbewertung in den Anhängen der RL

- z.B. Benannte Stelle muss Stichprobe für jede generische Produktgruppe bei MP der Klasse IIa und IIb prüfen

- Längere Aufbewahrungsfristen für Herstellerunterlagen

- Änderung der Klassifizierungskriterien:

- Eigenständige Software aktives MP

- Konzept der ununterbrochenen Anwendung

- Regel 15: Desinfektionsmittel für invasive MP Klasse IIb

- Konsultationsverfahren für MP mit unterstützendem Arzneistoffanteil

- Anpassung der RL 90/385/EWG an die RL 93/42/EWG

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Gesetz zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften

Ziel:

- Umsetzung der RL 2007/47/EG

Inhalte:

- Klinische Prüfung bzw. Leistungsbewertungsprüfungen:

- Zentrale Genehmigung durch BfArM /PEI (statt Anzeige bei LB) und

- positive Zustimmung einer nach Landesrecht gebildeten Ethik-Kommission

- Einführung von

- Meldepflicht bei allen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen in klinischen Studien (SAE – serious adverse event) von Prüfer und Sponsor (Doppelmeldung)

- entsprechenden Bewertungsverfahren im Rahmen von klinischen Prüfungen

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Gesetz zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften

Klare Aufgabentrennung

- Zentrale Genehmigungsbehörden (BfArM und PEI) prüfen nach wissenschaftlichen und technischen Gesichtspunkten

- Technische Sicherheit

- Biokompatibilität

- Wissenschaftlichkeit des Prüfplans

- Generelle Nutzen-/ Risikobewertung

Genehmigungs- statt Anzeigepflicht

- Landesrechtlich eingerichteten Ethik-Kommission prüft nach ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten

- die Zulässigkeit der klinischen Prüfung

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Gesetz zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften

Zweck einer klinische Prüfung:

- Erbringung des Nachweises, dass Leistungen des MP bei normalen Einsatzbedingungen den grundlegenden Anforderungen entsprechen(CAVE: Unterschied zu [klinischer] Wirksamkeit)

- Zweckbestimmung muss sehr genau beschrieben werden (Funktion, Indikation, Kontraindikation)

- Ermittlung unerwünschter Nebenwirkungen

- Sicherheitsregelungen zur Durchführung von klinischen Prüfungen verlangen, dass Produkte alle sicherheitstechnischen Eigenschaften aufweisen

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Management im Gesundheitswesen - Industrie 29

Der Hersteller hat für jedes MP u. a. den Nachweis zu erbringen, dass:

- die Anwendung des Medizinproduktes bei normalen Einsatzbedingungen

• den klinischen Zustand des Patienten

• die Sicherheit des Patienten

• die Sicherheit und Gesundheit des Anwenders und Dritter nicht gefährdet

- die angepriesene Leistungsfähigkeit des Produktes unter normalen

Bedingungen erreicht wird.

Dieser Nachweis kann durch eine Zusammenstellung der derzeit verfügbaren Literatur erbracht werden.

Für Hochrisikoprodukte der Klasse IIb und III sind klinische Prüfungen erforderlich.

Gesetz zur Änderung medizinproduktrechtlicher Vorschriften

03. Mai 2017

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Management im Gesundheitswesen - Industrie 3003. Mai 2017

2017: Änderungen MDD + AIMD MDR

• Einführung „Scrutiny-Verfahren“: bei Verdacht auf Defizite kann für Hochrisiko-Medizinprodukte eine Expertengruppe künftig in den Zertifizierungsprozess eingreifen

• Produktnummer (UDI): leichtere Identifikation und Nachverfolgung fehlerhafter Produkte

• Einführung der europaweiten Datenbank Eudamed

• Verschärfungen bei den klinischen Bewertungen und Prüfungen: Sammlung, Dokumentation und Auswertung klinischer Daten auch nach Markteinführung verpflichtend

• Benannte Stellen werden im Zuge der MDR erneut überprüft und ausgewählt

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Ablauf: Entwicklung eines Medizinproduktes

Medizinprodukt Arzneimittel

Biokompatibilität

Technische Leistung

Anwendung an Patienten(partiell an Probanden)

Zertifizierung

Technische EntwicklungProduktion

Langzeitbeobachtung Post Market Clinical Follow-up

Toxikologie

PharmakokinetikPharmakodynamik

Anwendung an Probanden/ Patienten (Phase I-III)

Zulassung

Technische EntwicklungProduktion

MarktsüberwachungPhase IV

Schorn GH (2010): Klinische Prüfungen von Medizinprodukten: Fragen und Antworten zum geänderten MP-Recht. In: Medizinprodukte Journal 17 (3)190-196.

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Zertifizierung bedeutet

nicht automatisch

Kostenübernahme

durch die GKV

( Reg. Rahmenbed. II)

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Erweiterung des üblichen Dreiecks bei Medizinprodukten (I)

Zahler (GKV)

Patient

Hersteller

Beitrag/Steuern

Zuzahlungen

Hilfsmitteldistributeur(z.B. Sanitätshaus)

Vergütung für Produkt und/oder Dienstleistung

Regulierer

med. Leistungserbringer(z.B. Krankenhaus)

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Strukturierung von Medizinproduktenunter Vergütungsgesichtspunkten

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i.d.R. Standardprodukte, die einem individuellen Patienten verschrieben und gegeben werden (z.B. Inkontinenzunterlagen, Rollstühle) – Produkt, nicht Dienstleistung steht im Mittelpunkt

Kategorie IHilfsmittel

Kategorie III“Medizintechnik zurArzt-Unterstützung”

Technische Geräte, die Ärzte bei Diagnostik und Behandlung unterstützen (Röntgen, Endoskope); Finanzierung in zwei Stufen:

Kategorie IIImplantate & Endo-

Prothesen

Medizinprodukte, die einem individuellen Patienten implantiert oder angepasst werden (z.B. Gelenk-Endoprothesen, Stents, Herzschrittmacher) – zumeist steht die Dienstleistung im Vordergrund

Medizinprodukte

• IIIa: Investition• IIIb: Refinanzierung über Dienstleistungen

03. Mai 2017

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Zahler (GKV)

Patient

Hersteller

Beitrag/Steuern

Zuzahlungen

Hilfsmitteldistributeur(z.B. Sanitätshaus)

Vergütung für Produkt und/oder Dienstleistung

(Investition)

med. Leistungserbringer(z.B. Krankenhaus)

NB: I, II, IIIa und IIIb beziehen sich auf die Kategorien in der vorherigen Abbildung

I

I

I

II

II

II

III b

III a

III b

Erweiterung des üblichen Dreiecksbei Medizinprodukten (II)

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