Lese-Dossier Managed Care

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Abstimmung vom 17. Juni 2012

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AbstimmungsdossierManaged CareAbstimmung vom 17. Juni 2012

Abstimmungsdossier

Page 2: Lese-Dossier Managed Care

Inhalt

Managed Care-Referendum vom 17. Juni 2012

Lektüre-Dossier zur Abstimmung

3 Brennpunkt 3/11: Managed Care-Vorlage: Parlament muss mutig entscheiden

4 Brennpunkt 4/10: Der richtige Weg: Managed Care-Reform

5 Brennpunkt Basics 3/10: Integrierte Versorgung – Keine Angst vor Managed Care

7 Brennpunkt 1/12: Managed Care: Überraschendes Referendum

8 Brennpunkt 4/11: SP gefährdet Managed Care-Vorlage

9 infosantésuisse 1/12: 3 Fragen 3 Antworten – Managed Care und Hausärzte

10 infosantésuisse 6/11: 3 Fragen 3 Antworten – Managed Care: Definition und konkrete Beispiele

11 infosantésuisse 4/11: Grünes Licht für Managed Care und Rechnungskontrolle

13 infosantésuisse 2/11: Grafik des Monats – Koordination der Behandlungen: Hier hapert es in der Schweiz

14 infosantésuisse 9-10/10: Themenheft: «Die Zukunft von Managed Care»

Page 3: Lese-Dossier Managed Care

brennpunkt 3 | 2011

Claude Ruey, Präsident santésuisse

INHALT

Managed Care-Vorlage: Parlament muss mutig entscheiden

Die Reform zu Managed Care (MC) befindet sich auf der Zielgeraden und geht

voraussichtlich in der Herbstsession in die Einigungskonferenz. santésuisse

appelliert an die Politiker aller Couleur eine mutige, vernünftige und

ausgewogene Entscheidung im Interesse aller Beteiligten zu treffen. Eine weitere

verpasste Chance in der Gesundheitspolitik kann sich die Schweiz nicht leisten.

Versicherer und Leistungserbringer wer-den die integrierte Versorgung auch ohne MC-Vorlage weiter entwickeln. Wer die MC-Vorlage mit Zwängen durchboxen will, leistet mutwillig oder fahrlässig Ein-heitskassen-Ideen Vorschub: Die Ein-heitskassen-Studie der GDK-Ost gab die-ses Frühjahr der Verbesserung des heuti-gen Systems des regulierten Wettbewerbs noch den Vorzug gegenüber einer Um-stellung auf kantonale Einheitskassen. Schlüssel dazu sei die Förderung von MC und ein verbesserter Risikoausgleich. Mit der aktuellen Vorlage wird genau dies er-reicht und eine vernünftige Lösung mit wirksamen Anreizen für alle ist möglich.

Anreize statt Zwang

Alle liefern ihren Beitrag zu einem er-folgreichen Kompromiss: Die Ärzte mit der Budgetmitverantwortung, die Versi-cherten mit einem differenzierten Selbst-behalt, die Versicherer mit einem verfei-nerten Risikoausgleich und dem Ange-botszwang. Aber die Kombination von Angebotszwang für Versicherer und Un-abhängigkeitszwang für integrierte Netz-werke (d.h. Versicherer dürfen diese nicht anbieten), wie vom Nationalrat vorge-schlagen, würde ein inakzeptables Un-

gleichgewicht zwischen Versicherern und Leistungserbringern schaffen. Folge die-ser Zwängerei wären Pseudo-Netzwerke, welche den Versicherern ihre Bedingun-gen diktieren könnten, ohne dass die Versorgungsqualität steigen oder der Kos-tenanstieg gebremst würde. santésuisse befürwortet daher eindeutig die Variante des Ständerats.

Parlament darf Chance nicht verpassen

Ein Scheitern der Vorlage wäre eine ver-passte Chance, die integrierte Versor-gung – sowohl für Versicherte, Leistungs-erbringer und Versicherer – durch wirk-same Anreize statt durch Verbote zu för-dern. Die Versicherer wollen und werden MC im Interesse der Versicherten auch dann gemeinsam mit innovativen Leis-tungserbringern weiter entwickeln, wenn die Vorlage im Parlament oder bei ei-nem Referendum scheitern sollte. Denn nur durch konstruktive Mitarbeit und konsequenten Einsatz für Behandlungs-qualität und -effizienz kann das Ausga-benwachstum und die daraus resultie-rende steigende Prämienbelastung ge-bremst werden. Das Parlament kann nun die Weichen richtig (Anreize) oder falsch (Zwang) stellen. (GPA)

Editorial

Managed Care auf der Zielgeraden 1

Angriff auf die

Wirtschaftlichkeitsprüfungen 2

sondage santé fühlt

Schweizern auf den Puls 3

In Kürze 4

Unsere Mitbürger wollen die Frei-

heit haben, eine qualitativ hoch-

stehende Gesundheitsversorgung

zum bestmöglichen Preis wählen

zu können. Das ist nur vernünftig.

Doch leider sind die kleinen Welten

der Politik und des Gesundheits-

wesens viel zu häufig nicht in der

Lage, Vorurteile und Unterstellun-

gen beiseite zu legen und unfähig,

protektionistische Reflexe und

Eigeninteressen zu überwinden.

Das Parlament hat nun die Gele-

genheit, die rechtmässigen Forde-

rungen der Schweizer Bevölkerung

einzulösen und ein realistisches

Projekt der integrierten Versorgung

(Managed Care) zu verabschie-

den. Es muss zeigen, dass es fähig

ist, Querelen und Blockaden zu

überwinden.

nnpunktB renGesundheitspolitik 3/11

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Page 4: Lese-Dossier Managed Care

brennpunkt 4 | 2010

DER R I CH T IGE W EG : M A N AGED CARE- REFORM

Die in der Wintersession 2010 zur Abstimmung kommende Managed Care-Reform will integrierte Ärztenetze

fördern: Mit verfeinertem Risikoausgleich, Budgetmitverantwortung für Ärzte und differenziertem Selbstbehalt

für Versicherte. Langfristig werden dadurch Qualität und Transparenz im Schweizer Gesundheitswesen erhöht

und der Anstieg der Ausgaben gedämpft.

Seit 20 Jahren ist Managed Care (MC) in der Schweiz eine Erfolgs-geschichte. Heute sind rund 12 Pro-zent der Versicherten in MC-Model-len im engeren Sinne, d.h. Ärzte-netzen versichert. Bundesrat Didier Burkhalter setzt grosse Hoffnungen in die Reform: Bis 2015 sollen 60 Pro-zent der Bevölkerung integriert versi-chert sein.

Integrierte Versorgung

setzt am richtigen Ort an

Das Parlament hat es mit dieser Re-form in der Hand, die Weichen im Gesundheitswesen in die richtige Richtung zu stellen und MC-Model-len einen zusätzlichen Schub zu ver-schaffen. Die Reform setzt nämlich dort an, wo der Schuh drückt: Ein verfeinerter Risikoausgleich – der neben Alter, Geschlecht und Spital-aufenthalt im Vorjahr auch den Ge-sundheitszustand des Versicherten berücksichtigt – wird die Kranken-versicherer dazu bringen, eine kon-sequente Managed Care-Strategie zu verfolgen, welche auf Qualität und Kosteneffizienz medizinischer Leis-tungen setzt, anstatt wie bisher die volkswirtschaftlich schädliche «Jagd auf gute Risiken» vorzuziehen.

Integrierte Versorgung verbessert

Qualität und Transparenz

In integrierten Ärztenetzen werden durch eine bessere Koordination der Behandlung unnötige oder gar schädliche Mehrfachuntersuchungen und Fehlmedikationen vermieden. Durch Zertifizierungsorganisationen wie die Equam wird die Qualität von MC-Praxen anhand von rund 400 ge-nau definierten Qualitäts-Indikato-ren (wie Effektivität der Behandlung, Zugang zur Versorgung, Patientenzu-friedenheit) gemessen, sichergestellt und transparent gemacht. Fazit: Die Qualität in MC-Netzen steigt.

Integrierte Versorgung dämpft

den Ausgabenanstieg

Einsparungen durch integrierte Ver-sorgung geschehen nicht auf dem Buckel der Patienten aufgrund ei-ner geringeren medizinischen Quali-tät. Es werden nicht Leistungen rati-oniert, sondern es wird im integrier-ten Netzwerk rationeller gearbeitet. Durch vorgegebene Prozesse kön-nen Patienten schneller auf dem kor-rekten Behandlungspfad optimal ver-sorgt werden. Gemäss Studien sind so 10 bis 20 Prozent an Einsparun-gen möglich. Budgetmitverantwor-tung über ein Globalbudget trägt hier zur Dämpfung des Ausgabenwachs-tums bei.

Integrierte Versorgung

ist ein gemeinsames Projekt

Entscheidend für den Erfolg der in-tegrierten Versorgung ist die Frei-willigkeit. Niemand, weder Patien-ten, Ärzte noch Kassen, wurden zu MC-Modellen gezwungen. Gemein-sam haben Versicherer und Ärzte, haben die Verbände santésuisse und FMH, im Frühjahr 2010 ihre Vorschläge in den Reformprozess eingebracht. Viele dieser gemeinsa-men Positionen sind in die Reform eingeflossen: Die Definition, was als MC-Modell zu gelten hat, der ver-feinerte Risikoausgleich, die Wahl-freiheit der Versicherten, die Bud-getmitverantwortung in Ärztenetzen und die Förderung von integrier-ter Versorgung bei den Versicher-ten durch geeignete Anreize über Prämie, Franchise und Selbstbehalt. (GPA)

Mit integrierten Ärztenetzen gut versorgt in die Zukunft.

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Das bringt Managed Care:

-formen dank differenziertem Selbst-behalt für Patienten und verfeiner-tem Risikoausgleich

Transparenz in Ärztenetzen

dank Budgetmitverantwortung für Ärztenetze

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Page 5: Lese-Dossier Managed Care

BrennpunktBrennpunktnnpunpunnnnpBrennnnnnBrenBreBASICS

brennpunkt basics 3 | 2010

3/10

Seit 20 Jahren ist integrierte Ver-sorgung bzw. Managed Care (MC) in der Schweiz eine Erfolgsge-schichte. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 2008 waren laut BAG 30 Prozent der Versicherten in Modellen mit eingeschränkter Arztwahl versichert. Heute sind gut 12 Prozent in MC-Modellen im en-geren Sinne, d.h. Ärztenetzen ver-sichert. Durch die vom National-rat beschlossene Reform sollen sol-che Netze, welche häufig auf ge-meinsame Initiative von Ärzten und Versicherern entstanden sind, einen zusätzlichen Schub erhal-ten. Ein entscheidendes Kernele-ment dieser Erfolgsgeschichte war und ist die Freiwilligkeit. Niemand, weder Patienten, Ärzte noch Kran-kenkassen, wurde zu solchen MC-Modellen gezwungen.

Es gibt nichts teureres

als schlechte Qualität

Der häufigste Vorwurf gegen in-tegrierte Versorgung lautet: Ma-

naged Care ist Billigmedizin! Es gilt mit dem Mythos aufzuräumen,

Keine Angst vor Managed Care

Integrierte Versorgung in der Schweiz ist seit 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Dennoch löst die geplante

Managed Care-Reform bei vielen Beteiligten Vorbehalte aus. Die Versicherer nehmen diese Ängste

ernst, sind aber überzeugt, dass sie unbegründet sind und durch bessere Informationen und Argumente

entkräftet werden können. Integrierte Versorgung steht in erster Linie für eine Verbesserung der Qualität.

In zweiter Linie versprechen sich die Versicherer eine Dämpfung des Kostenanstiegs.

Integrierte Versorgung

dass bessere Qualität zwangs-läufig mehr kostet. Das Gegen-teil ist der Fall: Es gibt nichts teu-reres als schlechte Qualität – man denke nur an schädliche Mehr-fachbehandlungen und unnötige Zusatzuntersuchungen. Wer Ma-

Eckpfeiler der Reform

Der Ständerat berät das Managed Care-Paket in der kommenden Herbstsession. Die Re-form wird voraussichtlich auf 1. Januar 2012 in Kraft treten. Die im Nationalrat verab-schiedete Fassung nimmt alle Beteiligten in die Pflicht:

• Selbstbehalt für Patienten: Versicherte in integrierten Ärztenetzen profitieren von einem tieferen maximalen

Selbstbe halt, indem sie sich verpflichten, immer zuerst einen Arzt aus ihrem Netzwerk aufzusuchen. Dieser koordiniert alle Behandlungsmassnahmen. Versicherte, die sich nicht verpflichten und ihre Arztwahl nicht einschränken wollen, zahlen einen doppelt so hohen Selbstbehalt.

• Budgetmitverantwortung für Ärzte: Ärzte in integrierten Netzen tragen eine Budget-MIT-Verantwortung, d.h. schliesst ihr

Netz werk mit einem Defizit ab, tragen sie einen Teil davon mit. Wenn das Netzwerk gut mit sei nem Budget haushaltet, sind die Ärzte am Erfolg mitbeteiligt. Diese Pflicht kann also auch eine Chance sein. Darüberhinaus wird die Rolle des Hausarztes als Len-ker der Patienten ent lang der Behandlungskette aufgewertet und die Qualität steht im Vordergrund.

• Angebotspflicht für Versicherer: Auch die Krankenversicherer sind bereit, ihren Teil zum wohlaustarierten Kompromiss

beizu tragen: Die Pflicht – innert einer dreijährigen Übergangsfrist – eine integrierte Versicherungs form im Angebot zu haben. Ein Erfolgsfaktor von Managed Care darf durch die Reform aber nicht gestrichen werden: Wenn sie schon müssen, sollen die Versicherer weiterhin selber in tegrierte Versorgung anbieten dürfen.

naged Care als Billigmedizin be-zeichnet, lenkt mit einem billi-gen Totschlagargument vom wah-ren Problem ab: In einem System mit begrenzten Ressourcen ist es unethisch, sich so zu verhalten, als wären die Ressourcen unbegrenzt.

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Page 6: Lese-Dossier Managed Care

brennpunkt basics 3 | 2010

IMPRESSUMHERAUSGEBER santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn REDAKTION Abt. Politik und Kommunikation,

Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 42 83, Fax: 032 625 41 51, E-Mail: [email protected], Homepage: www.santesuisse.ch

PRODUKTION Vögeli AG, Langnau i.E.

Jahr für Jahr führen überflüssige Be-handlungen zu Mehrkosten von drei Milliarden Franken (Domenighetti & Pipitone 2002). Ziel muss eine Ver-sorgung sein, die das Optimale für den Patienten herausholt und nicht mehr eine Maximalmedizin, die auch maximal viel kostet: Obwohl die Waadt pro Kopf rund ein Drit-tel teurer ist als der Kanton St. Gal-len, lassen die Behandlungsergeb-nisse nicht auf eine höhere Qualität schliessen. Mit den heute bekannten Formen der integrierten Versorgung sind gemäss Studien 10 bis 20 Pro-zent an Einsparungen möglich – no-tabene ohne Qualitätsverlust.

In der integrierten Versorgung

bleibt die freie Arztwahl erhalten

Die grösste Angst vieler Menschen ist vermutlich, dass Sie im neuen Modell nicht mehr zu ihrem lang-jährigen Hausarzt gehen kön-nen. Dies gipfelt im zweiten Vor-wurf: Managed Care ist das Ende

der freien Arztwahl! Dies stimmt so nicht. Wer sich innerhalb eines MC-Modells versichert, schränkt zwar seine freie Arztwahl ein, kann aber innerhalb des integrierten Versor-gungsnetzes seinen Arzt immer

noch wählen. Sollte der Patient mit der Auswahl innerhalb seines Ärzte-netzes nicht zufrieden sein, kann er dieses verlassen und ein anderes in-tegriertes Versorgungsnetz wählen – bei derselben oder einer anderen Krankenversicherung. Versicherte werden in Zukunft auch vermehrt bei ihren Hausärzten nachfragen, ob diese einem integrierten Netz-werk angeschlossen sind und somit einen positiven Zug in Richtung sol-cher Modelle erzeugen. Versicherer und Ärzte haben dann ein gemein-sames Interesse diese Modelle wei-ter auszubreiten, um den Versicher-ten attraktive Angebote machen zu können.

In der integrierten Versorgung

wird rationeller gearbeitet

«Qualität hat ihren Preis», rufen die Skeptiker. Sie behaupten, dass mit der Fokussierung auf wirtschaftli-che Interessen durch die Budget-mitverantwortung eine Qualitäts-einbusse in der medizinischen Ver-sorgung einhergehe. Der dritte Vor-wurf lautet also: Managed Care ist

Rationierung! Zugegeben: Kosten-einsparungen sind ein erwünschter Nebeneffekt der integrierten Versor-

gung. Aber diese Einsparungen ge-schehen nicht auf dem Buckel der Patienten aufgrund einer geringe-ren medizinischen Qualität. Es wer-den nicht Leistungen rationiert, son-dern es wird im integrierten Netz-werk rationeller gearbeitet. Durch vorgegebene Prozesse und Struk-turen können Patienten schneller auf dem korrekten Behandlungs-pfad optimal versorgt werden. Das Netzwerk vereinbart mit dem Ver-sicherer ein jährliches Globalbud-get für alle seine Patienten. So wird es nicht zum befürchteten Behand-lungsstopp im Oktober kommen, denn es gibt explizit kein Budget pro Patient. Gleichzeitig kann es sich kein Netzwerk erlauben, quali-tativ schlecht zu arbeiten, da sonst sämtliche Patienten zur Konkurrenz abwandern. Durch Zertifizierungs-organisationen wie z.B. die Equam wird die Qualität von MC-Praxen anhand von rund 400 genau defi-nierten Qualitäts-Indikatoren (wie Effektivität der Behandlung, Zu-gang zur Versorgung, Patientenzu-friedenheit) gemessen, sichergestellt und transparent gemacht. Fazit: Die Qualität in MC-Netzen steigt. Noch-mals: Von Billigmedizin kann keine Rede sein! (GPA)

Managed Care ist vernetzte Qualitätsmedizin und nicht der Verlust der Wahlfreiheit! Der grosse Irrtum: 30 Prozent der Versicherten schränken die freie Arztwahl ein und sind damit sehr zufrieden – aber nur 10 Prozent glauben, ihre Wahlfreiheit bereits eingeschränkt zu haben. Dies weil sie nicht die eingeschränkte Wahlfreiheit, sondern die Qualität und die tieferen Prämien in Erinnerung haben.

FIKTION

«KOMMT FÜR SIE EINE VERSICHERUNG

IN EINEM MANAGED CARE-MODELL INFRAGE?»

WEISS NICHT

IST BEREITS MC-VERSICHERT

JA

NEIN

QUELLE: GFS.BERN, GESUNDHEITSMONITOR 2010 (N=1200)

IST BEREITS MC-VERSICHERT

14%

10%

18%

58%

38,7%

31,2%

30,0%

0,1%

FAKT

GEWÄHLTE VERSICHERUNGSMODELLE

ORDENTLICHE JAHRESFRANCHISE

WÄHLBARE JAHRESFRANCHISEN

BONUS-VERSICHERUNG

EINGESCHRÄNKTE WAHL (Z.B. HMO)

QUELLE: T11.05, STATISTIK DER OBLIGATORISCHEN KRANKENVERSICHERUNG 2008,BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT (N = 7,7 MIO.)

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Page 7: Lese-Dossier Managed Care

IMPRESSUMHERAUSGEBER santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn REDAKTION Gregor Patorski, Maud Hilaire Schenker, Abt. Politik und Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 54, Fax: 032 625 41 51, E-Mail: [email protected], Homepage: www.santesuisse.ch PRODUKTION City-Offset, Solothurnstrasse 84, 2540 Grenchen TITELBILD Carsten Reisinger, stockphoto-images.com

IN KÜRZE

brennpunkt 1 | 2012

Zuerst den Finger, dann die ganze Hand

SP-Nationalrat Max Chopard-Acklin will

die soziale Krankenversicherung zer-

stören, indem er das Solidaritätsprin-

zip der Kopfprämie abschaffen will.

Seine Motion fordert einkommensab-

hängige Prämien mit einer Obergrenze

von 8% des Haushaltseinkommens.

Vermutlich nimmt er so den Prämien-

schub durch die ineffiziente und teu-

rere Einheitskasse vorweg: Heute zah-

len Schweizer Haushalte im Schnitt nur

5,3% ihres Bruttoeinkommens für die

Grundversicherungs-Prämien (Zahlen

BfS HABE 2009). Es liegt die Vermu-

tung nahe, dass die SP in einem ers-

ten Schritt die Einheitskasse einführen

will und danach die einkommensab-

hängigen Prämien. Diese Verknüpfung

wurde vom Stimmvolk 2007 in der letz-

ten Einheitskassen-Abstimmung wuch-

tig mit 71,2% verworfen. Alter Essig in

neuen Schläuchen. Chopard-Acklin kri-

tisiert auch die unterschiedliche und

komplizierte Handhabe der Prämien-

verbilligungen für Einkommensschwa-

che. Dass es aber 26 verschiedene Sys-

teme gibt, liegt an den Kantonen. Das

unterschlägt der Motionär. Anstatt dort

anzusetzen, wo politische Kärrnerar-

beit nötig wäre, setzt er dort an, wo es

nichts bringt. In der sozialen Kranken-

versicherung sind aber die steigenden

Gesundheitsausgaben das wesentliche

Problem. Beide Vorschläge – Einheits-

kasse und einkommensabhängige Prä-

mien – zielen in die falsche Richtung.

Bund will Finanzströme vereinheitlichen

In der Wintersession wurde die Mo-

tion von Alt-Ständerat und santésuisse-

Präsident Christoffel Brändli für eine

transparente Finanzierung der sozia-

len Grundversicherung angenommen

und überwiesen. In der Diskussion

stellte Bundesrat Didier Burkhalter tref-

fend fest, dass bei der Behandlung ei-

nes Patienten heute das Tarifsystem

im Vordergrund stehe, anstatt der Nut-

zen des Patienten. Die Einführung der

neuen Spitalfinanzierung sei ein erster

Schritt, der Zerstückelung des Schwei-

zer Gesundheitssystems entgegenzu-

wirken. santésuisse befürwortet diese

Stossrichtung: Falsche Anreize zwi-

schen ambulantem und stationärem Be-

reich sollen mittels Einführung eines

monistischen Finanzierungssystems be-

seitigt werden. Es soll prozentual fest-

gelegt werden, wie viel über Prämien

und wie viel über Steuern zu finanzie-

ren ist. Entscheidend ist, dass die Versi-

cherer den Anteil der Kantone pauschal

(und nicht auf Einzelrechnungsebene)

nach schweizweit einheitlichen Pro-

zessen und verbindlichen technischen

Standards erhalten. Nur durch eine sol-

che Bündelung der Finanzströme wer-

den die Aufblähung der Bürokratie ver-

hindert, Fehlanreize beseitigt und mehr

Transparenz sichergestellt.

Managed Care: Überraschendes Referendum

Am 19. Januar 2012 reichte die FMH

das Referendum gegen Managed Care

ein. Es ist überraschend, dass die FMH

für jede der 132 837 Unterschriften vier

Franken zahlte. Diese halbe Million

wäre besser eingesetzt gewesen, um

die qualitativ hochstehende

Behandlung der Patienten si-

cherzustellen. Die Quali-

tät der medizinischen Leis-

tungen ist innerhalb von Ma-

naged Care-Netzen nämlich

besser nachgewiesen als aus-

serhalb. Interessant, dass sich

vor allem Ärzte für das ge-

kaufte Referendum stark ma-

chen, welche integrierte Ver-

sorgung nur vom Hörensagen

her kennen. Ärzte mit Ma-

naged Care-Erfahrung unter-

stützen hingegen den Geset-

zesentwurf. Die SP sollte sich

fragen, ob sie sich als Inter-

essenvertreterin der Spezia-

listen versteht oder der Pati-

enten. santésuisse steht zum

vom Parlament ausgehandel-

ten Kompromiss. Die Versi-

cherer werden die integrierte

Versorgung in jedem Fall ge-

meinsam mit innovativen

Leistungserbringern weiter

entwickeln.

Grundversorgung langfristig sicherstellen

In seiner Interpellation «Hausarztme-

dizin stärken» äussert FDP-National-

rat Otto Ineichen die Befürchtung (wel-

che auch vom OECD-Bericht über das

Schweizer Gesundheitssystem bestä-

tigt wird), dass wir in wenigen Jahren

keine Hausärzte mehr haben werden.

Folgen wären eine Zweiklassenmedizin

und massiv steigende Gesundheitskos-

ten. santésuisse geht mit dem Interpel-

lanten einig, dass Schritte notwendig

sind, um die Attraktivität der Grundver-

sorgung zu steigern. Die anvisierte Ver-

besserung könnte – wie vorgeschlagen

– durch Tarifkorrekturen im TARMED

zugunsten der Hausärzte erreicht wer-

den. Dabei ist aber zu beachten, dass

die TARMED-Revision – wie von Bun-

desrat Burkhalter gefordert – kosten-

neutral umgesetzt wird. So könnte den

Grundversorgern die heute fehlende

Wertschätzung entgegengebracht wer-

den. Kostenneutralität ist hierbei kein

Dogma, sondern eine notwendige Re-

alität: Eine Erhöhung der Tarife hätte

eine sofortige Erhöhung der Prämien

zur Folge. (GPA)

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Page 8: Lese-Dossier Managed Care

IMPRESSUMHERAUSGEBER santésuisse – Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn REDAKTION Gregor Patorski, Maud Hilaire Schenker, Abt. Politik und Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 54, Fax: 032 625 41 51, E-Mail: [email protected], Homepage: www.santesuisse.ch PRODUKTION City-Offset, Solothurnstrasse 84, 2540 Grenchen TITELBILD Carsten Reisinger, stockphoto-images.com

IN KÜRZE

brennpunkt 4 | 2011

SP gefährdet Managed Care-Vorlage

In der Herbstsession wurde die Mana-

ged Care-Vorlage verabschiedet. Weil sie

den Kompromiss nicht mittragen wol-

len, sammeln derzeit gewisse Ärztegrup-

pen Unterschriften für ein Referendum.

Gegen die Interessen der Allgemeinheit

will die Ärzteschaft ihre Pfründe sichern

und die Vorlage bodigen. santésuisse

steht im Gegensatz zur FMH zum aus-

gehandelten Kompromiss. Die Versiche-

rer halten Wort und werden die integ-

rierte Versorgung gemeinsam mit inno-

vativen Leistungserbringern weiter ent-

wickeln. Der Kompromiss beinhaltet

auch einen verbesserten Risikoausgleich.

Diesen unbestrittenen Teil der Vorlage

will die SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr

mittels einer parlamentarischen Initia-

tive «unabhängig vom Resultat eines all-

fälligen Referendums» umgesetzt sehen.

Auch santésuisse unterstützt die Verfei-

nerung des Risikoausgleichs nach wie

vor, empfi ehlt aber vorerst abzuwarten:

Eine Annahme dieser pa. Iv. vor einem

Volksentscheid würde die Chancen der

MC-Vorlage deutlich schmälern. In vor-

auseilendem Gehorsam stellt sich die SP

mit diesem durchsichtigen politischen

Manöver auf die Seite von gut- und bes-

serverdienenden Ärzten, anstatt die In-

teressen der Versicherten zu vertreten.

Stellt sich die Frage: Weshalb?

Bund beobachtet Branchenvereinbarung

Ende Januar haben die Krankenversiche-

rer eine Branchenvereinbarung unter-

zeichnet, welche die telefonische Kaltak-

quise in der Grundversicherung verbie-

tet, die Provisionen für Makler auf 50 Fr.

begrenzt und die Qualität bei Maklern

sichert. Der Bundesrat erwähnte in der

Herbstsession in seiner Antwort auf eine

Interpellation von SP-Nationalrat Jean-

François Steiert das Meldeformular für

Versicherte, welches santésuisse unter

www.santesuisse.ch/de/meldeformular

aufgeschaltet hat. Damit können fehlbare

Versicherer oder Versicherungsvermittler

gemeldet werden. Überdies verfolge das

Bundesamt für Gesundheit die Umset-

zung der Vereinbarung aufmerksam. Des

Weiteren wies der Bundesrat darauf hin,

dass bei Maklern «ohne vertragliche Ver-

bindung […] die Versicherer keine Mög-

lichkeit [hätten], die Tätigkeit dieser Ver-

mittler zu kontrollieren.» Bei der Analyse

der bislang rund 50 Verstösse (von ins-

gesamt gut 170 eingetroffenen Meldun-

gen) lässt sich eine Mehrzahl auf unge-

bundene Makler zurückführen, gegen

deren unqualifi ziertes Auftreten die Ver-

sicherer – wie der Bundesrat feststellte –

keine Handhabe haben. Im Gegensatz

zu diesem Makler-Wildwuchs liessen

sich nur drei Verstösse direkt auf Ver-

sicherer zurückführen. santésuisse hat

in diesen Einzelfällen das Gespräch mit

den Versicherern gesucht und sie an die

Vereinbarung erinnert.

Was ist Repräsentativität?

CVP-Präsident Christoph Darbellay for-

dert in seinem Postulat Kriterien für die

Repräsentativität bei Tarifverträgen im

Gesundheitswesen. Er verteidigt darin

die Physiotherapeuten, welche den Ta-

rifvertrag gekündigt haben, greift den

neuen Vertrag von tarifsuisse ag mit

ASPI als «unbedeutend» an

und bezeichnet ihn indi-

rekt als unglaubwürdig und

nicht repräsentativ. Die Zah-

len von Herrn Darbellay sind

falsch: Mittlerweile haben

sich weit über 700 Physio-

therapeuten dem Vertrag an-

geschlossen und täglich wer-

den es mehr. Dies entspricht

gut 15% aller selbstständigen

Physiotherapeuten. Der CVP-

Präsident sollte das Wort

«unbedeutend» daher nicht

allzu vorschnell gebrau-

chen. Die Fakten: In den

letzten Jahren stieg die Zahl

der Physio-Praxen um 15%.

Dieses wachsende Angebot

führte zu einer Mengenaus-

weitung und liess das Brut-

tovolumen der von den Phy-

siotherapeuten zu Lasten der

Grundversicherung verrech-

neten Leistungen von 475

Mio. Fr. im Jahr 2006 auf 551

Mio. Fr. im Jahr 2010 (+16%)

steigen. Gäbe man den For-

derungen von physioswiss nach, würde

das zu einem zusätzlichen Prämien-

sprung von 110 Mio. Fr. jährlich führen.

Weshalb auch Kinder Prämien zahlen müssen

Die beiden parlamentarischen Initi-

ativen (pa. Iv.) der Nationalrätinnen

Ruth Humbel (CVP) und Susanne Leu-

tenegger Oberholzer (SP) fordern die

Prämien befreiung für Kinder. Dies

würde zu einer Mehrbelastung von

1,8 Mia. Fr. für alle anderen Versicher-

ten führen, was rund neun Prämienpro-

zenten entspricht. Diese beiden Initia-

tiven senden grundsätzlich ein falsches

Signal aus: Etwas was nichts koste, ist

nichts wert. Zudem würde eine solche

Verteilung mit der Giesskanne auch Rei-

che entlasten. Die pa. Iv. greifen in die

Kompetenz der Kantone ein, die be-

reits mit den individuellen Prämienver-

billigungen v. a. auch Familien mit Kin-

dern entlasten. Aus diesen Gründen

lehnt santésuisse beide Initiativen klar

ab. Das KVG ist kein Instrument für

Familien politik. (GPA)

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Page 9: Lese-Dossier Managed Care

16 | 3 Fragen 3 Antworten 1/12

3 Fragen 3 Antworten

Was bedeutet Budgetmitverantwortung?Die Manged Care-Vorlage, die anlässlich der Herbstsession 2011 von den eidgenössischen Räten angenommen wurde, sieht in Artikel 41c Absatz 4 Folgendes vor: «Die in einem integrierten Versorgungsnetz zusammengeschlossenen Leis-tungserbringer übernehmen im vertraglich vereinbarten Um-fang die finanzielle Verantwortung für die medizinische Ver-sorgung der Versicherten (Budgetmitverantwortung).» Bud-getmitverantwortung ist eine zwischen den Vertragspartnern von Manged Care-Leistungen ausgehandelte und gemeinsam getragene ökonomische Verantwortung für die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung eines Kollektivs von Managed Care-Versicherten. Vertragspartner sind einerseits Versicherer und andererseits ein Kollektiv von Leistungser-bringern. In diesem Vertrag handeln sie namentlich das Bud-get und die Gewinn-Verlust-Beteiligung aus. Die Verhand-lungselemente des Budgets sind der Budgetbetrag, die Bud-getberechnungsmethode, Budgetumfang und Budgetaktivität (z.B. virtuelles Budget ohne Geldtransfer oder physisch aus-bezahltes Budget). Das Budget für das versicherte Kollektiv muss risikogerecht berechnet werden. Die Risikoindikato-ren können vertraglich festgelegt werden gemäss Personen-daten (geeignete Morbiditätsindikatoren) und versicherungs-technischen Faktoren (Höhe der Franchise des Versicherten, Einsparziele, Grossrisikoschwellenwerte). Die Gewinn-Verlust-Beteiligung ist das zentrale Element der ökonomischen Mitverantwortung. Der Budgetbetrag und die tatsächlichen Kosten werden verglichen, wodurch ein Gewinn oder ein Verlust sichtbar wird. Der Leistungsver-trag zwischen Versicherer und Ärztenetz bestimmt die Form und das Mass der Beteiligung. Üblich sind eine betragliche Beteiligung als Bonus/Malus oder eine prozentuale Beteili-gung. Weitere Sicherungsmassnahmen können vorgesehen werden: Limitationen, Rückstellungen, Rückversicherungen, Grossrisikoabsicherung. Wichtig: Alle ärztlichen Leistungen werden im Rahmen der Einzelleistungsvergütung abgerech-net. Im Rahmen der Budgetmitverantwortung ist das Budget lediglich ein virtuelles Kostenziel. Wird das Kostenziel über- oder unterschritten, wird die Differenz – und nur diese – von den beiden Partnern aufgeteilt.

Quelle: Schweizer Dachverband der Ärztenetze medswiss.net, BudgetMITverantwortung und KVG-Revision Managed Care/Integrierte Versorgung, Juni 2010.

Ist die Sicherheit der Versorgung im Rahmen der Budget-mitverantwortung gewährleistet?Es gibt keinen Anlass zur Befürchtung, dass die Budgetmit-verantwortung zu einer Unterversorgung führen wird. Ärzte und Versicherer erarbeiten das Budget zusammen und part-nerschaftlich. Die Erfahrung jedes einzelnen Arztes fliesst ein. Die bislang gemachten Erfahrungen der bestehenden Netzwerke sind positiv. Versorgungsnetze mit Budgetmitver-

antwortung gibt es schon seit 20 Jahren; gegenwärtig arbei-ten 50 Prozent der Schweizer Allgemeinmediziner vernetzt, 80 Prozent davon mit Budgetmitverantwortung – und es gibt keine Anzeichen von Rationierung in diesen Netzen. Ganz im Gegenteil. Die Ärztenetzwerke sehen sich als Qualitäts-garanten: Sie würden nämlich eine bessere Patientenbetreu-ung sicherstellen, eine optimale Konzertierung der komple-xen Fälle ermöglichen und eine Beteiligung an Qualitäts-kreisen bieten. Die Gesetzesvorlage zur integrierten Versor-gung (Managed Care) enthält eine wichtige Verbesserung des Risikoausgleichs – die Berücksichtigung der Morbidi-tät der Versicherten. Kostspielige Krankheiten und nament-lich chronische Krankheiten werden Gegenstand eines Aus-gleichs bilden, der die «Jagd nach guten Risiken» verschwin-den lassen wird. Die chronisch Kranken werden problem-los in die Netzwerke aufgenommen werden können – und sie werden davon am meisten profitieren.

Quelle: Dr. Jacques de Haller, FMH-Präsident, in: Schweizerische Ärztezeitung, 2010; 91: 36, S. 1378–1379

Gehören die Ärztelisten und das Hausarztsystem zu Ma-naged Care?Nein. Managed Care impliziert ein Ärztekollektiv, eine Bud-getmitverantwortung und das Abschliessen eines Vertrags zwischen den Versicherern und dem Kollektiv der Leis-tungserbringer. Das ist bei der Ärzteliste und beim Haus-arzt-Modell aber nicht der Fall. Die von den Versicherern zur Verfügung gestellte Ärzteliste und das Hausarztsystem (auch wenn es die Behandlung koordiniert) sind lediglich alternative Versicherungsmodelle, welche die Wahl des Leis-tungserbringers eingrenzen und damit Anrecht auf Prämi-envergünstigungen geben. So sieht die Managed Care-Vor-lage Folgendes vor: «Der Bundesrat kann weitere Versiche-rungsformen zulassen, die nicht als integrierte Versorgung gelten, namentlich solche, bei denen:a. die Versicherten die Möglichkeit erhalten, sich gegen eine

Prämienermässigung stärker als nach Artikel 64 an den Kosten zu beteiligen;

b. die Höhe der Prämie der Versicherten sich danach rich-tet, ob sie während einer bestimmten Zeit Leistungen in Anspruch genommen haben oder nicht;

c. die Versicherten gegen eine Prämienermässigung ihr Wahl-recht auf Leistungserbringer beschränken, die der Versi-cherer im Hinblick auf eine kostengünstigere Versorgung auswählt.»

Anders gesagt: Diese Versicherungsmodelle (wählbare Fran-chisen, Hausarzt, Bonussystem usw.) werden mit dem In-krafttreten der Managed Care-Vorlage bestehen bleiben.

MAUD HILAIRE SCHENKER

Managed Care und Hausärzte

9

Page 10: Lese-Dossier Managed Care

21 | Service 6/11

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Der Begriff Managed Care ist in aller Munde.

Was genau ist damit gemeint?

Managed Care will die Behandlungsqualität verbessern und damit gleichzeitig die Kosten für medizinische Leistungen senken. Dies wird erreicht, indem die Ko-ordination unter den Leistungserbringern (etwa Spitä-ler, Ärzte) optimiert wird und die Patienten bedürfnis-gerecht begleitet und beraten werden. Die Betreuung gewinnt so an Effizienz, unnötige und doppelte Be-handlungen entfallen. Managed Care deckt eine ganze Palette von Leistungen ab, angefangen bei der Prä-vention bis hin zu Betreuungsprogrammen für chro-nisch Kranke (etwa Programme für Diabetiker). Der-artige Programme werden bereits von vielen wichti-gen Krankenversicherern sowie auch von Leistungs-erbringern (Ärzte, Spitäler und andere) angeboten. Managed Care umfasst auch alternative, allen zugäng-liche Versicherungsmodelle, die auf der Netzwerkbil-dung der behandelnden Ärzte beruhen. Der Begriff Netzwerk bezeichnet die vertraglich geregelte und strukturierte Zusammenarbeit der Leistungserbringer untereinander, etwa Ärzte, Spitäler, Spitex-Organisa-tionen für Hilfe und Pflege zu Hause, medizinisch-soziale Einrichtungen und/oder mit der Krankenver-sicherung. Diese Netzwerke treten in verschiedenen Formen auf: -ärzte, Therapeuten) arbeiten «unter einem Dach» zusammen (z. B. HMO);

Standorten in ihren eigenen Praxen zusammen; -meinsame Budgetverantwortung: Die Ärzte tragen die finanzielle Verantwortung, die sich aus der Be-treuung ihrer Patienten ergibt, entweder gemein-sam oder jeder für sich.

Der Versicherte eines Managed Care-Modells verpflich-tet sich, sich im Krankheitsfall stets zuerst an den gleichen Leistungserbringer («Gatekeeper») zu wen-den. Bei diesem Ansprechpartner kann es sich um einen Hausarzt, ein Ärztenetz, eine Gruppenpraxis oder um eine Telefonzentrale für medizinische Be-ratung handeln.1

Meine Familie ist HMO-versichert. Kann ich mit

meiner dreijährigen Tochter einen Kinderarzt

aufsuchen (in der HMO-Praxis gibt es keinen

Kinderarzt)? Und kann meine Frau für ihre

Routineuntersuchungen weiterhin zur ihrer

Gynäkologin gehen?

Grundsätzlich kann der Versicherte im Rahmen der Grundversicherung unter den zugelassenen Leistungs-erbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit ge-eignet sind, frei wählen (Art. 41 Abs. 1 KVG). Er kann seine Wahl jedoch im Einverständnis mit seinem Ver-

Managed Care: Definition und konkrete Beispiele

sicherer auf diejenigen Leistungserbringer beschrän-ken, die der Versicherer aufgrund deren vorteilhafte-rer Leistungen bestimmt. In diesem Fall übernimmt der Versicherer nur die Kosten für Leistungen, die von denselben erbracht oder verordnet werden (Art. 41 Abs. 4 KVG). Als Gegenleistung kann der Versiche-rer die Krankenkassenprämien senken (Art. 62 KVG). Dem Versicherten stehen dabei alle obligatorischen Leistungen zu. In einem HMO-Modell konsultiert der Versicherte immer zuerst seinen HMO-Arzt, der für alle medizinischen Behandlungen (ausser bei einem Not-fall) sein Ansprechpartner ist. Innerhalb einer HMO-Praxis arbeiten mehrere, für verschiedene Fachgebiete qualifizierte Ärzte und Therapeuten. Fehlt der benö-tigte Spezialist, werden Sie an einen Spezialisten aus-serhalb der HMO-Praxis überwiesen. Der Krankenversicherer legt die einzuhaltenden Be-dingungen im Versicherungs vertrag frei fest. So kann die Versicherungspolice festhalten, dass Ihre Frau den Gynäkologen und Ihre Tochter den Kinderarzt direkt aufsuchen kann. Das Gleiche gilt auch für den Augen-arzt. Andere Verträge hingegen empfehlen, den Weg über die HMO-Praxis zu gehen. Wieder andere verlan-gen, den Besuch bei einem der drei genannten Spezi-alisten im Nachhinein zu melden. Wie Sie vorzugehen haben, ist in Ihrer Versicherungspolice beschrieben.2

Kann man diese besonderen Versicherungsformen

auch abschliessen, wenn man in einem

Mitgliedstaat der europäischen Gemeinschaft

wohnhaft ist?

Laut Art. 101a KVV können Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, in Island oder in Norwegen ihren Wohnsitz haben, keine be-sonderen Versicherungsformen in Anspruch nehmen, ganz gleich, ob es sich um Wahlfranchisen, Bonus-Sys-teme oder die Versicherungs formen mit eingeschränk-ter Wahl der Leistungserbringer handelt.Hingegen können die Versicherer die Versicherungs-form mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbrin-ger denjenigen Personen – einschliesslich Familienan-gehörigen – anbieten, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft, in Island oder in Nor-wegen wohnhaft sind, aber in der Schweiz arbeiten. Bei der Festlegung der Prämienermässigungen muss der Versicherer dem Umstand Rechnung tragen, dass sich der Versicherte auch in seinem Aufenthaltsland behandeln lassen kann.

1 CSS, FaktenBlatt Gesundheitspolitik, Fragen und Antworten zu Managed Care, 2009

2 www.fam-santi.ch

10

Page 11: Lese-Dossier Managed Care

14 | Gesundheitswesen 4/11

Ergebnisse der neunten sondage santé

Grünes Licht für Managed Care und Rechnungskontrolle

Eine zunehmende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer unterstützt einen weiteren Ausbau der Managed Care-Netze. 72 Prozent sind der Auffassung, dass sie die Qualität der medizinischen Betreu-ung verbessern und die Gesundheits-kosten senken. Zu diesen Ergebnissen kam die neunte sondage santé, die im September der Öffentlichkeit vor-gestellt wurde. Ausserdem wünschen sich 87 Prozent der Versicherten, dass ihre Krankenkasse die Arztrechnun-gen genau kontrolliert.

68 Prozent der Befragten gaben an, die Arztrechnung genau zu kontrollieren, doch vertrauen 87 Prozent der Befrag-ten die Rechnungskontrolle den Kran-kenversicherern an. Damit geben sie den Krankenversicherern in einer aktuellen Frage Rückenwind: Denn um Rechnun-gen kontrollieren zu können, benötigen die Krankenversicherer die dafür rele-vanten Daten. Diese positive Haltung im Falle der Rechnungskontrolle wird im Allgemeinen bestätigt: Mit 73 Prozent empfinden Schweizerinnen und Schwei-zer die Krankenkassen als «vertrauens-würdig» oder «eher vertrauenswürdig».

Managed Care bringt Qualität und Kostendämpfung70 Prozent der Befragten sieht in Ma-naged Care eine wichtige Massnahme zur Kostensenkung – das sind fünf Pro-zent mehr als im Vorjahr. Der Bekannt-heitsgrad dieser Behandlungsmodelle ist auch dieses Jahr gestiegen, näm-lich von 65 auf 76 Prozent. Die Beurtei-lung ist weiterhin grundsätzlich positiv. 77 Prozent sehen den Vorteil von Ma-naged Care darin, dass dem Patienten stets eine medizinische Fachperson zur Verfügung steht. 72 Prozent schätzen die Qualität der Leistungen in Ärztenetzen höher ein. Doch ist für 55 Prozent die freie Arztwahl wichtig, was gegen Ma-naged Care spricht.

Sparen ist nötigDie meisten Befragten sind sich bewusst, dass gespart werden muss: 80 Prozent halten dies für notwendig. Gespart wer-den soll dort, wo es einen persönlich nicht trifft. Zuerst bei den Medikamen-

ten (87 Prozent), an zweiter Stelle bei den Krankenkassen (71 Prozent). Diese Rangliste der Befragten zeigt, dass das Wissen über das Gesundheitswesen bei der Bevölkerung nach wie vor schlecht ist, denn sie deckt sich nicht mit den re-alen Kostenverhältnissen. Von den ge-samten Gesundheitsausgaben machen die Verwaltungskosten der Krankenkas-sen gerade mal gut fünf Prozent aus. Trotzdem ortet eine Mehrheit (71 Pro-zent) bei den Krankenkassen Sparpo-tenzial, weil sie die Verwaltungskosten mit gut 30 Prozent viel zu hoch ein-schätzen. Eine vergleichsweise Kosten-senkung wurde im Gesundheitswesen in den letzten Jahren aber nur bei den Verwaltungskosten erreicht. Der grösste Kostentreiber im Gesundheitswesen, die Spitäler, folgen als Akteur mit Sparpoten-zial erst an sechster Stelle (50 Prozent).

Einheitskasse: Schuss vor den Bug Ein weiteres Ergebnis betrifft die Ein-heitskasse: Zwar sind 66 Prozent der Be-fragten heute für oder eher für die Schaf-fung einer Einheitskasse, doch möchten 61 Prozent, dass eine Reform nur schritt-weise erfolgt und keine «grosse Gesund-heitsreform» stattfindet. Die Präferenz steigt mit zunehmendem Alter und ist in der Romandie ausgeprägter als in den anderen Landesteilen.

Das Ergebnis darf als ernst zu nehmen-den Schuss vor den Bug gewertet wer-den, der die Unzufriedenheit der Bevöl-kerung ausdrückt. Bereits vor der Ab-stimmung im Jahr 2007 zeigte sich ein ähnliches Bild: Je weiter weg der Abstim-mungstermin, desto grösser die Zustim-mung. Sobald die Nachteile der Einheits-kasse (u.a. mehr Bürokratie ohne Mehr-wert, keine Kostendämpfung wegen fehlendem Wettbewerb, Kosten des Sys-temwechsels von mindestens fünf Mia. Franken, keine Auswahl der Kranken-kasse) bewusst werden, dürfte die Zu-stimmung sinken. Trotzdem: Das Ergeb-nis zeigt, dass die anstehenden Refor-men vorangetrieben werden müssen.

Die repräsentative Untersuchung son-

dage santé wurde im Juni 2011 zum

neunten Mal in Folge durchgeführt. Der

Umfrage des Meinungsforschungsinsti-

tuts DemoSCOPE lag eine repräsentative

Stichprobe der Schweizer Bevölkerung

zugrunde (1219 Personen). Der Frage-

bogen wurde von santésuisse und dem

Soziologen Franz Neff-Pidoux erarbei-

tet, der auf Fragen des Wissensmanage-

ments spezialisiert ist. Die Messgenauig-

keit beträgt ± 2,8%.

SONDAGE SANTÉ 2011 (BASIS:1219)

PERSÖNLICHES KOSTENBEWUSSTSEIN

NUN NOCH EINIGE AUSSAGEN ZUM PERSÖNLICHEN KOSTENBEWUSSTSEIN. SAGEN SIE MIR BITTE,

WELCHE DER FOLGENDEN AUSSAGEN FÜR SIE ZUTREFFEN UND WELCHE NICHT ZUTREFFEN.

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

KONTROLLE ARZTRECHNUNG

KONTROLLE DURCHKRANKENKASSE

EMPFEHLUNGEN DER KK BEFOLGEN

KOSTEN SPIELEN KEINE ROLLE

68%

87%

50%

41%

Der Grossteil der Prämienzahler wünscht, dass die Krankenversicherer die Rechnungskontrolle an die Hand nehmen. Um Rechnungen kontrollieren zu können, brauchen letztere die dafür relevanten Daten.

11

Page 12: Lese-Dossier Managed Care

15 | Gesundheitswesen 4/11

SONDAGE SANTÉ 2011 (BASIS:1219)

10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

SPAREN IM GESUNDHEITSWESEN

MEDIKAMENTE

KRANKENKASSEN

SPITZENMEDIZIN

ANZAHL APOTHEKEN

ÄRZTLICHE BEHANDLUNGEN

ANZAHL SPITÄLER

SIE SIND ALSO DER MEINUNG, DASS IM GESUNDHEITSWESEN GESPART WERDEN MUSS.

ABER WO SOLLTE MAN ANSETZEN? ICH NENNE IHNEN NUN EINIGE VORSCHLÄGE.

SAGEN SIE BITTE JEWEILS, OB SIE DA KEINESFALLS SPAREN WÜRDEN, ODER OB MAN

DIE SPARMÖGLICHKEITEN PRÜFEN SOLLTE.

87%

71%

65%

55%

56%

50%

MANAGED CARE

ES GIBT NETZWERKE, IN DENEN ÄRZTE VERSCHIEDENSTER FACHRICHTUNGEN, SPITÄLER UND

MEDIZINISCHE FACHPERSONEN ZUSAMMENARBEITEN. EINIGE KRANKENKASSEN HABEN

ANGEBOTE IN DER GRUNDVERSICHERUNG, WO MAN IN JEDEM FALL ZUERST EIN SOLCHES

NETZWERK AUFSUCHEN MUSS, WENN MAN ERKRANKT. DAFÜR SIND DANN DIE PRÄMIEN

TIEFER. HABEN SIE DAVON SCHON GELESEN ODER GEHÖRT?

WEISS NICHT

1%

SCHON GEHÖRT

75% (+11)

NOCH NIE GEHÖRT

24% (-10)

SONDAGE SANTÉ 2011 (BASIS: 1219)

Prämienerhöhungen sind ProblemDie Prämienerhöhungen beschäftigen die Schweizer jedes Jahr aufs Neue. Als Ursache dafür sehen 32 Prozent die Arzt-besuche, 20 Prozent die teuren Medika-mente und 13 Prozent machen die Kran-kenversicherer selbst für die Prämiener-höhungen verantwortlich. Nach wie vor mangelt es der Bevölkerung an Kennt-nissen über das Gesundheitswesen, und zwar sowohl, was die Höhe der Verwal-tungskosten angeht, als auch in Bezug auf die Ursachen für Kostenanstiege und entsprechende Sparmöglichkeiten.

84 Prozent sind ihrer «Kasse» treuWie jedes Jahr galt ein Teil der Fragen dem Image der Krankenversichererbran-che. Den Ergebnissen nach zu schliessen, werden die Krankenversicherer tenden-ziell als modern, glaubwürdig, sympa-thisch und aufgeschlossen empfunden. Ein Drittel der Bevölkerung nimmt sie als transparent wahr. Dieses eher posi-tive Image wird durch die Tatsache bestä-tigt, dass 84 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer die Krankenkasse nicht gewechselt haben. Weil sie mit ihr zu-frieden sind. Auf ein positives Echo stos-sen auch die telefonischen Auskunfts-dienste, die elektronischen Patientendos-siers und die Versicherungskarten. Sie werden von über 70 Prozent der Befrag-ten gutgeheissen.

Kopfprämie wackelt36 Prozent befürworten das heutige Sys-tem der Kopfprämien gegenüber 25 Pro-zent, die ein dem Einkommen angepass-tes System favorisieren. Allerdings ist bei den Befürwortern der Kopfprämien eine signifikante Abnahme von 12 Prozent festzustellen. Was zahlt die Grundversicherung? Diese Frage beschäftigt die Öffentlichkeit stark. 76 Prozent der Bevölkerung sind für eine Kosten-/Nutzen-Analyse der kost-spieligsten medizinischen Leistungen. 88 Prozent wünschen sich eine Über-nahme sehr teurer Leistungen durch den Krankenversicherer.

SILVIA SCHÜTZ

Der gesamte Bericht der sondage santé sowie

Referate finden Sie unter www.santesuisse.ch

– Presse – Communiqués – 8. September 2011.

Von den gesamten Gesundheitsausgaben machen die Verwaltungskosten der Krankenkassen gerade mal gut fünf Prozent aus. Trotzdem ortet eine Mehrheit (71 Prozent) bei den Krankenkassen Sparpotenzial, weil sie die Verwaltungskosten mit gut 30 Prozent viel zu hoch einschätzen.

Der Bekanntheitsgrad von Managed Care ist auch dieses Jahr stark gestiegen, nämlich um 11 Prozent.

12

Page 13: Lese-Dossier Managed Care

18 | Gesundheitswesen 2/11

GRAFIK 1: KOORDINATION/ORGANISATION VON BEHANDLUNGEN DURCH ARZT/ÄRZTIN,

INTERNATIONALER VERGLEICH

NZ

100%

80%

60%

40%

20%

0%

GB US AU CA CH DE NO FR NL SE

QU

ELLE

: O

BSA

N

IMMER/HÄUFIG MANCHMAL/SELTEN ODER NIE

NZ GB US AU CA CH DE NO FR NL SE

QU

ELLE

: O

BSA

N

GRAFIK 2: SPEZIALIST/IN WURDE VON GEWOHNTEM/R ARZT/ÄRZTIN NICHT INFORMIERT,

INTERNATIONALER VERGLEICH

FR

100%

80%

60%

40%

20%

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AU NL NO CA GB CH US DE NZ SE

QU

ELLE

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BSA

N

NEIN JA

FR AU NL NO CA GB CH US DE NZ SE

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N

GRAFIK 3: GEWOHNTE/R ARZT/ÄRZTIN WURDE VON SPEZIALIST/IN NICHT INFORMIERT,INTERNATIONALER VERGLEICH

GB

100%

80%

60%

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AU DE NL FR CA US CH NZ SE NO

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N

NEIN JA

GB AU DE NL FR CA US CH NZ SE NO

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BSA

N

Das Gesundheitsobservatorium

(Obsan) publizierte in einem

Bericht die Ergebnisse der Umfrage

«International Health Policy Survey»

2010 des Commonwealth Fund,

durchgeführt bei der Bevölkerung

von 11 Ländern. Die Schweiz nahm

2010 erstmals an dieser Umfrage

teil. 1306 Personen ab 18 Jahren,

wohnhaft in der Deutschschweiz,

in der Romandie und im Tessin,

beantworteten am Telefon 25 Fragen.

Die Fragen decken ein breites The-menspektrum ab. Dieses reicht von der Wahrnehmung des Gesundheitssystems und seiner Leistungen über die Gesund-heitsausgaben bis zum selbst bewerteten Gesundheitszustand der befragten Per-sonen. Die Schweiz schneidet im inter-nationalen Vergleich bei allen Themen relativ gut ab. In einem Bereich hapert es allerdings noch: Die Koordination der Behandlungen und der Informations-fluss zwischen (Haus-)Ärzten und Spezi-alisten sind noch verbesserungswürdig.

Ergebnisse nicht gerade

zufriedenstellend

So geben etwa 25 Prozent der Befrag-ten an, dass ihre Hausärztin bzw. ihr Hausarzt durch den Spezialisten nicht über den neuesten Stand von dessen Behandlung informiert worden sei (Gra-fik 3). Hier figuriert die Schweiz im hin-teren Teil der Liste. Nur Neuseeland, Schweden und Norwegen schneiden noch schlechter ab. Etwas besser steht es um die Informationen, die der Spe-zialist vom Hausarzt erhält. Hier geben 15,1 Prozent der Bevölkerung an, dass der Spezialist nicht durch den Hausarzt informiert werde (Grafik 2). Auch finden 24 Prozent der Bevölkerung (Grafik 1), dass die Behandlungen nur gelegentlich oder selten durch den Hausarzt koordi-niert bzw. organisiert würden. Unter Ko-ordination versteht man das Vereinbaren eines Termins beim Spezialisten, den In-formationsfluss zwischen dem Hausarzt und anderen behandelnden Ärzten so-wie das Sicherstellen, dass der Patient die richtige Behandlung erhalten hat.

In Bezug auf die Koordination und den Informationsfluss liegt die Schweiz im Mittelfeld, während Grossbritannien und Australien obenaus schwingen. Schwe-den und Neuseeland bilden auch hier die Schlusslichter.

Heisst die Lösung Managed Care?

Die Lösung zur Verbesserung dieser Er-gebnisse liegt greifbar nah und heisst Managed Care. Das Ziel von Managed Care/Integrierter Versorgung ist es ja ge-rade, solche Mängel zu beheben und

eine intensivere Betreuung des Patien-ten in der gesamten Behandlungskette sicherzustellen. Wenn alle Akteure (Patient, Arzt, Pflege-personal) über die verschiedenen Etap-pen hinweg gut informiert sind, kommt das im Endeffekt der Behandlungsqua-lität zugute: Der Patient erhält eine an-gemessene Behandlung, Doppelspurig-keiten und medizinische Fehler werden verhindert.

MAUD HILAIRE SCHENKER

Grafik des Monats

Koordination der Behandlungen:

Hier hapert es in der Schweiz noch

Der Informationsfluss zwischen Spezialisten und Allgemeinpraktikern ist in allen Ländern noch stark verbesserungsfähig. Die Schweiz befindet sich im europäischen Mittelfeld.

13

Page 14: Lese-Dossier Managed Care

Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer

9 –10/10

info santésuisse

Die Zukunft von Managed Care

14

Page 15: Lese-Dossier Managed Care

Im Fokus 4 Konstantin Beck erklärt Managed Care 8 Politik-Umfrage: Gegen MC ist eigentlich niemand, der Teufel liegt im Detail 11 Facts & Figures zu Ärztenetzwerken 12 Vor bald zwanzig Jahre startete im Kanton Genf das Ärztenetzwerk DELTA 14 Scheitert Managed Care am Hausarztmangel oder ist es dessen Lösung? 16 Alle Antworten, die Sie schon immer zu Managed Care geben wollten 20 Integrierte Versorgung am Beispiel des Diabetes mellitus

Gesundheitswesen 22 Die wichtigsten Neuerungen in der Pflegefinanzierung 24 Buch: Sozialversicherungen in der Schweiz 25 Buch: Standardwerk Gesundheitswesen Schweiz 2010 – 2012

Rubriken 18 Grafik des Monats: Managed Care ist eine Erfolgsstory 19 Drei Fragen an den Geschäftsführer der Stiftung Patientensicherheit 21 Bild des Monats 26 Klipp&klar: Neue Verordnungen zu MiGeL und Leistungen im Überblick 26 Aus aller Welt 27 Veranstaltungen 28 Die Branchenlösungen der SASIS AG für die Zukunft

InhaltNR. 9–10, NOVEMBER/DEZEMBER 2010. Erscheint zehnmal jährlich

ABONNEMENTSPREIS Fr. 69.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.−

HERAUSGEBER UND ADMINISTRATION santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn

VERANTWORTLICHE REDAKTIONSilvia Schütz, Abteilung Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 53, Fax 032 625 41 51, E-Mail: [email protected]

HERSTELLUNG: Rub Graf-Lehmann,Murtenstrasse 40, 3001 Bern

GESTALTUNGSKONZEPT: Pomcany’s

LAYOUT: Henriette Lux

ANZEIGENVERWALTUNG: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 SolothurnE-Mail: [email protected]

ABONNEMENTSVERWALTUNGTel. 032 625 42 74, Fax 032 625 41 51Homepage: www.santesuisse.chTitelbild: Prisma, Schlieren-ZürichISSN 1660-7228

Seite 8

Wie schätzen Politiker Gegenwart und Zukunft von Managed Care (MC) ein? Wir baten profilierte Meinungsträgerinnen und Meinungsträger um ihre Einschätzung.

Seite 4

Gesundheitsökonom und Krankenversicherungs-Experte Konstantin Beck äussert sich im Interview zu den brennenden Fragen rund um Managed Care (MC): Zukunft, Erfolgs-faktoren, Preis und Qualität.

Seite 10

Integrierte Versorgung, HMO,

Ärztenetze, Managed Care.

Alle verstehen etwas anderes

darunter. Was Managed Care im

weiten Sinn bedeutet und was in

der engen Variante (die ins KVG

soll), lesen Sie am besten zuerst.

15

Page 16: Lese-Dossier Managed Care

3 | Editorial 9–10/10

Nikolai DittliVerwaltungsrat santésuisse

Bei Redaktionsschluss wurde in Bern noch über Managed Care debat-

tiert. Definitiv entschieden wird wohl im nächsten Frühling oder Som-

mer. Aktueller könnte das Thema dieses Heftes nicht sein. Umfragen

und Zahlen zeigen, dass Ärztenetze mit Budgetmitverantwortung auf

dieses Jahr in der Gunst der Versicherten um 57,7 Prozent zugelegt ha-

ben! Die Statistiken zeigen auch, dass die Beliebtheit von anderen Ärz-

tenetzwerken seit dem Start vor 20 Jahren zunehmend gestiegen ist.

Wie immer auch die laufende Debatte im Detail ausgeht und entschie-

den wird, Managed Care wird künftig einen hohen Stellenwert haben.

Doch ein Ja, auf das die Krankenversicherer stark setzen, wäre ein drin-

gendes und wichtiges Zeichen der Politik, dass Reformen und Verbes-

serungen des KVG im Sinne der Prämienzahler möglich sind. Grund-

sätzlich hat man im Parlament auch einen Kompromiss erarbeitet. Der

Teufel steckt wie immer im Detail und im politischen Kalkül.

Aus Sicht der Prämienzahler ist die Vorlage dann gut, wenn sie die

Rahmenbedingungen für innovative, auf ihre Bedürfnisse zugeschnit-

tene Managed Care-Angebote schafft. Deshalb wäre es wünschens-

wert, wenn Gestaltungsfreiräume für Leistungserbringer und Kranken-

versicherer wenigstens hier erhalten blieben. Denn die Prämienzahler

üben durch die Wahl des Krankenversicherers (mit dem für sie idealen

Angebot) genügend Druck aus, damit kreative Modelle auf den Markt

kommen, die den Fokus auf optimale Koordination und Qualität le-

gen. Und es ist den Leistungserbringern und Krankenversicherern zu-

zutrauen, dass sie aufgrund dieses Drucks durch die Kunden gemein-

sam kundenfreundliche Lösungen bereitstellen.

Der differenzierte Selbstbehalt von zehn Prozent für Versicherte in MC-

Modellen und 20 Prozent für Versicherte in Standardmodellen ist versi-

cherungstechnisch sinnvoll. Den Entscheid, ob er künftig fünf bzw. 15

Prozent betragen soll, werden die Politiker aufgrund sozialpolitischer

Überlegungen fällen müssen, zentral jedoch ist die Differenzierung um

zehn Prozentpunkte.

Unbedingt gutgeheissen werden muss – und dies befürwortet santésuisse

zusammen mit fast allen Partnern im Gesundheitswesen – der verfei-

nerte Risikoausgleich mit zusätzlichen Morbiditätskriterien. In jedem

Fall aber erhoffen wir vom Parlament, dass diese Vorlage nun erfolg-

reich zum Abschluss gebracht wird. Die Krankenversicherer sind be-

reit, die Beschlüsse dann tatkräftig umzusetzen.

Welche Themen rund um die MC-Diskussion aufleben und mit ihr ver-

knüpft werden, erfahren Sie in diesem Heft.

Ich wünsche Ihnen gute Lektüre!

Der Teufel steckt im Detail

16

Page 17: Lese-Dossier Managed Care

4 | Im Fokus 9–10/10

Im Gespräch mit Konstantin Beck, Leiter des CSS Instituts für empirische Gesundheitsökonomie

«Die Sorge der Politik um die Zusammensetzung des MC-Kollektivs ist übertrieben»

Ärztenetzwerke entstanden, als das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Versicherern und Ärzten einer Partner-schaft wich. Unterdessen ist Managed Care (MC) eine Erfolgsstory, deren Zukunft bei Redaktionsschluss im Parlament verhandelt wurde. Gesundheitsökonom und Krankenversicherungs-Experte Konstantin Beck äussert sich im Interview unter anderem zu den Erfolgfakto-ren und Zukunft von Managed Care (MC), zu Vor- und Nachteilen verschiedener Angebote, zur oft diskutierten Risikoselektion und zu Preis und Qualität.

1990 war die Schweiz das erste europäische Land, das Ärztenetzwerke in seiner sozialen Krankenversicherung zuliess. Inwiefern war das aus Ihrer Sicht ein Meilen-stein?Die Einführung von Managed Care-Modellen ermöglicht ganz neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Krankenversi-cherung und Leistungserbringer. Im traditionellen Einzelleis-tungssystem ist jeder einzelne Leistungserbringer dem ganz grundsätzlichen Verdacht ausgesetzt, er verrechne zu viele Leistungspositionen, um so sein Einkommen aufzubessern. Die Anreize, so zu handeln, sind klar gegeben. Und es gibt auch eine Reihe von Ärzten, die ihre Berufsethik hintenan-stellen und das System ausnutzen. Nun weiss der Versiche-rer aber in der Regel nicht, welches die schwarzen Schafe sind, und somit fallen alle Leistungserbringer – und damit viele zu Unrecht – unter diesen Generalverdacht.Das führt zwangsläufig zu einem Kontrollsystem. Versiche-rer versuchen mit immer ausgefeilteren Methoden, die Leis-tungserbringer zu überwachen. Diese fühlen sich schika-niert und greifen ihrerseits zu immer neuen Verfahren, um die Kontrollen der Versicherer ins Leere laufen zu lassen. Ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel. Die Wachstumsraten der Vergangenheit zeigen, dass die Leistungserbringer das Spiel nicht so schlecht beherrschen.

Und Managed Care brachte Katz und Maus zuammen...Die Ökonomen fragten sich schon vor Jahrzehnten, wie die-ser Kreislauf durchbrochen werden könnte. Daraus ist Mana-ged Care entstanden. Im Managed Care-Vertrag ist der Leis-tungserbringer nicht mehr der Gegner der Kasse, sondern ein wichtiger Partner. Er legt den optimalen Behandlungs-pfad fest und achtet dabei gleichzeitig auf das ihm zur Verfü-gung stehende Budget. Die Interessen von Versicherung und Ärzten decken sich hier. Wenn der Arzt einen sehr effizien-ten Behandlungspfad wählt, kann er sogar noch zusätzlich Gewinn machen, weil er sein Budget unterschreitet. Effizi-entes Verhalten lohnt sich für Arzt und Versicherer. Und der Patient profitiert von einer optimalen Behandlungsqualität.

«Allerdings ist es für einen Markt

paradox, dass für bessere Qualität ein

geringerer Preis zu entrichten ist, was

von vielen Kunden denn auch nicht

verstanden wird.»

Welche Angebote sind in der Schweiz entstanden und wie beurteilen Sie diese?Es gibt im Wesentlichen vier Modelltypen. Erstens das tele-medizinische Modell: Hier wendet sich der Versicherte zu-erst telefonisch an den Gatekeeper. Der gibt den Zugang zu anderen Leistungserbringern frei. Die Wirkung ist aus zwei Gründen eher eingeschränkt. Der Mediziner im Callcen-ter sieht den Patienten nicht – kennt ihn in der Regel auch nicht. Das erschwert den Entscheid, ob eine medizinische Behandlung wirklich notwendig ist. Zudem fällt der Medi-ziner am Telefon nur den Initialentscheid und hat nachher wenig Einfluss auf den Ablauf der Behandlung. Auch wenn die Behandlung sinnvoll ist, kann sie immer zu extensiv er-bracht werden.

Und die Vorteile?Ein klarer Vorteil liegt darin: Es vermittelt medizinische Fach-kompetenz auch in abgelegene Randregionen und das rund um die Uhr. Und die nötigen Anfangsinvestitionen, um ein solches Modell aufzubauen, sind nicht sehr hoch. Zudem ist der administrative Verkehr Krankenkasse/Gatekeeper über-sichtlich.Der zweite Modelltyp sind die Listenmodelle: Hier gibt der Versicherer dem Kunden eine Liste von bewährten Hausärz-ten vor, die er als Gatekeeper wählen muss. Nur über die aus der Liste gewählte Ärztin bekommt der Kunde Zugang zum Gesundheitswesen.Der Vorteil liegt darin, dass mit den Ärzten auf der Liste keine langwierigen Verhandlungen geführt werden müs-sen und dass der Versicherer, sofern er die Leistungserbrin-ger wirklich gut einschätzen kann, selber entscheiden kann, wen er auf der Liste aufnimmt und wenn nicht. Der Nach-

Konstantin BeckKonstantin Beck ist Leiter des CSS Instituts für empirische Ge-sundheitsökonomie, verantwortlicher Aktuar der CSS Kranken-versicherung AG und Titularprofessor der Universität Zürich. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Studien zu Fragen rund um die Finanzierung und Effizienz von Gesundheitsleistungen ver-öffentlicht und hat das in der Risikoausgleichsrevision 2012 zur Anwendung kommende Ausgleichsmodell entwickelt und pro-pagiert. Auf Grund seiner Publikationen ist er Berater von Ge-sundheitspolitikern, Ministerien und Regierungen im In- und Ausland. (www.css-institut.ch) Im März 2011 erscheint im Haupt Verlag sein jüngstes Buch. Beck, Konstantin (Hrsg.): Ri-siko Krankenversicherung, Haupt Verlag Bern, 450 Seiten.

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teil liegt darin, dass die Ärzte selber keinen Kostenspar-An-reiz haben. Ihnen kann es eigentlich egal sein, ob ihr Zu-gangsentscheid gerechtfertigt war oder nicht. Gewisse Me-diziner gehen sogar soweit, dass sie die Listenmodelle voll-ständig boykottieren und die Patienten zum Wechsel des Versicherers aufrufen.

Listenmodelle gelten eben auch als Pseudomodelle.Besser, weil auf gegenseitiger freiwilliger Zusammenarbeit basierend, sind die HMO-Modelle: Hier übernimmt die HMO-Praxis die Budgetverantwortung für das bei ihr eingeschrie-bene Kollektiv und hat somit den Anreiz, effizient zu arbeiten.Dieses Modell steht und fällt mit der Art der Budgetverant-wortung. Ist diese sehr large formuliert, ist auch die Einspa-rung bescheiden. Auf der anderen Seite gibt es Modelle, die die Leistungserbringer stark anbinden, indem der Ver-sicherer die HMO-Ärzte direkt anstellt. Auch wenn in die-sen Modellen in allen bisher durchgeführten Untersuchun-gen die stärksten Spareffekte nachgewiesen werden kön-nen, besteht hier ein Grössenproblem: In den letzten zehn Jahren ging das Bestreben in die Richtung, den HMOs ein möglichst grosses Kollektiv zuzuweisen, um so das (nicht unerhebliche) Zufallsrisiko1 zu reduzieren. Die Schweiz ver-fügt jedoch nicht über so grosse Managed Care-Organisati-onen wie die Vereinigten Staaten mit ihren ungleich grösse-ren Versichertenzahlen.

Was kann man dagegen tun?Die Lösung bestand darin, und das wäre das vierte Modelle, bestehende Einzel- oder Gruppenpraxen zu vernetzen. Das erhöht das Einzugsgebiet und minimiert das Risiko des Netz-werks. Allerdings erfordert ein solches Netzwerk wiederum Managementfähigkeiten, müssen doch gewisse Behandlungs-standards verbindlich durchgesetzt werden.

Wie bewerten Sie diese vier Modelle hinsichtlich Quali-tät und Preis-/Leistung? Das Preis-/Leistungsverhältnis der verschiedenen Produkte ist sehr aussagekräftig. Listenmodelle und telemedizinische Modelle zeitigen geringere Kostenspareffekte und werden auch mit geringeren Rabatten angeboten. Hohe Rabatte gibt es für die restriktiveren aber auch gleichzeitig wirkungsvol-len Modelle. Der Kunde bekommt dadurch ein informati-ves Preissignal und kann sich entscheiden, wie viel Rabatt-gewinn er gegen wie viel Einschränkung bei der Arztwahl eintauschen will.

Über den Preis wird viel geredet. Vergessen geht dabei der positive Einfluss von HMO-Modellen und Netzwer-ken auf die Qualität. Hinsichtlich der Qualität ist der Rabatt ebenfalls aussagekräf-tig. Qualitätszirkel und damit ein sonst in den Arztpraxen wenig verbreitetes Qualitätsinstrument gibt es nur bei HMO und Netzwerken, also wiederum dort, wo der Rabatt hoch ist. Allerdings ist es für einen Markt paradox, dass für bes-sere Qualität ein geringerer Preis zu entrichten ist, was von vielen Kunden denn auch nicht verstanden wird.

Laut Gesetzesentwurf müssten MC künftig Budgetmit-verantwortung tragen. Welche Arten der Budgetmitver-antwortung gibt es bei der CSS Gruppe? Die CSS darf wahrscheinlich für sich in Anspruch neh-men, die Kalkulationen von Managed Care-Budgets am weitesten voran getrieben zu haben. Ganz sicher ist die Schweizer Branche in diesem Punkt ein Vorbild für Deutschland, wo bis heute noch kaum so komplexe und gleichzeitig faire Budgets berechnet werden können. Diese Berechnungen lassen sich ganz einfach zusammen fas-sen: Es geht darum, die Versicherten eines MC-Modells in verschiedene, möglichst aussagekräftige Risikogruppen zu unterteilen und für diese Gruppen die zu erwartenden Kos-ten festzulegen. Dazu kommen noch weitere Absicherungen, z.B. eine Rückversicherung für das MC-Modell usw. Um das ganze ein wenig in Zahlen fassen zu können: Als ich 1993 zur Versicherung kam, konnten die angewandten Kalkulati-onen gerade einmal vier Prozent des Versichertenrisikos er-klären. Heute sind die Modelle zehn- bis zwölfmal aussa-gekräftiger. Vollständige Risikoerklärung gibt es hoffentlich nie, weil ohne Restrisiko auch die Notwendigkeit einer risi-kotragenden Krankenversicherung wegfällt.

Mit der Budgetverantwortung beteiligt sich der Arzt am Risiko.Genau. Unter Budgetverantwortung fallen bei der CSS dieje-nigen Modelle, in denen die Ärzte einen relevanten Teil des finanziellen Risikos schultern. Neben den fairen und tech-nisch raffinierten Budgetmodellen gibt es auch homöopa-thischere Ansätze. Bei diesen beteiligt sich der Arzt im Falle der Unterschreitung eines virtuellen Budgets am entstande-

Konstantin Beck: «Die Wachstumsraten von Modellen mit Budgetverantwortung der Ärzte sind dramatisch hoch.»

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nen Gewinn. Entsprechende Verlustbeteiligungen sind oft nicht vorgesehen, womit die Steuerungswirkung dieser Ver-träge stark vermindert wird. Sobald die staatliche Vorschrift der Budgetverantwortung kommt, ist der Weg nicht mehr weit zu zentral und büro-kratisch festgelegten Budgetmodellen. Dann wäre ein wei-terer, wesentlicher Wettbewerbsparameter auf dem Altar des angeblichen Transparenzgewinnes geopfert worden. Eine durchaus betrübliche Perspektive.

Haben die von den Krankenversicherern erfolgreich pro-pagierten so genannten «Soft-Managed Care-Verträge» eine Zukunft? Die Ärzte werden in solchen Modellen nicht mehr vertraglich eingebunden und haben dann auch keine Budgetverantwortung.Sie würden auch künftig wählbare Modelle bleiben, welche gute Behandlungsqualität und verringerte Prämien bieten.

«Ganz sicher ist die Schweizer Branche

in diesem Punkt ein Vorbild für

Deutschland, wo bis heute noch kaum so

komplexe und gleichzeitig faire Budgets

berechnet werden können.»

Welche Einsparungen können mit Managed Care erzielt werden?Um diese Frage beantworten zu können, müssen in aufwän-digen Verfahren die offensichtlichen Kostenvorteile der MC-Modelle (sie betrugen zwischen 1998 und 2008 im Jahres-durchschnitt zwischen 30 und 60 Prozent) in einen Kosten-einspareffekt und einen (immer vorhandenen) Risikoselek-tionseffekt aufgeteilt werden.Wenn wir zwei Analysen heraus greifen, so zeigt sich das fol-gende Bild: Auf Grund der offiziellen Berechnungsmethode des BAG ergeben sich in den Modellen mit Budgetverantwor-tung (von 2005 bis 2009) Einsparungen von 28 bis 32 Pro-zent, in den Listenmodellen solche von 18 bis 30 Prozent. Eine sehr viel strengere Methode des CSS Instituts kommt auf eingesparte Leistungen von 18 Prozent (im Jahr 2007). Allerdings leiten sich die 18 Prozent von den bereits sehr niedrigen Kosten innerhalb der MC-Modelle ab. Berechnet man die Einsparung bezogen auf die durchschittlichen OKP-Kosten aller Versicherter (d.h. inklusive der ordentlich Ver-sicherten), so beträgt die Einsparung noch 9,3 Prozent. Wie auch immer gerechnet wird, für die meisten Modelle kön-nen signifikante, über mehrere Jahre hinweg anfallende Ein-sparungen nachgewiesen werden.2

Wer ist für die Einsparungen in MC-Modellen verant-wortlich: Sind es die Ärzte oder die Kunden, die diese Modelle wählen?Diese wichtige, aber kaum diskutierte Frage haben wir an unserem Institut untersucht. Bisher konnten wir nur nach-weisen, dass sich in der HMO vor allem Versicherte sam-meln, die grundsätzlich sparsam und zurückhaltend mit der Ressource Gesundheitsleistung umgehen. Dass heisst, die Bevölkerung lässt sich in verschiedene Risikoklassen auf-teilen und jede Risikoklasse lässt sich wiederum in Perso-nen mit zurückhaltendem und solche mit extensivem Kon-sum unterteilen. In den MC-Modellen trifft man nun vor-wiegend die erste Gruppe an. Das ist nun nicht Risikose-lektion, wie wir sie sonst kennen. Es geht nicht nur darum, dass die Kranken in der ordentlichen Versicherung bleiben und sich die Gesunden im MC-Modell sammeln. Sondern es geht um kranke und gesunde Personen in Managed Care-Modellen, die sich durch einen zurückhaltenden Konsum auszeichnen. Das heisst, die relativ Gesunden im MC-Mo-dell sind auch noch sparsamer. Diese erste Evidenz ist al-lerdings noch sehr schwach und das Thema beschäftigt uns zur Zeit noch sehr intensiv.

Lässt sich ein Röstigraben in der Beliebtheit von MC fest-stellen? Während die Westschweizer als Entschädigung dafür, dass sie auf die freie Arztwahl verzichten, sehr viel Geld fordern, ist den Ostschweizern die freie Arztwahl viel weniger wich-tig. Das belegen eine Reihe von Zahlungsbereitschafts-Un-tersuchungen der Universität Zürich eindrücklich.

Welches sind die optimalen Rahmenbedingungen für MC? Kosten sparen steht immer im Konflikt mit der Risikoselek-tion. Solange es für den Versicherer attraktiver ist, einen Prä-mienvorteil durch Risikoselektion zu erlangen, wird er der Kosteneinsparung weniger Gewicht einräumen. Insofern sind die optimalen Rahmenbedingungen dann gegeben, wenn der Risikoausgleich die Selektionsgewinne abschöpft. Dann ist der Versicherer gezwungen, sich durch gute MC-Modelle im Markt vorteilhaft zu positionieren.

Wieviel Staat braucht es?Ganz wichtig – das zeigt die Geschichte der Managed Care- Bewegung – sind die sehr liberalen gesetzlichen Rahmenbe-dingungen. Es war in den letzten 20 Jahren mehrmals nötig – aber eben auch möglich – das MC-Angebot zu optimieren. Ohne die liberale gesetzliche Regelung hätte das Projekt MC schon bald definitiv Schiffbruch erlitten. Ein anschauliches Beispiel für den Effekt der Überregulierung liefern unsere nördlichen Nachbarn, welche noch nach Jahren nicht über das Anfangsstadium hinaus gekommen sind.

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Welches sind die Erfolgsfaktoren von Managed Care bzw. integrierter Versorgung – mit oder ohne Annahme der Teilrevision KVG?Zur Teilrevision MC ist zu sagen, dass die wichtigen Anreiz-verzerrungen ausgeklammert werden und dafür dort An-reize verstärkt werden, wo das Wachstum bereits sehr gross ist. Die Politik geht auf Grund stark veralteter Daten davon aus, dass die Nachfrage nach MC-Modellen zu klein sei. Ein Blick in die jüngere Statistik zeigt Folgendes: Gesamtschwei-zerisch haben 32 Prozent der Versicherten 2010 ein Listen-modell, 5,7 Prozent ein Budgetmodell und 5,9 Prozent ein telemedizinisches Modell gewählt. Dabei weisen die Listen-modelle eine Wachstumsrate von 23 Prozent, die Capitation-modelle, also Modelle mit Budgetverantwortung, eine sol-che von 57,7 Prozent (!) auf. Vor allem die Wachstumsraten sind dramatisch hoch.3

Und wie beurteilen Sie die Sorge um die Risikoselektion mit HMO-Modellen?Die Sorge der Politik um die Zusammensetzung des MC-Kol-lektivs ist übertrieben. Es stimmt zwar, dass in den jungen HMO vor allem gesunde Versicherte eintreten. Aber das ist ein reines Start-up-Phänomen. Sobald die HMO älter wird, werden es auch ihre Kunden und damit werden diese auch kränker und nähern sich Schritt für Schritt dem Gesund-heitszustand der ordentlich Versicherten an. Hier braucht es nichts weiter als ein wenig Geduld.

Wie steht es um das Angebot von Ärzten? Die Ärzte haben als Folge des Kontrahierungszwanges wenig Anreiz, Budgetverantwortung zu übernehmen. Kommt dazu, dass der Zulassungsstopp den jungen und innovationsfreu-digeren Ärzten den Zugang in den Markt verwehrt hat. In-sofern haben wir es mit einem Angebotsproblem (auf Ärzte- und nicht auf Versichererseite) zu tun. Die Teilrevision, wel-che hauptsächlich die Nachfrage ködert, würde daher nichts weiter als einen noch grösseren Nachfrageüberhang produ-zieren. Angesichts der Zurückhaltung der Leistungserbringer (mit Ausnahme natürlich der wichtigen und erfolgreichen Pionierärzte auf dem Gebiet Managed Care, welche bewie-sen haben, dass MC ein Erfolgsmodell sein kann), müssen sich die Versicherer überlegen, vermehrt auf eigene Praxen mit lohnabhängigen Ärzten zu setzen.

INTERVIEW: SILVIA SCHÜTZ

1 Zufallsrisiko: Zahlungen für Leistungen sind rein zufällig deutlich höher als die Budgetvorgabe

2 Eine fundierte Zusammenstellung der Analysen wird im März 2011 im Haupt Verlag erscheinen (Beck, Konstantin (Hrsg.): Risiko Krankenversicherung, Bern, 450 Seiten.)

3 Datenpool santésuisse, August 2010 und Grafik infosantésuisse, S. 18.

Als die Katz-und-Maus-Spiele zwi-schen Ärzten und Krankenversiche-rern aufhörten, be-gann die Zeit der Ärzte- und Versor-gungsnetze.

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Umfrage: infosantésuisse fühlt den politischen Puls zu Managed Care

Die Zukunft von Managed Care aus Sicht der Politik

Entschieden wird vermutlich erst im Frühling, die Managed Care-Vorlage wurde bei Redaktionsschluss immer noch im Par-lament beraten. Wir nutzten die Gelegenheit und fragten Politikerinnen und Politiker aus verschiedenen politischen Lagern und aus allen Regionen der Schweiz, wie sie die Zukunft für Managed Care beurteilen. Eines ist klar: Managed Care (MC) ist nicht mehr wegzudenken aus unserem Gesundheitssystem – bei einem Ja oder Nein zur Vorlage.

Wie sieht die Zukunft von Managed Care aus, falls die Revision vom Parlament abgelehnt wird? Und falls die Revision mit fünf Prozent Selbstbehalt (maximal 500 Franken Kostenbe-teiligung pro Jahr) für MC-Angebote mit Budgetverantwortung und 15 Prozent Selbstbehalt (maximal 1000 Franken pro Jahr) für alle anderen Modelle angenommen wird?

Wenn sich die Vorlage für Ma-naged Care (integrierte Versor-gungsnetze) durchsetzt, dürfte es in drei bis fünf Jahren al-len Versicherten, unabhängig vom Wohnort, möglich sein, sich in einem Netzwerk behan-deln zu lassen. Bei Ablehnung der Vorlage wird es aller Vor-aussicht nach wesentlich län-ger dauern. Die Leistungser-bringer, die nach wie vor ohne besonderen Druck vom Ver-tragszwang profitieren, wer-den kaum bereit sein, ohne Not den freiheitlichen Status aufzu-geben. Die Schwäche des be-stehenden Systems wird wei-terhin augenützt. Ob sich der differenzierte Selbstbehalt auf

Nur eine Managed Care-Reform, die sich dem Gemeinwohl ver-pflichtet und nicht Sonderinter-essen bedient, wird in einer all-fälligen Volksabstimmung eine Chance haben. Die Reform darf die Patientinnen und Patien-ten nicht weiter belasten und muss zu einer qualitativ bes-seren Gesundheitsversorgung führen. Deshalb sind folgende Elemente zwingend: Pflicht für die Versicherungen, in allen Re-gionen Managed Care-Modelle anzubieten, die Budgetmitver-antwortung für Ärztinnen und Ärzte sowie ein differenzierter Selbstbehalt von fünf für MC-Angebote und 15 Prozent für alle anderen Modelle mit ei-

Bei einem Nein entwickelt sich Managed Care wie bin anhin weiter, aber langsamer als mit besseren Rahmenbedingun-gen. Zudem würde eine wich-tige Chance verpasst, unser Ge-sundheitswesen auf der Sys-temebene zu modernisieren. Die Regelung des differen-zierten Selbstbehaltes gehört zu den besseren Rahmenbe-dingungen: Es ist ein finanziel-ler Anreiz, um die Versicherten (insbesonderes die chronisch Kranken) in die integrierten Versorgungsnetze hereinzulo-cken. Die Lösung 5/15 Prozent wurde von Patientenorganisa-tionen gefordert: Die Gesund-heitskommission des Ständera-

Wird die Vorlage abgelehnt und kommt auch separat kein verbesserter Risikoausgleich zustande, würden sich die MC-Angebote in der heutigen Lo-gik anteilsmässig weiterentwi-ckeln: kaum für die chronisch Kranken, die sie am nötigsten hätten; gleichzeitig aber mit fi-nanziell und auch qualitativ at-traktiven Angeboten für eher Junge und Gesunde – mit ei-ner Stärkung der fragwürdigen Risikoselektion. Beim syste-matischen Ausbau des Ange-botes muss der Wahrung der Qualität mehr Beachtung ge-schenkt werden. Die Senkung auf 5/15 Prozent mit Ober-grenze 500/1000 geht in eine

Toni Bortoluzzi (svp), Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR (SGK-NR)

Jacqueline Fehr (sp), Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR (SGK-NR)

Ignazio Cassis (fdp), Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR (SGK-NR)

Jean-François Steiert (sp) ist unter anderem Vizepräsident des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen und Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik.

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Welche Erwartungen haben Sie für die Weiterentwicklung von MC an die Leistungserbrin-ger? Welche an die Kantone? Welche an die Krankenversicherer (bei einem Ja oder Nein zur Revision)?

Toni Bortoluzzi Jacqueline Fehr Ignazio Cassis Jean-François Steiert

tieferem Niveau von 5/15 Pro-zent oder auf der etwas höhe-ren Ebene durchsetzt, ist für die Zukunft der Netzwerke nicht entscheidend. Ziel eines hö-heren Selbstbehaltes ist es, die Eigenverantwortung der Versi-cherten zu belohnen. Die Dif-ferenz beim Selbstbehalt soll chronisch Kranke dazu brin-gen, sich in Netzwerke zu be-geben.

ner Obergrenze auf 500 bezie-hungsweise 1000 Franken. Die Vorlage wird vom Parlament nur abgelehnt werden, wenn sich entweder die Krankenkas-senlobby durchsetzt und sich aus der Angebotspflicht verab-schiedet, oder wenn mit dieser Reform die Patientinnen und Patienten mehr belastet wer-den.

tes hat sie der nationalrätlichen Lösung 10/20 Prozent vorgezo-gen. Der Nachtteil dieser Lö-sung ist eine Prämienerhöhung für alle, da die Kostenbeteili-gung für alle kleiner wird.

gute Richtung; die Erhöhung für die anderen Modelle bleibt mit dieser Lösung bescheiden, und die gesamte finanzielle Be-lastung für die Patientinnen und Patienten ist gegenüber der heutigen Situation neutral.

Ich hoffe natürlich, dass sich die Angebotspflicht für die Kran-kenversicherer in der Vorlage hält. Damit ist die Ausgangs-lage für ein flächendeckendes Angebot von Netzwerken in unserem Land gewährleistet. Es ist zudem die Voraussetzung geschaffen, dass ein differen-zierter Selbstbehalt oder Prä-mienrabatte eingeführt werden können. Damit alle Akteure in unserem Gesundheitswesen mit einer gewissen Verpflich-tung oder in verstärkte Ver-antwortung einbezogen wer-den, sind die Leistungserbrin-ger zur Budgetmitverantwor-tung in den Netzwerken zu verpflichten. Das heisst: Alle Akteure – Krankenversicherer, Prämienzahler und Ärzte – ha-ben einen Beitrag zu leisten. Die Kantone sollten sich gene-rell auf die Aufsicht und bei ei-nem sehr unwahrscheinlichen Marktversagen auf die Versor-gungssicherheit konzentrieren.

Ich erwarte, dass sich Kran-kenversicherer und Leistungs-erbringer besonders für gute Angebote für chronisch kranke Menschen engagieren. Eine ko-ordinierte Behandlung bringt gerade bei diesen Patientin-nen und Patienten mehr Quali-tät zu tieferen Kosten. Fachver-bände, Kantone und Kranken-versicherungen müssen mehr in sogenannte Behandlungs-programme investieren. Um die Risikoselektion wirklich einzu-dämmen, brauchen wir zudem einen sogenannten Hochrisi-kopool. Wenn der gesetzliche Rahmen und die Anreize nach einer Ablehnung der MC-Vor-lage fehlen, wird es umso wich-tiger sein, dass die Krankenver-sicherungen von sich aus die Modelle in hoher Qualität an-bieten und mit möglichst vie-len Leistungserbringern Ver-träge abschliessen.

Für die Leistungserbringer be-deutet Managed Care mehr Freiheit (therapeutisch und unternehmerisch) sowie mehr Verantwortung: Ich erwarte, dass sie als Freiberufler die-sem Systemwechsel demzu-folge positiv gegenüber ste-hen. Der Wechsel bedeutet auch eine Effizienzsteigerung: Die Kantone als Vertreter des Volkes sollen an einer nachhal-tigen Entwicklung des Gesund-heitswesens grosses Interesse haben. Die Krankenversiche-rer erreichen mit diesem neuen Versorgungsmodell im ambu-lanten Sektor mehr Qualität und Effizienz. Bei einem Nein zur Revision sollen sich alle auch weiterhin für eine grös-sere Systemeffizienz und eine bessere medizinische Quali-tät engagieren. Denn das jähr-liche Wachstum der Gesund-heitskosten wird die nächs-ten Generationen massiv un-ter Druck setzten.

Von den Kantonen braucht es Bestrebungen für ein flächen-deckendes Angebot – notfalls mit entsprechenden ökonomi-schen Anreizen oder der Schaf-fung von Netzen mit Leistungs-erbringern im Lohnverhältnis. Die Leistungserbringer müssen das Potenzial der integrierten Versorgung für eine verbes-serte Schnittstelleneffizienz so-wie für eine systematische Nut-zung der aussertarifären Spiel-räume durch die budgetverant-wortlichen Netze ausnutzen. Von den Versicherern erwarten wir transparente, vergleichbare Angebote und eine Kontrahie-rungspolitik im Patienteninter-esse, das heisst mit allen quali-tativ guten Leistungsanbietern. Diese Erwartungen gelten auch bei einem Nein, mit einer stär-keren Verantwortung bei den Kantonen – weil es stossend ist, wenn Patientinnen einzel-ner Landesteile von den Vor-teilen von MC ausgeschlossen werden.

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Page 23: Lese-Dossier Managed Care

10 | Im Fokus 9–10/10

Wieviele MC-Netzwerke wird es in zehn Jahren geben? Wie viele Versicherte werden in einem MC-Angebot versi-chert sein (bei einem Ja oder einem Nein)?

Toni Bortoluzzi Jacqueline Fehr Ignazio Cassis Jean-François Steiert

Wie viele Netzwerke es wann geben wird, kann ich nicht beantworten. Ich bin Gesundheitspolitiker und nicht Prophet. Ziel aber muss es sein, dass in unse-rem Land die Versicherten in ihrer Nähe zwei bis drei Netzwerke mit umfassender Versorgung zur Verfügung haben. Dass dies in weni-ger dicht besiedelten Gebie-ten nicht vor jeder Haustüre der Fall sein kann, dürfte auf der Hand liegen. Der Versor-gung in Netzwerken gehört die Zukunft. Mit einer Geset-zesvorlage, welche die Min-deststandards vorschreibt, geht es schneller.

Bei einem Ja wird es im gan-zen Land flächendeckend MC-Angebote geben. Diese werden eine koordinierte Behandlung in hoher Qua-lität anbieten. Die häufigs-ten komplexen Krankhei-ten werden aufgrund von wissenschaftlich gestützten Richtlinien behandelt. Da-mit wird die zentrale Frage sein, ob eine Behandlung auch wirklich wirkt. Die Verstärkung des Risikoaus-gleichs wird zudem zu ei-ner Reduktion der Risiko-selektion führen. Ein Nein verlangsamt diese Entwick-lung. Es ist dann zu befürch-ten, dass chronisch Kranke und Menschen in komple-xen psychosozialen Situati-onen nicht von diesen An-geboten profitieren können.

Bei einem Ja werden integ-rierte Versorgungsnetze bis 2020 in der Schweiz flächen-deckend zur Verfügung ste-hen. Ich gehe davon aus, dass dannzumal vielleicht um die 300 Netze existieren werden. Bei einem Schei-tern der Vorlage wird die Entwicklung viel langsamer gehen und andere Lösungen werden möglicherweise vor-gezogen (Vertragsfreiheit, globales Budget usw.).

Bei einem Ja wird 2020 der überwiegende Teil der Be-völkerung einem Netz an-geschlossen sein – mehr aus qualitativen Überlegungen denn aus finanziellen. Netz-werke müssen versicherer-unabhängig sein. Regionen ohne integrierte Netzwerke sollten zudem vorüberge-hend von der differenzier-ten Beteiligung ausgenom-men werden. Beim Scheitern müsste die Verbesserung des Risikoausgleichs als autono-mer Schritt an die Hand ge-nommen werden, um den ge-sundheitspolitisch anzustre-benden Zugang chronisch Kranker zu integrierten Net-zen zu gewährleisten.

UMFRAGE: SILVIA SCHÜTZ

Im Unterschied zu herkömmlichen Angeboten der Grundversiche-rung verpflichten sich Versicherte mit Managed Care im weiten Sinn, im Krankheitsfall als erstes immer die von ihnen gewählte Fachperson ihres Netzwerkes zu kontaktieren. Die Anlaufstelle (der Gatekeeper) des Netzwerks kann ein Hausarzt, ein Spezial-arzt oder eine medizinische Telefonberatung sein. Ziel ist, dass nach dem Erstkontakt alle weiteren Schritte im Behandlungspro-zess mit dem Fokus auf Effizienz und Qualität koordiniert werden. Vom Hausarzt über die Apotheke, das Spital bis hin zur Rehabi-litation, Spitex und Pflege. So kann eine optimale Betreuung der Patienten garantiert werden. Gleichzeitig werden unnötige Such-prozesse, Wartezeiten und Behandlungen vermieden. Da die Ver-sicherten im Krankheitsfall auf dem gesamten Behandlungspfad von der gleichen Ansprechperson beraten und begleitet werden, verbessert sich der Behandlungsprozess. Eine wichtige Voraus-setzung für Qualität und Effizienz ist ein elektonisches Patienten-dossier mit allen relevanten Informationen für alle behandelnden Fachpersonen. Ausser von diesen Vorteilen profitieren Versicherte

mit Managed Care von einem Rabatt auf die Prämie und im Krankheitsfall von einem reduzierten Selbstbehalt (fünf oder zehn Prozent – darüber wird das Parlament im Frühling verhandeln).*Gesetz: Laut dem vom Parlament noch nicht verabschiedeten Gesetz (Art. 43a-c KVG) haben die Leistungerbringer bei Mana-ged Care im engen Sinn Budgetmitverantwortung und koordi-nieren den Behandlungsprozess der versicherten Person mit allen behandelnden Fachpersonen innerhalb und ausserhalb des Ver-sorgungsnetzes. Die Gruppe von Leistungserbringern, die sich zu einem integrierten Versorgungsnetz zusammenschliesst, kann mit mehreren oder einem Versicherer vertraglich vereinbaren, dass die Behandlung ausschliesslich vom Netz übernommen wird. Das Netzwerk muss auch Patienten ohne Manged Care behandeln. Die Versicherer müssen die Grundversicherung auch ohne Mana-ged Care anbieten.

* 04.062: Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Teilrevision. Managed Care

Managed Care – was man darunter versteht

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Überblick über die Ärztenetzwerke in der Schweiz

Managed Care wächst am stärksten

Managed Care-Modelle haben einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht: 57,7 Prozent mehr Versicherte waren 2010 in einem Modell mit Budgetverantwortung versichert als 2009. Auch Ärztenetzwerke ohne Budget-verantwortung haben zugelegt. Je nach Definition von Ärztenetzwerk ist jeder dritte oder zehnte Versicherte in einem Modell mit eingeschränkter Arztwahl versichert.

• 95 Ärztenetzwerke gibt es in der Schweiz, in manchen Kantonen flächendeckend. Mitgezählt werden auch die von Versicherern angebotenen Zentren. Das erste Netz-werk entstand 1990.1

• 93 Prozent der Netzärzte verpflichten sich zur Teilnahme an rund acht obligatorischen Qualitätszirkeln pro Jahr. Qualitätssicherung wird erreicht durch: Critical Incident Reporting (53 Prozent), Behandlungsleitlinien (41 Pro-zent) und Offenlegung der Qualitäts- und/oder Kosten-daten (55 Prozent).1

• 57,7 Prozent mehr Versicherte als 2009 verzeichneten Netz-werke mit Budgetverantwortung im Jahr 2010. Die Mo-delle ohne Budgetverantwortung der Ärzte verzeichne-ten in den letzten beiden Jahren je einen Zulauf von Ver-sicherten von im Durchschnitt 21,5 Prozent.2

• 50 Prozent der Grundversorger (Allgemeinmediziner, In-ternisten, Kinderärzte (Pädiater) und über 400 Spezialis-ten sind Netzwerken angeschlossen.1

• 43 Prozent der Netzwerke haben Kooperationen mit an-deren Leistungsanbietern wie Spitälern, Callcenters und Notfalldiensten.1

• 37 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind 2010 in einem Ärztenetzwerk im weiteren Sinn (mit oder ohne Budget-verantwortung) versichert2. 2009 waren es rund 36 Pro-zent.3 Dazu gezählt werden auch Netzwerke, die durch die Krankenversicherer angeboten werden und Ärztelis-ten.

• 12 Prozent der Versicherten – also jeder Achte – vertrauen ihre Gesundheit einem Ärztenetzwerk an, das durch die Ärzte selbst organisiert ist und nicht durch eine Versiche-rung. Ärztelisten werden vom Forum Managed Care, das die Zahlen erhoben hat, nicht zu den Ärztenetzwerken ge-zählt. Das ist eine Erklärung für den Unterschied zu den Zahlen des Datenpool santésuisse und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).4

SILVIA SCHÜTZ

1 Care Management 2010; Nr. 3, s. 45 ff.2 Datenpool santésuisse, Abdeckungsgrad 91 Prozent, siehe Grafik S. 18

in dieser Ausgabe.3 BAG, Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2009, Blatt 1105d4 Die Zahlen stammen vom Forum Managed Care (www.fmc.ch). Es führt seit

zehn Jahren Erhebungen von Ärztenetzwerken durch. Die Zahlen widerspie-geln den Stand August 2010.

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Ärztenetz besteht seit:

1990 2009

Ärztenetze pro Kanton mit Anzahl der im Netz betreuten Versicherten und Netz-Alter nach Betriebsjahren.

Alle Ärztenetze in der Schweiz mit Anzahl der dem Netz angeschlossenen Ärzte.

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Entwicklung des Anteils der Versicherten in Ärztenetzen pro Kanton und ganze Schweiz 2000–2010.

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Schweiz gesamt

© Forum Managed Care; Grafik: Hahn und Zimmermann

2002

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Page 25: Lese-Dossier Managed Care

12 | Im Fokus 9–10/10

DELTA ist ein Pioniernetzwerk der Schweiz

«Ärztenetzwerke – vielmehr eine Philosophie als ein Wirtschaftsmodell»

Bald zwanzig Jahre sind es nun schon her, seit der Kanton Genf sein Ärztenetzwerk mit Praxen auf dem ganzen Territorium hat. Zuweisungen an Spezialisten erfolgen bei diesem Modell durch den betreuenden Hausarzt. Die Patienten sind die Ersten, die von diesem Experiment profitieren. Im Gespräch mit Dr. Marc-André Raetzo.

Die Arztpraxis von Marc-André Raetzo, der zusammen mit Philippe Schaller vor 18 Jahren das Netzwerk DELTA gegrün-det hat, liegt im zweiten Stock eines Gebäudes in Onex. Der Arzt erinnert sich: «Am Anfang waren alle gegen uns. Wir wurden von santésuisse vorgeladen, und im Grossen Rat wurde eine Motion eingereicht. Sowohl die linken als auch die rechten Vertreter der politischen Szene kritisierten uns. Die Medien ebenfalls. Man warf uns vor, eine Zweiklassen-medizin zu schaffen…»

Haushälterisch mit dem Geld umgehen«Die Grundidee unseres Modells besteht darin, dass wir un-sere Arbeit besser machen können.» Marc-André Raetzo blickt zurück: «Vor etwa dreissig Jahren waren Landärzte üblich, die über eine bestimmte Region verteilt waren und isoliert in ihren Dörfchen praktizierten. Diese zerstückelte Welt mag man mit der Vorstellung von Unabhängigkeit in Verbindung bringen. Eine solche Organisation entspricht jedoch nicht mehr den heutigen Bedürfnissen und interessiert auch die junge Generation nicht mehr.»Zwei Erlebnisse von Marc-André Raetzo gaben den Aus-chlag für die Gründung der Netzwerke: Das erste war die Begegnung mit einer etwa 75 Jahre alten Frau, die ihn we-gen Appetitlosigkeit aufsuchte. Nach einigen Fragen gestand sie schliesslich, dass, wenn sie ihre Rechnungen und Kran-kenkassenprämien bezahlt habe, eigentlich nicht mehr viel Geld fürs Essen übrig bleibe.

Was folgt daraus? Im traditionellen Gesundheitssystem be-lasten die Prämien das Portemonnaie von vielen Menschen viel zu stark. In solchen Fällen drängt sich der Beitritt in ein Ärztenetzwerk besonders auf.

Nicht jede Leistung ist ihr Geld wertIm zweiten Beispiel geht es um eine Frau, die an Asthma leidet. Nachdem sie jahrelang regelmässig ihren Arzt kon-sultiert hatte, erschien sie plötzlich nicht mehr. Warum? Ihr Arzt hatte sie angeleitet, wie sie sich selber pflegen konnte.Schlussfolgerung? In der Medizin ist gewissenhafte Effizienz angebracht. «Die Bezahlung pro erbrachte ärztliche Leistung ist eine Beleidigung für den Verstand. Man muss sich um Ef-fizienz bemühen, denn ineffiziente Leute kosten mehr», be-tont der Genfer Arzt. Er ist inzwischen ein Meister in der Entscheidungsanalyse und beherrscht auch andere Metho-den, die auf die Effizienzsteigerung abzielen. Ärztenetz-werke fördern die eigene Effizienz und auch die Selbststän-digkeit der Patienten.

Die Kunst der DiagnoseLaut Marc-André Raetzo gibt es noch viel zu tun, um den Leuten die Komplexität der Hausarztmedizin verständlich zu machen. Der Arzt steht aufrecht in seiner Praxis, schal-tet das Licht aus, macht es wieder an, löscht es erneut und erwähnt dabei den Film «Les visiteurs» («Die Besucher»). Er spielt damit auf das stark vereinfachende Schwarz-Weiss-Prinzip an, mit dem man meint, die Qualität in der Medi-

Dr. Marc-André Raetzo ist Mitgründer des Ärztenetzes DELTA.

Was folgt daraus? Im traditionellen Gesundheitssystem be

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Das Netzwerk DELTA«Ein Foto vom Netzwerk DELTA? Unmöglich!» Das Netzwerk DELTA besitzt keine Räumlichkeiten. Bis zum letzten Jahr gab es auch keine bezahlten Angestellten. Die am Netzwerk beteiligten Ärzte haben keinen Vertrag mit den Versicherungen abgeschlos-sen, sondern eine Charta unterzeichnet. Diese verlangt von ih-nen lediglich die Bereitschaft, sich in den Qualitätszirkeln zu en-gagieren. Das Netzwerk DELTA umfasst in Genf 160 und in der Waadt über 20 Hausärzte und Internisten. Zusammen betreuen sie mehr als 60 000 Versicherte.

lauben insbesondere, Wissen gemeinsam zu nutzen, sich un-tereinander zu koordinieren und an der Verhaltensänderung der Patienten zu arbeiten. «Wir arbeiten prozessorientiert und stellen uns beispielsweise die Frage, warum zu einem ge-gebenen Zeitpunkt ein Fehler passiert ist.» Im Rahmen ihrer Fortbildung tauschen sich die Allgemeinpraktiker des Netz-werkes DELTA über die erkannten und nicht erkannten so-wie über die erwiesenen Bedürfnisse aus.Der Pionier aus Onex schliesst mit folgenden Worten: «Das Experiment, das wir 1992 ins Leben gerufen haben, ist kein Wirtschaftsmodell, sondern eine Philosophie.»

FRANÇOISE TSCHANZ

Die Diagnose ist das eine. Ein Vorteil von Netzwerken ist aber auch, dass sie die Prävention und die Schulung der Patienten fördern.

lauben insbesondere Wissen gemeinsamzin beurteilen zu können. Nehmen wir zum Beispiel die Grippe: Hier besteht die Schwierigkeit darin, dass zwei Blut-entnahmen im Abstand von mehreren Wochen erforderlich sind. Niemand macht das. Das ist eine Frage des Umgangs mit Wahrscheinlichkeiten. Leidet der Patient offensichtlich nicht an einer bestimmten Krankheit, wendet man das Aus-schlussverfahren an.»

Qualität und PräventionHeute überzeugen die Ärztenetzwerke immer mehr An-sprechgruppen. Ist es folglich denkbar, dass sie bald über-all zu finden sein werden? «Warum nicht?», erwidert Marc-André Raetzo und zählt die wichtigsten Vorteile dieses Ge-sundheitssystems auf. Seiner Meinung nach sind in den Netz-werken Ärzte vertreten, die bereit sind, sich zu hinterfragen und an der Qualität zu arbeiten.Der zweite Vorteil besteht darin, dass die Ärzte einen Teil ihrer Einkünfte aufbringen können, um Prävention und the-rapeutische Schulung für Patienten erschwinglicher zu ma-chen. Ein Beispiel: Um betagten Menschen zu helfen, so mobil wie möglich zu bleiben, ermöglicht ihnen der Kan-ton Genf, an Gymnastik-Kursen des Jaques-Dalcroze-Insti-tuts teilzunehmen. Ein zwar nicht medizinischer, doch ge-selliger Weg, um potenziell schwer wiegenden Gesundheits-problemen vorzubeugen. Eine Studie hat einen 50-prozen-tigen Rückgang von Stürzen nachgewiesen. Ein weiterer Vorteil schliesslich ist die Möglichkeit, chronisch Kranke optimal betreuen zu können. Die Qualitätszirkel er-

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Nicht alle Hausärzte zeigen sich von Managed Care begeistert – sie möchten lieber mehr Wertschätzung

Ist Managed Care eine gute Medizin für Hausärzte?

Zu wenig Wertschätzung der Arbeit, zu viel Arbeitszeit und das Arbeiten in der Einzelpraxis sind Negativpunkte des Hausarztberufes. Das sagen zumindest junge Medi-zinstudentinnen und -studenten. Kann Managed Care eine Lösung sein? Die Meinungen sind geteilt.

Ein erzürnter Hausarzt aus dem Thurgau meldete sich in diesem Jahr bei santésuisse: Sein Ärger richtete sich gegen Medien, santésuisse und andere Akteure, die das Image der Hausärzte zerstörten und für irrationale Einstellungen bei jungen Ärzten sorgten. «Demotivierend wirkten die Senkung der Labortarife durch Bundesrat Couchepin im letzten Jahr, das Infragestellen der Abgabe von Medikamenten in den Arztpraxen und das tiefere Einkommen der Hausärzte im Vergleich mit Spezialärzten oder Kollegen in Spitalambula-torien», so der Arzt.Das Resultat dieser und weiterer Abwertungen sei das Aus-sterben der Hausärzte – im konkreten Fall im Thurgau – und der Zusammenbruch der Grundversorgung in naher Zukunft. Besagter Arzt, der nicht namentlich genannt sein will und den wir deshalb Dr. T. nennen, rechnet im persön-lichen Gespräch in seiner gut gehenden Praxis vor: Wenn einer seiner drei Kollegen in der Region in den Ruhestand tritt, stehen dessen 2000 Patienten ohne Arzt da. Die prak-tizierenden Ärzte werden stets älter – der Nachwuchs fehlt. «Die permanente Abwertung der Hausärzte in der Politik und den Medien vergrault die Jungen», ist Dr. T. überzeugt.

Grosse Arbeitsbelastung auf dem LandeEine vom Thurgauer Grundversorger Verein (TGV) erstellte Erhebung der Altersverteilung der rund 150 Grundversorger im Kanton Thurgau zeigt diese Entwicklung: Demnach wer-den in gut fünf Jahren 50 Prozent der Hausärzte pensioniert sein. Und fünf bis acht Jahre danach 75 Prozent. «In zehn Jahren müssen 90 Arztpraxen neu besetzt werden», rechnet der TGV vor. Eine vom Obsan erstellte Studie1 aus dem Jahr 2007 und eine Studie von Peter Tschudi aus dem Jahr 20092 kommen für andere Regionen zu einem ähnlichen Schluss. «In ländlichen Regionen arbeiten die Ärztinnen und Ärzte

heute schon sehr viel und können ihren Beschäftigungsgrad kaum mehr steigern», sagt Hélène Jaccard Ruedin vom Ge-sundheitsobservatorium. «Das momentane Gleichgewicht kann durch Schliessungen von Arztpraxen gestört werden, wenn nicht ausreichend Ärztenachwuchs vorhanden ist». Nachwuchs muss gewährleistet sein, beträgt doch das Durch-schnittsalter der Ärzte rund 53 Jahre. Ein Fünftel der Ärzte ist sogar älter als 60.

Keine Lust auf 120 ProzentÜber fehlende Arbeit braucht sich Dr. T. nicht zu beklagen. Seine Praxis auf dem Land läuft, «ich verdiene einiges mehr als ein leitender Arzt.» Doch das lockt den Nachwuchs nicht. Lange Arbeitszeiten, die Tatsache, dass ein Arzt auch beim Einkaufen im Dorf als Arzt angesprochen wird, die Rund-um-die-Uhr-Präsenz – das sind Faktoren, die den Jungen laut Dr. T. die Landlust rauben. Dazu komme ein neuer Arztty-pus, der seine Arbeit als Beruf und nicht als Berufung be-trachtet und das städtische Umfeld gegenüber dem Land be-vorzugt. Der steigende Anteil an Frauen und damit die Wün-sche nach mehr Teilzeitarbeit entsprechen ebenfalls nicht den Anforderungen, die eine Landpraxis zum jetzigen Zeit-punkt stellt. Peter Tschudi stellt in seiner Studie fest, dass nur zehn Prozent der Medizinstudentinnen und -studenten ihre Zukunft in der Hausarztpraxis sehen – wobei die Me-dizinerinnen zunehmend wichtiger werden. Künftig werden 60 bis 70 Prozent der Ärzte Frauen sein. Warum sinkt das Interesse am Hausarztberuf? hat sichTschudi gefragt und gleich die Antwort geliefert: «Wir wissen, dass neben der ungenügenden Praxisnähe der Weiterbildung zum Hausarzt die Frage der Übernahme von Verantwortung, die Arbeitszeitmodelle, die Praxisform (Alleinpraxis), der Notfall-dienst und vor allem auch das tiefe Einkommen der Haus-ärzte im Vergleich zu den anderen praktizierenden Ärzten eine grosse Rolle spielen».

TV-Serie mit Hausärztin als Star?Szenenwechsel: Die Ärztin steht nachts auf als ihre verzwei-felte Nachbarin wegen der Krankheit ihrer Mutter anruft und schafft sofort Linderung – mitten in der Nacht blendend aus-sehend und im sexy Negligée mit übergeworfenem Seiden-morgenrock. Szene zwei: Im Altersheim besucht sie nicht nur ihren Vater, sondern rettet auch gleich einem jungen, attrak-tiven Pfleger das Leben. Daneben spielt sich ihr Leben zwi-schen ländlichem Alltag im Stil von Desperate Housewives und Ausflügen in die Stadt zu ihren Freundinnen à la Sex and the City ab. Kids und Männer füllen die Zeit ausserhalb ihres 60 Prozent-Pensums in der Gruppenpraxis aus. Cut! So oder ähnlich müsste wohl eine TV-Serie «Die Hausärz-tin» ausgestaltet sein, damit sie dieselbe Wirkung erzielt wie «Emergency Room» oder «Chicago Hope» in den USA. Inner-halb von zwei Jahren nach Start der Serien wollten plötzlich doppelt so viele Studenten wie zuvor Notfallarzt werden.

Pauschale für HausbesucheKürzlich hat die Ärzteschaft von den Krankenversicherern eine bessere Abgeltung ihrer Leistung im Umfang von 800 Millio-nen Franken pro Jahr gefordert. Um den Hausärzten entgegen-zukommen, verlängern die Krankenversicherer die BIP bis 2012. Diese Pauschale gilt für Hausbesuche (Besuchsinkonvenienzpau-schale BIP) während den Praxisöffnungszeiten. Die weiteren For-derungen lehnen die Krankenversicherer ab, weil kein Mehrwert für die Patienten erkennbar ist. santésuisse schlägt der Ärzte-schaft eine Aufwertung der Grundversorgung ohne Mehrbelas-tung der Prämienzahler vor. Die FMH kann die Grundversorger dann besserstellen, wenn die Spezialärzte bereit sind, etwas von ihren Privilegien abzugeben.

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1 Obsan Hélène Jaccard Ruedin, Maik Roth, Carine Bétrisey, Nicola Marzo, André Busato: Offre et recours aux soins médicaux ambulatoires en Suisse, Document de Travail 22, Observatoire suisse de la santé, Neuchâtel, Avril 2007.

2 Peter Tschudi rechnet für Basel-Stadt und Baselland damit, dass 2022 bereits 75 Prozent der Hausärzte fehlen werden. Tschudi, Peter: Der Hausarzt – Spielball der Patienten und der Gesundheitspolitik? in: PrimaryCare 2009;9: Nr. 8, S. 158-162.

3 Kaspar, Kurt: Mehr Lust statt Frust in: Care Management 2010;3: Nr. 3, S. 5–6.

Der künftige Hausarzt ist weiblich, hat Familie, arbeitet Teilzeit und arbeitet in einer Gruppenpraxis.

MC-Modelle als Lösung oder Status Quo erhalten?Eine Schweizer TV-Serie mit Format ist nicht in Sicht, also sind andere Rezepte gefragt. Für die einen sind Managed Care-Angebote oder Hausarztmodelle die Lösung, die ande-ren wollen durch finanzielle Besserstellung und Imageauf-besserung der Hausärzte den Status Quo erhalten. Ohne Kompromiss. Zu Letzteren gehört auch Dr. T.«Wir müssen alle sparen, aber nicht mehr bei uns», sagt Dr. T. Für ihn drückt sich die Wertschätzung der Arbeit auch in Geld aus. Deshalb fordert er bessere Entlöhnung für die Haus-ärzte – ohne Kostenneutralität (siehe Kästchen).Ein weiterer Dorn im Auge von Dr. T. sind die bedrohten Margen auf Medikamenten. «Die Direktabgabe von Medika-menten ist für Ärzte und Patienten auf dem Lande unabding-

bar und erhöht die Sicherheit der Patienten. Dadurch, dass der Arzt die Medikamente abgibt, weiss er jederzeit, was der Patient konsumiert». Auch die finanziellen Abstriche bei den Laboruntersuchungen und Röntgenaufnahmen werden laut Dr. T. auf dem Buckel der Hausärzte ausgetragen. Können Managed Care-Modelle eine Lösung sein?Das Modell Teilzeit ist für Dr. T. auf dem Land nicht realis-tisch. Und andere Hausarztmodelle initiierten vor allem Kran-kenversicherer – den Hausärzten und deren Grundproble-matik der Wertschätzung sei damit nicht gedient.

Pro Managed Care – spannendere ArbeitsbedingungenUnter dem Titel «Mehr Lust statt Frust» bricht Kurt Kaspar in der Zeitschrift Care Management eine Lanze für Managed Care.3 Kaspar, selbst Arzt und VR-Präsident der Argomed Ärzte AG, schreibt: Die Aussichten für Grundversorger in Ärztenetzwerken sind sehr gut. Entscheidend ist, dass man sich auf die Stärken besinnt und nicht im Lamentieren über schlechte Bezahlung, schlechtes Image und schlechte Lobby verharrt. Hausärzte können in folgenden Bereichen rund um Managed Care eine Führungsrolle übernehmen:• Als Care Manager umsorgt er seine Patienten vom ersten

Symptom bis zum Abschluss der Behandlung.• Als Mitentwickler von Versicherungsprodukten zusammen

mit den Versicherern, damit gute Modelle erarbeitet, ge-lebt und verantwortet werden.

• Als Miterzeuger von Behandlungsrichtlinien, die nicht von Subspezialisten allein und nur aus deren Warte erstellt wer-den.

Zusätzlich tragen Teilzeitmodelle und der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen und weiteren Mitwirkenden in einem Netzwerk zu spannenden Arbeitsbedingungen jen-seits des Einzelkämpfertums bei. Vor allem berücksichtigen sie die Realität der künftigen Hausärztin. Entscheidend ist laut Kaspar, dieses Bewusstsein zu fördern und zu leben. Strukturerhaltung um jeden Preis wird dieser Entwick-lung nicht gerecht.

SILVIA SCHÜTZ

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16 | Im Fokus 9–10/10

Integrierte Versorgung

Wichtige Antworten auf bange Fragen

Auch heute noch – nach einer über 20-jährigen, erfolg-reichen Geschichte – stehen viele Vorbehalte im Raum, wenn von Managed Care (MC) oder integrierter Versor-gung gesprochen wird. Mit der Managed Care-Reform, die sich im Parlament auf der Zielgeraden befindet, werden die Rahmenbedingungen so gesetzt, dass diese Ängste obsolet werden und die Vorteile dieses Modells zur Geltung kommen.

Offen gesagt: Am Erfolg oder am Scheitern der Managed Care-Vorlage entscheidet sich, ob das KVG mit seinem Mit-telweg des regulierten Wettbewerbs überhaupt noch refor-mierbar ist oder nicht. Das Scheitern des Sparmassnahmen-pakets in der Herbstsession 2010 zeigte auf, wie schwierig es ist, Kompromisse durchs Parlament zu bringen, wenn sich einzelne Parteien auf dem Rücken der Prämienzahlen-den wahltaktisch profilieren. Die MC-Reform löst Ängste aus, einige politischen Akteure spielen damit und bedienen Vor-urteile. Deshalb ist wichtig zu wissen: Integrierte Versorgung verbessert in erster Linie die Qualität und soll in zweiter Li-nie den Ausgabenanstieg dämpfen.

Vorurteil: Managed Care ist unbeliebtFalsch! Integrierte Versorgung ist in der Schweiz seit 20 Jah-ren erfolgreich. Die Zahlen sprechen für sich: 2009 haben sich laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) 37 Prozent der Versicherten für ein Modell mit eingeschränkter Arztwahl ent-schieden. Damit sind solche Managed Care-Modelle im wei-teren Sinne die beliebteste Versicherungsform der Schweiz. Eine Versicherung mit Grundfranchise wählen nur noch 35 Prozent. 28 Prozent der Versicherten haben sich für eine

Wahlfranchise entschieden (für die Entwicklung seit 1996 siehe Grafik). Gemäss einer Erhebung des Forum Managed Care wählten 12 Prozent der Versicherten ein MC-Modell im engeren Sinne, d.h. sind einem Ärztenetz angeschlos-sen. Durch die im Parlament hängige Reform sollen solche Netze einen zusätzlichen Schub erhalten. Bundesrat Didier Burkhalter setzt grosse Hoffnungen in die Reform: Bis 2015 sollen 60 Prozent der Bevölkerung integriert versichert sein. Um den Erfolg besser messen zu können, muss das BAG in Zukunft Managed Care-Modelle im engeren Sinne, wie sie im Gesetzesentwurf definiert werden, separat ausweisen (so wie die Grafik auf S. 18).

Vorurteil: Managed Care ist BilligmedizinFalsch! Es gilt mit dem Mythos aufzuräumen, dass bessere Qualität zwangsläufig mehr kostet. Bei genauerer Betrach-tung ist gerade das Gegenteil der Fall: Es gibt nichts teureres als schlechte Qualität – man denke nur an schädliche Mehr-fachbehandlungen und unnötige Zusatzuntersuchungen. Es ist also ein Trugschluss, zu glauben, dass ein Mehr an Be-handlungen – welche für den Patienten ja durchaus belas-tend sein können – mit einer besseren Qualität gleichzuset-zen ist. Durch vorgegebene Prozesse und Strukturen kön-nen Patienten im integrierten Netz schneller auf dem korrek-ten Behandlungspfad optimal versorgt werden. Gleichzeitig kann es sich kein integriertes Versorgungsnetz erlauben, qua-litativ schlecht zu arbeiten, da sonst sämtliche Patienten zur Konkurrenz abwandern. Zudem sind Qualitätszirkel in MC-Modellen stärker verbreitet als ausserhalb. Durch Zertifizie-rungsorganisationen, wie z.B. die Equam, wird die Qualität von MC-Praxen anhand von rund 400 genau definierten In-dikatoren (wie Effektivität der Behandlung, Zugang zur Ver-

Im Jahr 2009 hat sich erstmals seit der Einführung des KVG eine re-lative Mehrheit der Versicherten für ein Modell mit eingeschränk-ter Wahl entschieden. Bereits sind rund 37 Prozent der Versicherten in einem solchen Managed Care-Modell im weiten Sinne versi-chert (grün). Das vormals vorherr-schende Grundfranchisen-Modell kommt nur noch auf gut 35 Pro-zent (rot).

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

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VERSICHERTENBESTAND NACH VERSICHERUNGSFORM 1996 − 2009

BONUS-VERSICHERUNG

EINGESCHRÄNKTE WAHL (Z.B. HMO)

WAHLFRANCHISEN

GRUNDFRANCHISE

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17 | Im Fokus 9–10/10

sorgung, Patientenzufriedenheit) gemessen, sichergestellt und transparent gemacht. Fazit: Die Qualität in MC-Model-len steigt. Von Billigmedizin kann keine Rede sein.

Vorurteil: Managed Care ist RationierungFalsch! Es stimmt nicht, dass die geplante Budgetmitverant-wortung zu stark auf wirtschaftliche Interessen fokussiert und zu Qualitätseinbussen in der medizinischen Versorgung führt. Zugegeben: Kosteneinsparungen sind ein erwünschter Effekt von Managed Care. Diese Einsparungen geschehen nicht auf dem Buckel der Patienten. Es werden keine Leis-tungen rationiert, sondern im integrierten Netzwerk wird ra-tioneller gearbeitet. Das Netzwerk vereinbart mit dem Versi-cherer ein Globalbudget für alle seine Patienten. So kommt es nicht zum befürchteten Behandlungsstopp mitten im Jahr, denn es ist explizit kein Budget pro Patient. Ein Arzt, der als Angestellter in einer Gemeinschaftspraxis mit Budget-verantwortung arbeitet, wird das Patientenwohl noch stär-ker in den Vordergrund rücken, indem er nur noch medi-zinisch notwendige Massnahmen ergreift. Dass ein kosten-günstiges System keine schlechtere Qualität zur Folge hat, beweist der Vergleich des Kantons St. Gallen mit der Waadt: Obwohl der welsche Kanton 35 Prozent pro Versicherten teurer ist, lassen die Behandlungsergebnisse nicht auf eine höhere Qualität schliessen.

Vorurteil: Managed Care ist das Ende der freien ArztwahlFalsch! Auch in integrierten Ärztenetzen haben die Versi-cherten innerhalb ihres gewählten Netzes die Wahl zwischen 15 bis 50 Allgemeinmedizinern und Spezialisten. Es stimmt also nicht, dass Managed Care das Ende der freien Arztwahl bedeutet. Wer sich innerhalb eines MC-Modells versichert, schränkt zwar seine freie Arztwahl ein, profitiert aber gleich-zeitig von einem tieferen Selbstbehalt und tieferen Prämien. Und falls der Patient mit der Auswahl innerhalb seines Ärz-tenetzes nicht zufrieden ist, kann er dieses verlassen und ein anderes integriertes Versorgungsnetz wählen – bei der-selben oder einer anderen Krankenversicherung. Die freie Wahl des Arztes wird somit zwar eingeschränkt, bleibt aber erhalten. Versicherte, welche sich bewusst gegen Managed Care entscheiden, müssen sich auch bewusst sein, dass sie mit ihrer uneingeschränkten Wahl auch stärker an den von ihnen verursachten Kosten beteiligen müssen. Durch die-sen Anreiz wird ein positiver Zug in Richtung der MC-Mo-delle erzeugt. Versicherer und Ärzte haben dann ein ge-meinsames Interesse, diese Modelle weiter zu födern, um die Nachfrage durch die Versicherten mit attraktiven Ange-boten abzudecken.

GREGOR PATORSKI

Die Eckpfeiler der im Parlament hängigen Reform

Der Ständerat berät das Managed Care-Paket in der Winter-session. Die Reform wird voraussichtlich in der Frühjahrsses-sion zu Ende beraten werden und wäre auf den 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Doch wurde kurz vor Redaktions-schluss ein Referendum angekündigt. santésuisse legt gros-sen Wert darauf, dass die Anreize und Rahmenbedingungen für innovative Versicherungsmodelle durch die Reform rich-tig gesetzt werden.

• Verfeinerter Risikoausgleich Das Fundament der Reform: Ohne einen verfeinerten Ri-

sikoausgleich, welcher neben Alter, Geschlecht und Spi-talaufenthalt im Vorjahr (drei Nächte) auch den Gesund-heitszustand des Versicherten berücksichtigt (sogenannter Morbiditätsindikator), ist der Anreiz für die Versicherer, eine Managed Care-Strategie zu verfolgen geringer als die «Jagd auf gute Risiken».

• Budgetmitverantwortung Unbestritten ist auch die Einführung der Budgetmitverant-

wortung in Ärztenetzen. Mit einem Globalbudget ist sie ein wichtiges Instrument, um die Kosteneffizienz zu för-dern. Analog zur neuen Spitalfinanzierung kommt man hier weg vom System reiner Kostenrückerstattung und för-dert den Wettbewerb über die Qualität.

• Differenzierter Selbstbehalt Das von der Ständeratskommission ausgearbeitete Modell

mit einem Selbstbehalt von fünf Prozent innerhalb bzw. 15 Prozent ausserhalb der integrierten Versorgung und ei-nem Deckel von 500 bzw. 1000 Franken wird bei einem steigenden Anteil der Versicherten mit Managed Care ins-gesamt zu einer tieferen Kostenbeteiligung als heute und folglich zu höheren Prämien führen. santésuisse zieht da-her die Variante des Nationalrats vor. Wer bewusst das teurere Versorgungsmodell ohne Managed Care wählt, soll sich im Krankheitsfall auch stärker an den Behandlungs-kosten beteiligen, statt diese unsolidarisch auf das Kollek-tiv der Prämienzahlenden zu überwälzen.

• Angebotszwang und Anbieterverbot Problematisch ist die Kombination, die Versicherer zu

zwingen, Managed Care anzubieten, um ihnen im glei-chen Atemzug zu verbieten, selber Managed Care anbie-ten zu dürfen. Selbst dann nicht, wenn sie keine Ärzte finden, welche einen Managed Care-Vertrag zu fairen Konditionen abschliessen wollen. Dieser doppelte Zwang schafft ungleich lange Spiesse zwischen Versicherern und Leistungserbringern, welche in Pseudo-Netzwerken den Versicherern ihre Bedingungen diktieren könnten. Der An-gebotszwang ist abzuschaffen, dann ist die Unabhängig-keit zwischen Versicherern und Managed Care-Anbietern auch kein Problem.

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Page 31: Lese-Dossier Managed Care

18 | Gesundheitswesen 9–10/10

Grafik des Monats

Erfolgsgeschichte in Zahlen

Managed Care-Modelle mit Budgetverantwortung und Hausarztmodelle ohne Budgetverantwortung wachsen jährlich, konstant und teilweise dramatisch – das zeigen Grafik und Tabelle für die Jahre 2005 bis 2010.

Einen Rekord-Anstieg von 57,7 Prozent verzeichnen die Ma-naged Care-Modelle mit Budgetverantwortung (mit Capita-tion) auf dieses Jahr. Zurzeit sind über 400 000 Menschen in der Schweiz in einem solchen Modell versichert. Auch die Hausarztmodelle ohne Budgetverantwortung (ohne Capitation) legen jährlich zu. Die letzten beiden Jahre im Schnitt je 21,5 Prozent. Im Jahr 2010 befinden sich insgesamt knapp 2,7 Millionen Menschen in der Schweiz in einem Hausarztmo-dell. Das entspricht 37,7 Prozent. Der kleine Unterschied der hier ausgewiesenen Zahlen mit denen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) hat einen Grund: Die hier verwendeten Da-ten decken rund 91 Prozent ab. Die Daten des BAG 100 Pro-zent. Zurück zur Grafik: Zählt man die Telemedizin mit gut 400 000 Versicherten in diesem Jahr noch dazu, durchbricht die Zahl der Personen, die einem Modell mit eingeschränkter Arztwahl vertrauen, die drei Millionen-Grenze. Die Telemedi-zin wird statistisch erst seit 2009 erfasst, deshalb wird in der Grafik darauf verzichtet, ein Wachstum auszuweisen.

Logischerweise widerspiegelt sich die stetige Zunahme von Ma-naged Care-Modellen (mit Budgetverantwortung) und Haus-arztmodellen (ohne Budgetverantwortung) in einer entspre-chenden Abnahme von Versicherten in Standardmodellen. Da-runter fallen alle Modelle ohne Einschränkung der freien Arzt-wahl. Mit minus 20 Prozent fiel die Abwanderung vom letzten auf dieses Jahr am deutlichsten aus. Dass Managed Care und andere Hausarztmodelle auf einer Er-folgsschiene fahren, zeigt auch eine kürzlich publizierte Um-frage von Comparis: Demnach können sich 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung vorstellen, einem heutigen MC-Modell beizutreten. Diese Bereitschaft steigt auf 57 Prozent, wenn fi-nanzielle Anreize dazu kommen, etwa der differenzierte Selbst-behalt. In der Deutschschweiz erhöht sich dann die Zustim-mung laut Comparis gar auf 62 Prozent, in der Westschweiz auf 53 und in der italienischen Schweiz auf 43, wobei ältere Versicherte skeptischer bleiben.Mehrjahresverträge bei MC lassen die Zustimmung aber wie-der sinken: Ein Zwei-Jahresvertrag auf 39 Prozent, ein Drei-Jahresvertrag auf 30 Prozent.

SILVIA SCHÜTZ

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ENTWICKLUNG DER VERSICHERUNGSMODELLE

STANDARDMODELL GEMÄSS KVG(BONUS UND ÜBRIGE

VERSICHERUNGSMODELLE

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HAUSARZTMODELLEOHNE CAPITATION

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CAPITATION-MODELLE(HMO, HAUSARZTMIT CAPITATION)

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VERSICHERUNGSMODELLEMIT TELEMEDIZIN

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2010 KUMULIERT

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2007

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Managed Care- Modelle im engen Sinn (mit Budgetmitverant-wortung der Ärzte) nahmen prozentual mit 57,7 Prozent dramatisch zu. Tabelle und Grafik zeigen die zunehmende Beliebt-heit der Angebote mit eingeschränkter Aus-wahl und die abneh-mende Attraktion der Standardangebote.

WACHSTUM DER VERSCHIEDENEN VERSICHERUNGSMODELLE

WACHSTUM

2005 / 2006

WACHSTUM

2006 / 2007

WACHSTUM

2007 / 2008

WACHSTUM

2008 / 2009

WACHSTUM

2009 / 2010

1 - 3,9 % -3,0 % -8,2 % -7,0 % -20,1%

2 39,7 % 28,2 % 42,9 % 21,0 % 21,7%

3 13,5 % 10,7 % 53,0 % 17,1 % 57,7%

4 0,0 % 0,0 % 0,0 % 0,0 % 753,4%

TOTAL 1,0 % 1,0 % 0,8 % 0,5 % -1,2%

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Page 32: Lese-Dossier Managed Care

19 | Gesundheitswesen 9–10/10

Drei Fragen an Marc-Anton Hochreutener, Geschäftsführer Stiftung für Patientensicherheit

«MC spielt für die Patientsicherheit eine wichtige Rolle»

Zahlreiche Patienten sterben in Schweizer Spitälern, war kürzlich zu lesen. Ein wichtiges Thema, mit dem sich die Stiftung für Patientensicherheit befasst.Die Schweiz hat ein Patientensicherheitsproblem wie alle westlichen Länder. Studien zeigen, dass in entwickelten Gesundheitssystemen jeder tausendste Spitalpatient an ei-nem Fehler stirbt – auf die Schweiz umgerechnet also über 1200 Tote. Andere Studien aus vergleichbaren Ländern er-mitteln sogar höhere Raten. Fehler in der Gesundheitsver-sorgung sind nicht ein Problem unsorgfältiger Arbeit. Es geht nicht um Pfusch! Es geht um ein Systemproblem, ja eine Sys-temkrankheit bzw. ein richtiges Public Health-Problem. Der Bund griff das Thema Ende der 90er Jahre auf, gegen erheb-liche Widerstände. Daraus erwuchs eine konstruktive Ausei-nandersetzung, indem Bundesrätin Dreifuss eine Task Force einsetzte. Ergebnis war die Gründung der Stiftung für Pati-entensicherheit Ende 2003 als nationale Plattform zur Förde-rung des Lernens aus Fehlern und für die Patientensicherheit.

Was sind die Aufgaben der Stiftung für Patientensicher-heit? Wo steht die Schweiz Ende 2010 hinsichtlich Patien-tensicherheit? Wir entwickeln und verbreiten Wissen, Konzepte und kon-krete Empfehlungen für die Reduktion von Fehlern und Si-cherheitsproblemen. Zudem betreiben wir Forschung, die wiederum der Verbesserung zu Gute kommt und praxisre-levante Erkenntnisse generiert. Wir entwickeln nichts am grünen Tisch, sondern arbeiten in Netzwerken. Wir pfle-gen Kooperationen mit Experten und Organisationen, welche Fachwissen beisteuern und motiviert sind, Inno-vationen zu entwickeln und anzuwenden. Unsere The-menpalette deckt zentrale Aspekte des klinischen Risiko-managements ab, zum Beispiel: Vernetzung lokaler Feh-lermelde-Systeme, Medikationssicherheit, Patientensicher-heit in der Grundversorgung, Fehleranalyse, Kommunikation nach Zwischenfällen, Patienteneinbezug oder sichere Chirur-gie. Daneben sind wir in der Bildung und Lehre engagiert.

Stiftung für Patientensicherheit:Die Stiftung für Patientensicherheit wurde ausser vom BAG von Anbeginn mitgetragen von Berufsverbänden im Gesundheits-wesen, der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wis-senschaften, dem Kanton Tessin und der Patientenorganisation. Später kamen u.a. H+, der Spitaldirektorenverband und die GDK hinzu. 25 Kantone helfen inzwischen neben Bund, Verbänden und Drittmittelgebern bei der Finanzierung mit.

www.patientensicherheit.ch

Zum Stand in der Schweiz: Viele Leistungserbringer in der Schweiz sind motiviert und engagiert, aber es ist kein Flä-chenbrand. Die Versicherer sind bisher leider abstinent. Im internationalen Vergleich sind wir heute wahrscheinlich nur Mittelfeld, wenn man das Gesamtsystem betrachtet. Neuste OECD-Daten bestätigen dies. Andere Länder sind deutlich weiter, gehen forscher und konsequenter vorwärts. Wenn wir in unserem Land jetzt Schub geben, können wir das wie-der aufholen. Dazu brauchts jedoch vereinte Anstrengungen und eine förderliche Politik, sonst fallen wir weiter zurück!

Wer kann was zu einer Verbesserung der Patientensi-cherheit leisten? Und was ist dabei die Rolle von Mana-ged Care?An erster Stelle sind die Leistungserbringer verantwortlich. Bei den Leistungserbringern sind auch starke Entwicklungen im Gang. Wichtig sind aber auch die Rahmenbedingungen und die politische Agenda. Die Politik sollte sich deutlich stärker engagieren, letztlich liegt Patientensicherheit als Teil der Versorgungssicherheit in der Verantwortung der Politik. Eine wuchtige politische Förderung der Patientensicherheit fehlt noch weitgehend. Deshalb fehlt es auch an Ressourcen. Wir sollten nicht mehr kleckern, sondern klotzen bei der Pa-tientensicherheit, weil klotzen hier definitiv ökonomischer ist! Anders gesagt: Wir müssen aufhören, die Suppe mit der Ga-bel zu essen. Die Politik sollte Löffel fördern und verteilen! Managed Care spielt bei der Patientensicherheit eine wichtige Rolle. Die Vernetzung von Leistungserbringern, die Funktion koordinierender Grundversorger, die Zusammenführung von Informationsflüssen sind wichtige Prinzipien zur Vermeidung von Fehlern. Sie sind gleichzeitig Kernaspekte von Managed Care. Voraussetzung dafür, dass Managed Care sicherheits-fördernd wirkt, ist aber, dass Managed Care im Sinne echter integrierter Versorgung gelebt wird.

FABIAN BAER

Dr. med. Marc-Anton Hochreutener.

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VG Managed Care spielt für

die Patientensicherheit eine wichtige Rolle, sagt Marc-Anton Hochreutener, Geschäftsführer Stiftung Patientensicherheit. Diese Modelle sind wie gemacht, um Fehler aufgrund von mangelnder Information zu vermeiden. 1200 Patienten sterben pro Jahr, sagt die Stiftung.

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20 | Im Fokus 9–10/10

Integrierte Versorgung am Beispiel des Diabetes mellitus

Der Mensch steht im Zentrum, nicht die Krankheit

Managed Care (MC) ist ein Idealfall für chronisch Kranke. Die fachärztliche Steuerung durch die Behandlungs-kette bringt dem Patienten Mehrwert in Form von mehr Lebensqualität. Und sie legt den Fokus auf die 20 Prozent der Erkrankten, die 80 Prozent der Kosten verursachen.

Vielfach sind chronisch Kranke so genannt polymorbide Chroniker: Sie leiden an mehr als einer Krankheit und das lebenslang. Die gezielte Steuerung durch den Facharzt oder ein Fachteam für die «Haupterkrankung» legt den Fokus auf die 20 Prozent der Versicherten, die 80 Prozent der Kosten verursachen. Chronische Krankheiten sind ein Idealfall für Managed Care und umgekehrt.

Das diabetologische Fachteam als LotseDas zentrale Element bei Diabetes ist die Begleitung durch das Fachteam. Die Fachperson wird zum steuernden und koordinierenden Lotsen. Damit wurden und werden gute Erfolge in Nordeuropa und in den USA erzielt. Im Vorder-grund steht dabei die Verhaltensänderung als wesentliches Therapieelement. Wenn man erreichen will, dass sich ein Mensch mehr bewegt und gesünder isst, braucht es Bera-tung und viel unterstützende Motivation. Beratung, Beglei-tung und Empowerment lauten deshalb die Stichworte für die optimale Betreuung von chronisch Kranken. All das bie-tet ein begleitendes MC-Fachteam. Zusätzlich vermeidet es Doppelspurigkeiten, unnötige Untersuchungen und Behand-lungen – das Disease Management wird zum Erfolgsfaktor.In guten MC-Modellen arbeiten Fachpersonen inter- und multidisziplinär: Diabetologe, Diabetesfachberaterin, Ernäh-rungsberaterin, Podologe, allenfalls Psychologe und andere Mitglieder des Netzwerkes sorgen für nötige Zusatzange-bote, die nicht von der Grundversicherung bezahlt werden.

Mehr als eine KrankheitDie guidelinebasierte Behandlung richtet sich nach aktua-lisierten Standards und Behandlungspfaden: Dabei ist der Langzeitzuckerwert (HbA1c) ein wesentliches, aber nicht das einzige Element. Ergänzt wird sie durch die patienten-zentrierte Betrachtung nach dem Grundsatz «more than a disease». Langzeitzuckerwert, Blutdruck und zu hohe Blut-fette, die Nierenwerte und Augen rücken dabei ebenso in

den Fokus wie das Problem Nikotin und eine nötige Rauch-stoppberatung – je nach Patient.

Managed Care zahlt sich ausBetrachtet man die Krankheit aus einer gesamtwirtschaftli-chen Perspektive, geht es auch darum, Themen wie Arbeits-unfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und die so-ziale Integration zu fördern. Die chronische Krankheit ist eine lebenslange Begleiterin und fordert lebenslange Begleitung. Managed Care/Integrierte Versorgung kann diese leisten.

DORIS FISCHER-TAESCHLER, EMBA, GESCHÄFTSFÜHRERIN

SCHWEIZERISCHE DIABETES-GESELLSCHAFT

Doris Fischer-Taeschler: «Die gezielte Steuerung durch den Facharzt legt den Fokus auf die 20 Prozent der Versicherten, die 80 Prozent der Kosten verursachen.»

Die Behandlung von Diabetes kann folgende Themen zusammen-schliessen: • HbA1c: Langzeitblutzuckerwert• Blutdruck und Cholesterin: oft auch andere kardiovaskuläre Risi-

ken; zu hoher Blutdruck, zu hohe Blutfette• Augen: Retinopathie und damit Erblindung als eine Hauptkom-

plikation• Nieren: Nierenwäsche als grosse und teuere Komplikation• Neuropathie: Spürsinn an Extremitäten (Hände und Füsse) prü-

fen• Fussuntersuchung jährlich: Amputationen vermeiden• Nikotin: RauchstoppberatungDiesen Zusammenschluss können Managed Care-Modelle/Integ-rierte Versorgung am besten leisten.

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Für chronisch Kranke und polymorbide Chroniker, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden, ist die Betreuung durch ein Ärztenetzwerk ideal.

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Wir machen alles falsch – aber das richtig!

Das Fest der Freude und des Lichts dürfte für Herz-/Kreislauf-Spezialisten, Ernährungsberater und generell

Gesundheitsbewusste den Beigeschmack des Grauens und Schauderns haben: Ein Übermass an Zucker und

Fett im Süssgebäck, locker fliessender Alkohol – und von alledem auch noch zu viel.

Also ab in die Berghütte und jeden Tag Ski fahren, Snowboarden und mit Tourenskis oder Schneeschuhen

Luft und Landschaft geniessen? Auch das ist nicht ohne: Die Unfallstatistik der Suva verzeichnet einen Zu-

wachs von 27 Prozent Ski- und Snowboardunfällen im Jahr 2008. Im Detail verunfallten 27 000 Skifahrer und

9000 Snowboarder. Diese Zahlen liegen acht Prozent über dem Mittel der Jahre 2000 bis 2008. Mit 498 000

Freizeitunfällen (+ 3,3 Prozent) wurde im letzten Jahr gar ein historischer Rekord erreicht! Also doch im Bett

bleiben und an der wohligen Wärme träumen? Auch das nicht. Denn die meisten Menschen sollen ja im Bett

sterben. Dann bleibt wohl für die Feiertage nur noch das Motto: Wir machen alles falsch, aber das richtig!

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Am 1. Januar 2011 tritt die neue Pflegefinanzierung in Kraft – die wichtigsten Neuerungen in Kürze

Das Seilziehen beginnt erst jetzt

Am 1. Januar 2011 tritt die neue Pflegefinanzierung in Kraft. Sie legt die Beiträge für Pflegeleistungen schweizweit einheitlich fest und teilt die Pflegekosten zwischen Kranken-versicherung, öffentlicher Hand und Patienten auf. Die Belastung der Patienten wird dabei limitiert und der Anspruch auf Ergänzungsleistun-gen erweitert. Noch sind aber – vor allem wegen ungenauer gesetzlicher Vorgaben – viele Fragen offen.

Aus Sicht der Krankenversicherer sind bei der neuen Pflegefinanzierung vor al-lem zwei Elemente herauszustreichen: Zum einen verhindert sie weitere Kos-tenschübe zu Lasten der Prämienzah-ler, zum andern schafft sie mit einheit-lichen Pflegestufen und Pflegebeiträ-gen Transparenz. Die wichtigsten NeuerungenIm Einzelnen hat die neue Pflegefinan-zierung1 folgende wichtigen Änderun-gen zur Folge:

• Der Bundesrat bezeichnet die Pflege-leistungen und legt die Beiträge der Krankenversicherer für diese Leistun-gen für die ganze Schweiz einheit-lich fest. Der Vergütung der statio-nären Pflege liegt eine 20-Minuten-Skala mit 12 Pflegestufen zugrunde. Der geringste Beitrag liegt bei neun, der höchste bei 108 Franken pro Tag. Für die ambulante Pflege vergütet die Krankenversicherung je nach Leis-tungsart (Grundpflege, Untersuchung und Behandlung, Abklärung und Be-ratung) Beiträge zwischen 55 und 80 Franken pro Stunde.

• Der Beitrag der Pflegebedürftigen an die Pflegekosten wird beschränkt, und zwar auf 20 Prozent des höchs-ten Pflegetarifs. Das sind im Pflege-heim Fr. 21.60 pro Tag. In der Spitex sind es knapp 16 Franken. Decken die Leistungen der Versicherer und die Patientenbeiträge den Pflegeauf-wand nicht, so regelt der Kanton die Restfinanzierung.

• Die Instrumente für die Erhebung des Pflegebedarfs im stationären Be-

reich (BESA, RAI-RUG und Plaisir), die heute den Pflegebedarf unter-schiedlich bestimmen, werden auf das 12-Stufen-Modell abgestimmt.

• Bei den Ergänzungsleistungen wer-den die Vermögensfreibeträge an-gepasst, und zwar von 25 000 auf 37 500 Franken für Alleinstehende und von 40 000 auf 60 000 Franken für Verheiratete. Die Freigrenze für Ver-mögen aus selbst bewohntem Wohn-eigentum wird auf 300 000 Franken erhöht, wenn der eine Partner in ei-nem Heim lebt oder eine Hilflosen-entschädigung bezieht. Zudem ent-steht neu (ausserhalb des Heims) schon bei Hilflosigkeit leichten Gra-des ein Anspruch auf eine Entschä-digung.

• Neu werden auch ärztlich angeord-nete Leistungen der Akut- und der Übergangspflege im Anschluss an ei-nen Spitalaufenthalt während höchs-tens zwei Wochen vergütet. Zu deren Finanzierung verhandeln Versicherer und Leistungserbringer Pauschalen. Die Kantone übernehmen dabei wie

Die Kantone legen Tarife und Tarifverträge für die Übergangsphase bis 2014 fest. Wird dies im ersten Jahr kostenneutral gelingen?

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23 | Gesundheitswesen 9–10/10

bei der Spitalfinanzierung einen An-teil von mindestens 55 Prozent.

• Ebenfalls neu hat die Krankenversi-cherung Beiträge an die Pflege zu leis-ten, die in Tages- oder Nachtstruktu-ren erbracht wird, was vor allem pfle-gende Angehörige entlastet.

Noch ungelöste ProblemeDa die Verordnung verschiedene Fra-gen offen gelassen hat, interpretieren die Kantone, die Leistungserbringer und die Versicherer die gesetzliche Grund-lage in einigen Punkten unterschiedlich. Bis zum Einführungstermin und wohl noch einige Zeit darüber hinaus sind vor allem im stationären Bereich noch eine Reihe von Problemen zu lösen2. Dazu gehört die Abstimmung der drei bestehenden Pflegebedarfsinstrumente auf das neue 12-Stufensystem. Der An-fang soll nun in Kantonen gemacht wer-den, wo RAI/RUG und BESA nebenein-ander existieren. In einer zweiten Phase soll auch Plaisir angeglichen werden. Auch bei der Akut- und Übergangs-pflege besteht noch Klärungsbedarf. Aufgrund von Gesetz und Verordnung ist klar, dass die Übergangspflege am-bulant oder stationär durchgeführt wer-den kann und dass sie grundsätzlich die gleichen Leistungen wie im Pflege-heim oder in der Spitex umfasst. Un-bestritten ist weiter, dass Kantone und Versicherer die Pflegeleistungen finan-zieren, aber nicht die Hotelleriekosten und die Betreuungsleistungen.santésuisse geht zudem davon aus, dass die Übergangspflege nicht sehr aufwändig sein wird. Denn die gesund-heitlichen Probleme sollten, bevor die Übergangspflege zum Einsatz kommt, so weit stabilisiert sein, dass weder ein Bedarf für weitere Spitalleistungen noch für Rehabilitation besteht. Die Über-gangspflege soll vielmehr die Kompe-tenz zur Selbstpflege stärken und da-für sorgen, dass die Patienten in ihrer gewohnten Umgebung wieder wie vor dem Spitalaufenthalt zurechtkommen. Pflegeaufwand und Kosten sind ent-sprechend zu begrenzen. Im Bereich der Tages- und Nachtstruk-turen gibt es schon heute ein vielfälti-ges und zunehmend beliebteres Ange-bot (von Heimen, Alterszentren, Resi-

denzen, Kurhäusern usw.). Es handelt sich um eine Zwischenform der Pflege, die weder eindeutig dem Heimbereich noch der Spitex zuzuordnen ist. Der Bundesrat hat es jedoch unterlassen, dazu klare Regeln aufzustellen. Die Ver-ordnung bestimmt nur, dass die Finan-zierung gemäss dem im Heimbereich angewandten 12-Stufenmodell erfolgen soll. Sie schweigt sich aber aus über die Leistungserbringer, ihre Zulassung und notwendige Auflagen. Ein besonderes Problem ist, dass als ambulant definierte Leistungen nach den Regeln der statio-nären Pflege finanziert werden. Noch nicht geeinigt haben sich die Ver-tragspartner bei der Frage der Kontrolle der Pflegebedürftigkeit. santésuisse un-terstützt die Versicherer, die darauf be-stehen, bei ihren Versicherten selber Kontrollen vornehmen zu dürfen. Der Heimverband Curaviva und der Spitex-Verband hingegen befürworten paritä-tische Kontrollen.

Umstrittene KostenbeteiligungDie meisten Kantone haben inzwischen ihre Pflegegesetze revidiert. Ein umstrit-tener Punkt war und ist teilweise noch immer die Höhe der Kostenbeteiligung der Patienten. Der Preisüberwacher hat jedenfalls die Kantone aufgefordert, den Willen des Gesetzgebers und den Tarif-schutz des KVG zu respektieren3. Ins-besondere sollten sie davon absehen, die Heimbewohnerinnen und -bewoh-ner in unteren Pflegebedarfsstufen mit einem zu hohen Eigenbeitrag zu be-lasten. Zudem müsse verhindert wer-den, dass Pflegeheime Finanzierungs-lücken bei der KVG-pflichtigen Pflege mit überhöhten Betreuungs- oder Pensi-onspreisen kompensierten. Noch steht nicht fest, ob seine Empfehlungen über-all umgesetzt werden. Ganz unterschiedlich wird die Kosten-beteiligung im ambulanten Pflegebe-reich geregelt. Einige Kantone erheben nach dem Grundsatz «ambulant vor sta-tionär» überhaupt keinen Patientenbei-trag, andere verlangen einen Kostenbei-trag von zehn Prozent und die restlichen schöpfen mit 20 Prozent den gesetzlich erlaubten Höchstbetrag aus. Umstritten ist zudem die unterschiedliche Behand-

lung von öffentlicher und privater Spi-tex in einigen Kantonen.

Schwierige ÜbergangszeitDie gesetzlichen Übergangsbestimmun-gen halten fest, dass die Summe der Vergütungen der Krankenversicherung für ambulante und stationäre Pflege-leistungen im Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes gleich hoch sein muss wie im Vorjahr. Eine solch kostenneut-rale Festlegung der Pflegebeiträge wird aber kaum schon im ersten Jahr zu er-reichen sein. Der Bundesrat wird des-halb in den folgenden Jahren Anpas-sungen vornehmen müssen. Laut Übergangsbestimmungen sind zudem Tarife und Tarifverträge an die vom Bundesrat festgelegten Beiträge anzupassen. Diese Angleichung ist durch die Kantone zu regeln. Das ist kein einfaches Unterfangen angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Ver-träge und der Tatsache, dass die Bei-träge der Krankenversicherer in eini-gen Kantonen sinken, in andern aber steigen werden. Es ist mit einem harten und langen Seilziehen zwischen den Beteiligten zu rechnen, bis die vielen noch unge-lösten Fragen geregelt sind. santésuisse erwartet, dass die gesetzlichen Vorga-ben eingehalten werden. Das heisst, dass per 1. Januar 2011 die neuen Tarif-strukturen flächendeckend eingeführt werden und dass spätestens bis 2014 schweizweit einheitliche Pflegebeiträge der Krankenversicherung gelten.

WALTER FREI

1 Das Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung und die revidierte Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) sind im Internet zu finden unter:

http://www.admin.ch/ch/d/ff/2008/5247.pdf, http://www.admin.ch/ch/d/as/2009/3527.pdf2 Stefan Kaufmann, Direktor santésuisse, hat die

Probleme an der KVG-Tagung der Universität St. Gallen vom 26.08.2010 ausführlich dargelegt.

3 Newsletter des Preisüberwachers Nr. 1–10

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24 | Gesundheitswesen 9–10/10

Buchbesprechung: Sozialversicherungen in der Schweiz

Pirsch in den Versicherungs-Dschungel

Ein gutes und verständliches Kom-pendium gibt einen Überblick über das komplexe schweizerische Ver-sicherungssystem und die Funktion der einzelnen Versicherungszweige. Die praxisbezogene Form der Dar-stellung zeichnet die Publikation von Kurt Häcki, Ökonom und Sozialver-sicherungsexperte, besonders aus. Erschienen ist «Sozialversicherungen in der Schweiz» im Verlag Rüegger (4., aktualisierte Auflage).

Der Autor weist einleitend darauf hin, dass die Sozialversicherungen in der Schweiz historisch und unterschiedlich gewachsen sind und dass sich die recht-lichen Rahmenbedingungen seit den ersten Auflagen des Buches weiter ver-ändert haben. Erst mit dem Inkrafttre-ten des Allgemeinen Teils des Sozial-versicherungsrechts (ATSG) per 1. Ja-nuar 2003 wurde ein übergreifendes Gesetzeswerk geschaffen. Die einzel-nen Zweige der Sozialversicherung blei-ben aber in weiten Teilen eigenständig.

Die geschichtliche EntwicklungEin Blick auf die geschichtliche Ent-wicklung zeigt folgendes Bild: Seit 1948 ist das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenen-Versiche-rung (AHVG) in Kraft und seit 1960 das Bundesgesetz über die Invaliden-versicherung (IVG). Mit einigen Jah-ren Verzögerung kamen neue Gesetze hinzu, im Jahr 1984 das Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosen-versicherung und Insolvenzentschädi-gung (AVIG) sowie das Unfallversiche-rungsgesetz (UVG). Zehn Jahre später, im Jahr 1995, traten zwei weitere Bun-

desgesetze in Kraft: Das Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der berufli-chen Alters-, Hinterlassenen- und In-validenvorsorge (FZG) sowie das Bun-desgesetz über die Wohneigentumsför-derung mit Mitteln der beruflichen Vor-sorge (WEFG, als Teil des BVG und des OR). Seit dem 1. Januar 1996 gel-ten die Bestimmungen des Bundesge-setzes über die Krankenversicherung (KVG). Per 1. Juli 1997 trat die Verord-nung über die berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen in Kraft. Bei der AHV erfolgte auf den 1. Januar 1997 die Umsetzung der 10. AHV-Revision. Auswirkungen auf die Sozialversiche-rungen hatte sodann das am 1. Septem-ber 1999 in Kraft getretene Bundesge-setz über das Stabilisierungsprogramm 1998. Weiter ging es mit der Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes per 1. Juli 2003 sowie mit der Umset-zung der 4. IV- Revision per 1. Januar 2004 und der 5. IV-Revision per 1. Ja-nuar 2007.

Aktuelle RevisionenBei einigen Gesetzeswerken waren zum Zeitpunkt des Erscheinens des Bu-ches Diskussionen über Revisionen im Gang, so über die zweite Runde der (inzwischen im Parlament gescheiter-ten) 11. AHV- Revision, die 6. IV-Re-vision und die 1. BVG-Revision. Ein-fluss auf die Sozialversicherungen hat seit dem 1. Januar 2008 auch das Bun-desgesetz über die Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA). Ein Jahr spä-ter, am 1. Januar 2009, trat das Bun-desgesetz über die Familienzulagen in Kraft (FamZG), das gesamtschweizeri-sche Mindestvorgaben für die Kinder-und Ausbildungszulagen sowie neu den Anspruch von nichterwerbstätigen Per-sonen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen festlegt. Neu wird auf den 1. Januar 2011 das Bundesgesetz über

die Neuordnung der Pflegefinanzierung zu Änderungen bei der AHV, den Er-gänzungsleistungen zur AHV/IV und im KVG führen.

Instruktive Fall-BeispieleDer Autor befasst sich auch mit der Frage, was bei den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung beachtet werden muss, wenn ein bestimmtes Ereignis wie Stellenantritt, Kündigung, Unfall, Scheidung usw. eintritt. Anhand dieser Ereignisse aus dem Lauf eines Lebens beschreibt Häcki, welche Bedingungen, Leistungen usw. aufgrund der einzelnen Gesetze gelten. Jedes Kapitel wird des-halb mit einer kurzen Fallbeschreibung eingeleitet und erläutert. Instruktiv sind sodann die verschiedenen Übersichten und Kurzfassungen im Anhang. Neu be-findet sich am Schluss eine Auflistung von wichtigen Internetseiten.

JOSEF ZIEGLER

Kurt Häcki, Sozialversicherungen in der Schweiz. 4., aktualisierte Auflage 2010, 378 Seiten, Verlag Rüegger Zürich/Chur

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«Gesundheitswesen Schweiz 2010–2012» leistet einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des schwei-zerischen Gesundheitswesens. Es ist die jüngste, stark überarbeitete und ergänzte vierte Auflage des Stan-dardwerkes. Unterstützt wird das Buch von santésuisse und der «Nati-onalen Gesundheitspolitik Schweiz».

Die beiden Herausgeber, die Gesund-heitsökonomen Gerhard Kocher und Willy Oggier, stellen einleitend fest, dass sich die Lage im schweizerischen Gesundheitswesen und vor allem in der Gesundheitspolitik seit der ersten Auflage des Buches (2001) wesentlich verschärft hat. Das gelte vor allem im Blick auf die Finanzierung: 2010 wür-den wir wohl über 62 Milliarden Fran-ken für unser Gesundheitssystem aus-geben. Trotz zahlreicher Sparbemühun-gen steigen die Ausgaben Jahr für Jahr um rund zwei Milliarden Franken. Vor grosse Herausforderungen würde uns auch der akute Personalmangel bei den Pflegefachleuten und bei Ärztinnen und Ärzten stellen. Auch kranke das Schwei-zer Gesundheitswesen an vielfältigen Struktur- und Organisationsproblemen.

Hemmschuh: Übertriebener FöderalismusAls Hemmschuh für längst notwendige Reformen orten die Herausgeber über-einstimmend den «übertriebenen Föde-ralismus». Deshalb könnten Fortschritte am ehesten mit einer Politik der kleinen Schritte realisiert werden. Angesichts der zunehmenden politischen Schwie-rigkeiten werde die Gesundheitspolitik immer mehr als unbefriedigend wahr-genommen. Diese ist denn auch «ei-ner der kompliziertesten und heikels-ten Poltikbereiche». Auch psycholo-gisch spitzt sich die Lage zu. Das äussert sich in der zunehmenden Unzufrieden-heit der Bevölkerung und der Medien mit Politikern, Bundesämtern, sozial-

Gesundheitspolitik

Zunehmende Unzufriedenheit

gesundheitspolitischen Kommissionen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene sowie mit den CEOs und Ver-waltungsräten der Krankenkassen. Un-zufriedener würden auch grosse Teile der im Gesundheitswesen Beschäftig-ten wie Ärzte und Pflegende. Sie füh-len sich oft zu Unrecht als Sündenbö-cke. Kaum jemand bestreite noch, so die Herausgeber, dass Reformen not-wendig sind, ob man die herkömmli-chen kurzfristigen Spar- und Reform-versuche befürworte oder nicht. Parallel und unabhängig dazu müssten wir mit-telfristige, grundsätzlichere Reformen erarbeiten. Sie betreffen die Ziele, die Strategie und das System des Gesund-heitswesens.

Mehr Kapitel, neue AutorenNeu in der 4. Ausgabe des Buches sind die beiden Kapitel «Qualität» und «Be-rufe im Gesundheitswesen». Für die neue Ausgabe des Buches wurden 26 neue Autoren gewonnen. santésuisse ist mit folgenden Autoren und Beiträgen vertreten: Direktor Stefan Kaufmann mit einem Vorwort und dem Kapitel «Kran-kenversicherer», Markus A. Ziegler, Ge-sundheitsökonom bei santésuisse, «Me-dikamente», und Daniel Wyler, Leiter SVK, «Tarife».

Sparen: Ja, aber wo?Wie Stefan Kaufmann in seinem Bei-trag feststellt, schätzen die Versicherten die Leistungen des schweizerischen Ge-sundheitswesens hoch ein. Ein Gross-teil sei auch bereit, dafür entsprechend hohe Krankenversicherungsprämien zu bezahlen. Gemäss einer GfS-Studie be-reite jedoch der Hälfte der Prämienzah-ler die Bezahlung der Prämien regel-mässig oder gelegentlich Mühe. Laut dem GfS-Gesundheitsmonitor 2008 seien die Versicherten erstmals mehr-heitlich bereit, auf gewisse Freiheiten zu verzichten, wenn damit Kosten gesenkt werden könnten. Das betreffe nament-lich die Therapiefreiheit (54 Prozent), aber auch die freie Spitalwahl (51 Pro-zent). Unverändert nicht mehrheitsfähig erschienen dagegen Einschränkungen

der freien Arztwahl und des Zugangs zu neuen Medikamenten. Die gröss-ten Sparmöglichten würden die Befrag-ten bei sich selber, bei der Pharmain-dustrie und den Krankenversicherern orten. In verschiedenen Befragungen zeige sich jedoch, dass der Wissens-stand der Bevölkerung über Kranken-versicherung und Krankenversicherer gering sei. Nicht der Realität entspre-chend würden auch die Verwaltungs-kosten geschätzt. Während diese Aus-gaben tatsächlich 5,7 Prozent (Stand 2009) des gesamten Aufwandes für Leis-tungen und Administration ausmach-ten, gingen die Befragten im Durch-schnitt von 32 Prozent aus.Abschliessend formulieren die Her-ausgeber ihre Hauptwünsche für die Zeit bis zu 5. Auflage: Dass grundsätz-liche Reformen endlich realisiert wer-den können und dass sich die Daten-lage im schweizerischen Gesundheits-wesen stark verbessert. Ohne Transpa-renzzuwachs seien grössere Reformen nicht möglich.

JOSEF ZIEGLER

Gerhard Kocher/Willy Oggier «Gesundheitswesen Schweiz 2010–2012»- Eine aktuelle Übersicht, 447 Seiten, Verlag Hans Huber Bern, 2010.

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Multisektorale GesundheitspolitikWas haben die Schaffung von Nah-erholungsgebieten, Bildungsförde-rungsprojekte und die Subvention von Rindfleisch gemeinsam? Alle ha-ben Auswirkungen auf die Gesund-heit der Bevölkerung, werden aber ausserhalb des Politikbereichs Ge-sundheit getroffen. Diesem Thema widmet sich Spectra 83 «Gesund-heitsfolgenabschätzung». Die neuste Ausgabe kann beim BAG online be-zogen werden.

Kantonale AlterspolitikenDer Forschungsbericht des Bun-desamtes für Sozialversicherungen (BSV) zum Thema «Kantonale Al-terspolitiken in der Schweiz» ist on-line erschienen. Er bietet eine Be-standesaufnahme der Formen und Ausprägungen von Alterspolitiken in den Kantonen. Die Ergebnisse wer-den mit einer kommentierten Check-liste von Merkmalen ergänzt. Der Bericht existiert auf deutsch mit Zu-sammenfassungen in Französisch, Italienisch und Englisch. (mm)

Mehr Beschäftigte im GesundheitsbereichDie Zahl der in der Schweiz im Ge-sundheitsbereich Beschäftigten ist von 2001 bis 2008 um 2,6 Prozent pro Jahr gestiegen. Diese Zunahme liegt über dem gesamtwirtschaft-lichen Beschäftigungswachstum (+1,2 Prozent). Der Sektor gewann im Laufe dieser sieben Jahre 90 000 Beschäftigte hinzu und zählte 2008 rund 542 000 Erwerbstätige, was ei-nem Anteil von 13,5 Prozent an der Gesamtbeschäftigung entspricht. (www.news.admin.ch)

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Der Krankenversicherungsprämien-Index (KVPI) verzeichnete für das Prämienjahr 2010 ein Wachstum von 8,1 Prozent gegenüber dem Vor-jahr, teilt das Bundesamt für Statistik (BFS) in einer Mitteilung mit. Auf der Basis 1999=100 erreichte der KVPI damit einen Indexstand von 156,3 Punkten. Der vom BFS berechnete KVPI erfasst die Prämienent-wicklung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Kran-kenzusatzversicherung. Anhand des KVPI lässt sich die Auswirkung der Prämienentwicklung auf das Wachstum des verfügbaren Einkommens schätzen. Gemäss der KVPI-Modellrechnung dämpften 2010 die stei-genden Prämien das Wachstum des verfügbaren Durchschnittseinkom-mens um 0,6 Prozentpunkte. (www.news.admin.ch)

Prämienwachstum dämpft Einkommen

5000 Franken für Fragile Suisse

Trends im Gesundheitswesen – die brennenden Themen der Kranken-versicherer – Effizienz – Qualität – Ausgaben. Wir liefern die Hinter-gründe: In infosantésuisse finden Sie Dossiers, Interviews und Analy-sen. Vom Blick über die Grenze bis hin zu Stellenangeboten und prak-tischen Tipps für Ihren Arbeitsalltag: infosantésuisse bringt das Gesund-heitswesen für Sie auf den Punkt – aktuell, sachlich und spannend.Neu erscheint infosantésuisse alle zwei Monate statt zehn Mal pro Jahr. Das ermöglicht uns, stärker auf aktuelle Branchenthemen einzugehen – mit Umfragen, Interviews, Studien, Artikeln von Fachpersonen und eigenen Recherchen. Ein weiterer Vorteil für Sie: Das Jahresabonne-ment mit sechs Ausgaben ist günstiger geworden. Neu kostet es nur noch 54 Franken.Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Spass bei der Lektüre und einen gu-ten Start ins neue Jahr!

SILVIA SCHÜTZ, CHEFREDAKTORIN

infosantésuisse – neu alle zwei Monate

Das Geld, das santésuisse für Weihnachtskarten und andere verschickte Glückwünsche ver-wenden wür de, fliesst in die-sem Jahr zum zweiten Mal einer gemeinnützigen Institution zu. Glücksfee Joelle zog aus dem goldenen Topf «Fragile Suisse». Die Nonprofit-Organisation bie-tet hirnverletzten Menschen, ih-ren Angehörigen und Fachperso-nen in der ganzen Schweiz Un-terstützung. In den nächsten Ta-gen werden 5000 Franken in die Kasse der Organisation fliessen.

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Veranstaltungen

Organisator Thema Ort/Datum/Zeit Infos

Gesundheits-Förderung Schweiz

12. Nationale Gesundheits-förderungskonferenz

6./7. Januar 2011, Kongresszentrum Davos

www.gesundheitsförderung.ch

Kantonsspital St. Gallen Fachsymposium Gesundheit Chronisch kranke Menschen

19./20. Januar 2011 Olma Messen, St. Gallen

www.fachsymposium.ch

Trendtage Gesundheit Luzern

Chronische Krankheiten, Trends und Perspektiven im Gesundheitswesen

30./31. März 2011,KKL Luzern, Luzerner Saal

www.trendtage-gesundheit.ch

RVK Das Gesundheitswesen im Umbau: aktuelle Reformen auf dem Prüfstand

19. Mai 2011, Kongresshaus Zürich

www.rvk.ch

Melden Sie uns Ihre Veranstaltungen an: [email protected]!Weitere Veranstaltungen unter www.santesuisse.ch

Der nochmals verfeinerte Risikoausgleich, die neue Pflegeheim-finanzierung und die DRG-Einführung 2012 sind die Themen der nahen Zukunft. Am ersten Kundenanlass der SASIS AG seit der Aufnahme des Betriebes im 2009 standen die bevorstehende Ausrichtung der Firma und die Anpassungen der Produkte auf diese Herausforderungen im Vordergrund. Die SASIS AG ist zurück «am Markt». Nach dem erfolgreichen Abschluss des Grossprojektes «nationale Versichertenkarte» und dem Abschluss des Aufbaus der rechtlich und operativ eigen-ständigen Firma wird sich die SASIS AG nun konsequent auf die bevorstehenden Veränderungen im Krankenversicherungs-Markt ausrichten. Der Kundenanlass vom 24. November 2010 zeigte wie.Die Produkte der SASIS AG sind in den letzten Jahren stark zu-sammengewachsen. Im ganzen «administrativen Kreislauf» vom Leistungsbezug des Patienten mit der Versichertenkarte (Pro-dukt VeKa), beim Leistungserbringer (Produkt Zahlstellenregis-ter) über die Leistungsverrechnung (Produkt Zentrales Vertrags-register) bis zur Auswertung der Leistungsabrechnungen in der Statistik (Produkt Daten- und Tarifpool), sind die elektronischen Produkte und Dienstleistungen der SASIS AG im Einsatz. Diese Branchenlösungen sind abgestimmt auf die Nahtstellen zu den Leistungserbringern und ihren Informatik-Systemen. Die SASIS AG betreibt diese Branchenlösungen und kann mit den verschiedenen Angeboten wie Web-Applikation, Standard-Schnittstelle, EDI-Schnittstelle und Mandantenlösung, die ver-

schiedenen Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen. Jeder Kunde kann sich aus diesem Angebot seinen Teil aussuchen und op-timal in seine betrieblichen Systeme einbauen.Die SASIS AG wird sich im Jahr 2011 in enger Zusammenarbeit mit den Versicherern, santésuisse, tarifsuisse ag, Leistungseinkäu-fern und Leistungserbringer-Organisationen den neuen Heraus-forderungen stellen und mit einem neuen Web-Portal vermehrt die Nähe zu den persönlichen Benutzern und Kunden suchen. Denn eines ist sicher, das Jahr 2012 steht bald vor der Türe.

H.-P. SCHÖNENBERGER, GESCHÄFTSFÜHRER

80 Personen von Krankenversicherern informierten sich über zukunftsweisende Branchenlösungen der SASIS AG

Neue Kundenorientierung für künftige Herausforderungen

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28 | Service 9–10/10

Das Eidgenössische Departement des Innern hat ver-schiedene Änderungen der Krankenpflege-Leistungs-verordnung (KLV) beschlossen, die auf Anfang 2011 in Kraft treten. Darunter befinden sich tiefere Höchst-vergütungsbeträge für Inkontinenzprodukte, für Blut-zuckermessgeräte und -teststreifen sowie Lanzetten. Neu wird zudem die Impfung gegen Humane Papil-lomaviren (HPV) bei Mädchen und jungen Frauen bis zum 26. Altersjahr übernommen.Auch hydrokolloide/hydroaktive Wundverbände wer-den künftig tiefer vergütet. Zudem wird unter ande-rem der Beitrag an Brillengläser und Kontaktlinsen gestrichen. Mit den Massnahmen sollen jährlich rund 40 Mio. Franken zu Lasten der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung (OKP) eingespart werden. Bis-her übernimmt die obligatorische Krankenpflegever-sicherung die HPV-Impfung für Frauen bis zum Al-ter von 20 Jahren, falls sie im Rahmen von kantona-len Impfprogrammen durchgeführt wird. Neu werden die Kosten für die Impfung auch für Frauen zwischen 20 und 26 Jahren übernommen. Die Übernahme der Kosten für die Impfungen nach dem Schulalter ist bis Ende 2012 befristet und wird die OKP nach Schätzun-gen von santésuisse mit zwischen acht bis zehn Mil-lionen Franken belasten.

Magenband für BMI über 35Zukünftig vergütet die obligatorische Krankenpflege-versicherung Magenband- und Magenbypass-Operati-onen bei Personen mit einem Body Mass Index (BMI) von über 35. Bisher galt ein BMI von über 40. Vor ei-nem Eingriff muss die Patientin oder der Patient je-doch während zwei Jahren erfolglos eine nicht-chir-urgische Therapie absolviert haben und der Eingriff muss nach den aktuellen Richtlinien der Swiss Study Group für Morbid Obesity durchgeführt werden. Dazu

Neue Verordnungen zu MiGeL und Leistungen

Brille und Kontaktlinsen fallen weg

gehören auch Mindestfallzahlen für die durchführen-den Zentren. Von santésuisse geschätzte kurzfristige Mehrausgaben: fünf Millionen. Mittel- bis langfristig wird diese Massnahme die Ausgaben senken, weil Folgekrankheiten von Adipositas verhindert werden.

Der Spitalbeitrag für Erwachsene beträgt neu 15 Franken pro Tag Der Bundesrat erhöht den in der Verordnung über die Krankenversicherung festgelegten Spitalbeitrag. Dieser beträgt neu 15 Franken pro Spitaltag und gilt künftig für alle Erwachsenen. Ausserdem soll das Eidgenössi-sche Departement des Innern (EDI) bis im September 2011 die gesetzlichen Grundlagen zur Einführung ei-nes elektronischen Patientendossiers ausarbeiten. Zu-sätzlich kommt das Krebsregister: Ein noch auszuar-beitendes neues Gesetz soll künftig die kantonal un-terschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen der Krebsregistrierung harmonisierern. Ausserdem sollen damit Neuerkrankungen schweizweit vollständig er-fasst und aussagekräftige Daten zur Entwicklung von Krebserkrankungen erhoben werden. Der Entwurf steht im Frühling 2012.

Komplementärmedizin bleibt draussenDie ELGK empfiehlt die Ablehnung der komplement-ärmedizinischen Anträge, weil die Komplementärme-dizin die WZW-Kriterien nicht erfüllt. Der definitive Entscheid liegt beim EDI. Didier Burkhalter erwartet von der Kommission, dass sie ihm ein vollständiges Dossier übergibt, damit er in Kenntnis aller Fakten entscheiden kann. Das EDI prüft parallel dazu wei-tere Möglichkeiten, die Komplementärmedizin in Aus-bildung und Berufsanerkennung zu berücksichtigen.

ALAIN VIOGET

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Gesundheitswesen

Schweiz 2010 – 2012

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Inhalt

Das Schweizer Gesundheitswesen ist komplex und im Umbruch.

Reformversuche und Sparmassnahmen jagen sich, oft ohne klare Ziele und

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und komplexer Politikbereich – mit ideologischen Polemiken und starken

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aktuelle und sachliche Gesamtübersicht in 39 Kapiteln von 61 Autorinnen und

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Wert legen die beiden Herausgeber – Gerhard Kocher und Willy Oggier – auf

möglichst hohe Objektivität, aussagekräftige Daten und auf gute Lesbarkeit.

Zielpublikum

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Gesundheits- und dem

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für alle an unserem

Gesundheitswesen und

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Interessierten.

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besonders gut als Lehrmittel

für Studierende und

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Aus-, Weiter- und

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Gesundheits-, Sozial- und

Versicherungswesen.

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_____ Ex. «Gesundheitswesen Schweiz 2010 – 2012»,

Herausgeber: Gerhard Kocher / Willy Oggier,

4. Aufl. 2010, 464 S., Fr. 39.90

ISBN 978-3-456-84803-7

Bestellung an:

Verlag Hans Huber, Hogrefe AG

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Trends im Gesundheitswesen – Die Zukunft der Hausarztmedizin – Effizienz – Qualität. Wir liefern die Hintergründe: Im

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malattia», edizione italiano

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