Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

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Makromol. Chem. 178, 2661-2682 (1977) Zentrale Forschung, Wissenschaftliches Hauptlaboratorium der Bayer AG, D-5090 Leverkusen Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule, Grundlagen der Trubungstitration Martin Hoffmann und Heinrich Urban (Eingangsdatum: 26. August 1976) SUMMARY: After the precipitation of polymer from a solution of concentration c the light scattering intensity Ro (in the direction of the primary beam) usually does not reach a constant value but is equal to kc’t, t being the time since precipitation. The constant k does not depend on molecular weight M (lO4<M<1O6) and is proportional to l/ql, q1 being the viscosity of the dispersing medium. Various polymers with refractive index increments v, have nearly the same value of k/v:. Furthermore long chain branching or intramolecular crosslinks do not influence this value. These results prove that the coagulation of polymers is controlled by diffusion (theory of coagulation by Smoluchowski). Coagulation and coalescence are retarded if the polymer molecules are able to associate or to crystallise. They stop at low particle weights if the particles are hard or if they carry about 10 electric elementary charges per particle. During turbidimetric titrations freshly precipitated molecules are quickly adsorbed by the existing particles, thus increasing mainly the number average particle weight. If this increase in turbidity is small compared to that resulting from the coagulation of particles, the increase of Ro. V/V, with log V is proportional to the square of the concentration of all the precipitated molecules during titrations of chemically equal molecules. (V is the volume of the titrated solution.) From titration curves one may thus derive the distributions of solubilities and molecular weights. Similar evaluations give the distribution of chemical compositions, if polymers with nearly equal molecular weights are titrated (GPC-eluates). Einleitung Mikroskopische Untersuchungen der GroBe und Einheitlichkeit von Teilchen einer Polymerfal- lung zeigen”, dalj die mit den bisher publizierten Menmethoden erhaltenen Trubungen nicht zur quantitativen Auswertung verwendet werden diirfen, da die Teilchen meist zu grolj sind. Wir bestatigen dieses Ergebnis insoweit, als bei unseren Titrationen” selbst bei so niedrigen Polymerkonzentrationen wie 15 mg/l schon nach 8 min (bei verschiedenen Polymeren und Losungsmitteln) Teilchendurchmesser von etwa 450 nm gemessen werden. Bei hoheren Konzen- trationen und/oder Zeiten sind die Teilchen noch groljer. Ferner ist festgestellt worden, daD neu ausfallende Molekule die Uneinheitlichkeit der GroDe vorher gebildeter Fallungsteilchen verringern”. Man muD deshalb daran zweifeln, daD die zur Auswertung von Trubungsmessungen verwendete Annahme einer Proportionalitat von Triibung und Konzentration gefallter Molekiile richtig ist. Wir haben wegen der grooen TeilchengroDen von Fallungen die Messung der Triibung verbessert und danach erkannt, daD bei Triibungstitrationen fast nie Gleichgewichtswerte der Lichtstreuung erreicht werden, sondern die Streuung dauernd zunimmt. Gleichgewichtswerte werden vorgespiegelt, wenn die Verdunnungskorrektur vernachlassigt oder die Extrapolation der Streuung auf den Winkel 9=0 zum Primarstrahl nicht richtig vorgenommen wird. Die

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Makromol. Chem. 178, 2661-2682 (1977)

Zentrale Forschung, Wissenschaftliches Hauptlaboratorium der Bayer AG, D-5090 Leverkusen

Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule, Grundlagen der Trubungstitration

Martin Hoffmann und Heinrich Urban

(Eingangsdatum: 26. August 1976)

SUMMARY: After the precipitation of polymer from a solution of concentration c the light scattering intensity

Ro (in the direction of the primary beam) usually does not reach a constant value but is equal to kc’t, t being the time since precipitation. The constant k does not depend on molecular weight M ( lO4<M<1O6) and is proportional to l /ql , q1 being the viscosity of the dispersing medium. Various polymers with refractive index increments v, have nearly the same value of k/v:. Furthermore long chain branching or intramolecular crosslinks do not influence this value. These results prove that the coagulation of polymers is controlled by diffusion (theory of coagulation by Smoluchowski).

Coagulation and coalescence are retarded if the polymer molecules are able to associate or to crystallise. They stop at low particle weights if the particles are hard or if they carry about 10 electric elementary charges per particle.

During turbidimetric titrations freshly precipitated molecules are quickly adsorbed by the existing particles, thus increasing mainly the number average particle weight. If this increase in turbidity is small compared to that resulting from the coagulation of particles, the increase of R o . V/V, with log V is proportional to the square of the concentration of all the precipitated molecules during titrations of chemically equal molecules. (V is the volume of the titrated solution.) From titration curves one may thus derive the distributions of solubilities and molecular weights. Similar evaluations give the distribution of chemical compositions, if polymers with nearly equal molecular weights are titrated (GPC-eluates).

Einleitung

Mikroskopische Untersuchungen der GroBe und Einheitlichkeit von Teilchen einer Polymerfal- lung zeigen”, dalj die mit den bisher publizierten Menmethoden erhaltenen Trubungen nicht zur quantitativen Auswertung verwendet werden diirfen, da die Teilchen meist zu grolj sind. Wir bestatigen dieses Ergebnis insoweit, als bei unseren Titrationen” selbst bei so niedrigen Polymerkonzentrationen wie 15 mg/l schon nach 8 min (bei verschiedenen Polymeren und Losungsmitteln) Teilchendurchmesser von etwa 450 n m gemessen werden. Bei hoheren Konzen- trationen und/oder Zeiten sind die Teilchen noch groljer.

Ferner ist festgestellt worden, daD neu ausfallende Molekule die Uneinheitlichkeit der GroDe vorher gebildeter Fallungsteilchen verringern”. Man muD deshalb daran zweifeln, daD die zur Auswertung von Trubungsmessungen verwendete Annahme einer Proportionalitat von Triibung und Konzentration gefallter Molekiile richtig ist.

Wir haben wegen der grooen TeilchengroDen von Fallungen die Messung der Triibung verbessert und danach erkannt, daD bei Triibungstitrationen fast nie Gleichgewichtswerte der Lichtstreuung erreicht werden, sondern die Streuung dauernd zunimmt. Gleichgewichtswerte werden vorgespiegelt, wenn die Verdunnungskorrektur vernachlassigt oder die Extrapolation der Streuung auf den Winkel 9=0 zum Primarstrahl nicht richtig vorgenommen wird. Die

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2662 M. Hoffmann und H. Urban

Streuung gefallter Polymermolekiile n immt mit der Zeit sogar dann zu, wenn eine sehr verdiinnte Polymerlosung schnell rnit einem groljen Uberschul j an Fallmittel gefallt und danach nicht mehr geriihrt wird. D i e folgende Arbeit sol1 deshalb klaren, inwieweit Keimbildung, Wachstum durch Anlagerung neu ausfallender Molekiile, Umlosen und schliel3lich auch Koagulat ion und Koaleszenz wahrend einer Triibungstitration eintreten, dami t neue Grundlagen fur die Auswertung von Triibungstitrationen gewonnen werden.

Experimenteller Teil

Methode der Fullung: In einem 300 ml Erlenmeyer-Kolben werden 5-30 ml einer verdiinnten (1-100 mg/l) Polymerlosung in kreisende Bewegung gebracht und ,,im Gun" 1G100 ml Fallmittel zugegeben. Man schuttelt weitere 5 s und fullt 5,Oml in ein Triibungstitrationsgerat, in dem die Lichtstreuung der ruhenden Dispersion als Funktion der Zeit gemessen wird. Die nach wenigen Minuten auftretenden Streuungen sind bei dieser Arbeitsweise auf etwa 1 2 % reproduzierbar. Die bei langen Zeiten gemessenen Streuungen sind dagegen nicht so gut reproduzierbar und besonders dann anormal klein, wenn elektrostatische Aufladungen der Apparatur beobachtet werden. Eine besonders langsame Fallmittelzugabe sowie eine sehr schnelle Fallung rnit Hilfe eines Vibromischers ergaben nahezu dieselben Streuungen bei Zeiten oberhalb 0,5 min. Die bei unserer Fallweise moglichen geringen Variationen haben also keinen wesent- lichen EinfluR auf die Ergebnisse. Vide Fallungen wurden wiederholt rnit jeweils neuen Losungen ausgefuhrt. Die Polymeren werden uber Nacht gelost (15 mg/50 ml). Verdunntere Losungen werden erst wenige Minuten vor der Messung hergestellt, um die bei derartig niedrigen Konzentrationen wichtigen Verluste durch Adsorption moglichst klein zu halten. Bei stufenformigen Fallungen werden jeweils 5,O ml Losung rnit einer Geschwindigkeit von 2,0ml/min Fallmittel titriert".

Messung der TeilchengroJe: Die Streuung von Licht der Wellenlange 940 nm (Lichtemissionsdiode TIL 31) wird unter einem Winkel von etwa 9=19" (Bereich 14"-24") zum Primarstrahl gemessen (Empfanger BPY) und im Falle von Titrationen rnit der Verdunnungskorrektur V/V, (V= Gesamt-, Vo = Anfangsvolumen der titrierten Losung = 5,O ml) multipliziert. Die MeRanordnung liefert bis zu 450 Skalenteilen den Streuintensitaten proportionale MeRwerte (Fehler i- 1 %). Die in den Abbildungen angegebenen Streuwerte sind Skalenteile, wobei 1 Skt. einem Teilchenmolgewicht (Gewicht von 6,03. Teilchen) M T = 1,45. lo9 entspricht, wenn 10 mg/l Polymeres gefallt werden und das Brechungsindexinkre- ment vD = 0,23 ml/g betragt. Die so gewonnenen Streuungen entsprechen bei TeilchengroRen bis zu etwa 600nm bis auf wenige Prozente denen fur den Winkel 3=0, so daR man auf die Extrapolation auf 9 = 0 verzichten kann. Die Streuung der echt gelosten Molekule konnte stets vernachlassigt werden. Fast alle Messungen wurden bei 26°C 1 0,3 "C durchgefiihrt, ohne daR die Kiivette besonders temperiert wurde (klimat. Raum). Die Eichung erfolgte durch Vergleich der Streuungen, die in diesem und einem Sofica-Gerat bei der Wellenlange ;.=546nm an Losungen in Tetrahydrofuran (THF) (20g/l) des Gels 29 (vgl. Tab. 1) gemessen wurden.

Reinigung der Fliissigkeiten : Losungsmittel und Fallmittel wurden wenige Tage vor dem Verbrauch getrocknet, fraktionierend destilliert und unter AusschluR von Feuchtigkeit (CaC12-Rohr) aufbewahrt. Die erhaltenen Streuwerte waren unabhangig davon, daB dem T H F 0,2% Ionol oder dem N,N-Dimethyl- formamid (DMF) 0,3 % N a N 0 3 zugesetzt wurden. Als Fallmittel konnten ohne Storungen auch Gemische von Methanol und Wasser verwendet werden. Zusatze von 10 Gew.-% (bezogen auf das Polymere) Emulgator 1736 (1 mol 9-Octadecen-1-01 + 19 mol Athylenoxid) oder Mersolat K 30 (Natrium-dodecan- sulfonat) verringerten die Streuungen von Praparat 11 (vgl. Tab. 1 ) in Gemischen von 1 ml T H F und 2 ml oder 9 ml Methanol nicht. Eine MeBreihe rnit auBergewohnlich sorgfaltiger Reinigung der Apparate und Fliissigkeiten lieferte keine veranderten MeRwerte bei kurzen Zeiten.

Herstellung iind Charakrerisierung der Polymeren: Polybutadien, Polyisopren, Polystyrol und Blockcopo- lymere von Butadien und Styrol wurden rnit Butyllithium, Polypentenamer rnit W-Katalysatoren polymeri- siert (Dr. J. Witte, Dr. M. Zimmermann) und durch Fraktionieren von oligomeren Anteilen befreit. Die anderen Polymeren wurden radikalisch polymerisiert (Dr. G. Ball&, Dr. G. Kolb, Dr. C. Siiling) oder als Handelsprodukte bezogen und in Fraktionen mit Uneinheitlichkeiten U M = M , / M , - 1 z 0,3 zerlegt. Lediglich Polyvinylpyrrolidon und Epoxydharz wurden unfraktioniert eingesetzt. Die Molgewich- te M , wurden viskosimetrisch uber Eichkurven oder durch Lichtstreuung, die Uneinheitlichkeiten

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekiile , . , 2663

durch Gelchromatographie (Korrektur wegen axialer Dispersion) bestimmt; [ ~ ] ~ / [ q ] , ist das Verhaltnis der Viskositatszahlen verzweigter und h e a r e r Molekiile. Tab. 1 stellt einige Daten der Polymeren zusamrnen. Die innermolekular vernetzten Praparate Nr. 23-30 wurden mit tert-Butylhydroperoxid und Natrium-dodecan~ulfonat~' oder ahnlich rnit Ernulgator 1736 hergestellt.

Tab. 1. Gewichtsmittel des Molekulargewichts M,, molekulare Uneinheitlichkeit UM = M,/M. - 1 und Viskositatszahlverhaltnis verzweigter und h e a r e r Molekiile [q]v/[q]l zur Kennzeichnung der Struktur der Polymerisate

Prap. Chem. Natur Nr.

Unipolymere: 1 Polybutadien (1,4) 2 Polybutadien (1,4) 3 Polyisopren (90% 3,4) 4 Polypentenamer (80x rronsy) 5 Pol yisobuten 6 Polybutylmethacrylat 7 Polydodecylmethacrylat 8 Pol ymeth ylmethacrylat 9 Polyvinylchlorid

10 Polystyrol 11 Polystyrol 12 Polystyrol 13 Polystyrol 14 Polystyrol 15 Polyst yrol 16 Poly(N-vinyl-2-pyrrolidon)

(Luviskol K 90) 17 Epoxydharz (Epicote 1007) 18 Polydimeth ylsiloxan Copolymere: 19 Butadien-Styrol (20 Gew.-%)Zwei-

20 Butadien-Styrol (50 Gew.-%, Zwei-

21 Athylen-Vinylacetat (45

Sternmolekiile: 22 Polybutadien ( f = 3)b) Mikrogele: 23 Styrol-DVB (0,56 Gew.-%)-Cop." (OE)dl 24 Styrol-DVB (1,9 Gew.-%)-Cop." (Ot)"I 25 Styrol-DVB (1,9 Gew.-%)-Cop." (OE)d' 26 Styrol-DVB (5,6 Gew.-%)-Cop." (OE)dl 27 Styrol-DVB (0,15 Gew.-%)-Cop." fDY)dl 28 Styrol-DVB (0,37 Gew.-%)-Cop." 29 Styrol-DVB (1,9 Gew.-%,)-Cop." IDS)'" 30 Styrol-DVB (1,9 Gew.-%)-Cop." (DS)dl

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a ) Poly( 1-pentenylen). b, f = Funktionalitat der Verzweigung. ') DVB = Divinylbenzol Isomerengemisch. d l DS =rut-Butylhydroperoxid + Natrium-dode~ansulfonat~'; OE=9-Octadecen-l -ol/Athylenoxidad-

dukt.

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2664 M. Hoffmann und H. Urban

Ergebnisse und Diskussion

Teilchenvergro@erung nach schneller und vollstandiger Fallung

Abb. 1 zeigt die Zeitabhangigkeit der Streuungen R i g nach schneller und vollstandiger Fallung des Polymeren. Diese und viele andere Versuche zeigen, daI3 die Kurven stets schwach gekrummt sind. Bei Zeiten bis zu 10min 1aDt sich die Zeitabhangigkeit der Streuung oft durch ein einfaches Gesetz beschreiben.

R=kt" (1)

G1. (1) ist linearisierbar, wenn man logR oder log(R/c) iiber logt auftragt: Abb. 2. Man erkennt, daI3 die Steigung der Kurven, d. h. der Exponent der G1. (1) bei kleinen Zeiten nahezu 1,0 und unabhangig von der verwendeten Konzentration ist. Eine Abweichung von a = 1 tritt also erst bei groI3en Teilchen auf. Im Einklang damit steht auch die Beobachtung, daI3 sie bei urn so kleineren Konzentrationen bzw. Zeiten auftritt, je groBer die Molekule, d. h. je starker gequollen die Fallungen sind.

c .-

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Abb. 1 Abb. 2

Abb. 1. Unter 19" zum Primarstrahl gemessene Lichtstreuung R19 (in Skalenteilen der Anzeige) von Dispersionen gefallter einheitlicher (s. Tab. 1) Polystyrolmolekiile vom Molekulargewicht M , = 2,1 . lo6 (o), M , = 1,7.105 ( 0 ) und M,=3,8.104 (A) in Abhangigkeit von der Zeit seit ihrer Ausfallung t - r l in einem Gemisch aus 10 ml THF und 20 ml CH30H bei 26°C und bei einer Polymerkonz. von 10 mg/l

Abb. 2. Unter 19" zum Primarstrahl gemessene und als spezifische Streuung Rl9/(ci3') logarithmisch aufgetragene Lichtstreuung von Polystyrol-Dispersionen (M,=9.105) verschiedener Konz. c (Zahlen an den Kurven in mg/l) in Abhangigkeit von der Zeit seit der Ausfallung t - tl . Ordinateneinheit: R I 9 in Skt. und c in mg/l. a) 10 ml THF + 10 ml CH30H bei 26°C. b) 10 ml THF + 20 ml CH30H; v=Brechungsindexinkrement

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekiile . . . 2665

/ i P $1 Q

03 Abb. 3. Nach 0,3 min gemessene - oder auf diese Zeit extrapolierte spezifische Streuungen R , 9/(cvz) /" der in den Abbn. 2 und 4 gezeigten

2/m Dispersionen in Abhangigkeit von 082

7 der Konz. c (v = Brechungsindex- inkrement). v : 10 ml THF + 10 ml CH,OH 0 : 10 ml THF + 20 ml CH30H 0 : 10 ml THF + 40 ml CH30H A : 10 ml THF + 50 ml CH30H 0 : 10 ml THF + 90 ml CH30H Einheit der Ordinate wie in Abb. 2; bei einem der MeBwerte ist der bei kleinen Konzentrationen gro- De relative Fehler eingezeichnet

081

0'05

Oao2. 1 5 10 50 1 0 0

c/(rng/ l )

Der Faktor k der G1. (1) hangt stark von der Konzentration ab. Die bei einer bestimmten kleinen Zeit gemessenen oder auf diese Zeit extrapolierten Streuungen sind dem Quadrat der Konzentration c (z. B. in mg/l) proportional: Abb. 3.

R = k'. cz . (la) Berucksichtigt man die bekannte Beziehung zwischen Streuung, Konzentration und Teilchenge- wicht MT(MT= Gewicht von 6 . loz3 Teilchen; MT,w = MT-Gewichtsmittel; v = Brechungsindexin- krement; K* eine von der Geometrie der Streulichtapparatur und der Wellenlange abhangende Konstante)

r , w (2) R = K * . i j 2 . c . M

so erhalt man

Die Experimente zeigen, daB das Teilchenmolgewicht bei Zeiten t < 2 min meistens proportional c . t , die Teilchenzahl NT= c . NAIMT also unabhiingig von c und naherungsweise umgekehrt proportional t ist, wie es die Koagulation~theorie~' (s. Abschnitt 3 ) fordert. Wir bezeichnen k* deshalb als Koagulationskonstante. Aus Abb. 3 kann man entnehmen, daR die echte Loslichkeit des Polymeren und die Verluste durch Adsorption bei M=9.105 und mindestens 50 Vo1.-% Methanol im Gemisch 5 0,l mg/l betragen.

Die Geschwindigkeit der Koagulation sollte bei einem diffusionskontrollierten ProzeR von der Viskositat des Dispersionsmittels abhangen. Deshalb untersuchen wir die TeilchenvergroRe-

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Tab

, 2.

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule . . . 2661

rung nach Fallung von Losungen in Tetrahydrofuran (THF) mit Silikonolen verschiedener Viskositat, bei denen Fallkraft und Brechungsindex des Fallmittels vergleichbar sind. Tab. 2 zeigt, daR gleiche Streuungen und also auch gleiche Teilchengronen bei Zeiten erreicht werden, die der Viskositat des Dispersionsmittels proportional sind. Die Koagulation ist also diffusionskontrolliert und ihre Geschwindigkeit proportional 1/q wie die Koagulations- theorie fordert. Anstelle von t ist daher in GI. (3) die GroBe (t/ril) einzufiihren. Die Koagulations- konstanten in verschiedenen Dispersionsmitteln sollten deshalb fur einen Vergleich auf gleiche t/ql umgerechnet werden, so daB man erhalt:

Tab. 2 zeigt, daB bei der Fallung von Polystyrol die bei kurzen Zeiten t gemessene und auf gleiches Brechungsinkrement v und gleiche Konzentration umgerechnete Streuung R, also R/(c2v2), bei bestimmten t/q nahezu unabhangig von der Art des Dispersionsmittels und dem UberschuB am Fallmittel ist. (Da 1' nach v = ( n 2 -nl)D. c ' , ~ , ~ abgeschatzt wurde, sind die berechneten R / ( c 2 v 2 ) so unsicher, daR die Zahlenwerte nur mit einer Stelle angegeben werden; n2 - nl = Differenz der Brechungsindices von Polymerem und Losungsmittel bei der Na-D-Linie; usp,2 = spezifisches Volumen des Polymeren).

Fur die bei langen Zeiten (> 2 min) gemessenen Streuungen gilt das bei der Fallung von Polystyrol nach den Abbn. 2 und 4 nur noch bei nicht zu groBem FallmitteliiberschuB. Bei hohem FallmitteliiberschuB wird der Exponent a der GI. ( 1 ) bei langen Zeiten anormal klein, so daB die Koagulationstheorie nicht gilt und die rechte Seite der GI. (1) scheinbar um eine

lo c

c

C Abb. 4. Unter 19" zum Primarstrahl ge- messene und als spezifische Streuung R19/ (cr2) logarithmisch aufgetragene Licht- streuung (in Skalenteilen) von Polystyrol Dispersionen ( M , = 9.10') verschiedener Konz. c (Zahlen an den Kurven) in Ab- hangigkeit von der Koagulationszeit f - r , . Einheit der Ordinate wie in Abb. 2. a) 10 ml T H F + 40 ml CH3OH b) 10 ml T H F + 50 ml C H 3 0 H c) 10 ml T H F + 90 ml CH3OH

0,l 0,4 1 2 4 10 20 40 ( t - t4) l rn in

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2668 M. Hoffmann und H. Urban

(konzentrationsabhangige) Konstante erweitert werden muB. Man erkennt jedoch an der in Abb. 4 gezeigten Konzentrationsabhangigkeit des Exponenten a, da13 er bei kleinen Konzentratio- nen und kiirzeren Zeiten nicht so niedrig ist wie bei langen Zeiten. Solange also eine kritische TeilchengroBe (R/c)* nicht erreicht ist, koagulierten und koaleszieren die Tropfchen der Polymer-

Tab. 3. Relative Teilchengewichte der Koagulation von Polystyrolen verschiedenen Molgewichts (vgl. Tab. 1) in Gemischen von THF und Methanol bei 26°C ( (PCH~OH = Volumenbruch an Methanol; q1 = Visko- sitat des Dispersionsmittels; Y = Brechungsindexinkrement ; c = Konzentration des Polymeren in der Dispersion; R I 9 = Streuung in Skalenteilen

Prap. ( P C H ~ O H I@ vz.102 c 5.104.Rlg/(~112) bei Pa.s m12/g2 mg/I Nr."' r A

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10 11

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0,90

:I 15 11

14 15

i:} 0,95 14

a) Vgl. Tab. 1.

~~ ~

15 0,63 1,25 2,45 8,2 15 0,62 1,22 2,4 7,9 15 0,65 1,30 2,5 7,7

5 0,20 0,40 0,80 3,8 5 0,20 0,40 0,79 3,7 5 0,21 0,42 0,82 3,7

15 0,62 1,24 2,35 7,9 15 0,64 1,28 232 8,5 15 0,62 1,24 2,40 8,0

5 0,20 0,40 0,78 3,9 5 0,20 0,40 0,79 3 39 5 0,19 0,39 0,78 339

15 0,64 1,02 1,60 4,5 15 0,66 1 P 1,65 433 15 0,69 1,lO 1,68 4 3 15 0,75 1,20 1,95 534 15 0,88 1,55 2,70 8 2

5 0,28 0,49 0,83 2 4 5 0,29 0,49 0,84 2,6 5 0,28 0,49 0,84 2,7

439 530

5,o 532

5 0,27 0,48 0,82 2,5 5 2 539

5 0,29 0,50 0,85 2,7 15 0,48 0,52 0,53 0,53 15 0,49 0,55 0,58 0,59 15 032 0,54 0,55 0,57 15 0,56 0,66 0,70 0,75 15 0,50 0,60 0,70 1,10 15 0,60 0,88 1,22 2,15

5 0,28 0,36 0,40 0,45 5 0,27 0,35 0,41 0,50 5 0,23 0,32 0,49 0,95 5 0,20 0,31 0,48 1,20

15 0,53 0,60 0,64 0,74 5,5 6,6 7,5 0,33 0,47 0,65 1,32

5 0,35 0,46 0.55 0,75

534 6 4

Page 9: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule . . . 2669

fallung nahezu normal. Dagegen erreichen solche Dispersionen bei langeren Zeiten eine von der Zeit, der Konzentration und dem genugend groRen FallmitteluberschuR unabhangige TeilchengroRe MT, so daR dann die Streuung der Konzentration proportional ist.

Wir wollen nun untersuchen, ob das Koagulationsverhalten und die GroBe M $ vom Molekular- gewicht abhangen. Tab. 3 stellt relative Werte der Teilchengewichte, also R/(cvZ) verschieden groDer Polystyrolmolekule bei verschiedenen Fallmitteluberschussen und Zeiten zusammen. Bei Molgewichten M > 1 O5 ist die TeilchenvergroBerung nach der Ausfallung bei allen Versuchen bis zu groRen Fallmitteluberschussen unabhangig vom Molgewicht und bestatigt damit eine Forderung der Koagulationstheorie. Dieselbe Koagulationsgeschwindigkeit findet man auch bei noch kleineren Molekulen ( M > lo4) bei einem Volumenbruch des Fallmittels qCHJoH =0,8 also nicht weit von deren Fallpunkt entfernt. Solche kleinen Molekule koagulieren aber bei qCHIOH = 0,9 starker und erreichen einen groReren Endwert Mf als die groRen. Denselben Endwert M $ wie groRe Molekule erreichen sie erst bei noch groneren Fallmitteluberschussen.

Urn diesen Befund zu klaren, kann man nun ahnliche Untersuchungen an andersartigen Polymeren durchfuhren. Tab. 4 stellt MeRergebnisse zusammen. Fur die Berechnung der relativen Teilchengewichte R/(cv2) wurde das Brechungsinkrement wieder nach v=(nz - riI)Du,p,2 abge- schatzt.

Zunachst stellen wir fest, daR eine anormal geringe Koagulation bei hohem FallmitteluberschuR nicht bei solchen Polymeren beobachtet wird, die bei 26 "C weich sind. Anscheinend koagulieren Tropfchen der Polymerfallung nur dann bis zu einer bestimmten GroRe, wenn sie durch Entquel- len eine Einfriertemperatur erreicht haben, die in der Nahe oder oberhalb der MeBtemperatur liegt. Selbst bei geringeren Fallmittelkonzentrationen, also bei etwas weniger harten Teilchen ist die Koagulation schon deutlich verlangsamt. Den beobachteten EinfluD des Molekularge- wichts auf diesen Effekt kann man uber die Molgewichtsabhangigkeit der Einfriertemperatur und des Quellungsgrades der Fallung verstehen. Die bisherige Theorie der Koagulation la& diese Hemmung der Koagulation nicht erwarten.

Tab. 4 zeigt ferner, daR die Koagulationsgeschwindigkeit bei mehreren chemisch verschiedenen Polymeren nicht allzuweit entfernt von ihrem Fallpunkt bei bestimmten q nahezu unabhangig von ihrem Molgewicht und ihrer chemischen Natur ist.

Anormale und mit der Theorie der Koagulation von Kolloiden nicht ubereinstimmende Zeitgesetze der Koagulation findet man in der Nahe des Fallpunktes nur bei Polymeren, die bei hoheren Konzentrationen assoziieren oder kristallisieren, z. B. bei Polyvinylchlorid, Polyacrylnitril, Polyacrylamid und Polymethylmethacrylat. Sie koagulieren nur kurze Zeit (etwa 1 min) normal und danach vie1 schwacher. Die Assoziation verhartet die Teilchen offenbar ebenso wie das schon diskutierte Einfrieren. Ahnliche Verringerungen der Koagulationstendenz mit wachsendem FallmittekiberschuR wie bei Polystyrol beobachtet man auch bei einheitlichen Butadien-Styrol-Blockcopolymeren. Man darf annehmen, daB die bekannte Entmischung der vershiedenen Sequenzen dazu fuhrt, daB zurnindest bei Zweiblockcopolymeren mit 50 Gew.-% Styrol (Prap. 20) Kugelschalen aus Butadien- und Styrolsequenzen abwechseln und die Teilchen zeitweise eine harte oder zumindest mit verringerter Beweglichkeit der Molekule ausgestattete AuRenhaut tragen, die die Koagulation bei groBem FallmitteluberschuR verlangsamt. Anschei- nend verlangsamen die glasige Erstarrung, die Assoziation und die bei Blockcopolymeren wichtige Segregierung der verschiedenen Sequenzen die Diffusion von Molekulen irn Fallungstropfchen und an seiner Oberflache, so da8 die Tropfchen wahrend der StoBzeit nicht mphr immpr opniiwnrl vprflipfien

Page 10: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

Tab

. 4.

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ativ

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50

0,67

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0,80

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0,

67

15 5 15 5 15

15 5 15 5 15 5 15

15 5 15 5 15

15 5 15

15 5 15 5 15 5 15 5 15

15

15 5 3

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0,48

4

2

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53

0 5

2

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3,

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7

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42

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0,96

8 $

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9 9,

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0,

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9,

3 8,O

0,

94

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11

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0,

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6,7

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153

16,O

18,2

16

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15,O

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128

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16

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17

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11

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1,

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10

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12,o

1,

75

0,70

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-

59

10,2

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11

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51

61

5

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830

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67

68

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68

48

75

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29

51

52

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14,O

3

3

1.85

7,4

9,9 83

5,9

6,O

7,O

72

-

7 8 7 7 7 I 8 8 8 8 8 7 8 9 8 8 8 8 8 9 8 8 9 9 9 9 8 8 14

13

18

15

13

c a 3:

Page 11: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

11

0,50

15 5

0,67

15 5

0,80

15 5

0,90

15 5

16

0,90"

735

0,95"

7,5

17

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18

0,67

15

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0,80

15

0,90

15 5

19

0,50

15

0,67

15 5

0,90

15

0,95

15

20

0,50

10 5

0,67

15

0,90

15 5

0,95

15 5

21 0,67

15 5

Iono

l 0,

80"

60

30

20

a)

Vgl

. Tab

. 1.

b,

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orm

losu

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nol

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llt.

Was

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sung

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ton

gefa

llt.

36

39

29,2

3,9

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11,2

2,6

33

0,35

21,2

10,s

232

0,70

28

0,85

0,21

2,95

2J

0,32

10,2

16,6

1,7

11,6

738

10,4

2,s

25,O

32 3,9

26 434

2,15

0,37

9,9

26

28

123

5,o

18,5

19,5

132

5,2

76

539

15,4

11,4

64

2,9

14

2,3

0,35

79

2,3

92

8,5

0,5

10,o

0,7

43 2,7

3,7

0,97

7,2

03

1,35

21

2,9

49

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52

32

42

17

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3s

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5,o

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5,1

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15

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43 8

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8 8 8 8 9 12 -

- 9 8 8 7 6 5 5 5 6 5 5 6 6 6 5 5 7 7 7 9 9 10

11 3 3

-

-

-

-

Page 12: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

2672 M. Hoffmann und H. Urban

Nachdem die Einflusse des Molekulargewichts und der chemischen Konstitution geklart sind, sol1 noch die Wirkung einer Langkettenverzweigung untersucht werden. Dazu betrachten wir die Koagulation von anionisch hergestellten Sternmolekulen aus Polybutadien und von innermolekular vernetzten Molekulen (Mikrogele) aus Polystyrol. Tab. 5 stellt die Ergebnisse zusammen. Man erkennt, daR derartig verzweigte Molekule innerhalb der Fehlergrenzen diesel- ben Teilchenmassen nach einer bestimmten Zeit erreichen wie lineare Makromolekule.

Tab. 5. Relative Teilchengewichte der Koagulation R19/(c2i~Z) linearer und verzweigter Molekiile in Gemischen aus gleichen Volumina THF und Methanol bei 26°C (Bedeutung der Symbole vgl. Tabn. 1 u. 2)

Prap. ~ C 5.1 04. H 9/(c2 v 2 ) bei [~l"/[S11 Nr."' mg/l f l

A \

0,5 min 1 min 2 min 10 min

1 15 5

22 15 1 1 15

5 23 5 24 15 25 15

5 26 5

0,56 0,20 0,55 0,63 0,20 0,19 0,60 0,60 0,20 0,2 1

1,12 0,40 1 ,I 1,25 0,40 0,38 1,15 1,05 0,40 0,41

2,15 0,82 2,1 2,45 0,so 0,76 22 2,o 0,80 0,81

a ) Vgl. Tab. 1.

In der Regel koagulieren Makromolekule also in der Nahe ihres Fallpunktes unabhangig von Molgewicht, Verzweigung und chemischer Natur gleich schnell. Dieser Befund erleichtert die Auswertung von Trubungstitrationen aul3erordentlich.

Zum SchluR muD aber noch auf eine wichtige Storung der Koagulation hingewiesen werden. Mikrogelteilchen, die durch Emulsionspolymerisation von Styrol und Divinylbenzol unter Ver- wendung von Natrium-dodecansulfonat und terr-Butylhydroperoxid hergestellt worden waren (Tab. 1, Prap. Nr. 27-30)j', haben eine sehr geringe Koagulationstendenz, erreichen nur kleine MT und geben etwa 2 Zehnerpotenzen geringere Trubungen als die mit nichtionogenen Substan- Zen hergestellten Gele (Tab. 1, Prap. Nr. 23-26). Dasselbe gilt fur Polybutadiengele (Dr. D. Kranz, Bayer AG), die mit Kaliumperoxydisulfat und Abietinsaurederivaten (Dresinate) in Emulsion hergestellt und danach noch vernetzt worden waren. Solche Gele storen auch die Koagulation linearer Molekule und zwar schon bei Beimengungen von weniger als 1 %. Abb. 5 zeigt, daR sie die Koagulation bei einem uni so kleineren Teilchengewicht Mf beenden, je mehr Gel zugesetzt wurde. MT ist umgekehrt proportional dem Gelgehalt und unabhangig davon, welche Konzentration des Polymergemisches bei der Koagulation eingesetzt wird. MT wird also dadurch festgelegt, daI3 eine bestimmte Anzahl Gelmolekule ein Teilchen und zwar vermutlich seine Oberflache besetzen. Bei dem Gelgehalt 1,8 Gew.-% in Abb. 5 enthalt ein Teilchen bei R = 20 Skt. rund 10 Gelmolekule. Ahnliche Besetzungszahlen berechnet man auch fur Gelmolekule vie1 groI3eren Molgewichts. Dieselbe Wirkung auf die Koagulation linearer Molekule wie 1 g Gel Nr. 29 haben deshalb etwa 6g Gel Nr. 30 und 3g Gel Nr. 28 (vgl.

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule .. . 2673

Tab. 1). Unfraktionierte Gele sind weniger wirksam als Fraktionen, deren Molgewicht dem Maximum der Verteilung entspricht. Danach hemmen diese Gelmolekule bereits dann die Koagulation, wenn sie um das Funffache ihres Durchmessers voneinander entfernt auf der Oberflache der Teilchen angeordnet sind und nur wenige Prozente der Oberflache bedecken. Eine solche Wirkung ist nur uber die elektrostatische AbstoBung von Ladungen zu erklaren, die diese Gelmolekule von ihrer Herstellung her besitzen. Bemerkenswert ist noch, daB diese Gele auf die Koagulation h e a r e r einheitlicher (s. Tab. 1) Polystyrole des Molgewichts M=3,8.104 etwa viermal starker wirken als auf Molekule rnit M = 9 . lo5. Das erklart sich damit, daB Polystyrole rnit M = 9. lo5 um etwa den Faktor 5 z r/s. 1 05/3,8 . lo4 starker gequollene Fallungen aufweisen als Polystyrole rnit M = 3,8 ' 1 04. Aus einem Gramm Polystyrol rnit M=9. lo5 entstehen deshalb etwa funfmal mehr Fallungsteilchen bestimmter GroDe als aus einem Gramm Polystyrol rnit M = 3,8. lo4. Die Gele selbst koagulieren zu M+-Werten, die sehr klein sind und weniger als erwartet vom Molgewicht abhangen.

Abb. 5. Koagulation nach schneller und vollstandiger Fallung von Gemischen aus linearen Molekulen (Polystyrol, M,= 3,s. lo4) und verschiedenen Mengen La- dungen tragenden Mikrogels (Prap. Nr. 29, Tab. 1) in 10 ml THF + 20 ml CHJOH bei 26°C. Die an den Kurven stehenden Zahlen sind Gew.-% Mikrogel bei einer Gesamtkonz. von 25 mg/l. (RI9=unter 19" zum Lichtstrahl gemessene Licht- streuung in Skalenteilen der Anzeige; t - r I = Koagulationszeit)

t .F 400

c 100 401 10

10,o 4l 1

I I 1 l 1 I l l l l I I

082 1 4 10 40 (t-t+)/min

Vergleich rnit der Theorie der Koagulation

Die bisherigen Ergebnisse sollen nun rnit der Theorie der Fallung und Koagulation verglichen werden. Verschlechtert man die thermodynamische Wechselwirkung von Losungsmittel und gelostem Polymeren, z. B. durch Fallmittelzusatz, so kann bei einer bestimmten Wechselwirkung Phasentrennung eintreten, wenn die ausgefallene Phase eine nahezu ebene Oberflache, also sehr groRe Tropfen bildet. Da aber zunachst eine ausgefallte Phase rnit ebener Oberflache fehlt, mu0 man das System rnit Fallmittel iibersattigen, damit kleine Tropfen der gefallten

Page 14: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

2614 M. Hoffrnann und H. Urban

Phase entstehen konnen4s5). Solche Keime haben einen der Grenzflachenspannung direkt und der Ubersattigung umgekehrt proportionalen Radius. Sie konnen durch Anlagerung von Molekii- len wachsen, bis die Konzentration in der Losung den der obersattigung entsprechenden Gleichgewichtswert erreicht hat. Ebenso konnen sie bei weiterer Verschlechterung der Wechsel- wirkung durch neu ausfallendes Polymeres wachsen. Dariiber hinaus erfolgt ein Wachstum der Tropfchen infolge des Energiegewinns bei Verminderung der Oberfkache entweder durch Umlosen6), d. h. durch Auflosen kleiner Tropfchen unter VergroBerung der groBen, oder durch Koagulation”. Diese irreversiblen Prozesse konnen diffusionskontrolliert ablaufen, wenn der Zustand des Systems weit vom Gleichgewicht entfernt ist. Der Umloseprozelj verlauft aber nur dann geniigend schnell, wenn die Gleichgewichtskonzentration an Polymerem in der Losung nicht zu klein ist. Die Geschwindigkeit des Umlosens mu13 deshalb vom FallmitteliiberschuI3 abhangen. Unsere Versuche zeigen aber keinen EinfluI3 des Fallmitteliiberschusses. Bei der Fallung mit grol3em FallmitteluberschuB durchlauft das System also die Bedingungen der Keimbildung, des reversiblen Wachstums und des Umlosens so rasch, da8 nur noch der Koagula- tionsprozeI3 beobachtet wird. Allein bei der stufenweisen Fallung wahrend Triibungstitrationen erkennt man in der Nahe des Fallpunktes der Komponenten, daB die Tropfchen durch Anlagerung neu ausfallender Molekiile wachsen (s. w. unten)”. Die Koaleszenz der koagulierten Polymerteil- chen kann nicht direkt beobachtet werden.

Der KoagulationsprozeB ist schon vor vielen Jahren an Dispersionen geladener Teilchen untersucht worden’). Eine mathematische Theorie entwickelten Smoluchowski7) und Miillerg). 1st bei monodispersen Teilchen D ihre Diffusionskonstante, r ihr Radius und N1 ,o ihre Teilchen- zahl zu Beginn der Koagulation, so sind die Teilchenzahlen der Einzelmolekiile (N1), der Zweieraggregate ( N 2 ) usw. gegeben zu

W ist die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens zweier Teilchen und wegen Dcc l /r unab- hangig von D und r :

Hierin ist k die Boltzmann-Konstante, Tdie Temperatur in K, NA die Avogadro-Zahl und y~ die Viskositat des Dispersionsmittels. Innerhalb von Zehntelsekunden sollte bei unseren Losungen die 1 in den Klammern der Gln. (5) vernachlassigbar gegen W. N l , o . t sein, so dab dann die Summe N , aller Teilchenzahlen unabhangig von Nl,o ware7).

Page 15: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekiile . . . 2675

Insofern als Wunabhangig von der TeilchengroRe und damit dem Quellungsgrad der Teilchen und dem Molekulargewicht der konstituierenden Molekiile ist, sollte die Koagulationskonstante unabhangig vom Molgewicht und der chemischen Natur der Polymeren sein.

Das Zahlenmittel der Teilchenmolgewichte MT,, kann man aus der Konzentration c des gefallten Polymeren und N , berechnen :

GI. (8) entspricht fur a= 1 der empirischen GI. (3). Beide Gleichungen verwenden jedoch verschie- dene Mittelwerte der Teilchengewichte.

Das Gewichtsmittel hat die GroBe

Es ist danach in den der Messung zuganglichen Zeiten doppelt so groR wie MT,", so daD G1. (8) als Zeitgesetz der Koagulation auch bei der Messung iiber M T , ~ z. B. durch Lichtstreuung gefunden werden sollte. Wir vergleichen deshalb den mit G1. (7) berechneten theoretischen Wert von N , mit dem, den das Experiment liefert: Nach den Tabn. 2 und 3 findet man bei Fallungen von 10mg/l Polystyrol in Dispersionsmitteln der Viskositat q l =0,5. lo-' Pa.s stets etwa R19=4,2 Skt. Triibung fur vD=0,23 ml/g nach 30s Koagulationszeit; 4,2 Skt. entspre- chen dabei einem Teilchenmolgewicht von M T z 6 . lo9, so daB der experimentelle Wert von N , bei t = 30 s die folgende GroBe besitzt :

Nach der Theorie hat bei 26°C und ql=0,5.10-3Pa.s die GroRe Wden Wert 1,1.10-'', so daI3 man nach G1. (7) den theoretischen Wert Nt,Theorie fur t = 30s berechnen kann:

Berucksichtigt man, daB in GI. (10) der Gewichtsmittelwert MT,w verwendet wurde, so ware der mit G1. (11) zu vergleichende Wert doppelt so groR, also N30,S,reuung,n=2,0. lo9. Nach 30s sind ungefahr soviele Teilchen da, wie die Theorie erwarten 1aI3t. Man findet also eine ausreichende Ubereinstimmung von Theorie und Experiment.

Die Theorie der Koagulation uneinheitlicher Dispersoide" besagt, dal3 sich ihre Teilchenzahl zunachst schneller verringert als bei Teilchen, die bei Koagulationsbeginn einheitlich groR sind. Die grooen Teilchen wirken als Koagulationskeime fur die kleineren. Danach konnte die nach Smoluchowski berechnete Uneinheitlichkeit etwas zu groB sein. Eine Erklarung fur einen Exponenten a < 1 in G1. (1) bietet die Verfeinerung der Theorie jedoch nicht, da die Zeitabhangigkeit der Teilchenzahl bei uneinheitlichen AnfangsgroBen der Teilchen nach langen Zeiten der bei einheitlichen AnfangsgroRen entspricht, also unabhangig vom Mischungsverhaltnis der kleinen und groBen Teilchen wird.

Man kann nun noch priifen, wie weit sich MT," und MT,w andern, wenn man (bei Titrationen) an alle Molekule dieselbe Anzahl neu ausfallender Molekiile anlagert. Mit Hilfe der Gln.

Page 16: Koagulation unlöslicher, gefällter polymermoleküle, grundlagen der trübungstitration

2616 M. Hoffmann und H. Urban

(5)findetmanvorderAnlagerungbei W.Nt,o.t=4dieMittelwerte MT,, ,=~ M1 und M T , ~ = ~ M1, worin M1 das Molekulargewicht der zuerst ausfallenden Molekule ist. Nachdem jedes Teilchen nun n2 Molekule des Molgewichts M z angelagert hat, sei die Konzentration des gefallten Polymeren auf das Doppelte gestiegen, d. h. n = M T , ~ / M ~ . Dadurch haben sich die Mittelwerte auf MT,,,= 10Ml und MT,w=12 M1 erhoht. Die Uneinheitlichkeit UM= Mw/M,- 1 hat dement- sprechend von 0,8 auf 0,2 abgenommen. Fur eine Anlagerung von n=0,5 h e a r e r Molekule an jedes Teilchen berechnet man analog MT,,,= 5,5 M1 und M ~ , ~ = 9 , 1 7 M1. Die einheitlicheren Teilchen werden durch weitere Koagulation sicher wieder uneinheitlicher. Dies geschieht aber erst bei Zeiten, die vie1 groner sind als die Zeit, bei der die Molekule der zweiten Komponente angelagert werden, weil j a alle Teilchen vergroBert sind und langsamer diffundieren. Infolgedessen koaguliert das System zunachst proportional t weiter.

Eine Abnahme der Uneinheitlichkeit gefallter Teilchen durch neu ausfallende Molekule ist experimentell tatsachlich nachgewiesen worden”.

Die Koagulation von Polymermolekulen folgt nicht in allen Punkten der Theorie, die fur die Koagulation von geladenen Kolloidteilchen (Goldsolen) beim Aussalzen entwickelt wurde. Das Experiment zeigt, daB groBe Teilchen von Polymerfallungen etwas schlechter koagulieren als kleine und daB die Beweglichkeit der in einem Tropfchen der Fallung diffundierenden Ketten die Koagulation beeinflufit. Beim ZusammenstoB zweier Teilchen diffundieren diese Kettenstucke eines Teilchens in die Oberflachenzone des anderen und erzeugen eine Verfilzung, die sich nicht schnell losen IaBt und so zur Dissipation der kinetischen Energie der relativen Bewegung der Teilchen zueinander fuhrt. Dies ist eine Voraussetzung fur das VerflieBen beider Teilchen. Sie verhindert auch, daB die Rotation des noch nicht zu einer neuen Kugel verflossenen Teilchenpaares die Teilchen wieder trennt. Die Geschwindigkeit des VerflieBens wird bei den meisten Polymeren allein durch Diffusion kontrolliert und hangt dann nicht von dem erreichbaren Energiegewinn bei Verringerung der Oberflache ab. Deshalb findet man auch keine Beziehung zwischen den Koagulationskonstanten der Tab. 4 und den Grenzflachenspannungen zwischen Polymerem und Dispersionsmittel. Bei der Koagulation von ungeladenen sehr weichen Tropfchen der Polymerfallung wurde man vermutlich den Exponenten 1 in G1. (1) auch bei groBeren Zeiten finden. Der experimentell gefundene Exponent ist wohl deswegen kleiner, weil solche Tropfchen von adsorbierten Verunreinigungen der Losung herriihrende gleichartige Ladungen tragen und die Ladungsdichte auf ihrer Oberflache mit wachsender TropfengroBe zunimmt. Diese Ladungen fuhren zu einer gegenseitigen AbstoBung der Teilchen und verhindern manchmal den ZusammenstoB und damit das VerflieBen zweier Teilchen.

TeilchenvergroJ?erung bei stufenformiger oder kontinuierlicher Fallung von Polymeren

Die geschilderten Befunde bilden die Grundlage fur eine neue Theorie der Trubungstitration. Zunachst fuhren wir das Gesamtvolumen V der titrierten Losung als Ma8 der Dosierzeit

t ein. 1st vD die Dosiergeschwindigkeit des Fallmittels in ml . s - ’, so gilt, wenn V, das Anfangs- volumen der Losung ist

v=v,+vi,.r (12)

Bei einem Gesamtvolumen V, beginnt das geloste Polymere auszufallen. Es sei bei V l + A V nahezu vollstandig, d. h. bis auf einen Rest von < 5 % der Einwaage gefallt. A V ist bei einem molekular und chemisch einheitlichen Polymeren sehr klein (AV/Vl ~ 0 , 0 5 ) , so daB V1 + A V Z Vl

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekiile .. . 2611

gesetzt werden kann. Wahrend das gefallte Polymere koaguliert, verringert die weitere Zugabe von Fallmittel laufend die Konzentration c des ausgefallten Polymeren. 1st co die Konzentration im Anfangsvolumen Vo der Losung, so ist

vo c=cO',

MiDt man die Koagulation uber die Zeitabhangigkeit der Lichtstreuung R, so ist wegen GI. (la) bei einem Exponenten a = 1,0 die GroDe dR/dt gegeben zu

Wird also R mit der Verdunnungskorrektur V/Vo multipliziert und dadurch auf den Wert bei V= Vo umgerechnet, so ist die GroDe d(RV/Vo)/dt proportional l/V, so daB die Integration uber (l/V)dVzu einer Proportionalitat von RV/Vo und ln(V/Vl) fuhrt, worin Vl der Fallpunkt des gerade betrachteten Polymeren ist.

Wenn der Exponent a in GI. ( la) nicht den Wert 1,0, sondern 0,9 hat, gilt in besserer Naherung:

Neben den schon besprochenen Ursachen verkleinert starkes Riihren den Exponenten a. In Abb. 6 sind die Streuwerte gemaR G1. (15a) uber log Vaufgetragen. Die Steigung der nahezu geraden Linien ist wie erwartet, proportional ci. Titriert man nun ein Gemisch von molekular und chemisch einheitlichen Polymeren, so gilt GI. (15a) fur die zuerst ausfallende Komponente des Gemisches, wenn unter co ihre Partialkonzentration c1 verstanden wird. Die zuerst ausgefal- lene Komponente koaguliert also unabhangig davon, daB noch echt geloste Makromolekiile eines niedermolekularen Homologen vorliegen. Sie liefert bei V 2 , dem Fallpunkt der zweiten Komponente, die Streuung R1,"*. Nach G1. (15a) gilt also

Bei V2 fallt nun in einem kleinen Volumenbereich A V die zweite Komponente aus. Wenn ihre Molekiile getrennt von den Teilchen der zuerst ausgefallenen Komponente koagulieren, muate sich R, die Summe der Streuungen, fur v1 = v 2 proportional (c:,~+ c:,~) mit log Vandern. Das wird nach Abb. 6 nicht beobachtet. Die Steigung ist vielmehr proportional ( C ~ , ~ + C Z , O ) ~ .

Das ist nur moglich, wenn sich die Molekiile der zweiten Komponente innerhalb kurzer Zeit an die Teilchen der zuerst ausgefallenen Komponente anlagern. Wenn alle Teilchen unabhangig von ihrer GroBe dieselbe kleine Anzahl neu ausgefallener Molekiile anlagern, verringert sich, wie oben theoretisch gezeigt und experimentell schon friiher gefunden wurde", die Uneinheitlich- keit der TeilchengroBen, so daD das Gewichtsmittel MT,w kaum ansteigt, jedoch das Zahlenmittel MT," urn den Faktor 1 + ( C ~ , ~ / C ~ , ~ ) vergroBert wird. Unter diesen Umstanden steigt R durch

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2678 M. Hoffmann und H. Urban

Abb. 6. Auf das Anfangsvolumen Vo reduzierte Streuungen R19.V/Vo in Abhangigkeit von dem durch VO dividierten Gesamtvolumen V bei Tru- bungstitrationen von THF-Losungen der Konz. 15 mg/l mit CH,OH bei 20°C. Kurven 1 : Polystyrol (PS), M,=9.105; 2: Gemisch aus gleichen Gewichtsteilen PS ( M , = 9. I 05) + PS (M,=6.104); 3 : PS, M,=6.1O4. Zahlen an der Ordinate in Skalenteilen der Anzeige

die Fallung der zweiten Komponente nur noch als Folge einer VergroRerung der Konzentration gefallter Molekiile um den Faktor 1 + ( C ~ , ~ / C ~ ,o), falls die Brechungsindexinkremente beider Molekiilarten gleich groR sind. Bei dem Gesamtvolumen V2 + A V z V, erreicht also R . V/V, fur v 2 + v 1 den folgenden Wert:

Danach koagulieren die Dispersoide mit einer Geschwindigkeit weiter, die von der Summe der Partialkonzentrationen der bisher ausgefallenen Molekiilarten abhangt, weil die Zunahme der Uneinheitlichkeit auf den Normalwert ( U M z 1) in dem hier betrachteten Zeitenbereich nur zu einem geringen Teil erfolgt. Mit G1. (14a) gilt deshalb fur v1 + v 2 bis zum Gesamtvolumen V die Beziehung:

Fur k? = kT = k* gilt daher :

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekiile . . . 2619

Die G1. (1 5b) entsprechenden Naherungen wiirden lediglich die 0,9te Potenz der Logarithmen und einen multiplikativen Faktor auf der rechten Seite enthalten. Fallt man stufenformig Gemische aus chemisch verschiedenen Molekiilarten aus, so ist nicht nur der Unterschied der Brechungsindexinkremente vi, sondern eventuell auch der Koagulationskonstanten kf zu beachten, weil die Koagulation hinter dem Fallpunkt der zweiten Komponente von den Koagula- tionseigenschaften der zweiten Komponente bestimmt wird. Abb. 7 zeigt ein gut erkennbares Beispiel dafiir. Es beweist in Ubereinstimmung mit der Literatur’) und unabhangig von G1. (16), daB die neu ausfallenden Molekiile sich auf der Oberflache der bis dahin gebildeten Teilchen ablagern und dadurch neue Koagulationseigenschaften der Teilchen erzeugen konnen. Meist sind jedoch die k f gleich.

Abb. 7. Verlauf der reduzierten Streuung

samtvolumen V bei der Triibungstitration in

a) Kurve 1 : Praparat Nr. 20 der Tab. 1

R I 9 . V/Vo (vgl. Abb. 6) in Abhangigkeit vom Ge- V

THF/CH3OH.

R1g.kl br3- 2: Praparat Nr. 12 (Tab. 1) 3: Gemisch aus gleichen Gew.tln. Prap.

Nr. 12 + Prap. Nr. 20

2: Praparat Nr. 1 (Tab. 1) 3: Gemisch aus gleichen Gew.tln. Prap.

Nr. 1 + Prap. Nr. 20

b) Kurve 1 : Praparat Nr. 20 (Tab. 1) /’

/ . . . . . . . . . . . . .. __.. _..

V

Bei einer kontinuierlichen Fallung vergrol3ern sich die Teilchen standig sowohl durch Anlage- rung neu ausfallender Molekiile als auch durch Koagulation. Die Steigung d(RV/Vb)/d(log V ) nimmt deshalb standig zu, bis sie bei geniigend langsamer Titration, d. h. bei nicht zu groDer Verringerung der Uneinheitlichkeit der TeilchengroBen nach vollstandiger Fallung des Polymeren ihren Maximalwert erreicht hat. Man kann die Anderung von d(RV/Vb)/d log Vzur Ermittlung der Molekulargewichtsverteilung benutzen”.

Anormales Koagulationsverhalten von Gemischen findet man z. B. in solchen Gemischen, die einheitliche Blockcopolymere von Butadien und Styrol enthalten. In Abb. 7 hangen die durch die Koagulation des Blockcopolymeren bestimmten Streuungen bei langeren Zeiten auch nicht naherungsweise linear von log V ab. Bei uneinheitlichen Blockcopolymeren sind die Abweichungen von der normalen Koagulation geringer. Vie1 starkere Abweichungen vom Normalverhalten findet man aber in Mischungen von linearen Molekiilen und Ladungen tragen- dem Mikrogel. Abb. 8 zeigt die Zeitabhangigkeit der Triibung bei Titrationen von linearen Molekiilen und ihren Mischungen mit wenig derartigem Mikrogel. Die bei V/V0=4 erreichte Streuung wird durch zwei Prozent Gel auf etwa 1/10 verringert, weil der Gelanteil die weitere

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60

40

20

0

19+75 ________________-----

I 1 2 3 4 5 6

f f min f lmin

Abb. 8 Abb. 9

Abb. 8. Auf das Anfangsvolumen VO reduzierte Streuung R19. V/Vo von Dispersionen als Funktion der Titrationszeit t bei Titrationen von THF-Losungen (75 mg/l) mit CH30H bei 26°C (V=Gesamtvo- lumen). Die Zahlen an den Titrationskurven geben an, wieviel Gew.-% Ladungen tragendes Mikrogel (das unfraktionierte Gel von Prap. Nr. 29, Tab. 1) einem Polystyrol mit M,=3,8.104 zugemischt worden waren.

Abb. 9. Auf das Anfangsvolumen VO reduzierte Streuung R 1 9 . VjV, von Dispersionen als Funktion der Titrationszeit t bei Titrationen von THF-Losungen mit CH30H bei 26°C ( V = Gesamtvolumen). Die erste Zahl an den Kurven ist die Konz. in mgjl des Polybutadiens (Prap. Nr. 1, Tab. 1) in der Ausgangs- Iosung, die zweite Zahl die des Gels von Abb. 8

Koagulation stark verlangsamt. Das gilt fur nach dem Gel ausfallende Polystyrolmolekiile verschiedener GroBe, aber auch fur vor dem Gel ausfallende Polybutadienmolekiile: Abb. 9.

Da an Ladungen tragende Mikrogele angelagerte lineare Molekiile nicht mehr koagulieren, erhalt man Gleichgewichtswerte der Triibung, die sich auf die Molekulargewichtsverteilung der linearen Molekiile leichter auswerten lassen als die zeitlich steigenden Werte bei normaler Koagulation: Abb. 10. Die den linearen Molekulen zugeschriebenen Triibungen, d. h. die Hohen der zweiten und dritten Stufe der Kurven in Abb. tOa), sind nahezu unabhangig von der Gelmenge und bei geniigend kleinem Massenverhaltnis der linearen Molekiile zum Gel proportional der Menge der linearen Molekiile (Abb. t0b)). Abb. 1Oc) zeigt mit den Kurven 3-6, dalj das Massenverhaltnis der verschieden groBen linearen Molekiile aus den Stufenhohen

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Koagulation unloslicher, gefallter Polymermolekule . . . 2681

Titrationszeit t in rnin - Abb. 10. Triibungstitrationen von THF-Losungen mit CH30H bei 26°C von Gemischen aus Mikrogel (Prap. Nr. 29, Tab. 1) und Polystyrolen verschiedenen Molgewichts (R19, r! V,, vgl. Leg. Abb. 9). a) Je 50 mg/l der Prap. Nr. 13 und 14 zusammen mit 400 mg/l Gel (Kurve 1); 300 mg/l Gel (2); 200 mg/l Gel (3); 100 mg/l Gel (4); 50 mg/l Gel (5); 25 mg/l Gel (6); b) Je200mg/l Gel zusammen rnit je 100 mgjl der Prap. Nr. 13 und 14 (Kurve 1); je 50 mg/l der Prap. Nr. 13 und 14 (2); je 25 mg/l der Prap. Nr. 13 und 14 (3); c) Je 100 mg/l Gel zusammen mit je 33 mg/l der Prap. Nr. 11, 13 und 14 (Kurve 1); je 33 mgjl des Prlp. Nr. 11 (2); je 100 mgjl des Prap. Nr. 13 (3); 67 mgjl des Prap. Nr. 13 und 33 mg/l des Prap. Nr. 14 (4); 50 mg/l des Prap. Nr. 13 und 50 mg/l des Prap. Nr. 14 (5); 33 mg/l des Prap. Nr. 13 und 67 mg/l des Prap. Nr. 14 (6)

richtig erkannt wird und somit eine Analyse von Stoffgemischen durchfuhrbar ist. Storungen treten auf, wenn eine der linearen Molekiilarten eine ahnliche oder eine geringere Loslichkeit besitzt als das Gel (Abb. I&), Kurven 1 +2). Dann beobachtet man anormal groRe Streuwerte aller linearen Anteile des Gemisches. Fur eine breite Anwendung dieser Methode miiBten Gele mit besonders geringer Loslichkeit und der gewunschten Wirkung entwickelt werden. Kieselsauregele haben keinen EinfluB auf die Koagulation in Tetrahydrofuran-Methanol-Gemi- schen.

Schlubbemerkung

Die vorliegenden Versuche zeigen, daR die bisher publizierten MeRweisen fur eine quantitative Auswertung von Triibungstitrationen ungeeignet sind und die bisher angenommene Proportiona- litat zwischen Trubung und ausgefallener Polymermenge fast nie zutrifft. Vielmehr vergroDern sich die Teilchen des gefallten Polymeren standig im Sinne einer Koagulation. Die Koagulations- geschwindigkeit ist proportional der Konzentration, umgekehrt proportional der Viskositat des

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Dispersionsmittels und in der Regel unabhangig von Molgewicht, Verzweigung und chemischer Natur des Polymeren. Infolgedessen kann man aus der Zunahme der bei kleinen Winkeln gemessenen Streuung R mit der Zeit t unter Beriicksichtigung des Brechungsindexinkrementes des Polymeren und der Viskositat des Dispersionsmittels die Konzentration des gefallten Polyme- ren absolut ermitteln und so auch Loslichkeitsverteilungen bestimmen.

Wir danken Herrn Ing. R . Juffa fur die ingenieurmaoige Entwicklung der Trubungsapparatur und eine wesentliche Verbesserung ihrer Bauelemente sowie den Herren Drs. G. Ball& G. Kolb, D. Kranz, G. Pampus, J . Witte und M . Zimmermann fur die Synthese geeigneter Eichpolymerisate definierter Struktur.

I ) R. Fick, Diplomarbeit, Technische Universitat Munchen, 1971, unter Anleitung von Prof. Dr. J. Klein M. Hoffmann, H. Urban, Makromol. Chem. 178, 2683 (1977)

3, M. Hoffmann, Makromol. Chem. 175, 613 (1974) 4, M. Volmer, ,,Kinetik der Phasenbildung", Steinkopff, Dresden 1939 51 M. Hoffmann, H. Kromer, R. Kuhn, ,,Polymeranalytik", Thieme, Stuttgart 1976

L. Kampmann, M. Kahlweit, Ber. Bunsenges. Phys. Chem. 71, 78 (1967); L. Kampmann, M. Kahlweit, ibid. 74, 456 (1970)

') M. V. Smoluchowski, Z. Phys. Chem. 92, 129 (1918) ') G. Wiegner, P. Tuorilla, Kolloid-Z. 38, 2 (1926) 91 H. Muller, Kolloid Z. 38, 1 (1926); H. Muller, Kolloidchem. Beih. 26, 257 (1928); H. Miiller, ibid.

27, 223 (1928)