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Research Collection Working Paper Schweizer Aussenpolitik 1970-1997: eine Bilanz Author(s): Hedinger, Sandra; Gabriel, Jürg Martin Publication Date: 1998 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-001908747 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Working Paper

Schweizer Aussenpolitik 1970-1997: eine Bilanz

Author(s): Hedinger, Sandra; Gabriel, Jürg Martin

Publication Date: 1998

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-001908747

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Jürg Martin Gabriel und Sandra Hedinger

Schweizer Aussenpolitik

1970 - 1997:

Eine Bilanz

Beiträge

Nr. 19 / Mai 1998

Forschungsstelle für Internationale Beziehungen

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

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Inhaltsverzeichnis

1 Gemeinsame Grundsätze .................................................................................................... 1

2 Sicherheitspolitik ................................................................................................................. 4

3 Integrationspolitik ............................................................................................................. 11

4 Aussenwirtschaftspolitik................................................................................................... 17

5 Entwicklungspolitik........................................................................................................... 23

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Über die Autoren

Jürg Martin Gabriel ist Ordinarius für Internationale Beziehungen am Zentrum für

Internationale Studien (CIS), ETH Zürich. Nach der Promotion an der American University,

Washington D.C., war er als Assistant Professor an der Université de Yaoundé, Kamerun,

sowie als Visiting Professor an der Stanford University, Kalifornien, tätig. Vor seiner

Berufung an die ETH Zürich war er Professor für Internationale Beziehungen an der

Universität St. Gallen (HSG).

Sandra Hedinger studierte Internationale Beziehungen an der Universität St. Gallen (HSG)

und doktoriert dort mit einer Arbeit über sechs repräsentative Friedenstheoretikerinnen des 20.

Jahrhunderts (Bertha von Suttner, Rosa Luxemburg, Hannah Arendt, Betty Reardon, Jean

Bethke Elsthain und J. Ann Tickner). Sie arbeitet als Assistentin am Zentrum für

Internationale Studien (CIS), ETH Zürich, und leitete in den Jahren 1995 - 1997 die

Arbeitsgruppe "Frauen und Politik" der Schweizerischen Vereinigung für Politische

Wissenschaft (SVPW).

Publikationshinweis

Dieser Beitrag erscheint im Neuen Handbuch zum Politischen System der Schweiz,

herausgegeben von der Schweizerischen Vereinigung für Politische Wissenschaft (SVPW).

Der Beitrag entstand unter Mitarbeit von Roger Pfister und Benjamin Blumenthal.

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1 Gemeinsame Grundsätze

Streng genommen stellt die Aussenpolitik heute keinen separaten Politikbereich mehr dar,

denn mit der zunehmenden internationalen Interdependenz im allgemeinen und der europäi-

schen Integration im besonderen verfügt jeder einzelne Politikbereich über eine aussenpoliti-

sche Dimension. Trotzdem soll hier der Versuch unternommen werden, Aussenpolitik auf vier

Domänen zu beschränken - auf Sicherheits-, Integrations-, Aussenwirtschafts- und Ent-

wicklungspolitik. Damit wird man zumindest der traditionellen schweizerischen Perspektive

gerecht, denn während vieler Jahrzehnte wurde bei uns die Aussenpolitik äusserst eng defi-

niert und von einem kleinen Personenkreis bestimmt. Die Herausforderung für die Schweiz

besteht aber gerade darin, dass diese restriktive Konzeption von Aussenpolitik in den vergan-

genen dreissig Jahren immer weniger haltbar geworden ist und die traditionellen aussenpoliti-

schen Entscheidungs- und Vollzugsstrukturen modernen Erfordernissen angepasst werden

müssen. In den Nachbarländern setzte dieser Wandel schon vor Jahrzehnten ein; bei uns hat er

kaum begonnen.

Was die Anpassung nicht erleichtert, ist die Tatsache, dass in der Vergangenheit für die Mehr-

zahl der Schweizer Neutralität gleichbedeutend war mit Distanz zum Weltgeschehen - je mehr

Distanz desto besser. Unsere Sicherheitspolitik wurde darum gar nicht als Teil der

Aussenpolitik perzipiert, sondern als Teil der Innenpolitik, als ein von Bürgern getragenes

Instrument, um sich „die Welt“ vom Halse zu halten. Denn im Bewusstsein der allermeisten

Schweizer gilt noch immer die traditionelle Konzeption der Aussenpolitik. Sie basiert auf Art.

2 der Bundesverfassung und hat die „Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen

aussen“ zum Zweck (Schindler 1984: 15-54).

Die Neutralität ist, ebenfalls gemäss Bundesverfassung, lediglich ein Mittel zur Behauptung

der Unabhängigkeit und nicht etwa, wie viele Schweizer glauben, ein Selbstzweck. Allerdings

war sie das wichtigste Mittel, dem andere untergeordnet waren. Ergab sich etwa ein Konflikt

zwischen Disponibilität (Gute Dienste) und Neutralität, so gebührte der Neutralität Vorrang

(Riklin 1992: 191-209). Auch die Wirtschaftspolitik war in dieser traditionellen Konzeption

lediglich ein dem obersten Zweck (und der Neutralität) untergeordnetes Mittel - eine Vor-

stellung, die sich durch zwei Weltkriege bestätigt sah.

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Abbildung 1 - Traditionelle Konzeption von Zielen und Mitteln

Im 18. und 19. Jahrhundert war Zweckmonismus typisch für die Aussenpolitik europäischer

Staaten. Mittels Bündnis- und Gleichgewichtspolitik versuchten alle Länder, das Aufkommen

eines Hegemons zu verhindern, der ihre Souveränität und Unabhängigkeit hätte gefährden

können. Was die Zielsetzung betraf, entsprach die schweizerische Aussenpolitik damit dem

europäischen Normalfall, nur bezüglich der Mittel stellte sie einen Sonderfall dar, schloss

doch die Neutralität Bündnisse aus (Brunner 1989: 5-57).

Mit der ständig wachsenden internationalen Verflechtung und ganz besonders mit der sich

verstärkenden europäischen Integration wurde diese monistische Konzeption unhaltbar. Wohl-

stand, aber auch Sicherheit, standen klassisch verstandener Souveränität und Unabhängigkeit

zunehmend im Weg. Man war nicht bereit, für Selbständigkeit und Neutralität eine Ein-

schränkung des Bruttosozialprodukts in Kauf zu nehmen oder gar Nuklearwaffen anzuschaf-

fen. Eine pluralistische Konzeption der Aussenpolitik drängte sich auf.

Diese wurde in einem neuen Aussenpolitischen Bericht verankert, dem Bericht 93, wie er kurz

genannt wird. Er beinhaltet die offizielle Antwort auf die Herausforderung der neusten Ent-

wicklungen im Bereich der Aussenpolitik. Der Bericht stellt konzeptuell einen radikalen

Bruch mit der Vergangenheit dar. Zum einen handelt es sich um den ersten umfassenden und

integrierten Bericht, an dessen Ausarbeitung sich verschiedene Departemente und Bundes-

ämter beteiligt hatten. Zum andern stellt er die Aussenpolitik bezüglich der Konstellation von

Zielen und Mitteln auf neue Beine.

Solidarität

Universalität

Disponibilität

Wohlstand

Neutralität

Unabhängigkeit

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Der Bericht 93 bricht mit der monistischen Zieldefinition. An ihre Stelle tritt ein Zielfünfeck,

welches die folgenden Punkte umfasst: (1) Wahrung und Förderung von Sicherheit und Frie-

den, (2) Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaat, (3) Förderung der

Wohlfahrt, (4) Abbau sozialer Gegensätze, (5) Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.

Diese Zielvielfalt ist zwar realistisch, kann aber, mangels eines übergeordneten Massstabs, zu

Zielkonflikten führen. In solchen Fällen verlangt der Bericht 93 eine Interessenabwägung, was

mit dem Begriff der „Interessenwahrung“ umschrieben wird. Eine fünfdimensionale Politik

der Interessenwahrung ersetzt damit, etwas verkürzt ausgedrückt, die eindimensionale Politik

der souveränen Unabhängigkeit (Bericht 93: 5-6).

Abbildung 2 - Neue Konzeption von Zielen und Mitteln

Dadurch erhält die Neutralität einen veränderten Stellenwert. Sie ist nicht mehr das zentrale

Mittel, dem alle anderen untergeordnet werden. Im Gegenteil, der Mitwirkung und Mitent-

scheidung in internationalen Organisationen gebührt jetzt Vorrang. Dadurch wird die Neutra-

lität beträchtlich zurückgestuft und für viele Fragen irrelevant. Leider spricht der Bericht 93

von „Kompatibilitäten“ statt von „Irrelevanz“, was den Eindruck erweckt, die Neutralität sei

heute ein noch breiteres und nützlicheres Instrument als früher (Gabriel 1997: 151-156). Wie

dem auch sei, es eröffnet sich heute eine ganze Reihe von neuen „Kompatibilitäten“:

- Beitritt zu den Vereinten Nationen (UNO)

- Beitritt zur Europäischen Union (EU)

- Mitarbeit am Ausbau der Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP)

- Beobachter in der Westeuropäischen Union (WEU) und Einsitz im WEUCC (WEU Kon-

sultativrat)

Solidarität

Kollektive Sicherheit

Europäische Integration

Mitwirkung & Mitentscheidung

Neutralität

Zielfünfeck

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- Teilnahme an der NATO Partnerschaft für den Frieden (PfP)

- Teilnahme an UNO-Wirtschaftssanktionen

- Teilnahme an EU-Wirtschaftssanktionen

- Teilnahme an Blauhelm-Operationen von UNO und Organisation für Sicherheit und

Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

- Teilnahme an UNO friedenserzwingenden Massnahmen

- Gewährung militärischer Transitrechte an UNO und NATO

- Teilnahme an verschiedenen Exportkontrollregimes im Bereich der Nonproliferation.

Diese Liste zeigt, wie tiefgreifend der eingetretene Wandel der aussenpolitischen Konzeption

ist, wären doch vor wenigen Jahren fast alle diese Massnahmen mit der Neutralität unverein-

bar gewesen. Sie wird jetzt lediglich für jenen Fall in Reserve behalten, sollten die Vereinten

Nationen, die Europäische Union und der Nordatlantikpakt scheitern. In diesem Sinn verfügt

die Schweiz heute nur noch über eine „Neutralität für den Notfall“ (Gabriel 1997: 129-158).

Mit der Umsetzung der neuen Konzeption hat der Bundesrat bereits begonnen: unser Land

nimmt an EU-Sanktionen gegen Ex-Jugoslawien teil, erlaubt den Transit von NATO-Kriegs-

material oder beteiligt sich innerhalb der Partnerschaft für den Frieden. Leider ist die neue

Konzeption nicht ins Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen; wie bereits erwähnt, klam-

mert sich die Mehrheit der Schweizer noch immer an die traditionelle Definition der Aussen-

politik, was sich in einer direkten Demokratie, in der wesentliche Fragen der Aussenpolitik an

der Urne entschieden werden, äusserst nachteilig auswirken kann. Selbst das Parlament hat

den Bericht 93 lediglich „zur Kenntnis“ genommen. Es verwundert daher nicht, dass die

Regierung den Bericht 93 nur ungern erwähnt. Man spricht zwar jetzt weniger von souveräner

Unabhängigkeit und häufiger von „Kompatibilitäten“, doch wirklich kommuniziert und

erklärt wird die neue Konzeption von niemandem, schon gar nicht von den Parteien. In diesem

Sinn ist die neue Konzeption ein Misserfolg. Der wirkliche Test steht ihr noch bevor.

2 Sicherheitspolitik

Die Herausforderungen, denen sich die schweizerische Sicherheitspolitik seit 1970 gegenüber

sieht, haben ihren Ursprung sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Landes. Die inneren

Probleme entstanden fast alle als Folge von Abstimmungen und direkter Demokratie, was

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typisch ist für Schweizer Politik und uns von anderen Ländern unterscheidet. International

vergleichbar waren indessen die äusseren Herausforderungen. Die siebziger Jahre zeichneten

sich durch die Entspannung aus und, damit verbunden, durch die Entstehung der Konferenz

für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Mit dem Einmarsch der Sowjets in

Afghanistan im Jahre 1979 endete die Phase der Entspannung. In der ersten Hälfte der achtzi-

ger Jahre, zeitgleich mit der ersten Amtsperiode der Reagan Administration, flackerte der

Kalte Krieg ein weiteres Mal auf. In einer dritten Phase, nach der Amtsübernahme von

Michael Gorbatschow, begann der Kalte Krieg jedoch endgültig abzuklingen. Es kam zu

echten Rüstungskontrollmassnahmen und schliesslich zum Kollaps des Sowjetimperiums. Der

Auflösung des Warschaupakts folgte der Zerfall der Sowjetunion selber; in Europa wurde die

Wiedervereinigung Deutschlands möglich. In einer vierten Phase begann die sicherheitspoliti-

sche Reorganisation Europas, welche bis heute andauert. Sie wirft für die Schweiz grundsätz-

liche Fragen der Sicherheit auf und stellt ohne Zweifel die grösste Herausforderung seit 1970

dar.

Entgegen den Prognosen gewisser Fachleute kam es nicht zur Renationalisierung der Sicher-

heitspolitik. Im Gegenteil, die NATO wurde den neuen Gegebenheiten angepasst und dehnt

sich mittlerweile weit nach Osten aus. Im Einzugsbereich des alten Sowjetimperiums sind

deshalb keine neuen Neutralen, sondern eine Reihe von NATO-Verbündeten entstanden

(Riklin 1992: 206-207). Am Ende des Kalten Krieges ist in Osteuropa nicht das Zeitalter der

Neutralität, sondern dasjenige eines transnationalen Sicherheitsverbundes angebrochen. Dabei

handelt es sich um eine Wende historischen Ausmasses, welche die bewaffnete Neutralität der

Schweiz grundsätzlich in Frage stellt, denn innerhalb eines Verbundes ergibt Bündnisfreiheit

keinen Sinn.

Zahlreiche konkrete Herausforderungen waren mit dieser Entwicklung verbunden. Wie

bereits angedeutet, rührten sie sowohl von innen als auch von aussen. Abbildung 3 unter-

nimmt den Versuch, die wesentlichsten Entwicklungen überblicksartig in vier Bereiche

zusammenzufassen. Es handelt sich um zwei Kernbereiche (Verteidigung/Armee und Frie-

denserhaltende Massnahmen) und zwei Randbereiche (Rüstungskontrolle und Sanktions-

politik).

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Abbildung 4 stellt kurz die offiziellen Reaktionen in allen vier Bereichen dar. Einige der Ant-

worten sind punktueller Natur und für ein vertieftes Verständnis der schweizerischen Sicher-

heitspolitik von untergeordneter Bedeutung. Zwei Dokumente jedoch sind wichtig: die in den

Jahren 1973 und 1990 erstellten Sicherheitspolitischen Berichte. Ihr Inhalt ist richtungswei-

send, erlaubt die Erkennung von Trends und ermöglicht eine vertiefte Ziel-Mittel-Analyse. Ein

Beitrag dazu ist auch der im Februar 1998 veröffentliche „Bericht Brunner“, der allerdings

nicht den Stellenwert eines offiziellen Dokuments besitzt.

Der Bericht 73 verwendete erstmals die Begriffe „Sicherheitspolitik“ und „Gesamtverteidi-

gung“ (Spillmann 1995: 79). Beide deuten auf eine Ausweitung der Materie hin. Was man

früher als blosse „Landesverteidigung“ bezeichnete, wurde jetzt umfassender definiert. Doch

die neuen Konzepte dokumentierten auch eine im Kalten Krieg vorherrschende Tendenz,

Sicherheit nahezu schrankenlos zu erfassen. In der Folge wurden demokratisch-rechtsstaat-

liche Schranken und die zivile Kontrolle der Militärs mancherorts unterlaufen. Solche Aus-

wüchse gab es auch bei uns; sie traten nach Ende des Kalten Kriegs und mit der Einsetzung

einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK EMD) zu Tage.

Der Bericht 73 ist typisch für das im Kalten Krieg vorherrschende strategische Denken, wel-

ches weitgehend von den Vereinigten Staaten übernommen wurde. Sprachen die Amerikaner

Abbildung 3 - Sicherheitspolitische Herausforderungen 1970-1998

Verteidigung, Armee Friedenserhaltende Massnahmen 26.11.1989 Armeeabschaffungsinitiative (Ablehnung) 1989-1990 UNO Namibia Einsatz (UNTAG) 17.11.1990 Parlament. Untersuchungskomm. EMD 1991-heute UNO Westsahara Einsatz (MINURSO)

8.11.1991 NATO-Restrukturierung (Rom) 1992-1995 UNO Jugoslawien Einsatz (UNPROFOR) 14. 1.1994 Partnerschaft für den Frieden (Brüssel) Nov. 1995 Dayton-Abkommen, IFOR

16.12.1997 NATO-Erweiterung Osteuropa (Brüssel) Dez. 1995 OSZE Aktivierung in Jugoslawien April 1996 OSZE Aktivierung in Tschetschenien Rüstungskontrolle Sanktionspolitik

1. 7.1968 Atomsperrvertrag 1968-1980 Rhodesien Sanktionen 24. 9.1972 Waffenausfuhrinitiative (Ablehnung) 1985-1991 Südafrika Sanktionen 1984-1986 Stockholmer KVAE-Verhandlungen 1980-1986 Verschärfung Cocom-Sanktionen 1989-1994 Wiener VSBM-Verhandlungen 1990-1991 Irak Sanktionen 21.11.1990 Charta von Paris für ein neues Europa 1991-1995 Ex-Jugoslawien Sanktionen 31. 3.1994 Cocom Auflösung 13. 1.1994 Chemiewaffenabkommen

8. 7.1997 Waffenausfuhrinitiative (Ablehnung) 3.12.1997 Minenverbot/Ottawa Abkommen

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von „deterrence“, so war die zentrale Idee bei uns jene der Dissuasion, d.h. der Abschreckung

durch einen „hohen Eintrittspreis“. War man in Amerika zur Eskalation über viele Stufen der

Kriegführung bereit, so unterschied der Bericht 73 sechs strategische Fälle, vom Normalfall

über den Neutralitätsschutzfall bis hin zum Verteidigungs- und Besetzungsfall (Bericht 73:

13). Diese Strategie hatte auch eine nukleare Komponente. Nicht dass die Schweiz selber

atomare Waffen besessen hätte, aber die Schweiz war bereit, nukleare Schläge auszusitzen

und trotzdem neutral zu bleiben, d.h. kein Bündnis mit der NATO einzugehen. Der Zivilschutz

war ein integrierender Bestandteil dieser Strategie; durch ihn sollte die Glaubwürdigkeit der

Dissuasion weiter verstärkt werden (Mumenthaler 1992: 631-633).

Angesichts des Zerfalls des Ostblocks Ende der 80er Jahre, der Abstimmung über die Armee-

abschaffungsinitiative im Jahre 1989 und der beabsichtigten Anschaffung von F/A 18 Kampf-

flugzeugen verlangte das Parlament vom Bundesrat eine neue sicherheitspolitische Standort-

bestimmung. Der in sehr kurzer Zeit entstandene Bericht 90 weicht nur unwesentlich von der

früheren Linie ab. Die Schweiz verfügt noch immer über ein Massenheer und verfolgt eine

Dissuasionsstrategie, nur mit geringeren Mannschaftsbeständen (400'000 statt 650'000 Mann),

einer etwas anderen Struktur und einer reorganisierten Verwaltung (Armee 95). Die bereits im

Bericht 73 erwähnte internationale Dimension der Sicherheitspolitik wurde vermehrt betont,

und der Begriff der „Existenzsicherung“ kam neu hinzu. Dieses Konzept impliziert eine noch

weitere Ausdehnung der Sicherheitspolitik, diesmal unter dem Eindruck der grosstechnischen

Umweltkatastrophen von Tschernobyl, Seweso und Schweizerhalle.

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Der im Februar dieses Jahres erschienene Bericht Brunner bringt jene Korrekturen, welche

nach Ende des Kalten Krieges nötig sind. Zwar handelt es sich um ein politisches Dokument

ohne konkrete Folgen, und es wurde auch nicht von Fachleuten erstellt, dennoch ist es für die

Zukunft der schweizerischen Sicherheitspolitik richtungsweisend. Die Hauptpostulate propa-

gieren eine stärkere internationale Vernetzung und Internationalisierung verbunden mit einer

Redimensionierung des Massenheeres und mehr Professionalisierung. Die Euro- und Nato-

kompatibilität der Sicherheitspolitik und insbesondere der Armee werden zwar nicht aus-

drücklich gefordert, sind jedoch impliziert. Dass damit die traditionelle Politik der bewaffne-

ten Neutralität grundsätzlich in Frage gestellt wird, versteht sich von selbst. Der Bericht

Abbildung 4 - Offizielle Reaktionen zur Sicherheitspolitik

Datum Titel 11. 8.1971 Bericht über die Konzeption 1971 des Zivilschutzes (BBl 1971 II 516)

17.11.1971 Bericht des Bundesrates zu den Beziehungen der Schweiz zur UNO (2. Bericht) (BBl 1972 I 1)

27. 6.1973 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (Konzeption der Gesamtverteidigung) (BBl 1973 II 112)

30.10.1974 Botschaft betreffend den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (BBl 1974 II 1009)

9. 3.1977 Ratifizierung des Atomsperrvertrags von 1968 (Unterzeichnung CH: 27.11.1969) (SR 0.515.03)

29. 6.1977 Bericht des Bundesrates zu den Beziehungen der Schweiz zur UNO (3. Bericht) (BBl 1977 II 813)

21.12.1981 Botschaft über den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO) (BBl 1982 I 497)

25. 5.1988 Botschaft über die Volksinitiative „Für eine Schweiz ohne Armee und für eine umfas-sende Friedenspolitik“ (BBl 1988 II 967)

29. 6.1988 Bericht über die Friedens- und Sicherheitspolitik der Schweiz (BBl 1989 I 668) 25. 2.1989 Beschluss UNTAG 8. 8.1990 Sanktionsbeschluss Irak (SR 946.206) 1.10.1990 Schweizerische Sicherheitspolitik im Wandel, Bericht 90 des Bundesrates an die

Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (BBl 1990 III 847) 17.11.1990 Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission für das Eidgenössische Mili-

tärdepartement, Vorkommnisse im EMD (BBl 1999 III 1293) 21. 5.1991 Beschluss MINURSO 27. 1.1992 Bericht über die Konzeption der Armee in den neunziger Jahren (Armeeleitbild 1995)

(BBl 1992 I 850) 3. 6.1992 Sanktionsbeschluss gegenüber Ex-Jugoslawien (SR 946.209)

24. 8.1992 Botschaft betreffend das Bundesgesetz über schweizerische Truppen für friedenserhal-tende Operationen (Blauhelmtruppen) (BBl 1992 V 1141)

22. 2.1995 Botschaft betreffend das Bundesgesetz über die Kontrolle zivil und militärisch ver-wendbarer Güter (Güterkontrollgesetz) (BBl 1995 II 1301)

31. 1.1996 Beschluss über Gelbmützen 11.12.1996 Unterzeichnung des PfP-Rahmendokuments in Brüssel 18. 6.1997 Unterzeichnung des PfP Individual Partnership Programs (IPP) in Brüssel

26. 2.1998 Bericht der Studienkommission für strategische Fragen (Bericht Brunner)

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Brunner bildet die Grundlage für einen noch zu erstellenden „Sicherheitspolitischen Bericht

200X“.

Der wichtigste sicherheitspolitische Akteur ist das Eidgenössische Militärdepartement (ab

1998: Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, VBS). Randbereiche wie

Rüstungskontrolle oder Zivilschutz sind unter ziviler Führung, hingegen befinden sich die

Streitkräfte in der Hand der Militärs. In den zentralen Chargen der Armee, wie dem General-

stab, dominieren Berufsoffiziere, durch das Milizsystem sind sie jedoch eng mit nebenamtli-

chen Offizieren in Politik und Gesellschaft verbunden. Die im ganzen Land verbreiteten Offi-

ziersgesellschaften sind Ausdruck dieser Verflechtung und können für armeepolitische

Abstimmungen kurzfristig mobilisiert werden. Aus historischen und föderalistischen Gründen

ist der Einfluss der Kantone besonders ausgeprägt. So existieren noch heute kantonale Trup-

pen und in manchem Bereich eine komplexe Arbeitsteilung zwischen den beiden staatlichen

Ebenen.

1973 wurde die Zentralstelle für Gesamtverteidigung (ZGV) mit der Absicht geschaffen, dem

Bundesrat ein unabhängiges und professionelles Beratungsorgan zur Seite zu stellen, doch die

Institution ist diesem Zweck nie gerecht geworden. Noch heute gibt es in der Schweiz kein

Pendant zum amerikanischen Nationalen Sicherheitsrat (NSC). Auch das Parlament und seine

Ausschüsse haben keine von der Verwaltung wirklich unabhängige Position; dazu fehlt ihnen

in erster Linie die Information.

Wie aus Abbildung 5 ersichtlich ist, schrumpft der Militärhaushalt kontinuierlich. Am BIP

gemessen sind die Ausgaben von 2.14% (1970) auf 1.45% (1997) gesunken; der Anteil an den

gesamten Bundesausgaben ging von fast 26% (1970) auf 12.2% (1997) zurück. Natürlich

handelt es sich bei diesen Zahlen lediglich um budgetäre Kosten; die volkswirtschaftlichen

Kosten, welche bei einer Milizarmee naturgemäss hoch sind, fehlen in solchen Rechnungen.

Die Kosten-Nutzen-Rechnung fällt je nach Komponente unterschiedlich aus. Beginnen wir mit

dem Verteidigungsauftrag und der Armee. Die Tatsache, dass die Schweiz seit 1970 nicht

angegriffen wurde, darf sicherlich als Erfolg gewertet werden. Zu welchem Teil dieser auf

unsere Dissuasionsstrategie zurückzuführen ist, bleibt jedoch eine offene Frage, denn man

muss realistischerweise annehmen, dass die Sowjets auch die schweizerischen Verteidigungs-

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anstrengungen im Verbund mit denjenigen der NATO betrachteten. Abschreckung im Kalten

Krieg war sicher kein isoliert helvetisches Phänomen. Nach der Wende ist dies noch offen-

sichtlicher: Mehr denn je ist die Schweiz ein sicherheitspolitisches Binnenland der euro-

atlantischen Gemeinschaft (Gabriel 1997: 120). Dank NATO (und EU) sind Kriege an

unseren Grenzen unwahrscheinlich geworden. Im Gegenteil, diese Organisationen bieten uns

heute Schutz, und es ist an der Zeit, dass auch die Schweiz einen Beitrag leistet, wenn die

NATO - für uns - Sicherheitsprobleme an den euro-atlantischen Aussengrenzen bewältigt.

Dieser Beitrag fällt heute äusserst bescheiden aus, denn die seit dem Bericht 73 praktizierte

internationale Dimension der Sicherheitspolitik ist im Truppenbereich kaum existent. Auch

der Bericht 90 vermochte daran nichts zu ändern. Zwar geht er von zwei Szenarien aus, näm-

lich von einem möglichen Rückfall in Kriege an unseren Grenzen auf der einen Seite und von

einer verstärkten Internationalisierung auf der anderen Seite. Die effektiven Anstrengungen

sind jedoch fast gänzlich auf den Rückfall ausgerichtet. Für friedenserhaltende Massnahmen

der Vereinten Nationen stellt die Schweiz nur wenige Militärbeobachter zu Verfügung, und

auch die im Rahmen der OSZE in Bosnien stationierten Gelbmützen sind ein bescheidener

Beitrag. Zwar haben in letzter Zeit grenzüberschreitende Katastrophenhilfeübungen stattge-

funden, doch der Kern der Armee ist noch weitgehend national ausgerichtet. Die Interopera-

bilität von Truppen, eine wesentliche Komponente der Partnerschaft für den Frieden (PfP), ist

für die Schweiz ausdrücklich tabu.

Bei der Rüstungskontrolle und der Sanktionspolitik ist die Bilanz erfreulicher. Zwar existier-

ten anfänglich und während des Kalten Kriegs in beiden Bereichen grosse Hemmschwellen,

man denke etwa an die halbherzige Teilnahme an den Sanktionen gegen Rhodesien und Süd-

Abbildung 5 - Ausgaben für Landesverteidigung (1970-1997)

Jahr Total in Mio. in % BIP % Gesamtbudget 1970 1975 1980 1985 1990 1995 1996 1997*

2014 2813 3533 5043 6052 5856 5580 5395

2.14 1.95 1.99 2.09 1.85 1.60 1.50 1.45

25.94 20.79 20.32 22.04 19.14 14.45 12.70 12.20

Quellen: Statistisches Jahrbuch der Schweiz; *provisorische Zahlen.

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afrika (Gabriel 1992: 924-928). Doch seit dem Golfkrieg und dem Aussenpolitischen Bericht

93 sind einige Veränderungen eingetreten. Auch im Rahmen der Rüstungskontrolle gestaltete

sich der Anfang schwer (Gasteyger/Haug 1986: 215-238). Bei den Stockholmer KVAE-

Gesprächen und den Wiener VSBM-Verhandlungen1 war das schweizerische Engagement

noch zurückhaltend (von Grüningen/Schärli 1992: 569-588), das hat sich jedoch nach Ende

des Kalten Krieges geändert. Bezüglich Chemiewaffenabkommen und der Minenkonvention

stellte sich die Schweizer Position im Endeffekt als ermutigend heraus; auch die neue Export-

kontrollgesetzgebung im Bereich der dual-verwendbaren Technologien entspricht internatio-

nalen Standards. Allerdings geriet die Schweiz in all diesen Bereichen unter erheblichen

internationalen Erwartungsdruck (Hug 1995: 213-218).

Das Fazit ist eindeutig: in den Randbereichen der Sicherheitspolitik kann eine klare Öffnung

verzeichnet werden, hingegen bleibt in den Kernbereichen noch viel zu tun. Um ihrer Position

eines sicherheitspolitischen Trittbrettfahrers zu entrinnen, braucht die Schweiz sehr schnell

eine tiefgreifende Armeereform. Diesbezüglich ergeben sich allerdings eine Reihe offener

Fragen, an vorderster Stelle jene nach der Zukunft des Milizheeres. Im ganzen euro-atlanti-

schen Einzugsbereich zeichnet sich eine Tendenz zur Professionalisierung ab, und die Armee

200X, soll sie realistischer konzipiert sein als die Armee 95, muss auch in dieser Frage neue

Wege gehen. Die Rezepte von gestern haben weitgehend ausgedient.

3 Integrationspolitik

Von allen Politiken, welche die Schweiz gegenwärtig beschäftigen, stellt die Integrationspoli-

tik eine der grössten Herausforderungen dar, denn von ihr hängt schlichtweg die Zukunft

unseres Landes ab. Europa ist daran, sich friedlich zu vereinen. Diesem Prozess kommt histo-

rische Bedeutung zu. Die europäische Einigung ist irreversibel und wird sich, wenn nicht alle

Anzeichen täuschen, in den kommenden Jahren noch verstärken. Genau das macht der

Schweiz zu schaffen, denn viele erwarteten am Ende des Kalten Krieges, dass dieser

„Grossraum“, der als blosses Produkt des Ost-West-Konflikts wahrgenommen wurde, wieder

zerfallen würde, wie dies bei fast allen Bündnissen und Zusammenschlüssen in der Geschichte

1 KVAE: Konferenz über vertrauens- und sicherheitsbildende Massnahmen und Abrüstung in Europa, VSBM:

Vertrauens- und sicherheitsbildende Massnahmen.

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der Fall war. Verkannt wurde dabei die Besonderheit der europäischen Einigung: sie ist durch

unzählige pragmatische (oder funktionale) Schritte zu einem supranationalen Gebäude von

Bestand geworden (Gabriel 1997).

Die offizielle schweizerische Reaktion auf diesen Integrationsprozess seit den siebziger Jahren

kann in vier Stichworten zusammengefasst werden: Freihandelsabkommen (FHA), EWR-

Vertrag, Beitrittsabsicht und Bilateralismus. Das Freihandelsabkommen trat 1973 in Kraft,

zum gleichen Zeitpunkt, als Grossbritannien und Dänemark die EFTA verliessen und der

Gemeinschaft beitraten. Darauf folgte während 16 Jahren eine integrationspolitische Pause

(von Tscharner 1992: 480-481). Erst drei Jahre nach Delors Binnenmarktinitiative und der

Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte trat die Schweizer Regierung wieder in

Aktion. In einem Zeitraum von etwas mehr als vier Jahren erschienen sechs Botschaften,

Berichte und Gesetzesvorlagen (Jacobi 1992: 419-424). Zum Höhepunkt dieser Aktivität kam

es am 25. Mai 1992, als der Bundesrat sein EWR-Beitrittsgesuch deponierte und das „strategi-

sche“ Ziel eines Vollbeitritts verkündete (Langejürgen 1993: 149-204). Ein halbes Jahr darauf

folgte der Tiefschlag: Volk und Stände verwarfen den EWR-Vertrag am 6. Dezember 1992

bei einer Stimmbeteiligung von 79%.

Daraufhin entschloss sich die Regierung, den bilateral-sektoriellen Weg zu begehen. Die

Ergebnisse dieses Annäherungsversuches stehen noch aus. Wo immer dieser Prozess endet,

der Tag ist absehbar, an dem die Schweiz ein volles Mitglied der Europäischen Union wird, so

wie es die Regierung im Mai 1992 verkündet hatte.

Abbildung 6 - Entwicklung der europäischen Integration

Datum Ereignis Datum Ereignis 1952 Eur. Gem. für Kohle und Stahl (EGKS) 1984 Lomé II Abkommen 1958 EWG und EURATOM 1985 Schengener Abkommen 1960 Gemeinsame Landwirtschaftspolitik 1985 Einheitliche Europäische Akte (EEA) 1964 Yaoundé Abkommen 1986 Beitritt E, P 1967 Fusion EGKS, EWG, Euratom (EG) 1991 Maastricht Vertrag (Drei Säulen) 1968 Vollendung der Zollunion 1992 Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) 1970 Europ. Polit. Zusammenarbeit (EPZ) 1993 Binnenmarkt vollendet 1973 Beitritt GB, DK 1993 Ostverträge 1975 Lomé I Abkommen 1994 EU aus EG 1979 Europ. Währungssystem (EWS) 1995 Beitritt A, S, SF 1979 Direktwahlen ins Europaparlament 1997 Amsterdamer Vertrag 1981 Beitritt GR 1999 Gemeinsame Währung (Euro)

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Eine Analyse der offiziellen Reaktion zeigt einen Bundesrat, der bis weit in die achtziger Jahre

hinein Gefangener seiner eigenen, traditionellen Konzeption der Aussenpolitik war. Eine Mit-

gliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft erschien ihm unvereinbar mit Neutralität und

Souveränität, doch ein Beitritt passte auch nicht in das damals vom BAWI propagierte Drei-

Säulen-Konzept der Aussenwirtschaftspolitik: Zusammenarbeit in der EFTA, Freihandelsver-

trag mit der EG und multilaterale Beziehungen im Rahmen des GATT. Das hergebrachte Bild

der Aussenpolitik wurde erst ein volles Jahr nach dem 6. Dezember 1992 revidiert. Diese

Neukonzeption kam zu spät; allzu lange vermittelte die offizielle Politik den Bürgerinnen und

Bürgern das traditionelle Bild intakter Neutralität und Souveränität, derweil beide schon im

Kalten Krieg erheblich eingeschränkt worden waren (Gabriel 1990: 43-93).

Dieser Umstand lässt sich darauf zurückführen, dass es in der Schweiz integrationsfreundliche

und integrationsfeindliche Akteure gibt. Wie Abbildung 8 zeigt, muss bei den Integrationsbe-

fürwortern weiter zwischen engagierten und eher passiven, d.h. gouvernementalen Akteuren

unterschieden werden. Von den Bundesratsparteien verfolgt lediglich die Sozialdemokratische

Partei der Schweiz (SPS) einen klaren Beitrittskurs. Die Freisinnig-demokratische Partei

(FdP) und die Christlich-demokratische Volkspartei (CVP) sind zu gespalten, um einen ent-

schiedenen Weg einzuschlagen und folgen darum der zögerlichen gouvernementalen Linie.

Entschieden beitrittsfreundlich und engagiert sind aber drei parteiunabhängige Gruppierungen,

die Europäische Bewegung Schweiz (EBS), die Bewegung „Geboren am 7. Dezember 1992“

Abbildung 7 - Berichte, Botschaften, Gesetze

Datum Titel 11. 8.1971 Bericht des Bundesrates über die Entwicklung der europäischen Integrationsbestrebungen und

die Haltung der Schweiz (BBl 1971 II 647) 16. 8.1972 Botschaft über die Genehmigung der Abkommen zwischen der Schweiz und den Europäischen

Gemeinschaften (BBl 1972 II 653) 3.10.1972 Bundesbeschluss über die Abkommen zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und der

Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemein-schaft für Kohle und Stahl (BBl 1972 II 1034)

PAUSE 24. 8.1988 Bericht über die Stellung der Schweiz im europäischen Integrationsprozess (BBl 1988 III 249) 26.11.1990 Informationsbericht des Bundesrates über die Stellung der Schweiz im europäischen Integrati-

onsprozess 18. 5.1992 Bericht über einen Beitritt der Schweiz zur Europäischen Gemeinschaft (BBl 1992 III 1185) 27. 5. 1992 Botschaft I über die Anpassung des Bundesrechts an das EWR-Recht (BBl 1992 V 1) 15. 6. 1992 Botschaft II über die Anpassung des Bundesrechts an das EWR-Recht (BBl 1992 V 520) 24. 2.1993 Botschaft über das Folgeprogramm nach der Ablehnung des EWR-Abkommens

(BBl 1993 I 805) 29. 3.1995 Zwischenbericht zur europäischen Integrationspolitik der Schweiz (BBl 1995 III 191)

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sowie die Gruppe „Geboren 1848“. Die EBS ist die Nachfolgeorganisation der früheren

Europa-Union Schweiz und war als solche immer europafreundlich. Allerdings entschied auch

sie sich erst sehr spät für einen Beitritt. Die Gruppe „Geboren am 7. Dezember 1992“ wird

fast ausschliesslich von jungen Bürgerinnen und Bürgern getragen und entstand, wie der

Name verrät, als Reaktion auf die fehlgeschlagene EWR-Abstimmung. Die Initiative für die

Aktion „Geboren 1848“ kam aus integrationsfreundlichen Kreisen der Wirtschaft, der Wis-

senschaft und der Kultur. Das im April 1997 veröffentlichte Manifest trägt den Titel „Wir

sagen Ja zur EU, weil wir zur Schweiz ja sagen“.

Abbildung 8 - Integrationsfreundliche Akteure

Engagierte Gruppierungen „Gouvernementale“ Gruppierungen ?? Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) ?? Freisinnig-demokratische Partei (FdP) ?? Europäische Bewegung Schweiz (EBS) ?? Christlich-demokratische Volkspartei (CVP) ?? Geboren am 7. Dezember 1992 ?? Arbeitsgemeinschaft für eine offene Schweiz (AGOS) ?? Geboren 1848

Zu den europafeindlichen Gruppierungen gehört eine klare Minderheit von Parteien und

Gruppierungen, die in der Wählerschaft vorläufig jedoch ein starkes Echo findet. Tonange-

bend ist die kleinste der Regierungsparteien, die Schweizerische Volkspartei (SVP). Sie ist

personell engstens mit der „Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS)“

liiert, welche einen entschieden europafeindlichen Kurs steuert. Diesem Tandem folgen einige

sehr kleine Gruppierungen, unter anderem die Schweizer Demokraten, die Freiheits-Partei der

Schweiz und die Lega dei Ticinesi.

Abbildung 9 - Integrationsfeindliche Akteure

Parteien Bewegungen ?? Schweizerische Volkspartei (SVP ) ?? Schweizer Demokraten (SD)

?? Aktion für eine Unabhängige und Neutrale Schweiz (AUNS)

?? Freiheits-Partei (FPS) ?? Lega dei Ticinesi

Dank einiger finanzstarker Mitglieder aus der Wirtschaft können diese Formationen die ein-

schlägigen Abstimmungskampagnen bestens bestreiten. Es zeigt sich regelmässig, dass die

Europagegner über mehr Mittel verfügen als die Befürworter. Das erstaunt deshalb, weil die

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15

meisten Exponenten der schweizerischen Wirtschaft im Grunde genommen europafreundlich

sind. Ihr Engagement ist jedoch bescheiden, was auch für die Wirtschaftsverbände gilt. Wie

FdP und CVP lehnen sie eine aktive, richtungsweisende Politik entschieden ab. Demgegen-

über zeigt sich die Presse mehrheitlich integrationsfreundlich (Langejürgen 1993: 75-148).

Als offizielle Stelle des Bundes ist das Integrationsbüro mit den integrationspolitischen Auf-

gaben betraut. Es wurde 1961 als gemeinsame Dienststelle des Eidgenössischen Departements

für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdeparte-

ments (EVD) gegründet. Das Integrationsbüro nimmt ein breites Spektrum von Aufgaben im

Auftrag des Bundesrates wahr. Diese bestehen darin, die Entwicklung der europäischen Inte-

gration zu verfolgen und die Auswirkungen auf die Schweiz zu analysieren. Ferner bereitet

das Büro Entscheide, die die Integration betreffen, zuhanden des Bundesrates vor und berät

die Bundesverwaltung in integrationspolitischen und -rechtlichen Fragen. Bei Verhandlungen

mit der EU ist das Integrationsbüro mit der Vorbereitung respektive Aushandlung von Verträ-

gen betraut, wobei es mit den in der Sache zuständigen Stellen zusammenarbeiten soll. Dem

Büro obliegt die Gesamtkoordination beim Vollzug und bei der Weiterentwicklung von Ver-

trägen sowie die Instruktion der Schweizerischen Mission in Brüssel. Zu guter Letzt ist das

Integrationsbüro einem allgemeinen Informationsauftrag verpflichtet. Es soll für Fragen der

Integrationspolitik und des Europarechts aus dem In- und Ausland zu Verfügung stehen.

Dieser Auftrag wird als sehr wichtig erachtet, da das Informationsbedürfnis gross ist. Deshalb

machen die Dienstleistungen für die Öffentlichkeit einen wichtigen Teil der Arbeit des Inte-

grationsbüros aus.

Über die rein wirtschaftlichen Erfolge oder Misserfolge der schweizerischen Integrationspoli-

tik streiten sich die Fachleute. Der tiefgreifende strukturelle Wandel, den unsere Wirtschaft

momentan durchläuft, kann nur bedingt der Europapolitik zugeschrieben werden. Das tiefe

Wachstum der vergangenen Jahre könnte jedoch durch die Isolation verstärkt worden sein.

Eindeutig negativ präsentiert sich indessen die politische Bilanz. Die offizielle Politik erlitt

am 6. Dezember 1992 einen herben Rückschlag, und die Anzeichen einer zunehmenden Iso-

lation mehren sich. Immer deutlicher tritt die Scheinsouveränität unseres Landes zu Tage. So

glaubt man, einen „autonomen Nachvollzug“ zu praktizieren, doch in der Tat handelt es sich

um einen Nachvollzug ohne Autonomie. Genau jene Kreise, die mehr Unabhängigkeit for-

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dern, stehen letzterer somit im Wege. Mit ihrer Forderung nach nationaler Selbstbestimmung

verhindern sie die viel wichtigere europäische Mitbestimmung.

Nach dem Scheitern des EWR-Beitritts setzte die Regierung, wie bereits erwähnt, auf den

sektoriellen Bilateralismus, der jedoch in Tat und Wahrheit weder bilateral noch sektoriell ist.

Tatsächlich verhandelt die Schweiz nun seit Jahren mit 15 Hauptstädten und zudem mit der

EU-Kommission. Auch werden die einzelnen Dossiers, wie im EWR, zu einem Bündel

geschnürt. Die Suche nach Kompromissen verläuft harzig, denn die Schweiz sitzt am kürzeren

Hebelarm. Würde sie über einen Vollbeitritt verhandeln, so hätte sie als zukünftige Nettozah-

lerin mehr Gewicht. Doch diese Chance hat sich die Schweiz bisher vergeben. Ob die

Umstände bei zukünftigen Beitrittsverhandlungen vorteilhafter sein werden, bleibt eine offene

Frage. Dannzumal wird der EURO eingeführt sein, weshalb der Problemdruck - aber auch die

Isolation - zunehmen wird. Für die Zukunft ist ein noch geringeres Verhandlungsgewicht zu

befürchten.

Offen bleibt zudem die Frage, wie und wann die Beitrittsfrage dem Schweizervolk erneut

unterbreitet wird. Es ist sowohl ein zweiter Anlauf der Regierung als auch der Weg über eine

Volksinitiative denkbar. Ein erster Versuch liegt bereits hinter uns. Von den Schweizer

Demokraten und der Lega dei Ticinesi wurde im Januar 1994 eine Initiative mit dem Titel

„EG-Verhandlungen vors Volk“ eingereicht, welche bereits die Einleitung von Verhandlun-

gen von einem positiven Volksentscheid abhängig gemacht hätte. Sie wurde vom Bundesrat

ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen. Am 8. Juni 1997 kam es zur Abstimmung,

wobei Volk und Stände die Vorlage mit 74.1% deutlich verwarfen.

Auch die EU-Befürworter zeigten sich aktiv. Schon am 3. September 1993 reichte das Komi-

tee „Geboren am 7. Dezember 1992“ eine Volksinitiative ein, welche einen zweiten EWR-

Anlauf fordert. Diese wurde am 10. Juni 1997 jedoch zurückgezogen. Am 21. Februar 1995

lancierte dasselbe Komitee eine zweite Initiative mit dem Titel „Ja zu Europa“. Sie wurde am

30. Juli 1996 eingereicht und ist beim Bundesrat hängig. Diese Initiative verlangt die sofortige

Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Vermutlich kommt es 1999 zu einer Abstimmung.

Würde dieser Weg beschritten, so wäre der Bundesrat aus seiner schwierigen Lage befreit und

könnte einen typisch schweizerischen Weg beschreiten.

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4 Aussenwirtschaftspolitik

In Abgrenzung zur Integrationspolitik ist Aussenwirtschaftspolitik hier als jener Teil schwei-

zerischer Politik zu verstehen, der sich mit dem weltweiten Handels- und Zahlungssystem

befasst. Genauer genommen geht es um den Güter-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personen-

verkehr. Die seit Ende des Zweiten Weltkrieges bestehenden Bestrebungen, diese Bereiche

vertraglich zu regeln, mündeten in eine sogenannte Weltwirtschaftsordnung, welche ihre

monetäre Gegenseite in der Weltwährungsordnung findet (Blankart 1992: 793). Die zentralen

Organisationen, welche sich diesen Fragestellungen annehmen, sind die World Trade Orga-

nization (WTO) und der Internationale Währungsfonds (IWF).

Die Entwicklung dieser Ordnung stellte die Schweiz seit Anfang der siebziger Jahre vor zahl-

reiche konkrete Herausforderungen, von denen hier nur die wichtigsten genannt seien: der

Übergang von festen zu flexiblen Wechselkursen nach 1971, die Erdölkrise von 1973/74 mit

der ihr folgenden Rezession und dem Rückgang des Welthandels, die 1979 endende Tokio-

Runde des GATT, das rasante Wirtschaftswachstum im pazifischen Raum, die fast zehn Jahre

dauernde Uruguay-Runde (1986-1995) einschliesslich dem Übergang zur WTO, die Ver-

schuldungskrise vieler Entwicklungsländer, der Zusammenbruch der Sowjetunion (1989-

1992) gefolgt von der wirtschaftlichen Umstrukturierung Osteuropas, und neuerdings der

beschleunigte Strukturwandel als Folge der Globalisierung (Kappel/Landmann 1997: 15-17).

Als kleine und offene Volkswirtschaft mit einer starken internationalen Verflechtung (Bor-

ner/Weder 1992: 905-917) wurde die Schweiz von all diesen Entwicklungen direkt betroffen.

Das Problem für die Behörden lag nun darin, auf diese Herausforderungen Einfluss zu neh-

men. Solchen Versuchen sind strikte Grenzen gesetzt, denn wie es für eine liberale Wirtschaft

typisch ist, reagiert in erster Linie die Wirtschaft selber und nicht der Staat. Damit der Markt

als Steuerungsmechanismus aber funktionieren kann, bedarf er staatlicher Rahmenbedingun-

gen; deren Definition und Bereitstellung ist die zentrale Aufgabe der Behörden. Die schweize-

rische Aussenwirtschaftspolitik ist darum als Versuch zu sehen, realwirtschaftlichen Heraus-

forderungen durch eine Anpassung der Rahmenbedingungen zu begegnen. Über die genaue

Ausgestaltung von Rahmenbedingungen herrscht selbst unter Befürwortern der Marktwirt-

schaft wenig Einigkeit, weshalb die offiziellen Reaktionen nicht als das Ergebnis einer libera-

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len Orthodoxie, sondern vielmehr als Resultat eines pragmatischen innenpolitischen Prozesses

zu verstehen sind.

Wie Abbildung 10 zeigt, lagen die Schwerpunkte aussenwirtschaftlicher Aktivitäten nach

1970 offensichtlich in den drei Bereichen Währungs- und Zahlungspolitik (IWF), Handels-

liberalisierung (GATT/WTO) und Transformationspolitik (Osteuropa). Die ergriffenen Mass-

nahmen stellten allesamt einen Versuch dar, die eingangs geschilderten Probleme und Heraus-

forderungen zu meistern. Sie können auch als Beiträge zur Stärkung einer liberalen Weltwirt-

schaftsordnung verstanden werden.

Abbildung 10 - Berichte, Botschaften, Gesetze zur Aussenwirtschaft

Datum Titel

März 1973 Zerfall der Dollarparität 17.10.1973 Erdölkrise 24. 9.1979 Botschaft über die in den Multilateralen Handelsverhandlungen unter der Ägide des GATT

(Tokio-Runde) erzielten Ergebnisse (BBl 1979 III 1) 29. 6.1983 Botschaft über den Beitritt der Schweiz zu den allgemeinen Kreditvereinbarungen

(BBl 1983 II 1367) 22.11.1989 Botschaft über eine verstärkte Zusammenarbeit mit osteuropäischen Staaten und entspre-

chende Soforthilfemassnahmen (BBl 1990 I 145) 13. 3.1990 Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit zur verstärkten Zusammenarbeit mit osteuro-

päischen Staaten und für entsprechende Soforthilfemassnahmen (BBl 1990 I 1622) 15. 5.1991 Botschaft über den Beitritt der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods

(BBl 1991 II 1153) 23. 9.1991 Botschaft über die Weiterführung der verstärkten Zusammenarbeit mit ost- und mitteleuro-

päischen Staaten (BBl 1991 IV 553) 4.10.1991 Bundesbeschluss über die Mitwirkung der Schweiz an den Institutionen von Bretton

Woods (BBl 1991 III 1596) 1. 7.1992 Botschaft über die Weiterführung der verstärkten Zusammenarbeit mit ost- und mitteleuro-

päischen Staaten (Zusatzbotschaft) (BBl 1992 V 481) 19. 9.1994 Botschaft zur Genehmigung der GATT/WTO-Übereinkommen (Uruguay-Runde) (GATT-

Botschaft I) (BBl 1994 IV 1) 19. 9.1994 Botschaft zu den für die Ratifizierung der GATT/WTO-Übereinkommen (Uruguay-Runde)

notwendigen Rechtsanpassungen (GATT-Botschaft II) (BBl 1994 IV 950) 19. 9.1994 Botschaft zum allgemein verbindlichen Bundesbeschluss über die Zusammenarbeit mit den

Staaten Osteuropas (BBl 1994 V 553) Jährlich Bericht des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik

Eine Analyse der offiziellen Reaktionen seit den siebziger Jahren lässt die schrittweise Öff-

nung der Schweizer Wirtschaft klar erkennen. Die Notwendigkeit war offensichtlich, denn

zwei Weltkriege hatten zu einem hohen Grad an Kartellisierung und - zumindest in gewissen

Zweigen - an Protektionismus geführt. Der Anstoss für die Öffnung kam in der Regel von

aussen, doch letztlich war es eine handelspolitische Triade bestehend aus exportorientierten

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Unternehmern, schweizerischen Wirtschaftsdiplomaten und internationalen „civil servants“,

welche sich erfolgreich gegen die protektionistischen Kräfte durchsetzten. Selbst im Bereich

der Landwirtschaft, welche in der Schweiz aus verteidigungspolitischen Gründen besonders

lange geschützt wurde, ist eine Bereitschaft zur Öffnung auszumachen (Blankart 1992: 797;

Sciarini 1995: 247-248).

Zu den Akteuren der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik gehören nebst einer Handvoll

staatlicher Institutionen in erster Linie die wesentlichsten Wirtschaftsverbände. Ihr Einfluss

auf die offizielle Politik ist, wie in jedem demokratischen Staat, seit langem formalisiert. Ein-

zelheiten dazu sind an anderer Stelle in diesem Handbuch zu finden. Wir wollen uns hier auf

die blosse Feststellung beschränken, dass sie in einem pluralistischen Staat die wichtige

Funktion der Interessenvermittlung wahrnehmen. Sie aggregieren die diversen Interessen ihrer

Mitglieder, was bei Dachverbänden von besonderer Bedeutung ist, und sie vertreten die

aggregierten Interessen gegenüber Verwaltung und Parlament. Es ist heute eine Selbstver-

ständlichkeit, dass die betroffenen Verbände bei der Ausarbeitung von Vorentwürfen sowie

bei Vernehmlassungsverfahren angehört werden. Innerhalb des Parlaments haben die grösse-

ren Verbände ihre eigenen Volksvertreter und organisieren sich mit ihnen in parlamentari-

schen Klubs (Gabriel 1997: 50-57).

Abbildung 11 - Akteure der Aussenwirtschaftspolitik

Staatliche Akteure Wirtschaftsverbände ?? Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI) ?? Schweizerische Nationalbank (SNB) ?? Botschaften und Konsulate im Ausland ?? Schweizerische Zentrale für Handelsförderung

(OSEC, para-staatlich) ?? Handelskammern (privatrechtlich)

?? Schweizerischer Handels- und Industrieverein (Vorort) ?? Schweizerischer Arbeitgeberverband ?? Schweizerischer Gewerbeverband ?? Schweizerische Bankiervereinigung ?? Schweizerischer Bauernverband ?? Schweizerischer Gewerkschaftsbund ?? Schweizerischer Kaufmännischer Verband ?? Christilich Nationaler Gewerkschaftsbund

Der wichtigste staatliche Akteur ist das Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI), welches dem

Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) angegliedert ist und mit 236 Stellen

(1998) eine respektable Grösse erreicht. Ihm obliegen drei wesentliche Aufgaben: Das Wah-

ren wirtschaftlicher Interessen der Schweiz im Ausland, die Aufrechterhaltung von Beziehun-

gen zu internationalen Wirtschaftsorganisationen sowie die Koordination aussenwirtschafts-

politisch relevanter Anliegen im Inland. Das BAWI stellt darum die offizielle Vertretung der

Schweizer Regierung in den internationalen Wirtschaftsorganisationen; es trägt die Verant-

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wortung für die schweizerische Wirtschaftsdiplomatie. Das Amt setzt sich generell für eine

Verbesserung der Rahmenbedingungen des Produktions- und Investitionsstandorts Schweiz

ein. Das ursprüngliche und nach wie vor zentrale Tätigkeitsgebiet des BAWI ist die Handels-

politik, aber auch die allgemeine Wirtschafts- und Konjunkturpolitik bis hin zu Währungs-

politik und Verschuldungsfragen. Die beiden letztgenannten Bereiche, insbesondere die Ver-

tretung der Schweiz im IWF, obliegen allerdings dem Eidgenössischen Finanzdepartement

(EFD).

Die Schweizerische Zentrale für Handelsförderung (OSEC) ist zwar ein privatrechtlicher Ver-

ein, doch sie wird mit über 10 Mio. Franken pro Jahr subventioniert und ist para-staatlicher

Natur. Der Bund überträgt der OSEC präzise Aufgaben und verlangt von ihr die Aufrecht-

erhaltung eines umfassenden Dienstleistungsangebots. Dazu gehören die Exportberatung, die

Vermittlung von Geschäftspartnern, die Erfassung von Geschäftsmöglichkeiten, die Organi-

sation von Messen, der Firmen-, Produkte- und Handelsmarkennachweis sowie die Verbrei-

tung relevanter Information. Die OSEC steht naturgemäss in engem Kontakt mit schweizeri-

schen Botschaften und Konsulaten. Auch die Schweizerischen Handelskammern werden

oftmals zur Entlastung der Botschaften bei den Exportförderungstätigkeiten eingesetzt (Jeker

1992: 891-904).

Der Schweizerischen Nationalbank obliegt die Aufgabe, eine Geld- und Währungspolitik zu

betreiben, die im Dienste des Landesinteresses steht, wobei die Schweizerische Nationalbank,

trotz ihrer formalen Unabhängigkeit, mit dem Bundesrat zusammenarbeitet. Die Aufgaben der

SNB werden in Art. 39 Abs. 3 BV wie folgt umschrieben: „Die mit dem Notenmonopol aus-

gestattete Bank hat die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln, den Zahlungs-

verkehr zu erleichtern und im Rahmen der Bundesgesetzgebung eine dem Gesamtinteresse

des Landes dienende Kredit- und Währungspolitik zu führen.“ Seit der Einführung des

Systems flexibler Wechselkurse verfolgt die Nationalbank vorwiegend eine Geldmengenpoli-

tik, mit dem Ziel, die Inflation tief zu halten.

Was die konkreten Ergebnisse der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik angeht, so ist in

erster Linie der Beitritt zu den Bretton-Woods-Institutionen zu erwähnen. Der Weg war nicht

einfach, denn es kam zu einer Volksabstimmung. Am 15. Mai 1991 publizierte der Bundesrat

die diesbezügliche Botschaft; der Beschluss des Parlaments erfolgte am 4. Oktober des selben

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Jahres. Gegen diesen Parlamentsbeschluss wurde das Staatsvertragsreferendum ergriffen, wel-

ches am 10. Februar 1992 eingereicht wurde. Noch im selben Jahr, am 17. Mai 1992, kam es

zur Volksabstimmung in der das Bundesgesetz mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 55.8% bei

einer Stimmbeteiligung von 39% angenommen wurde (Lauterburg 1992: 869-875). Wie über-

raschend dieses Resultat für viele Beobachter war, zeigt die Tatsache, dass derselbe Souverän

ein halbes Jahr später den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum ablehnte.

Während die Resultate der Tokio-Runde nicht dem fakultativen Referendum unterstellt waren,

musste sich das GATT/WTO-Übereinkommen dem fakultativen Referendum stellen. Es wur-

den auch Bestrebungen unternommen, dieses zu ergreifen; das Referendum scheiterte jedoch

schon im Unterschriftenstadium, kam doch die Unterschriftenzahl nicht über 30'000. Demge-

genüber wurde bei der Osteuropahilfe nicht einmal der Versuch eines Referendums unter-

nommen, obschon diese Beschlüsse ebenfalls dem fakultativen Referendum unterstellt waren.

Erfolg und Misserfolg der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik können anhand verschie-

dener Massstäbe erfasst werden. Dabei gilt wiederum die Feststellung, dass in einer

Marktwirtschaft der Staat nicht primär für die Steuerung der Wirtschaft zuständig ist.

Trotzdem wird er zu einem guten Teil für die makro-ökonomische Steuerung verantwortlich

gemacht. Preisstabilität und die Entwicklung des Bruttosozialprodukts stellen wichtige

Indikatoren dar, woran Erfolg oder Misserfolg staatlicher Wirtschaftspolitik gemessen wird.

Aus aussenwirtschaftlicher Sicht sind es in erster Linie Währungsstabilität und

Zahlungsbilanz.

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Abbildung 12 - Währungsentwicklung (Schweizerfranken) 1970-1997

Wechselkurs des Schweizer Frankens zur Deutschen Mark, zum Japanischen Yen und zum US Dollar (Basis 1973=100)

60

80

100

120

140

160

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200

1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982

1983

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

Jahr

Index

60

80

100

120

140

160

180

200

DM

YEN

US$

Quelle: KOF-ETHZ.

Die Entwicklung des Schweizerfrankens gegenüber den für unsere Aussenwirtschaft wichtig-

sten Fremdwährungen (Abbildung 12) zeigt, dass das Verhältnis zur Deutschen Mark am sta-

bilsten ist. Angesichts der Tatsache, dass die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland für die

Schweiz besonders wichtig sind, ist dies sicher positiv zu werten. Im übrigen verfolgen die

Schweizerische Nationalbank und die Deutsche Bundesbank seit Jahren eine ähnliche Geld-

politik. Die Schwankungen zum US-Dollar zeigen starke Ausprägungen, was sicherlich darauf

zurückzuführen ist, dass dem US-Dollar die Funktion einer Weltreservewährung zukommt.

Die relative Schwächung des Yen ist nicht alleine auf die Schweiz zurückzuführen und kann

auch nicht von unseren Behörden beeinflusst werden. Die tendenzielle Stärkung des Schwei-

zerfrankens gegenüber der D-Mark und dem Dollar zeitigt auf unsere Exportwirtschaft und

auf den Tourismus manchmal negative Auswirkungen, gleichzeitig stellt sie für unsere

Anbieter einen Ansporn dar, die Qualität stetig zu verbessern.

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Abbildung 13 - Güter- und Dienstleistungsbilanz 1970-1997

Waren- und Dienstleistungsexporte (EXP) und -importe (IMP) (teuerungsbereinigt)

15000

17000

19000

21000

23000

25000

27000

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33000

35000

1980

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1985

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1996

1997

Jahr

in Mio. Fr

15000

17000

19000

21000

23000

25000

27000

29000

31000

33000

35000

EXP

IMP

Quelle: KOF-ETHZ.

Um die internationale Verflechtung der Schweiz aufzuzeigen, ziehen wir die Entwicklung der

Waren- und Dienstleistungsexporte heran. Eine Analyse dieser Bilanz zeigt ein Wachstum

unserer wirtschaftlichen Aussenbeziehungen sowohl absolut (Abbildung 13) als auch im Ver-

gleich zum Bruttoinlandprodukt (BIP). Der Anteil der Waren- und Dienstleistungsexporte am

BIP ist von 32.5% im Jahre 1980 auf knapp 40% im Jahre 1997 angestiegen. Die Entwicklung

der Importe verläuft ähnlich: von 30% im Jahre 1980 auf ebenfalls 40% im Jahre 1997. Diese

Zahlen sind Ausdruck des Trends einer vermehrten internationalen Verflechtung der Wirt-

schaftsbeziehungen und können als Erfolg gewertet werden, ist diese Verflechtung doch er-

klärtes Ziel der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik.

5 Entwicklungspolitik

Die siebziger Jahre wurden von den Vereinten Nationen als „zweite Entwicklungsdekade“

bezeichnet. Wie die erste Dekade, jene der sechziger Jahre, war auch die zweite von den

Spannungen des Kalten Krieges gezeichnet. Ost und West umwarben die Länder der Dritten

Welt und propagierten einen kommunistischen oder kapitalistischen Entwicklungspfad.

Dieses Spannungsfeld schlug sich auch in der Wissenschaft nieder. Die einen Experten

optierten für die Ankoppelung an das internationale Handelssystem (Rostow 1960), die andern

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für grösstmögliche Eigenständigkeit und Abkoppelung (Galtung 1972). Es überrascht darum

nicht, dass auch die schweizerische Entwicklungspolitik zwischen handelspolitischen Über-

legungen auf der einen Seite und solidarischem Ressourcentransfer (Wissen, Technologien,

Kredite etc.) auf der anderen Seite anzusiedeln ist.

In der ersten Entwicklungsdekade herrschte eine gewisse Wachstumseuphorie, welche in der

zweiten, den 70er Jahren, jedoch stark gedämpft wurde. Der Yom Kippur Krieg von 1973

führte zur Erdölkrise, die Industrieländer stürzten in eine Rezession, und der Welthandel

begann zu schrumpfen. In vielen Entwicklungsländern herrschte Ernüchterung. In der dritten

Dekade zeigte sich zudem, dass sich nicht alle Regionen der Dritten Welt gleichmässig ent-

wickelten; vielmehr entstand ein beträchtliches Entwicklungsgefälle - in erster Linie zwischen

asiatischen, erdölexportierenden und afrikanischen Ländern. Etliche Länder kämpften zudem

mit Finanzierungsschwierigkeiten, was zu einer generellen Verschuldungskrise führte. Immer

mehr schaltete sich in der Folge der Internationale Währungsfonds (IWF) ein und begann,

seine Kredite an wirtschaftliche und politische Konditionen zu knüpfen (Strukturelle Anpas-

sungsprogramme, SAPs). Angesichts der unterschiedlichen Entwicklungserfolge begann der

Begriff „Dritte Welt“ schon vor Ende des Kalten Krieges seine Nützlichkeit zu verlieren. Man

sprach bald einmal von Schwellenländern, Transitionsländern, Armutsländern, kollabierten

oder marginalisierten Ländern (Zartmann 1995, Gabriel 1997). Auch für die schweizerische

Regierung bestand die Herausforderung zunehmend darin, dieser vielfältigen Situation gerecht

zu werden.

Wie die Entwicklungspolitik aller OECD-Länder, stand auch diejenige der Schweiz vor einem

gewaltigen Problem. Es ging um nichts weniger als den Versuch, mittels staatlicher Mass-

nahmen Unterentwicklung zu bekämpfen. Im Zentrum stand die Schaffung optimaler Rah-

menbedingungen und die Förderung des Ressourcentransfers. Bei den Rahmenbedingungen

handelte es sich um die Eliminierung interner und externer Hindernisse, wobei Handels-

schranken verschiedenster Art gemeint sind, aber auch die institutionellen Schwächen der

Entwicklungsländer selber. Beim Ressourcentransfer ging es in erster Linie um die Bereit-

stellung von Wissen und Geldern, d.h. von Entwicklungshilfe im engeren Sinn des Wortes.

Die offizielle Reaktion der Schweiz lässt sich anhand der in regelmässigen Abständen veröf-

fentlichten Botschaften zur Entwicklungszusammenarbeit relativ leicht nachvollziehen. Diese

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Dokumente waren deshalb nötig, weil die Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit auf

Rahmenkrediten basierte, welche das Parlament alle drei bis vier Jahre bewilligen musste.

Wie alle Finanzvorlagen, waren diese Kredite dem Referendum entzogen.2 Von grundsätzli-

cher Natur jedoch sind das Bundesgesetz vom 19. März 1976 und der bundesrätliche Bericht

(Leitbild Nord-Süd) vom 7. März 1994 (siehe Abbildung 14). Sie bilden zusammen die recht-

liche und konzeptuelle Basis für die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit. Gemäss

Art. 5 des Gesetzes von 1976 ist das Ziel unserer Politik, die Entwicklungsländer in ihrem

Bestreben zu unterstützen, „die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerung zu verbessern“. Sie

soll insbesondere dazu beitragen, dass diese Länder ihre Entwicklung „aus eigener Kraft“ vor-

antreiben. Langfristig erstrebt sie „besser ausgewogene Verhältnisse in der Völkergemein-

schaft“. Die Entwicklungszusammenarbeit sollte in erster Linie „die ärmeren Entwicklungs-

länder, Regionen und Bevölkerungsgruppen“ unterstützen und eine Verbesserung der Ernäh-

rungs- und Gesundheitslage, der Land- und Forstwirtschaft und des Kleingewerbes erreichen,

um zur Schaffung von Arbeitsplätzen und eines demographischen und ökologischen Gleich-

gewichts beizutragen. In Art. 6 werden die wichtigsten Instrumente der Entwicklungszusam-

menarbeit genannt: technische Zusammenarbeit, Finanzhilfe, wirtschaftliche und handelspoli-

tische Massnahmen sowie humanitäre Hilfe (Giovannini 1992: 695-703).

Eine Analyse der offiziellen Politik muss von der bereits angedeuteten Tatsache ausgehen,

dass es niemals eine einzige, wegweisende Entwicklungsphilosophie gab, weder unter Geber-

noch unter Empfängerländern. Die einen gingen, wie erwähnt, den planwirtschaftlich-soziali-

stischen, die anderen den marktwirtschaftlichen Weg. Auch in der Schweiz gab es immer

Befürworter von solidarischen und ungebundenen Transfers und von einer an Wirtschafts-

und Handelsinteressen gebundenen Hilfe. Damit verbunden war eine ganze Reihe weiterer

Dilemmata. Es galt abzuwägen zwischen projektbezogener technischer Hilfe (Wissenstrans-

fer) und allgemeiner Finanz- und Entschuldungshilfe, zwischen ländlichen und städtischen

Projekten, zwischen industriellen Investitionen und nachhaltiger Entwicklung und, nicht

zuletzt, zwischen uni- und multilateralen Formen der Zusammenarbeit.

2 Die Daten dieser Botschaften, einschliesslich der Botschaften über humanitäre und Finanzhilfe, sind:

10.11.1971, 15.2.1975, 27.9.1976, 23.11.1977, 6.9.1978, 9.7.1980, 27.5.1981, 19.3. und 12.11.1984, 2.3.1987, 25.5.1988, 21.1.1990, 3.6.1991, 20.4.1994, 20.11.1996.

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Abbildung 14 - Grundlegende Botschaften, Berichte und Gesetze

Datum Titel 20. 3.1970 Bundesgesetz über die Investitionsrisikogarantie (BBl 1970 I 499) 11. 8.1971 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Schaffung eines Freiwilli-

genkorps für Katastrophenhilfe im Ausland (BBl 1971 II 493) 19. 3.1973 Botschaft des Bundesrates betreffend ein Bundesgesetz über Entwicklungszusammenarbeit und

humanitäre Hilfe (BBl 1973 I 869) 19. 3.1976 Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

(BBl 1976 I 1057) 2. 3.1987 Bericht über die Politik der Entwicklungszusammenarbeit 1976-1985 (BBl 1987 II 149) 15. 5.1991 Botschaft betreffend den Beitritt der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods

(BBl 1991 II 1153) 7. 3.1994 Bericht des Bundesrates über die Nord-Süd-Beziehungen der Schweiz in den 90er Jahren

(BBl 1994 II 1214)

Generalisierungen über das Schwergewicht und den allgemeinen Trend der schweizerischen

Politik sind nicht unproblematisch, denn die Massnahmen waren eine Antwort auf die ver-

schiedensten innen- und aussenpolitischen Gegebenheiten. Innenpolitisch wurde die Ent-

wicklungszusammenarbeit von einem für die Schweiz typischen Konsens unter den Regie-

rungsparteien getragen, reichte also von links bis rechts. Aussenpolitisch zeigte man sich

äusserst pragmatisch und unterstützte sowohl das sozialistische Ujamaa-Experiment eines

Nyerere in Tansania als auch den eher marktwirtschaftlichen „liberalisme planifié“ eines

Ahidjo in Kamerun. Im Gegensatz zu den Supermächten oder den skandinavischen Staaten

unterstützte die Schweiz niemals schwergewichtig das eine oder andere Entwicklungsmodell.

Gesamthaft gesehen ergab sich jedoch eine Bevorzugung bilateraler gegenüber multilateraler

Hilfe, ländlicher gegenüber städtischer Projekte sowie technischer gegenüber finanzieller und

handelspolitischer Massnahmen. Bevorzugt wurde solidarische statt gebundene Hilfe und die

Konzentration auf bestimmte Länder anstelle breitgestreuter Aktivitäten (Gerster 1992: 710-

711; Giovannini 1992: 700).

Diese politische und konzeptuelle Kontinuität erfuhr nur einmal einen Rückschlag. 1975 ver-

öffentlichte der Bundesrat eine Botschaft zu einem Darlehen von 200 Millionen Franken an

die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA), eine Tochter der Weltbank. Nachdem das

Parlament diesem Darlehen zugestimmt hatte, wurde dagegen das Referendum ergriffen. In

der Volksabstimmung vom 13. Juni 1976 sprach sich der Souverän bei einer Stimmbeteili-

gung von 35% mit 56.4% Neinstimmen gegen das Darlehen aus. Für die Befürworter der

Entwicklungszusammenarbeit war dies ein Misserfolg, doch längerfristig zeitigte er kaum

nachteilige Auswirkungen. 1992 befürwortete derselbe Souverän einen Beitritt zu den Bret-

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ton-Woods-Institutionen. Die internationale Koordination der schweizerischen Entwicklungs-

politik wurde durch diesen Schritt erleichtert. Sie fand im übrigen aber schon seit mehreren

Jahren innerhalb der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) und

im Development Assistance Committee (DAC) der OECD statt (Giovannini 1992: 698-699).

Das Leitbild Nord-Süd von 1994 schlägt keine völlige Neuausrichtung der Entwicklungs-

zusammenarbeit vor, aber es setzt neue Akzente. Im Sinne der Konferenz von Rio 1992 wird

eine nachhaltige Entwicklung propagiert, wobei vermehrtes Gewicht auf Ökologie, Einhaltung

der Menschenrechte, gute Regierungsführung und Demokratie gelegt wird. Komplementär

zum Aussenpolitischen Bericht des Bundesrates von 1993 entstanden, soll die Entwicklungs-

zusammenarbeit laut Leitbild auch dazu beitragen, langfristig die Interessen der Schweiz zu

wahren.

Zu den Akteuren der Entwicklungspolitik gehören zwei Bundesbehörden, eine Handvoll

Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) sowie Unternehmen und Wirtschaftsverbände. Das

Management und der Vollzug der Entwicklungszusammenarbeit liegen bei der Direktion für

Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige

Angelegenheiten) und beim Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI, Eidgenössisches

Volkswirtschaftsdepartement). Die DEZA verfügt am Sitz über 265 Stellen (1998). Sie ist vor

allem für die technische und finanzielle Hilfe sowie für die humanitäre Hilfe zuständig und

verwaltet knapp 80% des gesamten Budgets. In den Aufgabenbereich der DEZA fallen insbe-

sondere die Bereitstellung von politischen Instrumenten und strategischen Konzepten. Dem-

gegenüber ist das BAWI in erster Linie für wirtschaftliche und handelspolitische Hilfe ver-

antwortlich, wobei es ca. 15% der Gesamtauszahlungen abwickelt (Hammer 1997: 35).

Der Vollzug konkreter Projekte vor Ort liegt schwergewichtig bei den privaten Hilfswerken.

Angesichts des seit 1973 wirksamen Personalstopps hat ihnen der Bund nach dem Subsidiari-

tätsprinzip nur zu gerne die Durchführung von Projekten übertragen, womit sie de facto zu

parastaatlichen Vollzugsorganen wurden. Sie besitzen inzwischen jahrelange Erfahrung in der

Entwicklungszusammenarbeit und werden etwa zur Hälfte von der öffentlichen Hand finan-

ziert. 1996 gingen 112.3 Mio. Franken an die privaten Hilfswerke, wovon 53.8 Mio. in eigene

Projekte der Hilfswerke flossen und 58.5 Mio. in Form von Regieaufträgen überwiesen wur-

den (Gerster 1992: 708-709).

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Zwischen den in Abbildung 15 aufgelisteten NGOs, der DEZA und dem BAWI finden regel-

mässige Konsultationen über aktuelle Themen und Probleme der bi- und multilateralen Ent-

wicklungszusammenarbeit statt. Nebst ihrer Auslandtätigkeit sind die Hilfswerke jedoch auch

im Inland engagiert und betreiben hier in erster Linie eine aktive Öffentlichkeits- und Bil-

dungsarbeit (Gerster 1992: 711-712). Einige ihrer Exponenten sind auch in der Politik aktiv

und treten im Parlament als Lobbyisten auf. Sie stossen dort auf die Vertreter der Wirtschaft,

d.h. von Produzenten und Verbänden. Diese interessieren sich naturgemäss mehr für die

finanz- und handelspolitischen Massnahmen der Entwicklungszusammenarbeit.

Abbildung 15 - Akteure der Entwicklungspolitik

Staatliche Akteure Private Akteure ?? Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

(DEZA), bis 1996 Direktion für Entwicklungs-zusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH), bis 1976 Dienst für technische Zusammenarbeit (DftZ)

?? Bundesamt für Aussenwirtschaft (BAWI),

früher Handelsabteilung (HA)

?? Helvetas ?? Intercooperation ?? Caritas ?? Swisscontact ?? Terre des Hommes ?? Swissaid ?? Schweizerisches Rotes Kreuz ?? Brot für alle

Die Leistungen der Entwicklungspolitik sind sowohl quantitativ als auch qualitativ zu

betrachten. Rein quantitativ und in realen Franken ausgedrückt betrugen 1996 die öffentlichen

Entwicklungsgelder das Sechsfache von 1970. Lagen sie zu Beginn der 70er Jahre noch unter

200 Mio., so stiegen sie 1992 auf das Siebenfache und gingen darnach etwas zurück (Abbil-

dung 16). Für die Jahre 1995 und 1996 hat sich der Betrag bei 1.2 Milliarden Franken einge-

pendelt. Indessen sind nicht nur die absoluten Beträge massgeblich; wichtiger und deshalb

auch als Richtlinie anerkannt ist der Anteil der Entwicklungsgelder am Bruttosozialprodukt

(BSP). Diese zeigen dieselbe Tendenz: Zunahme während zweier Jahrzehnte, darauf eine

leichte Abnahme. Für die Jahre 1995 und 1996 ist der Anteil stabil und liegt bei 0.34%. Im

Leitbild Nord-Süd (1994) wurde eine Schwelle von 0.4% des BSP als Zielgrösse für die

öffentliche Entwicklungshilfe festgelegt. Dieser Minimalwert liegt allerdings unter der von

der UNO festgesetzten Grösse von 0.7% (Gerster 1992: 712).

Das DAC der OECD empfiehlt der Schweiz, trotz Schwierigkeiten im Finanzhaushalt, das bei

0.4% festgesetzte Ziel möglichst schnell zu erreichen; das Leitbild Nord-Süd von 1994 wurde

„als zukunftsweisendes Instrument zur Erreichung einer kohärenten Entwicklungspolitik“

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gewürdigt (Hammer 1997: 38). Bei den DAC-Mitgliedern ist seit einigen Jahren sogar ein

markanter Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfe zu verzeichnen.

Die qualitativen Erfolge sind schwieriger zu erfassen, denn es stellt sich die Frage, was mit

diesen Geldern effektiv erreicht wurde. Generell ist diesbezüglich eine beträchtliche Ernüchte-

rung festzustellen (Gerster 1992: 713). Ruanda, heute ein kollabierter Staat, war während

vieler Jahre ein Schwerpunktland schweizerischer Entwicklungspolitik. Aber auch in politisch

stabilen Ländern, wie etwa Kamerun, könnten ähnlich entmutigende Ergebnisse vorgezeigt

werden. Nepal scheint eines der erfolgreicheren Schwerpunktländer zu sein.

Abbildung 16 - Öffentliche und private Entwicklungshilfe 1970-1995

Quellen: DEZA; Jahrbuch Schweiz - Dritte Welt, 1996. (éd. vom IUED, Genf); Ritzmann-Blickenstorfer, Heiner

(Hrsg.). 1996. Historische Statistik der Schweiz. Zürich: Chronos Verlag. S. 874, 1003.

Stellt man weltweite Vergleiche an, so ist es eine unumstössliche Tatsache, dass jene Länder

heute am meisten Wirtschaftswachstum vorweisen können, welche relativ wenig Entwick-

lungshilfe erhalten haben. Umgekehrt ist der höchste pro-Kopf Entwicklungshilfeempfänger

der Welt, Tansania, wirtschaftlich kaum vom Fleck gekommen (Kabou 1991). Fachleute stel-

len sich darum die Frage, wie es mit der Entwicklungspolitik weitergehen soll. Neuere Unter-

suchungen belegen, dass in den Ländern mit hohen Wachstumsraten die institutionellen Rah-

menbedingungen von vorrangiger Bedeutung sind und nicht der Transfer von Wissen, Geld

oder Know-how (Kappel/Landmann 1997: 395-411). Die Schaffung institutioneller Rahmen-

Öffentliche und private Entwicklungshilfe (1970-1995)(real und in % des BSP)

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996

Jahr

in Mio. Fr.

0.000

0.050

0.100

0.150

0.200

0.250

0.300

0.350

0.400

0.450

0.500in %

Öff. Hilfe (real) Priv. Hilfe (real) Öff. Hilfe (in % des BSP)

Priv. Hilfe (in % des BSP) Total Hilfe (in % des BSP)

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bedingungen stellt jedoch eine eminent politische Angelegenheit dar die Vorlage, und gerade

die schweizerische Entwicklungspolitik hat sich in der Vergangenheit gescheut, solche Kon-

ditionen zu stellen. Vielleicht ist ein Umdenken nötig.

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