Illustrierte Historische Hefte / Heft 10 / 1978

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ZEITTAFEL10.2. 1763 Pariser Friede. England entreißt Frankreich Kanada und Louisiana. Spanien

Florida7.10.1763 Die englische Krone verbietet den Kolonisten die Landnahme westlich

der Alleghany-Mountains.5.4.1764 Hinaufsetzung der Zollgebühren auf Zucker, Indigo, Kaffee und andere

Kolonialwaren durch die Engländer, Zollermäßigung für Melasse22.3.1765 Gesetz über die Einführung der Stempelsteuer in den englischen Kolonien

in AmerikaAugust 1765 Einsetzen der Massenbewegung gegen die Stempelsteuer7.-25. 10.1765 Kongreß in New York mit Vertretern aus neun KolonienNovember 1765 Aufstand der Regulatoren in der Kolonie New York1765 Gründung geheimer Organisationen „Söhne der Freiheit" und „Töchter

der Freiheit"29.6.1767 Einführung der Townshend-Akte, die Steuern auf Tee, Glas und andere

Waren legt, die nach Amerika importiert werden28. 10. 1767 Eine Bürgerversammlung n oston beschließt den oykott britischer

Waren.1768 Beginn der Aufstandsbewegung der Regulatoren in North Carolina5. 3. 1770 Das Massaker von Boston. Britische Kolonialtruppen töten Einwohner

Bostons.2.11.1772 In Massachusetts wird das erste Korrespondenz-Komitee geschaffen.16.12.1773 Teesturm in Boston22.6. 1774 Erlaß der Quebec-Akte, durch die das gesamte Gebiet zwischen Ohio und

Mississippi zu Kanada geschlagen wird5. 9.-26.10.1774 Durchführung des Ersten Kontinentalkongresses in Philadelphia19. 4.1775 Gefechte bei Lexington und Concord. Beginn des amerikanischen Unab-

hängigkeitskrieges10.5. 1775 Beginn des Zweiten Kontinentalkongresses in Philadelphia, der mit ver-

schiedenen Unterbrechungen bis zum März 1781 tagt17.6.1775 Schlacht von Bunkers-Hill4.7.1776 Annahme der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung

15.9.1776Englische Truppen besetzen bis 1783 die Stadt New York

17.10.1777 Kapitulation der englischen Armee unter dem Kommando Burgoynes beiSaratoga

15. 11. 1777 Der Kongreß nimmt mit den Konföderationsartikeln die erste Verfassungder USA an, die von 1781 bis 1789 in Kraft bleibt.

27.11. 1777 Der Kongreß beschließt die Beschlagnahme des Besitzes der Loyalisten6.2.1778 Abschluß des amerikanisch-französischen Bündnis- und Handelsvertrages1.3.1780 Pennsylvania schafft als erster amerikanischer Staat die Sklaverei ab.17.10.1781 Washington zwingt den englischen General Cornwallis mit seiner Armee

bei Yorktown zur Kapitulation.

3.9.1783 Friedensvertrag von Versailles, der die Unabhängigkeit der USA völker-rechtlich besiegelt17.9.1787 Annahme der neuen amerikanischen Bundesverfassung

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Ein *******K o u v e r n e u r *

m u ß f l i e h e n*

Der Vizegouverneur der britischenKolonie Massachusetts, der ehren-werte Mr. Thomas Hutchinson,hatte sich am A bend des 26 . August1765 in seiner Bostoner Residenzgerade zum Essen niedergesetzt, alsin Bedienter plötzlich die Tür des

Speisezimmers aufriß und erregtdas Anrücken einer aufgebrachtenVolksmenge ankündigte. Dem be-stürzten Mr. Hutchinson bliebgerade noch Zeit, die Flucht zu er-greifen und sich in der Nachbar-schaft zu verbergen, da drangenMatrosen und Do cker schon in seinHaus ein. Binnen weniger Stundenwar das besteingerichtete Gebäude

ganz Bostons ein Trümmerfeld, wardas kostbare Inventar in elementa-rer Wut zerstört. Auch die in derGouverneursvilla lagernden Ge-richtsakten wurden vernichtet. Be-reits zwölf Tage zuvor hatten dieBostone r öffentlich eine Puppe ver-brannt, die den als britischen Steuer-kommssar vorgesehenen Mr. An-drew Oliver darstellte, und das Ge-bäude angeg riffen, in dem sich seineWohnung und seine Diensträumebefanden.Zu diesen Gewaltakten war esnicht von ungefähr gekommen - esgab einen unmittelbaren Anlaß:die einige Monate zuvor vom eng-

lischen Parlament für die Kolonienin Nordamerika willkürlich be-schlossene Stempelsteuer. Danachmußte dort fortan jedes Druck-erzeugnis, jedes notarielle Schrift-stück mt einer Stempelmarke ver-sehen werden, für die eine Gebührvon einem Half Penny pro Zei-tungsexemplar bzw. fünf Shillingfür ein beglaubigtes Testament oderdergleichen zu entrichten waren.Diese Zwangssteuer sorgte dafür,daß sich die bei großen Teilen derBevölkerung der englischen Kolo-nien in Nordamerika seit langemmehr und mehr zunehmende Em-pörung in Aktionen entlud, daß dieBevölkerung der Stadt Boston inder Kolonie Massachusetts imSomm er des Jahres 1765 den Kampfaufnahm. Daß ihr erstes Angriffs-ziel der Steuerkommssar und derVizegouverneur waren, war durch-aus kein Zufall. Sie verkörperten fürdie Kolonisten das ihnen aufge-zwungene UnterdrückungsregimeEnglands.

Stempelmarke auf einem Schrift-stück, für das eine Stempelsteuervon einem Half Penny entrichtetwerden mußte

Kolonien

KOLONIENGründer egr. ron-

kolonieStatut

VirginiaPlymouthMaine

London Co.PuritanerF. Georges

160716201623

1624 Königlich1691) zu1677) Massa-

chusetts

New Hampshire J. Masonu.a. 1623 1679 KöniglichMassachusetts Puritaner 1628 1691 KöniglichMaryland Lord Baltimore 1634 EignerkolonieConnecticut Emigranten aus

Massachusetts1635 Selbstregierung

Rhode Island --New HavenR. WlliamsEmigranten ausMassachusetts

16361638

Selbstregierung1662zu Connecticut

Delaware Schweden 1638 1682zu Pennsylvanien

Nordkarolina Virginier 1653 1729 KöniglichNew York Holländer 1613 1664 KöniglichNew Jersey W. Berkeley

und Carterer- 1664 1702 Königlich

Südkarolina 8 Adlige 1670 1729 KöniglichPennsylvanien W. Penn 1681 Eignerkolonle

Georgia J. Oglethorpe u.a. 1733 1752 Königlich

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Die 13 englischen Kolonien in Nordamerika 4

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- • - renzen der 13 englischen Kolonien

--- estlichste Ansiedlungsgrenzefür Kolonisten im Jahre 1763

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Massachusetts gehörte zu jenen13 englischen Kolonien an derOstküste Nordamerikas, die zwi-schen 1607 und 1733 entstandenwaren und in denen sich Auswan-derer vor allem aus Großbritannien,Irland und den Niederlanden, aus

Frankreich und den deutschen Staa-ten niedergelassen hatten. Mitte

des 18. Jahrhunderts gab es auch inden Kolonien schon deutlich er-kennbare Widersprüche zwischenden Interessen einer reichen, pri-vilegierten Minderheit - den Kauf-leuten und Großgrundbesitzern -und denen der benachteiligtenbeziehungsweise der sozial undpolitisch weitgehend rechtlosen,

unterdrückten und ausgebeutetenMehrheit der werktätigen Bevöl-kerungsschichten. Besondere Vor-rechte besaßen die zum Teil ausdem englischen Adel stammendenGroßgrundbesitzer in den südlichenund zentralgelegenen Kolonien, dieihre Ländereien von Monarchen

Englands als Geschenk oder alsEntgelt für Schuldansprüche er-halten hatten.

So wenig wie in anderen Ländernder Erde ließen sich die Werktätigender Kolonien ohne Gegenwehr aus-beuten und sozial und politischunterdrücken. Immer entschlosse-ner traten sie gegen die eng mit demKolonialregime verbundene Ober-schicht auf. Die Pächter verweiger-

ten den Großgrundbesitzern diePachtzahlungen, die Farmer for-

EugliseheUntertanen * * *oderAmerikaner? k *

Ein Fort im Westen Nordamerikaszum Schutz der Siedler gegen dieIndianer, die sich gegen Vertrei-bung und Ausrottung zur Wehrsetzen

Unbekannter Mohawkhäuptling des1 8 .Jahrhunderts

derten Mitwirkung an der Selbst-verwaltung der Kolonie, in der sielebten. Viele Menschen liefen

ihren Ausbeutern in die Indianer-gebiete davon, nahmen hier eigen-mächtig Land und gründeten als„Squatter" Farmen. So schob sichdie koloniale Besiedlungsgrenzein erbarmungslosen Kämpfen ge-gen die Indianer allmählich bis andas Alleghany-Gebirge vor.Bei allen Gemeinsamkeiten, diesich bei den 13 Kolonien vor allemdaraus ergaben, daß die Masse derBevölkerung in der Mitte des18. Jahrhunderts noch immer in derLandwirtschaft tätig war, zeigtensich hinsichtlich der sozialökono-mischen Struktur in den einzelnenKolonien doch beträchtliche Unter-

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Benjamin Franklin (1706-1790)Er nahm hervorragenden Anteilam Unabhängigkeitskampf der eng-lischen Kolonien - it seiner Zei-tung „Pennsylvania Gazette , alsVertreter seiner Landsleute in Lon-don, als Abgeordneter des ZweitenKontinentalkongresses und Diplo-mat in Paris. Als Humanist kämpfteer gegen die Sklaverei.

schiede. Während im Nordosten,in Neuengland, die freie Farm-wirtschaft weit verbreitet war,überwog in den zentralgelegenenund den südlichen Kolonien derGroßgrundbesitz - in den zentral-gelegenen Kolonien vorwiegendals Großfarm, im Süden in der Formder Plantagenwirtschaft mitderAus-beutung von Negersklaven undweißen Zwangsarbeitern, den so-genannten gedungenen Dienern.Obwohl die 13 Kolonien einzusammenhängendes Territoriumbildeten, wurden sie nicht zentralverwaltet. Die 13 durch den eng-lischen König eingesetzten Gou-verneure ernannten in der ihnenjeweils unterstellten Kolonie dieBeamten, kontrollierten die innereVerwaltung der Kolonie und führ-ten das Kommando über die Streit-kräfte. In allen englischen Kolonienin Nordamerika gab es ein Parla-ment, das Gesetze beschließenkonnte. Der Gouverneur hatte aller-dings das Recht, diese Beschlüssefür ungültig zu erklären. Fast über-all wurden diese gesetzgebendenVersammlungen - Repräsentanten-haus genannt -‚ in der die Kauf-leute und Großgrundbesitzer dieMacht hatten, nur von einer Min-derheit, den Reichen und Besitzen-den, gewählt. Die Selbstverwaltungwar in den einzelnen Kolonienunterschiedlich ausgeprägt. In Neu-england (New Hamshire, Massa-chusetts, Connecticut und RhodeIsland) konnte das werktätige Volkin den Stadtversammlungen, denTown-Meetings, seine Forderungenvertreten und stärker als anderswoauf die öffentlichen Angelegen-heiten einwirken.Nur die südlichen Kolonien (Virginia, Maryland, North Carolina,South Carolina und Georgia) er-füllten uneingeschränkt die Er-wartungen der Bourgeoisie im

„Mutterland", die die Kolonien aufdie Rolle eines Rohstofflieferantenund Absatzmarktes für englischeFertigwaren festlegen wollte. In denzentralgelegenen und den nörd-lichen Kolonien hingegen machtedie Entwicklung der gewerblichenProduktion so stürmische Fort-schritte, daß dadurch der englischenBourgeoisie höchst unerwünschteKonkurienz erwuchs. Nicht einge-engt durch feudale Zunftschranken,begünstigt durch die verhältnis-mäßig dichte Besiedelung und rei-che Rohstoffvorkommen, begannendie Manufakturen Neuenglandsnicht nur alle englischen Kolonienin Amerika mit vielerlei Produktenzu versorgen, sondern sie erschie-nen mit ihren Erzeugnissen auchauf den Außenmärkten, die sich dieenglische Industrie- und Handels-bourgeoisie vorbehalten hatte. Die

nördlichen und die zentralgelegenenenglischen Kolonien befanden sichwie das „Mutterland" auf dem ka-pitalistischen Entwicklungsweg.Mit diesem Prozeß bildeten sichin diesen englischen Kolonien An-sätze für das Entstehen einer eige-nen bürgerlichen Nation heraus.Es vertieften sich die Beziehungender einzelnen Kolonien zueinander,und es entstanden erste Elementeeines eigenen amerikanischen na-tionalen Marktes. Gefördert wurdedieser Prozeß durch die Intensi-vierung des Warenaustausches, desWegebaues sowie der Post- undNachrichtenverbindungen. Mit derEntwicklung Bostons, Philadel-phias, New Yorks und Richmondsbildeten sich ökonomische und kul-turelle Zentren von überregionalerBedeutung heraus. Die Entwick-lung eines eigenständigen amen-

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kanischen Kapitalismus und dasrasche Anwachsen der Bevölke-rung - um 1770 lebten mehr als2000000 Menschen in den 13 Ko-lonien - setzten die Vereinigungder Kolonien gebieterisch auf dieTagesordnung und ließen bei derjungen amerikanischen Bourgeo isieden W unsch wach werden, Herr imeigenen Hause zu sein. Publizistenund auch andere Schriftstellerbegannen, das Recht auf Freiheitund Un abhängigkeit der englischenKo lonien in Am erika zu verkünden.Und bereits 1754 hatten Vertre-ter von sieben Kolonien auf einemKongreß in Albany über ein Pro-jekt von Benjamin Franklin zurVereinigung der K olonien in einerUnion beraten. Selbstverständlichließ England dieser Entwicklungnicht einfach ihren Lau f. Das „Mu t-terland" tat alles, um eine eigen-ständige Entwicklung der Kolonien

in Am erika zu unterbinden. So bei-spielsweise bemühte sich Georg L,König von Großbritannien von1714 bis 1727, schon im Jahre 1721darum, die Amerikaner daran zuhindern, solche „Industrien zuerrichten und zu betreiben", dieKonkurrenz der englischen wer-den könnten. Um die einsetzendeunabhängige ökonomische undpolitische Entwicklung in denKolonien zu hintertreiben, wurdederen Handel mit dritten Ländernund mit solchen Waren, die Eng-land selbst benötigte, behindert,ebenso die Ausfuhr von Fertig-waren aus den Kolonien und dieProduktion bestimmter Erzeug-nisse. Darunter fielen sogar Nägel,K nöpfe und F ilzhüte.Aber alle von der Krone und derenglischen Regierung zur Knebe-lung der Kolonien ausgeklügeltenVerbote und Verordnungen blieben

George Washington (1732-1799)DerGrofigrundbesitzeraus Virginia,der aktiv gegen die Begrenzungendes Handels und der wirtschaft-lichen Entwicklung in den Koloniendurch England aufgetreten war,wurde 1775 zum O berbefehlshaberder amerikanischen Kontinental-armee ernannt und 1789 zum erstenPräsidenten der USA gewäh lt.

zunächst ohne große Wirkung,denn das jahrzehntelang in Kriegeverwickelte England war außer-stande, sie auch durchzusetzen.Diese Situation nutzte die jungeamerikanische Bourgeoisie ent-schlossen für sich aus - sie er-weiterte ihre Produktion sowieihren Handel und auch ihre poli-tischen Rechte.Nachdem England im Jahre 1763den Kam pf mit Frankreich um denBesitz Kanadas für sich entschie-den h atte, sorgten König G eorg III .und seine Minister Grenville,Townshend und North dafür, daßdie administrative Kontrolle undAufsicht über die Kolonien ver-schärft wurden. Im Interesse derAusbeuterklassen mußte die Ko-lonialmacht erhalten, ja gestärktwerden. Für die herrschenden Klas-sen Englands stand fest, daß dieKolonien „waren, sind und rech-tens sein sollen abhängig und unter-tan der königlichen K rone und demParlament von Großbritannien .Die englischen herrschenden K las-sen fühlten sich durch die ameri-kanische Bourgeoisie herausgefor-dert. Englische Kriegsschiffe gin-gen seit 1763 gegen den Schmuggel-handel vor, mit dem T eile der am e-rikanischen Bourgoisie Jie eng-lischen Handelsbeschränkungenund -verbote zu umgehen suchten.Ebenfalls der Erhaltung derM acht Englands über d ie 13 K olo-nien diente eine Verordnung, diedas Siedlungsgebiet der Kolonistenauf einen relativ sehr schmalenStreifen La nd an d er Atlantikküstebeschränkte. Den amerikanischenPlantagenbesitzern u nd Pflanzern,die nur durch die Ausdehnung ihrerLändereien größere Profite erzielen konnten, sowie amerika-nischen Bodenspekulanten wurdeso der Weg nach Westen verlegt.Diese Verordnung und die offen-

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kundige Bevorzugung britischerGesellschaften bei Bodenkäufenbrachte auch viele Großgrund-besitzer gegen die Kolonialmachtauf, so den reichen Plantagen-besitzer George Washington inVirginia, der in die auf diese Weisebenachteiligte Ohio Land Com-pany viel Geld investiert hatte. Zur

Verstärkung der antienglischenStimmung trug außerdem bei, daß

,RUND RISS VON DER STADT

BOSTONund ihrenGenden

1764/65 10000 britische Soldatenin Amerika stationiert wurden,deren Unterhaltskosten die Be-völkerung der Kolonien zu utragen hatte, daß die Einfuhr-zölle für Zucker und die Steuernfür verschiedene Waren erhöhtwurden, die Gesetzgebung in denKolonien von den Vertretungs-

körperschaften der Kolonisten ge-löst werden sollte.

Von all diesen Maßnahmen desenglischen „Mutterlandes" zurUnterdrückung und Aussaugungseiner Kolonien war nahezu diegesamte Bevölkerung der 13 Kolo-nien in dieser oder jener Weisebetroffen. Am schwersten jedochwaren die Farmer, Handwerker undLohnarbeiter durch die hohen

Steuern, Zölle und sonstigen Ab-gaben belastet.

Zentrum des Widerstandes gegendie Stempelsteuer war die an derBoston-Bay gelegene Stadt Bo-ston, die Hauptstadt der KolonieMassachusetts. Die Einwohner die-ser Stadt, die vor allem von Schiff-bau und Handel lebten, empfandendie englischen Zwangsmaßnahmen

besonders stark. Boston hatte sich

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um 1765 mit mehr als 18000 Ein-wohnern nach Philadelphia undNew York zu einer der volkreich-sten Städte Nordamerikas und zumbedeutendsten ökonomischen und

politischen Zentrum Neuenglandsentwickelt. In ihr herrschte ein regeswirtschaftliches und politisches Le-ben, das durch die große Zahl von

Seeleuten und Dockarbeitern weit-gehend mitgeprägt wurde.Daß die Bostoner den Kampf ge-gen das „Mutterland" Englandaufnahmen, hatte seine Ursachendarin, daß dieses in ständigwachsendem Maße die ökonomi-schen und politischen Interessender amerikanischen Bourgeoisie

Stadtplan von Boston aus der Zeitdes Unabhängigkeitskrieges

verletzte und die Ausbeutung undAusplünderung der Werktätigenin den Kolonien sichtbar zunahm.Die Zwangsmaßnahmen, die dieenglische Regierung gegen die Ko-lonien anwandte, erbitterten große

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Teile der amerikanischen Bevölke-rung. Die Stempelsteuer machtenun das Maß voll. Während dieBostoner Bourgeoisie sich jedochauch diesmal mit den Kolonialbe-hörden zu arrangieren beabsichtigteund die neuen finanziellen Bela-stungen in gewohnter Weise um-zuverteilen, also auf die Werk-tätigen abzuwälzen gedachte,waren große Teile der erbittertenBostoner werktätigen Bevölkerungfest entschlossen, gegen die kolo-niale Unterdrückung und Ausbeu-tung anzugehen und Gewalt ge-gen Gewalt zu setzen. Während dieKaufleute Bostons hofften, durcheine nur auf das Dienstgebäudeder Zollbehörde beschränkteAktion die Zurücknahme derSteuern erwirken zu können, be-schlossen die Bostoner Werktätigenzu beweisen, daß sie nicht ohn-mächtig waren. Die Wirkung ihresVorgehens am 12. August - dasVerbrennen der Puppe - warsehr groß: Der um Leben undEigentum fürchtende Mr. Oliververzichtete darauf, das Amt alsSteuerkommissar anzutreten. Ohneeinen solchen aber konnte Englandnicht einen Penny Steuern ein-ziehen. Und auch der Angriff aufdie Villa des Vizegouverneurs Hut-chinson am 26. August trug zurEinschüchterung der Kolonial-behörden bei. Die Engländer warenentsetzt über die Ereignisse in Bo-ston. Aber auch die bürgerlichenKräfte Bostons sahen sich jetzt ineiner seiner schwierigen Situation:Einerseits geboten ihnen ihre mate-riellen Interessen, sich dem Druckaus London zu widersetzen, an-dererseits aber war ihnen durchdas radikale Vorgehen der Volks-massen gegen Oliver und Hutchin-son klar geworden, daß die Werk-tätigen zum Kampf bereit warenund die Massenbewegung der Lei-tung und Lenkung durch dasBürgertum zu entgleiten drohte.Daher suchten die bürgerlichenKräfte, Kampfmethoden anzu-wenden, die die Mitwirkung undEinigkeit aller Bostoner erforder-

Plakat mit dem Aufruf zum Boy-kott des Importeurs WilliamJacksondurch die „Söhne der Freiheit" inBoston

Bevölkerungin den Kolonien um 1774 KOU NIENVirginia 100 000 inwohnerMassachusetts 350 000Pennsylvania 300 000Maryland 25000()South Carolina 200 000North Carolina 200 000New York 200000Connecticut 200000New Jersey 130000New Hampshire 100 000Rhode IslandDelawareGeorgia

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2 Müller. USA

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ten, aber den Charakter passivenWderstandes gegen die Kolonial-macht hatten - z. B. den Boykottenglischer Waren. Anfang Dezem-ber 1 7 6 5 verpflichteten sich vieleKaufleute aus Boston, aber auchaus Salem und anderen Städtenfeierlich, den Import englischerWaren drastisch zu verringern.

Die Boykottbewegung allein reichteselbstverständlich nicht aus, solltebei der Kolonialmacht Wirkungerzielt werden. Es mußten neueFormen und Methoden des Kamp-fes gegen das Kolonialregime ge-funden und der Kampf organisiertwerden. Erste Anfänge antibriti-scher Organisationen gab es inBoston bereits vor dem Jahre 1765.Beispielsweise trafen sich Dockerund Transportarbeiter in Klubs, die

wie der der Schiffbauer in BostonNorth End mehr und mehr zuZentren illegaler politischer Aktivi-täten wurden. Jedoch erst die Ak-tionen der Volksmassen gegen dieenglische Stempelsteuer zeigtedeutlich, daß viele Amerikaner zugemeinsamen Aktionen bereitwaren. Die Zeit war reif zur Grün-dung von Organisationen, in denenamerikanische Patrioten für die Be-freiung vom Joch der Kolonial-

herrschaft und für die Demokra-tisierung des politischen Lebensin den Kolonien kämpfen konnten.Die bedeutendste Organisation,die um diese Zeit entstand, war dieder „Söhne der Freiheit", in dersich Angehörige der verschieden-sten Volksschichten, wie Kaufleute und Juristen, Kleinhändler,Handwerker, Seeleute und Dock-arbeiter, vereinigten. Die Führungder Organisation lag in den Händen

radikaler bürgerlicher Kräfte.Auch in anderen Orten und Kolo-nien organisierten sich die Pa-trioten. Nach kurzer Zeit kontrol-lierten die „Söhne der Freiheit"alle gegen die Kolonialmacht gerich-teten Aktionen und setzten massen-wirksame Kampfmethoden durch.In Boston waren sie besonders aktivund stützten sich vor allem aufwerktätige Kräfte. Geführt wurdensie von Samuel Adams und JamesOtis, die der Wderstandsbewegungstarke Impulse verliehen und dieTätigkeit der Patrioten koordinier-ten. Diese kontrollierten die Ein-

---

Samuel Adams (1722-1803)Bedeutender Organisator des Un-abhängigkeitskampfes in den ame-rikanischen Kolonien. Als einer derFührer der kleinbürgerlich-radika-len Organisation der „Söhne derFreiheit" gehörte er zu den Initia-toren der Einberufung des ErstenKontinentalkongresses und der Er-richtung eines Korrespondenzkomi-tees in Boston.

James Otis (1725-1783)Einer der Wortführer der amerika-nischen Bourgeoisie im Kampfgegen die englischen Zwangssteuern,forderte für die Kolonisten die glei-chen Rechte wie für Engländer.

haltung der Boykottbeschlüsse, ver-jagten die Steuereinnehmer, ver-brannten demonstrativ Stempel-marken und teerten und federtenöffentlich Loyalisten. Kaufleuteschlossen ihre Geschäfte. umSteuerzahlungen zu entgehen, die

Gerichte stellten die Arbeit ein, sodaß keine Urkunden ausgefertigtwurden, für die Stempelsteuer vor-gesehen war.„Keine Steuer ohne Repräsenta-tion" wurde zur Losung der Patrio-ten. Sie bestritten dem englischenParlament das Recht, Steuern fürdie Kolonien zu beschließen, da in

dem Parlament die Amerikanernicht vertreten waren.Der Wderstand erfaßte in kürze-ster Zeit alle 13 Kolonien. DieAchtung englischer Waren wurdebald so wirksam, daß die mit denKolonien handeltreibenden engli-schen Kaufleute empfindliche fi-nanzielle Einbußen erlitten. Dieum ihre Profite fürchtende Bour-geoisie in England wurde unruhig.Sie wirkte auf ihre Regierung ein,

die Steuer, die die „Rebellen" inÜbersee derart gereizt hatte, wiederzurückzunehmen. Die Regierungfügte sich, und am 18. März 1768wurde die Stempelsteuer aufge-hoben. Diese Entscheidung hattejedoch nur noch symbolische Be-deutung, denn die Massenaktionenhatten die Steuer längst unwirk-sam gemacht.

RepräsentantenhausGesetzgebende Versammlung,die in Massachusetts voneiner Minderheit derjenigen er-wachsenen Männer gewähltwurde, die ein im Wahlrechtfestgelegtes Minimum an Ver-mögen besaßen und auch überandere Qualifikationen, wiei. B. festen Wohnsitz und gutenLeumund, verfügten und so-mit wahlberechtigt waren. DasRepräsentantenhaus wirkte ander Gesetzgebung für die Ko-lonie mit, genehmigte die Aus-gaben und setzte die Steuernfest. Da die Beschlüsse derVersammlung durch Einspruchdes Gouverneurs aufgehobenwerden und sie selbst durch ihnvertagt werden konnte, da dergrößte Teil der Abgeordnetenaus konservativen, sich an diebestehende Ordnung klammern-den Kräften bestand, wurdenin Verlauf der Revolution unddes Bürgerkrieges gegen dieLoyalisten durch radikal-de-mokratische Kräfte neue re-volutionäre Legisiaturen ge-schaffen.

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N e u e S t e u e r * * *neuer ******Widerstand ****

Aufständische Kolonisten verbren-nen öffentlich Dokumente mit demAufdruck der englischen Stempel-steuer.

Die Auseinandersetzungen zwi-schen den englischen Kolonien inNordamerika und dem „Mutter-land" waren jedoch keineswegsbeendet; denn die englischen herr-

schenden Klassen dachten gar nichtdaran, auf die Ausbeutung dieserKolonien zu verzichten.Knapp zwei Jahre nach den Ge-schehnissen in Boston versuchte

die englische Regierung erneut,die Kolonien zur Ader zu lassen:Sie sollten Einfuhrsteuern aufGlas, Papier, Blei, Druckfarben,Feuersteine und Tee entrichten -auf Produkte also, die in denKolonien selbst nicht produziertwurden, die die Bevölkerung sowiedie Handwerks- und Manufaktur-betriebe jedoch dringend benö-tigten. Mit diesen amerikanischenSteuern wollte der britische Finanz-minister das Loch stopfen, daseine Steuersenkung zugunsten derenglischen Grundbesitzer in die

Staatskasse gerissen hatte. Umsicherzustellen, daß das Geld auchtatsächlich dem englischen Schatz-amt zufloß, sollte eine direkt inBoston eingerichtete Zollbehördefür seine Eintreibung und Abfüh-rung nach London sorgen. Doch wiebei der Stempelsteuer, so stieß auchdieser Raubzug auf die Taschender Bevölkerung der Kolonien aufderen geschlossene Ablehnung.Diese erneute Herausforderungdurch England bewirkte, daß sichdie amerikanische Bourgeoisiejetzt mit der antibritischen Volksbe-wegung verband, entschlossen, siefür ihre eigenen Klassenziele aus-zunutzen. Noch strebte die Kolo-nialbourgeoisie nicht die Trennungder Kolonien von England an, son-dern war an einem Vergleich mitdem „Mutterland" interessiert,weil sie glaubte, das erleichtere eineeigenständige kapitalistische Ent-wicklung Nordamerikas. Auch dies-mal sollte eine BoykottbewegungEngland zum Einlenken zwingen.Die Initiative zum Widerstandgegen die neue Zwangsbesteuerungging wiederum von Boston aus.Samuel Adams gewann eine Mehr-heit derAbgeordnetendesRepräsen-tantenhauses von Massachusettsfür einen Zirkularbrief, der die Par-lamente der übrigen 12 Kolonienzu gemeinsamem Widerstand auf-forderte. In diesem Brief wurdeenergisch Protest erhoben gegendie Verletzung von Grundrechtenbritischer Untertanen und denAngriff auf ihr Eigentum durchwillkürliche Steuern. Die Autorenversicherten auch ausdrücklich,daß sie nicht anstrebten, die Kolo-nien aus den Bindungen an die eng-lische Krone zu lösen.Trotzdem aber wurde das Zirkularvon den Engländern als starke Un-botmäßigkeit betrachtet, und derGouverneur von Massachusetts,Francis Bernard, drohte, dieGesetzgebende Versammlung derKolonie aufzulösen, wenn sie ihrSchreiben nicht unverzüglich zu-rücknehme. In dem von Adamsnun entworfenen Antwortschreibenan den Gouverneur vertraten dieAbgeordneten kämpferisch denGedanken der Volkssouveränität.Als Bernard den im Brief darge-legten Rechtsstandpunkt igno-

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DasMassakeri n o s t o n

Am M ontag, dem 5. März 1770 war Das Massaker in Boston im Jahrein Boston eine starke Unruhe zu 1770spüren. Schon tagsüber war esan mehreren Stellen der Stadt zu gekommen. Am Abend schließlichZusammenstößen zwischen Ein- versammelte sich eine Menschen-wohnern und englischen Soldaten menge vor dem britischen Zoll-

rierte und das Repräsentantenhausvon Massachusetts auflöste, ant-worteten die Bostoner Patriotenmit einem revolutionären Schritt:Sie forderten die Bevölkerung derKolonie Massachusetts auf, Ver-treter für einen im Septem ber 176 8in Boston beginnenden Konventzu entsenden. Er sollte das erste

Vertretungsorgan dieser Koloniewerden, an dessen Zustandekom-men und dessen Tätigkeit die Ko-lonialbehörden n icht beteiligt waren.Die Bildung dieses Konvents warein Ereignis von großer Bedeutungfür alle Kolonien in Amerika.Um den drohenden weiteren Ver-fall der Autorität ihres Kolonial-regimes zu verhindern, entsandtedie englische Regierung EndeSeptember 1768 zwei Regimenterbritischer „Rotröcke" nach Boston.Diese Machtdemonstration wurdevon den Bostonern als Provokationempfunden. Empört bestri tt einkurzfrist ig einberufenes TownMeeting dem K önig das Recht, will-kürlich und ohne Zustimmung derBürgerschaft Truppen in Boston zustationieren. Die Bostoner ver-weigerten den ungebetenen GästenQuartier, so daß die S oldaten ledig-lich in öffentlichen Gebäuden undZelten untergebracht werden konn-ten. Maurer und Zimmerleute wei-gerten sich entschieden, Befesti-gungsanlagen für die Engländer zuerrichten. Aber nicht nur das. Un-beeindruckt von der Anwesenheitder Besatzungstruppen erklärtenMassenversammlungen vor allerOhren und Augen unumwundendas Wderstandsrecht des Volkesgegenüber einer tyrannischen Re-gierung. Nahezu einmütig folgtedie Bevölkerung dem Aufruf vonBostoner Kaufleuten zum Boykottenglischer Waren, so daß dieseBewegung dem britischen Handelgroßen Schaden zufügte. Als Folgedes Beschlusses der K aufleute vonBoston, New York, Philadelphia,Baltimore und von Charleston,den Import englischer Waren aufdas Lebensnotwendigste zu be-schränken, ging der englische Ex-port in die Kolonien in Amerikavon 2,157 Millionen Pfund Sterling1768 auf 1,335 Mllionen im Jahre1769 zurück. Mit revolutionärer Ge-walt gingen die Bostoner Radikalen

176 9 gegen diejenigen vor, die sichnicht an die Boykottbeschlüssehielten. Diese Elemente wurden alsVerräter behandelt. John Main bei-spielsweise, Herausgeber des „Bo-ston Chronicle , der ein enga gierterGegner der Boykottbewegung war,wurde tätlich angegriffen undkonnte sich nur durch die Flucht

in ein Wachhaus des englischenMilitärs retten. Als ein andererBostoner Bürger, der ImporteurPatrick McMasters, fortfuhr, denBoykottbeschluß zu mißachten,wurde er durch den Spruch einerVolksversammlung aus der Stadtverbannt. Bald gingen die Patrio-ten auch dazu über, Käufer am

Betreten von Geschäften zu hin-dern, die „geächtete" englischeWaren führten. Die Fenster derHäuser der Boykottverletzer be-schmierten sie mit Teer und be-streuten d iesen m it Federn.Das Anwachsen der Volksbewe-gung, aber auch solche Erklärungenwie die des Radikalen Thomas

Young vom Januar 1770 - es seihohe Zeit für das Volk, die Regie-rung in die eigenen Hände zunehmen -‚ wirkten auf die Bo-stoner Bourgeoisie alarmierend.Sie bemühte sich fieberhaft, dievorwärtsdrängenden Massen zustoppen, jedoch die Spannung in derStadt wuchs.

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Notification.

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of ('orrcfpondncc " Co ftaic tht Rihu of the(4onsh,ar.J of tP; Irotnce in I'articuLr, as Mcn. hriflüoa. arci.s Su"j1s ;nJ to c.orumunkatc aml publth the hny co thefcvcrtl r o vL ns in this Fro%ircc, anti to ihc\VorlJ, as tie Sf

0 9 W5 Tn, vuh thc lnfrirmrnts and Viotationsichrfror,1hzt hac bcn, or (rom Timc to 1 irnc nay bc n'rtoe{hng of cach ron a frcc.( omm..cation of ti.cr Se -tmcnts on thliN Sbje ;' ard the Scltcmen having becn in.formcd by the( hairman of f d(ornn,itcc. ihit tLy arc

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Der Freiheitsbaum in BostonHier kamen die amerikanischenPatrioten zusammen und berieten

über Kampfmaßnahmen gegen dieenglische Kolonialherrschaft.

Weitere Truppen aus England tref-fen 1768 in Boston ein.

Plakat mit der Bekanntmachungfür ein Town-Meeting in Bostonam 16. November 1772

haus. Diese Bostoner Bürger warenaufs äußerste empört; sie disku-tierten erregt, und es kam zu Be-

schimpfungen der dort stehendenenglischen Wachposten. Die Si-tuation spitzte sich zu, als der bri-tische Hauptmann Preston mit einerEinheit des 29. Regiments durchdie King-Street anrückte, um den„Schutz des Zollhauses" zu über-nehmen und die Menschenmenge,so lautete sein Befehl, „wenn nötig,gewaltsam" zu zerstreuen. DieBostoner waren nicht willens, inihrer Stadt einen Ort zu verlassen,den sie für eine Zusammenkunftgewählt hatten. Es kam zu tätlichenAuseinandersetzungen zwischenBürgern und Soldaten. In diesemAugenblick fielen Schüsse gegendie unbewaffnete Menge. Drei Bo-stoner Männer waren auf der Stelletot, zwei weitere erlagen späterihren schweren Verletzungen. Diesefünf, Samuel Grey, Crispos At-tucks, James Caldwell, SamuelMaverick und Christopher Monk,waren die ersten Opfer in der Aus-einandersetzung der Amerikanermit der Kolonialmacht. Als Mas-saker von Boston ging diese Ermordung friedlicher Bürger in dieGeschichte ein. Wie bei keinemanderen Ereignis in den 13 Kolonienzuvor ging der Zorn der einzelnenin eine Massenempörung über.Besonnen, aber mit Nachdruckforderte ein umgehend einberufenesTown-Meeting in Boston von denBriten: sofortiges Zurückziehen desMilitärs, Bestrafung der am Mas-saker Schuldigen. Die Engländererfüllten keine dieser Forderungen.D as englische Parlament nahm ledig-lich im April 1770 die 1767 oktroy-ierten Steuern zurück. Die Lageblieb gespannt, denn eine wesent-liche Steuer, die Teesteuer, wurdeweiterhin erhoben. Das Prinzip —England kann beliebig Steuern überdie Kolonien verhängen — mußte,davon gingen die englischen herr-schenden Kreise aus, um jedenPreis gewahrt bleiben.Mit den neuen Kämpfen gegendie Steuern begann in den Reihender radikalen bürgerlichen Poli-tiker eine Neuorientierung, die fürdie weitere Entwicklung große Be-

deutung hatte. Jetzt wurde dielange selbst von den fortschritt-lichsten bürgerlichen Amerikanernwie Samuel Adams vertretene Über-zeugung aufgegeben, daß eine Re-

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Das ******Pulverfaß * * * *Massachusetts * * *

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gulierung des Verhältnisses zwi-schen den 13 Kolonien und dem„Mutterland" auch dann möglichsei, wenn die Kolonien Teil desbritischen Imperiums blieben. Esfestigte sich bei ihnen die Auf-fassung, daß die Bevölkerung derKolonien zur Wahrung der Inter-essen der Amerikaner als obersterSouverän handeln und eige-ne Machtorgane als Träger dergesetzgebenden Gewalt schaffenmüsse. Aus der Protestbewegunggegen Übergriffe der englischenRegierung war eine Bewegung fürdie Unabhängigkeit der 13 Kolo-nien in Nordamerika geworden.Als 1772 in Boston bekannt wurde,daß die englische Krone entschlos-sen sei, die kolonialen Vertretungs-körperschaften in ihren Rechtennoch weiter zu beschneiden, setztedas Town-Meeting von Boston imNovember eigenmächtig ein Korre-spondenzkomtee von 21 Personenein, das von den britischen Kolo-nialbehörden völlig unabhängigzusammentreten sollte und nurdem Town-Meeting verantwort-lich war. Die Mehrzahl der Ge-meinden von Massachusetts folgteschnell diesem Beispiel, so daß sichbald ein Netz derartiger Komiteesüber Massachusetts und dann auchüber die anderen Kolonien zog.Das von Samuel Adams verfaßteProgramm des Bostoner Korre-spondenzkomitees leitete in ra-dikaler Weise das Recht der Ko-lonisten vom Prinzip der Volks-souveränität ab. Im September1773 ging Adams noch einen Schrittweiter: In der „Boston Gazette"trat er für die Einberufung einesKontinentalkongresses als einerVertretungskörperschaft für alle13 Kolonien ein. Der Kongreß soll-te, so forderte Adams, eine Grund-satzbestimmung über seine Rechteausarbeiten, einen Gesandten inLondon haben und den Ort für seinkünftiges Zusammentreten fest-legen.Mt diesen Vorstellungen warAdamsinnerhalb seiner Klasse sehr weitvorgeprellt. Er traf auf zurück-haltende Zustimmung bei denRadikalen, bei den gemäßigten bür-gerlichen Politikern aber, die dieIdee der Selbsthilfe zurückwiesenund sich nach wie vor Zugeständ-

nisse durch das Parlament inLondon erhofften, stieß er aufvöllige Ablehnung. Adams aberbetonte sehr nachdrücklich, daß

Tee war bei den amerikanischenKolonisten ein sehr beliebtesGetränk. Das allein war jedochnicht der Grund dafür, daß eszu einem regelrechten Teekriegzwischen den Amerikanern undden Briten kam. Da die englischeRegierung unnachgiebig von denAmerikanern weiterhin eine Tee-steuer erhob, war der Kampf ge-gen diese willkürliche Zwangs-steuer für die patriotische Be-wegung in den Kolonien zu einerPrinzipienfrage geworden. Demon-strativ beschlossen in Boston 300Familien, so lange keinen im Auf-

die Amerikaner Freiheit nur er-ringen könnten, wenn sie auf dieeigene Kraft vertrauten, auf ihreEinheit und Geschlossenheit.

Protest gegen die Anlandung vonTee, Boston, 2. Dezember 1773

trag Englands angelandeten Teemehr anzurühren, wie die Tee-steuer nicht aufgehoben war. Durchden Verbrauch von illegal ausholländischen Kolonien einge-führtem Tee, die Nichteinfuhr undAnnahmeverweigerung des zoll-pflichtigen „englischen" Teesging der Umsatz dieser von derbritischen Ostindischen Kompanievertriebenen Ware immer mehrzurück. In ihren Lagern stapeltensich Riesenmengen von Tee, die

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Mai 1773 vom englischen Parlamentdie Erlaubnis, indischen Tee durcheigene Kommissionshändler in den13 Kolonien zu vertreiben. Als aberzahlreiche amerikanische Kaufleutees ablehnten, die von den Koloni-sten geächtete und daher „heiße"

David KinnisonTeilnehmer an Bostoner Teesturmund an den Gefechten von Lexing-ton und Bunkers Hill

Der Bostoner Teesturm

englischen Steuereinnahmen ausdieser Ware sanken nahezu aufden Nullpunkt. Und dennoch,England wollte nicht nachgeben.Die Eintreibung des Teezolls -7 Cents pro 1000 Gramm Tee - be-trachtete König George III. vorallem als Machtprobe: fügten sichdie Kolonisten nicht gehorsam,sollte ihnen der Tee mit Gewaltaufgedrängt werden. Die unterdem amerikanischen Teeboykottleidende und nahezu bankrotteOstindische Kompanie erhielt im

Ware für die Kompanie zu ver-kaufen, wurden durch die Kolonial-behörden bekannte Anhänger desbritischen Ko lonialregimes zu K orn-missären der Ostindischen Kom-panie bestimmt.Im Herbst 1773 segelte dann eineFlotte vollbeladener Teeklippernach Amerika. Jetzt mußte sichentscheiden, wer die Machtprobebestand, England oder die Ameri-kaner.Das werktätige Volk der britischenKolonien in Amerika war zumWiderstand entschlossen. Es er-kannte die Absicht der englischenKrone, durch Zwangseinfuhr desbesteuerten Tees eine Steuer aufneue Art gewaltsam einzutreiben.Auch in Boston war man sich dar-

LoyalistenBezeichnung für die Befürwor-ter und Nutznießer der engli-schen Kolonialherrschaft inden 13 Kolonien Nordamerikas.Reiche Kaufleute, Großgrund-

besitzer, Beamte und Pfarrerder anglikanischen Kirche wa-ren die treibende Kraft desLoyalistentums. Tausende vonLoyalisten kämpften in den Rei-hen der englischen Streitkräftegegen die Revolution, anderedienten den Engländern alsSpione und Informanten. Siewaren die grundlegende Kraftder Konterrevolution im In-nern des Landes, eine Agentur

der Kolonialmacht.

Teetrinken in Boston. Bestrafungeines Boykottverweigerers

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kletterten in die Laderäume undschleppten die Ladung - 342 Ki-sten indischen Tees - an Deck, er-brachen sie und schütteten den kost-baren Inhalt der Kisten ins Wasser.Tee im Wert von 10000 Pfund Ster-ling schwamm davon. Die Aktionwar geglückt, und lautlos, wie siegekommen und wie sie sich an Bord

der Schiffe bewegt hatten, zogensich die „Indianer" nach dem Über-

John Hancock (1736-1793)Der reiche Kaufmann, den die Bri-ten durch Beschlagnahmung einesseiner Schiffe wegen Schmuggels‚naßregelten, beteiligte sich in Bo-ston an der Unabhängigkeitsbewe-gung.

Kampflosung der Kolonialbevöl-kerung: Vereinigen oder sterben

J 0 1 N, or D 1 E.

über klar, daß der Tee nicht anLand kommen durfte. Der Kampfbegann. Als im Dezember 1773drei Teeschiffe im Bostoner Ha-fen eintrafen, waren, so meintendie Kolonialbehörden, alle Vorbe-reitungen getroffen, um die Zu-rückweisung der Ladungen un-möglich zu machen. Um die An-landung des Tees notfalls mit Ge-walt durchsetzen zu können, hattedie englische Regierung Kriegs-schiffe in die Nähe Bostons be-ordert.Ein Tag nach dem anderen ver-ging. Auf den Teetransporternherrschte unverändert eine un-gewöhnliche Stille. Kein Cent Zollwar bisher für den Tee gezahlt wor-den. Am 16. Dezember - die Tee-kisten waren noch immer an Bordder Schiffe - beschloß eine Mas-senversammlung von BostonerBürgern im Old South Meeting-House, eine Entscheidung herbei-zuführen und von den Kolonial-behörden zu verlangen, daß dieTeeschiffe samt ihrer Ladung den

Hafen verließen. Und zwar un-verzüglich. Eine Abordnung derVersammlung wurde zum Zoll-kommissar der Stadt entsandt, umihn von dem Beschluß des Mee-tings in Kenntnis zu setzen. Die-ser aber erklärte, daß es nicht inseiner Macht stünde, die Teeschiffeohne Zollerhebung wieder seewärtssegeln zu lassen; auch der Gouver-neur bestand weiterhin auf Zah-lung des Zolls. Weder die Engländernoch die Bostoner waren bereitnachzugeben. Fest vertäut lagendie drei Schiffe auch am Nach-mittag dieses 16. Dezember nochim Hafen.Es war spät am Abend, als sichnach und nach etwa 50 Männer,Tomahawks in den Händen und mtgeschwärzten Gesichtern, Mohawh-Indianern ähnelnd, zum Griffine-Kai des Bostoner Hafens schlichen.Kein Wort fiel. Auf ein Zeichenihres Anführers enterten die Män-ner die drei Teeklipper der engli-lischen Kapitäne Hall, Bruce undCoffine, überwältigten alle Wachen,

fall zurück. Als Indianer hattensich die Männer getarnt, um - auchuntereinander - unerkannt zubleiben und so Nachforschungenergebnislos werden zulassen. Denn,darüber waren sich alle Beteiligtenklar, wurde man ihrer habhaft,drohten ihnen harte Strafen. Aberniemand hatte ihre Aktion behin-dert. Mit dem „Teesturm" vonBoston leiteten die amerikanischenPatrioten ihre offenen Angriffs-handlungen gegen die Kolonial-macht ein. Diese Aktion am Abenddes 16. Dezember 1773 war eineunmißverständliche Antwort Bo-stons an die Kolonialmacht. AmTage nach dem Teesturm schriebJohn Adams - prominenter Bosto-ner Bürger und späterer Präsidentder USA - in sein Tagebuch:„Welche Maßnahmen wird das Mi-nisterium ergreifen (gemeint ist dieKolonialbehörde - H. M.)? Wer-den sie empört sein? Werden sieuns bestrafen? We? Indem sieTrup-pen einquartieren? Noch höhereZölle einziehen? Unseren Handel

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beschränken? Sich an einzelnenrächen? Oder wie?"In der Tat, in London war man ent-schlossen, die rebellische Stadt,die eine Weltmacht herausgeforderthatte, zu bestrafen. Eine ganzeSerie dafür geeignet erscheinenderGesetze prasselte nun auf Bostonnieder. Ihm wurde die Haupt-stadtfunktion entzogen, der Bo-stoner Hafen wurde für jeden Han-delsverkehr für so lange gesperrt,wie die Stadt Boston der Ostindi-schen Kompanie nicht eine volleEntschädigung für die vernichteteTeeladung gezahlt hatte. Weitersollte die Bevölkerung der Stadtdadurch entmündigt werden, daßihr das Recht der Wahl des Sheriff sund von Abgeordneten für dasRepräsentantenhaus von Massa-chusetts entzogen wurde, unddadurch, daß Town-Meetings nurnoch dann stattfinden durften, wennder Gouverneur die Tagesordnunggenehmigt hatte. Demonstrativernannte die Krone den Ober-befehlshaber der englischen Trup-pen in Amerika, General Gage,zum neuen Gouverneur Massa-chusetts', unterstellte ihm nochweitere große Truppeneinheiten

für die Niederhaltung der Volks-massen und verfügte, im Bedarfs-falle Truppen in Bostoner Privat-haushalten einzuquartieren. DieSperrung des Hafens wirkte sichkatastrophal aus, denn Tausendevon Familien der Stadt lebten vonihm. Ein Kaufmann schrieb ver-zweifelt: „Ich bin überzeugt da-von, daß sie (die Engländer -H. M.) ihre Drohungen wahrma-chen, die Stadt zur Einöde zu

machen und Gras in unseren Stra-ßen wachsen zu lassen." Aber diedemokratischen Kräfte ließen sichdurch die neue englische Heraus-forderung nicht einschüchtern. Alsam 10. Mai 1774 in Boston dieSchließung des Hafens bekanntgeworden war, gingen die Bostonersofort zum organisierten Wider-stand über: Im Auftrag des Town-Meetings verfaßte das Korrespon-denzkomitee einen Brief an alle

anderen Hauptstädte der engli-schen Kolonien in Amerika, in demdie Bostoner ihre Entschlossenheitbekundeten, sich nicht zu beugen,sie riefen zum totalen Boykott

englischer Waren auf und erbatenHilfe und Unterstützung: „Die Zeitist da, in der alle sich im Wider-stand gegen die Verletzung derFreiheit aller vereinigen müssen."Der durch reitende Boten ver-breitete Brief fand überall Re-sonanz. In Connecticut verbrannteeine Volksmenge demonstrativ einExemplar der Bekanntmachungder Schließung des Bostoner Ha-fens. In vielen Orten der Kolonienerklärten sich die Einwohner aufMassenmeetings mit den Bosto-nern solidarisch. In der bestraftenStadt selbst läuteten am 1. Juni, alsder Hafen geschlossen wurde, To-tenglocken, und schwarzen Trauer-dekorationen an den Häusern brach-ten die düstere Stimmung der Be-völkerung zum Ausdruck. DieSolidaritätsbekundungen der an-deren Städte waren eine große Hilfefür Boston. Wie nicht anders zuerwarten gewesen war, gab es aberauch ablehnende Antworten aufden Brief des Korrespondenzkomi-tees. So beispielsweise schriebendie Kaufleute aus New York undPhiladelphia, daß sie nicht bereitseien, englische Waren zu boykot-tieren. Hatten die gemäßigten bür-gerlichen Kräfte Bostons, die sichnur widerwillig dem Boykottbe-schluß beugten, gehofft, daß dienegativen Antworten einige promi-nente Boykottbefürworter umstim-men würden, so wurden sie sehrenttäuscht. Qestützt auf die Zu-stimmung der werktätigen Bevöl-kerungsschichten, setzten es dieradikalen Politiker durch, daß derBeschluß, mit England ökonomischzu brechen, nicht aufgehoben

wurde.Bereits im Sommer 1774 zeigte sichdie Wirkung der englischen Strafgesetze für Boston. Tausendewaren arbeitslos Der Hafen lagverödet. Es zeigte sich aber auch,daß die kampfwilligen Bostonernur schwer kleinzukriegen waren:durch solidarische Hilfe - von nahund fern trafen Lebensmittelsen-dungen in der Stadt ein - wurde diegrößte Not abgewendet. Die Pa-

trioten blieben fest, und ihre Zahlwuchs in diesen Auseinander-setzungen. Das Town-Meeting,das ohne Genehmigung der Kolo-nialbehörden zusammengetreten

war, beschloß und verkündete öf-fentlich, jede Verbindung mitEngland und solchen Elementenabzubrechen, die sich der Kolonial-macht gegenüber loyal verhieltenund sich dem Boykottbeschlußentgegenstellten. Unter den Augender Besatzungstruppen diskutiertenMassenversammlungen über dieVolksrechte. Angesichts der ge-spannten Lage wagte der Gouver-neur von Massachusetts nicht, ge-gen die Meetings einzuschreiten.Während die Engländer ihre Bo-stoner Garnison bis zum November1774 auf 11 Regimenter verstärkten,bereiteten sich die Patrioten derStadt unter Leitung der „Söhne derFreiheit" umsichtig auf eine be-waffnete Auseinandersetzung vor.In der Umgebung Bostons wurdendie ersten illegalen Munitions- undWaffendepots angelegt, damit diePatrioten in der Stunde des Kamp-fes dem Gegner nicht ungerüstetausgeliefert sein würden.Seit dem Sommer 1774 waren inMassachusetts neue revolutionäreVertretungsorgane, die Kreiskon-vente, geschaffen worden, die dieLeitung der Boykottbewegung unddie Sicherung der öffentlichen

Ordnung in ihre Hände nahmen.Im Oktober traten die Vertreterdieser Konvente in Salem zumersten revolutionären Provinzial-kongreß als Bürgervertretung vonMassachusetts zusammen. Nach-dem der Kongreß unter der Lei-tung John Hancocks im Februar1775 ein Sicherheitskomitee ge-bildet hatte, verfügte Massachusettsüber die Grundlagen eines eigenen,von Großbritannien unabhängigen

Regierungssystems. Eine wichtigeAufgabe des Sicherheitskomiteeswar die Gründung einer revolu-tionären Volksmiliz. Diese Kampfgruppen, die mit sehr viel Sorgfaltaufgestellt wurden, waren die„Minutenmänner". Sie bereitetensich darauf vor, bei Alarm in we-nigen • •Minuten kampfbereit zusein. Überall dort, wohin der Armder englischen Kolonialbehördennicht reichte, übten sich die Ange-

hörigen der Volksmiliz in der Hand-habung der Waffen. Sie hatten sichverpflichtet, allen Befehlen desSicherheitskomitees nbedingtFolge zu leisten.

3 Müller, USA 7

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General Gage, Oberbefehlshaberder britischen Truppen in Amerika,Gouverneur von Massachusetts,hatte das Gefühl, er sitze in Bostonauf einem Pulverfaß. Um die vonstarken englischen Truppenein-heiten besetzte Stadt vor Uberra-schungsangriffen der „rebellischen"Amerikaner zu sichern und die Bo-

stoner Patrioten von jeder Hilfe vonaußen abzuschneiden, gab er denBefehl, auf Boston Neck, dem ein-zigen Zugang zur Stadt von Landher, zusätzliche Befestigungsan-lagen zu errichten. Er wußte sehrwohl, daß die Zeichen für die Ame-rikaner jetzt auf Sturm standen.Kein einziger Bostoner Arbeiterwar bereit gewesen, der Aufforde-

KorrespondenzkomiteesRevolutionäre, von den engli-schen Kolonialbehörden völligunabhängige Ausschüsse, diedurch den Austausch von Mei-nungen und Informationen zwi-schen den einzelnen Kolonien,die Veröffentlichung von Hand-zetteln und Plakaten einewichtige Rolle für die Koordi-nierung des Unabhängigkeits-kampfes der amerikanischenBevölkerung gegen die engli-sche Kolonialmacht spielten.Das erste Komitee wurde imNovember 1772 in Boston ge-bildet, nachdem bekannt ge-worden war, daß die englischeRegierung beabsichtigte, denGouverneur von Massachu-setts und die leitenden Justiz-beamten vor jeder Kontroll-möglichkeit durch die Organeder Kolonialbevölkerung abzu-schirmen. Die mit der Grün-dung des Bostoner Komiteesausgesprochene Absicht, sichmit den anderen Städten Mas-sachusetts' in Verbindung zusetzen, wurde erreicht, nach-dem 1773 in schneller Folgegleichartige Einrichtungen inVirginia, Rhode Island, Connec-ticut, New Hampshire undSouth Carolina entstanden wa-ren.

Carpenters' Hall in Philadelphia.Hier tagte im Herbst 1774 den. Kon-tinenfalkongreJl.

rung zur Mitarbeit am Befestigungs-bau Folge z u leisten; und die Farmerder Umgebung hatten sich gewei-gert, seinen Soldaten Produktezu verkaufen. Die Kolonialmachtstand einer organisierten „Rebel-lion" gegenüber. Um den Wider-standswillen der „Rebellen" zubrechen, erklärte die englische

DerErste

Im September 1774, zur selben Zeit,als in Massachusetts die Vorberei-tungen für den ersten revolutio-nären Provinzialkongreß getroffenwurden, kamen Delegierte von12 Kolonien zusammen, um ge-meinsam über die Zukunft derKolonien zu beraten. Georgia warnicht vertreten, da der dortige Gou-verneur die für den Kongreß ge-

Regierung die Kolonie im Februar1775 für „aufrührerisch" - undfür Aufruhr drohten allerhärtesteStrafen. General Gage erhielt denBefehl, die Einhaltung der vonEngland für die Kolonien erlas-senen Gesetze und Verordnungenauch in Massachusetts mit allenMitteln zu erzwingen.

wählten Abgeordneten hatte fest-setzen lassen. Die wachsendeAusbeutung aller Kolonien durchEngland hatte bewirkt, daß Groß-britannien nun als gemeinsamerGegner betrachtet wurde. „Diebritische Unterdrückung hat dieGrenzen zwischen den einzelnenKolonien, New-Yorkern und Neu-engländern niedergerissen... Ich

KontinentalKongreß

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bin Amerikaner." Diese Worte Pa-trick Henrys, eines demokratischenPolitikers, drückten die Empfin-dungen aus, die die amerikanischenPatrioten nach einem Jahrzehntununterbrochener useinander-setzungen mit der englischen Kolo-nialmacht beherrschten.Am Morgen des 5. September 1774hatten sich die 55 Delegierten inder City Tavern versammelt undwaren geschlossen zur Carpenters'Hall gezogen, um den erstenKontinentalkongreß in der Ge-schichte Nordamerikas zu er-öffnen.Der Aufruf der Volksvertreter vonVirginia zu einem solchen Kongreßhatte lebhaftes Echo gefunden.Überall wünschte man, daß dieSchritte beraten würden, die imInteresse aller 13 Kolonien unter-nommen werden mußten.Bis auf einen Delegierten warenalle Kongreßteilnehmer in Ame-rika geboren, und die meisten warennoch nie in England gewesen. Allefühlten sich als Amerikaner. 30 Ab-geordnete waren Rechtsanwälteund 18 Plantagenbesitzer oderKaufleute; alle gehörten zu denReichen oder doch zumindest zu

den Wohlhabenden des Landes.Daß man das in Pennsylvania ge-

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Zahl der Negersklaven in den englischen Kolonien 775E(ERSK LWE%

New Hampshire 624Massachusetts 3500

Rhode Island 4373Connecticut

5000New YorkNew Jersey

150007600

Delaware 9000Pennsylvania 10000

Maryland 80000Virginia 165000

North Carolina 75000South Carolina 110000

Georgia 16000

legene Philadelphia als Tagungs-ort des Kontinentalkongressesgewählt hatte, war kein Zufall.Philadelphia war 1774 mit 30000Einwohnern die größte Stadt derbritischen Kolonien in Amerika.Obwohl Philadelphia weit vomMeer entfernt lag, war es eine große

Durch diese Zeitungsannonce wur-den 2 50 Negersklaven zum Verkaufangeboten. Menschen als Ware

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Hafenstadt - der breite Delaware-River verband sie direkt mit demAtlantik. Im Hafen von Philadel-phia wurden landwirtschaftlicheErzeugnisse und die Produkte deram Delaware liegenden Eisenhüt-ten, Mühlen, Werkstätten für Wa-genbau und der Glasmanufakturenauf • Fluß- oder hochseetüchtige

Schiffe verladen, die nach SouthCarolina oder auch nach Westih-dien oder in andere mehr oder we-niger weit entfernt liegende Län-der fuhren. Im Hafen von Phil-adelphia wurden viele Güter um-geschlagen, die die angrenzendenKolonien benötigten, aber nichtselbst produzieren konnten oderauch auf Grund des Verbotes derenglischen Kolonialmacht nichtselbst herstellen durften. Die Mehr-

zahl der im Hafen vor Anker ge-

henden Schiffe waren englischesEigentum, fuhren unter der Flaggedes Königreiches und hatten eng-lische Besatzungen. Um 1750konnte Philadelphia selbst Bostonhinsichtlich seines Handelsum-fanges hinter sich lassen.

Richmond, 23. März 1775. PatrickHenry fordert den Provinzialkon-greJi von Virginia auf, die Miliz zuorganisieren und die Kolonie gegendie Engländer zu verteidigen.

Paul Revere (1735-1818)Silberschmied und Graveur ausBoston, der aktiv für die Unabhän-gigkeit der englischen Kolonien inAmerika kämpfte

Hier in Philadelphia war derReichtum konzentriert, und diewohlhabenden und reichen Bürger

hatten es verstanden, die Stadtso zu gestalten, daß sie sich mitden meisten großen europäischenStädten messen konnte. Einerderjenigen, die sich um diese Stadtverdient machten, war BenjaminFranklin. Mehrere Jahre lang hatteer in Europa gelebt und nach seinerRückkehr aus England dem kul-turellen Leben Philadelphias neueInhalte gegeben, eine reichaus-gestattete Bibliothek und die Philo-

sophische Gesellschaft von Arne-

SicherheitskomiteesRevolutionäre Organe zur Un-terstützung der Tätigkeit derKorrespondenzkomitees. Daserste Komitee wurde mit 11 Mit-gliedern im Februar 1775 in Mas-sachusetts gegründet, um denWiderstand gegen die Zwangs-gesetze des englischen Parla-ments zu aktivieren. Es wurdeautorisiert, eine Miliz zu bilden.Im April 1775 nahm das Komi-tee Verbindung mit verschie-denen anderen Städten in Massa-chusetts und mit Patrioten inConnecticut und New Hamp-shire auf und regte sie an,ebenfalls Sicherheitskomiteeszu bilden. Sie wurden in die-sen Kolonien wenig später durchVolksversammlungen berufen.1775 und 1776 übten diese Ko-mitees verschiedene Regie-rungsfunktionen aus. Sie war-ben Kämpfer für die Kontinen-talarmee, versorgten diesemit Waffen und Ausrüstungen,hielten die Ordnung aufrechtund bekämpften die Loyali-sten. Nachdem in den einzel-nen Staaten Verfassungen ange-nommen worden waren, stell-ten die Komitees ihre Tätigkeitein; sie wurden durch die neuenRegierungen der jeweiligenStaaten ersetzt.

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Gefecht bei Lexington, April 17 75

rika sowie andere wissenschaftlicheEinrichtungen gegründet. In denliterarischen Zirkeln bildeten sichdie Anfänge einer eigenständigenamerikanischen Literatur heraus.Mit Fug und R echt galt Philadelphiaals Metropole der 13 englischenKolonien.In dieser Stadt herrschte die Bour-geoisie uneingeschränkt. Ledig-lich 2 Prozent der erwachsenenmännlichen Einwohner besaßendas Wahlrecht. Und dadurch un-terschied sich das öffentlicheLeben Philadelphias grundsätzlichvon dem im 500 Kilometer ent-fernten Boston.Vom ersten Sitzungstag des Kon-tinentalkongresses an waren die De-legierten in zwei Lager gespalten.Die Abgeordneten, die wie PatrickHenry dachten, bildeten die eineGruppierung; sie galten als radikal.Sie drängten auf den offenen Bruchmit England und auf die Gründungeines eigenen amerikanischenStaates. - Und mit der Einberufungdes Kontinentalkongresses warschon ein entscheidender Schrittin diese Richtung getan worden.Entscheidend unter- anderem des-

halb, weil die englischen Kolonial-behörden gar nicht erst ersuchtworden waren, diesen Kontinental-kongreß und seine Tagesordnungzu genehmigen.

Dem Bruch mit England undauch der Gründung eines eigenenStaates widersetzten sich die„gemäßigten" und die „konserva-tiven" Delegierten, die vor allemdie Sklavenhalter und großenPlantagenbesitzer auf diesemKongreß vertraten. Für diese Hal-tung gab es vielerlei Gründe. Einerwar, daß sie das Volk zu fürchtenbegannen, das so nachdrücklichzu politischen Aktionen überge-gangen war. Die „Gemäßigten"und die „Konservativen" warender Auffassung, daß die englischeKolonialmacht ihnen als Schutz-wall gegen die Ansprüche der Volks-massen dienen konnte; zumanderen aber standen für die Skla-venhalter und Plantagenbesitzerbedeutende materielle Interessen

auf dem Spiel: So fürchteten sie,daß ein Kampf gegen England denSklavenhandel und den Warenaus-tausch völlig zum Erliegen bringenkönnte und damit die auf der Aus-beutung von Sklaven basierendePlantagenwirtschaft in bezug aufdie Arbeitskräfte und auch hinsicht-lich des sicheren Absatzes ihrerErzeugnisse in Mitleidenschaftgezogen werden würde.Für die Vertreter der amerikani-

schen Bourgeoisie insgesamt wardie Entscheidung schwierig. Einer-seits waren sie bestrebt, die revo-lutionäre Entwicklung, die vor al-lem von den Volksmassen voran-

getrieben wurde, in den von derBourgeoisie gesteckten Grenzenzu halten, andererseits aber wolltensie erreichen, daß die amerika-nische Bourgeoisie von der Unter-drückung befreit wurde, die sie be-sonders seit 1763 von der eng-lischen Regierung hatte hinnehmenmüssen und die eine eigenständigekapitalistische Entwicklung Ame-rikas behinderte. Wie weit solltensie in ihrem Widerstand gegen Eng-land unter diesen Umständen ge-hen, fragten sich die Gemäßigtenunter den Delegierten.Schon bei der Festlegung der Auf-gaben des Kongresses gingen dieAuffassungen der Delegierten weitauseinander. So setzten sich diegemäßigten bürgerlichen Abge-ordneten dafür ein, daß er lediglich

beraten, aber keine Beschlüssevon entscheidender Bedeutung fas-sen sollte. Auf diese Weise hofftensie, die sich auch auf dem Kongreßwiderspiegelnde revolutionäre Ent-wicklung aufhalten zu können.Die radikale bürgerliche Minder-heit um Patrick Henry und SamuelAdams dagegen sah in dem Kon-greß ein Organ der revolutionärenMacht. Aus ihm mußte nach ihrerÜberzeugung eine revolutionäre

amerikanische Regierung hervor-gehen. Die Tatsache, daß der Kon-tinentalkongreß überhaupt zustan-degekommen war, sprach für sie,da mit seiner Einberufung ein wich-

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tiger Schritt auf dem Wege der Lö-sung vom „Mutterland" getan wor-den war.Nach wochenlangen Auseinander-setzungen endeten die Beratungendes ersten Kontinentalkongressesschließlich mit Resultaten, diedas Kräfteverhältnis in der ame-rikanischen Bourgeoisie wider-

spiegelte. Ein wichtiger Erfolgdes radikalen Flügels war, daß dieAbsicht der Gemäßigten, die Ko-lonien auf neue Weise an Englandzu binden, nicht verwirklichtwerden konnte; denn der Vorschlagdes reichen Kaufmanns JosephGalloway aus Philadelphia, einen„Großen Rat" zu bilden, der dieGesetze des englischen Parlamentsauf die Kolonien zuschneidensollte, wurde abgelehnt. Noch aber

hatten sich die Gemäßigten dieMöglichkeit für eine „Versöhnung"mit dem „Mutterland" England of-fengehalten: In einer Grundsatz-erklärung verurteilten sie mitStimmenmehrheit zwar die eng-lischen Zwangsgesetze der letztenJahre, beließen dem König unddem englischen Parlament jedochnach wie vor bestimmte Rechteüber die Kolonien in Amerika.Durch dieses Zugeständnis undeine Bittschrift an König George III.wollten sie eine friedliche Lösungdes Konfliktes nach Wegfall derenglischen Zwangsgesetze errei-chen. Von noch größerer Bedeutungaber war, daß sie die Annahmeeiner Beschlußvorlage der radika-len Minderheit verhinderten, inder die Aufnahme von Kampfhand-lungen gegen die englischen Trup-pen gefordert wurde.Auf dem Ersten Kontinentalkon-greß wurden aber auch Beschlüssegefaßt, die die Einheit und Stärkeder Unabhängigkeitsbewegung be-günstigten. Dafür sorgten nicht zu-letzt die Volksmassen, die währendder Tagung des Kongresses nichtuntätig geblieben waren. Auf zahl-reichen Massenversammlungen be-kundeten sie ihre Entschlossenheit,für die Freiheit zu kämpfen. Aufden Meetings angenommene Reso-lutionen, die die Aufnahme desKampfes forderten, stärkten dieStellung der radikalen Gruppierungunter den Delegierten, so daß diesedie Annahme einer bedeutungsvol-

„Das ganze Fußvolk eines Hee-res wurde in einem dreigliedri-gen, sehr langen hohlen Vier-eck aufgestellt und bewegte sichin Schlachtordnung nur als Gan-zes;...Diesen unbehülflichen Linientraten im amerikanischen Un-abhängigkeitskrieg Rebellenhau-fen entgegen, die zwar nichtexerzieren, aber desto besseraus ihren gezognen Büchsenschießen konnten, die für ihreeigensten Interessen fochten,also nicht desertierten wie dieWerbetruppen, und die den Eng-ländern nicht den Gefallen taten,ihnen ebenfalls in Linie und auf

freier Ebene gegenüberzutre-ten, sondern in aufgelösten,rasch beweglichen Schützen-schwärmen und in den decken-den Wäldern. Die Linie warhier machtlos und erlag denunsichtbaren und unerreichba-ren Gegnern. Das Tiraillierenwar wieder erfunden - ine neueKampfweise infolge eines ver-änderten Soldatenmaterials.Was die amerikanische Revo-lution begonnen, das vollendetedie französische, auch auf mi-litärischem Gebiet."

Friedrich Engels in „Anti-Düh-ring

len E ntschließung durch den Kon-greß am 8. Oktober erreichte, inder der schwerbedrängten Bevöl-kerung Bostons in ihrem Kampfgegen die Kolonialmacht die Unter-stützung ihrer Landsleute, ein-schließlich bewaffneter Hilfe, zu-gesichert wurde. Damit wurde die

Absicht der englischen Regierungdurchkreuzt, Massachusetts zuisolieren. Ein weiteres positivesErgebnis des Kongresses war, daßam 20. Oktober 1774 eine Über-einkunft zur Schaffung einer Boy-kottliga gegen England erzieltwurde. Danach sollte innerhalb vondrei Monaten jede Einfuhr eng-

lischer Waren und binnen einesJahres jede Ausfuhr von amerika-nischen Erzeugnissen nach Englandeingestellt werden. Die amerika-nische Bourgeoisie hatte aus denErfahrungen vergangener Boy-kottbewegungen gelernt, wie sieihre englischen Konkurrenten amempfindlichsten treffen konnte. DieSchaffung von Überwachungsaus-schüssen zur Sicherung der Durch-führung und Einhaltung der Boy-

kottbeschlüsse, die ebenfalls fest-gelegt wurde, erlangte für die Her-ausbildung neuer revolutionärerMachtorgane im Verlauf der ame-rikanischen Revolution außeror-dentliche Bedeutung. In allen 13 Ko-lonien bildete sich in kürzester Zeitein Netz solcher Überwachungs-ausschüsse und Sicherheitskomi-tees, die die Einhaltung des Boy-kotts erzwangen.Die Überwachungsausschüsse kon-

trollierten schließlich alle anti-englischen Aktivitäten, verstärktendie Verbindungen zwischen Nach-bargemeinden und wirkten agita-torisch auf die Bevölkerung ein.Mit diesen Ausschüssen und denneu entstehenden revolutionärenProvinzialkongressen bildeten sichdie ersten Elemente eines eige-nen amerikanischen Staatsappara-tes heraus, entstand in den Kolo-nien eine Doppelherrschaft - nunexistierten nebeneinander die Herr-schaft der englischen Kolonial-behörden und die der amerikani-schen Vertretungskörperschaften.Der Kontinentalkongreß endetenicht mit der Proklamierung derUnabhängigkeit der Kolonien vonEngland, sondern nur mit einemKompromiß. Die Umsetzung sei-ner Beschlüsse durch die Volksmas-sen aber bewirkte, daß der ErsteKontinentalkongreß der Amerika-ner eine bedeutende Station aufdem Wege zur Unabhängigkeitder britischen Kolonien in Amerikawurde.

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Im Frühjahr 1775 trat der Kampfzwischen England und den 13 Ko-lonien in Amerika in eine neuePhase.Es war am Abend des 18. April1775, als der Silberschmied undGraveur Paul Revere, Angehörigerder „Söhne der Freiheit", zu Dr.Joseph Warren, dem Vorsitzenden

Die Schlacht von Bunkers Hill am17 .Juni 17 75

Soldat der ame rikanischen Revolu-tionsarmee

des illegalen Sicherheitskomiteesvon Boston, gerufen wurde. Er er-hielt den Auftrag, sofort nach demeinige Meilen nordwestlich derStadt gelegenen Lexington zu rei-ten, dort Samuel Adams und JohnHancock aufzusuchen und davonzu unterrichten, daß die Engländerihre Festnahme und die Aushebungdes in Concord eingerichteten ille-galen Waffenlagers der Wider-standsbewegung planten. Eiligstwurde Revere über den CharlesRiver gerudert und in Charlestownan Land gesetzt. Bereits um 11 Uhrwar er zu Pferde bei hellem Mond-schein unterwegs und erledigteseinen Au ftrag. In Windeseile wurdedie Nachricht weitergegeben: DieEngländer kommen Bald standendie „Minutenmänner" der ganzenUmgebung in Waffen bereit, sie zuempfangen.Die Engländer ahnten nicht, daßsie erwartet wurden General Gagehatte sich entschlossen, die ameri-kanische Widerstandsbewegungdurch eine Blitzaktion am 19. Aprilzu demoralisieren. Er ließ Bostonzum L and hin abriegeln und gab den

Vom ******Seharmützei * * *

zum K rieg ****Befehl, niemanden aus der Stadtherauszulassen. Den Amerikanernwaren die Vorbereitungen des Ge-nerals nicht entgangen. Es nutzteden britischen Soldaten also über-haupt nichts, daß ihr Kommandeur,Oberstleutnant Francis Smith, siebei Dunkelheit über den CharlesRiver setzen ließ und sie sich dortso leise wie möglich nach Lexing-ton und Concord in Marsch setzten.Doch die Patrioten beobachtetenjeden ihrer Schritte.Am Morgen des 19. April stießendie Vorhuten der englischen Ein-heiten auf 60 „Minutenmänner",die sich ihnen in den Weg stellten.Die ersten gezielten Schüsse desKrieges fielen - die ersten Totenwaren 8 „Minutenmänner". Anden zersprengten Abteilungen derPatrioten vorbei setzten die Eng-länder ihren Marsch auf Concordfort. Hier aber gerieten sie an einenebenbürtigen Gegner. Nach erbit-tertem Gefecht mußten sich die„Rotröcke", wie die englischenSoldaten wegen ihrer roten Uni-formjacken genannt wurden, zu-rückziehen. An das Waffenlager derVolksmiliz bei Concord waren sienicht herangekommen. Da die be-waffneten Patrioten sie ständig vonallen Seiten attackierten, wurde derRückzug der Engländer nachBoston zu einer Flucht. Und Gene-ral Gage, der geglaubt hatte, die„Rebellen" einschüchtern zu können, konnte keinen Triumph überdie Patrioten feiern, sondern mußteals Ergebnis der „Blitzaktion" re-gistrieren: Die englischen Truppenhatten 272 Tote, Verwundete undVermißte. Er war auf einen Gegnergetroffen, dem es mit dem Kampfum die Unabhängigkeit bitter ernst

war, der eine den englischen Sol-daten völlig neue, sie überraschendeKampfesweise anwandte, der dieEngländer nicht gewachsen wa-ren.

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Extrag f a Letter

Frorn Philadelphia,a Gn//e-man in Mir City, daied ihe 6:/ i3/I.

Y FSTFRDAYcvcning DY.F RANK L 1 Namvedbcre from London in fix wccks, whkh he kfr the

:o h of \12r.h, which hs glvcn grrat joy in this town,he fays we hvc no favours to erp.cä (rom ihc MuuIry,

nothng hut fubmilTion wifl fatisfy thcm, they cxpetfitte of no oppfition will be rnadc to chcir trocps, thokthat ire now coning art (or Nsw.Trh, where jr ii

cxpet'tcd they will bc rcceivcd wich cordili:y. As nrars we c'n Icarn there are about four thcu(nd troopu

conii:.g in 1}is f1et, rhc rnen cif wir and tranfFwxtI arein a great meafure loaded wich dry goodi, Co fupplyNeu ?'cri, r.rid the country round it, 2grnu ire cmnigOvcr wi'h thm. Dr. F,an4lin.ii higly plcaCc*i tu Andus urming arid preparirg for he worf't events, he chirtksrio'hirg cif@ an fvc Lii trom rhe inofl sbjelt fl3verv andtruftiori, at ihc f'amc urne tncouragci ui tu bclic,c £iMied o;'fuu ion, will bc tc meani of nur talwatioa.

'L he N'rniftry are alarmed at cvcry oppotitin, tod l h,dLJp..g.ii at CVI, thlre whi&h e.rs the kift in iheir$vuur CbCl; icitv aol evy papa front hnc,r, äic mi1 7 Irrfl.

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Benjamin Franklin ruft zur Vertei-digung des Landes gegen Englaniauf.

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Die Wirkungen des Tages veLexington und Concord waren ge-waltig. Der Ausgang des Kampfesermutigte die Patrioten im ganzenLand und entmutigte die Anhän-

ger der Herrschaft Englands. Erhatte nach dem Urteil von SamuelAdams die letzten Brücken zer-stört, die die englischen Kolonienmit dem „Mutterland" noch ver-banden. Vier Tage nach den Kämp-fen von Concord zog der revolutio-näre Provinzialkongreß von Ma ssa-chusetts eine bedeutsame Schluß-folgerung aus dem Vorgehen derEngländer und der Verteidigungs-und Kampffähigkeit der Kolonie:Es w urde beschlossen, eine Armeevon 13 600 Mann aufzustellen undgegen die Engländer ins Feld zuführen.Binnen kurzer Zeit sah sich Ge neralGage in Boston durch ein ameri-kanisches Belagerungsheer einge-schlossen, das die Stadt von derLandseite her umfaßt hielt. Knappzwei Monate später, im Juni 1775,kam es bei Boston zur ersten großenSchlacht des amerikanischen Un-abhängigkeitskrieges.Nachdem aus E ngland bedeutendeVerstärkungen an Truppen einge-troffen waren und über Massachu-setts das Kriegsrecht verhängt wor-den war, versuchten die Engländer,die Initiative zurückzugewinnen.Am 16.Juni hatte eine Formationdes amerikanischen Belagerungs-heeres unter Oberst Prescott imNorden Bostons einen Hügel, Bun-kers Hill, besetzt und befestigt. Die-ser Hügel war ein strategisch wich-tiger Punkt, da man von dort dieganze Stadt einsehen konnte. Ausd1.sem G rund legte General Howe,der neue Oberbefehlshaber derenglischen Truppen in Amerika,Wert darauf, den überraschend aufdem Hügel aufgetauchten Gegnerzu verjagen. Am 17.Juni wurdeneinige Tausend Mann englische In-fanterie gegen Bunkers Hill in denKampf geschickt. Die englischenEinheiten gingen wie auf demParadeplatz gegen die Befestigungvor. Es fiel den Briten schwer, an sieheranzukommen, da ihnen gutge-

zieltes Schützenfeuer entgegen-schlug. Erst als die Verteidiger vonBunkers Hill in stundenlangemschwerem Gefecht ihre Munitionverschossen hatten, überließen siedem G egner unter großen Verlustenden Hügtl und zogen sich über dieLandenge von Charlestown nachCambridge zurück. Obwohl insolchem Kampf noch ungeübt,hatten sich die amerikanischenMlizsoldaten standhaft und tapfergeschlagen. An diesem Tag wagtees General Howe nicht mehr, gegendie Belagerer Bostons eine An-griff soperation zu unternehmen.Auch in den folgenden Monatenblieben seine Versuche, den Be-lagerungsgürtel zu sprengen, ergeb-

nisios, so daß er schließlich imMärz 177 6 aufgab und die Truppenüber See nach New York zurück-zog. Boston war frei.Nach den Kämpfen von Concordund Bunkers Hill wurde das Drän-gen der Volksmassen nach Unab-hängigkeit von der Kolonialmachtso stark und erfuhr eine solche re-volutionäre Zuspitzung, daß sichaus den Reihen der Kolonialbour-geoisie auch die Gegner jeglicherrevolutionärer Umgestaltung imeigenen Interesse gezwungen sahen,sich der Volksbewegung anzu-schließen. Die Volksmassen er-zwangen jetzt auch bedeutendegesellschaftliche Veränderungen:In Pennsylvania, Delaware, North

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'1 hat all \acancies in die feveral Regimrnrs of Militia occafnedby die 011icers gaing inco die Arrnv, or ochervife, bc immcdiacrl€ led up 7 tnd jc is recummended w die Hettments where tuch Vi.

cancies alt, to fupply thern iu daanl ici and form as prcfcribcd by thFcfoiciuna of Conrcfs.

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Carolina, Georgia und Vermontwurde das Stimmrecht auf jedenmännlichen Steuerzahler erweitert.Daß diese Festlegung nicht dieeinhellige Zustimmung der gesam-

ten Bourgeoisie hatte, ist selbst-verständlich. So empörte sich bei-spielsweise ein Konservativer:„Alle Zweifüßler aus dem Waldekönnen jetzt abstimmen "Zu dieser Zeit fielen auch wichtigePositionen der das Kolonialregimetragenden aristokratischen Gesell-schaftsschicht: Da viele Groß-grundbesitzer zu den Engländernan die Küste flohen, wurden ihreBesitzungen beschlagnahmt und

verkauft. Der Grund und Bodeneines englischen Großgrundbesit-zers gab Land für Tausende vonFarmern.Auch in anderer Hinsicht klärtensich nach dem Tag von Concord dieFronten. Überall dort, wo keineenglischen Truppen stationiert wa-ren, 'ging in den 13 Kolonien dieRegierungsgewalt an die in denStädten, Kreisen und Provinzenneu geschaffenen revolutionären

Organe über. Die Provinzialkon-gresse wurden zu Kammern mitgesetzgebenden Vollmachten undverfügten über Exekutivorgane.Der nächste Schritt bestand im

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Erlaß neuer republikanischer Ver-fassungen. Am 5. Januar 1776 tratin New Hampshire die erste schrift-lich niedergelegte Verfassung einerenglischen Koloni'e auf amerika-nischem Boden in Kraft, die ohneMitwirkung oder Billigung der eng-lischen Krone oder des Parlamentsin London geschaffen und be-schlossen wurde. Die GouverneureGeorges III. in Amerika hatten sichbei Beginn der Kampfhandlungenin die von englischen Truppen be-setzten Hafenstädte an der Atlan-tikküste zurückgezogen.Der Tag von Concord hatte auchstarke Wirkung auf den Zweiten

Kontinentalkongreß, der im Mai1775 in Philadelphia eröffnet wurde.Allerdings konnten die radikal-de-mokratischen Kräfte im Sommer1775 noch nicht erreichen, daß derKongreß die von Benjamin Frank-lin erarbeiteten „Artikel der Konfö-deration und der ständigen Union"der 13 Kolonien zum Beschluß er-hob und eine Zentralregierungschuf. Gründe dafür, daß die radi-kal-demokratishen Kräfte sich

sehr oft nicht gegen die gemäßigtendurchsetzen konnten, sind darin zusuchen, daß sie nicht vermochten,ihre Verbindung mit der revolutio-nären Massenbewegung zu festigen,

Plakat mit einem Aufruf zum Ein-tritt in die Revo lutionsarm ee

daß sie nicht über eine eigene, sichvon den Gemäßigten abhebendeOrganisation verfügten und ihreTätigkeit auf dem Kongreß untereinander nicht genügend abstimm-ten. Deshalb behielt vorerst nochjene Kongreßmehrheit die Oberhand, die die Gründung eines eige-nen Staates noch immer zurück-wies und den englischen Königam 8. Juli erneut ihrer Loyalitätversicherte. Die Äußerung JohnHancocks auf dem Ersten Konti-nentalkongreß, die Einheit sei per-fekt, zeigt also, daß er nicht sah,wie weit Wunsch und Wirklichkeitvoneinander entfernt waren.Realität war, daß sich auf demZweiten Kongreß drei einander be-kämpfende Gruppierungen gegen-überstanden: die radikal-demokra-tische, die gemäßigte und die kon-servative. Ihre Ansichten stimmtenin den meisten entscheidenden Fra-gen nicht überein.Die radikaldemokratischen Abge-ordneten vertraten die Interessendes Kleinbürgertums, der Intelli-genz und der kleinen Plantagen-

besitzer des Südens. Diese Schich-ten litten sehr unter der ökonomi-schen und politischen Abhängigkeitvon der Kolonialaristokratie undden Zwangsmaßnahmen der Kolo-nialmacht. Ähnlich wie die werk-tätigen Massen strebten sie dahernach Änderung der gesellschaft-lichen Verhältnisse in den Kolonienund nach deren Unabhängigkeit. Siekonnten sich daher einige Forde-rungen der Werktätigen hinsicht-

lich der Demokratisierung des ge-sellschaftlichen Lebens zu eigenmachen und waren sich der Unter-stützung durch die werktätigenMassen im Kampf um die Unab-hängigkeit der Kolonien sicher.Die zahlenmäßig stärkste Gruppeunter den Abgeordneten bildetendie Gemäßigten. Diese waren die In-teressenvertreter und politischenWortführer der jungen Kolonial-bourgeoisie, der mit dem nationalen

amerikanischen Markt verbundenenKaufmannschaft sowie eines Teilsder Plantagenbesitzer. Das Profit-streben dieser Schichten zwang sie,sich für die wirtschaftliche Unab-

4 Müller, USA 5

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hängigkeit der Kolonien von derenglischen Bourgeoisieeinzusetzen,was für sie jedoch nicht gleichbe-deutend war mit dem Kampf umdie politische Unabhängigkeit derKolonien von England. Die Gemä-ßigten waren bereit, mit jeder derbeiden anderen Gruppierungen zu-sammenzugehen, wenn und soweit

es ihre Klasseninteressen gebo-ten.Rechts von der gewissermaßen inder Mitte stehenden Gruppe derGemäßigten standen die Konser-vativen. Sie waren bestrebt, diebestehende gesellschaftliche Ord-nung in allen Teilen unverändertzu erhalten. Die Konservativenvertraten die Interessen derjeni-gen Landaristokraten aus den zen-tralgelegenen Kolonien (New York,Delaware, New Jersey und Penn-sylvania), die aus ökonomischenGründen nicht in das Lager derLoyalisten übergegangen waren.(Die Loyalisten waren auf demKongreß selbstverständlich nichtvertreten.) Die konservativen De-legierten sprachen auf dem Kon-tinentalkongreß für die Großkauf -leute, die größten Plantagenbesit-zer und Sklavenhalter des Südenssowie für die reichen Advokaten.Sie widersetzten sich bis 1776 derProklamation der Unabhängigkeitder Kolonien und verteidigen ge-meinsam mit den Gemäßigten zähdie sozialen und politischen Privi-legien der besitzenden Klassen ge-gen die Forderungen der Werktä-tigen nach Demokratie und sozialerGerechtigkeit.Während in Philadelphia der ZweiteKontinentalkongreß über die Zu-kunft der Kolonien stritt, bereite-ten die vorwärtsdrängenden Ak-tionen der Volksmassen der Un-abhängigkeit praktisch den Weg.Eine amerikanische Armee bela-gerte die durch englische Truppenbesetzte Stadt Boston Der Kon-tinentalkongreß beschloß, die Verantwortung für die amerikanischenmilitärischen Einheiten zu übernehmen. Dieser Beschluß war vongroßer Tragweite. Indem der Kon-greß diese Truppen als ersten Ver-band einer amerikanischen Kon-tinentalarmee anerkannte und zuderen Verstärkung in Pennsylva-nia, in Maryland und Virginia wei-

tere Truppen aufstellen und nachMassachusetts in Marsch setzenließ, indem er den Kongreßabge-ordneten Oberst George Washing-ton zum Oberbefehlshaber derneuen Armee ernannte, übernahmdie amerikanische Bourgeoisieunwiderruflich die Führung derUnabhängigkeitsbewegung. Mit derAufforderung an alle 13 Kolonien,sich in Verteidigungsbereitschaft zuversetzen, wurde ein Weg beschrit-ten, der kein Zurück mehr zuließ.Der Kongreß war zudem gezwun-gen, Institutionen organisierendenund verwaltenden Charakters fürden Handel und die Schiffahrt, fürFinanzen und für auswärtige Ange-legenheiten zu gründen. In diesenEinrichtungen zeichneten sich dannschon deutlich die Konturen derkünftigen amerikanischen Ministe-rien ab. Allmählich und gegen denWillen eines großen Teils der Kon-greßabgeordneten entwickelte sichder Zweite Kontinentalkongreß inden Jahren 1775 und I7l6 von einemrevolutionären beratenden Organzu einer in ihren Grundlinien be-reits erkennbaren revolutionärenZentralgewalt.Im Oktober 1775 fiel von SeitenEnglands eine Entscheidung, dieden wahren Charakter der Bezie-hungen des „Mutterlandes" zuseinen Kolonien verdeutlichte undes der amerikanischen Bourgeoi-sie unmöglich machte, zur Politikder friedlichen Übereinkünfte mitden herrschenden Klassen in Eng-land zurückzukehren: DasenglischeParlament billigte den harten Kursdes Königs, der seine amerikani-schen Untertanen zu „Rebellen"und „Aufrührern" erklärt hatte,die man hängen sollte, und der dieübrigen Untertanen der englischenKrone dazu aufrief, gegen die Am e-rikaner mit aller Kraft zu kämp-fen. Damit zerschnitt George III.endgültig das Band zwischen Eng-land und den 13 Kolonien. AlleAmerikaner waren vor eine Ent-scheidung gestellt, niemand konnteihr jetzt noch ausweichen.Mit seiner Warnung: „Entwederwir halten zusammen oder wir hän-gen einzeln ", verdeutlichte Ben-jamin Franklin sehr nachdrücklichdie Lage der Amerikaner. Dastotale Handelsverbot mit den

KontinentalarmeeBezeichnung für die vereinigtenStreitkräfte der 13 amerikani-schen Provinzen beziehungs-weise Staaten im Kampf gegenEngland. Geschaffen wurde sieauf Beschluß des II. Kontinen-talkongresses vom 15. Juli 1775.

Zu ihrem Oberbefehlshaberwurde der damals 43 Jahre alteGroßgrundbesitzer und OffizierGeorge Washington ernannt.Die Begrenzung ihrer Kampf-ziele auf die militärische Aus-einandersetzung mit den Eng-ändern ergab sich aus demKlassencharakter der amerika-nischen Revolution. Auch Ge-neral Washington verfocht stetsdas Prinzip, daß die Kontinen-

talarmee sorgfältig getrennt ge-halten werden müßte von denneben ihr aufgebotenen Miliz-truppen, in denen revolutio-näre Stimmungen besondersstark ausgeprägt waren. ImSommer 1776 erreichte die Kon-tinentalarmee ihre größte Stärkeim ganzen Verlaufe des Krieges.Neben Einberufenen dientenin ihren Reihen zahlreiche Frei-willige. Die Soldaten der Ar

mee waren schlecht ernährt,ungenügend ausgerüstet undwurden kaum besoldet.

13 Kolonien, das das englische Par-lament im Dezember 1775 erließ,die Anordnung der englischen Re-gierung, alle amerikanischen Schiffezu beschlagnahmen, die brutaleenglische Kriegführung gegen dieBevölkerung der Kolonien in Ame-rika sowie die Nachricht, daßEngland deutsche Söldner für denEinsatz in Amerika anwarb, stärk-ten den Willen der Mehrheit derAmerikaner, sich von England zutrennen - in weiten Bevölkerungs-kreisen wurde er jetzt unumstöß-lich Ebenso klärten sich jetzt dieFronten innerhalb der Kolonial-bourgeoisie und der Plantagen-besitzer: Während ein Teil nunoffen in das Lager der Loyalistenüberging, erklärte sich ein anderernunmehr offen für die Revolution,für den Kampf um die Unabhän-gigkeit von England.

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In allen 13 Kolonien nahm die pa-triotische Bewegung einen großenAufschwung, wurde sie durchEreignisse verschiedenster Artgestärkt und ermutigt. Zu diesempatriotischen Kampf gehöe auch,daß sich Politiker, Schriftstellerund Wissenschaftler in Veröffent-lichungen über die Rechte der Völ-ker und die Zukunft des eigenen

Landes äußerten.Eine Schrift, die zum wertvollstenErbe des amerikanischen Unab-hängigkeitskampfes zählt, erschienam 9.Januar 1776 in Philadelphia.Es war die 47 Seiten starke Flug-schrift „Common Sense" (,‚Ge-sunder Menschenverstand"). - Sieschlug ein wie eine Bombe undelektrisierte die öffentliche Mei-nung. Innerhalb von drei Mona-ten wurden 120000 Exemplare ver-

kauft. Leidenschaftlich setzte sichder Autor für die Unabhängigkeitund Einheit der 13 Kolonien ein. Erhatte sich nicht zu erkennen ge-geben und das Pseudonym „Eng-lishman" gewählt. Es dauerte je-doch nicht sehr lange, bis allge-mein bekannt war, daß sich hinterdem „Englishman" der erst ein Jahrzuvor in die Kolonien eingewan-derte englische Publizist ThomasPaine verbarg. Die Massenwirk-

samkeit seiner Schrift beruhtevor allem darauf, daß sie in ge-danklich überzeugender und sprach-lich schöner Form die Wünscheund Hoffnungen der amerikani-schen Volksmassen ausdrückte, dieauf die Errichtung einer unabhän-gigen amerikanischen demokrati-schen Republik gerichtet waren.„Die Zeit der Debatten ist vorbei,"schrieb Paine, „Waffen als letztesMittel entscheiden den Streit."

Seine Schrift sprach aber auchbreite Kreise der Kolonialbour-geoisie an, da sie überzeugendnachwies, daß ihr aus der Aufrecht-erhaltung der Bindung an England

COMMON SENSE;

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Comm on Sense. Titelseite der Fl ug-schrift von Thomas Paine

keine Vorteile erwuchsen. „UnserGetreide", schrieb er, „wird aufjedem europäischen Markt seinenPreis bringen, und für importierteWaren müssen wir bezahlen, woimmer wir kaufen " Wenn die Bour-geoisie auch nicht bereit war, Paineda zu applaudieren, wo er das Pri-

vateigentum als öffentliches Übelverdammte, so erschienen ihr seineArgumente für die Notwendigkeiteiner unverzüglichen Unabhängig-keitserklärung doch durchaus ein-leuchtend. Die Patrioten hatten sichdie Aufgabe gestellt, dafür zu sor-gen, daß nach Möglichkeit keineGegenschriften zu Thomas Paines„Common Sense" an die Öffent-lichkeit kamen. So beispielsweisedrangen 40 Handwerker in eine

New Yorker Druckerei ein, in derein Pamphlet gegen den „CommonSense" gedruckt worden war undzum Versand bereit lag. Sie nahmendiegesamte Auflage von 1500 E xem-

plaren an sich und verbrannten sieöffentlich auf dem städtischenAnger.Mitte 1776 verstärkte sich derDruckder patriotischen Kräfte der ein-zelnen Kolonien auf den ZweitenKontinentalkongreß. Sie fordertenganz energisch, endlich mit der Un-

abhängigkeitserklärung Ernst zumachen. Diese Unterstützung durchdie Massenbewegung sowie diegewaltige moralische Wirkung desRückzuges der Engländer aus Bo-ston angesichts der zum Angriff be-reitstehenden Armee Washingtonsstärkte im Kongreß die Positionder Befürworter der Unabhängig-keit. So gelang es ihnen, eine Ver-ordnung durchzusetzen, nach deralle Loyalisten zu entwaffnen wa-

ren. Und am 15. Mai hatte der Kon-greß eine Empfehlung an alle Ko-lonien verabschiedet, auf der Grund-lage der Volkssouveränität neueRegierungen zu bilden. Die inPhiladelphia vorwärtsdrängendenKräfte hatten entschlossen soforteine Massenversammlung für den20. Mai ins State House einberu-fen.Ausgerechnet in der Stadt, inder der revolutionäre Kontinen-

talkongreß tagte, hatte noch dasalte englandfreundliche Provinzial-parlament Pennsylvanias seinenSitz, und seine Delegierten für denKontinentalkongreß hatten denAuftrag, dort gegen eine Erklärungder Unabhängigkeit der Kolonienaufzutreten. Den Aufforderungendes Sicherheitskomitees, diesenAuftrag wieder zurückzunehmen,hatte das Parlament nicht Folgegeleistet.

D ie am 20. Mai im State House Ver-sammelten bestritten der amtie-renden Regierung Pennsylvaniasdas Recht, weiter gegen den Willendes Volkes zu handeln. Sie forder-ten, nach dem Vorbild Massachu-setts' ein neues Parlament zu wäh-len, das den Willen des Volkesrespektiert. Und sie setzten sichdurch. Es wurde eine neue Regie-rung gewählt und damit den Ele-menten eine entscheidende Nie-

derlage zugefügt, die in Pennsyl-vania, einer der wichtigsten Kolo-nien Englands in Amerika, bisherder Unabhängigkeitsbewegung hat-ten entgegenwirken können.

Die *******Erklärung von * * *

Philadelphia * * *

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Thomas Paine (1737-1809)Seine Flugschriften verteidigten dieIdee der Volkssouveränität und desRechtes des Volkes auf Revolutionund forderten zur Gründung einerunabhängigen amerikanischen Re-publik auf.

Auch in den anderen Kolonienhatte sich die Entwicklung zu-gunsten der Unabhängigkeitsbe-wegung vollzogen.Das war die Lage, als der Konti-nentalkongreß am 7. Juni 1776 indie unmittelbare Auseinanderset-zung über die Unabhängigkeits-erklärung eintrat. Im Auftrag desProvinzparlaments von Virginiabeantragten dessen Abgeordnete,endlich zu handeln und zu er-klären: „Diese Vereinigten Kolo-nien sind.., freie und unabhängigeStaaten. Sie sind aller Treueide ge-genüber der britischen Krone ent-bunden, und jegliche politischeVerbindung zwischen ihnen unddem Staat Großbritannien ist...total aufgelöst."Diese Initiative löste eine Ketten-reaktion aus: Noch im Juni wie-sen die Vertretungskörperschaftenaller Kolonien - eine Ausnahmemachte New York - ihre Kongreß-abgeordneten an, für die Erklärungder Unabhängigkeit zu stimmen.Der 33jährige Abgeordnete Virgi-nias Thomas Jefferson erhielt vomKontinentalkongreß den Auftrag,die Unabhängigkeitserklärung derenglischen Kolonien in Amerika zuentwerfen. Die Nachricht, daß dieEngländer an der amerikanischenAtlantikküste bedeutende Truppen-verstärkungen landeten, trieb Jef-ferson zu besonderer Eile. Eineenglische Offensive schien unmit-telbar bevorzustehen. Gerade dieseden Amerikanern drohende Gefahrverlangte, alles zu tun, damit dieKolonien dem mächtigen Gegnernicht einzeln gegenüberstanden.Um auch Bündnisse mit anderenStaaten abschließen zu können,mußten die Kolonien schnellstensihre Unabhängigkeit von Englanderklären.Im Hause des Maurers Graff, einesdeutschen Einwanderers, arbeiteteJefferson zwei Wochen lang an derUnabhängigkeitserklärung - dannlag sie im Entwurf vor.

Sie bestand aus drei Teilen: derGrundsatzerklärung, einer schar-fen Abrechnung mit dem Kolonial-regime sowie der eigentlichen Un-abhängigkeitserklärung, die besag-te, daß die Vereinigten Koloniensich von nun an als freie, unab-hängige Staaten betrachteten, diedas Recht in Anspruch nehmen,„Kriege zu führen, Frieden zuschließen, Bündnisse einzugehen,Handel zü treiben und alle anderenHandlungen vorzunehmen..., zudenen unabhängige Staaten rechtensbefugt sind."Mit am bedeutsamsten in Jeffer-Sons Entwurf waren die Sätze:„Folgende Wahrheiten halten wirfür selbstverständlich: daß alleMenschen gleich geschaffen sind;daß sie von ihrem Schöpfer mit ge-wissen unveräußerlichen Rechtenausgestattet sind; daß dazu Leben,Freiheit und das Streben nach Glück

gehören; daß zur Sicherung dieserRechte Regierungen unter denMenschen eingesetzt werden, dieihre rechtliche Macht aus der Zu-stimmung der Regierten herleiten;daß, wann immer irgendeine Regie-rungsform sich als diesen Zielenabträglich erweist, es Recht desVolkes ist, sie zu ändern oder ab-zuschaffen und eine neue Regie-rung einzusetzen." Diese Wortewaren eine Kampfansage an dieeuropäischen Feudalregime mitihren Fürsten „von Gottes Gna-den". Die Betonung des Rechtesdes Volkes, Regierungsformen zuändern und Regierungen abzulö-sen, wenn sie nicht den Interessendes Volkes dienen, und sie durchneue, bessere zu ersetzen, die da-mit verbundene Betonung des Rech-tes des Volkes auf Revolution -das den Kern der Unabhängig-keitserklärung bildete - war not-

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Thomas Jefferson (1743-1826)Der reiche Plantagenbesitzer ausVirginia wurde z u einem der Führerund maßgebenden Ideologen deramerikanischen Unabhängigkeits-bewegung, schrieb den Entwurfder Unabhängigkeitserklärung undkämpfte für die Demokratisierung

der gesellschaftlichen Verhältnissein den USA. Er wurde 1800 und 1804zum Präsidenten der USA gewählt.

wendig zur Begründung und Recht-fertigung des Bruch es mit Englandund d er Errichtung eines unabhän-gigen bürgerlichen amerikanischenStaates.Von d iesen Erklärungen leitet sichzugleich auch die historische Be-deutung des von Tho mas Jefferson

entworfenen Dokuments ab. Alsantifeudales und antimonarchisti-sches Manifest kündete es vonder E rrichtung eines für die dama-lige Zeit fortschrittlichen Staats-wesens und von republikanischenund bürgerlichen Freiheiten, wieGleichheit vor dem Gesetz undVolkssouveränität. Damit gewanndie von Jefferson entworfene Un-abhängigkeitserklärung für die Epo-che des Übergangs vom Feudalis-

Das Volk von New York stürzt imSommer 1 7 76 das Standbild des eng-lischen Königs.

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mus zum Kapitalismus außeror-dentlich große Bedeutung.Thomas Jefferson hatte an dieIdeen der bürgerl ichen A ufklärungin Frankreich und England ange-knüpft vor allem an die Auffas-sungen des bürgerlichen englischenPhilosophen John Locke (1632 bis1704). In ihm lebten jedoch auchdie revolutionär-demokratischenIdeen Thomas Paines, der die Selbst-regierung als natürliches Recht desVolkes und die demokratische Re-publik als die seinem Wohl ange-messene Staatsform gepriesenhatte. Da Jefferson in seinem Ent-wurf d arauf verzichtet hatte, etwasGenaueres zur Rolle des E igentumsim künftigen amer ikanischen Staatzu sagen, mußte er nur in einer,allerdings sehr bedeutenden F rageeine Zurückweisung hinnehmen —in der Frag e der Sklaverei. Die Vertreter der Sklavenhalter und derSklavenhändler unter den Kon-greßabgeordneten setzten nämlichdurch, daß die Verurteilung derSklaverei aus dem Entwurf ge-strichen wurde. „Dies geschah",schrieb Jefferson, „aus Rücksichtauf South Carolina und Georgia,die die Einfuhr von Sklaven nieeinzuschränken versucht hattenund sie auch weiterhin fortzusetzenwünschten.Die Ausbeutung von Sklavenar-beit war mit den Prinzipien desMenschenrechts, wie sie in der Un-abhängigkeitserklärung verankertwaren, nicht vereinbar. Aber derWiderspruch zwischen den inihr festgelegten Grundsätzen undder gesellschaftlichen Wirklichkeitreichte noch weiter: In der Unab-hängigkeitserklärung hieß es, daßalle Menschen gleich seien UnterMenschen aber verstand man nurM änner, und auch bei weitem nichtalle. Von allen demokratischen

Das Haus in Philadelphia, Markt/Ecke 7 Straße, in dem Thomas Jef-ferson im Sommer 1776 den Ent-wurf der Unabhängigkeitserklärungder britischen Kolonien von Nord-amerika ausarbeitete

Erste Seite des Originalentwurfsder Unabhängigkeitserklärung derbritischen Kolonien in Nordame-rika

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Grundrechten, zum Beispiel demWahlrecht, ausgeschlossen warendie Negersklaven und die rund300000 Indianer sowie die etwa250000 weißen Schuldsklaven, dievor allem auf den Plantagen arbei-teten.Am 4.Juli 1776 erklärte der Kon-

tinentalkongreß die Unabhängig-keit der 13 Kolonien.Die von Jefferson verfaßte Un-abhängigkeitserklärung war dieGeburtsurkunde der VereinigtenStaaten als bürgerliche Nation undkapitalistischer Staat. Der damitin eine neue Etappe übergeführte

Unterzeichnung der Unabhängig-keitserklärung am 4. Juli 17 76

Unterschriften unter der Unabhän-gigkeitserklärung der VereinigtenKolonien

Unabhängigkeitskampf der Ameri-kaner gegen die KolonialmachtEngland war die erste bürgerlicheRevolution auf amerikanischemBoden und zugleich der erste er-folgreiche Aufstand gegen die Ko-lonialherrschaft. Eine über Amerikahinausgehende Bedeutung deramerikanischen Revolution sahKarl Marx darin, daß durch sieder erste Anstoß für die europäi-schen Revolutionen des 18. Jahr-hunderts gegeben wurde.Vor allem der revolutionäre Kernder U nabhängigkeitserklärung — dieVerkündung des Rechtes auf Re-volution - wirkte in starkem Maßeauf die Manufaktur- und Handels-bourgeoisie, vor allem Westeuropas,die in der Epoche des Übergangsvom Feudalismus zum Kapitalis-mus Träger des gesellschaftlichenFortschritts war. Von der Unab-hängigkeitserklärung am 4. Juli 1776in Amerika zur bürgerlichen Re-volution in Frankreich, die in Parismit dem Sturm auf die Bastille be-gann und mit dem Sieg über denfranzösischen Feudalabsolutismuserst den weltgeschichtlichen Siegder neuen Gesellschaftsordnung,des Kapitalismus, brachte, führteine direkte Linie.

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IN CONG RESS. JL'LY 4. 177f.

Die ersten Zeilen der Unabhängig- Bekanntmachung der Unabhängig-keitserklärung eitserklärung

„Die Geschichte des moder-nen, zivilisierten Amerikas wirddurch einen jener großen, wahr-haften Befreiungskriege, wahr-haft revolutionären Kriege ein-geleitet, deren es so wenigegegeben hat neben der riesigen

Zahl der Raubkriege, die, ebensowie der jetzige imperialistischeKrieg, durch den Streit der Kö-nige, Gutsbesitzer und Kapita-listen wegen der Teilung dererbeuteten Länder oder derzusammengeraubten Profite her-vorgerufen worden waren. Daswar der Krieg des amerika-nischen Volkes gegen die eng-lischen Räuber, die Amerika un-terdrückten und in kolonialerSklaverei hielten,Seitdem sind etwa 159 Jahrevergangen. Die bürgerliche Zi-vilisation hat all ihre herrlichenFrüchte gezeitigt. Hinsichtlichdes Entwicklungsstandes derProduktivkräfte der vereintenmenschlichen Arbeit, der An-wendung von Maschinen undaller Wunder der modernenTechnik hat Amerika unter denfreien, zivilisierten Ländern denersten Platz eingenommen. Aberzugleich rückte Amerika auchhinsichtlich der Tiefe des Ab-grunds, der zwischen einerHandvoll skrupelloser, in La-ster und Luxus erstickenderMilliardäre und den Millionender ewig an der Grenze desElends lebenden Werktätigenklafft, mit an die erste Stelle.Das amerikanische Volk, dasder Welt das Vorbild eines re-volutionären Krieges gegen diefeudale Sklaverei gegeben hatte,geriet in die moderne, die kapita-listische Lohnsklaverei.

W. I. Lenin in „Brief an dieamerikanischen Arbeiter

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M a r n dDer Krieg in den Südstaaten

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„Die Welt steht auf dem Kopf... ” -bei den Klängen dieses Liedes,intoniert durch das Musikkorpsder Armee General Charles Corn-wallis', kapitulierte der siegge-wohnte englische General am19.Oktober 1781 in Yorktown imStaate Virginia vor den Amerika-nern.-Danach gab es, ausgenom-

men die britischen Besatzungs-truppen in New York, in keinemder 13 amerikanischen Staaten nochkampffähige englische Einheiten.Für England stand mit diesem Er-eignis die Welt tatsächlich auf demKopf: Die Großmacht, die überunermeßliche H ilf squellen verfügte,die im 18. Jahrhundert einen Siegnach dem anderen über die Fran-zosen, die Spanier und die Hollän-der für sich verbuchen konnte,hatte den Krieg gegen ihre 13 Ko-lonien verloren. Dabei hatte man sichin London bei Kriegsbeginn gar kei-nen anderen Sieger als England vor-stellen können: Der erste Kanonen-schuß, so hatte ein englischer Lorddamals prophezeit, würde die Re-bellen in die Flucht schlagen.Den 13 Kolonien war dieser Siegnicht leichtgefallen. UnglaublicheSchwierigkeiten hatten überwun-den werden müssen, ehe der natio-nale Befreiungskrieg mit diesem Erfolg beendet werden konnte.Die 13 ehemaligen englischen Ko-lonien bildeten auch nach der Un-abhängigkeitserklärung am 4. Juli1776 noch keine feste Einheit. DerKontinentalkongreß hatte nicht dasRecht, in den Einzelstaaten Steuernzu erheben, obwohl der von allen13 Staaten gemeinsam und inihrem Interesse geführte Krieg ge-waltige Summen verschlang. DieParlamente der einzelnen Staatenbewilligten die vom Kongreß ge-forderten finanziellen Mittel nurmurrend und zögernd und seltenin der erforderlichen Höhe. Aus-ländische Anleihen verhindertennur mühsam den Staatsbankrott.Zeitweise griff der Kongreß sogarzu dem gefährlichen Mittel, denKrieg durch ungedecktes Papier-geld zu finanzieren, und riskierteso die Inflation. Die amerikanischeBourgeoisie führte den Krieg gegenEngland, weil ihre Klasseninter-essen durch die englischen herr-schenden Klassen beeinträchtigt

„Die Welt ****steht auf *****

dem K opf * * * *wurden. Zur Sicherung ihrer Klas-seninteressen gehörte auch, daßsie alles tat, um zu verhindern, daßder Krieg gegen den äußeren Feindin eine soziale Revolution um schlug.Aus diesem Grund verzichtete dieamerikanische Bourgeoisie darauf,in der Kriegführung revolutionäreMethoden anzuwenden, die je-doch als einzige geeignet gewesenwären, einen schnellen Sieg über

die Engländer zu erzwingen. Ausdieser Haltung entsprang auchdie nicht zu übersehende Gleich-gültigkeit des Kongresses gegen-über den Belangen der Armee unddas Unvermögen, die großen Re-serven der 13 Staaten für die Krieg-führung einzusetzen beziehungs-weise effektiv zu nutzen. Bei-spielsweise wurde hinsichtlich derAusrüstung der Kontinentalarmeemit Waffen und Gerät bei weitem

zu wenig getan. Das bezeugen un-ter anderem die ständigen KlagenGeneral Washingtons über den

Hessischer Söldner in Amerika

Deutsche Söldnerin Amerika

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Der Krieg in den Nord- und Mittelstaaten ..

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‚Wir marschierten durch Ochsenfurtund wurden da eingeschifft und hieltenda vor Anker über Nacht auf dem Main.Weil wir nun dieses Quartier noch nichtgewohnt waren und sehr wenig Platzwar auf den Schiffen, in denen wir sehrdicht zusammenlagen, und der häufigeSchiffsrauch uns sehr beschwerlich war,auch war es ziemlich kalt: Dieses allesgab daher Gelegenheit zum Räsonnierenan die Hand, und entstund auch tags dar-auf ein ganzer Aufstand und Rebellionnämich. Früh mt Tagesanbruch machtedas Ansbacher Regiment den Anfangdazu, indem da ein Schiff von ihnen naheam Lande vor Anker lag, so legten sie einlang Brett vom Schiff ans Land hinausund gingen alle ans Land hinausundzogen hernach mehr Schiffe zu Lande;auch eins vom Bayreuther Regiment.Unsere Leute stimmten auch diesem Un-ternehmen bei und brachen mit Gewaltund ohne Erlaubnis der Herrn Offiziereaus den Schiffen. Und obgleich die bei-den Obristen und Kommandanten, samtallen Offizieren, sowohl gut als böseWorte und alle Mittel hervorsuchten, umdie Leute wieder zufriedenzustellen,auch Brot. Fleisch und andere Viktua-litäten nebst Holz häufig aus der Stadtherbeischaffen ließen, so half doch diesesalles im geringsten nicht, sondern derviele Wein, den die Einwohner von Och-senfurt häufig herbeibrachten, machte,daß die Soldaten noch furiöser wurden.Daher gegen Mittag in ihrer Tollheit undBetrunkenheit den Reißaus nahmen. Eswurde daher das Jäger-Corps befehligt,sich gegen die Anhöhen anzupostierenund Schreckschüsse auf die rebellieren-den Ausreißer zu tun. Allein unsere Leutegaben auch Feuer auf die Jäger. Es wurdefast zwei Stunden gegeneinander ge-feuert. Es waren bei diesem Aufstandegegen 40 Mann von unserem Regimentechappieret (geflohen - H. M.)." (Januar1777)

Aus einem Brief eines Soldaten des Mark-grafen von Ansbach und Bayreuth, derzusammen mit anderen Geworbenen oderGepreßten als englischer Söldner gegendie um Unabhängigkeit kämpfenden Ame-rikaner eingesetzt werden sollte

Mangel an Waffen und sonstigerAusrüstung sowie an Verpflegungbei seinen Truppen. Die Soldatenlitten jedoch nicht nur Mangel,sondern oft sogar Not: monate-lang erhielten sie keinen Sold, wur-den sie unzureichend verpflegt undbesaßen keine Uniformen. Profi-teure und Spekulanten trieben die

Preise für Heereslieferungen soin die Höhe, daß sie große Profiteaus diesen Geschäften erzielten.Daß der Sieg über die TruppenEnglands dennoch errungen wer-den konnte, daß die Amerikanerihrem Gegner letztlich doch überlegen Waren, hatte verschiedeneUrsachen. Dazu gehörte, daß dieAmerikaner im eigenen Landkämpften und daß sie sich nachschweren Kämpfen und nach Nie-

derlagen zurückziehen und neueKräfte sammeln konnten. Die Eng-länder verfügten nicht über ge-nügend Soldaten, um das gesamte

Territorium aller 13 Staaten kon-

trollieren zu können oder es gar zubeherrschen. Sie scheiterten aneinem Gegner, dessen neuer Kamp-fesweise sie nicht gewachsen wa-ren: den in dichtgedrängten Ko-lonnen schwerfällig operierendenEngländern stellten die Amerika-ner lockere Schützenketten ent-gegen, die weder für die englischenSchützen noch für die Kanonieregute Ziele abgaben. Einer Ent-scheidungsschlacht nach europäi-

schem Muster gingen die Ameri-kaner aus dem Wege. Zu ihrerTaktik gehörte, den Gegner überra-schen anzugreifen und sich uner-

wartet von ihm zu lösen. Sie warenimstande, schnell zu marschierenund unter allen Witterungsbedin-gungen anzugreifen. Viele Partisa-nengruppen, wie die in North Caro-lina kämpfenden Einheiten vonThomas Sumter, unterstützten dieOperationen der Kontinentalarmeeund fügten den Briten schwere Ver-

luste zu.Vor allem aber war es die Kampf-moral der amerikanischen Solda-ten, durch die diese ihren Gegnernüberlegen waren. Während in derenglischen Armee Söldner undviele gegen ihren Willen in die Ar-mee gepreßte Arbeits- und Woh-nungslose aus den englischen Groß-städten kämpften - für eine Sache,die sie nichts anging - wußten dieamerikanischen Soldaten sehr ge-

nau, wofür sie in den Kampf gin-gen - für eine gerechte Sache.Hungrig und ohne Sold; schlechtbewaffnet und ungenügend aus-

General George Washington über -

quert den Delaware-River

gerüstet, taten sie ihre Pflicht undmeisterten Krisensituationen, de-nen ihr Gegner nicht hätte stand-halten können. Wchtig war jedochauch, daß ihnen Tausende vonFreiwilligen aus Europa zu Hilfeeilten, unter ihnen die FranzosenLafayette und Rochambeau, dieDeutschen Mühlenberg und Steu-ben, der „Drillmeister" der ame-rikanischen Armee, wie ihn dieAmerikaner achtungsvoll nannten,die Polen Kociuszko und Pulaski,Kämpfer aus Dänemark, Schwe-

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den und Ungarn sowie Revolu-tionäre aus Irland.Als letztlich entscheidender Faktorfür den Ausgang des Krieges erwiessich jedoch der Kampf der Volks-massen. Ohne ihren heroischenEinsatz wäre der Sieg gegen einenso mächtigen Gegner, wie es Eng-land war, nicht zu erringen gewe-sen. Als die Kampfhandlungen be-gannen, erwarteten die englischenOffiziere, daß ihre Truppen vonallen Seiten Unterstützung erhal-ten würden. Doch bald mußten sieerkennen, daß die überwiegendeMehrheit der Bevölkerung gegendie Soldaten der Kolonialmacht

eingestellt war. Ohne besondersdazu aufgefordert worden zu sein,reihten sich viele Farmer und Werk-tätige aus den Städten in militä-risch kritischen Situationen, wiesie beispielsweise 1777 beim Vor-marsch General Burgoynes in dasLandesinnere bestanden, in dasamerikanische Heer ein und halfendadurch mehrfach, eine Wendezugunsten der Amerikaner zuerzwingen. Die Volksmassen wa-ren es auch, die in allen 13 Staateneinen konsequenten Kampf gegendie Hauptkraft der Konterrevolu-tion - die Loyalisten - führten.Loyalisten waren nicht nur in den

Die Kapitulation der englischenTruppen in Saratoga am 15. Okto-ber 1777.Schlufiseite der Übergabeartikel mitden Unterschriften der GeneraleBurgoyne und Gates

Reihen der britischen Streitkräftezu finden, sondern sie bildeten auchselbständig vorgehende Abteilun-gen, die in den zweitweilig vonihnen besetzten Gebieten die Be-völkerung terrorisierten. DiesenBürgerkrieg führten beide Seitenunter Einsatz aller Mittel. Auf diekonterrevolutionären Verbrechender Loyalisten antworteten dieMassen mit revolutionärem Terror.Den Verrätern an der gemeinsa-men Sache nahmen die Patriotenalle Rechte, beschlagnahmten ihrenBesitz, jagten sie aus den Äm-tern und vertrieben sie. In 9 der13 Staaten wurden die Loyalistendurch Gesetz verbannt, ihr Eigen-tum beschlagnahmt und zu Nutzendes Staates verkauft. Den sich zu-rückziehenden englischen Trup-pen folgte stets ihr Anhang - alleinin Boston im Frühjahr 1776 mehrals tausend Personen. Der Kampfgegen die Loyalisten verhinderte,daß die Konterrevolution in irgend-einem der 13 Staaten die Oberhandgewinnen konnte.

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General Cornwallis kapituliert

Aufruf zum Eintritt in die ArmeeGeneral Washingtons

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LIBERTIES AND IN DEPENDENCF.OF TUE UN1TEI) STATF.... . .

TAKE NOTICE

p f'1 T 1 1 1 1 11iDie Volksmassen waren von ho-

hem Pa triotismus durchdrungen. Eswar durchaus kein Wderspruch,daß sie einerseits um die Erweite-rung ihrer politischen Rechte unddie Verbesserung ihrer Lebens-lage und and ererseits um die Schaf-fung und Una bhängigkeit eines bür-gerlich-demokratischen Staates in

Amerika kämpften. Denn nur in ei-nem solchen Staat konnten sie ihrensozialen und po litischen Zielen nä-herkommen. Deshalb kämpften dieVolksmassen mit großer patrioti-scher Hingabe für die gemeinsameSache, nur ihrem Einsatz ist es zudanken, daß der Unabhängigkeits-krieg als erste erfolgreiche antiko-

loniale Revolution zum siegreichen

Ende geführt wurde.Zu Beginn des Krieges im Jahre1775 hatten die E ngländer geglaubt,mt ihren Gegnern nicht viel Federlesens machen zu m üssen. Sie, dieihre Truppen mt Hilfe von 4,6 Ml-lionen Pfund Sterling um 30000 vondeutschen Fürsten „erworbene"Söldner verstärkt hatten, wolltendie Amerikaner durch eine voll-ständige Blockade der amerikani-schen Atlantikküste, die Besetzung

aller wichtigen Hafenstädte unddie Aufspaltung des gegnerischenTerritoriums sowie durch wuchtigeEinzelschläge gegen die aufgesplit-terten amerikanischen Truppen indie Knie zwingen. Als erstes sollteder Norden isoliert und unterwor-fen werden, dann wollten sich diebritischen Feldherren gegen diemittleren und südlichen Kolonienwenden.Im Juli 1776 liefen die britischenOperationen mt der Landung vonZehntausenden von Söldnern inStaten Island und Long Island an.Dann besetzten die Engländer New

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Truppenstärke undfinanzielle Aufwendungender Vereinigten Staaten

TILLTPPE\SI'lI{KE

Jahr Kontinentalarmee Miliztruppen Mlitär. Ausgabenin Mll. Dollar

1775 27000 100001776 43000 43000 201777 31000 33000 211778 33000 17000 231779 27000 17000 111780 22000 23000 3

1781 13000 16000 21782 14000 3000 1

1783 13000 4

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York und jagten die Armee Gene-ral George Washingtons über denDelaware River in das Landes-innere zurück.Ein Jahr später, 1777, rückten die„Rotröcke" siegreich in Philadel-phia ein. Der Kontinentalkongreßmußte fliehen.

Diese Erfolge gelangen den Eng-ländern vor allem deshalb so leicht,weil die amerikanische Armee zudieser Zeit schwer mit Disziplin-losigkeit unter ihren Soldaten zukämpfen hatte, die letztlich aus derschlechten Versorgung der Truppenresultierte.Dann aber kamen die ersten Nie-derlagen der englischen Armee.Beim Vormarsch auf Albany gerieteine starke britische Abteilung unter

General John Burgoyne bei Sara-toga in eine aussichtslose Lage undwurde am 17. Oktober 1777 zur Ka-pitulation gezwungen. Den Britenschien es nun richtiger, ihren Kriegs-plan zu ändern und doch zunächstden Süden zu besetzen, um ihn alsAusgangsposition für erneute An-griffe gegen den Norden zu nutzen.Was die englischen Militärs in ihrerPlanung jedoch nicht berücksich-tigt hatten, war, daß es nicht bei

Thomas Sumter (1734-1832)1780 nahm er in South Carolinaden Partisanenkrieg gegen die Eng-länder auf und fügte ihnen mit seinerAbteilung große Verluste zu.

General Jean Baptiste Rochambeau(1725-1807)Kommandeur eines französischenHilfskorps von 6000 Mann, das ab1779 die Armee Washingtons ver-

stärkte

Tadeusz Koftiuszko (1746-1817)Polnischer Freiheitskämpfer undNationalheld. Er nahm von 1776bis 1783 als Freiwilliger am Unab-hängigkeitskrieg in den Reihen derKontinentalarmee teil.

General Friedrich von Steuben(1730-1794)Als entlassener preußischer Offi-

zier wurde er 1777 für den Dienstin der Kontinentalarmee geworben,für die er als General die grund-legenden Ausbildungsvorschriftenausarbeitete.

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über den schreienden Gegensatzzwischen ihrer sozialen Lage, dievon N ot und Verschuldung gekenn-zeichnet war, und der der skrupel-losen, sich ständig zu Lasten derVolksmassen bereichernden Händ-ler und Spekulanten hatte nichtnur in Massachusetts und North

Carolina zu Aufständen geführt,sondern auch zu einer al lgemeinenVerschärfung der Lage in allen13 Staaten.Unter dem Druck der Massenhatten einige Regierungen der Ver-einigten Staaten versucht, etwasgegen die Kriegsgewinnler zu un-ternehmen. Aber grundsätzlicheMaßnahmen, die diese Kreise der

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Bourgeoisie hätten hindern kön-nen, die Auseinandersetzungenzwischen Am erika und England fürihre Profitjagd auszunutzen, warennicht getroffen worden. Inflation,hohe Besteuerung, Bedrängungdurch G läubiger, die Tatsache, daßviele immer ärmer und wenige

immer reicher wurden, gaben denVolksmassen Amerikas ein deut-liches Bild davon, wie weit die inder Unabhängigkeitserklärung aus-gesprochenen Idealvorstellungenund die gesellschaft l iche W irklich-keit voneinander entfernt waren.Die Massenunruhen alarmiertendie Bou rgeoisie in allen 13 Staaten.Jetzt wurde in ihren Reihen der

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Ruf nach einer amerikanischenZentralregierung laut, die starkgenug war, die Besitzenden undihr Eigentum vor d en Volksmassenzu schützen. „Mehr Macht fürdie Union' war ihre Losung. DerAufstand unter Daniel Shay hatteviele Angehörige der amerikani-

schen Bourgeoisie erkennen las-sen, daß sie jetzt die Form festle-gen m ußten, in der d ie Bourgeoisieihre politische Herrschaft organi-sieren wo llte.Mit der Unabhängigkeitserklärunghatte man hierzu die Grundlagengelegt, aber weder am 4. Juli 1776noch in den folgenden Jahren warein zentralisierter Staatsapparatentstanden. In den Einzelstaatenwar die Form der politischen M acht-

ausübung bis 1780 durch die Aus-arbeitung von Verfassungen fest-gelegt worden. Sie sicherten derBourgeoisie und den mit ihr ver-bündeten Plantagenbesitzern dieMa cht, da unter anderem d ie Wahlin öffentliche Ämter an den Nach-weis einer Mindestgröße von E igen-tum gebunden w ar.Dem aus der Kriegführung gegenEngland erwachsenden Bedürfnisder 13 Staaten nach einem engeren

Zusammenschluß hatte im Jahre1777 der Kontinentalkongreß mitder Annahme der Konföderations-artikel entsprochen. Der auf ihrerGrundlage gebildete Bund derStaaten war jedoch sehr locker unddie Vereinigten Staaten waren imwesentlichen doch Einzelstaatengeblieben. Dem Kongreß und sei-nen Einrichtungen waren nur ge-ringe, die Kriegführung, die Außen-politik und die Beziehung en zu den

Indianern betreffende Vollmachtenerteil t worden. Das jedoch war aufdie Dauer unzulänglich. Es gab vieleProbleme in den einzelnen Staa-ten, die die Errichtung einer sta-bilisierend wirkenden Zentralge-walt dringendst notwendig mach-ten. So waren Festlegungen überGrenzverläufe zwischen Bundes-staaten erforderlich; Grund besitzerwaren an einer nationalen Regie-

6-Dollar-Note der Vereinigten Ko-lonien von 1776

SIT DOLLARS

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ithe iaie thereof in0o41 or C zier, ac-

z **qrJr all 4a,Sept.26t4 1778.

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40-Dollar-Note der VereinigtenStaaten von 1778

6 Müller, USA 1

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Alexander Hamilton (1757-1804)Konservativer Politiker. Teilneh-mer am Unabhängigkeitskrieg alsSekretär Washingtons

George Washington nach der Eides-leistung als erster Präsident derUSA am 30. April 1789 auf demBalkon des Bundesgebäudes inNew York

rung auf Bundesebene interessiert,die imstande war, die Indianer zuunterjochen und den Weg nachWesten hin zu öffnen; die fernerfähig war, für Ordnung in den neuerschlossenen und neu besiedel-ten Gebieten zu sorgen und zusichern, daß das dort erworbeneEigentum an Grund und Bodenunangetastet blieb. Die weltmarkt-orientierten Angehörigen der In-dustrie- und Handelsbourgeoisiebenötigten eine Zentralgewalt, weilsich ihre Vorstellungen von demzukünftigen Amerika als einergroßen Wirtschaftsmacht kaumansatzweise realisieren ließen, so-lange ein relativ machtloser Kon-greß das einzige Bindeglied zwi-schen den Einzelstaaten blieb undsolange es keinen m ächtigen S taats-apparat gab, der die Interessen deramerikanischen Wrtschaft auchnach außen zu vertreten in derLage war.Im Namen dieses Teils der ameri-kanischen Bourgeoisie trat Alex-ander Hamilton für eine Abände-rung der Konföderationsartikel

42

ein. Die Regierung, so erklärte er,müsse das „unstete Wesen" desVolkes in Schach halten können.Und nach den revolutionären Un-ruhen des Jahres 17 85 erreichte er,daß sich seine Auffassung durch-setzte.Im Mai 1787 trafen sich in derIndependence Hall zu Philadel-phia, in der am 4. Juli 1776 die Un-abhängigkeitserklärung unterzeich-net worden war, 5 5 einflußreichePersönlichkeiten der VereinigtenStaaten, um eine Bundesverfas-sung zu erarbeiten. Sie - Anwälte,Kaufleute und Plantagenbesitzer -vertraten ausnahmslos die Reichenund Mächtigen der 13 Staaten.Eine radikal-demokratische Grup-pierung wie auf dem Kontinen-talkongreß, der 1775 eröffnet wor-den war, gab es unter den Mtglie-dern des Konstituierenden Kon-vents nicht: Franklin, der Kämpfergegen die Sklaverei, weilte als Di-plomat in Frankreich, Patrick Henryhatte eine Kandidatur abgelehntund Thomas Paine, Samuel Adamssowie Christopher Gadsden, die

dem radikalen Flügel der Un-abhängigkeitsbewegung angehörthatten, konnten kein Mandat erlangen. Damit war das Ergebnisder in geheimen Beratungen aus-gehandelten Verfassung schon vorherbestimmt.Die Verfassung der VereinigtenStaaten von Amerika fixierte diefür die herrschenden Klassen vor-teilhaften und für die freie unge-hemmte Entfaltung der kapitalisti-schen Gesellschaftsordnung not-wendigen Ergebnisse und Errun-genschaften der bürgerlichen Re-volution, die nationale Unabhän-gigkeit und die Konstituierungeines bürgerlichen Nationalstaatesin Form einer Bundesrepublik. DieVerfassung der Vereinigten Staa-ten rief einen bürgerlichen Staats-apparat ins Leben, mit einem Zwei-kammerkongreß, dem Kongreßund dem Senat, als gesetzgebendeVersammlung, dem formal unab-hängigen Justizapparat und derBundesregierung mit einem Prä-sidenten an der Spitze. Diese durfteSteuern erheben und, darauf kam

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„Die Forderung der Befreiungvon feudalen Fesseln und derHerstellung der Rechtsgleich-heit durch Beseitigung der feu-dalen Ungleichheiten, sobaldsie erst durch den ökonomischen

Fortschritt der Gesellschaft aufdie Tagesordnung gesetzt war,mußte bald größere Dimensio-nen annehmen... Und da mannicht mehr in einem Weltreichlebte, wie das römische gewe-sen, sondern in einem Systemunabhängiger, miteinander aufgleichem Fuß verkehrenderStaaten von annähernd gleicherHöhe der bürgerlichen Entwick-lung, so verstand es sich von

selbst, daß die Forderung einenallgemeinen, über den einzel-nen Staat hinausgreifendenCharakter annahm, daß Frei-heit und Gleichheit proklamiertwurden als Menschenrechte.Wobei es für den spezifischbürgerlichen Charakter dieserMenschenrechte bezeichnendist, daß die amerikanische Ver-fassung, die erste, welche dieMenschen anerkennt, in dem-

selben Atem die in Amerika be-stehende Sklaverei der Farbi-gen bestätigt: die Klassenvor-rechte werden geächtet, dieRacevorrechte geheiligt.”

Friedrich Engels in „Anti-Düh-ring

es der Bourgeoisie besonders an,im Falle von „inneren Unruhen"zur Wiederherstellung der „Ord-nung eingreifen. Von den in der U n-abhängigkeitserklärung aufgeführ-ten elementaren bürgerlich-demo-kratischen Freiheiten war in derVerfassung von 1787 nichts mehrzu finden. Aber die Volksmassenwaren nicht gewillt, mit dieserVerfassung zu leben. Sie fordertenvon der amerikanischen Bour-geoisie, bürgerliche Grundrechtefür alle Amerikaner. Und dasVolk setzte sich durch: Im Jahre1791 beschloß der Kongreß die„Bill of Rights".Doch auch durch diese Errungen-schaft der Volksmassen wurdenwesentliche Beschränkungen derbürgerlichen Demokratie nicht be-seitigt: Nach wie vor gewährtedie Verfassung nur einem Teil derBevölkerung das Wahlrecht. Frauen

George Washington als Oberst deramerikanischen Armee

waren überhaupt davon ausge-schlossen, und durch die Pflichteines Eigentumsnachweises, durchWahlsteuern und Bildungsprü-fungen wurde auch einer gewalti-gen Zahl der Männer das Stimm-recht vorenthalten.Die Verfassung von 1787 verhülltedie Macht der ausbeutenden Min-derheit über eine Mehrheit, dieVolksmassen, und festigte die fürdie amerikanische Bourgeoisie vor-teilhaften Errungenschaften derRevolution. Sie diente damit jenerKlasse, die mit der Erlangung derstaatlichen Unabhängigkeit der13 englischen Kolonien und mit derGründung der Vereinigten Staatenvon Amerika die politische Machterrang, die mit allen Mitteln zu be-wahren sie fest entschlossen war.

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Herausgeber: Zentralinstitutfür Geschichte der Akademieder Wissenschaften der DDRLeiter des Redaktionskollegiums:Dr. Klaus ScheelVerlagslektor: Ursula Seil

Printed in the German DemocraticRepublic2. AuflageLizenz-Nr.: 206 . 435/27/80Lichtsatz: INTERDRUCKGraphischer Großbetrieb Leipzig

Bildnachweis:VEB Deutscher Verlagder Wissenschaften, Berlin,Dr. Harald Müller, Potsdam.Der Verlag dankt für freund-liche Unterstützung und Ver-