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I b I I I I Institut für Bauforschung Aachen Rhelnlech-W•ett•lleche Technl•che Hoch•chule KURZBERICHT 57 9 (1996) AKTUELLE FORSCHUNGSERGEBNISSE Schnellverfahren zur Bestimmung von Chloriddiffusionskoeffizienten für Beton Rapid Method for the Determination of Chloride Diffusion Coefficients of Concrete U. Wiens EINLEIJUNG Ein wichtiger Aspekt bei der Wahl der Betonüberdek- kung von Stahl- und Spannbetonbauteilen, die einer Chiaridbeanspruchung ausgesetzt sind, ist die Kenntnis der Eindringgeschwindigkeit von Chloriden in den Be- ton. Ein für das Eindringen von Chiaridionen maßgebli- cher Transportmechanismus ist die Diffusion. Zur Cha- rakterisierung des Diffusionswiderstandes von Beton gegenüber Chlorid werden i. d. R. Betonprüfkörper in Chiaridlösungen bestimmter Konzentration eingelagert, nach einer entsprechenden Beaufschlagungsdauer Bohrmehlproben entnommen und der Gesamtchlorid- gehalt bestimmt. Anhand der auf diese Weise gewon- nenen Chiaridprofile werden Diffusionskoeffizienten ermittelt, die ein Maß für die Geschwindigkeit des Chia- ridtransportes infolge Diffusion dacstellen. Die Bestim- mung solcher Diffusionskoeffizienten für Beton mit Hilfe von Einlagerungsversuchen dauert oft monatelang. Eine erhebliche Verkürzung der Versuchsdauer bei vergleichsweise einfacher Handhabung und einfacher Ermittlung der Diffusionskoeffizienten ist durch das vorgestellte Schnellverfahren möglich. 2 BESCHREIBUNG PES VERFAHRENS Das Grundprinzip des Schnellverfahrens, das von Tang und Nilsson entwickelt 11/ wurde, basiert auf der Be- schleunigung des Ionentransports durch das Anlegen eines elektrischen Feldes (sog. Migrationsversuch). Bild 1 zeigt die zur Realisierung des Verfahrens im ibac entwickelte Migrationszelle. ln der Kathodenkammer be- findet sich eine 3 %ige NaCI-Lösung (in 0,2 molarer KOH), in die Anodenkammer wird 0,2 molare KOH ein- gefüllt. Die angelegte Spannung und die entsprechende Versuchsdauer ist auf den zu erwartenden Diffusions- widerstand abzustimmen. Die Spannungen liegen i. d. R. im Bereich zwischen 30 und 40 V, die Versuchs- dauer beträgt zwischen rd . 12 Stunden und 7 Tagen. Nach Beendigung des Migrationsversuches wi rd der Prüfkörper parallel zu der Mantelfläche gespalten und die Eindringfront des Chlorids durch Aufsprühen einer Indikator- (Fluoreszin in Ethanol) und AgN0 3 -Lösung bestimmt. JG.40V DC fillli.1; Migrationszelle .EisL...L Migration cell Zusätzlich zur Diffusion infolge des Konzentrationsge- fälles ist bei der Formulierung des Transportgesetzes für eine Migrationszelle der lonentransport, der durch das angelegte elektrische Feld verursacht wird, zu be- rücksichtigen. Für den instationären Zustand ergibt sich die Transportgleichung nach /1/ zu: dc 0 (d 2 c z.F ·E dc) dt= CI.M. dx2 dx ( 1 ) mit: Dci. M = Migrationskoeffizient c = Chiaridkonzentration an der Stelle x zum Zeitpunkt t z = Ladungszahl (für Chlorid: -1) F = Faraday'sche Konstante E = Ulh (angelegte Spannung!Prüfkörperhöhe) R = universelle Gaskonstante T =Temperatur

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I b I I I I Institut für Bauforschung Aachen Rhelnlech-W•ett•lleche Technl•che Hoch•chule

KURZBERICHT

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9 (1996) AKTUELLE FORSCHUNGSERGEBNISSE

Schnellverfahren zur Bestimmung von Chloriddiffusionskoeffizienten für Beton

Rapid Method for the Determination of Chloride Diffusion Coefficients of Concrete

U. Wiens

EINLEIJUNG

Ein wichtiger Aspekt bei der Wahl der Betonüberdek­kung von Stahl- und Spannbetonbauteilen, die einer Chiaridbeanspruchung ausgesetzt sind, ist die Kenntnis der Eindringgeschwindigkeit von Chloriden in den Be­ton. Ein für das Eindringen von Chiaridionen maßgebli­cher Transportmechanismus ist die Diffusion. Zur Cha­rakterisierung des Diffusionswiderstandes von Beton gegenüber Chlorid werden i. d. R. Betonprüfkörper in Chiaridlösungen bestimmter Konzentration eingelagert, nach einer entsprechenden Beaufschlagungsdauer Bohrmehlproben entnommen und der Gesamtchlorid­gehalt bestimmt. Anhand der auf diese Weise gewon­nenen Chiaridprofile werden Diffusionskoeffizienten ermittelt, die ein Maß für die Geschwindigkeit des Chia­ridtransportes infolge Diffusion dacstellen. Die Bestim­mung solcher Diffusionskoeffizienten für Beton mit Hilfe von Einlagerungsversuchen dauert oft monatelang. Eine erhebliche Verkürzung der Versuchsdauer bei vergleichsweise einfacher Handhabung und einfacher Ermittlung der Diffusionskoeffizienten ist durch das vorgestellte Schnellverfahren möglich.

2 BESCHREIBUNG PES VERFAHRENS

Das Grundprinzip des Schnellverfahrens, das von Tang und Nilsson entwickelt 11/ wurde, basiert auf der Be­schleunigung des Ionentransports durch das Anlegen eines elektrischen Feldes (sog. Migrationsversuch). Bild 1 zeigt die zur Realisierung des Verfahrens im ibac entwickelte Migrationszelle. ln der Kathodenkammer be­findet sich eine 3 %ige NaCI-Lösung (in 0,2 molarer KOH), in die Anodenkammer wird 0,2 molare KOH ein­gefüllt. Die angelegte Spannung und die entsprechende Versuchsdauer ist auf den zu erwartenden Diffusions­widerstand abzustimmen. Die Spannungen liegen i. d. R. im Bereich zwischen 30 und 40 V, die Versuchs­dauer beträgt zwischen rd. 12 Stunden und 7 Tagen. Nach Beendigung des Migrationsversuches wird der Prüfkörper parallel zu der Mantelfläche gespalten und

die Eindringfront des Chlorids durch Aufsprühen einer Indikator- (Fluoreszin in Ethanol) und AgN03-Lösung bestimmt.

JG.40V DC

fillli.1; Migrationszelle .EisL...L Migration cell

Zusätzlich zur Diffusion infolge des Konzentrationsge­fälles ist bei der Formulierung des Transportgesetzes für eine Migrationszelle der lonentransport, der durch das angelegte elektrische Feld verursacht wird, zu be­rücksichtigen. Für den instationären Zustand ergibt sich die Transportgleichung nach /1/ zu:

dc 0 ( d2c z.F ·E dc)

dt= CI.M. dx2 -~· dx (1)

mit: Dci.M = Migrationskoeffizient c = Chiaridkonzentration an der Stelle x zum Zeitpunkt t z = Ladungszahl (für Chlorid: -1) F = Faraday'sche Konstante E = Ulh (angelegte Spannung!Prüfkörperhöhe) R = universelle Gaskonstante T =Temperatur

Wird keine Spannung angelegt, so ergibt sich das für die Modeliierung der natürlichen Diffusion bekannte 2. Fick'sche Gesetz. Eine analyti.sche Lösung der Glei­chung (1) wird in /1/ vorgestellt. Bedingt durch die Tat­sache, daß bei der gewählten Spannung der Ionen­transport Ober das elektrische Feld maßgebend ist, er­gibt sich ein im Vergleich zu Einlagerungsversuchen sehr scharfes ChiaridprofiL Bild 2 zeigt ein mit Hilfe der analytischen Lösung von Gleichung (1) errechnetes theoretisches Chiaridprofil (Herleitung s. /11), das durch Bohrmehlentnahme und Bestimmung des Gesamtchlo­ridgehaltes in Abhängigkeit von der Tiefe i. w. bestätigt werden konnte.

C(t)/Co [-] 1,0

\ DCI,M =~· ·d - kF.

zF U l

\ mit

k = 2JRTh ·erf- ' [1- 2cd ] C/Co zF U c0

0,8

0,6

t = 20 h

1\ U=30V

h =50 mm Xe!-= 15 mm

cJea ~ Da.M = 8·10-12 m2/s

0,4

0,2

0,0 ~

0 0,01 l(f Xe! 0,02 0,03 Abstand von der Profkörperoberfläche [m]

B.ikl2; Chiaridprofil aus einem Migrationstest .Eig,_2 Chloride profile from the migration test

Über die funktionale Beziehung zwischen dem Wende­punkt x1 des Profils und der Eindringtiefe xd, die sich unter vereinfachenden Annahmen aus der analytischen Lösung von Gleichung (1) ergibt, läßt sich der Migra­tionskoeffizient Dct.M ermitteln (s. Bild 2 und /21).

3 ERGEBNISSE

Bild 3 zeigt die zeitliche Entwicklung des Migrations­koeffizienten Dct.M für Mörtel mit Portland- und Hoch­ofenzement (Z1 bzw. Z2) ohne und mit Steinkohlen­flugasche (FA). Während Dct.M für die flugaschefreie Portlandzementmischung über den dargestellten Zeit­raum von 365 Tagen nahezu konstant bleibt, verringern sich die Migrationskoeffizienten der flugaschehaltigen Mischungen mit zunehmender Zeit und zunehmendem Flugaschegehalt deutlich. Dieses prinzipielle Verhalten wird durch zahlreiche Literaturergebnisse bestätigt. Durch die langsame Reaktion der Flugasche bzw. des Hüttensandes wird der für den Chloridtranport maßgeb­liche Kapillarporenraum auch über Jahre hinweg noch verdichtet.

Herausgeber:

Migrationskoeffizient Da-... ( 1 o-'2 m2/s) 100.0 -r-..;._---r---T------"""T""1

Mörtel w/(z+0,5f) = 0,50

Verlagerung: Wasser

.B.i.!.d....3.; Migrationskoeffizienten für Mörtel mit Zumahl­und Zusatzstoffen

~ Migration coefficients of mortar with different concrete additions

Dies wird durch parallel an den Mörtelmischungen durchgeführte Porenstrukturuntersuchungen bestätigt. Die absoluten Werte für Dct.M liegen in Größenordnun­gen, die auch in Versuchen ohne elektrisches Feld ge­funden werden.

Aus der Zeitabhängigkeit des Diffusionswiderstandes wird die Überlegenheit des Migrationstests gegenüber herkömmlichen Diffusionsversuchen deutlich: wegen der langen Versuchsdauer kann mit dem Einlage­rungsversuch weder die Zeitabhängigkeit erfaßt, noch der Diffusionswiderstand in einem bestimmten Betonal­ter ermittelt werden.

4 ZUSAMMENFASSUNG

Der vorgestellte Migrationstest bietet eine einfache und schnelle Möglichkeit, Chloriddiffusionskoeffizienten von Mörtel und Beton zu bestimmen. Der Einfluß der zeitli­chen Änderung der Porenstruktur durch die Zugabe von Zusatz- und Zumahlstoffen auf den Diffusionskoeffizien­ten wird dabei realistisch abgebildet.

5 LITERATUR

/1/ Tang, L. ; Nilsson, L.-0.: Rapid Determination of the Chloride Diffusivity in Concrete by Appying an Electrical Field. ln: ACI Materials Journal 89 (1992), No. 1 , pp. 49-53

121 Tang, L. : On Chloride Diffusion Coefficients Ob­tained by Using the Electrically Accelerated Me­thods. ln: RILEM International Workshop on Chloride Penetration into Concrete, Saint-Remy-Les­Chevreuse, October 15-18, 1995

Forschungsförderer: Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF)

Institut für Bauforschung Aachen Rheinisc:b-Westfiilische Technische Hochschule Postanschrift: 52056 Aachen Lieferanschrift : Schinkelstr. 3, 52062 Aachen Tel. (0241) 80-5100, FAX (0241) 8888-139 Telex 832704 thac d

Direktoren: Prof. Dr.-lng. H. R. Sasse Prof. Dr.-lng. P. Schieß!

Die auszugsweise VerOffentlichung dieses Berichtes, seine Verwendung fOr Werbezwecke sowie die inhaltliche Übernahme in Literaturdaten­banken bedOrfen der Genehmigung des ibac.