Fehler in der Medizin in der Medizin...Prevention (NCC MERP), die für Medikationsfehler entwickelt...

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Fehler in der Medizin Univ.Lektor Dr.Hans-Joachim Fuchs Arzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin Psychosoziale und psychosomatische Medizin Vorsorgemedizin und Arbeitsmedizin 1090 Wien

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Fehler in der Medizin

Univ.Lektor Dr.Hans-Joachim Fuchs Arzt für Allgemeinmedizin und Familienmedizin Psychosoziale und psychosomatische Medizin

Vorsorgemedizin und Arbeitsmedizin

1090 Wien

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Zwei Studien

PATIENTS SAFETY – VIEWS OF PRACTISING PHYSICIANS AND THE PUBLIC ON MEDICAL ERRORS Dpt.of Health Policy and Management, Harvard School of Public Health, Boston; the Kaiser Family Foundation, Menlo Park Calif.; Harris Interactive, Rochester N.Y. and ICR/ International Communications Research,Media,Pa. In: New England Journal of Medicine Dec.12,2002

Fehler in der Allgemeinpraxis – Ergebnisse der internationalen PCISME-Studie in Deutschland M.Beyer,F.M.Gerlach Institut für Allgemeinmedizin Christian-Albrechts-Universität Kiel und S.Dovey Robert Graham Center, American Academy of Family Physicians, Washington DC,USA in: Z.Allg.Med.2003;79;Stuttgart 2003

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PATIENT SAFETY VIEWS OF PRACTISING PHYSICIANS

AND THE PUBLIC ON MEDICAL ERRORS

Report des Institute of Medicine (IOM): To Err Is Human : „Jedes Jahr sterben mehr Amerikaner durch medizinische Fehler in Spitälern als nach Verletzungen durch Autounfälle“

Es geht um die Erforschung der Sichtweisen, bzw. Einschätzung von Ärzten und Patienten durch Fragebogen

Reseachers der Harvard School of Public Health und der Kaiser Family Foundation haben repräsentative Erhebungen geplant und in den USA durchgeführt.

831 Ärzte füllten per Post zugestellte Fragebögen aus

1207 Personen , die durch random-digit dialing ausgewählt wurden, beantworteten Fragen durch Telefon-Interviews

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Fragebogen

Have you had a personal experience with medical errors made in your care or that of a family member?

How frequent and how serious is the problem of medical errors as compared with other problems in health care?

What are the most important causes of medical errors?

What actions should be taken to prevent medical errors?

What should be the consequences for a health professional or institution involved in a medical error?

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Ergebnisse

35% der Ärzte und 42% des Publikums berichteten über persönliche Erfahrung medizinischer Fehler bei sich selbst oder Familienangehörigen.

Weder Ärzte noch das Publikum halten medizinische Fehler für eines der größten Probleme in Health Care heute

29% der Ärzte nannten die Kosten der Malpractice Insurance, 27% die Kosten der Health Care und 22% Probleme mit Krankenversicherungen und Health Plans.

38% des Publikums halten die Kosten der Health Care, 31% die Medikamentenkosten für große Probleme

Die Mehrheit von Ärzten und Publikum schätzen die Zahl der jährlichen Todesfälle in amerikanischen Spitälern bei 5000 oder darunter ein - also wesentlich niedriger als IOM und glauben, dass davon die Hälfte verhindert werden könnte.

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Ärzte: Fehlerursachen

53% Unterbesetzung bei Krankenschwestern in den Spitälern

50% Überarbeitung, Stress, Fatigue bei allen Health Professionals

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Publikum: Fehlerursachen

72% Ärzte haben nicht genug Zeit für Patienten

70 % Überarbeitung, Stress oder Fatigue bei Health Professionals

67 % Fehler der Health Professionals bei Zusammenarbeit und Team Kommunikation

65 % Unterbesetzung von Krankenschwestern in Spitälern

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Fehlerverursacher

55% Health Care Professionals

Sehr oft Patienten

Health Care Institutions

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Ärzte: Lösungen

55% requiring hospitals to develop systems for preventing medical errors

51 % die Zahl der Krankenschwestern in Spitälern erhöhen

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Publikum: Lösungen

78% Giving physicians more time to spend with their patients

74% requiring hospitals to develop systems for preventing errors

73% providing better training of health professionals

73% using only trained physicians in intensive care medicine on intensive care units

50% suspension of the licenses (vergl. Ärzte:3%)

71% requirement that hospitals report errors to a state agency ( vergl. Ärzte: 23%)

62% encouraging voluntary reporting of seriuos medical errors to a state agency

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Fehler in der Allgemeinpraxis – Ergebnisse der internationalen PCISME-Studie in Deutschland

M.Beyer,F.M.Gerlach Institut für Allgemeinmedizin

Christian-Albrechts-Universität Kiel und

S.Dovey Robert Graham Center, American Academy of Family Physicians, Washington DC,USA

in: Z.Allg.Med.2003;79;Stuttgart 2003

Studienziele:Definition unterschiedlicher Fehlertypen

Erprobung einer elektronischen Methode zur Fehlererfassung in der Allgemeinpraxis

Explorative Studie mit Allgemeinärzten in Australien, Deutschland, Großbrittanien,Kanada, Neuseeland,den Niederlanden und den USA

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Teilnehmer und Ergebnisse

Teilnehmer: 100 nicht-randomisiert ausgewählte Hausarztpraxen, davon 20 in Deutschland.

Ergebnisse: Insgesamt 100 Allgemeinärzte lieferten 605 Fehlerberichte.

In Deutschland übermittelten 20 (von 24) Praxen 168 auswertbare Fehlerberichte.

Die auf der Basis der berichteten Fehler entwickelte Taxonomie ist fünfstellig und umfasst 172 verschiedeneFehlertypen.

Darüber hinaus konnten 137 fehlerbegünstigende Faktoren identifiziert werden.

Eine erste Auswertung der Fehlerberichte aus Deutschland ergab, dass in 80,9 % aller Fälle Prozessfehler vorlagen und nur 19,0 % als Kenntnis- bzw. Fertigkeitsfehler einzustufen sind.

Neben Fehlern ohne direkte Schädigungswirkung wurden Fehler nahezu aller Schädigungsstufen berichtet.

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Durchführung

Mithilfe einer speziell entwickelten Software wurden medizinische Fehler und ihre Begleitumstände dokumentiert.

Unter Beachtung strengster – datenschutzrechtlich zuvor überprüfter– Sicherheits- bzw. Anonymisierungsanforderungen wurden Berichte über den Server (Healix) der World Health Network Foundation in London übermittelt und registriert.

Die Teilnehmer benutzten bei der Eingabe der Fehlerberichte mit ihrem Computer eine selbstgewählte Benutzerkennung, die nur ihnen bekannt war und die lediglich der Zusammenführung von Fehlerberichten einer individuellen Praxis diente.

Die anonymen Fehlerberichte wurden gesammelt und als ACCESS-Datenbank an die Studienleitung in Washington sowie an den nationalen Koordinator geleitet.

Für diese Personen war eine Re-Identifikation der Praxen nicht möglich.

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Die Fehlerberichte

Jeder Fehlerbericht basierte auf zwölf Bildschirmmasken, die geschlossene und offene Fragen zu einem Fehlerereignis umfassten.

Erfragt wurde insbesondere, ob es sich um einen Fehler handelte, der sich auf einen einzelnen Patienten bezog.

Falls dies der Fall war, wurden einige patientenindividuelle Daten erhoben (Alter, Geschlecht, Zugehörigkeit zu einer Minderheit, Chronizität oder Komplexität des Gesundheitsproblems).

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Die Fehlermeldung

Was ist passiert?

Wie war das Ergebnis?

Was könnte zu dem Fehler geführt haben?

Wie hätte der Fehler verhindert werden können?

Es wurde außerdem nach dem Ort des Ereignisses, einer eventuellen Schadenswirkung für den Patienten gefragt

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Fehlertypen

Personal 1%

Ausführungsfehler 4%

Falsche Diagnosen 9%

Falsche Entscheidung über Behandlung 7%

Praxisadministration 31%

Untersuchungen 16%

Behandlungen 23%

Kommunikation 8%

Vergütung 2%

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Fehlertypen-korrelation

Prozessfehler = 80,9%

Fehler bezüglich Kenntnissen und Fertigkeiten = 19,0%

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Einschätzung des Schweregrads eines Fehlers

Über den Schädigungsgrad eines Fehlers erhielten wir nur wenige und teilweise unplausible Angaben von den Teilnehmern.

Die Schweregrade der Fehler wurden daher studienintern aufgrund der Darstellungen in den Fehlerbeschreibungen nachcodiert.

Die Einstufung ist angelehnt an eine Klassifikation des National Coordinating Council for Medication Error Reporting and Prevention (NCC MERP), die für Medikationsfehler entwickelt wurde.

Neben Fehlern ohne direkte Schädigungswirkung wurden hierzulande Fehler nahezu aller Schädigungsstufen berichtet. Im Gegensatz zu Berichten aus anderen Ländern waren allerdings keine Fehler mit Lebensgefahr bzw. Todesfolge darunter.

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Prozessfehler

Fehler in der Praxisadministration (Patientendokumentation, Patientenfluss,Termine und Hausbesuche etc.) bildeten den größten Anteil.

Unter den Behandlungsfehlern stellten Medikationsfehler mit 19 % den weitaus größten Anteil.

Befunde: Ebenfalls fehleranfällig war die Anordnung, Durchführung und Befundübermittlung/

Dokumentation von diagnostischen Untersuchungen, hier vor allem Labortests.

8 % der Fehler bezogen sich auf die Kommunikation, hier vor allem mit Patienten, aber auch mit anderen Versorgungsbeteiligten.

Unter den »mistakes« hatten diagnostische und therapeutische Fehler ungefähr die gleiche Größenordnung

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Fehler mit Beeinträchtigung der Versorgungsqualität

Fehler in der Verordnung/Medikation 30,4 %

Fehler aufgrund von

Kommunikationsstörungen oder mit der Folge

einer gestörten Kommunikation mit dem

Patienten 23,2 %,

Fehler im Zusammenhang mit Labortests

21,8 %,

Fehler im Zusammenhang mit der Nutzung

des Praxiscomputers (verschiedene Bereiche

der Praxisadministration) 14,4 %.

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Die häufigsten fehlerbegünstigenden Faktoren

Teamworkfehler

.......................................................................................46

Hektischer Tag

.........................................................................................21

Unerfahrenheit

.........................................................................................19

Computer lässt Fehler zu/Vertrauen auf den Computer/ Versäumnis,

gedrucktes Rezept zu prüfen

...................................................................17

Unzureichende Übergabe von Rollen und Verantwortlichkeit

...............14

Unzureichendes Training des Praxispersonals

.........................................10

Unzureichende Patientenschulung/Info

......................................................9

Abgelenkt

..................................................................................................9

Viele verschiedene Medikamente/ komplexes

Behandlungsschema..........8

Rollen und Verantwortlichkeit nicht

geklärt...............................................8

Schwieriger Patient

....................................................................................8

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Einschätzung des Schweregrades eines Fehlers

A latente Fehler (Fehler erreichen den Patienten nicht) 12,5

B lediglich abstrakte Gefährdung ..................................19,6

C Fehlerfolge Unbequemlichkeit/Verunsicherung

für den Patienten ............................................................37,5

D geringe Schädigung/Gefährdung ...............................14,3

E erhebliche Schädigung/Eingreifen erforderlich ..........8,3

F schwerwiegende Konsequenzen (z.B. Einweisung,

dauerhafter Schaden)........................................................3,0

G schwerste Folgen .........................................................0,0

(Lebensgefahr,Intensivbehandlung,Tod)

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Zusammenfassung

In der „Patients Safety“ Studie wurden Ärzte und Publikum zu Fehlern im Spital befragt

In der „Fehler in der Allgemeinmedizin“-Studie wurden Fehlermeldungen aus 100 Allgemeinpraxen analysiert

Sowohl die Meinungen des amerikanischen Publikums alsauch die Fehleranalyse zeigen, daß die überwiegende Zahl der Fehler in der Medizin prozeß- und kommunikationsbedingt sind.

Verbesserungen der Organisation und Kommunikation in Spital und Arztpraxis sind daher geeignete Maßnahmen zur Fehlervermeidung und Erhöhung der Sicherheit für Patienten.