Coaching-Marktanalyse 2016/17 · Die Coaching-Marktanalyse 2016/17 zielt darauf ab, wie ihre...
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Michael Stephan und Christian Rötz
Coaching-Marktanalyse 2016/17 Ergebnisse der 4. Marburger Coaching Studie 2016/17
Discussion Papers on Strategy and Innovation 18-01
Discussion Papers on Strategy and Innovation 18-01
Department of Technology and Innovation Management Philipps-University Marburg
Am Plan 2, 35037 Marburg, Germany Tel. +49-6421-28-21718 Fax: +49-6421-28-28958 [email protected]
Michael Stephan und Christian Rötz
Coaching-Marktanalyse 2016/17 Ergebnisse der 4. Marburger Coaching Studie 2016/17
1) Philipps-Universität Marburg, AG für Technologie- und Innovationsmanagement, Am Plan 2, D-35037 Marburg; Kontakt: Telefon: 06421-28-21718, Fax: 06421-2828958, Email: [email protected]
Discussion Papers on Strategy and Innovation
Michael Stephan und Christian Rötz1
Coaching-Marktanalyse 2016/17
Ergebnisse der 4. Marburger Coaching-Studie 2016/17 Discussion Paper on Strategy 18-01 Marburg, Januar 2018 ISSN 1864-2039
Vorwort
Die Entwicklung von Coaching im deutschsprachigen Raum bleibt ein spannendes Thema.
Die Coaching-Marktanalyse 2016/17 zielt darauf ab, wie ihre Vorgängerstudien, Strukturda-
ten über den deutschsprachigen Coaching-Markt zu erheben. Es ist unser langfristiges Ziel,
die Marburger Coaching-Studie in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, um die Entwick-
lung dieses weiterhin expandierenden Marktes zu verfolgen und damit für die Angebots- und
Nachfrageseite Transparenz zu schaffen. Transparenz ist Grundlage für eine nachhaltige
und qualitätsorientierte Entwicklung des Coaching-Marktes.
Nach den ersten drei Marburger Coaching-Studien 2009, 2011 und 2013, aus deren Daten
die Marktanalysen entstehen, wurden auch in der 4. Marburger Coaching-Studie wieder
Coaches aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in die Erhebung aufgenommen. Da
die Beteiligung von Coaches, die ihren Hauptsitz in Österreich und der Schweiz haben, aller-
dings ziemlich gering ausfiel und viele dieser Coaches ihre Leistungen auch in Deutschland
anbieten, wurde auf eine nach Ländern getrennte Auswertung verzichtet. Sollte sich die Teil-
nahme von Coaches aus Österreich und der Schweiz in den kommenden Jahren erhöhen,
könnte es sich als interessant herausstellen, die beiden Länder als separate Coaching-
Märkte aufzuführen.
Aktuelle Informationen zu den Coaching-Studien und Teilnahmemöglichkeiten finden Sie re-
gelmäßig unter:
www.marburgercoachingstudie.de
Die Erhebung von Strukturdaten über den deutschen Coaching-Markt ermöglicht es, die
Marktentwicklung und aktuelle Trends im Zuge dieser Entwicklung zu beschreiben. Struktur-
daten können sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager als Maßstab zum Vergleich mit
Konkurrenten dienen (Benchmarking). Die erhobenen Daten können für organisatorische
und/oder strategische Entscheidungen im Wettbewerbsumfeld des deutschen Coaching-
Markts genutzt werden. Darüber hinaus fließen die Daten in wissenschaftliche Publikationen
im Themenfeld Coaching ein. Wissenschaftliche Studien zur (ökonomischen) Entwicklung
des Coaching-Marktes leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der
Branche.
An der erfolgreichen Durchführung dieser Studie haben zahlreiche Experten und Fachkräfte
mitgewirkt. An erster Stelle möchten wir Herrn Mario Stadelmann (Cross Mentoring Deutsch-
land) für die Unterstützung in der Konzeptphase danken. Ebenfalls in der Konzeptphase mit-
gewirkt haben Prof. Dr. Susanne Maria Weber von der Philipps-Universität Marburg, der
ii
Coach Thomas Webers sowie Brigitte Fritschle und Dr. Uwe Böning von der Böning Consult
GmbH. Ein weiterer Dank gebührt dem House of HR des F.A.Z.-Instituts für die Unterstüt-
zung in der Konzeption, Bewerbung und Durchführung der Studie. Abschließend möchten
wir uns herzlich bei Herrn Lukas Hooper für die tatkräftige Unterstützung bei der Realisation
der diesjährigen Studie bedanken sowie bei Herrn Dr. Peter-Paul Groß, der mit seinem Dis-
sertationsvorhaben den Grundstein für die Marburger Coaching Studien gelegt hat.
Wir hoffen, mit den vorliegenden Ergebnissen mehr Transparenz im deutschen Coaching-
Markt zu schaffen und wünschen aufschlussreiche Einsichten bei der Lektüre der Studiener-
gebnisse.
Marburg, 1. August 2017 Michael Stephan & Christian Rötz
iii
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .................................................................................................................................... i
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. iv
Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. v
1. Einleitung ............................................................................................................................. 1
2. Methodisches Vorgehen ...................................................................................................... 3
2.1 Forschungsdesign und Gang der Untersuchung ......................................................................... 3 2.2 Wahl der Stichprobe .................................................................................................................... 4
3. Ergebnisse der Angebotsseite des Coaching-Marktes – Coaches ...................................... 6
3.1 Soziodemografische Merkmale der befragten Coaches ............................................................. 6 3.2 Zum Marketing von Coaches ..................................................................................................... 12
4. Ergebnisse der Nachfrageseite im Coaching-Markt – Kunden .......................................... 15
4.1 Allgemeine Angaben der Kunden .............................................................................................. 15 4.2 Zur Organisation von Coaching ................................................................................................. 18 4.3 Zum Einsatz von Coaching-Pools ............................................................................................. 21
5. Mentoring ........................................................................................................................... 25
6. Anlässe für den Einsatz von Coaching in Organisationen ................................................. 28
7. Zur Entwicklung des Coaching-Marktes ............................................................................ 30
Literatur ................................................................................................................................. 36
Wer verbirgt sich hinter den Studien? .................................................................................... 37
iv
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beteiligungsanteil je Bundesland/Land .............................................................................. 6
Abbildung 2: Ausbildungshintergründe der Coaches .............................................................................. 7
Abbildung 3: Verbände der Coaches ...................................................................................................... 8
Abbildung 4: Dienstleistungen, welche von den Coaches angeboten werden ....................................... 9
Abbildung 5: Verhältnis Spezialist vs. Generalist .................................................................................... 9
Abbildung 6: Wie Coaches arbeiten ...................................................................................................... 10
Abbildung 7: Unternehmensgröße der Kunden nach Umsatz ............................................................... 16
Abbildung 8: Unternehmensgröße der Kunden nach Anzahl der Mitarbeiter ....................................... 16
Abbildung 9: Branchen der Coaching-Kunden ...................................................................................... 17
Abbildung 10: Einstellung der Kunden zu Coaching ............................................................................. 18
Abbildung 11: Coaching-Verantwortliche in Kundenunternehmen........................................................ 20
Abbildung 12: Budget der Kundenunternehmen für Personalentwicklungsmaßnahmen ..................... 20
Abbildung 13: Anteil des PE-Budgets für Coaching .............................................................................. 21
Abbildung 14: Besitz eines Coaching-Pools seitens der Unternehmen ................................................ 23
Abbildung 15: Verhältnis externer und interner Coaches in Coaching-Pools ....................................... 23
Abbildung 16: Angebot und Nachfrage bei Dienstleistungen im Bereich des Mentoring ...................... 26
Abbildung 17: Coaching in anderen Sprachen ...................................................................................... 31
Abbildung 18: Umsatzanteile von Coaches durch Coaching ................................................................ 33
v
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Stichprobenumfang und Teilnehmer der Marburger Coaching-Studien................................. 4
Tabelle 2: Unternehmensgrößen von Coaching Kunden ...................................................................... 11
Tabelle 3: In welchen Branchen arbeiten die Coaches? ....................................................................... 11
Tabelle 4: Marketingausgaben der Coaches......................................................................................... 13
Tabelle 5: Marketing-Maßnahmen von Coaches .................................................................................. 14
Tabelle 6: Nutzungsintensität sozialer Medien durch Coaches ............................................................ 15
Tabelle 7: Kriterien zur Identifikation von externen Coaches ................................................................ 24
Tabelle 8: Auswahlkriterien für Coaching-Pools.................................................................................... 24
Tabelle 9: Dienstleistungen im Bereich des Mentoring ......................................................................... 27
Tabelle 10: Dienstleistungen im Bereich des Cross-Mentoring ............................................................ 27
Tabelle 11: Aussagen zum Mentoring ................................................................................................... 28
Tabelle 12: Coaching-Anlässe .............................................................................................................. 29
Tabelle 13: Einsatzebenen von Coaching ............................................................................................. 30
Tabelle 14: Angebotene / nachgefragte Sprachen im Coaching........................................................... 31
Tabelle 15: Coaching-Aufträge als externer Coach .............................................................................. 32
Tabelle 16: Coaching-Stundensätze (Brutto) ........................................................................................ 32
Tabelle 17: Brutto-Jahresumsatz von Coaches .................................................................................... 33
Tabelle 18: Wettbewerbsfaktoren im Coaching-Markt .......................................................................... 35
1
1. Einleitung
Coaching boomt … nach wie vor! Coaching hat sich in den vergangenen 20 Jahren zum po-
pulärsten Format unter den Personalentwicklungsinstrumenten im Management entwickelt.
Der Umsatz im deutschen Coaching-Markt betrug im Jahr 2016, unseren konservativen Be-
rechnungen zufolge, etwa 520 Mio. Euro. Seit Beginn der 2010er-Jahre, also seit Ende der
letzten Wirtschaftskrise, verzeichnete der Markt im deutschsprachigen Raum ein durch-
schnittliches jährliches Wachstum von etwa 10 Prozent. Auch im professionellen Personal-
management in Unternehmen hat sich Coaching längst etabliert. In Zeiten des Fach- und
Führungskräftemangels hat sich Coaching zu einem zentralen Instrument in der Fach- und
Führungskräfteentwicklung entwickelt. Die Konzeption von Coaching-Maßnahmen und die
Auswahl von Coaches zählen mittlerweile zu den wichtigsten Aufgaben von Personalmana-
gern.
Die Gründe für die gestiegene Popularität von Coaching sind auf zwei Ebenen zu verorten:
(1) Erstens haben sich die externen Rahmenbedingungen vieler Branchen und Märkte ver-
ändert, in denen Unternehmen und ihre Mitarbeiter agieren. Durch die Internationalisierung
des Wettbewerbs, durch schnellere Innovationszyklen, Verbreitung von Informations- und
Kommunikationstechnologien sowie dem permanent geforderten organisatorischen Wandel
sind auch die Anforderungen an die Fach-und Führungskräfte hinsichtlich der Komplexität
ihrer Aufgaben, der Flexibilität, Zielorientierung, Kommunikationsfähigkeit, sozialen Kompe-
tenzen etc. gestiegen. Exemplarisch zu nennen ist hier die wichtigste deutsche Branche –
die Automobilindustrie. In Zeiten des Wandels hin zur Elektromobilität sind Führungs- und
Fachkräfte mit einem permanenten Innovations- und Veränderungsdruck konfrontiert. (2)
Zweitens hat sich auch die Führungs-und Personalkultur in den Unternehmen gewandelt: In
Zeiten von Fach- und Führungskräftemangel sind Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterzu-
friedenheit in die obersten Ebenen der Zielhierarchien vorgerückt. Unternehmen haben er-
kannt, dass ihre Mitarbeiter die wertvollste Ressource darstellen, die es zu pflegen gilt. Der
Druck zur permanenten organisatorischen Wandlungsfähigkeit fordert die Mitarbeiter und
insbesondere die Führungskräfte. Zur Bewältigung dieser Herausforderung setzen Unter-
nehmen neben Instrumenten, die an strategischen, organisatorischen und kulturellen Bedin-
gungen anknüpfen, auf personenbezogene Maßnahmen des Change Managements: Mit Hil-
fe von Personalentwicklungsmaßnahmen, insbesondere Coaching, versuchen sie, das volle
Potenzial ihrer Mitarbeiter zu aktivieren und zu erschließen, um deren Lernbereitschaft und
Lernfähigkeit als Grundlage für ihre Veränderungsfähigkeit zu erhöhen.
2
Trotz des offensichtlichen Erfolges der Dienstleistung Coaching ist das Verständnis dessen,
wie dieser Begriff eigentlich definiert wird, sehr heterogen. Hierbei ist jedoch scharf zwischen
den zwei sehr verschiedenen Marktsegmenten im Coaching zu unterscheiden: Im Bereich
des Coachings für professionelle, d. h. berufsbezogene Anlässe, hat sich in den letzten Jah-
ren eine bemerkenswerte Professionalisierung und Qualitätsorientierung gezeigt. Die Inhalte
und Vorgehensweisen im professionellen Segment orientieren sich an hohen Standards.
Obwohl die Berufsbezeichnung ‚Coach‘ nicht geschützt ist, haben sich durch die Arbeit der
Coaching-Verbände und durch die Professionalisierung der Personalentwicklung in den Un-
ternehmen de facto Markteintrittsbarrieren für Coachs entwickelt – für unseriöse Anbieter ist
es zunehmend schwierig geworden Fuß zu fassen. Ebenfalls als Teil dieser Professionalisie-
rung kann die Herausbildung von artverwandten Ansätzen wie Mentoring, Cross-Mentoring
und Supervision gesehen werden. Im professionellen Segment steigt auch die Qualität im
Weiterbildungsmarkt. Zusätzlich zu den etablierten privaten Weiterbildungsanbietern drän-
gen verstärkt Universitäten und Fachhochschulen in den Markt der Coaching-Weiterbildung.
Im Gegensatz zum Coaching für professionelle Anlässe ist der Markt für Life- oder Life-Style-
Coaching durch einen großen Wildwuchs geprägt. Hier bestehen keinerlei einheitliche Quali-
tätskriterien und dementsprechend auch keine Markteintrittsbarrieren. Bunte Angebote wie
Astro-Coaching, Tarot-Life-Coaching, Glücks-Coaching oder Sexual-Coaching bescheren
dem professionellen Coaching in der öffentlichen Wahrnehmung leider ein schlechtes Image.
So ist es zu erklären, dass zahlreiche Darstellungen in populärwissenschaftlichen Print- und
Fernsehmedien dem Image des professionellen Coachings in den letzten Jahren zugesetzt
haben, insbesondere weil nicht immer deutlich (genug) zwischen den beiden sehr verschie-
denen Marktsegmenten ‚Life-Coaching‘ und ‚professionelles Coaching‘ unterschieden wurde.
Die vierte Marburger Coaching-Studie fokussiert, wie ihre Vorgängerinnen auch, den profes-
sionellen Markt (siehe unten).
Die vorliegende Marktanalyse fasst die Ergebnisse der vierten Marburger Coaching-Studie
2016/17 zusammen. Das Ziel der Marburger Coaching-Studien liegt in der Schaffung größe-
rer Transparenz auf dem sehr unübersichtlichen deutschen Coaching-Markt. Darüber hinaus
dienen die erhobenen Daten als Grundlage für wissenschaftliche Publikationen im For-
schungsfeld Coaching.
Wie auch die drei vorherigen Studien (in den Jahren 2009, 2011 und 2013) adressierte die
aktuelle Marburger Coaching-Studie 2016/17 nur Coaches, die ihre Leistungen im professio-
nellen Kontext, also für Fach- und Führungskräfte in Unternehmen oder in nicht erwerbswirt-
schaftlich tätigen Organisationen (Non-Profit-Organisationen) anbieten.
3
Dem vorliegenden Studienbericht liegt also ein enges Begriffsverständnis zu Grunde.
Coaching wird, in Abgrenzung zu Life-Coaching-Angeboten, als Business-Coaching i.e.S.
definiert. Aus ökonomischer Sicht handelt es sich bei Coaching um eine Form einer perso-
nenbezogenen und zugleich wissensintensiven Dienstleistung, welche als Personalentwick-
lungsinstrument zur individuellen Beratung im beruflichen Kontext in Organisationen einge-
setzt wird (Stephan/Gross/Hildebrandt 2010, S. 85).
2. Methodisches Vorgehen
2.1 Forschungsdesign und Gang der Untersuchung
Das Forschungsfeld Coaching stellt aus ökonomischer Sicht ein bislang noch recht wenig
bearbeitetes Forschungsgebiet dar. Aus diesem Grund wurde zur Datenerhebung ein
‚Mixed-Methods‘-Ansatz verwendet (Kelle 2008, S. 282 ff.; Kühl/Strodtholz/Taffertshofer
2005, S. 19 ff.). Dieses Forschungsdesign hat sich bei explorativen Zielsetzungen bewährt.
Der Gang der Untersuchung erfolgte dabei in drei Schritten: a.) Exploration und Konkretisie-
rung neuer Themenfelder für die Hauptuntersuchung mittels qualitativer Experteninterviews
und einer Fokusgruppe; b.) Pretest des Online-Fragebogens zur Validierung des Fragebo-
gendesigns; c.) Quantitativ angelegte Online-Befragung (Hauptuntersuchung).
Der quantitativen Datenerhebung vorgeschaltet waren explorative teilstandardisierte Exper-
teninterviews mit jeweils fünf Coaches und fünf Personalmanagern bzw. Entscheidern in Un-
ternehmen, welche Coaching einsetzen. Diese Interviews hatten zum Ziel, im Zuge einer
qualitativen Delphi-Befragung zur Ideenaggregation, relevante Themenfelder und Trends aus
Sicht von Coaches und deren Kunden einzugrenzen. Nachdem in einer ersten Interviewrun-
de relevante Themenfelder eingegrenzt werden konnten, wurden diese in einer Fokusgruppe
mit Experten aus Wissenschaft und Praxis konkretisiert und Fragestellungen für die quantita-
tive Überprüfung entwickelt. Zur Validierung des Fragebogendesigns wurde, wie bei den vo-
rigen Studien, auch der Marburger Coaching-Studie 2016/17 ein Pretest vorgeschaltet. Am
Pretest der Fragebögen beteiligten sich für die Teilerhebung der Angebotsseite fünfzehn
Coaches, auf der Nachfrageseite partizipierten sechs Unternehmen bzw. Personalmanager.
Die quantitative Datenerhebung erfolgte schließlich im Zeitraum März bis September 2016
mit Hilfe von Online-Fragebögen separat für die Anbieter (Coaches) und Nachfrager (Unter-
nehmen) im deutschsprachigen Coaching-Markt. Für beide Marktseiten umfasste der Frage-
bogen, wie auch in den Vorgängerstudien, zwei Teile: Neben wiederkehrenden Strukturda-
teninformationen im ersten Teil wurde der thematische Schwerpunkt in der Studie 2016/17
auf das Thema Mentoring und Cross-Mentoring gelegt. Darüber hinaus wurden, wie schon in
4
den vorherigen Studien, die Anlässe für den Einsatz von Coaching sowie die Entwicklung
des Coaching-Marktes näher beleuchtet. Insgesamt nahmen 378 Coaches auf der Ange-
botsseite und 61 Unternehmen auf der Nachfrageseite des Coaching-Marktes teil.
Die nachfolgende Tabelle 1 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Teilnehmer-
zahlen der vierten Marburger Coaching-Studie 2016 und der drei vorangegangenen
Coaching-Studien in den Jahren 2009, 2011 und 2013.
Fragebogenerhebung Pretest
Unternehmen Coaches Unternehmen Coaches Erhebungszeitraum
Studie 2016 61 378 6 15 03/2016-09/2016
Studie 2013 133 971 10 12 02/2013-05/2013
Studie 2011 237 1282 17 15 05/2011-09/2011
Studie 2009 243 1090 9 12 12/2008-03/2009
Tabelle 1: Stichprobenumfang und Teilnehmer der Marburger Coaching-Studien
2.2 Wahl der Stichprobe
Die Marburger Coaching-Studien adressieren das Geschäftsfeld des Business Coaching,
d. h. sie fokussieren sich auf Coaches, die ihre Leistungen im professionellen Kontext, also
für Fach- und Führungskräfte in Unternehmen oder in nicht erwerbswirtschaftlich tätigen Or-
ganisationen (Non-Profit-Organisationen) anbieten. Wie bereits in den Vorgängerstudien,
wurden die Studienteilnehmer auf der Angebotsseite deshalb gebeten, sich nur an der Um-
frage zu beteiligen, wenn sie Coaching zu primär beruflichen Anliegen und Anlässen (i.e.S.
also Business-Coaching) anbieten.
Die Erhebungen der Marburger Coaching-Studien basieren auf einer offenen Grundgesamt-
heit, d. h. weder bei der Zielgruppe der Business-Coaches noch bei der Zielgruppe der Un-
ternehmen, welche Coaching tatsächlich nutzen, ist die Grundgesamtheit präzise zu ermit-
teln. Eine rein zufallsbasierte Stichprobe ist deshalb nicht möglich. Da sich sowohl auf der
Angebots- als auch auf der Nachfrageseite die Grundgesamtheit nicht mit Bestimmtheit er-
mitteln lässt, wurde mit dem Ziel maximaler Repräsentativität ein möglichst großer Rücklauf
angestrebt. Zu diesem Zweck wurden sämtliche professionellen Coach-Datenbanken, -
Plattformen und -Kontaktforen, Business-Netzwerke sowie Coaching-Verbände im deutsch-
sprachigen Raum für die Ansprache genutzt. Darüber hinaus konnten 3.690 Coaches direkt
kontaktiert werden. Die Kontaktdaten stammen von den Teilnehmern der drei vorherigen
Marburger Coaching-Studien, welche ihre Emailadressen für die Ergebniszusendung ange-
5
geben hatten sowie einer ergänzenden Print-Medien-Analyse. Nach Abschluss des Erhe-
bungszeitraums lagen auf der Coaching-Angebotsseite n=378 vollständige Datensätze vor.
Das entspricht einem Anteil von etwa 5% der geschätzten Grundgesamtheit von 9.000 Busi-
ness-Coaches.
Bei der Stichprobenauswahl seitens der Unternehmen wurde darauf Wert gelegt, dass die
Studie einen möglichst repräsentativen Überblick über all jene unternehmerischen Akteure
gibt, welche sich bewusst mit Personalentwicklungsmaßnahmen beschäftigen und bereits
Erfahrungen beim Einsatz von Coaching gesammelt haben. Als Ansprechpartner in den be-
treffenden Unternehmen wurden diejenigen Personen befragt, die für das Management und
die Organisation der Coaching-Maßnahmen verantwortlich sind (sog. Gatekeeper), im weite-
ren Kunden genannt. Die Gesamtpopulation der Kunden wurde somit auf jene Teilpopulation
eingegrenzt, welche sich gezielt mit dem Thema Personalentwicklung und Coaching be-
schäftigt. Ähnlich wie bei der Auswahl der Coaches wurde versucht, innerhalb der Zielgruppe
eine möglichst breite und zufallsgesteuerte Auswahl der Stichprobenelemente zu treffen, in-
dem verschiedene Verbände sowie Personalmanager-Datenbanken, -Plattformen, speziali-
sierte Kontaktforen und Business-Netzwerke für die Ansprache genutzt wurden. Über eine
Print-Medien-Analyse, die Kontaktdaten der Teilnehmer aus den Vorgängerstudien sowie
über das Business-Netzwerk Xing konnten 215 Kunden direkt angeschrieben werden. Nach
Abschluss der Erhebung lagen n=61 vollständige Datensätze für die Nachfrageseite vor. Für
den exakten Zuschnitt der Stichprobe auf die Zielgruppe derjenigen Kunden mit Coaching-
Erfahrung und damit zugunsten der Aussagekraft der Ergebnisse, wurde eine geringere
Stichprobengröße in Kauf genommen.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der vierten Marburger Coaching-Studie 2016/17 prä-
sentiert. An der Studie beteiligten sich insgesamt 685 Probanden (590 Coaches sowie 95
Kunden), wobei nur 439 Probanden den Fragebogen vollständig ausgefüllt haben. Dies
ergibt eine Stichprobe mit n=378 für die Coaches und n=61 für die Kundenunternehmen.
Die folgende Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Stichproben im Verhältnis zu den deut-
schen Bundesländern und verdeutlicht damit die Repräsentativität der Studienergebnisse.
Die grünen Balken stehen für den Anteil an Coaches, die blauen repräsentieren die Unter-
nehmen, die sich an der Studie beteiligt haben. Ergänzend sind die Anteile von Coaches und
Unternehmensvertretern aus Österreich und der Schweiz aufgeführt. Die höchsten Beteili-
gungsanteile liegen für die Bundesländer Baden-Württemberg (16,7% Coaches; 23% Unter-
nehmen), Bayern (13,8% Coaches; 18% Unternehmen) sowie Hessen (14% Coaches;
24,6% Unternehmen) und Nordrhein-Westfalen (19,6% Coaches; 9,8% Unternehmen) vor.
Dies ist vor dem Hintergrund des Bevölkerungsanteils und der Wirtschaftsstärke dieser vier
6
Bundesländer nicht weiter verwunderlich. Unterrepräsentiert sind die Bundesländer Bran-
denburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der
Anteil an Probanden aus der Schweiz und Österreich ist so gering, dass im Weiteren darauf
verzichtet wurde, Ergebnisse separat für diese beiden Länder aufzuführen. Insgesamt zeigt
das Verhältnis der Stichproben je Bundesland, dass die Ergebnisse der vierten Marburger
Coaching-Studie repräsentativ für den deutschsprachigen Coaching-Markt sind.
Abbildung 1: Beteiligungsanteil je Bundesland/Land
3. Ergebnisse der Angebotsseite des Coaching-Marktes – Coaches
3.1 Soziodemografische Merkmale der befragten Coaches
An der vierten Marburger Coaching-Studie haben sich 378 Coaches beteiligt. Von diesen
waren 51% Frauen und entsprechend 49% Männer. Im Vergleich zur Coaching-Studie von
2013 ist der Anteil an Frauen um 4% zurückgegangen, während der Anteil an Männern ent-
1,6%
1,6%
1,6%
1,6%
1,6%
1,6%
9,8%
3,3%
24,6%
4,9%
1,6%
4,9%
18,0%
23,0%
0,5%
1,1%
4,0%
0,5%
1,9%
0,3%
1,6%
0,5%
3,7%
19,6%
4,5%
0,5%
14,0%
6,1%
0,8%
0,8%
9,3%
13,8%
16,7%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
Sonstige
Schweiz
Österreich
Thüringen
Schleswig-Holstein
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Saarland
Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Westphalen
Niedersachsen
Mecklenburg-…
Hessen
Hamburg
Bremen
Brandenburg
Berlin
Bayern
Baden-Württemberg
Stichprobenanteil je Bundesland / Land
Coaches (n=378)Unternehmen (n=61)
7
sprechend zugenommen hat. Das Durchschnittsalter der teilnehmenden Coaches lag bei 52
Jahren, wobei das Durchschnittsalter der männlichen Studienteilnehmer mit 54 Jahren höher
als das der weiblichen Teilnehmerinnen mit 50 Jahren lag. Im Schnitt brachten die befragten
Coaches 13 Jahre Berufserfahrung als Coach mit.
Bezüglich des Ausbildungshintergrundes gaben 85,4% der Coaches an, eine Coaching-
Zusatzausbildung absolviert zu haben. Mit Blick auf die Basisqualifikation ist ersichtlich, dass
knapp ein Drittel der befragten Coaches (31,7%) einen Ausbildungsberuf erlernt, die Mehr-
heit dagegen ein Studium absolviert hat, primär im Bereich der Wirtschaftswissenschaften
(27%), Psychologie (23%), und Pädagogik (19,8%). Abbildung 2 zeigt eine Übersicht zu den
Ausbildungshintergründen der Coaches.
Abbildung 2: Ausbildungshintergründe der Coaches
Von den 378 befragten Coaches gaben 181 (47,9%) an, mindestens einem Coaching-
Verband anzugehören. Zu den populärsten Verbänden unter den Befragten gehören der
Deutsche Verband für Coaching und Training e.V. (DVCT) mit 27 Nennungen, der Deutsche
Bundesverband Coaching e.V. (DBVC) mit 26 Nennungen, dicht gefolgt von zwei internatio-
nalen Verbänden: der International Coach Federation e.V. (ICF) mit 24 Nennungen und der
European Coaching Association e.V. (ECA) mit 22 Nennungen. Abbildung 3 veranschaulicht
die meistgenannten Verbände von den Coaches.
23,5%
85,4%
28,8%
14,3%
21,7%
4,2%
2,6%
8,2%
7,4%
4,0%
19,8%
23,0%
27,0%
31,7%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
Andere
Coaching Zusatzausbildung
Therapeutische Zusatzausbildung
Promotion
Anderes Studium
Studium: Sprachwissenschaften
Studium: Philosophie
Studium: Gesellschaftswissen
Studium: Ingenieurswissenschaften
Studium: Kommunikationswissenschaften
Studium: Pädagogik
Studium: Psychologie
Studium: Wirtschaftswissenschaften
Ausbildungsberuf
Ausbildungshintergründe der Coaches
(n=378, Mehrfachnennungen waren möglich)
8
Neben Dienstleistungen als Coach bieten die meisten Coaches auch eine ganze Reihe an-
derer Dienstleistungen an. Abbildung 4 gibt einen Überblick zu weiteren Dienstleistungen
aus dem Angebot der Coaches. Neben dem Coaching selbst (98,4%) ist die gruppenbasierte
Personalentwicklungsdienstleistung Training die am meisten angebotene Dienstleistung
(70,6%). Ebenfalls populär sind Dienstleistungen zur Organisationsentwicklung (53,2%) und
Prozess-/Organisationsberatung (46,6%). Vor dem Hintergrund eines sehr unterschiedlichen
Begriffsverständnisses von Coaching sind die hier gemachten Angaben allerdings vorsichtig
zu interpretieren. Die Vielfalt der angebotenen Leistungen zeigt jedoch auf, dass die Spezia-
lisierung von Coaches auf das Coaching nicht die Regel darstellt.
Abbildung 3: Verbände der Coaches
3333
44
555
66
711
1314
1822
2426
27
0 10 20 30
ProC – Professional Coaching AssociationGWG - Gesellschaft für Personzentrierte…
DGTA - Deutsche Gesellschaft für Transaktionsanalyse e.VACC - Österreichischer Coaching Dachverband
QRC – Qualitätsring Coaching und Beratung e.V.EMCC – European Montoring & Coaching CouncilEASC - European Association for Supervision and…
DGSF - Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie,…DGfC – Deutsche Gesellschaft für Coaching e.V.
DFC – Deutsche Fachverband Coaching e.V.DCG – Deutsche Coaching Gesellschaft e.V.
BDP – Berufsverband Deutscher Psychologinnen/en e.VDVNLP – Deutscher Verband für Neuro-Linguistisches …
BDVT – Berufsverband für Trainer, Berater und Coaches …DCV – Deutscher Coaching Verband e.V.
DGSv – Deutsche Gesellschaft für Supervision e.VECA – European Coaching Association e.V
ICF – International Coach Federation Deutschland e.V.DBVC – Deutscher Bundesverband Coaching e.V.
DVCT – Deutscher Verband für Coaching und Training …
Verbände von Coaches ab 3 Nennungen
(n=181, Mehrfachnennungen waren möglich)
9
Abbildung 4: Dienstleistungen, welche von den Coaches angeboten werden
Diese Vermutung wird durch Abbildung 5 gestützt, nach welcher nicht einmal ein Drittel
(31%) der Coaches sich selbst als Spezialist bezeichnen würden, während sich über zwei
Drittel (69%) der Coaches als Generalisten beschreiben würden. Darüber hinaus gaben le-
diglich 8% der Coaches an, allein und zu 100% von Coaching-Dienstleistungen leben zu
können (s. Abbildung 18).
Abbildung 5: Verhältnis Spezialist vs. Generalist
Die folgende Abbildung 6 verdeutlicht, wie Coaches ihre Arbeit organisieren. Es ist klar er-
kennbar, dass der Coaching-Markt nach wie vor „atomistisch“ geprägt ist, d.h. dass der
Markt von externen Coaches als Einzelanbieter geprägt ist (91,6%). Bei der letzten
Coaching-Studie 2013 lag der vergleichbare Anteil (Selbstständig als Freiberufler, Selbst-
19,8%
1,1%
1,9%
7,7%
14,0%
15,6%
21,7%
22,0%
23,3%
30,2%
46,6%
53,2%
70,6%
98,4%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Sonstiges
Seelsorge
Cross-Mentoring
Psychotherapie
Talent-Management
Mentoring
Mediation
Unternehmensberatung: HR-Beratung
Unternehmensberatung: Strategieberatung
Supervision
Unternehmensberatung: Prozess-…
Organisationsentwicklung
Training
Coaching
Von den Coaches angebotene Dienstleistungen
(n=378, Mehrfachnennungen waren möglich)
69,0%
31,0%
Wie beschreiben sich Coaches?
(n=378)
GeneralistSpezialist
10
ständig mit eigenem Unternehmen, Vernetzte Einzelanbieter) noch bei 82%. Lediglich 3,4%
(2013: 2%) der Coaches arbeiten fest angestellt bei einem Unternehmen. Der Anteil derjeni-
gen Coaches, die teils extern und teils intern arbeiten, hat sich ebenfalls kaum verändert und
liegt bei 5% (2013: 7%). Die vorliegenden Ergebnisse machen deutlich, dass der Anteil der
externen Coaches zwar gestiegen ist, es insgesamt im Vergleich zu den vorherigen
Coaching-Studien aber kaum zu Verschiebungen in den Anteilen gekommen ist.
Abbildung 6: Wie Coaches arbeiten
Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über die Unternehmensgrößen der Kunden von Coaching-
Dienstleistungen. Nach wie vor stellen unternehmensunabhängige Einzelpersonen die Kun-
dengruppe, für die Coaches am meisten arbeiten (62,9% oft oder sehr oft). Dieser Anteil hat
im Vergleich zu 2013 (53,9%) nochmal deutlich zugenommen. Der Anstieg lässt sich mit un-
terschiedlichen Stichproben erklären, kann aber auch ein weiteres Indiz dafür sein, dass
Coaching für professionelle Anlässe zunehmend auch von Privatpersonen nachgefragt wird.
Die Gründe für die private Inanspruchnahme von Coaching-Dienstleistungen sind vielfältig
und reichen von Testbuchern über eine geringe Akzeptanz von Coaching beim Arbeitgeber
bis hin zu sensiblen Coaching-Anlässen, von welchen der Arbeitgeber nichts erfahren soll.
Auch wenn der Anteil der Coaches, die für große Unternehmen bis zu 10.000 Mitarbeiter ar-
beiten, leicht zugenommen hat (sehr oft: 11,1%, 2013: 8,4%; oft: 21,2%, 2013: 19,9%), liegt
der Fokus nach wie vor auf kleinen und mittelständischen Unternehmen. So hat der Anteil
5,0%
3,4%
91,6%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Teils externer, teils interner Coach
Interner Coach (fest angestellt bei einemUnternehmen)
Externer Coach (Freiberufler oder selbstständig)
Wie arbeiten Coaches?
(n=378)
11
bei mittelgroßen Unternehmen bis zu 500 Mitarbeitern beispielsweise im Vergleich zur letz-
ten Coaching-Studie 2013 (sehr oft: Anstieg um 5%; oft: Anstieg um 9%). erheblich zuge-
nommen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nachfrage in den kommenden Jahren entwi-
ckeln wird.
Tabelle 2: Unternehmensgrößen von Coaching Kunden
Neben den Kundengruppen von Coaches stehen in Tabelle 3 die Branchen der Kunden von
Coaches im Fokus. Zunächst einmal fällt auf, dass Coaching-Dienstleistungen nach wie vor
in allen Branchen nachgefragt werden. Im Vergleich zur Studie 2013 lässt sich zudem ein
weiterer Anstieg des Coachings in Dienstleistungsbranchen (Kategorien 5-13) erkennen,
während Coaching in der verarbeitenden Industrie (Kategorien 1-4) zunehmend seltener ein-
gesetzt wird. Bei den Dienstleistungsbranchen ist nach wie vor das Gesundheits-
/Sozialwesen die Branche, in der Coaching am häufigsten zum Einsatz kommt (sehr oft/oft:
41%; 2013: 36%). Diese Ergebnisse decken sich nur bedingt mit den Angaben der Kunden
in Abbildung 9, wobei dort wiederum die niedrige Stichprobe (n=61) beachtet werden muss.
Tabelle 3: In welchen Branchen arbeiten die Coaches?
Wie oft Coaches für welche Kundengruppe arbeiten
(n=378) sehr oft oft selten sehr selten nie
Einzelpersonen unternehmensunabhängig 33,3% 29,6% 17,2% 13,2% 6,6%Kleine Unternehmen bis 10 Mitarbeiter 9,5% 15,1% 26,2% 22,0% 27,2%Unternehmen bis 50 Mitarbeiter 7,9% 20,6% 28,0% 20,1% 23,3%Unternehmen bis 100 Mitarbeiter 7,4% 23,3% 27,5% 20,6% 21,2%Mittelgroße Unternehmen bis 500 Mitarbeiter 10,1% 34,7% 19,3% 16,7% 19,3%Unternehmen bis 1.000 Mitarbeiter 10,6% 28,0% 22,0% 15,9% 23,5%Unternehmen bis 5.000 Mitarbeiter 13,8% 31,5% 17,2% 14,6% 23,0%Große Unternehmen bis 10.000 Mitarbeiter 11,1% 21,2% 16,1% 16,7% 34,9%Unternehmen bis 50.000 Mitarbeiter 11,1% 14,0% 13,8% 15,1% 46,0%Unternehmen bis 500.000 Mitarbeiter 9,0% 9,3% 14,3% 13,0% 54,5%
In welchen Branchen Coaches arbeiten
(n=378) sehr oft oft selten sehr selten nie
Maschinenbau/ Elektrotechnik 5,3% 20,6% 23,5% 14,3% 36,2%Chemie/ Pharma/ Biotechnologie 6,1% 17,2% 21,4% 17,7% 37,6%Automobilindustrie 5,8% 16,4% 20,9% 14,8% 42,1%Sonstige verarbeitende Industrie 4,0% 23,5% 22,5% 16,4% 33,6%Gesundheits-/ Sozialwesen 16,1% 24,9% 18,3% 13,2% 27,5%Handel/ Vertrieb 8,2% 24,1% 29,6% 16,9% 21,2%Finanzen/ Banken/ Versicherungen 11,6% 22,2% 22,0% 15,1% 29,1%Verwaltung/ Öffentlicher Dienst 10,6% 25,1% 18,8% 16,7% 28,8%Bildung/ Forschung 13,8% 18,5% 20,6% 19,0% 28,0%IT/ Software 10,8% 19,8% 25,4% 15,9% 28,0%Medien/ Kommunikation 6,1% 20,4% 21,4% 19,8% 32,3%Verkehr/ Transport/ Logistik/ Reisen 5,3% 9,5% 17,5% 19,6% 48,1%Sonstige Dienstleistungen 11,1% 27,2% 28,0% 14,0% 19,6%
12
3.2 Zum Marketing von Coaches
Die nun folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf das Thema Marketing von
Coaching. Unter Marketing werden in diesem Zusammenhang alle Maßnahmen verstanden,
welche dem Absatz von Coaching-Dienstleistungen dienen. Dem Thema Marketing von
Coaching kommt aus zweierlei Gründen eine besondere Bedeutung zu (vgl. Gross/Stephan
2011). Erstens bestehen für den deutschen Coaching-Markt keine strukturellen Marktzutritts-
barrieren. Jeder kann sich also Coach nennen und als solcher Dienstleistungen anbieten.
Zweitens handelt es sich beim Coaching um eine Dienstleistung mit den Eigenschaften von
Erfahrungs- und Vertrauensgütern. Die Coaching-Dienstleistung ist ein Erfahrungsgut, weil
Nutzen und Qualität der Leistung erst nach dem Kauf bzw. der wiederholten Inanspruch-
nahme der Leistung abgeschätzt werden können. Ein Vertrauensgut ist Coaching ferner
deshalb, weil die Einschätzung selbst nach wiederholter Inanspruchnahme durch die Nach-
frager nicht immer eindeutig möglich ist. Diese Eigenschaften machen Coaching zu einer er-
klärungsbedürftigen Dienstleistung, deren zahlenbasierter Nutzen nicht seriös messbar ist.
Coaching lebt also vom Vertrauen der Kunden in die Leistungsfähigkeit der Coaching-
Dienstleister und vom Image der Dienstleistung bezogen auf seine nutzenstiftende Wirkung.
Trotz hoher Intransparenz bezüglich der Coaching-Leistung und ihres Nutzens für den Kun-
den lassen sich im Coaching-Markt gute Umsätze erwirtschaften (siehe dazu Tabelle 16 und
Tabelle 17. Dies ist möglich, da das Image von Coaching im Allgemeinen und die vertrau-
ensvolle und bildende Arbeit von Coaches im Einzelnen zu einem größeren Anteil positiv be-
legt sind. Aus der Marketingforschung ist bekannt, dass je höher die Qualitätsvermutung auf
Seiten des Kunden ausfällt, desto höher auch deren Preisbereitschaft ist (bspw. Mef-
fert/Bruhn 2003; Rao/Bergen 1993). Am positiven Image im Allgemeinen und vertrauensbil-
denden Maßnahmen im Einzelnen sollte, im Sinne der langfristigen Markterhaltung, daher
jedem Coach gelegen sein. Es bedarf also imagebildender und erhaltender Maßnahmen,
welche die positive Wahrnehmung der erklärungsbedürftigen Dienstleistung Coaching lang-
fristig stärken. Flankierend gilt es, den Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften von
Coaching in den individuellen Kundenbeziehungen gerecht zu werden. Da es im Coaching-
Markt, wie in Abbildung 6 ersichtlich, keine dominanten Anbieter gibt, welche mit großen
Marketingbudgets in das Image von Coaching investieren, verbleibt die Aufgabe der Image-
pflege zur langfristigen Markterhaltung bei der Masse der Anbieter und damit bei jedem Ein-
zelnen. Selbstverständlich können und werden in diesem Zusammenhang auch Koalitionen
in Form von Zusammenschlüssen vollzogen, bspw. über Verbände. Eine rein schriftliche
Verbandszugehörigkeit ist allerdings noch keine Lösung für das Problem der Imagepflege.
Marketing zur Imagepflege erfordert Geld und Zeit – beides ist in den meist ehrenamtlich be-
setzten Interessenvertretungsgemeinschaften i.d.R. knapp. Das Thema Marketing für
13
Coaching ist also im Sinne der langfristigen Markterhaltung eine Herausforderung, welche
jeder Coach angehen sollte (zu den Herausforderungen von Marketing im Coaching siehe
Gross/Stephan 2011).
Aus Tabelle 4 geht hervor, wieviel Geld von den Coaches durchschnittlich in den letzten drei
Jahren für Marketingmaßnahmen ausgegeben wurde. Studien belegen in diesem Kontext,
dass zwischen den Ausgaben für Marketing im Coaching und sowohl dem Preis als auch
den Auftragszahlen ein signifikanter Zusammenhang besteht. Entsprechend kann an dieser
Stelle nochmals ganz klar empfohlen werden, in Marketingmaßnahmen zu investieren
(Gross 2013). Die befragten Coaches scheinen dies verinnerlicht zu haben, da in Tabelle 4
klar erkennbar ist, dass die Ausgaben im Laufe der letzten drei Jahre deutlich angestiegen
sind (um ca. 33%).
Marketing-Ausgaben der Coaches (n=378)
Jahr ø Ausgaben Min Max
2013 2.921,57 € 0 € 140.000,00 €
2014 3.289,57 € 0 € 130.000,00 €
2015 3.880,60 € 0 € 150.000,00 €
Tabelle 4: Marketingausgaben der Coaches
Tabelle 5 zeigt, wofür die aufgeführten Marketingbudgets von Coaches primär eingesetzt
werden. Nach wie vor ist die eigene Homepage das Medium, das hier am meisten von den
Coaches genutzt wird. 92,3% (2013: 93,1%) der Coaches betreiben eine Homepage, wobei
48,4% diese sehr oft nutzen (2013: 22,7%) und 26,2% sie oft nutzen (2013: 38,3%). Hier
wird deutlich, dass der Anteil im Vergleich zu 2013 nochmal deutlich gestiegen ist. Der Un-
terhalt und die Pflege einer eigenen Homepage sind als sinnvoll zu bewerten, da der erste
Kundenkontakt im Coaching meist über Empfehlungen durch Dritte entsteht und potentielle
Kunden daraufhin online nach dem potentiellen Dienstleister recherchieren (vgl. Ste-
phan/Gross/Hildebrandt 2010, S. 168). Die Warmakquise, also die persönliche Ansprache
von Kunden, die die Coaches bereits kennen, erfreut sich nach wie vor einer steigenden
Beliebtheit. 69% aller Coaches nutzen diese Marketingmaßnahme, die auf den Eigenschaf-
ten von Coaching als Erfahrungsgut beruht, oft oder sehr oft (2013: 54%). Da Coaching eine
erklärungsbedürftige Dienstleistung darstellt und bis zur Vertragsvergabe hohe Informations-
asymmetrien zu Ungunsten des Kunden abgebaut werden müssen, sind der Einsatz und die
Pflege von Referenzkunden als Informationssurrogat ein probates Mittel, um die Reputation
von Coaches zu stärken. Über die Hälfte der Coaches betreibt daher aktive Referenzkun-
denpflege sehr oft (23,5%) oder oft (34,7%). Immer populärer wird auch die Entwicklung ei-
14
nes/r Corporate Designs/Identity oder einer eigenen Marke. Über die Hälfte der befragten
Coaches nutzt diese Marketingmaßnahme sehr oft (24,6%) oder oft (34,7%).
Tabelle 5: Marketing-Maßnahmen von Coaches
Auffällig ist ebenfalls, dass das Thema soziale Medien in den letzten Jahren auch für Coa-
ches erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Gaben 2013 noch 31% der Coaches an, diese
Marketing-Maßnahme oft oder sehr oft zu nutzen, so sind es 2016 schon 54%.
Eine Übersicht über die Intensität der Nutzung verschiedener sozialer Medien bietet Tabelle
6. Wie bereits 2013, wurden auch 2016 erneut Xing, LinkedIn und Facebook als die popu-
lärsten Netzwerke mit der höchsten Nutzungsintensität markiert. Auffällig ist der deutliche
Anstieg der Nutzung von Xing (sehr oft: +6%) und LinkedIn (sehr oft: +7%). Stark zugenom-
men hat auch die Nutzung von Blogs. 18% der Coaches nutzen laut der aktuellen Studie oft
oder sehr oft Möglichkeiten des Bloggings, während der Anteil im Jahr 2013 noch bei 8% lag.
Marketing-Maßnahmen von Coaches
(n=378) sehr oft oft selten sehr selten nie
Homepage 48,4% 26,2% 11,9% 5,8% 7,7%Warmakquise (persönliche Ansprache von Kunden, die sie bereits kennen) 27,2% 41,8% 17,5% 8,2% 5,3%Aktive Pflege von Referenzkunden 23,5% 34,7% 18,5% 8,2% 15,1%Social-Media (z.B. Xing, LinkedIn, etc.) 22,0% 31,5% 24,9% 10,3% 11,4%Corporate Design/ Identity/ Eigene Marke 24,6% 34,7% 14,6% 9,8% 16,4%Besuch von Netzwerkveranstaltungen 8,7% 23,0% 30,2% 23,8% 14,3%Vorträge/ Impulsveranstaltungen/ Teaserveranstaltungen 6,1% 23,0% 28,8% 23,0% 19,0%Profil in Datenbanken von Verbänden 9,0% 20,1% 22,0% 16,1% 32,8%Mitgliedschaft in einem Berufsverband 10,1% 20,9% 16,9% 14,3% 37,8%Direktmarketing/ Mailing/ Newsletter/ Flyer 7,7% 16,9% 19,0% 19,0% 37,3%Lehraufträge an Universitäten und/ oder Fachhochschulen 10,6% 13,5% 15,6% 13,8% 46,6%Kaltakquise (persönliche Ansprache von Kunden, die Sie nicht kennen) 3,4% 12,7% 21,4% 28,8% 33,6%Fachbuchautorenschaften 6,6% 12,7% 18,0% 16,7% 46,0%Aktives Engagement in einem Berufsverband 5,6% 14,0% 13,5% 18,3% 48,7%Artikelautorenschaft in Praktikerzeitschriften 3,7% 10,8% 18,8% 18,8% 47,9%Artikelautorenschaft in wissenschaftlichen Zeitschriften 3,2% 6,6% 13,8% 19,3% 57,1%Messestände/ Infostände o.ä. 1,6% 5,0% 14,3% 22,5% 56,6%Anzeigen in Fachzeitschriften, Zeitungen, Branchenbüchern 1,3% 5,6% 14,6% 21,4% 57,1%Sponsoring 1,1% 5,0% 10,3% 11,9% 71,7%TV- und Rundfunkbeiträge 0,8% 2,4% 8,5% 12,7% 75,7%Referentenagenturen 0,8% 3,7% 5,3% 11,9% 78,3%
15
Tabelle 6: Nutzungsintensität sozialer Medien durch Coaches
4. Ergebnisse der Nachfrageseite im Coaching-Markt – Kunden
4.1 Allgemeine Angaben der Kunden
Bei den befragten Kunden handelt es sich um Unternehmensvertreter, die für den Einsatz
von Coaching in Organisationen verantwortlich und/oder mit der Organisation von Coaching
vertraut sind. Insgesamt haben 61 Kunden an der Onlinebefragung teilgenommen. 57% der
Probanden sind weiblich, 43% männlich. Dies entspricht in etwa den Verhältnissen aus der
letzten Coaching-Studie 2013 (60% weiblich, und 40% männlich). Bei der aktuellen Studie
sind die befragten Kunden durchschnittlich 44 Jahre alt, wobei sich diese Zahl bei den männ-
lichen und weiblichen Teilnehmern nicht wesentlich unterscheidet. 45,9% der Befragten ar-
beiten auch selbst als Coach.
Abbildung 7 gibt einen Überblick zum Brutto-Jahresumsatz in den Unternehmen der Kunden.
Es zeigt sich, dass Unternehmen aller Größen an der Studie beteiligt waren, wobei über die
Hälfte (54,1%) einen Umsatz von mindestens 500 Mio. Euro generieren.
Nutzung sozialer Medien
(n=378) sehr oft oft selten sehr selten nie
Xing 28,8% 31,7% 19,3% 10,6% 9,5%LinkedIn 11,6% 23,0% 19,8% 13,5% 32,0%Facebook 10,1% 11,6% 10,3% 10,1% 57,9%Blogging/Web-Log 7,7% 10,1% 9,8% 4,8% 67,7%Google+ 3,4% 6,9% 8,7% 13,0% 68,0%Twitter 4,8% 5,0% 7,4% 6,6% 76,2%YouTube (Ich veröffentliche aktiv Videos über meine Arbeit) 2,6% 5,3% 10,1% 8,5% 73,5%Instagram 1,6% 0,8% 3,2% 2,9% 91,5%Pinterest 0,8% 0,8% 2,4% 2,9% 93,1%MySpace 0,8% 0,3% 1,9% 3,4% 93,7%Tumblr 1,1% 0,0% 1,9% 2,1% 95,0%MeinVZ 0,8% 0,0% 0,8% 1,9% 96,6%
16
Abbildung 7: Unternehmensgröße der Kunden nach Umsatz
Die folgende Abbildung 8 gibt einen Überblick zur Unternehmensgröße gemessen an der
Anzahl der Mitarbeiter. Auch hier zeigt sich wieder, dass Unternehmen aller Größen in der
Stichprobe enthalten sind, wobei knapp 45,8% der Kunden aus Unternehmen mit maximal
500 Mitarbeitern stammen und somit der Gruppe von kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen (KMU) zuzuordnen sind (laut Definition des Instituts für Mittelstandsforschung
Bonn).
Abbildung 8: Unternehmensgröße der Kunden nach Anzahl der Mitarbeiter
9,8%
14,8%13,1%
8,2%
26,2%
16,4%
11,5%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
≤1 ≤10 ≤50 ≤100 ≤500 ≤1.000 ≤5.000Umsatz in Mio. Euro
Unternehmensgröße nach Brutto-Jahresumsatz
(n=61)
4,9%
21,3%19,7%
11,5%
29,5%
8,2%
4,9%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
≤10 ≤100 ≤500 ≤1.000 ≤5.000 ≤20.000 >20.000
Anzahl der Mitarbeiter
Unternehmensgröße nach Anzahl der Mitarbeiter
(n=61)
17
Bezogen auf die Repräsentativität der vorliegenden Ergebnisse lohnt sich auch ein Blick auf
die Branchen, aus denen Kunden an der Coaching-Studie teilgenommen haben. In Abbil-
dung 9 sind die Branchen der Kunden aufgelistet. Die Abbildung verdeutlicht, dass in der
Kundenstichprobe Vertreter aller Branchen enthalten sind und bestätigt zudem den Struktur-
wandel, der sich schon bei der vorherigen Coaching-Studie 2013 angedeutet hat: Coaching
kommt heute branchenübergreifend und insbesondere auch im Dienstleistungsgewerbe zum
Einsatz. Bei den ersten Coaching-Studien 2009 und 2011 kamen die Kunden primär aus der
verarbeitenden Industrie (Kategorien 1-4), während sich mittlerweile auch ein breites Spekt-
rum aus verschiedenen Dienstleistungsbranchen (Kategorien 5-13) an der Studie beteiligt.
Abbildung 9: Branchen der Coaching-Kunden
Eine interessante Veränderung zu den Ergebnissen der Vorjahre in den Antworten der be-
fragten Kunden zeigt sich bei der Frage nach der Einstellung der Kunden zum Coaching
(Abbildung 10). Sowohl der Anteil der befragten Kunden, die eine sehr positive Einstellung
zum Coaching haben (+1% im Vergleich zu 2013) als auch der Anteil der Kunden mit einer
positiven Einstellung (+5%) sind angestiegen. Noch auffälliger ist, dass keiner der befragten
Kunden eine neutrale, negative oder sehr negative Einstellung zum Coaching hat. Bei der
letzten Coaching-Studie 2013 betrug der Anteil dieser drei Gruppen noch 6%. Sollte diese
Einschätzung tatsächlich die Einstellung zu Coaching am Markt widerspiegeln, wäre dies ein
13,1%
3,3%
3,3%
4,9%
4,9%
4,9%
6,6%
9,8%
14,8%
4,9%
8,2%
8,2%
13,1%
0% 5% 10% 15% 20%
Sonstige Dienstleistungen
Verwaltung/ Öffentlicher Dienst
Verkehr/ Transport/ Logistik/…
Medien/ Kommunikation
Handel/ Vertrieb
Gesundheits-/ Sozialwesen
IT/ Software
Bildung/ Forschung
Finanzen/ Banken/ Versicherungen
Sonstige verarbeitende Industrie
Chemie/ Pharma/ Biotechnologie
Automobilindustrie
Maschinenbau/ Elektrotechnik
Branchen der Coaching-Kunden
(n=61)
18
sehr positives Signal, welches die Ergebnisse der letzten Studie nochmals unterstreicht und
bestärkt.
Abbildung 10: Einstellung der Kunden zu Coaching
4.2 Zur Organisation von Coaching
Vor Beginn jedes Coaching-Einsatzes in Organisationen steht zunächst eine Bedarfsermitt-
lung. Im Rahmen der vierten Marburger Coaching-Studie 2016/17 wurde den befragten Kun-
den die Frage nach der Bedarfsentwicklung zusätzlich offen gestellt. Die Auswertung dieser
offenen Frage wurde erneut durch eine qualitative Inhaltsanalyse vorgenommen (zur Metho-
dik vgl. Kuckartz et al. 2008). Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
Grundsätzlich lässt sich eine strukturierte Bedarfsermittlung von einer individuellen, nachfra-
geinduzierten Bedarfsfeststellung für Coaching-Maßnahmen unterscheiden. Zu einer struktu-
rellen Bedarfsermittlung gehören fest institutionalisierte und formalisierte Prozesse der Per-
sonalentwicklung wie beispielsweise 360 Grad Feedbacks, eine jährliche Leistungsbewer-
tung und Kompetenzeinschätzung der Führungskräfte durch diese selbst, anonym durch ihre
Mitarbeiter und/oder die nächsthöhere Führungsebene in Zusammenarbeit mit der Personal-
entwicklungsabteilung. Ergänzende Formen sind Management-Audits oder Qualitätszirkel
der Führungskräfte, in welchen Personal- und Organisationsentwicklungsziele thematisiert
und fixiert werden können. Klassische Personalentwicklungs- oder Qualifizierungsgespräche,
teilweise ergänzt um Potentialanalysen, bilden ebenfalls eine Grundlage zur Entscheidung
für den Einsatz von Coaching.
59,0%
41,0%
Einstellung zum Coaching
(n=61)
Sehr positiv
Positiv
19
Bei der eher individuellen oder nachfrageinduzierten Bedarfsermittlung für Coaching geht der
Impuls für den Coaching-Einsatz vom potentiellen Coachee oder dessen Führungskraft aus.
An diesen Wunsch oder Vorschlag knüpfen sich bedarfsevaluierende Gespräche der Perso-
nalentwicklung zur Bedarfseruierung. Die Spannbreite der Fälle reicht von nachdrücklichem
Interesse von Seiten des potentiellen Coachees bis hin zu einer ausdrücklichen Empfehlung
durch einen Vorgesetzten an einen potentiellen Coachee.
An die Frage der Bedarfsermittlung knüpft die Analyse an, wer eigentlich über den Einsatz
von Coaching in Organisationen entscheidet. Neben der privaten Buchbarkeit von Coaches,
die jedem Organisationsmitglied natürlich freisteht, ist in den hierarchischen Strukturen von
Organisationen die Coaching-Verantwortung i.d.R. fest verortet. Abbildung 11 gibt einen
Überblick, wer in den Unternehmen der Kunden über den Einsatz von Coaching entscheidet.
Hier ist klar erkennbar, dass der Einsatz von Coaching zunehmend auf der Ebene der Ge-
schäftsführung entschieden wird. Während der Anteil bei der letzten Studie 2013 noch bei
28,4% lag, ist er jetzt bis auf 42,6% angestiegen. Besonders in kleinen und mittelständischen
Unternehmen mit verhältnismäßig flachen Hierarchien ist die Entscheidung über den
Coaching-Einsatz oft „Chefsache“ – unter Berücksichtigung des hohen Anteils an KMU in der
Stichprobe (s. Abbildung 8) macht dieser große Anteil also durchaus Sinn. Neben der Ge-
schäftsführung entscheidet innerhalb der Unternehmen oftmals die Abteilungs-/ Bereichslei-
tung über das Coaching, also der direkte Vorgesetzte (34,4%). Dies ist insbesondere dann
der Fall, wenn Abteilungs-/Bereichsleitungen über eigene Budgets verfügen, über welche
auch Maßnahmen der Personalentwicklung abgedeckt werden. In knapp einem Drittel der
Kundenunternehmen (32,8%) treffen die Leiter der Personalentwicklung diese Entscheidun-
gen. Interessant ist in diesem Kontext, dass in vielen Fällen der Personalentwicklung die hie-
rarchisch übergeordnete, operationale Personalleitung vergleichsweise selten in die Ent-
scheidung zum Einsatz von Coaching eingebunden wird (21,3%). Durch die Möglichkeit der
Mehrfachnennung zeigte sich auch, dass Mischformen bei der Verantwortung oftmals vor-
handen sind, beispielsweise eine Doppelverantwortung der Geschäftsführung in Zusammen-
arbeit mit der Abteilungsleistungs-/ Bereichsleitung.
20
Abbildung 11: Coaching-Verantwortliche in Kundenunternehmen
Die nachfolgende Abbildung 12 legt die Personalentwicklungsbudgets der Kunden offen. Bei
deutlich über der Hälfte der Unternehmen (55,7%) beträgt das Budget mindestens 500.000
Euro.
Abbildung 12: Budget der Kundenunternehmen für Personalentwicklungsmaßnahmen
1,6%
1,6%
11,5%
11,5%
21,3%
32,8%
34,4%
42,6%
0% 10% 20% 30% 40% 50%
Sonstige
Projektleitung
Mitarbeiter selbst
Budgetverantwortliche
Leiter Personalabteilung
Leiter Personalentwicklung
Abteilungsleitung/Bereichsleitung
Geschäftsführung
Coaching-Verantwortliche in Kundenunternehmen
(n=61, Mehrfachnennungen waren möglich)
9,8%
23,0%
11,5%
31,1%
23,0%
1,6%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
≤1.000 ≤50.000 ≤100.000 ≤500.000 ≤5.000.000 ≤50.000.000
Budget für Personalentwicklungsmaßnahmen in Euro
Budget für Personalentwicklungsmaßnahmen im Unternehmen
(n=61)
21
In Ergänzung dazu zeigt Abbildung 13 den prozentualen Anteil des Personalentwicklungs-
budgets, der für Coaching-Maßnahmen ausgegeben wird. Bei dem Großteil der Kunden
(83,5%) liegen die Anteile des Personalentwicklungs-Budgets für Coaching bei 0-25%. Hö-
here Anteile werden zumeist bei kleinen Unternehmen investiert, deren PE-Budget ohnehin
nicht sehr hoch ist.
Abbildung 13: Anteil des PE-Budgets für Coaching
4.3 Zum Einsatz von Coaching-Pools
Der Einsatz von Coaching ist teuer und erzeugt damit aus organisatorischer Sicht immense
Kosten, welche sich leider nicht auf seriöse Weise einem quantifizierbaren Return on In-
vestment (ROI) zurechnen lassen. Es ist also verständlich, dass die Nachfrager von
Coaching-Dienstleistungen versuchen, die Kosten für den Einsatz von Coaching zu reduzie-
ren. Betrachtet man einen strukturierten Coaching-Prozess, so lassen sich zwei kritische
Kostentreiber identifizieren, die im Zuge der Organisation und der Abwicklung von Coaching-
Maßnahmen entstehen (im ökonomischen Duktus: sog. Transaktionskosten). Gemeint sind
hiermit insbesondere die Kosten der Suche und Auswahl eines passenden Dienstleisters
sowie die Kosten, die dem Unternehmen entstehen, wenn man sich für den falschen Coach
entscheidet. Beide Kostentreiber lassen sich durch den Einsatz eines sogenannten
Coaching-Pools reduzieren.
42,6%
31,1%
9,8%
14,8%
1,6%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
≤5% ≤15% ≤25% ≤50% >50%
%-Anteil des für Coaching genutzten PE-Budgets
Anteil des Budgets für Personalentwicklung, das für externes
Coaching genutzt wird
(n=61)
22
Eine weitere Möglichkeit zur Kostenreduktion bietet der Einsatz von sog. internen Coaches.
Dabei handelt es sich meist um Mitarbeiter der Organisation, die eine Coaching-Ausbildung
absolviert haben und zu internen Verrechnungspreisen Coaching-Dienstleistungen innerhalb
der Organisation anbieten.
Gerade für große Unternehmen, die einen hohen und regelmäßig auftretenden Coaching-
Bedarf haben, der nicht (ausschließlich) über interne Anbieter gedeckt werden kann, ist der
Unterhalt eines Coaching-Pools ein angemessener Weg, um neben der Kostenreduktion
Coaching strategisch im Unternehmen zu verankern und die Qualität im Coaching zu si-
chern. Ein Coaching-Pool umfasst bei großen Unternehmen meist all jene Coaches, mit de-
nen ein Rahmenvertrag geschlossen wurde. Ein von Unternehmen aufgebauter Coaching-
Pool muss aber nicht notwendigerweise nur externe Anbieter umfassen. Auch interne Coa-
ches können ergänzend in den Pool aufgenommen werden. Ziel der Etablierung eines
Coaching-Pools ist es jedoch in jedem Fall, ein dauerhaftes Netzwerk mit verschiedenen ex-
ternen und/oder internen Coaching-Anbietern aufzubauen, die dann zielgruppen- und maß-
nahmenspezifisch eingesetzt werden können. Kern eines Coaching-Pools ist eine Coach-
Datenbank, die neben elementaren biografischen Daten und Informationen zur Qualifikation
und Spezialisierung auch die konkreten Ergebnisse der durchgeführten Coaching-
Maßnahmen, Honorarspannen sowie Feedback der Coachees (Evaluationsergebnisse) ent-
halten. In der Regel wird die Coach-Datenbank den Mitarbeitern im Intranet der Unterneh-
men zugänglich gemacht. Die endgültige bzw. nachhaltige Aufnahme von Coaches in den
Pool erfolgt aufgrund positiver Erfahrungen in der Vergangenheit oder auf Basis eines Audit-
Verfahrens, dem sich die Coaches unterziehen müssen. Coaching-Pools lassen sich auch im
Zusammenschluss von Unternehmen einsetzen. Gerade für kleine und mittelständische Un-
ternehmen, die keinen hohen und regelmäßig auftretenden Coaching-Bedarf haben, er-
scheint die Kooperation mit anderen Unternehmen in der Personalentwicklung sinnvoll. In
den letzten Jahren ist deshalb vermehrt zu beobachten, dass sich Unternehmen (nicht not-
wendigerweise aus denselben Branchen) zusammenschließen und gemeinschaftliche
Coaching-Pools etablieren und administrieren. In manchen Wirtschaftszweigen werden diese
Aktivitäten auch von den entsprechenden Branchenverbänden unterstützt (Gross/Stephan
2011).
Wie Abbildung 14 zeigt, gaben 62,3% der befragten Kunden an, einen Coaching-Pool im Un-
ternehmen aktiv zu betreiben. Im Durchschnitt befinden sich 21,4 externe Coaches und 10,1
interne Coaches in diesem Pool. Abbildung 15 zeigt das Verhältnis externer und interner
Coaches in den Coaching-Pools mit einem höheren Detaillierungsgrad. Es zeigt sich, dass
die Anzahl externer Coaches in den Pools recht breit gestreut ist, während interne Coaches
23
zum Großteil (78,9%) eine Anzahl von unter 5 in den verschiedenen Coaching-Pools aufwei-
sen.
Abbildung 14: Besitz eines Coaching-Pools seitens der Unternehmen
Abbildung 15: Verhältnis externer und interner Coaches in Coaching-Pools
Vor der Aufnahme in den unternehmensinternen Coaching-Pool stellt sich jedoch zunächst
einmal die Frage, wie Kunden eigentlich auf externe Coaches aufmerksam werden. Dieser
Frage wurde in Tabelle 7 nachgegangen. Aufgelistet sind Kriterien, die bei der Identifikation
von Coaches eine Rolle spielen. Es bestätigt sich die verbreitete Annahme, dass Coaching
62,3%
37,7%
Besitz und Verwaltung eines
Coaching-Pools(n=61)
Ja
Nein
15,8%
28,9% 26,3%21,1%
7,9%
78,9%
7,9% 7,9%2,6% 2,6%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
≤5 ≤10 ≤20 ≤30 >50
Anzahl von Coaches im Coaching-Pool
Verhältnis externer und interner Coaches in Coaching-Pools
(n=38)
Externe Coaches
Interne Coaches
24
in der Anbahnung ein Beziehungsgeschäft zu sein scheint. Fast alle Kunden (98,3%) halten
Empfehlungen, Mund-zu-Mund-Kommunikation sowie Meinungen aus dem eigenen Netz-
werk für sehr wichtig (80,3%) oder wichtig (18,0%). Ebenfalls wichtig sind offenbar die Refe-
renzen von Coaches aus dem eigenen Coaching-Pool. So markierten 65,6% der Kunden
Gespräche mit Coaches des eigenen Coaching-Pools über neue Coaches als sehr wichtig
(41,0%) oder wichtig (24,6%). Vor dem Hintergrund der Marketing-Maßnahmen von Coaches
aus Tabelle 5 erscheinen die vorliegenden Ergebnisse noch einmal „spannender“.
Tabelle 7: Kriterien zur Identifikation von externen Coaches
Entscheidend ist jedoch, welche Kriterien nun tatsächlich eine Rolle bei der Auswahl von
Coaches für den eigenen Coaching-Pool spielen. Die nachfolgende Tabelle 8 bezieht sich
genau auf diese Frage.
Tabelle 8: Auswahlkriterien für Coaching-Pools
Nur ein Kriterium wurde hier ausschließlich als sehr wichtig (59%) oder wichtig (39,3%) be-
wertet, nämlich die Ausbildung des Coaches. Ebenfalls bedeutsame Kriterien sind die Be-
Kriterien von Kunden, die zur Identifikation externer Coaches eine Rolle spielen
(n=61)sehr
wichtigwichtig teils teils
weniger
wichtigunwichtig
Empfehlungen, Mund-zu-Mund, Meinungen aus meinem Netzwerk 80,3% 18,0% 0,0% 1,6% 0,0%Gespräche mit Coachs des eigenen Coaching-Pools über neue Coachs 41,0% 24,6% 3,3% 21,3% 9,8%Gezielte Suche bei Berufsverbänden 11,5% 27,9% 13,1% 32,8% 14,8%Aktive Ansprache durch Coachs 9,8% 32,8% 8,2% 32,8% 16,4%Artikelautorenschaft in Praktikerzeitschriften 11,5% 27,9% 13,1% 27,9% 19,7%Fachbücher 13,1% 29,5% 8,2% 23,0% 26,2%Netzwerkveranstaltungen z.B. Messen, Infostände, etc. 11,5% 26,2% 11,5% 29,5% 21,3%Artikelautorenschaft in wissenschaftlichen Zeitschriften 16,4% 23,0% 8,2% 26,2% 26,2%Gezielte Suche im Internet z.B. Google, Xing, etc. 11,5% 26,2% 8,2% 34,4% 19,7%Coaching-Datenbanken z.B. Rauen Datenbank, CoachGuide, etc. 9,8% 24,6% 8,2% 36,1% 21,3%Anzeigen in Fachzeitschriften, Zeitungen, Branchenbüchern, etc. 3,3% 18,0% 3,3% 31,1% 44,3%Direktmarketing/ Mailing/ Newsletter/ Flyer 4,9% 3,3% 9,8% 42,6% 39,3%TV- und Rundfunkbeiträge 3,3% 9,8% 0,0% 21,3% 65,6%
Auswahlkriterien für die Aufnahme von Coaches in den Coaching-Pool
(n=61)sehr
wichtigwichtig teils teils
weniger
wichtigunwichtig
Ausbildung des Coaches 59,0% 39,3% 0,0% 1,6% 0,0%Berufserfahrung als Coach 57,4% 36,1% 4,9% 1,6% 0,0%Schwerpunktkompetenzen des Coaches 57,4% 34,4% 3,3% 4,9% 0,0%Referenzen/ positive Erfahrungen mit dem Coach durch Dritte 59,0% 29,5% 4,9% 3,3% 3,3%Ethisches Selbstverständnis des Coaches 50,8% 37,7% 6,6% 4,9% 0,0%Kosten/ Preis 19,7% 54,1% 13,1% 11,5% 1,6%Führungserfahrung 31,1% 34,4% 18,0% 13,1% 3,3%Branchenerfahrung 24,6% 45,9% 8,2% 16,4% 4,9%Regionale Nähe 21,3% 37,7% 11,5% 21,3% 8,2%Verbandszertifizierung 18,0% 34,4% 9,8% 26,2% 11,5%
25
rufserfahrung des Coaches (93,5% wichtig oder sehr wichtig), die Schwerpunktkompetenzen
des Coaches (91,8% wichtig oder sehr wichtig) sowie Referenzen bzw. positive Erfahrungen
mit dem Coach durch Dritte (88,5% wichtig oder sehr wichtig). Etwas überraschend scheint,
dass das ethische Selbstverständnis des Coaches als ebenso wichtig angesehen wird
(88,5% wichtig oder sehr wichtig). Dies bestätigt jedoch die Ergebnisse der letzten Coaching-
Studie 2013. Die Faktoren, die als Auswahlkriterien für die Aufnahme von Coaches in den
Coaching-Pool die geringste Rolle spielen, sind laut der Probanden die Branchenerfahrung,
die regionale Nähe sowie die Verbandszertifizierung.
5. Mentoring
Im Rahmen der vierten Marburger Coaching-Studie wurden erstmals die Themen Mentoring
und Cross-Mentoring detailliert beleuchtet. Coaching und Mentoring sind Instrumente der
Personalentwicklung, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweisen (Rau-
en 2014). So beschreibt das Mentoring i.d.R. eine Art „Patenschaft“ zwischen einem Mitar-
beiter, der neu in eine Organisation aufgenommen wird, und einer erfahrenen Führungskraft,
die in der Konstellation folglich als Mentor für den neuen Mitarbeiter fungiert. Folglich ist das
Ziel beim Mentoring die Vermittlung von Elementen der Organisationskultur, die Mitarbeiter-
bindung, sowie ggf. eine karriereorientierte Beratung. Auf diese Art und Weise sollen eine
reibungslose Integration ermöglicht und Fluktuationskosten reduziert werden. Hier wird be-
reits einer der Unterschiede zwischen Coaching und Mentoring deutlich, nämlich das hierar-
chische Beziehungsgefälle zwischen Mentor und Mentee, welches beim Coaching zwischen
Coach und Coachee ausdrücklich nicht gegeben ist. Zudem stehen beim Mentoring die Inte-
ressen der Organisation im Vordergrund, wodurch eine neutrale Beratung entsprechend
auch erschwert wird (für weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten siehe Rauen 2014).
In der Analyse innerhalb der aktuellen Coaching-Studie ging es zunächst einmal um die Be-
stimmung von Angebot (seitens der Coaches) und Nachfrage (seitens der Unternehmen).
Abbildung 16 zeigt, dass hier eine gewisse Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage
von Dienstleistungen im Bereich des Mentoring besteht. Während 24,6% der Coaches Men-
toring anbieten, fragen nur 14,8% der Unternehmen diese Dienstleistung auch nach. Insge-
samt zeigen die Anteile auch, dass Mentoring noch eine recht überschaubare Ausbreitung
am Markt aufweist. Hier wird es interessant sein, im Rahmen der kommenden Studien zu
sehen, wie sich Angebot und Nachfrage weiterentwickeln.
26
Abbildung 16: Angebot und Nachfrage bei Dienstleistungen im Bereich des Mentoring
Mentoring lässt sich in verschiedene Kategorien einteilen. So kann man beispielsweise zwi-
schen internem (innerhalb einer Organisation) und externem (organisationsübergreifendem)
Mentoring unterscheiden. Neben allgemeinen Dienstleistungen im Bereich des Mentoring
wurde bei der aktuellen Coaching-Studie insbesondere das Thema Cross-Mentoring näher
beleuchtet. Dies ist eine Form des externen Mentorings, bei dem aus unterschiedlichen Un-
ternehmen und/oder Branchen sog. Mentoring-Tandems gebildet werden. Die folgenden Ta-
bellen beleuchten näher, welche konkreten Dienstleistungen im Bereich des Mentoring
(Tabelle 9) sowie Cross-Mentoring (Tabelle 10) angeboten bzw. nachgefragt werden. Die
Ergebnisse seitens der Unternehmen sollten allerdings aufgrund der kleinen Stichprobe
(n=9) mit Vorsicht betrachtet werden.
Tabelle 9 zeigt, dass das individuelle Mentoring, bestehend aus einem Mentor und einem
Mentee, zu den beliebtesten Dienstleistungen im Bereich des Mentoring zählt. 60,2% der
Coaches bieten individuelles Mentoring sehr oft (17,2%) oder oft (43%) an, während 55,6%
der Unternehmen dies sehr oft nachfragen. Mentoring für Führungskräfte wird seitens der
Coaching-Anbieter auch sehr oft (14%) oder oft (37,6%) angeboten, wobei es von den Kun-
den ausschließlich sehr selten oder sogar nie nachgefragt wird. Anbieterseitig muss es sich
hier nicht zwangsläufig um die eigentliche Durchführung des Mentorings handeln, vielmehr
24,6%14,8%
75,4%85,2%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Coaches(n=378)
Unternehmen(n=61)
Werden Dienstleistungen im Bereich des Mentoring angeboten
(Coaches) bzw. nachgefragt (Unternehmen)?
Nein
Ja
27
fließen hier auch die Unterstützung-Angebote bei der Organisation des (Cross-)Mentorings
im Unternehmen, beispielsweise im Matching-Prozess zwischen Menor und Mentee, ein.
Ähnlich widersprüchlich verhält es sich beim Inhouse-Mentoring, welches nur von 3,2% der
Coaches sehr oft angeboten wird, während auf der anderen Seite 55,6% der Unternehmen
diese Dienstleistung sehr oft nachfragen. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass der
Anteil von 55,6% aufgrund der Stichprobe nur einer Anzahl von 5 Probanden entspricht.
Tabelle 9: Dienstleistungen im Bereich des Mentoring
In der folgenden Tabelle 10 wird näher analysiert, welche Dienstleistungen im Bereich des
Cross-Mentoring am meisten angeboten und nachgefragt werden. Mentoring für Führungs-
kräfte, zu den populärsten Dienstleistungen im Bereich des Mentoring gehörend, wird im Be-
reich des Cross-Mentoring am häufigsten von den Coaches angeboten (12,9% sehr oft, 29%
oft), und auch oft (22,2%) von den Unternehmen nachgefragt. Allgemein zeigt sich jedoch,
dass die Dienstleistungen im Bereich des Cross-Mentoring aktuell nur bedingt populär sind,
da fünf von den sechs Dienstleistungen zu einem Großteil sehr selten oder nie angeboten
bzw. nachgefragt werden.
Tabelle 10: Dienstleistungen im Bereich des Cross-Mentoring
Abschließend wurden sowohl Coaches/Mentoring-Anbieter als auch Kunden darum gebeten,
auf einer fünfstufigen Skala ihre Einschätzung zu verschiedenen Aussagen bezüglich des
Mentorings anzugeben. In Tabelle 11 sind die Ergebnisse abgebildet. Auf den ersten Blick ist
erkennbar, dass sich Coaches und Unternehmen dahingehend einig sind, dass Mentoring zu
einem hohen Grad vom Erfahrungswissen des Mentors lebt. Dieser Aussage wurde zu
(Coaches in grün n=93, Unternehmen in blau n=9)
Individuelles Mentoring (1zu1) 17,2% 55,6% 43,0% 0,0% 28,0% 44,4% 2,2% 0,0% 9,7% 0,0%Mentoring für Führungskräfte 14,0% 0,0% 37,6% 0,0% 22,6% 0,0% 7,5% 22,2% 18,3% 77,8%Inhouse-Mentoring (Org. des Mentorings) 3,2% 55,6% 17,2% 22,2% 28,0% 0,0% 10,8% 0,0% 40,9% 22,2%Talent-Mentoring 4,3% 0,0% 16,1% 55,6% 30,1% 0,0% 16,1% 0,0% 33,3% 44,4%Gruppen-Mentoring 4,3% 0,0% 15,1% 0,0% 22,6% 22,2% 15,1% 0,0% 43,0% 77,8%Cross-Mentoring 2,2% 0,0% 7,5% 0,0% 14,0% 77,8% 17,2% 11,1% 59,1% 11,1%
sehr selten nie
Angebotene / nachgefragte Dienstleistungen im Bereich des Mentoring
sehr oft oft selten
(Coaches in grün n=93, Unternehmen in blau n=9)
Mentoring für Führungskräfte 12,9% 0,0% 29,0% 22,2% 14,0% 0,0% 9,7% 55,6% 34,4% 22,2%Branchenübergreifendes Cross-Mentoring 2,2% 0,0% 6,5% 22,2% 18,3% 33,3% 15,1% 22,2% 58,1% 22,2%Matching-Prozess Mentor/ Mentee 3,2% 0,0% 10,8% 0,0% 11,8% 22,2% 16,1% 22,2% 58,1% 55,6%Equal-Gender 3,2% 0,0% 9,7% 0,0% 15,1% 22,2% 11,8% 22,2% 60,2% 55,6%Reverse-Mentoring (Mentee älter als Mentor) 2,2% 0,0% 0,0% 22,2% 18,3% 0,0% 17,2% 22,2% 60,2% 55,6%Cross-Gender 0,0% 0,0% 8,6% 0,0% 17,2% 22,2% 11,8% 22,2% 62,4% 55,6%
sehr oft oft selten sehr selten nie
Angebotene / nachgefragte Dienstleistungen im Bereich des Cross-Mentoring
28
84,9% (Coaches) bzw. 88,5% (Unternehmen) sehr stark oder stark zugestimmt. Weiterhin
stimmen Coaches und Unternehmen dahingehend überein, dass Mentoring ein eher subjek-
tiv als objektiv gespeister Austausch von Wissen ist (35,7% der Coaches bzw. 47,7% der
Unternehmen stimmen der Aussage stark zu). Auffällig ist außerdem, dass sich Kunden und
Unternehmen einig sind, dass Coaching nicht von Mentoring ersetzt wird (74,9% der Coa-
ches bzw. 68,8% der Unternehmen stimmen der Aussage nur schwach oder nicht zu).
Tabelle 11: Aussagen zum Mentoring
6. Anlässe für den Einsatz von Coaching in Organi-sationen
In der vorliegenden Studie wurde viel über die Voraussetzungen und die Organisation von
Coaching geschrieben. Doch worum geht es im Coaching eigentlich konkret? Um die Frage
nach Coaching-Anlässen beantworten zu können, wurde in der ersten Marburger Coaching-
Studie 2009 in offener Form nach Anlässen und Gründen für den Einsatz von Coaching in
Organisationen gefragt. Die Angaben der Probanden wurden nach einer qualitativen Auswer-
tung (nach Kuckartz et al. 2008) in Kategorien zusammengefasst und später in den darauf-
folgenden Marburger Coaching-Studien in geschlossener Form zur Verifizierung erneut ab-
gefragt. In Tabelle 12 sind die Coaching-Anlässe von Coaches (grün) und Kunden (blau)
nach ihrer Häufigkeit markiert.
(Coaches in grün n=378, Unternehmen in blau n=61)
...lebt vom Erfahrungswissen des Mentors 40,2% 57,4% 44,7% 31,1% 10,8% 8,2% 1,6% 3,3% 2,6% 0,0%
...ist ein eher subjektiv als objektiv gespeister Austausch von Wissen 12,4% 19,7% 35,7% 37,7% 35,7% 34,4% 10,6% 8,2% 5,6% 0,0%...ist ein "miteinander Reden" 12,2% 11,5% 33,6% 50,8% 31,7% 26,2% 15,1% 8,2% 7,4% 3,3%...findet auf Augenhöhe statt 19,6% 8,2% 24,9% 57,4% 28,6% 26,2% 16,4% 4,9% 10,6% 3,3%...erfordert ein hohes Maß an methodischem Wissen 9,8% 23,0% 28,8% 34,4% 42,3% 31,1% 14,6% 11,5% 4,5% 0,0%...setzt vielfältige Beratungsansätze voraus 6,3% 3,3% 19,6% 19,7% 33,6% 26,2% 28,0% 34,4% 12,4% 16,4%...muss nicht face2face stattfinden 7,1% 8,2% 14,8% 14,8% 33,3% 31,1% 20,1% 34,4% 24,6% 11,5%...ist gleichzusetzen mit Beratung 3,7% 3,3% 14,8% 23,0% 38,6% 14,8% 27,5% 26,2% 15,3% 32,8%...ersetzt Coaching 0,5% 3,3% 4,2% 1,6% 20,6% 26,2% 26,7% 34,4% 47,9% 34,4%
sehr stark stark teils teils schwach nicht
Inwieweit würden Sie folgenden Aussagen zum Mentoring zustimmen?
29
Tabelle 12: Coaching-Anlässe
Es fällt auf, dass die häufigsten Coaching-Anlässe den vielfach in der Literatur beschriebe-
nen Bezug zur Reflexionsarbeit bestätigen. Der häufigste Anlass für Coaching scheint nach
Meinung der befragten Coaches und Kunden in der Reflexion über das eigene Führungsver-
halten zu liegen. 49,7% der Coaches markierten diesen Anlass mit sehr oft (32,5% oft) und
übereinstimmend markierten 47,5% der Kunden ihn mit sehr oft (34,4% oft). Dicht gefolgt
wird dieser Anlass von der kritischen Reflexion über das Problemlösungsverhalten des Coa-
chee. Coaches markierten diesen mit 31,5% sehr oft (37,8% oft); sowie auch 24,6% der
Kunden ihn mit sehr oft markierten (41% oft). Diese beiden Faktoren waren bereits bei der
letzten Studie 2013 die wichtigsten, wobei die prozentualen Anteile jeweils noch einmal zu-
genommen haben.
Aus den aufgeführten Anlässen wird klar ersichtlich, dass Coaching sehr gezielt und in ei-
nem kalkulierbaren Rahmen zur individuellen Personalentwicklung eingesetzt werden kann.
Es gehört zu den grundsätzlichen Aufgaben der Personalentwicklung, gezielt Maßnahmen
zur Erhaltung und Entwicklung der „Humanressourcen“ im Unternehmen zu ergreifen.
Coaching ist ein Format, welches als Personalentwicklungsmaßnahme in besonders effekti-
ver Weise dazu dienen kann (Gross 2013):
Coaching Anlässe
(Coaches in grün, n=378, Unternehmen in blau, n=61)
Reflexion über das eigene Führungsverhalten 49,7% 47,5% 32,5% 34,4% 11,1% 13,1% 3,4% 1,6% 3,2% 3,3%Kritische Reflexion über Problemlösungsverhalten des Coachee 31,5% 24,6% 37,8% 41,0% 18,8% 21,3% 6,1% 9,8% 5,8% 3,3%Hilfe bei Entscheidungsfindung 23,5% 14,8% 42,6% 18,0% 20,6% 37,7% 9,3% 14,8% 4,0% 14,8%Standortbestimmung/ Zielklärung/ Bilanzierung 25,4% 26,2% 37,3% 26,2% 20,1% 24,6% 9,3% 11,5% 7,9% 11,5%Konfliktmanagement/ Konfliktbearbeitung/ Mobbing 23,3% 19,7% 37,0% 23,0% 22,0% 31,1% 8,7% 14,8% 9,0% 11,5%Arbeit am persönlichen Auftreten 17,2% 23,0% 33,9% 34,4% 25,9% 27,9% 11,9% 8,2% 11,1% 6,6%Gesprächsverhalten in Mitarbeitergesprächen 16,4% 14,8% 35,7% 32,8% 24,6% 27,9% 12,4% 8,2% 10,8% 16,4%Stärken-Schwächen-Analyse des Coachee 19,8% 21,3% 31,5% 18,0% 23,0% 36,1% 12,4% 13,1% 13,2% 11,5%Visionen entwickeln 20,9% 13,1% 31,7% 18,0% 22,5% 26,2% 14,3% 27,9% 10,6% 14,8%Leistungs-/ Motivations-/ Kreativitätsblockaden auflösen 15,1% 11,5% 34,4% 21,3% 28,8% 36,1% 11,9% 16,4% 9,8% 14,8%Work-Life-Balance 18,0% 16,4% 28,6% 14,8% 27,8% 29,5% 13,8% 21,3% 11,9% 18,0%Karriere-Coaching 20,1% 9,8% 27,0% 14,8% 23,0% 34,4% 14,3% 14,8% 15,6% 26,2%Einarbeiten neuer Führungskräfte/ Job-Einführung/ Rollenentwicklung 14,8% 26,2% 25,1% 31,1% 23,8% 16,4% 18,3% 8,2% 18,0% 18,0%Aktivierung ungenutzter Ressourcen des Coachees 17,5% 23,0% 23,0% 19,7% 25,4% 9,8% 16,4% 23,0% 17,7% 24,6%Coaching mit Ratschlag (Coach als Ideengeber) 11,4% 6,6% 31,0% 14,8% 25,7% 26,2% 16,9% 37,7% 15,1% 14,8%Reflexion über Strategieentwicklung 13,5% 11,5% 28,0% 21,3% 25,1% 23,0% 13,5% 27,9% 19,8% 16,4%Reibungsverlustreduktion in Top-Down-Kommunikation 9,8% 11,5% 26,7% 13,1% 28,3% 36,1% 16,7% 18,0% 18,5% 21,3%Reduktion von Komplexität/ Overload 10,6% 8,2% 19,0% 23,0% 26,7% 27,9% 19,8% 23,0% 23,8% 18,0%Burn-Out-Prävention und Nachsorge 10,6% 13,1% 18,5% 19,7% 24,3% 23,0% 23,3% 24,6% 23,3% 19,7%Unterstützung von Innovationsprozessen 7,4% 9,8% 18,3% 13,1% 23,5% 29,5% 23,8% 26,2% 27,0% 21,3%Optimierung des Projektmanagements 7,1% 8,2% 15,3% 9,8% 25,9% 24,6% 23,0% 37,7% 28,6% 19,7%Expertisenausgleich durch unabhängige externe Sicht 5,6% 6,6% 13,0% 16,4% 17,5% 19,7% 19,6% 32,8% 44,4% 24,6%Outplacement/ Vorbereitung auf Jobwechsel/ Rente 9,3% 9,8% 8,5% 9,8% 17,7% 19,7% 20,9% 18,0% 43,7% 42,6%Begleitung einer Existenzgründung 6,3% 11,5% 9,5% 0,0% 20,1% 4,9% 21,7% 9,8% 42,3% 73,8%Genderbezogene Themen 4,2% 11,5% 9,8% 8,2% 13,5% 23,0% 17,5% 3,3% 55,0% 54,1%Begleitung einer Unternehmensübergabe/-nachfolge 3,2% 11,5% 6,1% 0,0% 19,8% 11,5% 17,2% 11,5% 53,7% 65,6%Vorbereitung auf und Betreuung während eines Auslandseinsatzes 3,4% 6,6% 2,6% 4,9% 8,5% 16,4% 11,9% 21,3% 73,5% 50,8%
sehr oft oft selten sehr selten nie
30
Defizite im Wissensstand sowie der Leistungs- und Anpassungsfähigkeit von Human-ressourcen zu beheben;
präventive Maßnahmen zu ergreifen, um den Wissens- und Leistungsstand zu schüt-zen sowie
Potentiale im Wissens- und Leistungsstand von Humanressourcen zu erschließen und zu fördern.
7. Zur Entwicklung des Coaching-Marktes
Wie entwickelt sich der Coaching-Markt? Diese Frage lässt sich aus verschiedenen Blick-
winkeln beantworten. Aufgezeigt wurden bereits Entwicklungen bei der Organisation und
dem Marketing von Coaching. Mit einem Fokus wurde auch untersucht, ob es einen Trend
hin zur Erweiterung des Marktes um Mentoring gibt. In der folgenden Darstellung liegt nun
ein Schwerpunkt auf der Entwicklung der Umsatz- und Auftragszahlen. Vorab gewährt Tabel-
le 13 jedoch Einblicke darüber, auf welchen Hierarchieebenen Coaching heute eingesetzt
wird. In der Tabelle werden die Angaben der Coaches (grün) und die Angaben der Kunden
(blau) zu den Hierarchieebenen ihrer Coachees dargestellt. Auffällig ist, dass, wie bereits in
den letzten Jahren, die Schwerpunkt-Zielgruppe von Coaching-Dienstleistungen im mittleren
und gehobenen Management bei Führungskräften liegt. 44,7% der Coaches gaben an, oft
mit Coachees aus dem gehobenen Management zu arbeiten. 54,1% der Kunden markierten
diese Zielgruppe ebenfalls mit oft. 52,9% der Coaches markierten auch das mittlere Ma-
nagement als Coachees, mit welchen oft zusammengearbeitet wird. Ein Anteil von 42,6%
der Kunden bestätigte diese Einschätzung ebenfalls mit oft.
Tabelle 13: Einsatzebenen von Coaching
Das Thema „Coaching in anderen Sprachen“ wurde nach der 2. und 3. Marburger-Coaching-
Studie 2011 und 2013 nun zum dritten Mal aufgegriffen. In den vergangenen Studien schien
sich der Trend abzuzeichnen, dass die Nachfrage in diesem Bereich steigt. Die aktuellen Er-
gebnisse deuten jedoch eher auf eine Stagnation bei dem Angebot sowie der Nachfrage hin.
So zeigt Abbildung 17, dass 37% der Coaches laut der aktuellen Coaching-Studie ihre
Dienstleistungen auch in anderen Sprachen neben Deutsch anbieten (2013: 37,2%). Auf der
Auf welchen Unternehmensebenen Coaches arbeiten(Coaches in grün n=378, Unternehmen in
blau n=61)
Top Management/ Executives 14,8% 18,0% 28,0% 37,7% 21,2% 21,3% 15,6% 16,4% 20,4% 6,6%Gehobenes Management 26,2% 13,1% 44,7% 54,1% 15,9% 26,2% 4,2% 3,3% 9,0% 3,3%Mittleres Management 27,5% 14,8% 52,9% 42,6% 11,9% 31,1% 3,7% 8,2% 4,0% 3,3%Nachwuchsführungskräfte 19,6% 9,8% 32,8% 34,4% 26,7% 37,7% 12,7% 11,5% 8,2% 6,6%Mitarbeiter 15,9% 6,6% 26,5% 14,8% 22,5% 21,3% 19,6% 41,0% 15,6% 16,4%
sehr oft oft selten sehr selten nie
31
Seite der Unternehmen gaben in der aktuellen Studie 32,8% der Probanden an, Coaching in
anderen Sprachen nachzufragen (2013: 32,2%).
Abbildung 17: Coaching in anderen Sprachen
Die nachfolgende Tabelle 14 greift dieses Thema nochmals auf und gewährt einen Einblick
zur Häufigkeit des Einsatzes von Coaching in anderen Sprachen. Auffällig ist, dass außer
Englisch kaum eine andere Sprache stark angeboten oder nachgefragt wird. Coaching in
anderen Sprachen stellt im deutschsprachigen Raum folglich nach wie vor eine Nische dar.
Zu den Kunden von Coaching in anderen Sprachen zählen in den meisten Fällen internatio-
nale Unternehmen, die Coaching für ihr internationales Personal buchen.
Tabelle 14: Angebotene / nachgefragte Sprachen im Coaching
Wie haben sich die Auftragszahlen für Coaches in den letzten Jahren verändert? Tabelle 15
gibt einen Überblick zur Entwicklung der Auftragslage von Coaches über die letzten zehn
37,0% 32,8%
63,0% 67,2%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Coaches(n=378)
Unternehmen(n=61)
Wird Coaching auch in anderen Sprachen angeboten / nachgefragt?
Nein
Ja
Angebotene / nachgefragte Sprachen(Coaches in grün n=140,
Unternehmen in blau n=20)
Englisch 16,4% 45,0% 35,0% 25,0% 35,0% 20,0% 13,6% 10,0% 0,0% 0,0%Französisch 0,0% 0,0% 0,7% 15,0% 7,1% 10,0% 3,6% 25,0% 88,6% 88,6%Spanisch 0,7% 0,0% 1,4% 10,0% 4,3% 5,0% 2,9% 20,0% 90,7% 90,7%Chinesisch 0,7% 5,0% 0,0% 15,0% 0,0% 5,0% 0,0% 15,0% 97,1% 99,3%Portugiesisch 1,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,7% 5,0% 0,7% 20,0% 97,9% 97,1%Russisch 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 1,4% 10,0% 0,7% 25,0% 99,3% 97,9%Arabisch 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,7% 15,0% 0,7% 15,0% 98,6% 98,6%Türkisch 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,7% 15,0% 0,0% 5,0% 99,3% 99,3%Sonstige 0,7% 15,0% 2,1% 5,0% 2,9% 15,0% 2,9% 15,0% 91,4% 91,4%
sehr oft oft selten sehr selten nie
32
Jahre. Es zeigt sich, dass die Nachfrage in den letzten zwei Jahren wieder stark zugenom-
men hat, nachdem es zwischen 2011 und 2014 zu einem starken Rückgang kam. Im Jahr
2015 ist die durchschnittliche jährliche Auftragsanzahl mit 29 so hoch wie nie zuvor. Diese
Entwicklung spiegelt sich auch in Abbildung 18 bei den anteiligen Umsatzzahlen von Coa-
ches wider.
Tabelle 15: Coaching-Aufträge als externer Coach
Auch die Stundensätze im Coaching scheinen sich weiter positiv zu entwickeln. Tabelle 16
gibt einen Überblick zur Entwicklung der Stundensätze im Coaching-Markt. Im Jahr 2015 lag
der Durchschnitt der Stundensätze, die Coaches angaben, bei 214,65 Euro brutto. Der
durchschnittliche Stundensatz, den Unternehmen für Coaches bezahlt haben, liegt auf einem
ähnlichen Level, wenn auch etwas höher bei 236,44 Euro. Dies lässt sich in erster Linie mit
den unterschiedlich großen Stichproben erklären.
Tabelle 16: Coaching-Stundensätze (Brutto)
Neben der Abrechnung nach Stundensätzen werden Coachings häufig auch mit Tagessät-
zen berechnet. Der durchschnittliche Brutto-Tagessatz lag im Jahr 2015 bei 1.510,74 Euro.
Das Maximum für einen Tagessatz lag bei 1.809,20 Euro. Nach Angaben der Kunden lag
das durchschnittliche Tageshonorar bei 1.367,54 Euro, wobei maximal 2.500,00 Euro ge-
zahlt wurden. Der Tagessatz aus Sicht der Coaches hat im Vergleich zu 2012 (1.259,41 Eu-
Jahr ø Aufträge n
2006 17,1 2752007 17,1 3162008 19,8 3682009 21,3 4152010 24,4 5132011 17,6 8752012 20,0 9282013 19,9 3782014 23,2 3782015 29,0 378
Coaching-Aufträge als Externer
Jahr Coaches Unternehmen
2011 162,31 € 184,32 €
2012 169,73 € 188,85 €
2013 183,06 € 196,99 €
2014 197,99 € 215,02 €
2015 214,65 € 236,44 €
Durchschnittliche Brutto Coaching-Stundensätze
(Coaches n=378, Unternehmen n=61)
33
ro) deutlich zugenommen, während das Tageshonorar aus Sicht der Kunden etwas zurück-
gegangen ist (2012: 1.494,47 Euro). Tabelle 17 zeigt überblickend, dass der durchschnittli-
che Jahresumsatz der Coaches in den vergangenen Jahren bis auf 38.318,24 Euro in 2015
angestiegen ist.
Tabelle 17: Brutto-Jahresumsatz von Coaches
Wirft man einen Blick auf die Umsatzanteile, die die Coaches in den letzten Jahren durch
Coaching erwirtschaftet haben (Abbildung 18), so fällt auf, dass der Anteil nach dem Ein-
bruch in 2011 wieder stetig angestiegen ist. Der Anteil der Coaches, die zu 100% von
Coaching leben, ist die letzten Jahre hingegen auf demselben Niveau geblieben, nämlich bei
8%.
Abbildung 18: Umsatzanteile von Coaches durch Coaching
Jahr ø
2011 29.506,64 €
2012 28.567,79 €
2013 32.088,81 €
2014 35.536,35 €
2015 38.318,24 €
Jahresumsatz (brutto) mit Coaching (n=378)
32%34% 34% 35% 35% 36% 37% 37%
40% 41% 42%
32%34% 34%
36%39%
9% 9% 8%10%
8% 8% 9% 10% 11% 12% 11%8% 8% 8% 8% 8%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Umsatzanteile von Coaches durch Coaching
Umsatzanteil durch Coaching(2000-2015 n=189,196,216,240,259,295,350,403,453,509,619,1013,1071,378,378,378)
34
Aus ökonomischer Sicht spricht ein eintretender Differenzierungswettbewerb, wie er sich
bspw. durch neue Formatangebote in Form des Coachings mit neuen Medien andeutet, da-
für, dass eine Sättigungsgrenze erreicht sein könnte. Die Coaching-Pools vieler großer Un-
ternehmen sind bereits gefüllt und werden allenfalls noch durch Austausch verändert. Nach
wie vor scheinen jedoch noch Entwicklungspotentiale für die Nachfrage bei mittelständischen
Unternehmen zu bestehen. Im Folgenden werden Faktoren vorgestellt, welche die weitere
Entwicklung des Coaching-Marktes aus Sicht von Coaches und Kunden weiter beeinflussen
könnten.
Die weitere Entwicklung des Coaching-Marktes in Bezug auf sein Volumen wird in Zukunft
davon abhängen, inwieweit es gelingen kann, zusätzliche Nachfrage zu generieren. Das
kann zum einen über eine erhöhte Penetrationsrate gelingen, also bestehenden Kunden
mehr Coaching-Dienstleistungen zu verkaufen, oder aber zum anderen durch das Gewinnen
neuer Kunden. Diese neuen Kundensegmente können im bestehenden Markt durch ein diffe-
renziertes Angebot entstehen, also bspw. durch das Anbieten neuer Coaching-Formate, oder
das Erschließen von Kundensegmenten, die bisher Coaching noch nicht in dem Umfang nut-
zen, wie sie könnten. Marktpotenzial besteht in dieser Hinsicht sicherlich bei mittelständi-
schen Unternehmen. Insgesamt wird die Entwicklung des Marktes auch davon abhängen,
wie sich das Image von Coaching weiterentwickelt. Coaching ist eine wissensintensive und
erklärungsbedürftige Dienstleistung. Es ist wichtig, offen und ehrlich über Chancen und Risi-
ken von Coaching zu sprechen. Für die Bewerbung und Imagearbeit steht jeder Coach in der
Verantwortung. Marketing und Imagepflege kann nicht nur durch Verbände betrieben wer-
den. Explizit sei an dieser Stelle auch ein Appell zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbei-
ten zum Coaching formuliert: Unterstützen Sie Forschungsarbeiten im Themenfeld
Coaching! Es ist wichtig, dass über Coaching weiter seriös geforscht und publiziert wird.
Coaches und Kunden wurden weiterhin darum gebeten, Faktoren hinsichtlich ihres Einflus-
ses auf die Wettbewerbssituation im Markt zu bewerten (Tabelle 18). Als einflussreichster
Faktor wurden hier seitens der Coaches die leichten Eintrittsmöglichkeiten in den Markt ge-
sehen (sehr stark: 28,6%, stark: 31,5%), während aus Sicht der Kunden der Coaching-
Ansatz (z.B. systemisch) den größten Einfluss auf die Wettbewerbssituation hat (sehr stark:
37,7%, stark: 41%). Auch die Konsolidierung und Konzentration im Angebot sowie neue
Wettbewerber in Form von Hochschulen als Coaching-Ausbilder werden als relevante Wett-
bewerbsfaktoren betrachtet. Die Internationalisierung im Sinne multinationaler Kunden oder
Coaches wird hingegen als weniger starker Einflussfaktor gesehen.
35
Tabelle 18: Wettbewerbsfaktoren im Coaching-Markt
Es wird ein Thema für die nächsten Coaching-Studien sein, die aufgelisteten Wettbewerbs-
faktoren genauer zu analysieren. Dabei sind wir weiter auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Denn tatsächliche Vergleichsanalysen zwischen den Studien lassen sich nur bilden, wenn
dieselben Teilnehmer wiederholt auf die Fragen der Coaching-Studien antworten. Auf diese
Weise können Sie als Kunden und Coaches ganz unmittelbar zur Transparenz im Markt bei-
tragen.
Insgesamt zeichnen die vorliegenden Ergebnisse der 4. Marburger Coaching-Studie ein po-
sitives Bild für die nähere Zukunft des Coaching-Marktes. Auftrags- und Umsatzzahlen sind
einigermaßen stabil und es besteht weiterhin Wachstumspotential. Es verdichten sich zudem
die Indizien der zunehmenden Professionalisierung des Marktes. Wir hoffen, die vorliegen-
den Ergebnisse nützen Ihnen bei Ihrer Arbeit!
(Coaches in grün n=378, Unternehmen in blau n=61)
Leichte Markteintrittsmöglichkeiten 28,6% 18,0% 31,5% 26,2% 26,5% 39,3% 9,5% 11,5% 4,0% 4,9%Coaching-Ansatz (z.B. systemisch) 9,3% 37,7% 34,1% 41,0% 38,4% 18,0% 15,1% 1,6% 3,2% 1,6%Konsolidierung und Konzentration im Angebot 7,4% 19,7% 33,1% 19,7% 37,3% 37,7% 17,2% 14,8% 5,0% 8,2%Neue Wettbewerber: Hochschulen als Coaching Ausbilder 7,4% 23,0% 25,7% 23,0% 37,8% 24,6% 22,8% 26,2% 6,3% 3,3%Neue Wettbewerber: Hochschulen als Anbieter von Coaching-Dienstleistungen 6,6% 14,8% 17,2% 19,7% 34,7% 23,0% 30,4% 26,2% 11,1% 16,4%Internationalisierung: Deutsche Coachs bieten auch international an (Multinationale Kunden) 2,4% 14,8% 17,7% 14,8% 37,3% 42,6% 33,9% 27,9% 8,7% 0,0%Internationalisierung: Coachs aus dem Ausland bieten auch auf dem deutschen Markt an (Multinationale Coaches) 1,6% 8,2% 7,1% 11,5% 31,7% 37,7% 44,7% 37,7% 14,8% 4,9%
sehr stark stark teils teils schwach nicht
Welchen Faktoren beeinflussen die Wettbewerbssituation im Coachingmarkt?
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Literatur
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Stephan, M./Gross, P.-P. (Hrsg.) (2011): Organisation und Marketing von Coaching, Wies-baden 2011.
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Wer verbirgt sich hinter den Studien?
Michael Stephan ist Universitätsprofessor und Inhaber des wirtschaftswissenschaftlichen Ar-
beitsgruppe Technologie- und Innovationsmanagement an der Philipps-Universität Marburg.
Einer seiner Forschungsschwerpunkte liegt auf wissensintensiven Dienstleistungen (insbes.
Coaching). Michael Stephan ist einer der ersten Wirtschaftswissenschaftler, der sich mit dem
Thema Coaching aus einer ökonomischen Perspektive heraus auseinandersetzt.
Christian Rötz ist Doktorand an der Arbeitsgruppe Technologie- und Innovationsmanage-
ment an der Philipps-Universität Marburg. Zudem ist er Ansprechpartner für die Existenz-
gründungsberatung & -förderung am Marburger Institut für Innovationsforschung und Exis-
tenzgründungsförderung (MAFEX). In seiner Tätigkeit als Gründungsberater spielt das
Coaching auch eine tragende Rolle.