beobachtet. Nach der neueren Theorie des Kristall...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Stufen- und spiralförmiges Kristallwachstum bei Hochpolymeren Von E . W . FISCHER Institut für Physikalische Chemie der Universität Mainz (Z. Naturforschg. 12 a, 753 [1957] ; eingegangen am 5. September 1957) Neben der molekularen Ordnung im Gitter tritt bei kristallisierenden Hochpolymeren noch eine übermole- kulare Ordnung auf, die sich über Bereiche bis zu 100 /z erstrecken kann und im Polarisationsmikroskop, meistens als Sphärolith, sichtbar wird 1 . Diese mikro- skopischen Formen sind stets von einer morphologi- schen Feinstruktur begleitet, die nur elektronenmikro- skopisch aufgelöst werden kann. Sie tritt auch dann auf, wenn lichtmikroskopisch an Stelle der typischen Merk- male der Sphärolithe (Auslöschungen in Schwingungs- richtung der Nicols) nur noch punktförmige Aufhellun- gen zu erkennen sind 2 . Bisher wurde angenommen, daß die Sphärolithe aus radial verlaufenden Fibrillen aufgebaut sind 3 . Da je- doch die Molekülketten im Sphärolith bevorzugt nicht radial, sondern tangential gelagert sind, mußte ange- nommen werden, daß die Fibrillen aus schraubenförmig angeordneten Makromolekülen bestehen 4 . — Die Ober- flächen von dünnen Filmen verschiedener Hochpoly- merer, die aus der Lösung oder aus der Schmelze kri- stallisiert waren, wurden von uns elektronenmikrosko- pisch untersucht. Dabei stellte es sich heraus, daß bei Niederdruck-Polyäthylenen keine Fibrillen, sondern stufenartige Feinstrukturen auftreten. Als Beispiel zeigt Abb. 1 * die Oberfläche eines aus der Schmelze kristalli- sierten Filmes von Z i e g 1 e r-Polyäthylen (Af = 35000) mit einem in bezug auf die Aufdampfrichtung „bergab" führenden Stufensystem. Die Stufenhöhe läßt sich aus der Länge der Aufdampfschatten berechnen; sie beträgt 70 ± 15 Ä. Die Stufenstruktur tritt nicht nur beim Niederdruck- Polyäthylen, sondern auch beim verzweigten, weniger gut kristallisierenden Hochdruck-Polyäthylen auf. Auch beim 11-Nylon (Rilsan) und 6,6-Nylon wurde von uns diese Struktur beobachtet 2 . Beim 6-Nylon (Perlon) kann nicht eindeutig unterschieden werden, ob sich bei der Kristallisation Fibrillen oder eng beieinanderlie- gende Stufen ausbilden. Die Elektronenbeugungsver- suche an dünnen, aus Lösung kristallisierten Perlon- Filmen, über die noch ausführlich berichtet wird, spre- chen jedoch auch in diesem Falle für stufenartige Struktur. Wachstumsstufen werden auf der Oberfläche nieder- molekularer Kristalle, z. B. auch bei Paraffinen 5 häufig 1 W. BRENSCHEDE, in H. A. STUART, Physik der Hochpolyme- ren, Bd. III, S. 500 ff. 2 E. W. FISCHER U. H. A. STUART, Koll.-Z., in Vorbereitung. 3 W. M. D. BRYANT, J. Polym. Sei. 16. 131 [1955]. 4 A. KELLER, Nature, Lond. 171, 170 [1953] ; J. Polym. Sei. 17, 291 [1955]. * Abb. 1 bis 5 auf Tafel S. 736 a,b. 5 I. M. DAWSON u. V. VAND, Proc. Roy. Soc., Lond. A 206, 555 [1951]. beobachtet. Nach der neueren Theorie des Kristall- wachstums 6 verlaufen sie zwischen den Durchstoßpunk- ten zweier Schraubenversetzungen oder zwischen einer Schraubenversetzung und dem Kristallrand. Im letzte- ren Fall bilden sich Wachstumsspiralen aus. Beim Fort- schreiten des Wachstums erneuern sich diese Stufen im- mer wieder von selbst, so daß keine wiederholte Keim- bildung auf den wachsenden Kristallflächen erforderlich ist. Die regelmäßige Ausbildung der Stufensysteme beim Polyäthylen, z. B. in den Abb. 1 und 5, läßt ver- muten, daß auch bei Hochpolymeren der gleiche Me- chanismus wirksam werden kann. Um dies zu prüfen, wurde die Kristallisation von Niederdruck-Polyäthylen aus verdünnten Xylol-Lösun- gen untersucht. Dabei entstehen, wie kürzlich auch von anderer Seite festgestellt wurde 7 , dünne Kristall-Blätt- chen. Wir konnten nun feststellen, daß bei M a r 1 e x 50 und bei Z i e g 1 e r - Polyäthylenen verschiedener mitt- lerer Molekulargewichte (bis zu M = 1000 000) häufig die von der Theorie geforderten Wachstumsspiralen auf- treten. Auch die Wachstumsformen, die durch Uber- lagerung der Wirkung zweier oder mehrerer Schrauben- versetzungen entstehen müssen, wurden gefunden. Im linken Teil der Abb. 2 a sind z. B. zwei Schraubenver- setzungen gleichen Vorzeichens zu sehen, deren Abstand größer ist als der Radius des kritischen Keimes und die daher zu sich überlagernden Wachstumspiralen ge- führt haben 8 . Neben diesen Formen mit abgerundeten Wachstumsstufen sind auch häufig Spiralen mit rauten- förmigem Grundriß zu finden, vgl. Abb. 2 b. Diese Aufnahmen und Untersuchungen an höher kon- zentrierten Lösungen und an Schmelzen 2 lassen den Schluß zu, daß Polyäthylen und die anderen erwähnten Hochpolymeren in Gestalt dünner Lamellen kristalli- sieren, wobei Schraubenversetzungen entstehen können, die zur Ausbildung geordneter Stufensysteme führen. Die Orientierung der linearen Makromoleküle in den Polyäthylen-Blättchen wurde durch Elektronenbeugungs- versuche festgestellt. Das Beugungsdiagramm Abb. 3 eines mit Blättchen belegten Präparates zeigt über- raschend scharfe Elektroneninterferenzen, die sich an Hand der bekannten Elementarzelle 9 indizieren lassen. Durch Kippen des Präparatträgers gegen die Strahl- richtung stellt man fest, daß alle zur Zonenachse [001] gehörigen Ebenen annähernd senkrecht zur Blättchen- ebene liegen. Die Kettenachsen der Makromoleküle lie- gen also parallel zur Blättchen-Normalen, unabhängig davon, ob das Polyäthylen auf einer Glas- oder Stein- salzunterlage kristallisierte. Damit ist die Möglichkeit ausgeschlossen, daß die Lamellen aus schraubenförmi- gen Fibrillen aufgebaut sind, wie es von PECK und KAYE 10 angegeben wurde. 8 F.C.FRANK, Disc. Faraday Soc. 5 . 4 8 [1949]. - F. C. FRANK U. H. H. WILLS, Adv. Phys. 1 , 9 1 [1952], 7 P. H. TILL, J. Polym. Sei. 2 4 , 3 0 1 [1957], 8 A. R. VERMA, Crystal Growth and Dislocations, London 1953. 9 C. W. BUNN, Trans. Faraday Soc. 3 5 , 4 8 2 [1939]. 10 V. PECK U. W. KAYE, Meeting of the Amer. Soc. Electron- microscopy 1956.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Stufen- u n d sp i ra l f ö rm iges K r i s t a l lwa ch s t um

bei H o c h p o l y m e r e n

V o n E . W . F I S C H E R

Institut für Physikalische Chemie der Universität Mainz (Z . Naturforschg. 12 a , 753 [1957] ; e ingegangen am 5. September 1957)

Neben der molekularen Ordnung im Gitter tritt bei

kristallisierenden Hochpolymeren noch eine übermole-

kulare Ordnung auf, die sich über Bereiche bis zu

100 /z erstrecken kann und im Polarisationsmikroskop,

meistens als Sphärolith, sichtbar wird 1. Diese mikro-

skopischen Formen sind stets von einer morphologi-

schen Feinstruktur begleitet, die nur elektronenmikro-

skopisch aufgelöst werden kann. Sie tritt auch dann auf,

wenn lichtmikroskopisch an Stelle der typischen Merk-

male der Sphärolithe (Auslöschungen in Schwingungs-

richtung der Nicols) nur noch punktförmige Aufhellun-

gen zu erkennen sind 2.

Bisher wurde angenommen, daß die Sphärolithe aus

radial verlaufenden Fibrillen aufgebaut sind3. Da je-

doch die Molekülketten im Sphärolith bevorzugt nicht

radial, sondern tangential gelagert sind, mußte ange-

nommen werden, daß die Fibrillen aus schraubenförmig

angeordneten Makromolekülen bestehen 4. — Die Ober-

flächen von dünnen Filmen verschiedener Hochpoly-

merer, die aus der Lösung oder aus der Schmelze kri-

stallisiert waren, wurden von uns elektronenmikrosko-

pisch untersucht. Dabei stellte es sich heraus, daß bei

Niederdruck-Polyäthylenen keine Fibrillen, sondern

stufenartige Feinstrukturen auftreten. Als Beispiel zeigt

Abb. 1 * die Oberfläche eines aus der Schmelze kristalli-

sierten Filmes von Z i e g 1 e r-Polyäthylen (Af = 35000)

mit einem in bezug auf die Aufdampfrichtung „bergab"

führenden Stufensystem. Die Stufenhöhe läßt sich aus

der Länge der Aufdampfschatten berechnen; sie beträgt

70 ± 15 Ä.

Die Stufenstruktur tritt nicht nur beim Niederdruck-

Polyäthylen, sondern auch beim verzweigten, weniger

gut kristallisierenden Hochdruck-Polyäthylen auf. Auch

beim 11-Nylon (Rilsan) und 6,6-Nylon wurde von uns

diese Struktur beobachtet2. Beim 6-Nylon (Perlon)

kann nicht eindeutig unterschieden werden, ob sich bei

der Kristallisation Fibrillen oder eng beieinanderlie-

gende Stufen ausbilden. Die Elektronenbeugungsver-

suche an dünnen, aus Lösung kristallisierten Perlon-

Filmen, über die noch ausführlich berichtet wird, spre-

chen jedoch auch in diesem Falle für stufenartige

Struktur.

Wachstumsstufen werden auf der Oberfläche nieder-

molekularer Kristalle, z. B. auch bei Paraffinen 5 häufig

1 W. BRENSCHEDE, in H. A. STUART, Physik der Hochpolyme-ren, Bd. III, S . 500 ff.

2 E . W . F ISCHER U . H. A . STUART, Koll.-Z., in Vorbereitung. 3 W. M. D . BRYANT, J . Polym. Sei. 1 6 . 131 [1955]. 4 A. K E L L E R , Nature, Lond. 1 7 1 , 170 [1953] ; J. Polym. Sei.

17, 291 [1955]. * Abb. 1 bis 5 auf Tafel S. 736 a,b. 5 I . M. DAWSON u. V . V A N D , Proc. Roy. Soc., Lond. A 2 0 6 ,

555 [1951].

beobachtet. Nach der neueren Theorie des Kristall-

wachstums 6 verlaufen sie zwischen den Durchstoßpunk-

ten zweier Schraubenversetzungen oder zwischen einer

Schraubenversetzung und dem Kristallrand. Im letzte-

ren Fall bilden sich Wachstumsspiralen aus. Beim Fort-

schreiten des Wachstums erneuern sich diese Stufen im-

mer wieder von selbst, so daß keine wiederholte Keim-

bildung auf den wachsenden Kristallflächen erforderlich

ist. Die regelmäßige Ausbildung der Stufensysteme

beim Polyäthylen, z. B. in den Abb. 1 und 5, läßt ver-

muten, daß auch bei Hochpolymeren der gleiche Me-

chanismus wirksam werden kann.

Um dies zu prüfen, wurde die Kristallisation von

Niederdruck-Polyäthylen aus verdünnten Xylol-Lösun-

gen untersucht. Dabei entstehen, wie kürzlich auch von

anderer Seite festgestellt wurde 7, dünne Kristall-Blätt-

chen. Wir konnten nun feststellen, daß bei M a r 1 e x 50

und bei Z i e g 1 e r - Polyäthylenen verschiedener mitt-

lerer Molekulargewichte (bis zu M = 1000 000) häufig

die von der Theorie geforderten Wachstumsspiralen auf-

treten. Auch die Wachstumsformen, die durch Uber-

lagerung der Wirkung zweier oder mehrerer Schrauben-

versetzungen entstehen müssen, wurden gefunden. Im

linken Teil der Abb. 2 a sind z. B. zwei Schraubenver-

setzungen gleichen Vorzeichens zu sehen, deren Abstand

größer ist als der Radius des kritischen Keimes und

die daher zu sich überlagernden Wachstumspiralen ge-

führt haben 8. Neben diesen Formen mit abgerundeten

Wachstumsstufen sind auch häufig Spiralen mit rauten-

förmigem Grundriß zu finden, vgl. Abb. 2 b.

Diese Aufnahmen und Untersuchungen an höher kon-

zentrierten Lösungen und an Schmelzen2 lassen den

Schluß zu, daß Polyäthylen und die anderen erwähnten

Hochpolymeren in Gestalt dünner Lamellen kristalli-

sieren, wobei Schraubenversetzungen entstehen können,

die zur Ausbildung geordneter Stufensysteme führen.

Die Orientierung der linearen Makromoleküle in den

Polyäthylen-Blättchen wurde durch Elektronenbeugungs-

versuche festgestellt. Das Beugungsdiagramm Abb. 3

eines mit Blättchen belegten Präparates zeigt über-

raschend scharfe Elektroneninterferenzen, die sich an

Hand der bekannten Elementarzelle 9 indizieren lassen.

Durch Kippen des Präparatträgers gegen die Strahl-

richtung stellt man fest, daß alle zur Zonenachse [001]

gehörigen Ebenen annähernd senkrecht zur Blättchen-

ebene liegen. Die Kettenachsen der Makromoleküle lie-

gen also parallel zur Blättchen-Normalen, unabhängig

davon, ob das Polyäthylen auf einer Glas- oder Stein-

salzunterlage kristallisierte. Damit ist die Möglichkeit

ausgeschlossen, daß die Lamellen aus schraubenförmi-

gen Fibrillen aufgebaut sind, wie es von P E C K und

K A Y E 10 angegeben wurde.

8 F . C . F R A N K , Disc. Faraday Soc. 5 . 4 8 [ 1 9 4 9 ] . - F. C .

F R A N K U . H . H . W I L L S , Adv. Phys. 1 , 9 1 [ 1 9 5 2 ] , 7 P. H . T I L L , J . Polym. Sei. 2 4 , 3 0 1 [ 1 9 5 7 ] , 8 A. R. V E R M A , Crystal Growth and Dislocations, London

1 9 5 3 . 9 C. W . B U N N , Trans. Faraday Soc. 3 5 , 4 8 2 [ 1 9 3 9 ] .

1 0 V . P E C K U . W . K A Y E , Meeting of the Amer. Soc. Electron-microscopy 1956.

Das Zusammenwachsen von Stufen, die wie in Abb. 2 a

aus verschiedenen Wachstumsspiralen stammen, ist nur

dann möglich, wenn die Stufen gleich hoch sind 8. Auch

bei Polyäthvlen-Filmen, die aus der Schmelze kristalli-

sierten, wurde festgestellt, daß sich an der Grenze zweier

Sphärolithe die von beiden Zentren ausgehenden Stu-

fen zu einer Wachstumsfront vereinigen können. Es ist

noch nicht geklärt, wie es zur Ausbildung gleichhoher

Stufen kommt. Die Stufenhöhe, die z. B. in Abb. 1 nur

1/50 der mittleren Kettenlänge des Polyäthylens be-

trägt, scheint nur ganz wenig vom Molekulargewicht

abzuhängen.

Im Polarisationsmikroskop treten bei den Sphäro-

lithen mancher Hochpolymerer außer dem Auslöschungs-

kreuz zusätzlich konzentrische dunkle Ringe oder Zick-

zacklinien auf, die durch Verunreinigungen 11 oder durch

11 E . JENCKEL, E.TEEGE U. W. HINRICHS, Koll.-Z. 1 2 9 , 1 9 [1952].

wendeiförmige Anordnung der Fibrillen 4 erklärt wur-

den. Ein Ringsystem zeigt audi in Abb. 4 der Ober-

flächenabdruck eines aus der Schmelze kristallisierten

Filmes von Polyäthylen. Die Abstände der Ringe stim-

men annähernd mit denen der lichtmikroskopischen

Aufnahme desselben Filmes überein. Eine höhere Ver-

größerung (Abb. 5) zeigt, daß die Ringe durch ver-

schiedene Orientierung der Wachstumsschichten verur-

sacht werden. Im mittleren Teil der Aufnahme liegen

die Blättchen etwa parallel zur Oberfläche, während sie

links und rechts um einen Winkel dagegengeneigt sind.

Wegen der Orientierung der Moleküle in den Blättchen

liegen die Kettenadisen stets senkrecht zum Radius des

Sphärolithen. Über Aufbau und Entstehung der Sphäro-

lithe wird später noch ausführlicher berichtet werden.

Herrn Prof. Dr. H. A. STUART danke ich für anregende

Diskussionen.

Z u r magne t i s chen K o r n g r ö ß e n b e s t i m m u n g

v o n hochd i spersem E isen u n d K o b a l t

V o n W . HENNING u n d E . VOGT

Physikalisches Institut der Universität Marburg (Z. Naturforschg. 12 a, 754—755 [1957] ; eingegangen am 5. August 1957)

Die niedrige Koerzitivkraft von frisch hergestelltem

Eisen-Amalgam und die anomale Temperaturabhängig-

keit seiner Sättigungsmagnetisierung wiesen auf äußerst

geringe Korngröße des in Quecksilber suspendierten

Eisens h i n I m Sinne von N E E L S Theorie der thermi-

schen Ummagnetisierungen kleiner Körner2 gehört zu

jedem Kornvolumen eine „Sperrtemperatur" (tempera-ture de blocage), bei deren Überschreitung das Korn

die Hystereseerscheinungen verliert und ein „quasi-

paramagnetisches" Verhalten annimmt. Aus der Form

der Magnetisierungskurve, und zwar aus der Einmün-

dung zur Sättigung, konnte in der oben erwähnten

Arbeit durch Anwendung der LANGEviNSchen Theorie

auf die quasiparamagnetischen Körner ein mittlerer

Korndurchmesser von ca. 30 Ä abgeschätzt werden.

Zur Ermittlung nicht nur der mittleren Korngröße,

sondern der Korngrößenverteilungsfunktion benutzten

W E I L und GRUNER 3 die Abnahme der Remanenz mit

steigender Temperatur. In einem Temperaturintervall

T bis T + AT verlieren diejenigen Körner ihre Re-

manenz, deren Sperrtemperatur in diesem Intervall

liegt. Nimmt die Remanenz in diesem Temperatur-

bereich von /R + ZI/R auf /R ab, so gibt das Verhältnis

2 AIR/IoO an, welchen Bruchteil von dem gesamten

Eisen diese Korngruppe ausmacht; dabei ist vorausge-

setzt, daß bei T = 0 die Remanenz h Iao beträgt. Der

Volumenbereich V + AV bis V dieser Korngruppe ergibt

sich aus N E E L S Ausdruck für die Relaxationszeit:

Vh HA

mit der eine remanente Magnetisierung nach ihrer Er-

zeugung abklingt. Die Bedingung für r < 100 sec lau-

tet dann 4 :

V h Hc/k T > 0,05 . (2)

Spontane Magnetisierung 7S , Koerzitivkraft Hc und Vo-

lumen V beziehen sich dabei auf das Einzelkorn. —

W E I L und GRUNER konnten so für die Co-Ausscheidungen

in einer Cu — Co-Legierung aus Messungen der Rema-

nenz zwischen 2,58 °K und 293 °K eine Korngrößen-

35

30

25

20

15

'•••CS © +

81 K-201 °K

\

X.

X

H +

— Hc (81°K)-210e — HC(81°K)=620 Oe

I

K

3

10 1/H

= /O E X P k T (1) Abb. 1. Temperaturabhängigkeit der Remanenz (Co-Amalgam).

1 A . M A Y E R U. E .VOGT, Z. Naturforsdig. 7 a, 3 34 [1952]. 3 L. WE IL U. Mile. L. GRUNER, C. R. Acad. Sei., Paris 243, 2 L. NEEL, Ann. Geophys. 5, 99 [1949], 1629 [1956].

4 J. J. BECKER, J. Metals, Januar 1957