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avatar history 1 avatar history Klára Gehér

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This book will give you an insight of the Phenomenon:ART IN THE METAVERSE. We will show youmany different examples of what is created hereand from many different creators as well. Many creatorsthat work in this Metaverse were so kind toexpress in this book what they think and how theyuse this virtual world as a tool to express themselvesin a total new way. Its hard to show all andeverything, there is a constant process of creating,pioneering and experimenting going on, but wehave tried to give you a good idea about what is goingon right now in the metaverse. Dont expect thisto be a list of artists with their creations, we givea random view of what is made and created, whatis written and what is thought about this wonderfulnew world, The Virtual World.Josina BurgessNazz LaneVelazquez Bonetto

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung 04Die 60-er Jahre 07Forschungsteam und Management 11Cybernetik Serendipity 14Boeing First Man 18Avatare 26Ergonomie 33Generationen der Menschmodellierung 40 Erste Generation: 2D Zeichenschablonen 41 Namenlose Zeichenschablone der Firma Rumbold 41 Jenik-Schablone Bosch-Schablone Kieler-Puppe Burg-Schablone Zweite Generation: Stand-alone Menschmodelle 45 OSCAR, FRANKY, ADAPS ANYBODY SAMMIE, HEINER Dritte Generation: Menschmodelle als CAAD Plug-in 51 ANTHROPOS JACK NASA GRAF RAMSIS SAFEWORK Vierte Generation: vollimmersive Virtual Reality Systeme 75 SANTOS DI-GUY ERGONAUT IDO:ERGONOMICSEpilog: Human Modeling Serendipity - László Ördögh 84Literaturverzeichnis 90

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Einleitung

To be sure of hitting the target, shoot first, and call whate-ver you hit the target. /Ashleigh Brilliant/

Es mag ein tapferer Tat sein, dieses Seminararbeit mit ei-nem Zitat von dem wahrscheilich einzigen professionellen Epigrammisten, Ashleigh Brilliant zu beginnen, denn er seine Berümtheit zum Teil dem Fakt dankt, dass er ge-gebenenfalls bereit ist, für seine Urheberrechte bezüglich seinen schlüssigen und geistreichen Sprüche erbitterte Kämpfe vor dem Gericht zu führen. Er wird hoffentlich diese Referenz entschuldigen, weil die vorliegende Arbeit keine kommerzielle Verwendung jemals haben wird. Sein Rat ist sehr einfach und naheliegend: wenn du nicht sicher bißt, dass du den Zielpunkt treffen kannst, dann schieße zuerst und bestimme den Zielpunkt dort, wohin du getrof-fen hast.

Um nicht in den Verdacht zu geraten, dass ich der Metho-de Ashleighs gefolgt habe versuche ich hier gleich am An-fang meine Ziele zusammenzufassen. Man könnte sagen, die Schlauheit ist schon hineingeschliechen. Es könnte ja eine fast so raffienierte Methode sein, wie Ashleighs, gleich mehrere Zielpukte zu bestimmen. Eine von denen trifft man ja schon mit genügend großer Sicherheit.

Es ist nicht meine Absicht in diesem Sinne Schlau zu sein. Tatsache ist aber, dass schon alleine das Thema, die ich behandeln möchte, ziemlich vielfältige Erscheinungsfor-men und eine lange Entwicklungsgeschichte hat. Noch vielfältiger sind die Gedanken die es erweckt.

Das Thema ist nicht trennbar von dem geschichtlichen Hintergrund. Die Entwicklungsgeschite reicht in die legen-dären 60-er Jahre zurück. Man läuft natürlich die Gefahr, sich in der Analyse dieses geschichtlichen Hintergrundes zu verlieren. Es gab ja auf allen Bereichen des Lebens komplizierte Vorgänge und Umwalzungen. Es gab sowohl Spannung, als auch Faszination.

abb 1-2. APOLLO 11 the rocket power

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Als wissenschaftliche Seminararbeit sollte die vorliegende Arbeit trocken und sachlich sein. Es ist aber schwierig das zum Teil selbst Erlebte so zu erzählen, das die obigen Ad-jektive einigermaßen treffend erscheinen können. Schon alleine das erzählen Wort passt nicht zu einem Seminar-arbeit, aber das Persönliche wird sowieso hineinfließen, wenn ich meine eigene Gedanken und Reflexionen, die von meinen persönlichen Erfahrungen genährt sind, mit-teile.

Ich versuche hier eine kurze Zusammenfassung der so-gennanten Digital Human Models zu geben, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu hegen. Es wäre wahrscheinlich unmöglich alle diese Softwareprodukte aufzuzählen. Vor 60 Jahren gab es noch keine digitale Menschenmodelle, heute sind sicherlich über 100, mehr oder weniger bedeutende, Produkte auf dem Markt und der Erfindergeist schafft gewiß noch weitere. Es ist fraglich ob es einen Sinn hätte alle diese Produkte vergleichend zu analysieren. Der Versuch würde sicherlich den Rah-men dieser Arbeit sprengen und würde mehr gründiertes Fachwissen auf dem Gebiet verlangen, als ich in diesem Moment aufzeigen kann. Solche Versuche gab es schon übrigens einige mit unzufriedenstellenden Erfolg.

Nach einem Überblick werde ich meine Beschreibung auf industrielle Avatare konzentrieren. Indem ich die ver-schiedene Entwicklungsstufen beschreibe gebe ich eine Art Klassifikation, die ermöglicht, eine gewisse Ordnung zu schaffen. Ich bestreite nicht, dass die Modelle auch anders klassifiziert werden können. Diese Klassifikation entspricht dem Faden der Gedanken, die ich presentiere und die Strukturierung macht die Zusamnmenhänge und den Unterschied zwischen Modelle und Entwicklungsstu-fen deutlicher.

Sollten die Blätter der so entstandenen baumähnlichen Grafstruktur mit den Namen der Authoren des enspre-chenden Software-Produktes bezeichnet werden, dann würden einige Namen mehrmals vorkommen. Ein Name der besonders oft und auf allen Stufen der Entwichlung vorkommen würde heißt László Ördögh. Er ist ein ungari-

abb 3. Jimmy Hendrixabb 4. Easy rider

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scher Künstler und Wissenschaftler, Schöpfer des ersten Menschmodells für PC, Träger des Best of Byte Preises.Ich folge seinem Laufbahn von den Anfängen seiner Kar-riere, bis seiner aktuellen Arbeit an immersiven 3D Human Model Systeme. Dieser Laufbahn zeigt, wie sich die Ge-schichten der verschiedenen Menschmodelle manchmal verwickeln, welche Faktoren an dem Erfolg oder Mißerfolg Teil haben können.

Die existierenden digitalen Menschmodelle sind schon zahlreich. Ihre Entstehungshintergründe sind sehr ver-schieden. Einige waren universitäre Forschungsprojekte, andere wurden von industriellen Interessengruppen ins Leben gerufen. Manche haben sich durchgesetzt, manche sind mit der Zeit verschwunden. Es ist zum Teil Ziel der vorliegenden Arbeit das Geheimniss der Erfolg zu Suchen, oder bescheidener gesagt, einige Thesen aufzustellen, welche Umstände, welche Arbeits-Atmosphere, welche Teamzusammensetzung Erfolg versprechen kann.

Der Wisenschaftler taucht in seinem Forschungsobjekt hi-nein. Es geschieht auf dem Gebiet von immersiven Virtual Reality Systemen auch im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist kein Wunder wenn er weniger darum kümmert, von wem, wie und für welchen Zweck das entwickelte Softwa-re-Produkt benutzt wird. Marketing ist nicht seine Aufgabe. Es ist aber doch eine wichtige Frage, ob die Vorteile dieser Systeme voll ausgenutzt sind, ob sie gute Zwecke dienen oder in falschen Händen geraten. Ich möchte in der vor-liegenden Arbeit einige Beispiele zeigen, die ein bisschen Licht auf der Stand der Dinge während der vergangenen Jahrzehnten werfen. Ich möchte einige Gebiete nennen, wo die Digitale Human Modelling Technologie die Entwick-lung vorteilhaft beeinflussen könnte, wo sie zur Zeit nocht nicht oder kaum verwendet wird. Ich möchte aber auch auf die Gefahren hinweisen, wenn diese Modelle für sehr effektive Manipulationszwecke genutzt werden, wie es heute schon passiert.

Alle Errungenschaften der Wissenschaft können gute oder unehrliche Zwecke dienen. Es ist unsere Verantwortung die Zukunft positiv zu gestalten, die Mißbrauche aufzuklä-ren und zu verhindern, auch wenn die uralte Dualität, die

abb 5 . Human engineering tools

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grundlegende Gegensetzte manchmal inherente Eigen-schaften des menschlichen Lebens zu sein scheinen.

Die 60-er Jahre

Es ist nicht zu leugnen, dass der 20. Jahrhundert grund-legende Umwälzungen auf allen Gebieten des Lebens mitgebracht hat. Viele der gesellschaftlichen, sozialen, politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder technischen Veränderungen gehen auf die 60-er Jahre zurück. Es ist kein Zufall, dass die Adjektive legendär zu diesem Jahrzehnt haftet. Diese Zeitspanne kann mit dem Höhepunkt des Optimismus einerseits, aber auch mit dem Höhepunkt der Spannung und mit dem bestehenden Ge-fahr einer Eskalation gleichgesetzt werden.

Im 1945 endete der zweite Weltkrieg, aber die noch nie zu-vor gesehene Zerstörung und vor allem der schreckliche Atomschlag gegen Hiroshima und Nagsaki haben die Welt traumatisiert und gelähmt.

Jeder Krieg bringt erhöhte Anstrengungen auf strategisch wichtigen Forschungsgebieten mit sich. Die Angst nach dem Krieg war allzu groß um das Geschene vergessen zu können. Die gegenüberstehende Großmächte haben nach dem Ende des Krieges den Wettkampf weitergeführt. Jeder wollte sich die Möglichkeit eines ersten atomaren Schlages sichern.

Die Sehnsucht der Menschen nach Normalität bewirkt doch Wunder. Die Wissenschaftler erholten sich vielleicht zuest, weil die Nation die Sicherung des Zukunftes in ihren Händen sah, und dementsprechend haben sie so hohes Ansehen und so hohe Freiheit genießen können, wie nie zuvor während der Geschichte. Es war in diesem Sinne eine Höhepunkt des Entwicklungsbahnes der Mensch-heit.

Es ist eines der wichtigsten Erkenntnissen, dass die Zu-kunft tasächlich in den Händen der Wissenden liegt, so-wohl den Wissentschaftlern als auch den sich ausserhalb des Bildungssystems bildenden Menschen. Die Freiheit des Denkens ist unerlässlich um effektiv zu sein. Sowohl

abb 6. Peace and love

abb 7. The flower power

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das Bildungssystem als auch die Gesellschaftssystem muss diese Freiheit sicherstellen. In diesem Sinne waren die 60-er Jahre glückliche Jahre, denn das Glauben an der Leistungsfähigkeit der Wissenschaft enorm groß war.

Es kursierten schon Nachrichten über dem russischen Raumprogram aber es schien doch unglaublich was am 12. April 1961 geschah. Jurij Gagarin absolvierte mit dem Raumschiff Wostok 1 seinen spektakulären Raumflug und umrundete dabei in 108 Minuten einmal die Erde. Ein Traum der Menscheit ist Wirklichkeit geworden. Die Euphorie war unbeschreiblich. Kaum jemand hat an die Hintergründe der Raumfahrt-Ansterengungen gedacht. Es zählte nur der Sieg. Der Sieg über den Weltall, wie es damals betrachtet wurde. Vielleicht klingt diese Auf-fassung nach russischer Propaganda, aber das selbe Siegesgefühl hat die Amerikaner zum jubeln veranlasst, als Neil Armstrong am 21. Juli 1969 um 2:56:20 Uhr (UTC) als erster Mensch die Mondoberfläche betrat. Seine Worte umrundeten die Planete, und wer sie damals hörte, dem klingen sie immer noch in den Ohren:

“That‘s one small step for man… one… giant leap for mankind.“„Das ist ein kleiner Schritt für den Menschen… ein… riesi-ger Sprung für die Menschheit.“

Die Optimismus durchdrang die Menscheit. Trotz des sehr ernsthaften Konfliktes währed der Kuba-Krise in 1962 begann sich die Welt einigermaßen von der Trauma des zweiten Weltkrieges zu erholen. Die Ergebnisse der mi-litärischen Forschungen begannen langsam in die civile Sphere hinauszufließen. Sprunghafte Entwicklungen gab es auf den Gebieten von Kommunikation und Verkehr. Frieden und Menschenrechte Bewegungen begannen den Weg Richtung einer besseren Zukunft zu bahnen. Das Glauben an Fortschritt wurde immer stärker.

Es ist bezeichnend wie die Menscheit ihre Aufmerksam-keit auf die Zukunft gerichtet hat. Es kann als Maße des Gesundheitszustandes einer Gesellschaft betrachtet wer-den. Es ist immer ein Zeichen tiefgreifenden Probleme, wenn die Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit gerichtet

Abb. 8. Jurij Gagarin

Abb. 9. APOLLO 11 Mission

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ist. Die 60-er Jahre waren aber in diesem Sinne gesunde und versprechende Jahre. Science fiction als literarische Gattung kam in die Mode. Die menschliche Fantasie ver-suchte die Zukunft zu ergründen und die Frage zu beant-worten, welche Errungenschaften die Wissenschaft noch ins Leben rufen könnte.

Vielleicht eines der am besten passenden Wörter bezüg-lich diese Periode der Traum ist. Mit dem Titel I have a dream hielt Martin Luther King eine seiner bekanntesten Reden während des Marsches nach Washington für Arbeit und Freiheit. Die Beatles haben eine ganze Generation begeistert. Wie in Trans gefallen haben die Jugedliche mit ihnen gesungen:

Imagine there‘s no heavenIt‘s easy if you tryNo hell below usAbove us only sky...

You may say I am a dreamerBut I am not the only one I hope some day you‘ll join usAnd the world will live as one

Nicolas Schöffer in seinem Buch Die kybernetische stadt[1] bewertet die Bewegungen der ausgehenden 60-er Jah-re, vor allem des Jahres 1968, als eine zweite Phase des revolutionären Processes. Die erste Phase nach seiner Auffassung kann als eine Revolution der Quantität für die Quantität bezeichnet werden und begann in 1789 in Paris. Die unterdrückten Massen sind plötzlich ihrer Quantität bewusst geworden und der Macht, die sie Darstellte. Sie haben sich die Quantität an materiellen Güten gefordert. Als sich die Waage zu ihren Gunsten neigte, haben sie den Weg zur Konsumgesellschaft eingeleitet. Die zweite Phase ist der Kampf der Quantität für die Qualität. Als jene Stufe erreicht ist, wenn der mehr oder weniger relative Überfluß an materiellen Güter ein Leben ohne grundle-genden Not ermöglicht. wird der Kampf für andere Dinge geführt: um kulturelle und ästhetische Güter, um Qualität am intelelektuellen Niveau. Der Mensch Kämpft für eine neue Würde.

Abb. 10. John Lennon: You may say I am a dreamer

Abb. 11. Nicolas Schöffer

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Obwohl die Bewegungen der ausgehenden 60-er Jahre ziemlich unterschiedlich waren, Schöffer mag recht haben, denn die Aufstände nicht für unmittelbaren materiellen Vorteile geführt worden. Unter dem Schlagwort 68er-Bewegung werden die folgenden meist linksgerichteten Studenten- und Bürgerrechtsbewegungen zusammenge-fasst, die mehr oder weniger zeitlich parallel seit Mitte der 60-er-Jahre stattgefunden haben:

- Friedensbewegung: Proteste gegen den laufenden Vietnamkrieg, - Jugendbewegung: Kampf gegen Autorität insbeson-dere in Bildung und Erziehung- Kampf für die Gleichstellung von Minderheiten- Sexuelle Revolution: Propaganda für mehr sexuelle Freiheiten- Schwulenbewegung für die Anerkennung von gleich-geschlechtlichen Paaren- Flowerpower- und Hippie-Bewegung- Prager Frühling- Lotta continua- Black Power- Free speach movement etc.

Nicolas Schöffer‘s Türme, die er geschaffen oder geplant hat - vor allem der nicht verwirklichte Turm für Paris - sind die erste Werke dieser Gattung, die nicht als Symbol des materiellen Machtes, sondern als Symbol des intellektuel-len und geistigen Machtes betrachtet werden können.

Der Schwung der Entwicklung auf den wirtschaftlichen technischen, politischen, gesellschaftlichen, soziellen Gebieten des Lebens schien bis Ende der 60-er Jahren unaufhaltsam zu sein. Nur einige Wenige haben die sich meldenden ersten Symptomen bemerkt und gleich rea-giert.

Im April 1968 hat eine kleine Gruppe von Fachmänner aus den Gebieten Diplomatie, Industrie, Akademie, Zivil-gesellschaft in einem ruhigen Villa in Rome ihre Tagung gehalten. Sie wurden von dem Industriellen Aurelio Peccei und dem schottischen Wissenschaftler Alexander King eingeladen um über die Kurzsichtigkeit in internationallen

Abb. 12. Nicolas Schöffer Turm für ParisSymbol der intellektuellen Machtes

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Gelegenheiten und vor allem über die grenzenlose Ver-schwendung von Resourcen zu sprechen. Mit diesem Akt wurde die Club of Rome gegründet. Ihre erste Report mit dem Titel The limits of growth ( Die Grenzen des Wachs-tums) hat alle Probleme zusammengefasst und vorherge-sagt, mit denen wir uns jetzt, zu begin des 21. Jahrhundert mit immer stärkerem Dringlichkeit beschäftigen müssen, um einem katasrophalen Ausgang der Entwicklung entge-gen zu wirken. Es sind:

- Ausbeutung der Rohmaterial Reserven der Planet Erde- Erschöpfung der Energiequellen- Überbevölkerung- Umweltveschmutzung- Erschöpfung der Ernährungs- und Trinkwasserquel-len

Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir keine Zeit mehr für Irr-tümer haben. Es ist von besonderer Wichtigkeit mehrfach zu kontrollieren, ob wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Wir müssen unsere Vorgehensweisen und das von bisherigen Generationen überliefertes Wissensreichtum ständig auf Richtigkeit überprüfen und von den Fehlern der Vengangenheit lernen.

Forschungsteam und Management

Ken Knowlton, ein Wegbereiter auf dem Gebiet von Com-puter Grafik und der Entwickler der BELFIX Programmier-sprache, arbeitete in den 60-er Jahren in Bell Labotrato-ries. Seine Beschreibung, die in Bulletin of the Computer Society Winterausgabe 2004/2005 [2] erschien gewährleis-tet einen Einblick in die Atmosphere, die in den damaligen Forschungszentren in den Vereinigten Staaten herrschte:

‚Through today‘s lens - near-future and pragmatic - it was a place of misty legend: that brick and mortar fortress on a hill in the Northeast Kingdom of New Jersey. Quiet and apparently innocuous. But stealthy, to those who read its press releases as warnings of upheaval down the road. To most folks, its announcements - about atoms, plasmas, phonons, and such figments of science - were of little rele- Abb. 13. Ken Knowlton computer Graphics

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vance to their composures or bottom lines.

Bell Telephone Laboratories, as my colleagues and I ex-perienced it during the 1960s and 1970s, was a beehive of scientific and technological scurrying. Practitioners within, tethered on long leashes if at all, were earnestly seeking enigmatic solutions to arcane puzzles. What happened there would have baffled millions of telephone subscribers who, knowingly or not, agreeably or not, supported the quiet circus.

For people who believe in science, and who still believe in technology, it was the epitome of free exploration into how the world did, or could, work. For those concerned with tangible results, the verdict, albeit delayed, is indisputable: fiber optics, the transistor, Echo and Telstar, radio astro-nomy including confirmation of the Big Bang. Advances in metallurgy, computational methods, and all manners of in-formation storage, transmission and processing. Bell Labs truly was a national resource, and for anyone who was there or who cared, its decline is one of the great tragedies of the past half century.‘ /Ken Knowlton/

In den Forschungszentren haben zum ersten Mal in der Geschichte verstärkt Wissenschaftler, Techniker und Künstler zusammengearbeitet. Viele der Ergebnisse sind gerade dieser Interdisziplinarität zu danken. An den Grenzgebieten mehrerer Wissenschaftszweigen, wo un-terschiedliche Erfahrungen und Betrachtungsweisen von Fachleuten zusammentreffen, können oft die großartigs-ten Dinge enstehen. Die gegenseitige Inspiration bringt in solchen Schmelztiegel intellektuelle Erfrischung und motiviert die Arbeit.

Die unten stehende kleine Geschichte aus dem Leben der Forschungsgruppe in Bell Labs, die Ken Knowlton in dem selben Artikel erzählt, ist doppelt aufschlussreich. Einer-seits zeugt über die freundliche, ausgelassene Atmosphe-re, die unter den Mitarbeiter herrschte, andereseits gibt Aufschluss über eine gewiße Prinzipienlosigkeit seitens der Manegement.

‚The non-scientific, some say artistic, aspects of computer Abb. 15. Sketchpad developed beginning in 1961 by Ivan Sutherland at MIT is unveiled

Abb. 14. 1946 - The first general purpose electronic com-puter „ENIAC“, was unveiled (University of Pennsylvania).

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graphics arose for me via a sophomoric prank. Ed David, two levels up, was away for a while and the mice, one might say, played ever more freely. Leon Harmon stopped by to ask me for help with a brilliant idea: when Ed returns, one entire wall of his office will be covered with a huge picture made of small electronic symbols for transistors, resistors and such. But overall, they will form a somewhat-hard-to-see picture of, guess what, a nude! And so the re-nowned Harmon-Knowlton nude was conceived, coaxed into being, and duly hung on Ed‘s wall.

Ed was delighted but troubled. More viewers than we had expected were apparently familiar with the subject matter, and could „see“ the 12-foot-wide picture from as many feet away. It was therefore judged an unseemly decoration for the Labs, especially midway up the hierarchy. After just one day of glory there, she was retired to Ed‘s basement rec-room. Smaller versions of the big picture mysteriously did propagate (we had not the slightest idea how); the PR department scowled and warned that „you may circulate this thing, but be sure that you do NOT associate the name of Bell Labs with it.“

But the big version burst forth a while later at a press con-ference on Art and Technology in Robert Rauschenberg‘s loft, and on the watershed date of October 11, 1967, it appeared atop the first page of the second section of the New York Times, which made not the slightest effort to conceal its birthplace. Billy Kluver claims that this was the first time ever that the Times printed a nude! The PR de-partment huddled and decided, so it seems, that since she had appeared in the venerable Times, our nude was not frivolous in-your-face pornography after all, but in-your-face Art. Their revised statement was: You may indeed distribute and display it, but be sure that you let people know that it was produced at Bell Telephone Laboratories, Inc.‘ /Ken Knowlton/

Der Meinungswechsel der Management mag harmlos erscheinen, aber das Problem ist tiefgreifender. Die Ge-schichte lässt den Konflikt zwischen Forscher und Mana-ger erahnen. Sie haben völlig gegenseitige Zielsetzungen

Abb. 16. IBM 8088 1978

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und Wertsysteme. Der Manager strebt nach Profit und versucht eine überzeugende Image aufzubauen. Die Mittel um diese Ziele zu erreichen wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer unehrlicher. In den Augen des Mana-gers existiren keine geistige Werte, sondern ausschlißlich materielle. Er kann mit einem Federstrich menschliche Anstrengungen zunichte machen. Er spielt schamlos mit dem Leben der kreativen Schicht. Dieses Phenomen ist eine der Ursachen, wenn nicht die Hauptursache der jetzi-gen Wirtschaftskrise. Es ist deswegen sehr wichtig, bei der Betrachtung der Dinge, nicht nur die Oberfläche, sondern auch die Hintergründe und Absichten zu bewerten.Dieses Thema wird im nächsten Abschnitt noch ein biss-chen erweitert.

Cybernetik Serendipity

Elektronik, Kommunkationstechnologie und Computer-technologie, als strategisch wichtige Bereiche, entwi-ckelten sich im Vergleich zu anderen Sparten besonders schnell. In der Namensgebung des 1946 der Öffentlichkeit vorgestellten Electronic Numerical Integrator and Compu-ter (kurz ENIAC) taucht erstmals das Wort Computer als Namensbestandteil auf. Zunächst war die Informationsver-arbeitung mit Computern auf die Verarbeitung von Zahlen beschränkt. Mit zunehmender Leistungsfähigkeit eröffne-ten sich neue Einsatzbereiche.

Grundsätzlich unterscheiden sich zwei Bauweisen. Ein Digitalcomputer verarbeitet digitale Daten mit digitalen Ge-räteeinheiten, ein Analogcomputer hingegen verarbeitet analoge Daten mit analogen Geräteeinheiten.

Obwohl die Forschung an digitalen und analogen Techno-logien in den ersten Zeiten parallel lief, werden heute fast ausschließlich Digitalcomputer eingesetzt. Diese folgen gemeinsamen Grundprinzipien, mit denen ihre freie Pro-grammierung ermöglicht wird. Bei einem Digitalcomputer werden zwei grundsätzliche Bausteine unterschieden: Die Hardware, die aus den elektronischen, physisch anfass-baren Teilen des Computers gebildet wird, sowie die Soft-ware, die die Programmierung des Computers beschreibt. Die heutige klare Aufbau ist das Ergebnis der Entwicklung Abb. 17. Norbert Wiener

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mehrer Jahrzehnten. Die Computertechnologie steckte in den 60-er Jahren noch in den Kinderschuhen.

Die Ergebnisse der Zusammenarbeit von Wissenschaftler, Künstler und Techniker vermehrten sich mit der Zeit und sind immer mehr ins Fokus der öffentlichen Interresse geraten. Die erste großangelegte Ausstellung, die kyber-netische Kunst zeigte, wurde in 1968 von dem Institute of Contemporary Art in London mit dem Titel Cybernetik Serendipity presentiert. Die Ausstellung wurde von Jasia Reichardt kuratiert. [3]

Der Begriff Kybernetik leitet sich von dem griechischen Wort für Steuermann ab. Er ist 1948 von dem amerika-nischen Mathematiker Norbert Wiener in seinem Buch Cybernetics, or Control and Communication in the Animal and the Machine [4] eingeführt worden und bedeutet die Steuerung und Nachrichtenübertragung in elektronischen Geräten wie Computern. Das Substantiv serendipity hige-gen ist eine Kreation des Schriftstellers Horace Walpole und bedeutet, dass auf der Suche nach einer ganz ande-ren Sache per Zufall eine neue Entdeckung gemacht wird. Serendip ist der alte Name der Insel Ceylon. Dieser taucht in einem überlieferten persischen Märchen von Amir Khus-rau - „Die drei Prinzen von Serendip“ - auf. Das Märchen beschreibt die Reise der drei klugen Prinzen, die auf ihrem Weg durch Zufall verschiedene Spuren bemerken und die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Die erklärte Zielsetzung der Ausstellung war also laut Titel, Zufallsentdeckungen auf dem Gebiet von Kybernetik zu zeigen. Zu sehen war eine bunte Zusammenstellung von verschiedenen Geräten, musische Kompositionen, Com-puterkoreographien, Computergrafiken. Die Mitwirkenden kamen von sehr veschiedenen Sparten der intellektuellen Kreisen. Liest man die Namen der Mitwirkenden der Aus-stellung Cybernetic Serendipity durch, dann ist es eine beiedruckende Liste. Die damals noch meist junge Schöp-fergenies sind heute weltberümte, angesehene Künsteler, Musiker oder Wissenschaftler. Um nur einige Namen zu nennen: [5]

- Karl Heinz Stockhausen: er gilt als einer der bedeu-

Abb. 18. Karlheinz Stockhausen

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tendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts - John Cage: Schlüsselfigur für die Ende der 1950er Jahre entstehende Happeningkunst und wichtiger Anreger für die Fluxusbewegung und die Neue Impro-visationsmusik- Jean Tinguely: Schweizer Maler und Bildhauer des Nouveau Réalisme, einer der Hauptvertreter der kine-tischen Kunst.- Nam June Paik: ein Pionier der Videokunst , er wird immer wieder als Vater der Videokunst bezeichnet.- Nicolas Schöffer: Vater der Kybernetischen Kunst. Bedeutende Arbeiten auf den Gebieten Spatiodynamik (Integration des Raumes in die Skulptur), Luminodyna-mik (Integration von Licht, Musik, Film) und Chronody-namik (Konzentration auf die Zeit)

Es ist nur eine Auswahl, die Liste könnte noch mit vielen bedeutenden Namen ergänzt werden. Eine große Anzahl der presentierten Ideen waren bahnbrechend. Viele Inno-vationen, die während der Ausstellung Cybernetic Seren-dipity gezeigt wurden, haben seitdem eine auserordentlich erfolgreiche Entwicklungsgeschichte hinter sich. Die Wur-zeln von zahlreichen Forschungsprojekten, die das Leben heute beeinflussen reichen bis dieser Ausstellung zurück.

Ein umfassendes Bericht über die Ausstellung erschien auf den Feuilleton Seiten der Frankfurter Rundschau am Samstag, 31. August 1968 mit dem Titel: [6]

Maschinenkunst — moderner ManierismusÜberlegungen zu der Londoner Ausstellung „Cybernetic Serendipity“Von Julian Exner

Eine der anmutigsten und verlockendsten Ausstellungs-stücke war die Honeywell-Emett ‚Forget-me not‘ periphe-ral pachyderm computer. Die elefantengestaltige Pseudo-maschine wurde mit schönsten Proportionen zum Teil aus Bambus gebaut. Sie strahlte eine gewisse Eleganz aus, aber sie war zugleich spielerisch mit den großen ohränli-chen Detaillösungen.

Das Design zielte raffinerterweise auf Gefühle, die den Abb. 20. Honeywell splitterbomben

Abb. 19. Jean Tinguely:

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meisten Menschen eigen sind: dem Verlangen nach Lu-xus und nach dem sorglosen Kindheit. Der Werbetrick hat gewirkt und die Maschine hatte großes Erfolg. [7]

Es lohnt sich doch ein bißchen nachzugraben, um mehr über den Aussteller Honeywell zu erfahren. Die Artikel in Wikipedia berichtet detailliert über den Konzern:

‚‚Die Honeywell International Inc. ist ein internationaler Konzern mit Sitz in Morristown, New Jersey, USA. Honey-well ist ein klassischer Mischkonzern, bestehend aus vier Bereichen, die schließlich in verschiedene Sparten erneut unterteilt sind. Die vier Bereiche sind Aerospace (Luft- und Raumfahrt), Specialty Materials, Transportation Systems und Automation and Control Solutions. Der größte Bereich davon ist Aerospace.

Honeywell wurde während der vergangenen Jahrzehnten mehrmals scharf kritisiert. Im Jahr 1968 gründeten Anti-kriegs-Aktivisten in Minneapolis das Honeywell Project, um gegen Honeywells Produktion der im Vietnamkrieg eingesetzten Splitterbomben zu protestieren. Aufgrund der Demonstrationen und Infoveranstaltungen sah sich Honeywell wenig später gezwungen eine eigene Image-kampagne zu starten. Die 1970 abgehaltene Aktionärsver-sammlung von Honeywell musste aufgrund von ca. 3000 vom Honeywell Project organisierten Demonstranten innerhalb und außerhalb des Gebäudes, bereits nach 14 Minuten abgebrochen werden. Eine Einstellung der Split-terbombenproduktion konnte jedoch nicht erreicht werden. Ab 1981 wurde Honeywell erneut zum Ziel von Protesten gegen die Produktion der bei der Bombardierung Beiruts durch die israelische Armee verwendeten Splitterbomben sowie die Produktion von MX Missiles.

Dei Fusion der beiden Riesenkonzerne Honeywell und General Electric wurde in den Jahren 2000-2002 von der EU-Kommission abgelehnt, obwohl sie zuvor in den USA bereits akzeptiert worden war. Keine andere Fusion hat derart viel Aufsehen erregt wie diese. Durch die Fusion der beiden Konzerne wäre das größte Unternehmen weltweit entstanden.

2009 wurde bekannt, dass Honeywell nahezu alle Rech-ner seiner Mitarbeiter mit der Überwachungssoftware En-Case ausspioniert.‘ /wikipedia/

Diese Geschichte lässt wieder erahnen, dass die Entwick-lung muss irgendwo hier, bei der antagonistischen Konf-likt zwischen den Zielsetzungen und Wertsystemen von Forschungsteams, Wissenschaftlerkreisen einerseits und Management, Finazoligarchie anderseits schiefgehen. Was auf der einen Seite als Ergebnis der Wissenslust und Entdeckungsfreude entsteht wird auf der anderen Seite prinzipienlos ausgenutzt um Profit zu machen. Dabei schreckt man nichteinmal davon ab, Menschenleben zu opfern.

Die Zielsetzungen der heutigen Manager sind schlicht und einfach Menschheitsfeindlich, obwohl sie als Privat-personen wahrscheinlich überzeugt sind, nichts anderes zu tun, als ihre vorgeschriebene Aufgabe zu erfüllen. Sie setzten sich als natürliche Folge ihrer Stellung die Aufga-be, die Produktionskosten zu reduzieren, die Preise zu erhöhen, das Profit zu maximalisieren, undzwar mit allen ehrlichen und unehrlichen Mitteln. Diese Ziele sind im Konflikt mit den Interessen der eventuellen Kunden und der Menscheit im Allgemeinen . Wenn dieser Konflikt nicht aufgelöst, sondern die aktuelle Praxis der Management weitergeführt wird, dann führt das System unaufhaltsam zur Ausbeutung der Massen, zur Erschöpfung der natür-lichen Reserven und letztendlich zu eine vernichtende Katasrophe.

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Boeing First Man

Während der Ausstellung Cybernetic Serendipity wurden zum ersten Mal Computer generierte Menschenfiguren dem Publikum gezeigt, die mit dem Ziel ins Leben ge-rufen wurden, Planungsprozesse zu unterstützen. Zu sehen waren geplottete Figuren der Boeing Company, deren Körperproportionen den exakten Maßen eines 50 Percentil amerikanischen Piloten entsprachen. Die Daten wurden dazu von einem ergonomischen Datenbank der Militär gezogen. Die Figuren haben die Bewegungen der Piloten im Cockpit des Boeing 737 Flugzeuges analysiert. Die Bilder wurden mit einem IBM 7094 Maschine gerech-net und dann mit einem Gerber Plotter ausgedruckt. Das Input war mit Hilfe einer Lockkartenstanzer vorbereitet.

Diese erste Computergenerierte Darestellung eines Menschen war das Ergebnis einer Arbeitsprozesse, die Willam Fetter am Ende der 50-er Jahre begonnen hat.Es war ein bedeutendes Ausstellungsexponat, denn auf diesem Punkt finden wir die Anfänge einer Entwick-lunsgeschichte, die einerseits zu den großen digitalen syntetischen Filmproduktionen, andereseits zu den auf verschiedenen Gebieten in Computernetzwer-ken verbreiteten sogennanten Avataren führt. Es ist merkwürdig, dass so efrig man auch suchen mag, es ist kaum möglich wenigstens halbwegs detailirte In-formationen über diese anfängliche Phase zu finden.

Man sucht vergebens auf dem Boeing Homepage nach dem Namen William Fetter. Es ist genauso wenig ziel-führend die Suchbegriffe Boeing Man oder First Man auszuprobieren, obwohl Fetter dem Modell diese Na-men gegeben hat. Beide Namen kommen im Fachlite-ratur vor, aber es wird immer wieder nur die Existenz des Modells erwähnt und man findet keine zusetzliche Informationen. Eine der besten Quellen ist die Zusam-menfassung der Vorträge des NATO Symposiums, das im Jahr 1978 in Paris mit dem Thema Anwendun-gen von Human-Biostereometry abgehalten wurde.

Abb. 20-21. William Fetter (1928-2002) In 1964, while working for Boeing, he made the first computer model of a human body.

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PROCEEDINGSSPIE Volume 166

NATO Symposium on APPLICATIONS OF HUMAN BIOSTEREOMETRICS

July 9-13 1978 Paris FranceA Progression of Human Figures Simulated by Computer

GraphicsWilliam A. Fetter

Southern Illionis Research Institute [8]

Die Zusammenfassung beschreibt die vier Entwick-lungsstufen des Modells von den Anfängen bis 1978. Sie ist wirklich sehr spannend weil, die Lösungsansetze bei den neuen Entwicklungsphasen immer wieder völlig original waren und viele Ideen geboren sind, die sich später verbreiteten. Die geplottete Figuren erschienen als Figuren aus Linien, aber die Linien hatten bei den verschiedenen Phasen unterschiedliche Bedeutung..

Ansatzpunkt der Modellentwicklung war eine Visualisie-rungsaufgabe. Beim Flug sind immer der Abflug und die Landung die Momente, wo das meiste Risiko involviert ist. Es ist eine besonders schwierige Aufgabe auf einem Flugzeugträger zu landen. Man darf dabei nicht verges-sen, dass in den 50-er und 60-er Jahren die Flugzeuge noch nicht mit den hochentwickelten Navigationsgerä-ten ausgestattet waren, wie es heute schon der Fall ist. Der Pilot musste die Landung manuell durchfürhren. Er konnte sich dabei nur auf dem eigenen Geschick und auf die Signale des Landesignaloffizieres verlassen.

Die Landesignaloffiziere überwachen den schwierigen Anflug. Sie stehen im ständigen Funkkontakt mit dem Pi-loten und per Lichtsignal können sie den Anflug jederzeit abbrechen. Es ist lebenswichtig, dass der Landesignal-offizier in keinem Moment vom Gesichstfeld des Piloten verschwindet. Der Teil des Landebahns wo er steht darf keinesfalls im Gesichtsfeld des Piloten von irgendwel-chem Gegenstand im Cockpit bedeckt werden. Mit Hilfe eines Modelles wurde während der Planung die Visibili-

Abb. 22. the first man

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tät des Landesignaloffiziers bei der Landung auf einem CVA-19 Klasse Flugzeugträger simuliert. Die Figur des Offiziers wurde als eine 12 Punkt Silhouette dargestellt, wie er vom Ländebahn gesehen wird. Die geplottete Bil-der konnten zu einem Animationsfilm zusammengefügt werden, der den genauen Platz und die wahrnehmba-re Größe des Offiziers während der Landung zeigte.

Aus einer anderen Aufgabenstellung entwickete sich die sogenannte Warteschlangentheorie, die sich mit der mathematischen Analyse von Systemen beschäftigt, in denen Aufträge von Bedienungsstationen bearbeitet wer-den. Grundsätzlich besteht ein Wartesystem aus einem Bedienbereich, in dem ein oder mehrere Bedienungs-stationen Aufträge bearbeiten, und einem Warteraum, in dem eintreffende Aufträge bei aktuell nicht freien bzw. verfügbaren Serviceeinheiten auf die Bedienung warten. Abgefertigte Aufträge verlassen das System. Die Auf-gaben treffen entsprechend einer Wahrscheinlichkeits-verteilung ein. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung erfasst den Zufall in einem stochastischen Vorgang quantitativ. Die Aufgabe besteht meist darin, dass man die optimale Zahl von Bedienungseinheiten mit Hilfe einer Simu-lation oder Analyse so bestimmt, dass es sich weder lange Warteschlangen bilden, noch Bedienungseinheite längere Zeitspannen ohne Auftrage erfahren müssen.

Warteschlangen bilden sich auch in Passagierflug-zeugen, wenn die Passagiere ihre Plätze durch den engen Korridoren erreichen wollen. Diese Vorgänge wurden bei Boeing mit Hilfe eines detaillirteren Mo-dells analisiert. Hier wurden die Personen mit einer Linienmodell dargestelllt, das aus 30 Punkten bestand.

Diese erste Überlegungen zum Thema Menschmodellie-rung führten zu weiteren Aufgabenstellungen im Cockpit-bereich, wo ergonomische Analyse durchgeführt werden musste. So enstand das Modell, die heutzutage mit dem Namen First Man bezeichnet ist. Es war während der Planung möglich zu bestimmen, wo die verschiedenen Funktionseinheiten für den Pilot am besten zu sehen und zu bedinen wären. Das Modell bestand aus sieben beweglichen Segmenten. Gelenkige Anschlußstellen

Abb. 23. the Landing Signal Officer

Abb. 24. the first man in the B747 cockpit

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waren beim Pelvis, Hals, Schultern und bei den zwei Ellenbogen zu finden. Die Linien haben die wahrscheinli-chen Grenzlinien der Schatten auf der Körper dargestellt.

Sieben Segmente sind aus der heutigen Sicht betrachtet sehr wenig. Es hat zum Beispiel zur Folge, dass das Mo-dell nicht stehen konnte. Die Beine hatten keine Gelenk-punkte, weder bei den Knien, noch bei den Ankeln. Sie waren in eine neutrale Position gestellt, ähnlich zu der Kör-perhaltung, wie die Piloten im Cockpit sitzen. Die enzige Möglichkeit die Beine zu bewegen bestand darin, dass sie um den Pelvis rotiert werden konnten. Es gab eine weitere Schwachstelle bei der Visualisierung. Es war unmöglich zu entscheiden, welche Linien in einer betimmten Position zu sehen und welche wiederum verdeckt waren. Es hatte zur Folge, dass die geplottetete Bilder sehr schwer zu deuten waren. Es war ziemlich schwierig zu entscheiden ob der Pilot auf dem Bild dem Betrachter gegenüber sitzt, oder umgekehrt den Rücken zeigt und vom Betrachter weg sieht. Das Modell beruhte auf einer anthropologischen Datenbank und stellte den 50 Percentil amerikanischen Pilot dar. Es war aber auch skalierbar zu weiteren Größen.

Es mag aus heutiger Sicht als ein sehr einfaches, redu-ziertes Modell erscheinen, aber es war eine Hochleistung mit der damaligen Computertechnologie. Es gab bald eine kommerzielle Verwendung. Seit den frühen 40-er Jahren war Philco, die Philadelphia Storage Battery Company in der Lage, auf Grund der Ähnlichkeit der Namen rechtlich zu verhindern, dass Philips den eigenen Produktnamen für die auf den amerikanischen Markt verbreiterten Ware verwendete. Philpis war gezwungen einen anderen Na-men zu wählen und die Wahl fiel auf den Namen Norel-co, ein Akronym von „North American Philips [electrical] Company.“ Die erste Werbung im Fernsehen, die mit Hilfe von Computergenerierten Bilder realisiert wurde, war eine halbe Minute lange Animation für Norelco. Zu diesem Zweck wurde das First Man Modell mit Mundbewegung-sanimation ergänzt, mit deren Hilfe die Sinkronisierung der Sprache mit einigermaßen natürlich erscheinenden Mundbewegung verwirklicht werden konnte. Es ist ein bedeutender Schritt und kann als der Ausgangspunkt der heutigen Morphing Technik betrachtet werden.

Abb. 25. the first man in the B747 cockpit

Abb. 26. the first man in tv werbung

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Eine weitere Arbeitsphase resultierte in Second Man. Die Verbesserungen bezogen sich auf die Detailiertheit und auf die anthropometrische Genauigkeit. Das Model hatte 19 bewegliche Segmente. Die Animation der Figur wurde mit Hilfe von Muybridge Serienfotos perfektioniert.

Die Animation der Modelle ist im Allgemeinen eine über-aus schwierige Aufgabe. Der Mensch kommt aus der Tierwelt, wo jagen und gejagt werden die Grundgesetze des Lebens sind. Unsere Augen sind aus Notwendigkeit auf die Wahrnehmung von Bewegung treniert. Sie sind in diesem Sinne enorm Leistungsfähig und bemerken die kleinste Abwechungen von dem natürlichen Ablauf einer Bewegung. Nicht nur die exakte Bewegungsphasen, sondern auch ihre zeitliche Abfolge müssen perzise wie-dergegeben werden. Die existenz der Muybridge Fotos ermöglichte die Bewegungsabläufe korrekt nachzuahmen.

Als William Fetter seinen Arbeitsplatz wechselte, wurde das Menschmodel an der Southern lIIinois Universität weiterentwickelt. Viele innovatieve Gedanken wurden währed der nächsten Phase geboren. Die verschiedene Aufgaben verlangen unterschiedliche Detailierungsgrade. Die Idee eines skalierbaren Modells war dementprechend naheliegend. Bei einem skalierbaren Modell bleibt die Datenbank immer die selbe, aber bei der Lösung der Aufgabe wird zuerst entschieden, wie detailert die Figur von der Datenbank aufgebaut sein muss. Bei Warte-schlange Analysen zum Beispiel können die Menschen mit einigen Punkten dargestellt werden. Bestimmte Auf-gaben verlangen aber große Datailierheit. Nicht nur die Hände sollen als getrennte Segmente dargestellt wer-den, sondern sogar bewegliche Finger sind unerlässlich.

Die Linien entsprachen beim First Man den wahrschein-lichen Schattengrenzen am Körper. Später wurden die Körperteile als geometrische Körper dargestellt und die Kanten nachgezeichnet. Eine grundsetzlich neue Annäherungsweise ergab sich, als die Punkt-zahl über 1000 erhöht wurde. Die menschliche Kör-per wurde mit mehreren paralellen vertikalen Ebenen geschnitten und die Umrisse der Schnitten wurden

Abb. 27. the first man

Abb. 28. the second man

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als Grundlage der Menschendarstellung genommen. Die Methode eignet sich für ernsthafte ergonomische Analyse keinesfalls, weil bei solchen Analysen die Darstellung des Skelettaufbaus und der Gelenke un-erlässlich sind. Das Knochengerüßt ist wesentlich. Als Modelliermethode hat sich die Idee aber bewehrt. Bei den großen synthetischen Filmpruktionen sind sehr oft die Karaktere zuerst, wie ein Skulptur, modelliert. Später werden die Umrisse der Schnittflächen mit paralellen Ebenen bestimmt. Diese Umrisse werden mit Hilfe von Splines mit gleichen Punktzahlen nachgezeichnet und dann die aneinander entsprechenden Punkte der Splines der Reihenfolge nach mit neuen Slpines zusammen-gebunden. Ein netzähnliches Struktur entsteht, deren Punkte später zusetzlich verschoben werden können. So ist eine Verfeinerung entsprechend der Ziele möglich.

Die Notwendigkeit eines menschlichen Skeletts wurde sehr schnell evident. Die Ansterngungen in diese Richtung si-cherten die Erfolgsgeschichte des Modells. Es ist heute im-mer noch eine der führenden Digital Human Modeling Tools. Es ist merkwürdig, wie die Forschungsrichtung überall auf der Welt vom Zeitgeist bestimmt ist. Trotz geographischer Entfernung und allen anderen Faktoren, stellen sich die Forscher weltweit sehr ähnliche Aufgaben und finden sehr ähnliche Lösungen. Es ist bezeichnend, dass ich nur eini-ge Jahre später meine Studien auf der Mathematik Fakul-tät der Universität Szeged in Ungarn mit einer Dissertation über Warteschlange-Problemen bei dem, im Bau befind-lichen, neuen Flughafen von Budapest abgeschlossen habe. Auch die Karriere von László Ördögh, den ich schon erwähnt habe, hat ihre Anfänge bei dem selben Bauprojekt genommen, undzwar mit einer sehr ähnlichen Fragestel-lung, wie die des Landesignaloffiziers. Er hat damals den Auftrag bekommen, das Informationsystem des Flughafens zu planen. Es ging darum, wo man die Informationstafeln aushängen sollte, damit die Reisenden die wesentlichen Informationen gut sehen und ablesen können. Es war eine reine Visualisierungsaufgabe. Man musste praktisch eine Auge schaffen und mit Hilfe von Simulation den Flughafen mit dieser Auge befahren. Das aktuelle Gesichtsfeld wur-

Abb. 29. the first man

Abb. 30. the third woman

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de in regelmäßigen Abständen ausgedruckt. Die Tafeln sollten den Ergebnissen entsprechend platziert werden.

Diese Aufgabenstellung diente als Ansatzpunkt für weitere Arbeit und die Entwicklung nahm einen ähnlichen Bahn, wie bei der Firma Boeing. Die Visualisierungsaufgabe führte zur Idee eines kompletten Menschmodells, Das Mo-dell mit dem Namen OSCAR wurde von László Ördögh als das weltweit erste Menschmodell für PC realisiert.

László Ördögh wurde im Jahr 1951 geboren. Er war nur 17 Jahre alt, wenn die Ausstellung Cybernetik Serendipity die Arbeit von William Fetter presentierte. Er hat seine Tätigkeit einige Jahre später angefangen. Die zeitliche Verschiebung war genauso groß, dass die Realisierung der selben Aufgabe auf einem PC zwar an den Gren-zen der Machbaren lag, aber doch gelingen konnte.

Die Welt war damals geteilt und die amerikanische Em-bargo bezog sich vor allem auf Komputertechnische Geräte. László Ördögh hat seine Arbeit als Student der Akademie der angewandten Künste in Budapest mit anderen und meist kleineren Komputern angefangen. Bald sind die ersten PC-s erschienen, aber die Leis-tungen waren dermaßen beschränkt, dass Kollegen seine Idee, ein Menschmodell für PC zu schaffen, zu-erst als eine Utopie betrachteten und auslachten. Mit dem Comodore 64 war es wirklich eine Spitzenleistung. Das erste Menschmodell für PC hieß OSCAR und war ein, dem Boeingman dem Aussehen nach ähnlichen, Linienmodell. Es gab doch wesentliche Unterschiedemit Rücksicht auf die Grundprinzipien

Die bisher erwähnten ersten Versuche hatten weitrei-chende Folgen. Während der Arbeit sind viele inno-vatieven Gedanken geboren, die dann weitergeführt worden. Die verschiedenen späteren Projekte haben Mal eine, Mal andere von den Grundgedanken aufge-griffen und weiterentwickelt. Es führte zu der aktuellen Vielfalt der Menschmodelle. Heute sind Avatare weit-verbreitet. Menschmodelle haben auf zahlreichen Ge-bieten Verwendung gefunden. Der folgende Abschnitt gibt einen kurzen Überblick und erklärt einige Begriffe.

Abb. 31. Sichtbarkeit Analyse Flughafen Ferihegy 2. 1980

Abb. 32. Sichtbarkeit Analyse Flughafen Ferihegy 2. 1980

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Abb. 33. OSCAR die erste Menschmodell auf PC Basis

Abb. 34. Sichtbarkeit Analyse Flughafen Ferihegy 2. 1980

Abb. 35. Sichtbarkeit Analyse Flughafen Ferihegy 2. 1980

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Avatare

Es ist schon fast 50 Jahre her, dass Willam Fetter die ersten grafischen Menschmodelle mit Komputer erzeug-te. Er modellierte ein einfaches Drahtgitter-Modell eines Menschen, mit dem er Erreichbarkeitsstudien durchführen und die Ergebnisse auf einem Plotter ausgeben konnte.Durch die enorm gesteigerte Leistungs- und Grafikfä-higkeit heutiger Komputer begegnen uns komputerge-nerierte Menschmodelle in vielen Lebensbereichen. Die visuelle Darstellungsqualität und die Geschwindigkeit haben einen so hohen Standard erreicht, dass Neal Ste-phensons Fiktion von einem Metaverse, einem virtuellen Universum, wo sich Menschen vetreten duch täuschend echte virtuelle Figuren treffen können, inzwischen schon Realität wurde. Die Zahl der virtuellen Welten steigt dermaßen rasant, dass sich der Konkurrenzkampf schon auch auf diesem Gebiet enorm verstärkt. Viele Anwender verlassen zum Beispiel die bisher sehr po-pulären Second Life Anwendung, weil andere Open-sim Lösungen mehr Freiheit bei der Gestaltung bieten.Eine realitätsnahe Darstellung von Menschen ist ein komplexes Unterfangen. Trotz der vielen Fortschritte und des weitverbreiteten Einsatzes, sind Avatare aus Entwicklersicht immer noch Spezialanwendungen, die für eine bestimmte Aufgabe entwickelt werden. Je nach Anwendungsfall müssen Vereinfachungen vorgenom-men werden. Es ist fraglich ob die Spezialisierung je verschwinden wird, ob allen Ansprüchen entsprechen-de globale Lösungen überhaupt möglich sind. Es ist ja egal in welche Richtung man sich spezializiert, den Verfeinerungsmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Die Entwicklung von Avataren ist eine disziplinübergreifen-de Aufgabe, bei der Kenntnisse aus Bereichen wie Kom-putergraphik, Anthropologie, Animation, Biomechanik, künstliche Intelligenz, Ergonomie und Soziologie mitein-ander kombiniert werden. Die Spezialisierung und die Zu-sammensetzung des Entwicklerteams entspricht der Auf-gabenstellung. Die folgende Zielgebiete wurden erforscht:

Abb. 36. Second Life Szene Caravaggio Bonetto Scare-crew Dance

Abb. 37.Second Life Scene SaveMe Oh: cheesus church

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• Virtuelle Konferenzen mit Umgebungssimulation• Trainingssimulationen• Tutoren in virtuellen Lehrumgebungen• Spiele, Film und Unterhaltung• Präsentation von Informationen• Ergonomische Analyse wärend Planung und Konstruk-tion• Analyse von Durchfürbarkeit bestimmter Wartungsauf-gaben

Die verbreiteten Begriffe, um digitale Menschmodel-le zu bezeichnen, sind ebenso vielfältig wie die An-wendungsbereiche. Um nur einige zu nennen wurde folgende Liste zusammengestellt: Digital Human, Vir-tual Human, Digital Manikin, Digital Actor, Synthetic Actor, Animated Pedagogical Agent, Embodied Con-versational Agent, Avatar, Gravatar, Pavatar, Favatar.

Es gibt natürlich Unterschiede. Digital Human und Virtual Human sind eher Oberbegriffe die synonym verwendet werden können. Man kann zum Beispiel entsprechend dem Autonomie des Menschmodels einen Unterschied machen. Ein Avatar unterliegt dem diereketen Kontrol-le des Benutzers, demgegenüber wird ein Aktor vom Komputer gesteuert. Einige Begriffe bezeichnen nur Modelle für ein bestimmtes Bereich. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einem Gravatar um einen global ver-fügbaren Avatar (Global Recognized Avatar), welcher mit der E-Mail-Adresse des Benutzers verknüpft ist und die Beutzung des Internets erleichtert. Es gibt zum Teil Überlappungen bei den Begriffen. Das Forschungsgebiet ist zu jung, um über exakte Definitionen zu verfügen. Das Wort Avatar leitet sich aus dem Sanskrit ab. Avatara bedeutet Abstieg und bezieht sich auf das Herabsteigen einer Gottheit in die irdischen Sphären. Der Hinduismus verwendet den Begriff vor allem im Zusammenhang mit den zehn Inkarnationen Vishnus. Der Anwender steigt in ver-schiedenen Erscheinungsformen in virtuelle Welten herab. Dabei kann er mehrere Gestalten aufnehmen, also meh-rere Inkarnationen haben. Dieser Vergleich erklärt, dass sich der Begriff Avatar für die virtuelle Erscheinungsform eines Menschen in Komputerwelten etabliert hat. Der Ava-tar ist eine künstliche Person, ein grafischer Stellvertreter.

Abb. 38. Ergonomix training Symulation

Abb. 39. Machbarkeits-Analyse

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Es ist vielleicht gar nicht wichtig strenge Definitionen zu geben. Die Anwendungsbereiche mit den spezifischen Erfordernissen erklären selbst, welche Eigenschaften ein Modell in dem speziellen Bereich aufweisen muss. Um zu wissen, was man von einem Modell zu erwarten hat, ist weniger aufschlußreich, mit welchem Namen das Modell erwähnt oder bezeichnet wurde. Es ist eher entscheidend, welche Aufgaben das Modell erfüllen soll.

Zum Beispiel manche Authoren verstehen unter dem Ausdruck Digital Actor oder Synthetic Actor einfach ei-nen virtuellen Schauspieler. Er ist eine im Komputer auf die Welt gebrachte Figur, die täuschend echt aussieht und die Rolle eines echten Schauspielers übernehmen kann. In diesem Fall wird die Figur vom Benutzer kon-trolliert. Der Fokus liegt auf der hohe Darstellungsqua-lität der außeren Merkmale. Es hat keine Bedeutung ob die Animation in Echtzeit abläuft. Der Film wird noch später sowieso mit eventuellen realen Szenen zusam-men geschnitten. Einen Skelettaufbau muss das Modell nicht unbedingt haben. Im Gegensatzt dazu, müssen die Gesichtsausdrücke sehr fein differenzierbar sein. Andere Authoren bezeichnen mit dem selben Ausdruck Modelle, die ein autonomes Verhalten aufweisen können, die also eine bestimmte künstliche Intelligenz haben.

Bei Spielen und sozialen Netzwerken der Kategorie Unter-haltung gibt es ähnliche aber weniger strenge Anfordeun-gen, wie beim Filmindustrie. Die Figuren werden nicht auf die Größe eines Leinwandes projiziert, sondern erscheinen klein auf dem Monitor zu Hause. Der Detailierungsgrad kann dementsprechend wesentlich niedrieger bleiben. Es ist hingegen wichtig, dass der Benutzer das Modell als sein eigenes Spiegelbild einstellen kann. Das Aussehen muss manipulierbar sein. Kleidungsstücke müssen vor-handen sein und das Modell soll sich umziehen können. Sehr wichtig sind die Muskeln, damit der Benutzer ein idealisiertes Selbstbild darstellen kann. Feine Gesicht-sanimation ist bei den gegebenen Dimensionen weniger wichtig, aber eine bestimmte Anzahl von Gesten muss doch zur Verfügung stehen. Eine besondere Anforderung in diesem Bereich ist, dass sich gleichzeitig mehrere Figu-ren im selben virtuellen Raum aufhalten können müssen.

Abb. 41 Einstellung der Körpermaßen

Abb. 40 Syntheische Filmproduktion Schreck

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Professionelle Anwendungen sind auch die Softwarepro-dukte, die virtuelle Konferenzen ermöglichen. Die Teilneh-mer der virtuellen Konferenz können sich an geographish verschiedenen Orten aufhalten. Zahlreiche Leistungen des Softwareproduktes erleichtern die Kommunikation und den Datenaustausch. Vorreiter der Kategorie war ein Cyber Tennis Spiel. Die Firma Blaxxun bietet mit der Software Blaxxun Contakt die Möglichkeit, virtuelle Welten auf-zubauen, in denen sich die Benutzer treffen und unterhalten können. Die Wirtschaftlichkeit der Lösung ist offensichtlich. Es können umständliche Organi-sationsprozeduren, Raumreservierungen vermieden werden. Reisekosten können erspart werden. Die er-zielbare Ersparnisse haben sogar Interesse auf interna-tionalen politischen und ekonomischen Ebene geweckt. Das Projekt Avatar-Conference war im 2002 in Pilot-phase und wurde von der EU gefördert. Projektpartnern waren Fraunhofer IAO, Pixelpark Schweiz, E-Pro So-lutions Stuttgart, Avatarme aus London, Exodus Athen, Linguatech Müchen, Tooltechnik Systems Italien. Nach einem zweijährigen Testphase wurde das Projekt zur kommerziellen Verwendung zur Verfügung gestellt.Die Firma Tixeo bietet ebenfalls kommerzielle Lösungen für Avatar-Konferenzen. Die Softwareproukte haben folgende Leistungen: [9]

• High Fidelity Audio / Video • Treffen in 2D oder 3D Umgebung• Beim ausschießlichen Nutzung als 2D Applikation geringe Hardware-Anforderungen • Desktop sharing: die Steuerung des eigenen Komputers kann an andere Teilnehmer übergeben werden • Slideshow / PowerPoint Dokumente können anderen Teilnehmern gezeigt werden• White board: Diagrams, Zeichnungen können auf einem weißen Blatt gemeinsam erarbeitet werden • Co-browsing: ein Web-Browser kann gemeinsam be-nutzt werden• Rechte können kontrolliert werden• Firewall und proxy Freundlichkeit• Sicherheit• Text editor • File sharing

Abb. 42. Aussehen Dialog in second LifeAbb. 43. chat room

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• 3D CAD Modelle können gezeigt werden• Virtuelle Tour / 360° Panorama Bild, QuickTime VR file (QTVR) als Gesprechsaal• Meeting management

Ein weiteres Anwendungsgebiet für Avatare bietet sich beim Bildungssystem. Animated Pedagogical Agents helfen das Lernen innerhalb von computergestützten Umgebungen. Sie haben ausreichendes Verständniss des Lehrkontextes um bestimmte Lehraufgaben ausführen zu können. Sie können Aufgaben stellen, sinnvolle Fragen beantworten und die Ergebnisse der Studentenarbeiten auswerten.

Trainingsituationen üben auf Industrie und Militär einen besonderen Reiz aus. Es wird die Träning von solchen Si-tuationen ermöglicht, die in der realen Welt zu gefährlich, zu teuer oder überhaupt nicht vorstellbar wären. Bestimm-te Aufgaben können Zielgerichtet, mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen und wiederholt mit den gleichen Pa-rametern geübt werden. Die Benutzerreaktionen können aufgezeichnet und analysiert werden um falsche Reflexe zu identifizieren und die Reaktionen korrigieren zu können.

Eine Anwendung in der Ergonomie setzt eine exakte Ske-lettaufbau, eine ergonomische Datenbank, Sehfeld-, Kol-lision- und Komfortanalyse und eine Reihe von weiteren Leistungen voraus. Echtzeitanimation ist eine grundlegen-de Erforderung bei den heutigen Modellen. Inverze kine-matik muss eingebaut sein. Das Modell sollte zusetzlich intelligent genug sein, um bei einer Aufgabe, zum Beispiel mit den Händen, nicht nur die Hände zu bewegen. Alle anderen Gelenke, deren Bewegung nötig ist, um die Be-quemlichkeit der Körperhaltung währed der Durchführung der Aufgabe zu erhalten müssen mitanimiert werden..

Schon alleine die Lösung der inverzen Kinematik ist kei-nesfalls trivial. Um den Begriff zu erläutern reicht nachzu-denken, wie ein Körperteil, zum Beispiel eine Hand, in eine bestimmte Position gesteuert werden kann. Man kann die Befehle erteilen: hebe deine rechte Oberarm um 30°, dann bewege deine Vorderarm 40° nach Links, dann bringe dei-ne Hand in die vorgegebene Position, dann positioniere

Abb. 45. chat room

Abb. 44. chat room

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deine Finger. In diesem Fall wäre dierekt Kinematik ange-wendet. Man kann aber auch den Befehl geben: dreh bitte diesen Knopf. In diesem Fall muss das Modell von dem Endposition der Finger die ganze Bewegung in umgekehr-ten Richtung rekonstruiren können. Solange in dem ersten Fall die Finger und das Hand auf dem Endposition gesteu-ert wurden, muss in dem zweiten Fall die Position der Kör-perteile von dem Endposition ausgegangen rekonstruiert werden. Die zweite variante benötigt die Inverse Kinematik.

Es ist sehr leicht zu erleuchtern, das die Aufgabe nicht tri-vial ist. Die Aufgabe sei, einen Knopf zu fassen! Damit ist vorgegeben, wie die Finger im Raum stehen sollen. Dabei kann aber der Ellenbogen mehrere Positionen im Raum annehmen. Es ist theoretisch möglich mit verschiedenen Ellenbogenpositionen den Knopf zu fassen. Die Inverse Kinematik scheint also auf dem ersten Blick nicht eindeu-tig zu sein. Von allen theoretisch möglichen Lösungen sind aber die meisten von menschlichen Gelenken überhaupt nicht ausführbar oder kaum auszuhalten. Der Mensch im gegensatzt zum Modell fühlt die Spannung in den Gelenken und weiß ganz genau wie er den Knopf am bequemlichs-ten bedienen kann. Er führt die Bewegung automatisch energetisch optimiert aus, wie es ihm am bequemsten ist. Wie können wir aber dem Modell dieses Gefühl beibrin-gen? Das Gefühl, ist schon Merkmal der Intelligenz. Das Modell muss also intelligent sein... Ja... und hier beginnt die endlose Geschichte. Der Entwickler kann nicht schnell genug arbeiten, um mit den Anforderungen der Anwender Schritt zu halten, weil Intelligenz ja verschiedene Grade hat. Der Anwender kann anspruchsvoll genug sein um zu verlangen, dass das Modell den Befehl versteht: Bitte geh und montiere dieses Flugzeug. Das klingt natürlich noch utopisch heute, aber wann wußte die Menscheit je, wo die Grenzen zwischen Utopie und Realität liegen?

Den größten Erwartungen müssen die Modelle entspre-chen, die im industriellen Bereich und in der Arbeitswis-senschaft für ergonomische Analyse eingesetzt werden. Im folgenden Teil der Arbeit werden nur diese Modelle detailiert behandelt und der Begriff Menschmodell wird im engeren Sinne verwendet. Bei solchen Modellen muss die anatomische Aufbau des Menschen mit höchsten Genau-

Abb. 46. Animated Pedagogical Agent

Abb. 47. Modell für ergonomische Analyse

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igkeit nachgebildet werden. Die Modelle dieser Kategorie liefern ein enorm Leistungsfähiges Softwaretool, um plane-rische Aufgaben mit allen erforderlichen Analysen und mit der höchsten Effizienz ausführen zu können. Die Existenz eines Werkzeuges heißt leider nicht, dass es gleich überall eingesetzt wird. Die Komplexität der Aufgabe erklärt, dass die genannte Software Produkte hohe Preise erzielen. Die Entwicklung bringt aber mit sich, dass immerwieder neue Leistungen eingebaut werden müssen, um die Preise halten zu können. Es heißt gleichzeitig, dass die gleiche Leistung von Jahr zu Jahr billiger wird. Diese Werkzeuge können mit immer weiterem Umfang eingesetzt werden.

Der Preis ist nicht der einzige Grund, warum Designer, Architekten oder Ingenieure existierende Werkzeuge nicht überall dort einsetzen, wo es wünschenswert und möglich wäre. Die Komplexität der Software Produkte und die damit verbundene Lernaufwand erklärt ebenfalls nicht ausreichend die Situation. Die Anspruch auf menschen-gerechte Lösungen muss auch vorhanden sein, damit ein Durchbruch auf allen planerischen Ebenen zustande kommt. Der Mensch soll wichtig sein, was heutzutage nicht immer der Fall zu sein scheint. Anscheinend ist nichteinmal die Gesundheit der Jugend wichtig. Es reicht an die Schulbänke zu denken, in denen die Studenten zirka 20 Jahren verbringen. Ergonomisch sizten sie bestimmt nicht, obwohl es zum größten Teil Jahre sind, wenn sich die Knochen noch entwickeln sollen. Fehlent-wicklung ist vorprogrammiert und damit auch die späteren orthopedischen Probleme. Die Kinder sollten so viel, wie möglich, den Sonnenschein genießen, aber sie verbringen die sonnnige Stunden mit dem Studium in geschlossenen Räumen. Seit dem neuen air-conditioning-Wahn ist ihnen auch das Recht auf frische Luft entzogen. Konkurrenzfä-hig mag das Gehirn nach dem Studium sein, aber fraglich ist, ob auch der Gesundheitszustand konkurrenzfähig bleibt. Wie wichtig kann der Mensch im Allgemeinen in einer Gesellschaft sein, wo niemand an den Träger der Zukunft, also an den Jugend, denkt und ihr Leid bemerkt?

Je mehr Arbeitskräfte auf dem Markt eine Arbeit suchen, desto weniger kümmern sich die Unternehmen darum, eine menschengerechte Arbeitsumgebung zu schaffen.

Abb. 48. Anthropos Modell für ergonomische Analyse

Abb. 49. CATIA Anthropos AIRBUS Wartungsanalyse

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Es ist bezeichnend, dass ernsthafte ergonomische Analy-se im Allgemeinen nur dort eingesetzt wird, wo es rechtlich vorgeschieben wird, wie zum Beispiel in Luftfahrt oder in Autoindustrie. Sonst reicht ein Spaziergang in Geschäften - sei es Möbelgeschäft, Schuhgeschäft oder sonstiges, wo Gebrauchsgegenstände verkauft werden- um zu sehen, zu welchem Maße miserabel das Niveau ist, auf dem die Produktdesigner arbeiten. Styling statt Design ist das Mot-to der profitorinetierten Gesellschaft.

Ergonomie

Ergonomie ist eine junge Wissenschaft. Sie kann auf kaum mehr als 150 Jahre Geschichte zurückblicken. Pio-nier auf dem Gebiet war Wojciech Jastrzebowski, der auch das Wort zum ersten Mal benutzt hat. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern ergon (Arbeit, Werk) und nomos (Gesetz, Regel) zusammen.

Bereits 1857 machte der Pole Jastrzebowski in der Zeit-schrift ‚Natur und Industrie‘ den Vorschlag „...uns mit ei-nem wissenschaftlichen Ansatz zum Problem der Arbeit zu beschäftigen und sogar zu ihrer (der Arbeit) Erklärung eine gesonderte Lehre zu betreiben..., damit wir aus diesem Leben die besten Früchte bei der geringsten Anstrengung mit der höchsten Befriedigung für das eigene und das allgemeine Wohl ernten und damit anderen und dem eige-nen Gewissen gegenüber gerecht verfahren.“ Er nannte diesen neuen Wissenschaftszweig Arbeitswissenschaft bzw. Ergonomie. Die Bezeichnung Ergonomie geriet in der Folgezeit aller-dings wieder in Vergessenheit und wurde in 1949 in En-gland, unabhängig von Jastrzebowski, von Murrell wieder erfunden.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts können viele Aktivitäten in verschiedenen Ländern beobachtet werden, die eine wis-senschaftliche Betrachtung menschlicher Arbeit zum Ge-genstand hatten. In Deutschland wurde im Jahr 1912 das Kaiser Wilhelm Institut für Arbeitsphysiologie in Berlin und im Jahr 1926 das Institut für forstliche Arbeitswissenschaft eingerichtet. Der 1924 gegründete Reichsausschuß für Ar-

Natur und IndustrieWochenschrift gewidmet einer verständlichen

Präsentationaller Zweige der Naturwissenschaften, ihrer praktischen

Anwendung auf das Leben undden letzten Entdeckungen und Erfindungen

Band 2.No. 29.1857

Abb. 50. CATIA Anthropos AIRBUS Wartungsanalyse

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beitszeitermittlung (REFA) machte es sich ursprünglich zur Aufgabe, die Methoden der wissenschaftlichen Betriebs-führung Taylors an deutsche Verhältnisse anzupassen und hier einzuführen. Seit den 50-er Jahren vermehrten sich sowohl in den verschiedenen europäischen Ländern als auch in außereuropäischen Ländern Gründungen wis-senschaftlicher Ergonomie Gesellschaften. 1959 wurden sie unter dem Dach der International Ergonomic Associati-on (IEA) zusammengefaßt. Die Arbeitswissenschaft umfasst die folgende Bereiche: Arbeitsphysiologie, Arbeitspsychologie, Arbeitsrecht, Ar-beitspädagogik, Arbeitstehnologie, Betriebssoziologie und Ergonomie.

Eine gute Definition von Ergonomie kommt von W. Lau-rig:

‚Ergonomie im objektiven Wissenschaftsverständnis ist die Systematik aller objektiven Sätze über menschliche Eigenschaften und Bedürfnisse zur Gestaltung und Beur-teilung von Arbeitsbedingungen.

Ergonomie im subjektiven Wissenschaftsverständnis ist die Erkenntnis der Möglichkeiten einer Anpassung von Ar-beitsbedingungen an die Eigenschaften und Bedürfnisse von Menschen zur Verbesserung der Arbeitsproduktivität.

Ergonomie im praktischen Wissenschaftsverständnis ist die Sammlung von gesicherten Erkenntnissen über die Anpassbarkeit von Arbeitsbedingungen an die Menschen zur Begrenzung von Gefährdungen sowie gesundheitli-cher Beeinträchtigungen zur Verbesserung der Rentabili-tät menschlicher Arbeit‘. [10]

Die Ergonomie ist die Wissenschaft von der Gestaltung menschengerechter Arbeits- und Umgebungsverhältnis-se. Die in unserer Umwelt, sowohl in der Arbeitsumgebung als auch in der privaten Umwelt, verwendeten Geräte und Maschinen werden für die Benutzung durch Menschen konzipiert und gefertigt. Menschen sind aber sehr unter-schiedlich, so dass die Notwendigkeit besteht, die Geräte und Maschinen so zu konzipieren, dass unterschiedliche Menschen mit ihnen ohne unnötige Belastung umgehen

Grundriß der ERGONOMIEoder

DIE WISSENSCHAFT VON DER ARBEITbasierend auf den Wahrheiten aus der Wissenschaft

von der Naturvon

Wojciech JastrzebowskiEinem klugen Kopf reicht ein Wort - er braucht keine

lange Erklärungen.

Abb. 51. Teilgebiete der Arbeitswissenschaft

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können. Nicht der Mensch soll sich den Verhältnissen anpassen, sondern umgekehrt die Verhältnisse an den Menschen. Ziel ist es, die Arbeitsbelastung zu senken, der Ermüdung und auch dem Unfall vorzugebeugen und die Produktivität zu steigern.

Die Optimale Nutzung der Entwickelten Produkte wird durch Sicht-, Komfort-, Belastung- und Sicherheitsana-lysen erreicht. Extreme Beanspruchung von Körperteilen wird vermieden. Die Ergonomie hift die Gesundheit des Menschen zu erhalten.

Die Arbeitswissenschaft stützt sich auf zalreiche andere Wissenschaftszweige:

• Humanwissenschaften, wie Medizin, Psychologie, Soziologie, Pedagogik

• Ingenieurwissenschaften, wie Physik, Kostruktion, Meßtechnik, Regelungstechnik

• Wirtschaft- und Sozialwissenschaften, wie Ökologie, Rechtswissenschaften

Man würde denken, dass 100 Jahren reichen, damit sich ein neuer Wissenschaftzweig etabliert und verbreitet. Es ist naheliegend anzunehmen, dass die Ergonomie vor allem in solchen Spitzenbereichen, wie Raumfahrt und Flugzeugindustrie bis den 80-er Jahren der zwanzigsten Jahrhundert schon ein Siegeszug vollgebracht hat. Das es eine optimistische Annahme ist, zeigen die folgenden Zeitungsartikel, die gerade Mitte der 80-er Jahre erschie-nen sind:

Passende Piloten gesuchtUS-Navy: Längere Arme, aber kürzere BeineNORFOLK.(rtr) - Die amerikanische Marine hat neue Richtlinien für ihre Pilotenausbildung aufgestellt. Danach werden von den Piloten längere Arme und kürzere Beine verlangt. Hauptmann Frank Dully, kommandierender Offizier, erklärte gestern, nach den neuen Vorschriften würden 73 Prozent aller Frauen und 13 Prozent aller Männer im Collagealter als Piloten bei der Marine ausscheiden.Die Richtlinien seien eingeführt worden, da manche

Abb. 52 Die Quellen der Arbeitswissenschaft

Abb. 53 Die Einflußgrößen der Arbeitswissenschaft

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Kandidaten die Steuerruder nicht erreichen oder nicht über die Instrumente schauen könnten. Einige größere Piloten paßten so knapp ins Cockpit, daß ihre Helme ans Kabinendach stießen.

Viele amerikanische Astronauten passen nicht in russische RaketenCAPE CANAVERAL (ap). Der US-Weltraumbehörde NASA gehen für die Zusammenarbeit mit Rußland langsam die Astronauten aus: Zu groß, zu klein, zu schwer, zu breit - einer nach dem anderen fällt durch das strenge Raster, das die Russen vorgeben.Als ersten erwischte es Mitte Oktober den Astronauten Scott Parazynski. Weil er mit 1,88 Meter fünf Zentimeter zu groß war, wurde er nach vier Monaten Training in der russischen Zentrale bei Moskau wieder nach Hause geschickt. Dann flog Wendy Lawrence aus dem Programm - vier Zentimeter zu klein. Nach drei Jahren Zusammenarbeit im All muß die NASA jetzt erkennen, daß von ihren 88 Astronauten weniger als die Hälfte für die russischen Normen taugen.So sieht der ideale Weltraumfahrer nach russischen Ansprüchen aus: Größe zwischen 1,64 und 1,83 Meter, Sitzhöhe unter 94 Zentimeter, Brustumfang zwischen 96 und 112 Zentimeter, Gewicht unter 85 Kilo. Die beste Ausbildung hilft nichts, wenn die Maße nicht stimmen. Bei der NASA macht man sich jetzt Sorgen um die internationale Raumstation, deren erste Bauteile in zwei Jahren ins All geschickt werden sollen.

Die zwei Artikel wurden von Gründungsmitglieder László Ördögh und Roland Lippman in der Firma IST (Gernsheim Deutschland) vor einer neuen Entwicklungsphase des IST Software Produktes Anybody gesammelt. Die Titel der Zeitungen und das Erscheinungsdatum sind leider schon in Vergessenheit geraten. Die zwei Fachmänner haben die Arbeit mit einer umfassenden Analyse des Marktes begonnen, um zu wissen in welche Richtung das neue Produkt entwickelt werden sollte, damit es späteren An-wenderansprüchen entsprechen konnte. Als Ergonomie Professor an der Fachhochschule in Darmsadt fand Ro-land Lippmann die Ergebnisse der Recherche, bezüglich des Verbreitungsgrades der Ergonomieanwendungen,

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ziemlich enttauschend. Die zu ihm typischen bitteren Anmerkungen haben leider ihre Aktualität während der vergangenen mehr als 25 Jahren nicht verloren:

‚Dabei spielt es keine Rolle, daß die geschilderten ergo-nomischen Defizite in spektakulären Bereichen der Welt-raum- oder Militärtechnik bekannt wurden. Im industriellen Umfeld kamen und kommen auch heute solche Probleme täglich tausendfach vor, ohne daß darüber in Printmedien geschrieben oder in Fernsehmagazinen berichtet würde.

.Das Militär oder die NASA können per Annoncen Lösun-gen anstreben oder sich jeweils die Personen aussuchen, die in die technische Umgebung ihrer Spacelabs, Jagd-flugzeuge oder Panzer passen. In zivilen Bereichen ist es aber leider nicht möglich, bestimmte Personengruppen von der Anwendung technischer Geräte auszuschließen. Diese Geräte müssen (sollten) ergonomisch gestaltet und von Jedermann nutzbar sein.

Viele Unternehmen entziehen sich unter dem Vorwand der damit verbundenen Kosten zunehmend ihrer Ver-pflichtung, die zu entwickelnde und eingesetzte Technik sowie die angewandten Arbeitsverfahren ergonomisch zu hinterfragen, wissend, daß dadurch die damit konfrontier-ten Menschen nicht in ausreichendem Maße vor gesund-heitlichen Schäden bewahrt werden können.

Infolge der übergroßen Zahl Arbeitsuchender, die aufgrund ihrer materiellen Notlage zumeist bereit sind, nahezu alle gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen zu akzep-tieren, scheint es immer weniger Anlaß und Geldmittel zu geben, Technik und Arbeitswelt über das in den letzten Jahrzehnten erzielte Grundniveau hinaus zu humanisie-ren. Die Beispiele häufen sich, daß weltweit immer mehr sozial Unabgesicherte, wenn sie sich über ihre unzuläng-lich gestaltete Arbeit beklagen, gegen andere, billigere Arbeitskräfte ausgewechselt werden. Und ebenso sicher ist es, daß die Mitarbeiter, die schädigende Arbeitsbedin-gungen klaglos ertragen aber infolge gesundheitsschä-digender Beanspruchungen häufiger oder längerfristig erkranken, ihren Arbeitsplatz für neue und unverbrauchte Arbeitsuchende freimachen müssen.

Abb. 54. APU Service-Arbeit Analyse CATIA Anthropos

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Die Gesellschaft und die Politik haben sich bereits da-mit abgefunden, daß durch die sog. Globalisierung und steigende Arbeitslosigkeit die arbeitenden (nicht die kon-sumierenden) Menschen in den untersten Lohngruppen für die Wirtschaft zunehmend an Bedeutung und Wert verlieren und deshalb immer häufiger durch Maschinen ersetzt werden. Für sie erübrigen sich alle Bemühungen um ergonomische Lösungen.

Je menschenfeindlicher oder sogar menschenverachten-der sich die realen Bedingungen offenbaren, desto mehr Phantasie und Engagement ist erforderlich, um in dem planerischen Bereich dem Werteverfall entgegentreten zu können.‘ /Roland Lippmann/ [11]

Ihre Entstehung kann die Firma IST an einem glückli-chen Zufall danken. Prof. Roland Lippmann lehrte an der Fachhochschule in Darmstadt. Er fand die, damals von den Studenten benutzten, Jenik-Schablonen, als ergono-mische Beweißführung, umständlich und unzureichend. Als er sein Urlaub gerade in Ungarn verbrachte, wollte er neugierig die Situation in ungarischen und deutschen Fachkreisen vergleichen. Die Dolmetscherin, die ihn und seine Frau zu Kollegen begleitete, hat sofort erkannt, dass sich einer ihrer Bekannten mit ähnlichen Fragen beschäf-tigt. Sie hat László Ördöghs Namen gleich erwähnt. Weil sich die Lippmanns interressiert zeigten, hat sie bald ei-nen Treffen organisiert. Die darauf folgende Begegnung hat das Leben allen Teilnehmern umgewalzt. Schon im Oktober des selben Jahres reiste László Ördögh nach Deutschland und in einigen Monaten wurde die Firma IST mit vier Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen.

Die Lippmanns haben Haus und Vermögen aufs Spiel gesetzt um ein brauchbares rechnergestütztes Ergono-miewerkzeug zu schaffen. Die Firma hatte nie mehr als zehn Mitarbeiter, aber Dank der Entschlossenheit und Dank innovativer Lösungen konnten sie zirka 12 Jahren lang gegen den konkurrenten Riesen den Grund halten. Die Erfolg war großteils auch an den matematischen Grundlagen zu danken, die von Prof. László Gehér an der Universität Szeged in Ungarn erarbeitet wurden.

Abb. 56 CADDS 5 Anthropos

Abb. 55. Gestaltungsfälder

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Abb. 57. SGI Inventor Anthropos

Abb. 58 3DSMAX Anthropols

Die Firma IST wurde später von der Firma Techmat gekauft, wo bis dahin das Softwareprodukt RAMSIS ent-wicklet wurde. László Ördögh hat nach der Übernahme auch an der Entwicklung des konkurrenten RAMSIS Pro-duktes mitgewirkt. Nach drei Jahren in Kaiserslautern bei der Firma Techmat, wurde er in die neu gegründete For-schunsgruppe IC:IDO in Stuttgert eingeladen. Er hat die Einladung akzeptiert und das Wachstum der jungen Firma von einem kleinen Team zu Marktführer auf dem Gebiet Virtual Reality miterlebt. Aus seinem Blickwinkel kann man alle auf dem deutschsprachigen Raum verbreiteten wichti-gen Menschmodell Produkte überblicken.

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Generationen der Menschmodellierung

Die Menschmodelle, die ergonomische Zwecke dienen, können in fünf Generationen unterteilt werden.

Die Modelle der ersten Generation sind 2D Schablonen, die noch vor dem Komputer-Zeitalter, als Hilfsmittel bei der Planung, genutzt wurden. Beispiele sind: Rumbold- Jenik- und Bosch-Schablone.

Die zweite Generation weist schon rechnergestützte Mo-delle auf. Die Modelle waren in dieser anfänglichen Phase der Entwicklung sogennante stand-alone Versionen. OSCAR und ANYBODY sind Vertreter dieser Entwick-lungsstufe.

Die Modelle der dritten Generation waren schon VR (Virtu-al Reality) Modelle und wurden als plug-in zu verbreiteten CAAD Systemen realisiert. Damit wurde die integrierte Nutzung des Ergonomieanalyse-Werkzeuges während der Arbeit mit einem CAAD Software ermöglicht. Zum Beispiel RAMSIS und ANTHROPOS, die zwei Marktführer Software-Produkte in den 90-er Jahren in Deutschland, gehören zu diese Generation.

Die immersive VR Lösungen der Stuttgarter Virtual Reality Firma IC:IDO gehören zur vierten Generation. Die Firma ist Marktführer in Europa und bietet sowohl Hardware- als auch Software-Produkte, mit deren Hilfe der Benutzer in eine virtuelle Welt abtauchen und diese Welt realitätsnahe Erleben kann.

Zur fünften Generation gehören Modelle, die sich noch in der Forschungsphase befinden. Sie sollen eine künstliche Intelligenz besitzen und per Sprachsteuerung bedient werden.

Leider ist die menschliche Sprache kein mathematisches Konstrukt. Die menschliche Intelligenz kann den Sachver-halt der Sätze von dem Kontext entziffern, aber gerade diese Fähigkeit dem Komputer beizubringen stößt an un-

Abb. 59. Leonardo Vitruvianische Mensch

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zähligen Schwierigkeiten. Was soll man unter Intelligenz verstehen, in welchem Sinne soll das Modell intelligent sein? Es sind Fragen die beantwortet werden müssen. Hier wird bestimmt noch viel Forschungsaufwand benö-tigt.

Erste Generation: 2D Zeichenschablone [11]

Leonardo‘s berühmte vitruvianische Mensch kann als Vorlaufer der 2D Ergonomie-Zeichenschablone betrachtet werden.

Beweisführungen unterschiedlicher Qualität wurden vor dem Komputer-Zeitalter mit 2D-Schablonen der mensch-lichen Gestalt durchgeführt. Viele Zeichnungen die mit solchen Schablonen gefertigt wurden, versuchten nur eine ernsthaft durchgeführte ergonomische Analyse vorzutäu-schen, die die naiven Betrachter zufriedenstellen sollte. Zeichenschablonen suggerieren unbeabsichtigt, daß ihre Anwendung sehr einfach sei und ohne spezielle Kenntnis und Training automatisch zu aussagekräftigen Ergebnis-sen führen würde. Dem ist jedoch nicht so. Die korrekte Anwendung der Somatographie-Schablonen setzt ergo-nomisch-anatomische Grundkenntnisse voraus. Ohne sie können ihre beschränkten Anwendungsmethoden nicht voll ausgeschöpft, dafür aber beachtliche Analysefehler gemacht werden.

In deutschsprachigen Raum waren folgende Schablonen bekannt und angewandt:

Namenlose Zeichenschablone der Firma Rumbold

Die nackte männliche Schablone der Firma Rumbold ohne korrekte Proportionalität für die mittlere Körpergröße gab es im Maßstab 1:5 und 1:10 in der Seitenansicht. Zwölf Körperteile ließen sich beliebig in elf Gelenken um 360° drehen. Ergonomische Beweisführungen waren mit dem Schablon nicht möglich, es diente lediglich zu zeigen, daß man sich an einer bestimmten Position des Entwurfs einen stehenden oder sitzenden Menschen vorstellen müsse.

Abb. 60. Rumbold-Scha-blone

Abb. 61 Jenik-Schablone

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Jenik-Schablone

Vor allem von Absolventen der Darmstädter Hochschulen wurden die Somatographieschablonen von P.Jenik als Unisextypen in den Größen 1500, 1630, 1760 und 1900 im Maßstab 1:10 eingesetzt. Sie simulierten die menschliche Gestalt mit Schuhen und leichter Kleidung. In Verbindung mit der Darstellenden Geometrie ließen sich die in den drei Hauptansichten vorliegenden Figuren räumlich maßgenau und wiederholbar in vielen, jedoch bei weitem nicht allen Körperhaltungen zeichnen und dadurch mit beachtlicher Exaktheit für 2D- und 3D-Analysen einsetzen.

Bosch-Schablonen

Eine vereinfachte Ableitung der Jenik-Schablonen waren die Bosch-Schablonen 1:10 in vier Körpergrößen (1540, 1660, 1760 und 1870 mm) nach Din 33416.Die Figuren lagen in den drei Hauptansichten vor. Für die Bewertung von Montagearbeitsplätzen waren vier typische Körperhaltungen durch räumlich bedingte Ver-kürzungen der Arme schon in den Schablonen angeboten. Bewegungswinkel der Körperelemente war angezeigt. Eine Sichtgeometrie und verbesserte Graphik gehörten zu den Leistungen.

Kieler-Puppe

Die Kieler-Puppe nach DIN 30402 im Maßstab 1:5 und 1:1 in Seitenansicht war vorwiegend für die gestaltung von Sitzarbeitsplätzen eingesetzt. Im Gegensatz zu den oben angeführten Schablonen wurden bei ihnen die biomecha-nischen Bewegungsabläufe der Gelenke mit großer An-näherung in Kurven nachgeahmt. Zehn Körperelemente waren mittels Arretierschrauben innerhalb festgelegter Exkursionswinkel einstellbar. Die Puppe gab in sechs Kör-pergrößen und war geschlechtspezifisch.

Burg-Schablone

Die Burg-Schablone war im Maßstab 1:10 und 1:5 mit sechs geschlechtsspezifischen Körpergrößen in drei An-sichten ästhetisch besonders ansprechend und im Ver-

Abb. 62. Bosch-Schablone Abb. 63. Burg-Schablone

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gleich billig. Sie war vor allem in der DDR verbreitet.

Obwohl in den späten 70-er und in den 80-er Jahren schon rechnergestütze Ergonomie-Werkzeuge erschienen, wur-den die 2D-Schablone noch lange weiter angewendet. Trotz des geringen Preises wiesen aber 2D-Schablonen gegenüber den höheren Ansprüchen an Ergonomiewerk-zeuge auch gravierende Schwächen auf:

• Die geometrisch-räumliche Beweisführung war nur bei den wenigen Schablonensystemen möglich, bei denen die Anwendung der Darstellenden Geometrie mit den drei Hauptansichten vorgesehen war.• Die Anwendung war übungsbedürftig und zeitaufwendig.• Extreme Körperhaltungen waren nicht darstellbar.• Unisex-Schablonen vereinfachten auf Kosten graphisch exakter Datenübernahme in den geschlechtstypischen Proportionen, wie z.B. Beckenbreite, Verhältnis Ober-/Unterkörper, Körperkern und Extremitäten sowie Hals und Kopf, und schwächten dadurch die Qualität der Analyse-ergebnisse.• Die Fakten, dass Proportionen altersabhängig sind und dass sich die Bewegungswinkeln mit zunehmendem Alter einschränken, wurden bei keiner der Schablonen berück-sichtigt.• Durch den Verzicht auf Somato-Typen wurde ein hoher Prozentsatz einer Population nicht korrekt erfaßt.• Die Darstellungsmöglichkeit der Disproportionaltypen (z.B. Sitzriesen) war unrealistisch.• Die Schablonen gab es nur in bestimmten Maßstäben, deren Zahl (3-5) nicht ausreichte. Zeichnungen in ande-ren Maßstäben konnten nicht verifiziert werden.• Die Anwendung der Schablone in Maßstab 1:1 war nur mit Hilfsperson möglich.• Aus Praktikabilitätsgründen standen bei einigen Schab-lonen die Körpergelenkpunkte in der Seitenansicht (außer Schlüsselbein- und Zehengelenk) auf der Symmetrieach-se. Das diente zwar dem einheitlichen orthogonalen Sys-tem, anatomisch ist es jedoch falsch.• Um dem orthogonalen Prinzip treu zu bleiben, standen in der Vorderansicht vieler Schablonen alle Beingelenk-punkte parallel zur Körpersymmetrieachse. In Wirklichkeit befinden sich diese aber annähernd auf einer Linie, die um

Abb. 64. Kieler Puppe

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ca. 50 mm von der Symmetrieachse abweicht.• Bei einer korrekten Arbeitsplatzanalyse kann man nicht auf die graphische Darstellung der Bewegungskombina-tion von Oberarm- und Schlüsselbeingelenk verzichten, deswegen war die Reduktion des Schultergelenkes mit seinen Freiheitsgraden auf ein technisches Kugelgelenk bedenklich.• Da viele Sehaufgaben in der Sagittalebene neben der Augenbewegung die Bewegung des Kopfes erfordern, war die Reduzierung der Körperteile Kopf und Hals zu einer Bewegungseinheit mit einem Drehpunkt in Höhe des 7. Halswirbels unakzeptabel.• Ergebnisse früherer Analysen konnten bei Änderungen am Plan nicht angewendet werden. Bei jeder Plan- und Maßstabänderung mußte die Analyse von Anfang an noch einmal durchgeführt werden.• Die Verbreitung der CAD Systeme hat die Anwendung von 2D Schablonen anakronistisch gemacht. Man kann ja nicht sinnvoll erwarten dass Designer die schnell, mit Computer gezeichneten Pläne nach jeder Änderung aus-drucken und nach dem händisch durchgeführten ergono-mische Beweisfürung wieder digitalizieren.

Geht man davon aus, daß Konstruktion und Arbeitspla-nung weitgehendst am Rechner erfolgen, dann sind auch rechnergestützte Werkzeuge zur ergonomischen Analyse und Gestaltung erforderlich. Und da es hierbei um die Erkennung und Darstellung menschlicher Faktoren geht, müssen diese sowohl in vergleichbaren Daten als auch graphisch in Form menschlicher Figuren modellhaft visu-alisiert werden.

Alle oben aufgelistete Probleme mussten bei rechnerge-stützten, digitalen Menschmodellen ausgebessert werden. Für die Man-Model-Generierung können Anthropometrie-daten aus folgenden Bereichen genutzt werden: • Somatometrie • Somatotypie • Nationalitäten • Allometrie (proportionale Abweichungen über das Alter) • Proportionalitäten (disproportionale Abweichungen z.B. Sitzriesen, Sitzzwerge) • Akzelerationen (totale und proportionale Veränderungen über Generationen)

Abb. 65. Antropometrische Datensammlungen

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Einige der auf dem Fachgebiet verwendeten und meist bekannten Quellen, auf denen man sich bei der Arbeit stützen konnte waren die folgenden:

• Handbuch der Ergonomie• DIN 33402, DIN 33 411• Anthropologische Atlas von den Authoren Flügel, Grein, Sommer• Bodyspace von Stephen Pheasant• Dreyfuss • Arbeiten von Kampandji, Debrunner und Miltényi auf dem Gebiet Biomechanik• Ergonomische Handbuch von Schmidtke

Die zweite Generation: Stand-alone Men-schmodelle

OSCAR

Die Unerlässlichkeit rechnergestützter ergonomischer Beweißführung wurde auch in Ungarn am Ende der 70-er bzw. Anfang der 80-er Jahre erkannt und das Büro des Rates für Industrielle Formgebung bei der Staastkom-mitte für Technische Entwicklung hat ein Projekt mit dem Zielsetzung iniziert, ein solches Ergonomiewerkzeug zu entwickeln. Leiter des Projektes war László Ördögh, an-dere Teilnehmer kamen aus den Bereichen Anthropologie, Software-Entwicklung und indusriellen Formgestaltung. Dr. Otto Eiben Anthropologe hat am Anfang des Projektes erkannt, dass die gesammelten und erreichbaren anthro-pometrischen Quellen nicht ausreichten. Die zur Verfü-gung stehende internazionale Wilson & Ross Datenbank lieferte zwar Daten für Erwachsene, aber für Kinder gab es keine Angaben. Es existierten einige Kinderdatenbanken weltweit, aber sie waren nicht öffentlich zugänglich. Das Team musste zuerst ein breites Vermessungsprogram in Gang setzten, um eine Kinderdatenbank selbst zusam-menzustellen.

Das Messungsverfahren wurde schon 1912 standardisiert. Die folgenden Abbildungen zeigen die Messungspunkte am Körper:

Abb. 66. OSCAR Antropometrische Atlas

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Abb. 67. OSCAR Antropometrische Atlas

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Abb. 68. OSCAR Antropometrische Atlas

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Nach dem erfolgreichen Vermessungen konnten die ge-sammelten Dateien digitaliziert und die OSCAR Figur programmiert werden. Der Modulaufbau des Software-Produktes war eine Baumstruktur. Die Anwendung wurde auf Comodore 64 und IBM 286 konzipiert. Es war damit das erste Menschmodell für PC.

OSCAR besaß noch keine komplette kinematische Kette, er hatte zum Beispiel keine Finger. Die Hände waren ein einziges Segment. Die Figur wurde aus 17 Segmenten aufgebaut. Das Ergebnis musste ausgeplottet werden.

OSCAR war schon ein fertiges Produkt, wenn Prof. Ro-land Lippmann in Ungarn László Ördögh kennenlernte. Er war begeistert ein Werkzeug zu finden, worüber er schon längst Gedanken gemacht hatte, ohne sie verwirklichen zu können. Das Software konnte als Ausgangspunkt zur Verwirklichung eines leistungsfähigeren Menschmodells dienen.

ANYBODY [12-16]

Bei den folgenden Beschreibungen der IST Softwarepro-dukte habe ich mich auf die zahlreichen Artikel gestützt, die Roland Lippman und László Ördögh verfassten und damals in Fachzeitschriften erschienen.

Die Firma IST (Industrial design, Somatographie-CAD, Training GmbH) wurde in Gernsheim-GrossRohrheim von der Familie Lippman und László Ördögh für die Entwick-lung humanwissenschaftliche Software gegründet. Nach einer relativ kurzen Entwicklugsphase konnte die Firma das Programm mit dem Namen ANYBODY anbieten, das die ergonomische/anthropometrische Planung wesentlich erleichterte und sichere Analyse-Ergebnisse garantierte. Die Anwendung des Programs hatte den Vorteil, dass da-mit auch Kosten eingespart werden konnten. Die 3D-Ergonomie-Schablone ANYBODY war ein Ex-klusivmodul der CAD-Software CADKEY. Modul und Basissoftware konnten ohne Einschränkung der jeweils eigenen Leistungen miteinander kommunizieren und so-

Abb. 69. OSCAR modell

Abb. 70. Anybody bei Fahrzeuganalyse

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mit ihr Leistungspotential vervielfachen. Durch identische Menüführung und gleiche Kurzbefehle über Tastenkom-binationen und Befehlsmakros war die Einfügung in das benutzerfreundliche Bedienkonzept von CADKEY gut gelungen. ANYBODY kommunizierte mit der 3D-Software CADKEY als festintegriertes Modul, das heißt, die dort geschaffene Konstruktionen sofort ergonomisch überprüft werden konnten.

Die 3D-Schablone ANYBODY wurde als 2500-Punkte-Mo-dell aus Polylines bzw. Bezier-Splines nach den Maßen von DIN 33402 und 33408 aufgebaut. Als Mann oder Frau konnte sie in alle Perzentile bzw. Körpergrößen skaliert werden. Auswechselbare Module, wie gestreckte Hand, Greifhand, Fünffingerhand, Schuhe, Helme, Handwerks-zeuge ließen die Schablone den wechselnden Bedingun-gen rasch anpassen.

Somatotypen und Proportionalitäten (z. B. Sitzriese, Am-putation) gehörten zum Grundmodell wie eine Sichtge-ometrie nach deutschem oder amerikanischem Muster. Beliebig wechselnd konnten innerhalb maximaler Exkur-sionswinkel an den Figuren 23 bzw. 53 Körperelemente über 20 bzw. 50 Gelenke in 2D oder 3D bzw. mit Zielpunk-torientierung animiert werden.

Mit den Programmroutinen von CADKEY wurde das Leis-tungsangebot des Softwarepaketes erweitert. So gehörten Referenzpunktbestimmungen, 3D-Bewegungsphasen und Hüllkurven zu den Selbstverstandlichkeiten des Systems.

ANYBODY konnte als Grundmodul auf dem PC sofort eingesetzt werden. Bei größerer Speicherkapazitat bot die Firma weitere Leisungen an, sowie 3D-Aktiv-Bereiche nach DIN 33402 sowie nach DIN 31001, eine größere Grundanimationsbibliothek (sitzen im Büro, am Bildschirm, im Pkw, Bus oder Flugzeug, stehen an Maschinen) und ein Editor zur interaktiven Modellierung von Besonderhei-ten (z. B. Schwangere) und Rassen.

Darüberhinaus war es möglich, 3D-Graphiken von Ob-jekten des arbeitsplatzgestalterischen Alltags aus einem Abb. 73. Anybody

Abb. 71. Anybody bei Fahrzeuganalyse

Abb. 72. Anybody

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Objektbibliothek zu laden. In der Objektbibliothek standen maßstabgetreu aufgebaute Schreibtische, Maschinen-schreibtische und weitere Büromöbel, BiIdschirm- und Montagearbeitsplätze, Kassenarbeitsplatze, einfachere Werkzeugmaschinen und Fahrzeugcockpits zur Verfü-gung. Hardware-Anspruch war: ein PC mit dem Betriebs-system MS-DOS, Co-Prozessor, 70 MB Festplatte, hoch-auflösendes Monitor mit Colorgraphikkarte.

ANYBODY konnte in verschiedensten Branchen, in For-schung und Lehre eingesetzt werden. Konstrukteuren, Designern, Architekten und Innenarchitekten, Arbeitsplatz- und Systemgestaltern, Sicherheitskräften und Betriebsärz-ten, Aufsichtsbeamten und technischen Gutachtern konnte ANYBODY eine wertvolle rechnergestützte Hilfe bei der Analyse des Bestehenden und bei allen Neuplanungen sein.

Für die 3D-Schablone ANYBODY wurden die anthropo-metrische Daten aus DIN 33402 und 33 408, aus dem Handbuch der Ergonomie und aus dem DDR-Standard-werk Anthropologischer Atlas sowie aktuellen Forschungs-ergebnisse der Universität Delft verwendet.

Bei der Modellierung der Somatotypen und Disproportio-nalen lehnte sich ANYBODY an Dreyfuss an, während die verwendeten biomechanischen Daten auf die Werken von Debrunner, Kapandj, und Miltényi zurückzuführen waren.

In der zentralen Einheit von ANYBODY waren die stati-schen Figuren als 3D-Drahtmodelle angelegt. Sie lagen als verschiedene Typen (Mann, Frau, Kind, Somatotyp und Nationalität) in einer Datenbank und konnten jederzeit maßlich linear in der Körpergröße oder in ausgewählten Porportionen verändert werden. Darüberhinaus verfügte ANYBODY als damals einziges System über einen Editor zur Modelländerung oder zur Neumodellierung anderer Figuren (Individuen, Behinderte etc.).

Die Bilder zeigen zum Vergleich andere Menschmodelle, die damals auf dem Markt zu finden waren: Heiner war ein universitäres Projekt. Nach dem Erreichen des erzielten wissenschaftlichen Grades hat die Entwicklung bald den Schwung verloren. Adaps, Sammie, Cyberman, Ergoman

Abb. 74. Heiner Abb.75. Ergoman Paris

Abb. 76. Cyberman

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Paris sind ebenfalls in den Vergessenheit geraten. Franky wurde von der Firma Krauss-Maffei gekauft und wird im-mernoch verwendet.

Dritte Generation: Menschmodelle als CAD Plug-in ANTHROPOS [15-16]

Mit der Internationalisierung eines Produktes müssen die Anforderungen an Design und Konstruktion exakt auf den Raumanspruch und die Bewegungsabläufe aller poten-ziellen Passagiere in allen Märkten abgestimmt werden. Die Sicherheits- und Ergonomienormen jedes Zielmarktes müssen umgesetzt werden.

Die erste Entwicklungsphase überzeugte das IST Team darüber, dass die Figuren nicht nur mittels Skalierung veränderbare und über Gelenkpunkte in Körperhaltungen animierbare statisch feste Modelle sein sollten. Durch die getrennte Behandlung von Daten und Graphiken war viel-mehr anzustreben, die Modelle in unterschiedlicher gra-phischer Qualität sowie in Abweichung von Körpergröße und Körpertyp, Geschlecht und Alter aus der jeweiligen Datenbank immer neu aufzubauen.

Die verschiedenen Denkansätze, statische Modelle einer-seits und aus Datenbanken jeweils neue Modellierungen andererseits, zeigen beispielhaft die System-Graphiken der Menschmodelle ANYBODY und ANTHROPOS, deren Entstehungszeiten nur zwei Jahre auseinander liegen. Im Gegensatz zu ANYBODY waren die ANTHROPOS Mo-delle nicht der zentrale Kern des Programms. Bei dieser neuen Entwicklungsstufe bestand die zentrale Einheit aus einem komplexen Raumsystem zur Animation und Trans-lation von 3D-Modellen innerhalb von Lokalkoordinaten.

In ihm ließen sich komplizierte Bewegungen von inneren Modellen in einem immaginären Raum rechnen und an-schließend mit Hilfe von Informationen aus umfassenden Datenbanken in akzeptablen Graphiken visualisieren. Der Animation zugrunde liegenden Transformations- und

Abb. 77. Franky

Abb. 78 Adaps

Abb. 79. Sammie

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Abb 80. Sammie

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Abb. 81. Sammie

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Rotaionsrechnungen wurden mit einem raffinierten Me-thode von Prof. László Gehér gelöst und erklärten die zu anderen Systemen vergleisweise wesentlich höheren Geschwindigkeiten.

Je nach erforderlichem und durch die Analyse zu bestim-mendem Output konnte der Anwender die entsprechende Modellqualität wählen. ANTHROPOS stellte dafür unter-schiedliche Graphikroutinen zur Verfügung. Die Modelle konnten während der Arbeit gegen andere ausgetauscht oder zu einer Modellgruppe von max. neun Figuren (Fa-milie, Team) zusammengestellt werden. Alle in der Szene d.h. auf dem Monitor sichtbaren Modelle ließen sich nach-einander animieren, und die Animation einer Figur konnte auf jede andere übertragen werden.

Vor und auch während der Analyse konnte sich der An-wender zwischen unbekleideten oder bekleideten Figuren entscheiden, die er mit Hilfe des Ikonenmenüs einfach auswechseln konnte.

Die, dem Menschmodell zugrunde liegenden, anthropo-metrischen Daten wurden an nackten Menschen ermittelt. Demzufolge stellten die Modelle zumeist nackte Menschen dar. Für besondere Anwendungsfälle kann es jedoch wich-tig sein, die Figuren zu bekleiden. Desgleichen müssen bei bestimmten Analysen die Modelle Handwerkszeuge, Sichtkegel, Materialkisten etc. mitführen.

Aus einer Objektbibliothek ließen sich Kleidung, Werk-zeuge, Transportmittel in 3D laden. Der Anwender konnte selbst die Bibliothek erweitern.

Eine erste Hilfe bei der Sichtanalyse bestand darin, daß den Figuren sichtgeometrische Kegel angebunden wur-den, die sowohl die Sehentfernung, als auch die optimalen und maximalen Blickfelder graphisch und messend nach-vollziehbar darstellten.

Bei moderneren Systemen können die Modelle mittels Ka-merafunktion ihre jeweilige Umgebung fast so gut sehen lassen, wie ein Mensch diese sehen würde. Diese Funkti-

Abb. 82. Anthropos grafische Darstellungen

Abb. 83. Anthropos Sequenz-Animation

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on wurde auch bei Anthropos verwirklicht.

ANTHROPOS hatte die folgenden Leistungen: AugeEin aktivierte die Sehfunktion nur für einmal. AugeAuf ließ das Auge während des gesamten Animati-onsvorganges offen, so daß der Anwender die animations-bedingte sichtgeometrische Veränderung (Sehentfernung, Sehwinkel etc.) am Bildschirm ständig verfolgen konnte. Mit der AufKam Funktion wurde die Augenbewegung ohne Bewegung des Kopfes simuliert

Der Wunsch der Anwender ist verstänlicherweise, daß sich die Modelle genau so wie Menschen bewegen sollen. Die menschlichen Bewegungsabläufe sind aber viel zu komplex und kompliziert. Unter Verwendung von globalen Koordinaten konnte dieser Ziel nicht erreicht werden. Fort-schritt konnte im wesentlichen dadurch erreicht werden, daß in den Systemen die Animation und Transformation in lokalen Koordinaten erfolgte. Dabei blieben die der Figur zugeordneten Achsen erhalten, ganz gleich, wo und wie sich die Figur und ihre Extremitäten im Raum befanden. Zur natürlichen Bewegung trug auch die Lösung bei, daß die kinematischen Ketten nun nicht mehr auf eine Ex-tremität beschränkt blieben, sondern als erweiterte oder geschlossene Ketten durch den ganzen Körper gerechnet werden konnten.

Bei ANTHROPOS wurde eine Gravitationsberechnung verwirklicht . Mit und ohne getragene Last konnte das Mo-dell, gleich wie es animiert wurde, in sein eigenes Gleich-gewicht gestellt werden.

Die Auswahl der zu animierenden kinematischen Ketten erfolgte mittels Kursor in einem Ikonenmenü, das die Ge-lenke darstellte. Der bereits animierte Winkel wurde ange-zeigt. Die korrekt eingestellten Exkursionswinkel konnten im Animationsprogramm nicht überschrieben werden. Ein besonderer Fortschritt war die Reflexanimation in AN-THROPOS. Der Anwender bestimmte nur noch den zu erreichenden Punkt an der Maschine. ANTHROPOS ent-scheidete, mit welcher Hand der Punkt am bequemsten erreicht werden konnte und bewegte diese Hand in Rich-tung des Punktes. War die Reichweite des Armes zu kurz,

Abb. 84. CATIA Anthropos

Abb. 85. Anthropos Körperhaltun Alternativen

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wurde der Oberkörper mit in die Bewegung einbezogen. Parallel zu diesem Vorgang drehte die Figur den Kopf und richtete den Sehstrahl auf den ausgewählten Punkt. Wenn vorher das Auge eingeschaltet wurde, konnte nachvollzo-gen werden, wie das Modell den Punkt und seine Umge-bung sah. Mit dem Befehl Greif! umschließte die Hand das mit einem Punkt gekennzeichnete Objekt. Sowohl in ANYBODY als auch in ANTHROPOS ließen sich alle Animationen speichern und zu einer anderen Figur wieder aufrufen. ANTHROPOS verfügte zusätzlich über die Möglichkeit, Bewegungsphasen zu speichern und Figuren in bestimmten Körperhaltungen (div. Sitzpo-sitionen) aufzurufen. Darüberhinaus konnte mit mehreren Modellen gleichzeitig gearbeitet werden.

In ANTHROPOS konnte man den Schwerpunkt animierter Figuren berechnen lassen und sie durch Nachanimation in den Schwerpunkt stellen. Bei der Reflexanimation und eingeschaltetem Gravitationsmodul stelltte sich das Mo-dell selbst in seinen Schwerpunkt.

Bei vielen Analysen müssen neben den Geometrien auch menschliche Kräfte in Abhängigkeit von Zeit und Häufigkeit berechnet werden. Im ersten Schritt hat sich das IST-Team zur modifizierten Übernahme eines seit langem bewährten Systems zur Grenzlastermittlung entschlossen, das aber nicht nur die Grenzlastberechnung vornahm, sondern die Ergebnisse gemeinsam mit der Graphik (Modell und Um-gebung) als Protokoll-Print ausgab.

ANTHROPOS war in drei Modulen erhältlich:• VR ANTHROPOS • CAD ANTHROPOS• ANTHROPOS ERGOMAX

VR ANTHROPOS wurde für Echtzeit-Symulationen in Virtual Reality Umgebung geschaffen. Es war ein ideales Medium für Digital-Mock-Ups und Simulation von komple-xen Montagevorgängen. Mit Hilfe von Meßsystemen und Motion-Trackern konnten die natürlichen Bewegungen des Menschen erfasst, manipuliert und gespeichert werden, welche auf die Gliedermaßen des virtuellen Modells in Echtzeit übertragen wurden.

Abb. 86. Anthropos Erreichbarkeits-Analyse

Abb. 87. Anthropos Parametric Ergonomics

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Mit dem CAD ANTHROPOS Modul konnten Ergonomie-Analysen und Simulationen duchgeführt werden.

ANTHROPOS ERGOMAX diente zur Ergonomie-Analyse und zur hochwertigen Visualisierung in 3D Studio MAX.

Abb. 89. CATIA Anthropos Montage Arbeitsplatz Analyse

Abb. 88. Anthropos POLAR-MOHR Arbeitsplatz Analyse Abb. 90. Anthropos POLAR-MOHR Arbeitsplatz Analyse

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Abb. 91. VR Anthropos und Andreas Rössler Abb. 93. VR Anthropos

Abb. 94. VR Anthropos Abb. 92 best of byte

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Abb. 95 VR Anthropos

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JACK [17]

Das Jack Softwareprodukt wurde von dem Zentrum für Menschenmodellierung und Simulation an der Universität von Pennsylvania in den 80-er und 90-er Jahren entwi-ckelt. Das Projekt wurde für das NASA space shuttle Pro-gram als ergonomisches Analysewerkzeug und virtuelles Human-Prototyping System konzipiert. Das Projekt hat auch die Interesse der Marine und der Wehrmacht der Vereinigten Staaten geweckt, wo das System zum Zweck der Simulation von Soldatenaktionen angewendet werden konnte. Bei der Luftwaffe kam das Menschmodell bei der Simulation von Wartungsarbeiten als leistungsfähiges Werkzeug in Frage.

Die Interesse hat sich als massive Finanzielle Unterstüt-zung manifestiert. Geldmittel kamen außerdem von ver-schiedenen Regierungsorganen und Korporationen, die ihrerseits von dem Jack Menschmodell eine Lösung für jeweils ihre eigene Aufgabenstellungen erhofften.

Die Softwareentwicklung wurde in 1996 von Transom, ei-nem privaten Unternehmen übernommen. Transom wurde später von der Firma Engeneering Animation Inc. gekauft, die ihrerseits bald von Unigraphics Solution aufgekauft wurde. UGS war eine Zeitlang in Electronic Data Systems eingegliedert, dann schließlich wieder unabhängig gewor-den. Nachdem UGS die Firma Tecnomatix gekauft hat, wurde die Jack Software Teil der Tecnomatix Produktlinie. UGS wurde letzlich von Siemens gekauft und die Software wird seitdem bis heute unter dem Namen Tecnomatix Jack by Siemens als ergonomisches Menschmodellierungs-Werkzeug auf dem Markt gebracht.

Trotz der stürmischen Geschichte der vielen Übernah-men blieb das Jack Softwareprodukt kontinuierlich sehr erfolgreich, weil die Interesse der NASA, der Marine, der Wehrmacht und den Regierungsorganen den unerschüt-terlichen finanziellen Hintergrund sicherte. Die Forschung konnte sehr intensiv außer dem Kernproblem auch im Zusammenhang mit Standardisierungsfragen vorangetrie-

Abb. 96. JACK Montage Arbeitsplatz Analyse

Abb. 97. JACK Zugänglichkeit Analyse

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ben werden. Die Entwicklung führte zu solchen Normen wie H-anim und MPEG4 Body Animation Parameters. Der H-anim Standard wurde von dem Humanoid Animation Working Group [18] entwickelt, deren Teilnehmer waren:

• Computer Graphics Lab, Swiss • Computer Associates Int. Inc.• University of Pennsylvania• AvatarMe Ltd, UK• Ohio State University• VR Telecom• Lionhearth Technologies• NIST• University of Waterloo

Die Wurzeln von den modernsten Human Animation In-vers Kinematik Systemen können bis der Forschungsar-beit zurückverfolgt werden, die während der Entwicklung des Jack Softwareproduktes geleistet wurde. Diese Ani-mation-Systemen wurden zum Beispiel in die Software-produkte 3dsMax und Maya von Autodesk integriert und sind von den Animationsstudios Industrial Light und Magic angewendet.

Transom Jack ist eine real-time visuelle Simulation Lö-sung, die die Möglichkeit bietet eine virtuelle Umgebung zu schaffen. CAD objekte können importiert werden, aber es besteht auch die Möglichkeit, die Objekte selbst zu bauen. Die Umgebung kann mit biomechanisch korrek-ten menschlichen Figuren belebt werden, die die ihnen erteilte Aufgaben durchführen können. Inzwischen kann das System wertvolle Informationen liefern, mit deren Hilfe Konstruktione verbessert, Produktionsablaufe effizienter gestaltet und Wartungsaufgaben erleichtert werden kön-nen.

Die Transom Jack virtuelle Umgebung bietet folgende Möglichkeiten: • Importierung von Modelle von CAD oder vis sim Appli-kationen• Modellierung von Szenen und Objekte von geometri-schen Primitieven• Bewegung von Objekte in der Szene

Abb. 98. JACK DiskomfortAnalyse

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• Bibliotheken von Ausstattungsgegenstände und Werk-zeuge• Die Visualisierung kann mit Licht, Schatten, Spiegelung, Textur, Transparenz und Transluzenz angereichert wer-den• Kamerapositionen können für walk-through and fly-by animiert werden• Informationen, wie zum Beispiel Abbstand von zwei Punkte können gesammelt werden

Transom Jack Human Figur:• Die Transom Jack Figure ist realistisch detailiert und bio-mechanisch korrekt und kann exakt skaliert werden.• Die Figur besteht aus 74 Segmente, 73 Gelenke und hat eine 22-Segment Wirbelsäule• Die Gelenke haben 150 Freiheitsgrade• Die Figur ist aus von der ANSUR 88 Vermessung vali-dierten antropometrischen Daten abgeleitet• Die Figur weist 132 antropometrischen Daten auf• Die Figur kann auf Grund von einem Skalierungsfaktor oder aktuellen Körpermaßen individualisiert werden • Die Bewegungsgrenzen und Kraftgrenzen entsprechen den NASA Forschungsergebnissen• Jack kann als Skelett, Drahtmodell, shaded Figure, transparent oder solid Modell dargestellt werden

Transom Jack Leistungen: • Sehen - ‚dritte Person‘ Sichtkegel; ein Augen-Fenster zeigt was die Figur sieht; die Augen können die Bewegung von Objekten in der Szene mit Hilfe von Kopf- und Augen-Kontrol folgen• Gehen - korrektes Körperverhalten und Gleichgewicht-Kontrol entlang einer vorgegebenen Bahn oder in die Richtung eines spezifischen Zielpunktes • Greifen - vollgegliedertes Hand, 15 automatisches Grei-fen mit Anpassung der Fingerpositionen zu dem Objekt, das in die Hand genommen werden soll• Biegen und Heben - realistische Gelenkbewegung, kor-rekte Drehmoment- und Kraftkalkulation• Erreignis-Sequenzen durch Kurzorbefehle können mit realistischen Bewegungssimulation vollgezogen werden• Reaktion zu Situationen - real-time Kollision-Erkennung; die Bewegung wird von Umgebungsobjekte und Kraftaus-

Abb. 99. JACK Zugänglichkeit Analyse

Abb. 100. JACK Zugänglichkeit Analyse

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übungsfähigkeit kontrolliert • Mehrere Figuren können eine Aufgabe simultan vollzie-hen• Motion capture ermöglicht den Figuren die Bewegungen einer realen Person zu nachvollziehen

Transom Jack Output:Die biomechanisch korrekte Menschenfigur, die real-time virtuelle Umgebung und die realistische Bewegungssimu-lation sind unerlässliche Elemente der Human-Simulation. Es hat daüberhinaus eine grundlegende Bedeutung, wel-che Output-Informationen das Software liefern kann, um die Planung, Herstellung und Wartung der verschiedenen Produkte zu unterstützen. Transom Jack ermöglicht:

• Die Visualisierung von Durchfürbarkeit von verschiede-nen Aufgaben• Die Generierung von Berichte auf Grund von exakten Ergebnissen• Überzeugende Animationen• Veröffentlichung von Berichte und Animationen unmittel-bar im Internet• Abschätzung der Verletzungsgefahr im Lumbalbereich bei spezifischen Aufgaben• Analyse des Energieaufwandes mit Hilfe der Prognose-Gleichung von Garg• Komfortanalyse mit HTML Ergebnis-Bericht• Kraftsimulation• Generierung von maximalen und komfortablen Hüllkur-ven

NASA GRAF

Wie schon erwähnt, wurde das Menschmodell Jack für das NASA Space Shuttle Program als ergonomisches Analysewerkzeug und virtuelles Human-Prototyping System konzipiert. Die Leistungen der NASA Forschungsteam auf dem Gebiet human modeling sollen doch getrennt als eigenständige Anstrengungen betrachtet werden. Das NASA Menschmodell wird immerwieder unter dem Namen NASA GRAF erwähnt, obwohl die Abkürzung das ganze grafische Forschung und Analyse Software-System bezeichnet. Die Graphics Research and Analysis

Abb. 101. JACK Flugzeug CockpitAnalyse

Abb. 102. JACK Belastung Analyse

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Facility (GRAF) ist ein integraler Teil der Habitability and Environmental Factors Division bei Johnson Space Center (NASA). Hochleistungs-Rechner mit der Grafik-Software-Module, bekannt als PLAID, werden eingesetzt um die human engineering Probleme in Raumschiff-Design zu Analysieren. Schwerpunkte der Forschung sind: Bewohnbarkeit-Analyse, Licht- und Sichtbarkeit Analyse während Raumfahrt Missionen, Simulation der Missionsaufgaben und Visualisierung der Design-Konzepte. Dabei werden kommerzielle Applikationen, wie Jack, ebenso eingesetzt, wie open source Applikationen und selbstentwickelte Softwarelösungen.Die System ermöglicht:

• virtuelle Menschen zu generieren • Sichtbarkeit zu analysieren• die virtuelle Figuren zu animieren • Beleuchtung-Simulation• Mannschaft- Betrieb- und Wartung-Analyse • Visualisierung der Design-Konzepte • Virtual-Reality-Anwendungen.• Licht-Analyse

Graf setzt ein genaues Licht-Modell einschließlich der Radiance Lighting Visualisierungs-Software ein, um realistische Bilder von komplexen Umgebungen zu generieren.

RAMSIS [19]

RAMSIS wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes der Forschungsvereinigung Automobiltechnik des Ver-band der Automobilindustrie in den Jahren 1987 bis 1994 entwickelt. Die wissenschaftliche Erarbeitung der ergono-mischen Grundlagen erfolgte überwiegend am Lehrstuhl für Ergonomie der Technischen Universität München unter Professor Heiner Bubb. Die Software wurde in Kaisers-lautern bei der Tecmath AG entwickelt. Die Firma wurde in den 90-er Jahren umstrukturiert und seitdem als Hu-man Solutions GmbH weitergeführt. Ein Konsortium der deutschen Automobilindustrie wurde nach Abschluss des Forschungsrojektes Eigentümer von RAMSIS. Die großen

Abb. 103. RAMSIS Automotive

Abb. 104. RAMSIS Truck

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deutschen Autohersellerfirmen AUDI, BMW, Daimler, Ford-Werke, Opel, Porsche, Volkswagen gehören zum Konsortium und arbeiten mit dem Menschmodell während der Planung. RAMSIS wird seit 1995 als kommerzielles Simulationssoftware auch anderen Nutzern außerhalb der deutschen Automobilindustrie angeboten. Um die Leistun-gen des RAMSIS Menschmodells zusammenzufassen, habe ich die Produktbeschreibung von der Homepage der Firma Human Solutions übernommen:

Das 3D-CAD-Menschmodell RAMSIS ist eine hochgenaue Simulationssoftware für umfangreiche Design- und Kon-struktionsanalysen. Schon in der Konzeptphase werden mit RAMSIS die Anforderungen an Ergonomie, Komfort und Sicherheit berücksichtigt. Spätere Nachbesserungen entfallen, der Bedarf für physische Teststände ist deutlich reduziert.

Mit RAMSIS kann jede beliebige Zielgruppe generiert und Größe, Geschlecht, bevölkerungs- oder altersspezifische Merkmale genau festgelegt werden. Die aufwendige Mo-dellstruktur und die umfassende ergonomische Datenbank sind weltweit repräsentativ und stammen aus belegten, nachvollziehbaren Quellen. Dazu gehören renommierte Forschungsprojekte und Reihenuntersuchungen aus den meisten europäischen, nord- und südamerikanischen Län-dern sowie China, Japan, Korea und Indien.

* Durch modernste Haltungs- und Bewegungsstudien verhalten sich die virtuellen Testpersonen im Sitzen oder Stehen sowie bei der Fahrzeugbedienung ganz realistisch. Damit simuliert RAMSIS Haltung und ergonomisches Ver-halten völlig wirklichkeitsgetreu. * Integration von Standards (z. B. SAE): RAMSIS wurde in Zusammenarbeit mit führenden Automobilherstellern und –organisationen entwickelt. Neue Branchenstandards werden kontinuierlich integriert. * Beste grafische Darstellung realer Ergonomiesituati-onen * Einfache Integration in die Entwicklungskette: RAMSIS oder Ergonomiedaten aus RAMSIS lassen sich direkt in andere, gängige Systeme im Konstruktionsumfeld einbin-den.

Abb. 105. RAMSIS Erreichbarkeitd-Analyse

Abb. 106. RAMSIS Sichtbarkeit-Analyse

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RAMSIS Automotive wird durch zusätzliche Module für detaillierte Schwerpunkt-Analysen ergänzt:

* RAMSIS Global Concepts: Entwicklung von Fahrzeug-konzepten für internationale Märkte. * RAMSIS Seat Belt Design: Basierend auf dem Elec-tronic Belt Fit Test Device (eBTD) wird der Gurtverlauf entsprechend der Zulassungsvoraussetzungen in Kanada analysiert. RAMSIS Seat Belt Design ist weltweit der ein-zige digitale Test, der für die Zertifizierung zugelassen ist. Seat Belt Design gestattet die Berechnung eines Gurtver-laufs auch für das Manikin. * RAMSIS Ergonomic Expert ermöglicht die Integration und Programmierung firmenspezifischer Analysen und Bewertungen in RAMSIS. Eigene Daten, aktuelle For-schungsergebnisse oder zum Beispiel Bewegungsstudien werden über offene Programmier- und Datenschnittstellen direkt in das System integriert. * RAMSIS Standards & Regulations unterstützt bei der Einhaltung internationaler Zulassungsvoraussetzungen und schafft gleichzeitig ideale Bedingungen für eine breite Nutzerschicht.

RAMSIS ist als Stand-Alone-Applikation oder als Integrati-on in CATIA verfügbar. Als CATIA-Modul ist RAMSIS naht-los in die CAD-Umgebung von CATIA V4 und V5 integriert. Konstrukteure haben direkten Zugang zu allen RAMSIS-Funktionen innerhalb ihres gewohnten Arbeitsfelds. Zeit-raubender Import oder Export von Geometrien fällt weg, und der Anwender muss sich nicht mit einem neuen CAD-Programm vertraut machen, um effizient ergonomische Analysen durchführen zu können.

Bau- und Schwermaschinen müssen sich vollständig beherrschen und kontrollieren lassen – auch ohne umfas-sendes Vorwissen. Ist dies nicht der Fall, stellen sie eine Gefahr für den Fahrer und die Mitarbeiter in seiner Nähe dar. Riskante Arbeitsunfälle, kostspielige Schäden am Ar-beitsgerät oder dem Fahrzeug selbst sowie Produktivitäts-ausfälle sind die Folgen.

RAMSIS Bus & Truck ist ein CAD-Menschmodell für die

Abb. 107. RAMSIS Erreichbarkeitd-Analyse

Abb. 108. RAMSIS Erreichbarkeitd-Analyse

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ergonomische Ausrichtung von Fahrzeugen in der Stra-tegie- und Konzeptphase. Die Software wurde in enger Abstimmung mit LKW- und Busherstellern entwickelt und erfüllt deshalb präzise die Anforderungen der Branche: Bereits am digitalen Modell lässt sich die Bedienbarkeit der Fahrzeugelemente sowie die Durchführbarkeit von Wartungs- und Reparaturarbeiten überprüfen. Noch vor dem endgültigen Model Freeze werden so Komfort und Sicherheit des Fahrers gewährleistet. Flugzeuge werden häufig schon im digitalen Modellstatus verkauft. Da das Flugzeugdesign bis ins kleinste Detail digital festgelegt wird, können Hersteller trotz strenger Regelungen und Vorgaben mit RAMSIS Aircraft im Markt neue Maßstäbe für mehr Komfort und Sicherheit setzen. RAMSIS ist ein hochfunktionales CAD-Menschmodell für die ergonomische Ausrichtung von Flugzeugen in der Strategie- und Konzeptionsphase. Ohne Mock-up zeigt die digitale Ergonomieauslegung in RAMSIS Ihren Kunden, Partnern oder Mitarbeitern wie sich ein Mensch später im realen Flugzeug bewegen kann.

SAFEWORK [20]

Eine der marktführenden Menschmodell Produkte wurde vom SAFEWORK Inc. entwickelt. Die Zentrale der Firma liegt in Montral, Canada und gehört zur Mutterfirma Das-sault Systems. Das Safework Human Modeling System wird als stand-alone Version mit dem Namen SAFE-WORK® Pro™ oder integriert in den folgenden Dassault Systems Softwareprodukten angeboten: CATIA, DELMIA, Division/ProE.

Dassault Systèmes, die Mutterfirma von Safework Inc. hat sich das Ziel gesetzt, den Entwicklern und ihren Mitarbei-tern bis hin zu den Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, Produkte in 3D zu entwickeln, auszutauschen und zu er-leben. Als Weltmarktführer von 3D- und Product Lifecycle Management Lösungen ermöglicht Dassault Systèmes mit seiner Software und seinen Dienstleistungen Unter-nehmen jeder Größe und Branche weltweit die digitale Definition und Simulation von Produkten sowie der erfor-derlichen Prozesse und Ressourcen für ihre Fertigung,

Abb. 109. RAMSIS Automotive

Abb. 110. RAMSIS Flugzeug Cockpit

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Instandhaltung und Entsorgung.

Dassault Systèmes bietet Lösungen bestehend aus An-wendungen, Dienstleistungen und Methoden, die den spezifischen Anforderungen der Kunden in den folgenden elf Branchen entsprechen: • Automobilbau und Transportwesen• Schiffbau• Hightech• Verpackungsgüter• Energie- und Prozessindustrie• Dienstleistungen für Unternehmen • Luft- und Raumfahrt • Maschinen- und Anlagenbau• Konsumgüter• Life Sciences• Bauwesen

Die Softwareprodukte wurden für bestimmte Bereiche spezialisiert: CATIA für die virtuelle Produktdefinition, SI-MULIA für die virtuelle Prüfung, DELMIA für die virtuelle Fertigung, ENOVIA für die Verwaltung von Geschäftspro-zessen und 3DVIA für virtuelle Kundenerfahrungen.

Safework specifikation

Das SAFEWORK Menschmodell bietet folgende Leistun-gen an:

Human Posture Analysis Die Human Posture Analysis Produkt ermöglicht alle As-pekte der Körperhaltung der Prüfpuppe quantitativ und qualitativ zu analysieren. Die Haltung sowohl des ganzen Körpers als auch lokaler Bereiche kann im Einklang mit der veröffentlichten Komfort-Datenbanken analysiert, be-wertet und iteriert werden um Fahrerkomfort und Leistung über den gesamten Aufgabendurchführung festzustellen. Benutzerfreundliche Dialog Panels bieten Haltungs-Informationen für alle Körpersegmente der Prüfpuppe. Farbcodierung Techniken gewährleisten, dass Problem-bereiche schnell erkannt und iteriert werden können, um die Körperhaltung zu optimieren. Die Human Posture

Abb. 111. RAMSIS Bagger Kabine

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Editor erlaubt Benutzern ihre eigenen Komfort und Kör-perkräfte-Bibliothek entsprechend der jeweiligen Aufgabe herzustellen.

Menschliche Aktivität Analyse Das menschliche Aktivität Analyse Produkt bewertet alle Elemente der menschlichen Leistung ausgehend von der Analyse der statischen Haltung bis hin zur Analyse von komplexen Aktivitäten. Das Produkt verfügt über eine Reihe von Werkzeugen und Methoden zur spezfischen Analyse der Interaktion zwischen der Puppe und den Objekten in der virtuellen Umgebung. Die NIOSH 81/91 und SNOOK& CIRIELLO Gleichungen bewerten die Aus-wirkungen von Heben / Senken, Drücken / Ziehen und Tragen und ermöglichen die Optimierung der Leistung während der Durchführung der Aufgabe. Der Designer kann nach Eingabe einer Ausgangs- und End-Körper-haltung eine Reihe von Variablen wie z. B. Bewegungs-grenzen, vorgeschlagene und maximale Gewichtsgrößen beim Heben / Senken einstellen. Vorteile sind die präzise Vorhersage der menschlichen Leistungsfähigkeit und die Möglichkeit Konformität mit den Gesundheits-und Sicher-heitsstandards sicherzustellen und den menschlichen Komfort zu maximalisieren.

Human Builder Human Builder ermöglicht Anwendern ihre Designs mit männlichen und weiblichen virtuellen Menschen zu bevöl-kern. Zur Verfügung stehende Körpergrößen sind die 5, 50 und 95 Perzentile Statur und Gewicht. Die Normpuppe besteht aus 100 unabhängigen Gelenken und Segmenten und weist 104 anthropometrischen Variablen auf. Darüber hinaus besitzt die Prüfpuppe 148 Freiheitsgrade, die auch die Grenzen der Gelenkbewegungen berücksichtigen.

Die Human Builder Prüfpuppe kann als ganzer Körper und mit Hilfe von inverse Kinematik und direkte Kinematik ma-nipuliert werden. Sieben default Inverse Kinematik Hand-les kontrollieren die Bewegung des Manikins und können die natürliche Körperhaltung exakt vorhersagen. Direkte Kinematik kann eingesetzt werden, um die Haltung der Prüfpuppe durch Manipulation der einzelnen Segmente entsprechend der jeweiligen Freiheitgrade ganz fein ab-

Abb. 112. RAMSIS Erreichbarkeitd-Analyse

Abb. 113. SAFEWORK

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zustimmen.

Die Human Vision Builder Analyse unterstützt vier Arten von Sichtsimulation: binokular, ambinokular, monokular links und monokular rechts. Die Ergebnisse der Sicht-simulation werden als Peripheraler Sichtkegel, Zentraler Sichtkegel und Sichtlinie dargestellt. Ein separates Sicht-Fenster sorgt dafür, dass der Benutzer sehen kann, was die Puppe sieht.

Um sicherzustellen, dass die Ansprüche der richtigen Zielgruppe in Betracht gezogen werden, haben die An-wender des Produktes die Möglichkeit eine geeignete eu-ropäische, amerikanische oder asiatische Anthropometrie Datenbank zu wählen.

Anthropometrie Nach Eingabe der entsprechenden kritischen Entwurfsva-riablen die SAFEWORK ® Pro ™ multinormal statistische Algorithmus stellt automatisch alle anderen anthropome-trieschen Variablen ein, um Manikins zu schaffen, die innerhalb der Zielgruppe existieren. Eine einzigartige „boundary“ Manikin Technik sorgt dafür, dass Designer ihre gesamte Zielgruppe mit einer minimalen Anzahl von Prüf-puppen berücksichtigen können. Die „boundary“ Manikins können spezifisch nach den Bedürfnissen des Benutzers geschaffen oder aus Bibliotheken gewählt werden.

Human Measurements EditorDie Anwender können zusetzlich zu den sechs default Ma-nikins mit Hilfe der Human Measurments Editor Körperma-ßen von jedem Repräsentanten einer beliebigen Populati-on der Welt einstellen. Benutzer können entweder alle 104 anthropometrischen Variablen des Manikins selbst ändern oder nur eine kleinere Anzahl von kritischen Variablen ma-nipulieren und die Bestimmung der restlichen Variablen dem Human Measurment Editor überlassen. Diese Vari-ablen können manuell durch Eingabe der gewünschten Messungen entweder als Perzentil-Wert oder als Größe mit Maßeinheit, weiters durch eine intuitive „Klicken und Ziehen“ grafische Benutzeroberfläche verändert werden. Der Human Measurements Editor kann auch den Mittel-wert und die Standardabweichung aller anthropometries-

Abb. 114. SAFEWORK JSF Wartung Symulation

Abb. 115 SAFEWORK Montage Simulation

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chen Variablen liefern. Durch die einzigartige SAFEWORK ® Multinormalen-Technik kann sichergestellt werden, dass der Human Measurement Editor nur solche Manikins ergibt, die in der Zielgruppe wirklich existieren. Darüber hinaus ist es möglich, den Anteil der Bevölkerung in Per-zent anzugeben, welchen Anteil die Gestaltung mit Hilfe der SAFEWORK ® Boundary Manikin Technik befriedigen soll. Validierungsstudien haben bis zu 97% Genauigkeit des erzeugten Manikins ergeben.

Sicht AnalyseEin grundlegender Vorteil der Menschmodellierung ist es, ein Verständnis darüber zu gewinnen, was ein Operator oder Wartungsassistent während der Durchführung seiner Aufgabe sehen würde. Die SAFEWORK ® Pro ™ Vision Module, welches aus den NASA 3000 Leitlinien abgeleitet wurde, enthält ein genaues Sichtverhalten Modell, um die realistische Bewegung des menschlichen Sichtfeldes zu imitieren, so dass „was der Manikin sieht, ist das gleiche, was der Operator sieht ...“ Vier Arten von Sichtsimulation stehen zur Verfügung: binokular, ambinokulare, monokular links und monokular rechts (stereoskopisches Sehen mit fortgeschrittener Tiefenwahrnehmung wird in dem Virtual Reality Modul angeboten). Karakteristische Merkmale der visuellen Wahrnehmung werden als Peripheralsicht-Ke-gel, Zentralsicht-Kegel, blinden Fleck Kegel und Zentral-fleck-Kegel dargestellt, die dem Anwender ermöglichen, einen Einblick ins Sichtfeld des Manikins zu gewinnen. SAFEWORK ® PRO ™ wurde spezifisch mit dem Ziel ent-wickelt, dass das Design, welches mit Hilfe des Software-Produktes erarbeitet wurde, automatisch in Konformität mit allen relevanten Normen resultiert. Zum Beispiel die FAA Kompatibilität wird durch die Überlagerung des Sicht-Fensters mit der FAA Sicht-Gitter sichergestellt

Task ModuleDas SAFEWORK ® PRO ™ Task-Modul bietet die Mög-lichkeit an, dass Designer den Ablauf einer Betriebs- oder Wartungs-Aufgabe aus den Elementen einer default Bewegungs-Bibliothek zusammenstellen. Die standard Motion Library enthält solche einfache und grundlegende Bausteine der Animation, wie ‚look at‘ (siehe) und ‚get‘ (greif). Die intuitive Erstellung von Aufgaben und Szenari-

Abb. 116.SAFEWORK JSF Wartung Symulation

Abb. 117 SAFEWORK Fahrerplatz Simulation

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en ermöglicht Rapid Prototyping und die Bewertung von mehreren „Was-wäre-wenn“ Bedingungen in einer benut-zerfreundlichen und zeitsparenden Weise.

Menschen führen realen Aufgaben in realen Umgebungen durch. Das Verständnis, wie sich die einzelnen Kompo-nenten des Bewegungsablaufes miteinander zu einer kompletten Sequenz der Aufgabendurchführung verknüp-fen, bietet dem Planer ein klares Bild darüber, wie sich die Menschen in einer realen Szenario verhalten würden. SAFEWORK ® Pro ™ bietet darüberhinaus dem Anwen-der die Möglichkeit, jede primitive Aufgabe der standard Bewegungs-Bibliothek zu individualisieren und den ei-genen Ansprüchen anzupassen. Sobald der Ablauf der Aufgabendurchführung zusammengestellt wurde, können jegliche Variablen geändert werden, um die Bewertuing ei-ner Reihe von „Was-wäre-wenn“ Szenarien zu erleichtern. Der Anwender kann automatisch Animationsdateien aus dem Ergebnis-Simulation erstellen.

Kleidung ModulKleidung kann das persönliche Komfortgefühl, die Bewe-gungsfreiheit und Leistungsfähigkeit wesentlich beeinflus-sen. Um einen funktionellen Ansatz zur ergonomieschen Analyse zu gewährleisten, ermöglicht das SAFEWORK ® Pro ™ Bekleidungs-Modul, die Auswirkungen der Kleidung und zusätzlichen Ausrüstung (z. B. Helme, Rucksack, etc.) zu simulieren. Eine Reihe von Bekleidungs-Bibliotheken mit individualisierbaren Elementen steht zur Verfügung, mit deren Hilfe die zusetzliche Belastung und die funktio-nellen Einschränkungen der Gelenke durch Kleidung den realen Verhältnissen entsprechend berücksichtigt werden können.

Torso Winkel Analyse Dank dem exact artikulierten Wirbelsäule-Modell, jede re-alistische menschliche Torso Haltung lässt sich durch den SAFEWORK ® Pro ™ Manikin reproduzieren. In Über-einstimmung mit den neuesten internationalen Standards für Automotiv Packaging (SAE ASPECT-Programm), die Torso Winkel Definition von SAFEWORK ® ermöglicht es dem Anwender, die Krümmung.des Rückgrates zu bewerten.

Abb.118. SAFEWORK Sichtfeld Analyse

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KollisionserkennungMit Hilfe der SAFEWORK ® Pro ™ Kollisionserkennung Algorithmen kann der physische Kontakt zwischen zwei Objekten in der Szene erkannt, geprüft, analysiert und simuliert werden. Die Kollision kann, entweder auf Grund des Kontaktes zwischen den Oberflächen-Polygonen der Objekte (Kontakt-Erkennung) oder des Kontaktes zwischen den um den Objekten defineirten umhüllenden zylindrischen oder sferischen Bereichen (Nähe-Erken-nung) berechnet werden. Sowohl die exakte Kollisionser-kennung als auch die Erkennung der Nähe sind auch mit komplexer Geometrien in Echtzeit erreichbar.

Animation Alle Elemente einer SAFEWORK ® Szene - einschließ-lich Manikins, alle Arten von geometrischen Objekten und Kameras - können animiert werden. Die Simulation des Arbeitsprozesses kann mit Hilfe des SAFEWORK ® Animation Moduls auf Wunsch aufgezeichnet und wie-dergegeben werden. Die Animation des Manikins in der geplanten Umgebung, kann die Aufmerksamkeit auf po-tenziellen kritischen Stellen und eventuellen Hindernissen bei der Aufgabendurchführung lenken. Die Animation stellt ein Medium dar, mit deren Hilfe Human Centered Infor-mationen leicht verstehbar an alle Beteiligten des Design-Prozesses weitergegeben werden können

Virtual RealityDer Designer kann mit Hilfe der SAFEWORK ® Pro ™ Virtual Reality Funktion in einem voll immersiven virtuellen Umgebung das Produkt von dem Blickwinkel eines belibi-gen Mitgliedes der Zielgruppe erfahren. Motion-Capture-Geräte, kombiniert mit einem Head-Mounted-Display und Daten-Handschuhe ermöglichen das vollständige Eintau-chen in die Planungssituation.

DELMIA/SAFEWORK Link

Um die Komplexität der Softwarelösungen zu illustrieren kann das Produkt DELMIA/SAFEWORK Link als Beispiel genommen werden. Mehrere Softwarekomponenten werden in einer Weise kombiniert, dass der Designer

Abb. 119.SAFEWORK Montage Symulation

Abb. 120 VR SAFEWORK

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von allen Komponenten die beste Leistung herausholen kann. Er ist in der Lage alle Vorteile des hochentwickel-ten SAFEWORK Pro Menschmodellierungs-Werkzeuges auszuschöpfen und die damit generierten volldetailierten virtuellen menschlichen Figuren nahtlos in die DELMIA System, statt dem default ENVISION/ERGO Human Mo-del, zu integrieren. Damit können alle aufgabe-orientierten Funktionen von ENVISION und IGRIP mit den Vorteilen der Modellierung mit SAFEWORK Pro kombiniert werden. Die IGRIP-Simulationssoftware der Firma Deneb ist vor allem in der Automobilindustrie im Einsatz. Sie läuft auf einer Silicon Graphics und umfasst eine Roboterbibliothek mit gängigen Robotertypen. Diese Komplexe Lösung ermöglicht das solche Themen, wie human fit, Form und Funktion, Anthropometrie, Haltungsanalyse, Komfortana-lyse und Leistungsanalyse in der selben Planungsumge-bung behandelt werden können.

Mit DELMIA/SAFEWORK® werden die folgenden leis-tungsfähigen Werkzeuge des ENVISION/ERGO Systems angeboten:

• RULA - Rapid Upper Limb Assessment (www.rula.co.uk)ein Beschreibungssystem, welches u.a. die Dauer und das Ausmaß einer Gelenksbeugung bewertet, um chro-nische Muskelverletzungen im Bereich von Nacken und Rücken, den Schultern, Armen und Händen zu identifi-zieren.• NIOSH - National Institute for Occupational Safety and Health - Datenbank und Informationsquelle(www.cdc.gov/niosh/database.html)

• MTM - Methods Time Measurement: Methode zur planerischen Ermittlung der Dauer von Ar-beitsabläufen

• GARG Algorithmus für die Kalkulation des Energieauf-wandes• Belastungsgrenzen, maximales Gewicht beim Heben und Senken • Leistungsanalyse• Konformität zu Gesundheits- und Sicherheitsstandards • Maximierung von mensclichen Komfort und Sicherheit

Abb.121. SANTOS

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Vierte Generation: voll imersive Virtual Rea-lity Sisteme

SANTOS

Viele der Forschungsprojekte auf dem Gebiet Menschmo-dellierung wurden von dem Militär beauftragt und finan-ziert. Früher oder später haben auch die meisten anderen, vom Militär unabhängig ins Leben gerufenen Human Modeling Systeme die Interesse vom Militär geweckt. Die besten Ergebnisse sind dieser Interesse zu danken, weil die Finanzierung in solchen Fällen reichlich gesichert ist. Es ist bestimmt eine der Faktoren, die dazu beigetra-gen haben, dass der digitale Soldat SANTOS, eines der herausragendsten Human Modeling Software Produkte werden konnte.

Das Virtual Soldier Research Program wurde von dem Militär der Vereinigten Staaten ins Leben gerufen. Die For-schung und Entwicklung wurde an der Universität Iowa im Zentrum für Ingeneurwissenschaften und Computer Aided Design durchgeführt. Eine kommerzialisierte Version des Produktes wird von der Santos Human Inc. vertrieben.

Santos ragt vor allem mit den biomechanischen und phy-siologischen Eigenschaften, dem exzellenten Aussehen und der künstlichen Intelligenz heraus. Herzschlag und Blutdruck sind mit höchstmöglichen biologischen Korrekt-heit simuliert. Die Firma verkündigt das System auf dem Homepage mit dem folgenden Werbeslogen: ‚Santos is the world‘s first virtual human biofidelic avatar built from the ground up.‘

Santos kann zusammengesetzte Aufgaben durchführen. Während der Aktion wird die Bewegung optimalisiert. Ein matematisches Modell beschreibt dazu die ausgeübte Kraft und die Ermüdung der Muskeln. Das Modell bezieht sich zur Zeit auf anaerobische Ermüdung. Die aktuelle Forschung entwickelt die Simulation der aerobischen und psychologischen Ermüdung.

Abb. 122. DIGuy

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DI-GUY [22]

Die von der Firma Boston Dynamics entwickelte DI-Guy COTS (Commercial, off-the-shelf) Softwareprodukt bildet eine eigene Kategorie unter den hochentwickelten Human Modeling Tools in Betracht sowohl auf die Zielsetzungen als auch die Softwarelösungen.

Boston Dynamics ist eine kleine Engineering und Robotik-Design Firma, die im Jahr 1992 von Marc Raibert aus dem Massachusetts Institute of Technology mit dem Ziel ausgegliedert wurde, ein Projekt in Kooperation mit dem US-amerikanischen Systems Corporation durchzuführen. Ziel des Projektes war, die Traningvideos, die während der Übung der Landung und des Abfluges mit einem Kampfflugzeug von der Mutterschiff bei der Naval Air Warfare Center Training Systems Division (NAWCTSD) benutzt wurden, mit interactiven 3D Komputer-Simulatio-nen zu ersetzten.

Die Firma hat in 2008 mit einer Hochleistung auf dem Gebiet Robotik großes Aufsehen erregt. Ein Transpor-troboter wurde seit 2005 von Boston Dynamics unter der Schirmherrschaft des US-Verteidigungsministeriums entwickelt. Die Ergebnisse der Arbeit wurden im März 2008 in Form einer Videoafnahme veröffentlicht. Der Vierbeiner Big Dog wurde in Kooperation mit Foster-Miller, dem Jet Propulsion Laboratory und der Harvard Univer-sität Concord Field Station gebaut. Der Transportroboter sollte Soldaten durch unwegsame Gelände begleiten, wo Transportmittel mit Rädern wegen der Unebenheiten des Terrains nicht einsetzbar wären. Betrieben von einem Ver-brennungsmotor ist er in der Lage eine Nutzlast von bis zu 150 kg zu transportieren. Der ein Meter lange und 70 Zentimeter hohe Big Dog kann schwierigste Untergründe, sowie eine Steigung von bis zu 35 Prozent bewältigen. Er erreicht dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h. Er kann bei jede Witterung eingesetzt werden, weil er dem Schnee und Regen standhalten und bis zu 120 Grad Hitze aushalten kann.

Die Leistung ist furchterregend. Big Dog scheint unaufhalt-sam zu sein. Selbst Anrempeln und Glatteis können den

Abb.123. DIGuy

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künstlichen Vierbeiner nicht zu Fall bringen. Auch wenn er zu stampeln scheint, richtet er sich wieder auf und setzt sein Fahrt fort. Hochinterressant ist die biomechanische und biophysische Intelligenz, die hinter diese Leistung steckt. Die Firma Boston Dynamics beherrst eine state-of-the-art Technologie, die nicht nur ihre Roboter, sondern auch ihre DI-Guy Human Modeling Software auf eine füh-rende Stelle auf der Weltrangliste hebt.

Boston Dynamics bietet realistishe Menschenfiguren und real-time Simulation an. Das System kann mit Windows und Linux implementiert werden und ist mit den meisten wichtigen Renderer kompatibel: OpenGL, OSG, DirectX and Vega Prime. Es kann zu weiteren Renderer ange-passt werden, wie zum Beispiel: Raydon‘s BARE, Rock-well Collins‘ EPX, Unreal, Quantum3D‘s Mantis. Das System besteht aus den folgenden Komponenten:

DI-Guy Software Development Toolkit (SDK)DI-Guy Artificial Intelligence (AI)DI-Guy ScenarioDI-Guy Motion Editor

Mit Hilfe von DI-Guy SDK ist der Anwender in der Lage, eine existierende Simulation mit Menschenfiguren zu beleben. Sollte eine solche Simulation nicht vorgegeben sein, dann kann der Anwender zuerst die Funktionen der DI-Guy Scenario Software anwenden um eine Umgebung zu schaffen, und dann diese Umgebung beleben.

DI-Guy bietet eine Fülle von fertigen Figuren an, die für die Kunden in einem Katalog zusammengefasst wurden. Die Figuren sind vielfältig und meist bekleidet. Man kann unter ihnen männliche und weibliche Figuren der zivielen Bevölkerung, Soldaten aber auch Tiere und Transport-mittel finden. Das Aussehen der Figuren umfasst eine breite geographische und kulturelle Skala. Representiert sind verschiedene Professionen, wie Polizist, Feuerman, Artzt, etc. Kinderfiguren werden auch angeboten. Weil die Software ursprünglich für Träning-Simulationen der auf dem Flugzeugträgerschiff üblichen Situationen entwickelt wurde, gibt es eine Überfülle vom Mutterschiff-Personal.

Abb. 124. DIGuy

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DI-Guy wird mit einem C++ Applikation Inteface geliefert, mit deren Hilfe alle Aspekte der Karakterfiguren beein-flusst werden können.

DI-Guy ist mit fertigen Animationen reichlich ausgestat-tet, mit deren Hilfe menschliches Verhalten realistisch Simuliert werden kann. Die Bewegungssimulation wurde auf dem Basis der motion capture Methode den realen Verhältnissen sorgsam angepasst. Dank der künstlichen Intelligenz können die Übergänge zwischen den einfachen Bewegungsphasen glatt und realitätsnah ablaufen.

Die Szenarien können mit einzelnen Figuren oder mit einer Menschenmenge belebt werden. Es geschiet ganz einfach mit point-and-click Kursorbefehlen. Verschiedene Methoden stehen zur Verfügung um die Figuren zu ani-mieren:

• Die Gelenke können unmittelbar kontrolliert werden, wie es im Allgemeinen auch in den anderen Human Modeling Systemen üblich ist.

• Befehle können durch C++ API erteilt werden. Die Fi-guren verstehen zum Beispiel, dass Sie zu einem Objekt in der Szene gehen. oder auf einem Zielpunkt schießen sollen. Es gibt Tausende von solchen vorprogrammierten Aktionen in der Bibliothek.

• Der Anwender ist in der Lage, dem Figur einen Weg mit-tels eines Splines vorzuschreiben, den er begehen soll. Die Spline-Kurven können mit den in grafischen Systemen üblichen Methoden durch handles editiert werden. Entlang des Splines können Aktionssymbole plaziert werden. Wenn der Figur ein solches Symbol erreicht, führt er die Aktion, die von dem Symbol vorgeschrieben wurde, durch bevor er seinen Weg fortsetzt. Mehere Aktionen können auf dem selben Punkt, wie in einem Stack abgesetzt wer-den. Die Durchführung erfolgt der Reienfolge nach wie die Aktionen im Stack zu finden sind.

• Eine weitere Methode der Animation ergibt sich, wenn die Figuren kollektiv, als eine Menge erzeugt und betrach-tet werden. Mit der Blitzcrowd Funktion kann durch den

Abb. 125. ErgonomiX

Abb. 126. ErgonomiX

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Kursor eine ganze Menge von Figuren gleichzeitig erzeugt werden. Die Figuren der Menge können kollektiv und in bestimmten Sinne doch individuell Befehlen folgen. Durch künstliche Intelligenz (artificial intelligence, AI) wissen sie über die Objekte in der Szene Bescheid und vermeiden die Kollision mit diesen Gegenständen und mit anderen Figuren. Obwohl sie alle den selben Befehl bekommen ha-ben ( zum Beispiel ein Fahrzeug zu attackieren), werden sie alle eine individuelle Bewegungsablauf durchführen. Die Simulation wird dadurch sehr realistisch wirken.

ERGONAUT (Fraunhofer IAO Stuttgart) [23]

Die ergonomische Qualität ist ein grundlegendes Kriterium für die Erfolg eines Produktes auf dem Markt. Um kon-kurrenzfähig zu bleiben, müssen die Lebenszyklen des Produktes schneller laufen. Gleichzeitig sollen die Ent-wicklungskosten reduziert werden. Um dieses Ziel zu er-reichen, versuchen die Entwickler der digitalen Planungs-hilfen immer mehr an den realen Verhältnissen näher rücken. Ein wesentlicher Schritt wurde auf diesem Gebiet im Jahr 1996 im Fraunhofer Institute for Industrial Design in Kooperation mit IST GmbH geleistet, als auf dem Basis des Virtual Anthropos Kernsystems die Ergonaut Software für die Anwendung in CAVE entwickelt wurde.

Der Begriff Cave Automatic Virtual Environment (abge-kürzt: CAVE; Höhle mit automatisierter, virtueller Umwelt) bezeichnet einen Raum zur Projektion einer dreidimensio-nalen Illusionswelt der virtuellen Realität. Ein Würfel mit bis zu sechs Projektionsflächen wird mit Projektoren bestrahlt um den Effekt hervorzurufen. Unter Umständen wird also auch ein gläserner Boden als Projektionsfläche benutzt. Der Prototyp eines Geräts zur Echtzeit-Visualisierung von Kunst und Wissenschaft für mehrere Menschen in einem Raum wurde von dem Kunstprofessor Daniel Sandin und den Informatikern Tom DeFanti und Carolina Cruz-Neira an der University of Illinois at Chicago entwickelt und 1992 auf der SIGGRAPH vorgestellt

Das Ergonaut Analyse-Werkzeug ermöglichte die Kom-bination von digitalen und echtlen Daten in einem mixed mock-up. Ein mixed mock up ist ein eins-zu-eins Modell,

Abb. 127. ErgonomiX

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das zum Teil aus echten, zum Teil aus digitalen Kompo-nenten besteht. Hauptvorteil dieser Planungstechnik ist es, dass ein echter Operator in dem Modell eingesetzt werden kann, ohne das ganze mock-up bauen zu müs-sen. Dazu müssen nur einige wichtige Funktionseinheiten in die CAVE Umgebung gesetzt werden, wie zum Beispiel ein Fahrersitz und die entsprechenden Pedale. Die feh-lenden Teile werden dann virtuell generiert. Der Operator kann das geplante Fahrzeug so erleben, als ob alle Teile echt wären und dabei auch die Ergebnisse der ergonomi-schen Analyse abrufen und bewerten. Drei verschiedene Stufen der egonomischen Analyse wurden dem Entwickler zur Verfügung gestellt. Die erste Stufe diente der schnel-len Bewertung und ermöglichte die rasche Erkennung von kritischen Design-Aspekten. Mit Hife der dritten Stufe konnten sogar Design-Varianten ausprobiert werden. Reach-envelope ( Erreichbarkeitshülle) , Sichtfelder und Isolinien gleichen Kraftes konnten bei den diversen Analy-sen visualisiert werden.

Während der ersten semi-produktiven Pilotphase ein Trak-tor-Design der Mannheimer John Deer Company wurde getestet und bewertet. Zwei Umgestaltungsmöglichkeiten wurden für die Traktor-Kabine vorgeschlagen.

Bei der Übertragung der ANTHROPOS Kernsoftware auf eine Echtzeit-Version der virtuellen Umgebung ergaben sich hohe Anforderungen bezüglich der Benutzer-Schnitt-stelle. Die Komplexität der Aufgabe konnte zwar nur mit einem relativ hohen Arbeitsaufwand bewältigt werden, aber es konnte mit der 3D interaktiven und vollimmersiven Umgebung ein großes Potenzial für die Nutzung neuer Techniken der Analyse erstellt werden.

User Interface

Die Anwender-Interaktion in ERGONAUT wurde durch eine Mischung aus 3D-Widgets in der CAVE, einem 2D Desktop-Fenster und Spracherkennung. realisiert. Die Kombination der vershiedenen Interaktionsmöglichkeiten hat dazu beigetragen, dass die Anwender die Komplexität der Applikation ohne Schwierigkeiten und Frustration be-wältigen konnten. Das 3D user interface konnte einfacher

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gestaltet werden, indem Funktionen, die nicht ständig ge-braucht werden, dem 2D Desktop-Fenster und der Spra-cherkennung überlassen wurden. Solche Funktionen sind zum Beispiel die Menüpunkte mit deren Hilfe die Projek-tion am Anfang jeder Arbeitssitzung konfiguriert wird. Ein weiterer Vorteil der Lösung war, das mit dem 2D Desktop-Fenster Interaktionsmöglichkeiten einem zweiten Person angeboten wurden. Zwei Personen konnten gleichzeitg an dem Projekt arbeiten.

Die Spracherkennung wurde mit Hilfe der IBM ViaVoice Executive 98 Software realisiert. Die Benutzung des Sys-tems kann schnell erlernt werden. Im Allgemeinen reicht ein einziges Training, wenn die Anwender den gleichen Akzent der gleichen Sprache sprechen. Anwöhnungsbe-dürftig ist nur der Fakt, dass jeder Befehl mit einer Pause von ungefähr zwei Sekunden abgeschlossen werden muss, damit das System den Befehl versteht. Hinter-grundgeräusche können gut ausgefiltert sein. Es stört im Allgemeinen nicht, wenn andere Personen im Hintergrund sprechen.

Die Spracherkennung wurde während der Pilotphase sehr erfolgreich beim Laden der Szene und bei der Konfigura-tion der Projektion eingesetzt. Die Körperhaltung des Mo-dells konnte durch Sprachsteuerung zurückgesetzt wer-den, weiters konnten zum Beispiel Befehle erteilt werden, um Snapshots der Szene zu machen. Der größte Vorteil der Spracherkennung zeigte sich aber bei der Selektion der Objekte. Die Selektion auf dem Desktop oder mit 3D Widgets in der CAVE kann sehr umständlich sein, wenn die Objekte sich überlappen oder zu nahe aneinander liegen. Durch Spracherkennung können die Objekte auch in solchen Fällen entsprechend ihren Namen ausgewählt werden.

Die drei Interaktionsmöglichkeiten können nicht nur ein-ander Ergänzen, sondern auch dazu beitragen, dass sich jeder Anwender schnell an das System gewöhnen kann. Für die meisten Befehle und Menüpunkte wurden mehrere redundante Lösungen implementiert und dem Anwender eine Auswahl presentiert. Er wurde damit in die Lage ge-setzt, von den Interaktionsmöglichkeiten nach dem eige-

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Abb. 132. IDO:Ergonomics Kollision Detektion

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Abb. 133. IDO:Ergonomics

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nen Geschmack den komfortablen auszusuchen.

IDO:ERGONOMICS [24]

Seit 2001 arbeitet László Ördögh mit seinen Kollegen in Stuttgart bei der Firma IC:IDO an virtual Reality Lösun-gen.

IDO:ERGONOMICS wurde als ein VR Plugin von den Firmen NexStep Consulting GmbH and IC:IDO GmbH Stuttgart zur ergonomischen Analyse und Gestaltung von durch Menschen genutzten Technik entwickelt. Die Soft-ware wird als intelligentes Werkzeug im Sinne eines digi-tal mock-up von Ergonomen, Konstrukteuren, Designern, Arbeitsplatzgestaltern, sowie von Architekten und Innenar-chitekten, aber auch in der Forschung und akademischen Lehre eingesetzt. Menschliche Faktoren können schon während früherer Produkt-Konzept Phase berücksichtigt werden. Die Software ermöglicht die Reduzierung von hardware mock-up Kosten und das geplante Produkt kann schneller die Marktreife erreichen.

Das CharAT Kernsystem wurde in C++ geschrieben, und für effektive VR Einsatz konzipiert. Zur Modellgestaltung wurden folgende anthropometrische Datenbanken be-rücksichtigt: Anthropologischer Atlas (Flügel, Greil, Som-mer, 1983), Handbuch der Ergonomie (Lufthansaverlag, 1975), Bodyspace (Pheasant, 1988), DIN 30402 (1978), Internationaler anthropometrischer Datenatlas (Jürgens, BAU, 1989). Darüberhinaus können die Anwender beliebi-ge eigene Datenbanken benutzen.

Die IDO:ERGONOMICS Skeleton Modelle bestehen aus 1-200 durch Skript paramertisierbaren und konfigurier-baren Knochenelementen. Absolute Flexibilität in Kine-matik Struktur ermöglicht eine freie Anpassung zu Design Prozess und Analyse Zielsetzungen. Zusätzlich zu den Datenbanktypen kann der Anwender in einem speziellen Datenblatt selbst Individuen generieren. Editierte Figuren lassen sich im Programm genauso wie Datenbanktypen verwenden.

Die Analyseorganisation wird insgesamt in einer Datei-

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Abb. 135. IDO:Ergonomics

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verwaltung als Projekt realisiert. In ihm sind alle IDO:ERGONOMICS-Leistungen integriert. Die erarbeiteten Ergebnisse werden automatisch in methodischer Ordnung gesichert. Einzelergebnisse können separat gespeichert und in nachfolgende Projekte wieder integriert werden. 100% Projektwiederholbarkeit und hohe Dokumentations-qualität als Kommunikationsgrundlage sichen die effizien-te Arbeit für Ergonomen und Konstrukteure .

Erreichbarkeitshüllkurven für beliebige Körperteil Konfigu-ration können visualisiert werden. Erreichbarkeits-Analyse mit intuitiv 1:1 3D frei definirebare Hüllkurven Geometrie ist möglich.

Zur Animation der Modelle in die verschiedensten Körper-haltungen werden ein intuitives Interaktionsverfahren und viele Sondereinstellungsmöglichkeiten angeboten. Die ro-tatorischen und translatorischen Bewegungen der kinema-tischen Ketten können im freien Raum erfolgen, aber auch zu definierten Positionen der Umgebungsgraphik geführt werden. Schnelle intuitive und zuverlässige Positionierung und Körperhaltungs- einstellung für Statische/Dynamische Platzbedarf Optimierung und Aktivität Analyse gehören zu den Leistungen.

IDO::ERGONOMICS kann seine Umgebung sehen. Bei eingeschaltetem Stereo Subjektiv Kamera zeigt er seine digital Mock-Up Umgebung, wie ein Mensch sie bei glei-cher Kopfposition sehen würde.

Anbindung von anwenderdefinierte Objekte, die auch alle animationsbedingten Bewegungen ausführen, ermögli-chen eine Statische/Dynamische Platzbedarf Optimierung und Aktivität Analyse auch mit mitgeführte Gebrauchsge-gensände und Werkzeuge. Kollision mit der Umgebung aus der aktuellen Position heraus kann in Echtzeit de-tektiert und signalisiert werden. Bei der Animation prüft IDO::ERGONOMICS automatisch die animationsbedingte physikalische Beanspruchung der Gelenke (genutzter Be-wegungsraum in Prozent, Gelenkpunktwiderstand, Dreh-moment und Normalkraft) Die Werte können alphanume-risch und graphisch ausgegeben werden. Die echtzeit Signalelemente ermöglichen eine sofortige und intuitive

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Epilog: Human Modeling Serendipity - Lász-ló Ördögh

In der Einführung habe ich meine Ziele zusammengefasst. Ich habe versprochen einen kurzen Überblick darüber zu geben, wie weit die Entwicklung der digitalen Menschmo-delle von Wliiam Fetters ersten Versuchen geführt hat. Die Ausstellung Cybernetik Serendipity hat in 1968 die digitale Zeichnungen presentiert, die First Man darstellten. Wäh-rend der vergangenen vier Jahrzehnten haben wir einen langen Weg bis den hochentwickelten vollimmersiven VR Human Modeling Lösungen zurückgelegt. Zahlreiche For-schungsgruppen haben immerwieder neue Projekte ange-fangen. Viele Projekte sind inzwischen in Vergessenheit geraten aber viele Forschungsgruppen konnten den gut verdienten Erfolg ernten.

Als ich diese Arbeit begonnen habe, habe ich versprochen zum Teil auch das Geheimnis des Erfolges zu suchen. Ich hatte vor, die Geschichte von zahlreichen Forschungs-projekten zu erzählen und hoffte dabei den Schlüssel zu dieser Frage zu finden.

Ich habe am Anfang der Arbeit ziemlich viele Seiten an zwei Themen gewidmet. Ich habe detailiert über Bell Labs geschrieben und Ken Knowlton zitiert: , it was the epito-me of free exploration into how the world did, or could, work. Andererseits habe ich den Konflikt zwischen den Interessen und Wertsystemen von Managment und For-schungsteam ins Fokus gestellt. Ich wollte zeigen, dass die besten Ergebnisse nur dort auf die Welt kommen können, wo die Forscher in freier Atmosphere arbeieten. In solchen Schmelztiegel von verschiedenen Disziplinen, wo jeder sich frei verwirklicht und Vergnügen an der Arbeit findet. Ich wollte zu dem Optimismus der 60-er Jahre zu-rückfinden.

Als ich meine eigenen Zeilen lese bin ich erschrocken. Ich zähle die erfolgreichsten Projekte auf, und stelle fest, dass sie alle von der Militär, der Luftwaffe, der Marine oder bestenfalls vom Autoindustrie finanziert wurden. Kann es möglich sein, dass die größte Treibkraft die menschliche Agression ist? Ich hoffe, dass es doch nicht die reine Wahr-

Abb. 137. Ergonaut

Abb. 138. VR standalone Anthropos

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heit ist. Ich möchte doch an dem freien Entdeckungslust glauben. Sie kann doch bewirken, dass sich manchmal die Zwergen unter den Riesen durchsetzen können. wie die kleine Firma IST den Grund gegen die kapitalstarken Konkurrenten zwölf Jahren lang halten konnte.

Zum Schluß möchte ich den Gründungsmitglied der Firma IST, László Ördögh ins Licht stellen. Mein nicht verheim-lichtes Ziiel damit ist, den Glauben an Vielseitigkeit und Schaffenslust zu stärken.

László Ördögh, wer auch mit dem Künstlernamen Diabolus bekannt ist, wird durch die vielseitige professionelle Aus-bildung, durch die lange industrielle und künstlerische Pra-xis und durch die originelle, von aller Gebundenheit freie Denk- und Sichtweise einer der herausragenden Figuren der Kunstszene. Er bewegt sich mit brillianter Leichtigkeit in der Welt der verschiedenen graphischen, digitalen und malerischen Techniken. Seine Arbeiten vom zeugen von intellektueller Freiheit und erstaunlichen Ideenreichtum.

Er wurde in 1951 in Budapest, als einziges Kind eines Künstlerpaars, geboren. Die Sommer, die er als Kind mit den Eltern in den berühmten Künstlerhäuser von Ungarn in Zsennye und Nagymaros verbracht hat, waren entscheidend für seine Karriere. Während der dreimona-tigen Sommerferien hat er Malerei von Endre Szász und Bildhauerei von den Künstlern Kiss Sándor und Lesenyei Márta gelernt.

Er hat das Studium an der Akademie der angewandten Künste in Budapest an der Fakultät für Metallkunst ange-fangen. Sein erster Besuch in Paris, an dem darauf fol-genden Sommer, hat einen tiefen Eindruck hinterlassen, Die gesammelten Erfahrungen haben ihn veranlasst, das Studium an der Fakultät für Metallkunst abzubrechen und an der Fakultät für Industriellen Design neu anzufangen. Er hat sich mit diesem Schritt für immer dem Dienst der aktuellsten, in der Richtung des Fortschrittes zeigenden Kunstrichtungen gewidmet.

Er hat im Rahmen eines postgradualen Studiums ange-fangen, sich mit Software-Entwicklung zu beschäftigen.

Abb. 139. VR standalone Anthropos

Abb. 140. VR standalone Anthropos

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Seine vielseitige Tätigkeit auf dem Gebiet vom industriel-len Design hat ihn in die Reihe der erfolgreichsten Fach-männer in Ungarn gehoben. Er lebt und arbeitet seit 1987 in Deutschland. Er spielt eine herausragende Rolle in der Entwicklung von Design- und Visualisierung-Software Pro-dukten für führende Unternehmen der Auto- und Luftfahrt Industrie. Er hat an der Entwicklung der folgenden Men-schmodellierung Software Produkte teilgenommen:

OSCAR, 1981-86, BudapestANYBODY, 1987-90, IST GmbH GroßrorheimANTHROPOS, 1990-2000, IST GmbH, GroßrohrheimERGOMAX, 1997-2001, IST GmbH, GroßrohrheimERGONAUT, 1996-2001, IST GmbH, GroßrohrheimRAMSIS, 1999-200, Human Solutions, KaiserslauternIDO:ERGONOMICS, IC:IDO GmbH, Stuttgart

Seine Kunstwerke integrieren sich organisch in die vielsei-tige Karriere. Industrielle Konstruktionen und Architektur fügen sich in die künstlerische Sprache und Bilden einen wesentlichen Teil der Ausdrucksmöglichkeiten der Künst-ler. Die langjährige Praxis in Software-Entwicklung hat zur Erfindung mehrerer Digitalen und Misch-Techniken geführt. Mit seinem charakteristischen analysierenden An-näherungsweise greift er immer die aktuellsten Themen auf. Seine Zielsetzung ist von dem Alltag die zeitgenössi-schen Aspekte hervorzuheben, und damit einen Abdruck des heutigen Zeitalters für die Nachwelt hinterzulassen. Er setzt sich mit tieferen Zusammenhängen aus, stellt sie im Fokus, und lenkt damit die Aufmerksamkeit des Publikums an Probleme. die noch zu lösen sind.

Abb. 141. Hermes, digital print Abb. 142. Global Players 1-4 digital print, Öl auf Lein-wand

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Abb. 143. Global Players 5 digital print, Öl auf Leinwand

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Literaturvezeichnis

[1] Nicolas Schöffer: Die kybernetische Stadt[2] Bulletin of the Computer Society Winterausgabe 2004/2005 Ken Knowlton: Likely Preface to a Possible Book Mosaic Portraits: New Methods and Strategies[3] Cybernetic Serendipity Press Release for the exhibit curated by Jasia Reichardt at the ICA London August 2nd to October 20th, 1968: http://www.mediaartnet.org/exhibitions/serendipity/[4] Norbert Wiener: Control and Communication in the Animal and the Machine[5] Katalog der Ausstellung Cybernetic Serendipity, 1968, Institute of Contemporary Art London[6] Feuilleton Seiten der Frankfurter Rundschau am Samstag, 31. August 1968 Maschinenkunst — moderner Manierismus Überlegungen zu der Londoner Ausstellung „Cybernetic Serendipity“ Von Julian Exner[7] Filmreportage über den Honeywell-Emett ‚Forget-me not‘ Peripheral Pachyderm Computer Web-Adresse http://www.britishpathe.com/ Suchbegriff: Honeywell Emett gefunden werden. [8] Proceedings SPIE Volume 166 NATO Symposium on Applications of Human Biostereometrics July 9-13 1978 Paris France A Progression of Human Figures Simulated by Computer Graphics William A. Fetter Southern Illionis Research Institute [9] Homepage der Firma Tixeo http://www.tixeo.com[10] Laurig, W.: Einführung in die Ergonomie, Vorlesung, Fakultät Maschinenbau Universität Dortmund [11] IST GmbH Archiv-Homepage Prof. Roland Lippmann Technische Hochschule Darmstadt[12] Computer & Software Ausgabe 8-9/89 ANYBODY 3D Ergonomie-Schablone Prof. Roland Lippmann, László Ördögh[13] Fabrik der Zukunft 4/89 Eine 3D-Ergonomie-Scablone für den Konstrukteur Prof. Roland Lippmann, László Ördögh[14] Man-Model-Generierung zur Arbeitsplatzgestaltung Prof. Roland Lippmann, László Ördögh

[15] ANTHROPOS 4 Prof. Roland Lippmann, László Ördögh[16] ANTHROPOS QUO VADIS? Prof. Roland Lippmann, László Ördögh[17] Transom Technologies Inc. Archiv-Homepage[18] Humanoid Animation Working Group Homepage www.h-anim.org[19] Human Solutions GmbH Kaiserslautern Homepage www.human-solutions.com[20] SAFEWORK Inc. Homepage www.safework.com/solutions.html[21] SantosHuman Inc. Homepage www.santoshumaninc.com[22] Boston Dynamics DI-Guy Human Simulation Software Homepage www.diguy.com[23] ERGONAUT: A Tool for Ergonomic Analyses in Virtual Environments Joachim Deisinger, Ralf Breining, Andreas Rößler Fraunhofer Institute for Industrial Engineering[24] IDO:Ergonomics Featueres and Benefits IC:IDO GmbH Stuttgart László Ördögh[25] Computer Bulletin, 1980 März John Lansdown: Not only computig - also art (Boeing Man)[26] An Implicit Surface Prototype for Evolving Human Figure Geometry Technical Report OSU_ACCAD-11/00-TR2 Matthew Lewis Advanced Computing Center for Arts and Design The Ohio State University Richard Parent Department of Computer and Information Science The Ohio State University[27] A Short History of Computergraphics http://cs.fit.edu/~wds/classes/graphics/History/history/history.html[28] Learning Computing History http://www.comphist.org/computing_history/new_page_6.htm[29] A Short History of CGRG and ACCAD http://design.osu.edu/carlson/history/ACCAD-overview/overview.html[30] Anthropos ErgoMAX das Visualisierungs- und Ergonomieprogram Human Solutions Homepage http://www.human-solutions.com/automotive/current_news_report_de.php?id=3[31] Your One Source For All Web Things - Web-Box http://www.webbox.org/

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[32] Contact Consortium http://www.ccon.org/[33] Studienarbeit Marc Schüle, Natalie Koller (2004) Hochschule Pforzheim Wirtschaftingeneurwesen http://www.grin.com/e-book/22626/ergonomiesoftware[34] EU-Projekt Avatar-Conference in Pilotphase Textchat, Application Sharing und Whiteboard in Echtzeit bedienbar https://www.pressetext.at/news/020817005/eu-projekt-avatar-conference-in-pilotphase/[35] 2D Schablonen http://www.spass-g.de/Slade/uni/ergasy/ergasy_vl_kap04.pdf VRML / X3D und 3D-Präsentationen http://www.vrml2.de/[36] Avatars http://accad.osu.edu/~waynec/history/lessons.html[37] Christoph Klütsch Computergrafik Ästhetische Experimente zwischen zwei Kulturen Die Anfänge der Computerkunst in den 1960er Jahren Springer Wien New York[38] Jörn Tümmler Avatare in Echtzeitsimulationen Kassel University Press[39] Hans Dieter Hellige Geschichten der Informatik Visionen, Paradigmen, Leitmotive Springer

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