Artists Zeitung Nr. 3

56

description

Die Artists Unlimited Zeitung Nr. 3 dokumentiert das Jahr des 25-jährigen Jubiläums und bietet einen Ausblick auf das Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm 2011.

Transcript of Artists Zeitung Nr. 3

Page 1: Artists Zeitung Nr. 3
Page 2: Artists Zeitung Nr. 3

2 0 1 12011

2011

Page 3: Artists Zeitung Nr. 3

2 0 1 12011

2011

D i e s e Z e i t u n g d o k u m e n t i e r t d a s J a h r d e s 2 5 - j ä h r i g e n

J u b i l ä u m s v o n A r t i s t s U n l i m i t e d u n d b i e t e t e i n e n A u s b l i c k

a u f d a s A u s s t e l l u n g s - u n d V e r a n s t a l t u n g s p r o g r a m m 2 0 1 1 .

M I T G L I E D E R

1 1 / 2 0 1 0

Katja Böhme, Klaus D. Braun, Steffen Budke,

Steffen Bunte, Rebecca Butzlaff, Ricarda Enderweit,

Cathleen Falckenhayn, Jenna Gesse,

Janine Gockel, Cecilia Herrero, Heinrich Holtgreve,

Angelika Höger, Michael Kohls,

Ele Krekeler, Cem Kozcuer, Rainer Krause,

Antje Löbel, Lucie Marsmann, Irini Metz,

Harriet Esther Muntean, Tim Rehm,

Lars Rosenbohm, Wojtek Ruhnau, Uwe Schweer-Lambers,

Tim Sürken, Reiner Tintel

Page 4: Artists Zeitung Nr. 3

ÓRÓIÓ R Ó I

0 7 0 1 1 1 – 1 6 0 1 1 1

„My name is Anna, I like to make things. Sometimes I call it art, sometimes I

don’t.“ So stellt Anna Louisa Wolff sich und ihr Tun vor. Die 76. Gastkünst-

lerin von Artists Unlimited kommt gerade aus einer kleinen Stadt nahe dem

Polarkreis, genannt Reykjavik, Island. Bielefeld kennt sie aber auch sehr

gut. Es ist sozusagen ihre erste Heimat. Und die Größen der beiden Städte

findet sie angenehm ähnlich.

Während ihres Stipendiums in Bielefeld sucht sie „Freiraum zum Den-

ken, Phantasieren und Arbeiten“. Sie bezeichnet sich selbst als eine „Noma-

din“. Neugier treibt sie an. Ebenso, wie sie die künstlerischen Disziplinen

traumhaft wechselt und sich gefügig macht, wechselt sie die Orte, an denen

sie lebt. Sie will sich auf keine künstlerische Technik festlegen lassen und

verzichtet auf etwaige Sicherheiten, die damit verbunden sind – wie Label,

Netzwerke oder Routinen. Lieber sucht sie den Zustand der Rastlosigkeit.

Sie will sich nicht damit abfinden – was wie ein Lebensziel klingt –, „dass

die künstlerische Arbeit und das Geldverdienen voneinander getrennt sind.“

Daher auch ihr Arbeitstitel órói, der sowohl „eine Skulptur oder ein Arran-

gement hängender Elemente“ bezeichnet als auch „Unruhe / Ruhelosigkeit /

Rastlosigkeit“ bedeutet. Die Ergebnisse ihrer Bielefelder Rastlosigkeit wird

sie in ihrer Abschlussausstellung präsentieren. Und was kommt danach? Die

Suche nach dem nächsten Ort. Ihrem nächsten Ort. Die Sehnsucht bleibt.

An

na

L

ou

is

a W

ol

ff

Au

sb

li

ck

Page 5: Artists Zeitung Nr. 3

ÓRÓIÓ R Ó I

0 7 0 1 1 1 – 1 6 0 1 1 1

( V O R S C H A U )

An

na

L

ou

is

a W

ol

ff

Au

sb

li

ck

Page 6: Artists Zeitung Nr. 3

Ka

rs

te

n

Ha

bi

gh

or

st

Au

sb

li

ck

VON GEIST UND ZUSTAND:KOPFBILDER

V O N G E I S T U N D Z U S T A N D :K O P F B I L D E R

1 8 0 2 1 1 – 0 3 0 3 1 1

„Je weniger die Dinge der Natur ähneln,

desto mehr rühren sie uns an.“

(J. Suter)

„Sagen Sie nicht immer natürlich, sagen Sie doch unnatürlich.“

(Thomas Bernhard)

„Und ich glaube, diese Laune, Verse zu machen, kommt von einer starken

Erregung der Tiergeister, welche die Einbildung derer, die kein gut gefügtes

Gehirn haben, völlig durcheinander bringen könnte, die Kräftigen aber

lediglich ein wenig mehr erhitzt und sie der Poesie geneigt.“

(Descartes)

Karsten Habighorst sieht sich „von der Suche nach dem perfekten Abbild ge-

trieben“. Dabei wechselte er bereits vom für ihn „absoluten Realismus der

Holographie“ zu einer – wie er es nennt – „expressiv-abstrakten, direkten

Malerei“. Der 1963 in Bielefeld geborene Künstler lehrte von 1996 bis 1999

an der Fachhochschule Bielefeld „Holographie – Darstellen mit Licht“. Seit

1999 unterrichtet er an der Musik- und Kunstschule Bielefeld. Während seiner

Ausstellung bei Artists Unlimited wird er an einigen Tagen öffentlich in der

Galerie arbeiten, wozu alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

Page 7: Artists Zeitung Nr. 3

Ze

ic

he

nk

la

ss

e

Ge

il

en

Au

sb

li

ck

Zum dritten Mal wird die Klasse von Professor Jochen Geilen (Fachhoch-

schule Bielefeld, Fachbereich Gestaltung) die Artists Unlimited Ausstellungs-

räume als temporäre Druckwerkstatt nutzen. Statt der häufig üblichen Ab-

geschiedenheit im Mikrokosmos des Studiums, wird es jeden Tag geballte

Auseinandersetzung geben. Mit den Räumen, mit der Öffentlichkeit, mit

der ungewohnten Situation. Doch 2011 soll alles anders sein. Jochen Geilen

wird 65 – für ihn wird es voraussichtlich die letzte Veranstaltung dieser Art.

Nach 15 Jahren, in denen er am Fachbereich Gestaltung unterrichtete, hört

er im Lehrbetrieb auf und kann sich voll und ganz dem eigenen Schaffen

widmen – mit aller Energie und seiner allseits bekannten Impulsivität. Die

dritte Veranstaltung der 2008 begonnenen Druckwerkstatt-Reihe dauert drei

Wochen (nachdem logischerweise die erste eine Woche und die zweite genau

zwei Wochen gedauert hat). Geilen möchte sich selbst eine Woche alleine in

der Galerie schenken; danach kommen auch die Studierenden hinzu. Laut

Jochen Geilen „ein guter Jahrgang“, wovon man sich bereits während der

im Herbst 2010 ausgestellten Grafik-Edition am Fachbereich überzeugen

konnte. Es werden daher wieder ganz besondere Wochen für die Bielefelder

Druckgrafik-Szene, die man nicht verpassen sollte.

OFFENE DRUCKWERKSTATT 3O F F E N E D R U C K W E R K S T A T T 3

3 0 0 3 1 1 – 2 0 0 4 1 1

Page 8: Artists Zeitung Nr. 3

MUJERESM U J E R E S

2 9 0 4 1 1 – 0 1 0 5 1 1

„Na ja gut okay“. Dieser Satz ist kein Punkt, aber immerhin eine kurze

Pause, vielleicht ein Semikolon, wenn Cecilia Herrero sich über Wehlei-

digkeit, Ungerechtigkeit und Bequemlichkeit ereifert. Sie ist eine Beob-

achterin, aufmerksam und sensibel für die Dinge, die in ihrem Umfeld

passieren und energiegeladen und temperamentvoll im Umgang damit.

Die in Argentinien geborene Künstlerin fertigte ihre ersten großen Ar-

beiten in den 80er Jahren in Form von Wandbildern an, ein Format, das sie

nach wie vor bearbeitet, z.B. im letzten Jahr an der Universität Bielefeld.

In Deutschland war ihre erste Station die Hamburger Hafenstraße. Fassa-

denmalerei. Politisch natürlich. Seit einigen Jahren ist sie extrem nah am

Menschen. Ihre Bilder und Skulpturen bekunden ein Interesse an den „ein-

fachen Menschen“, die keine Lobby haben. Näherinnen, Straßenverkäufer,

Putzfrauen, deren Gesichter und Haltungen ganze Geschichten erzählen. Ge-

schichten aus Argentinien, aus Nicaragua, aus Deutschland ... Cecilia Herrero

sammelt sie und hält sie in ihren Arbeiten fest. Gesellschaftskritisch, ohne

den Charakter und die Individualität der Dargestellten zu vernachlässigen.

Seit 2002 ist Cecilia Herrero Mitglied von Artists Unlimited. Wir freuen

uns, ihre neuen Arbeiten bei den Bielefelder Nachtansichten präsentieren

zu können.

Ce

ci

li

a

He

rr

er

oA

us

bl

ic

k

Page 9: Artists Zeitung Nr. 3

DROWNING CLUBD R O W N I N G C L U B

0 6 0 5 1 1 – 1 5 0 5 1 1

Pe

te

r

Bu

rr

Au

sb

li

ck

Im Frühjahr 2011 wird Peter Burr als 77. Gastkünstler bei Artists Unlimited

wohnen und arbeiten. Der Künstler und Kurator aus Portland (USA) rief

das experimentelle Projekt Cartune Xprez ins Leben, das Videolabel, Live-

theater, psychodelischer Tumult und Road Show in einem ist. Gleichzeitig

schafft Burr damit eine Plattform für Videokünstler, die kommerzielles Bild-

material anarchistisch verquirlen und neue Trickfilmformen abseits von üb-

lichen Vormittags-Cartoons erkunden wollen. Seine Arbeit ist zum Aushän-

geschild dieses experimentellen Genres avanciert – ein Status, den er mit der

Veröffentlichung von DVDs, Publikationen und internationalen Touren (an

bisher 200 Spielorten in 19 Ländern) festigt. Für seinen Aufenthalt in Biele-

feld plant er, unter dem Arbeitstitel Drowning Club eine Arbeit aus digitalen

Bildern und Videos zu produzieren. Das Ausgangsmaterial wird er einmal ge-

hörig durch den Internet-Wolf drehen, technische Begleiterscheinungen und

Bildstörungen werden zum Gestaltungsmittel im dichten Strom der Film-

und Bilddateien. Bereits im Herbst 2009 folgte Peter Burr unserer Einladung

und machte einen eintägigen Tour-Stop bei Artists Unlimited. Im vollbesetz-

ten Kino im Filmhaus flimmerten zeitgenössische Animations-Kurzfilme über

die Leinwand, wurden kombiniert mit Musik, einer Installation aus aufblas-

baren, leuchtenden Objekten, und – als absoluter Höhepunkt – mit der Per-

formance von Peter Burr. Wir freuen uns auf viele solcher Abende im Zuge

seines Gastkünstler-Stipendiums!

Page 10: Artists Zeitung Nr. 3

DIE BARBIE VON SEVILLA

Page 11: Artists Zeitung Nr. 3

DIE BARBIE VON SEVILLAD I E B A R B I E V O N S E V I L L A

2 0 0 5 1 1 – 0 5 0 6 1 1

Batman stinkt, Glöckchen klingt fand Anfang des Jahres in Schloss Holte

statt. Nun gastiert die Künstlergruppe um Friederike Feldmann, Professo-

rin an der Kunsthochschule Kassel, ein zweites Mal in Ostwestfalen, um ihr

Experiment unter dem Titel Die Barbie von Sevilla fortzusetzen. Der be-

freundete Künstler Renaud Regnery betreut den Ausstellungs- und Arbeitss-

prozess und sieht sich mehr als Moderator denn als Kurator. Die beteiligten

Künstler arbeiten auf eine Ausstellung hin, ohne im Vorfeld ein Thema fest-

zulegen. Sie treffen selbst die Auswahl der auszustellenden Kunstwerke und

die Art ihrer Installation. Wichtig ist, wie Regnery betont, dass alle an dem

kommunikativen Prozess teilnehmen und sich wechselseitig beeinflussen.

Daraus entstehen intensive Auseinandersetzungen – mit den Ausstellungs-

räumen und mit der eigenen gesellschaftlichen Realität. Wir sind gespannt,

welche Art von Wirklichkeit die Gruppe in der Artists Unlimited Galerie ent-

wickelt.

mit: Janosch Becker, Meike Brinkmann, Andreas Eichinger, Mathias Esch,

Stefan Geyer, Jana Graetschel, Marven Graf, Aimo Gräven, Susan Junge,

Manuel Kirsch, Julia Kneise, Sung-Hern Lee, Mirjam Link, Greta Mattulat,

Luisa Porsch, Theresa Rieß, Claudia Ritter, Katharina Wehner, Björn

Wetzmüller und Clara Winter

Kl

as

se

F

ri

ed

er

ik

e

Fe

ld

ma

nn

Au

sb

li

ck

Page 12: Artists Zeitung Nr. 3
Page 13: Artists Zeitung Nr. 3

(DIS)ORDER

Wie es sich für ein gut strukturiertes Ausstellungsjahr gehört, begann der

Januar mit einer Menge Zahlen. Zum Glück nicht in Form von Bilanzen

oder Galerie-Hochrechnungen. Eigentlich waren die Zahlen nicht mal sicht-

bar und dennoch allgegenwärtig: In den Arbeiten von Rachael Elwell.

Unsere britische Gastkünstlerin sammelte während ihres Stipendiums

den ganzen Tag. Unbemerkt filterte sie ihren Alltag, Handlungen und

Gesehenes, und entwickelte daraus ein Zahlenkonzentrat, das die Grundla-

ge ihrer Arbeit wurde. Kein Zugplan, keine Quittung oder beiläufige Notiz

war vor ihr sicher – immer auf der Suche nach neuem Material archivierte

sie den „Alltag in Ziffern“, pflegte ihn in Raster und Koordinaten-Systeme

ein, generierte ihn weiter durch einen Würfel, ließ ihn zu Regeln werden,

an denen sich ihre künstlerische Arbeit orientierte. So entstanden Graphit-

und Buntstiftzeichnungen, die in ihrer Sensibilität und Lebendigkeit nicht

im Geringsten an mathematische Grundsätze erinnerten. Aber wieso bedient

sich eine Künstlerin, die das Studium Master of Arts absolvierte, überhaupt

( D I S ) O R D E R0 8 0 1 1 0 – 1 7 0 1 1 0

einem so wissenschaftlichen Hintergrund, wenn es um eine so freie Disziplin

wie Zeichnen geht? Rachael Elwell faszinierte das Unerwartete, Unbeein-

flusste in ihren Arbeiten. Während der Entstehung konnte sie eine Distanz

zu ihren Bildern aufbauen, die es ihr ermöglichte, den zeichnerischen Pro-

zess an sich zu erforschen und klassische Techniken zu untergraben.

Während ihres Stipendiums dokumentierte sie ihren Aufenthalt auf dem

Blog postcards from Bielefeld und entwickelte eine große Begeisterung für

das Projekt Artists Unlimited. Dies äußerte sich nicht nur durch ihre Teil-

nahme am Jubiläum, zu dem sie gemeinsam mit Ben Gwilliam (Gastkünstler

2008) anreiste, sondern auch in ihren Bemühungen, das Stipendium von

Artists Unlimited international besser zu bewerben. An diesen Bemühungen

haben wir nun hart zu arbeiten – bei der Auswahl von ein bis zwei Gast-

künstlern aus fast 400 Bewerbungen! Thank you, Rachael!

Ra

ch

ae

l

El

we

ll

ck

bl

ic

k

Page 14: Artists Zeitung Nr. 3

Eine unangekündigte Demo, die im Gastatelier startet und an der Viktoria-

straße endet? So ungefähr sah es aus, als kurz vor der Eröffnung das zehn

Meter lange, vor frischer Farbe tropfende Transparent nach draußen getra-

gen wurde, um es an der Artists Unlimited-Plakatwand anzubringen. In der

Galerie hing bereits die Ausstellung ein queen mit Arbeiten von Rebekka

Schulte, die Jochen Geilen kurze Zeit später eröffnete.

„Ich zeichne, um zu zeichnen. Ich zeichne die Dinge. Kopfgeschichten.

Geschichten und Schichten, verschichten. Alltagsschichten. Gehört und ge-

zeichnet. Ganz viel Unwichtiges. Aber immer. Zeichne schnell. Muss nicht

groß sein. Auch nachts.“ Bewegt, mehrlagig und fragmentarisch wirkte

schon dieser Auszug zur Beschreibung ihrer eigenen Arbeit. Die eigene Ver-

sion von der Geschichte erzählen und Geschichten hinter sich lassen – diese

Möglichkeit findet Rebekka Schulte in ihren Zeichnungen. Zuletzt befasste

sich Schulte in ihrer Masterarbeit künstlerisch mit dem, was vom Tag bleibt.

Seit 2003 leitet sie das Offene Atelier im LWL-Zentrum für Forensische Psy-

chiatrie Lippstadt. Sie untersuchte sich und ihre Zeichnungen auf mögliche

Impulse, die ihre Arbeit mit psychisch kranken Straftätern in ihre eigene

künstlerische Arbeit sendet. Ebenso die Notwendigkeit, sich als Person im-

mer wieder neu zu definieren. Zeichnerisch löst und distanziert sie sich von

Einflüssen, Gesehenem und Gehörtem, von Begegnungen, dem Druck, den

ihre Stelle im Maßregelvollzug mit sich bringt.

Die 1976 geborene Künstlerin, die in Bielefeld und Utrecht Freie Zeich-

nung studierte (Masterabschluss 2009) und 2005 mit einer Einzelschau in der

MARTa Kapelle in Herford vertreten war, zeigte zu Beginn des Jahres 2010

ihre Arbeiten in der Artists Unlimited Galerie.

E I N Q U E E N2 9 0 1 1 0 – 0 7 0 2 1 0

Re

be

kk

a

Sc

hu

lt

eR

üc

kb

li

ck

Page 15: Artists Zeitung Nr. 3

EIN QUEENE I N Q U E E N

2 9 0 1 1 0 – 0 7 0 2 1 0

Page 16: Artists Zeitung Nr. 3

TOTE TIERE LÜGEN NICHTT O T E T I E R E L Ü G E N N I C H T

1 9 0 3 1 0 – 2 1 0 3 1 0

In jedem offiziellen Text zu unserer Galerie betonen wir, dass wir sie auch

als Experimentierfeld sehen. Das ändert nichts daran, dass viele Arbeiten

schon präsentationsfertig sind, wenn sie hier ankommen. Cem Kozcuer, seit

2007 Mitglied von Artists Unlimited, entdeckte eine kleine Lücke im Ausstel-

lungszeitplan und nutzte sie, um sich zwei Wochen intensiv mit den Räumen

auseinander zu setzen. Die dreitägige Ausstellung Tote Tiere Lügen Nicht

zeigte einen Jetzt-Stand auf diesem Weg. „Die für die Galerie entstandenen

Arbeiten haben für mich keine Endgültigkeiten. Ich arbeite eher daran, ein

Geflecht von Ideen und Assoziationen zu schaffen, die einen Fächer von Re-

sultaten hervorbringen können“. Im Vordergrund stand der installative Um-

gang mit Fotografie, zum Großteil mit vorgefundenem Material.

Verschiedene fotografische Medien wurden auf ihre Beschaffenheit hin

untersucht. Was leistet ein Medium und wo gerät es an seine Grenzen? Was

passiert, wenn man dem Medium eine andere Funktion zuweist, oder dem

Betrachter eine andere Position? Die gezeigten Arbeiten waren verspielt,

aber konzentriert. Poetisch, aber präzise. Und ein bisschen vergangen: Ein

Diaprojektor, der den Raum mit Vertetungsstunden-Luft füllte, ein Funk-

gerät, aus dem alte Schlager plärrten. Waren das die Toten Tiere?

Cem Kozcuer, zunächst Social Sciences- und Medienwissenschaftsstudent

an der Universität Osnabrück, studiert seit 2006 Fotografie und Medien an

der Fachhochschule Bielefeld.

Ce

m

Ko

zc

ue

rR

üc

kb

li

ck

Page 17: Artists Zeitung Nr. 3

TOTE TIERE LÜGEN NICHTT O T E T I E R E L Ü G E N N I C H T

1 9 0 3 1 0 – 2 1 0 3 1 0

Ce

m

Ko

zc

ue

rR

üc

kb

li

ck

Page 18: Artists Zeitung Nr. 3

VIELLEICHT HAT ES SO BEGONNEN

Page 19: Artists Zeitung Nr. 3

An

ge

li

ka

H

ög

er

ck

bl

ic

k

VIELLEICHT HAT ES SO BEGONNENV I E L L E I C H T H A T E S S O B E G O N N E N

0 9 0 4 1 0 – 2 5 0 4 1 0

„Stecken sie ihre Nasen rein, wo sie können und versuchen sie, ihren Spaß da-

mit zu haben. Das ist hier sicher nicht verboten.“ So die Aufforderung von

Daniel Neugebauer im Rahmen seiner Eröffnungsrede. Selbst regelmäßige

Galerie-Besucher waren etwas verwirrt – gleich drei zusätzliche Räume hat-

te Angelika Höger für ihre Ausstellung Vielleicht hat es so begonnen geöffnet.

Sonst versteckte Abstellräume wurden zum Ausstellungsraum erhoben, er-

obert und bespielt – eine gute Vorankündigung für die darauf folgende Ju-

biläumsausstellung, während der dieses Phänomen im ganzen Haus um sich

griff. Bei keinem anderen Künstler könnte jedoch der Begriff „bespielen“

passender sein, als bei Angelika Höger – ihre Installationen sind lebendig,

beweglich, wirken wie eine Momentaufnahme verspielter Neugier. In der

Ausstellung Vielleicht hat es so begonnen kombinierte sie diese spielerischen

Erfahrungsräume mit ruhigeren, entschleunigten Arbeiten, wie etwa einer

Videoinstallation, in der sich Schnecken in einem Hamsterrad abmühten,

oder einer Außeninstallation aus vielen Eimern und Zubern, die sich lang-

sam, aber umso geräuschvoller mit Wasser füllten. „Ist sie ein Spielkind oder

ist sie eine Wissenschaftlerin? Diese beiden Elemente tauchen in ihren Ar-

beiten immer wieder auf. Die Högersche Philosophie kann man vielleicht in

verschiedenen Komponenten zusammenfassen: Die Veränderung, der Prozess,

das ist ihr Thema, das Spiel ist ihre Vorgehensweise, Wissenschaftlichkeit ist

ein Ordnungsprinzip, das sie gebraucht und sie benutzt dabei die Ästhetik

des Alltäglichen.“ (Daniel Neugebauer)

Seit ihrem Diplomabschluss im Jahr 2004 an der Fachhochschule Biele-

feld ist die 1966 in Freiburg geborene Künstlerin freischaffend tätig. Seit

Anfang 2009 lebt und arbeitet sie bei Artists Unlimited. Vielleicht hat es

so begonnen wurde auch während der Nachtansichten 2010 präsentiert.

Page 20: Artists Zeitung Nr. 3

OFFENE DRUCKWERKSTATT 2O F F E N E D R U C K W E R K S T A T T 2

3 1 0 5 1 0 – 1 1 0 6 1 0

Zum zweiten Mal wurde die Artists Unlimited Galerie zum Arbeitsraum für

die jungen Künstler der Zeichenklasse Geilen. Acht Studierende um Professor

Jochen Geilen (Fachhochschule Bielefeld, Fachbereich Gestaltung) richteten sich

in der Galerie für zwei Wochen ihre druckgrafische Werkstatt ein und arbeiteten

von morgens bis abends, zum Teil bis tief in die Nacht. Wie im vorherigen Jahr

waren wieder alle Interessierten eingeladen, in der Galerie vorbei zu schauen und

den druckgrafischen Prozess hautnah mitzuerleben. Die entstandenen Arbeiten

wurden in einer Abschluss-Ausstellung präsentiert, in den Räumen, in denen sie

sich entwickelten. Wir freuen uns, Jochen Geilen und seine Studenten auch im

Frühjahr 2011 wieder in unserer Galerie zu Gast zu haben.

Ze

ic

he

nk

la

ss

e

Ge

il

en

ck

bl

ic

k

Page 21: Artists Zeitung Nr. 3

Ze

ic

he

nk

la

ss

e

Ge

il

en

ck

bl

ic

k

Page 22: Artists Zeitung Nr. 3

OBSERVED MOTIONO B S E R V E D M O T I O N

0 1 0 5 1 0 – 1 2 0 5 1 0

Schnell wurde man zum Versuchsobjekt, wenn man in der Gastkünstler-

Wohnung vorbei schaute. In der Regel tat das Prozedere nicht weh – meis-

tens musste man nur schätzen. Wie lang ist ein Meter? Wann ist eine Minute

vergangen? Dabei wurde man gefilmt oder fotografiert. So sind fünf Artists

Unlimited-Mitglieder die Hauptdarsteller in Tell me when you think one

minute is up from …, ein Kurzfilm, der im August den Preis für den besten

Film beim One Minute Film & Video Festival in der Schweiz erhielt. Sehr

präsent ist im Film übrigens das grüne Sofa, das die nachfolgende Gast-

künstlerin, Marion Lehmann, in ihrer Skulptur verbaute.

Doch zurück zu Bob Levene aus Sheffield. Die erste Gastkünstlerin im

Artists-Jubiläums-Jahr beschäftigte sich mit der menschlichen Wahrneh-

mung im Bezug auf Raum und Zeit. Dabei interessierte sie besonders, wie

sich dieses Verständnis durch neue Medien und andere Kommunikationswege

gewandelt hat und weiter wandelt. Die 34-jährige Künstlerin ist fasziniert

von den Kuriositäten und Widersprüchen, die bei den Versuchen entstehen, die

Welt maßregeln und vermitteln zu wollen. Die simpelsten Überlegungen und

Fragestellungen werden durch neue Perspektiven zu einem visuellen Erlebnis.

Während ihrer Zeit bei Artists Unlimited beschäftigte Bob Levene sich

erstmals intensiv mit dem Medium Fotografie und präsentierte in ihrer

Ausstellung spannungsvolle fotografische und filmische Arbeiten. Den

Abschluss ihres dreimonatigen Aufenthalts bildete eine Filmvorführung im

Kinosaal des Filmhauses. Dort fand im Anschluss an ihren Film Inertial

Frame ein öffentlicher Artists-Talk mit Friederike Fast (Marta Herford) statt.

Bo

b

Le

ve

ne

ck

bl

ic

k

Page 23: Artists Zeitung Nr. 3

OBSERVED MOTIONO B S E R V E D M O T I O N

0 1 0 5 1 0 – 1 2 0 5 1 0

Page 24: Artists Zeitung Nr. 3

BENEFIZPATY 2010B E N E F I Z P A R T Y 2 0 1 0

1 9 0 6 1 0

Zugegeben, das Wetter hatten wir in diesem Jahr nicht ganz auf unserer Sei-

te. Vielleicht war das fehlende Motto schuld und brachte den Himmel gegen

uns auf. Nichts desto trotz war die traditionelle Benefizparty wieder eine

der schönsten Partys des Sommers, die Artists Unlimited neben allen künst-

lerischen Aktivitäten seit Jahrzehnten in die Stadt sendet.

Die massiven Hauswände, die das bunte Partytreiben umgeben, wurden

wieder zur bewährten Projektionsfläche für selbst produzierte Kurzfilme,

Bebilderung zu den Bands Braindead Dogs (Arkansas) und Invisible Urcle,

einer zehnköpfigen Band aus Hamburg, die mit einem Mix aus HipHop,

Jazz und Punk das Publikum mit Live-Musik beglückte. Danach wurden

zu den DJs Trio Trois und Pajouh bis zum Morgengrauen die Tanzbeine

und -arme geschwungen.

Die Veranstaltung auf dem Innenhof und in der Galerie des Hauses ist

der organisatorische Höhepunkt im Vereinsjahr – wenn nicht gerade eine

Jubiläumsausstellung ansteht. Schon 1986, als Pip Cozens der erste Gast-

künstler von Artists Unlimited war, wurde eine Party veranstaltet, um ihn

finanziell zu unterstützen: Ein Fliegenfest für Pip. Die Artists Unlimited-

Benefizparty war geboren. Nach wie vor wird durch die Einnahmen das

Gastkünstlerstipendium finanziert, das seit 1986 dreimal jährlich an meist

ausländische Künstler vergeben wird. Zweimal im Jahr sichten alle Artists-

Mitglieder gemeinsam die Gastkünstler-Bewerbungen, die in den letzten

Jahren stetig zugenommen haben und aus der ganzen Welt bei uns eintru-

deln. Dem sollten die Partygäste in nichts nachstehen.

SA·19·JUNIPARTY

ARTISTS UNLIMITED

Art

ists

25

Year

sU

nlim

ited

SA·19·JUNIWWW.ARTISTS-UNLIMITED.DEWWW.ARTISTS

NLIMITED DWW S

SA·19·JUNIPARTY

ARTISTS UNLIMITED

Art

ists

25

Year

sU

nlim

ited

Invisible Urcle • Hamburg ~ Braindead Dogs • Arkansas

Trio Trois • Artists Unlimited ~ Pajouh • Club!Ajz

+ Many morejPajou

Braindead Dogs • ArkansasT

SA·19·JUNIWWW.ARTISTS-UNLIMITED.DEWWW.ARTISTS

NLIMITED DWW S

ARTISTS UNLIMITED

19·JUNI25 YEARS25 YEA25 YEAARSRS

SA·19·JUNIBENEFIZ

ARTISTS UNLIMITEDBENEFIZ

Ar

ti

st

s

Un

li

mi

te

dR

üc

kb

li

ck

Page 25: Artists Zeitung Nr. 3

20412 0 4 1

2 3 0 7 1 0 – 3 1 0 7 1 0

gend erzählten oder nur beobachtet und beunruhigt hin und her rutschten.

Das Festival scene – Ungarn in NRW präsentierte von April bis Sommer

2010 zeitgenössische ungarische Kultur in 14 Städten Nordrhein-Westfa-

lens. Mehr als 100 Künstler aus den Sparten Musik, Theater, Tanz, Film,

Literatur und bildende Kunst verwandelten NRW in eine ungarische Land-

schaft der Künste. Der Aufenthalt von Eszter Szabó wurde vom Bielefelder

Kulturamt unterstützt.

In der Regel brauchen unsere Gastkünstler ihre Zeit um sich zu aklimati-

sieren und mit dem Arbeiten zu beginnen. Bei Eszter Szabó hatte man nach

einer Woche das Gefühl, sie sei schon seit Monaten da – anhand der Vielzahl

ihrer Werke. Im Rahmen des landesweiten Festivals scene – Ungarn in NRW

lebte und arbeitete die 31-jährige Künstlerin aus Budapest für einen Monat

bei Artists Unlimited. Unmittelbar vor ihrem Bielefeld-Aufenthalt hatte sie

ein Stipendium in Paris. Während der Zeit in Frankreich sammelte sie viele

Ideen und Motive, die sie in der ostwestfälischen Ruhe umsetzte.

Eszter Szabós Malereien sind liebevolle, präzise Alltags-Portraits. Kurze

Beobachtungen alltäglicher Sehnsüchte und Eigenarten. Ihre Ausstellung

2041 bei Artists Unlimited beschäftigte sich mit der Frage, wie unsere

Generation wohl in 30 Jahren aussehen wird, inklusive ihrer Mode und

Gewohnheiten. Abgebildet durch sensible, akkurate Linien und Flächen,

angreifbar und nah. In ihren Kurzfilmen ging sie einen Schritt weiter: Diese

setzten sich zusammen aus Aquarellmalerei und animierten Bewegtbildern

auf Grundlage dieser Aquarelle. Aus der Kombination der beiden Medien

entstanden charaktervolle Sequenzen, die lasierenden Farben ließen die

gezeigten Personen zu zerbrechlichen Protagonisten werden, die in digita-

len Bilderrahmen vor sich hin murmelten, kurze Geschichten aus ihrer Ju-

Es

zt

er

S

za

ck

bl

ic

k

Page 26: Artists Zeitung Nr. 3
Page 27: Artists Zeitung Nr. 3

M A R I O N L E H M A N N /B U R C H H A R D G A R L I C H S

2 0 0 8 1 0 – 2 9 0 8 1 0

„Und es stört euch gar nicht, wenn ich hier säge und schraube?“ Darüber

hatten wir natürlich nicht nachgedacht, als wir uns für Marion Lehmann

als Gastkünstlerin entschieden. Beeindruckt von ihren wuchtigen, sperrigen

Installationen. Da sich der Gastkünstlerbereich mitten im Haus befindet –

was durchaus zum Konzept gehört – kann man nicht behaupten, dass unsere

Gäste geräuschmäßig abgeschottet wären. Trotzdem gab es keinerlei Pro-

bleme – und eine handwerklich versierte Gastkünstlerin ist beim Aufbau der

Benefizparty auch nicht zu verachten.

Marion Lehmann aus Bremen war die 75. Gastkünstlerin von Artists

Unlimited. Ständig veränderten sich ihre Arbeiten, von denen man oft dach-

te, etwas so Massives wird Bestand haben, wird sich nicht mehr wandeln,

wartet nur noch darauf, gesehen zu werden ... und am nächsten Tag wur-

de man eines Besseren belehrt. In ihrer Abschluss-Ausstellung zeigte sie die

bildhauerische Arbeit, die sich durch viele Phasen während ihres Stipendi-

ums entwickelt hatte. Eine raumbezogene Installation, die sie aus diesem

Grund auch nicht in der Galerie sondern im Gastatelier präsentierte – dem

Ort, an dem sie drei Monate lang daran gearbeitet hatte. Lehmanns Arbeiten

bewegen sich im Grenzbereich von Bildhauerei und Installation. Sie interes-

siert der allgemeine Stadtraum, der uns umgibt, unsere Wahrnehmung von

Architektur – auch von zerstörter Architektur. Ihr geht es dabei nicht um

das Nachbilden solcher Motive, sondern darum, aus diesen Beobachtungen

eine skulpturale Formensprache zu entwickeln. Ihre Arbeit, die bei Artists

Unlimited entstand, spielte mit Materialbrüchen, mit wiedererkennbaren

Alltagsgegenständen und abstrakten Elementen.

Zeitgleich war in der Artists Unlimite Galerie eine Arbeit des Düsseldorfer

Künstlers Burchhard Garlichs zu sehen, der gemeinsam mit Marion Lehmann

in Bremen studierte. Während des Studiums und auch danach pflegten sie

einen Dialog über ihre Arbeiten und Positionen, der sich bis heute fortsetzt.

Garlichs setzt dem System Architektur ein eigenes System entgegen. Für

die Arbeit bei Artists Unlimited verwendete er Nägel und blaue Packschnur,

aus denen eine ornamentale Zeichnung entstand, die sich ohne Unterbre-

chung über die Wände und Decken der Galerieräume erstreckte. Durch den

gleichmäßigen Abstand zwischen Schnur und Wand schien die Zeichnung

zu schweben, warf je nach Perspektive Schatten und schärfte den Blick für

Raum und Struktur.

Ma

ri

on

L

eh

ma

nn

Bu

rc

hh

ar

d

Ga

rl

ic

hs

ck

bl

ic

k

Page 28: Artists Zeitung Nr. 3
Page 29: Artists Zeitung Nr. 3
Page 30: Artists Zeitung Nr. 3

Die Berliner Künstlergruppe Pathetic Sympathy Seekers arbeitet seit 2003

zusammen. Ihre Performances, Rauminstallationen, Filme und Fotos krei-

sen um die Frage nach Autorenschaft, Originalität, Evidenz von Bildern, die

Erwartungen der Gesellschaft an die Kunst und die eigenen Erwartungen.

Einige Artists Unlimited-Mitglieder waren 2008 auf die Gruppe aufmerksam

geworden und hatten sie daraufhin nach Bielefeld eingeladen.

Die Pathetic Sympathy Seekers fordern dazu auf, Kunst als Sympathie-

suche zu begreifen, wobei sie durch ihre eigene Übereifrigkeit Mechanismen

der Kunstproduktion und -rezeption offenlegen. In dem Versuch, die Erwar-

tungen anderer zu kalkulieren, schießen sie über das Ziel hinaus und schei-

tern auf ebenso absurde wie poetische Weise. Für ihr Ausstellungsprojekt

hatte die Künstlergruppe von ihrer in der Stockholmer Tillfällig Vanadislun-

den Konsthall stattfindenden Ausstellung Kopien angefertigt und zeigte diese

weltweit an verschiedenen Orten, unter anderem in Bielefeld. Mit diesem neu-

en Ausstellungsformat erweiterten die Pathetic Sympathy Seekers ihre Arbeit

zu einem ideellen Raumkonstrukt und erreichten ein bisher nicht dagewese-

nes Maß an globaler Rezeption. Die Kopieausstellungen mit dem jeweiligen

Titel The Making of Enthusiasm (copy) versammelten von den Originalen

losgelöste Duplikate, die sowohl eigenständige Arbeiten als auch zweitklas-

sige Kopien waren.

THE MAKING OF ENTHUSIASM(COPY)

T H E M A K I N G O F E N T H U S I A S M( C O P Y )1 9 0 9 1 0 – 2 6 0 9 1 0

Pa

th

et

ic

S

ym

pa

th

y

Se

ek

er

sR

üc

kb

li

ck

Page 31: Artists Zeitung Nr. 3
Page 32: Artists Zeitung Nr. 3
Page 33: Artists Zeitung Nr. 3

Be

ne

B

ra

nd

ho

fe

rM

at

th

ia

s

H.

R

is

se

Le

if

M

ar

cu

sR

üc

kb

li

ck

HURENGEISTH U R E N G E I S T

0 1 1 0 1 0 – 1 0 1 0 1 0

„Photographieren – wie alle anderen Ausdrucksmittel auch – bedeutet

nicht Erfinden sondern Entdecken. Photographieren ist eine Möglichkeit zu

schreien, sich zu befreien, nicht aber seine eigene Originalität auszuprobie-

ren oder sie unter Beweis zu stellen. Es ist eine Art zu leben.“ Mit diesem

Zitat des französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson beendete Felicitas

von Richthofen ihre Rede zur Ausstellungseröffnung von Hurengeist. Das

Entdecken und Reflektieren einer Lebensweise waren Hauptthemen dieser

Arbeit von Matthias H. Risse, Leif Marcus und Bene Brandhofer. Vier Jahre

nach ihrer letzten gemeinschaftlichen, interaktiven Installation, zeigten die drei

Künstler ihr neustes experimentelles Werk in der Artists Unlimited Galerie.

Wer oder was ist der Hurengeist? Es handelt sich um einen demagogischen

Begriff aus dem religiösen Sektor, der alles und alle verurteilt, die sich vom

so genannten „rechten“ Weg abwenden, wie auch immer dieser definiert sein

mag. Die sich dem Aneignen von Wissen, Intellekt und Besitz verschrieben

haben, oder einfach eine egoistische, hedonistische Lebenseinstellung verfol-

gen und sich somit von äußeren Einflüssen abhängig machen.

Die Frage nach bewussten und unbewussten Einflüssen, sowie den daraus

resultierenden Utopien des Individuums, bestimmte diese multimediale Aus-

stellung, die auf unterschiedlichste Weise den Betrachter in die Arbeiten ein-

bezog. Er konnte eintauchen in eine Erlebniswelt, entdecken und sich selbst

im Weg stehen, und durch diese Konfrontation seinen eigenen Standpunkt

suchen. Hurengeist wurde im Rahmen der neuen Galerie-Initiative ARTUR!

erstmalig gezeigt. Mit vereinten Kräften boten die galerie 61, Galerie Baal,

Galerie van Laak-Bérenger, Galerie GUM und die Artists Unlimited Galerie

an jenem Abend ein kulturelles Programm mit jeweils eigenen Ausstellun-

gen, die zeitgleich eröffneten. Im Anschluss an die Hurengeist-Eröffnung be-

fragten die DJs Karsten Fanta und Sebastian Winkler im Café Milestones bis

7 Uhr morgens alle Feierwütigen, wie es um ihren Hurengeist bestellt ist.

Page 34: Artists Zeitung Nr. 3

Schon während des ersten Balkan Art Festivals im letzten Jahr war klar, dass

dies keine Einzelveranstaltung bleiben würde. So wurde auch im Herbst

2010 ein vielseitiges Programm zusammen gestellt, das der Kultur der Bal-

kanregion gewidmet war. Die Organisatoren Mevludin Demirovic, Krunoslav

Stojakovic und Branko Šimic präsentierten innerhalb von fünf Tagen Foto-

grafie, Malerei, Film, Lesungen, Theater, Konzerte und – natürlich – eine

Balkan-Party. An sieben Orten in Bielefeld wurden unter dem programma-

tischen Titel Kunstnomaden spartenübergreifend Künstler und ihre Arbeiten

präsentiert. In der Artists Unlimited-Galerie stellte der Fotograf Armin

Smailovic seine Arbeit Sound of Silence – Women, Victims of War aus. Die

Bilder beschäftigen sich mit einer Opfergruppe, die der Krieg in Bosnien-

Herzegowina hervorgebracht hat, und deren Schicksal bisher nahezu unge-

hört und ungesehen blieb: Frauen, die zu Opfern systematisch betriebener,

sexueller Gewalt wurden. Armin Smailovic dokumentiert in Zusammen-

arbeit mit den United Nations Populations Fund die Geschichte dieser Frauen.

Der 1968 in Zagreb geborene, international renommierte Dokumentar-

fotograf, arbeitet unter anderem für das ZEIT-Magazin und das Hambur-

ger Thalia Theater. Zum Abschluss der Ausstellung fand in der Galerie ein

öffentliches Werkstatt-Gespräch mit Armin Smailovic statt, bei dem es mehr

über die Arbeiten und den Künstler zu erfahren gab.

SOUND OF SILENCE –WOMEN, VICTIMS OF WAR

S O U N D O F S I L E N C E –W O M E N , V I C T I M S O F W A R

2 7 1 0 1 0 – 3 1 1 0 1 0

Ar

mi

n

Sm

ai

lo

vi

cR

üc

kb

li

ck

Page 35: Artists Zeitung Nr. 3

S O U N D O F S I L E N C E –W O M E N , V I C T I M S O F W A R

2 7 1 0 1 0 – 3 1 1 0 1 0

Ar

mi

n

Sm

ai

lo

vi

cR

üc

kb

li

ck

Page 36: Artists Zeitung Nr. 3

IM DRAUSSENI M D R A U S S E N

0 5 1 1 1 0 – 2 1 1 1 1 0

Wo ist diese Arbeit entstanden? Bin ich dort auch schon gewesen? In der

Ausstellung Im Draußen grübelten einige der Bielefelder Galeriebesucher

über die Arbeiten von Harald Kinski. Neben Naturlandschaften zeigte der

Künstler ebenso Malereien und Zeichnungen von Stadtansichten, auf denen

das ein oder andere zu verortende Detail zu erkennen war. Bielefeld und

seine Umgebung, wie Kinski sie erlebt. Unscheinbare Ecken werden zu faszi-

nierenden Orten, lebendig durch ihre Farbigkeit, charakterstark durch den

Strich und die Fläche, mit denen sie auf Papier gebracht wurden.

Harald Kinski wurde 1957 in Bremen geboren und ist seit 2001 freischaf-

fend tätig. Reduktion, Abstraktion und Verfremdung sind die Mittel, die er

einsetzt, um neue Perspektiven zu eröffnen – für sich selbst und den Betrachter.

„Endlich wieder draußen! Zur Stadtbahn. Oder zu Fuß durchs Viertel?

Langsam machen die Gedanken den Landschaftsbildern Platz. Zur Bahn.

Der Schornstein am Stadtwerkekraftwerk überragt den Stadtteil, und unter

der Eisenbahnbrücke mit den stählernen Spannbögen rauscht der Autover-

kehr. Richtung Süden ist der Blick frei bis zu einem Ausschnitt der Teuto-

hügelkette. Die Stadtlandschaft dringt zu den inneren Bildern – oder ist

es umgekehrt? Herbstlicht. Zuversicht nehme ich mit die Treppe hinunter

in die miefige Luft der Stadtbahnhaltestelle.“ (Text: Harald Kinski, 2010)

Ha

ra

ld

K

in

sk

iR

üc

kb

li

ck

Page 37: Artists Zeitung Nr. 3

IM DRAUSSENI M D R A U S S E N

0 5 1 1 1 0 – 2 1 1 1 1 0

Page 38: Artists Zeitung Nr. 3
Page 39: Artists Zeitung Nr. 3

DID I LOOK LIEK ANMAIL?D I D I L O O K L I E K A N M A I L ?

2 6 1 1 1 0 – 2 8 1 1 1 0

Die Künstler G117 (Rebecca Butzlaff, Dennis Neuschaefer-Rube, Tim

Rehm, Tim Sürken) und Lars Rosenbohm arbeiten seit einiger Zeit inner-

halb eines spielerisch-experimentellen Dialogs in den Bereichen Fotografie,

Video, Zeichnung und Malerei zusammen. Unter anderem entstanden in den

vergangenen Monaten übermalte / überzeichnete Fotoprints, die zuletzt un-

ter dem Titel Misstrauen – Geilheit – Interesse in der Galerie KunstLeben

im Gängeviertel Hamburg zu sehen waren. Diese Werke wurden an einem

Wochenende in der Artists Unlimited Galerie gezeigt. Maskerade, Selbstin-

szenierung und Rollenspiel sind Themen, mit denen sich die Künstler sowohl

in ihren Einzelarbeiten als auch in ihrer Kollaboration auseinandersetzen.

Spontan entstandene Szenen, Figurenkonstellationen und Zeichnungen

bilden dabei Grundlagen. Die unterschiedlichen inhaltlichen Ebenen

werden durch das Überlagern und Ineinandergreifen verschiedener Medien

und Werkgruppen sichtbar und spiegeln die offene Arbeitsweise von G117

und Lars Rosenbohm wider.

Im letzten Jahr präsentierten G117 zum ersten Mal öffentlich die Ergebnis-

se ihrer Zusammenarbeit bei Artists Unlimited. Schon in seiner Eröffnungs-

rede stellte Daniel Neugebauer fest, dass es „sich hier um Personen handelt,

die Lust haben, visuelles Neuland zu betreten.“ Die intensive Zusammenar-

beit mit Lars Rosenbohm ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg, der unmit-

telbar durch das Artists Unlimited-Gebäude führt: Rebecca Butzlaff, Tim

Rehm, Tim Sürken und Lars Rosenbohm leben und arbeiten in dem Biele-

felder Künstlerhaus.

G1

17

u

nd

L

ar

s

Ro

se

nb

oh

mR

üc

kb

li

ck

Page 40: Artists Zeitung Nr. 3

Artists Unlimited beendet das ereignisreiche Jubiläumsjahr traditionell mit

der WeihnArt, der alljährlichen Benefizausstellung im Dezember. Bevor den

Galerieräumen eine kurze Pause gegönnt wird (nach 15 Veranstaltungen im

Galerieprogramm 2010), besteht die Gelegenheit, einige Punkte auf der

Geschenkliste abzuhaken. Malereien, Zeichnungen, druckgrafische Arbeiten,

Fotografien, Skulpturen, Schmuck ... der Gabentisch ist angerichtet. Die

Idee der WeihnArt ist einfach und erfolgreich: Jedes Jahr lädt Artists Unlimited

befreundete Künstler ein, an der Ausstellung teilzunehmen und ihre Werke

zum Verkauf anzubieten. Die Hälfte der Einnahmen geht an den Künstler,

die andere Hälfte geht an die Galerie. Dieses Geld wird verwendet, um lau-

fende Kosten zu decken, wie Strom, Einladungsversand und Instandhaltung

der Räume. Alle Galeriearbeiten werden nach wie vor ehrenamtlich geleistet

– eine der Grundideen von Artists Unlimited.

Bei der WeihnArt 2009 konnten wir uns wieder über eine überfüllte Gale-

rie (an Werken und Besuchern) freuen, in der die Tombola-Tanne sich jeden

Meter hart erkämpfen musste. Auch in diesem Jahr sind wir gespannt, wer das

Losglück auf seiner Seite hat. Alle anderen können sich an Glühwein, Bier

und Keksen erfreuen, die druckfrische Artists-Zeitung studieren – und kaufen,

kaufen, kaufen!

WEIHNART 2010W E I H N A R T 2 0 1 0

0 3 1 2 1 0

Ar

ti

st

s

un

d

Fr

eu

nd

eR

üc

kb

li

ck

Page 41: Artists Zeitung Nr. 3

WEIHNART 2010

Page 42: Artists Zeitung Nr. 3

2 0 1 02010

2010 S

AR25YE

Page 43: Artists Zeitung Nr. 3

„Ich wusste gar nicht, wo ich schlafen soll.“

Zwei durchnächtigte Augen blinzeln mich am Morgen des zweiten Jubiläumstags aus einem verschatteten Gesicht an.

Dieses Problem werden am Wochende des 1./2. Mai die meisten Artists gehabt haben. Das hat man davon, wenn man Erdhaufen in sein

Schlafzimmer fährt, sich den Weg ins Bad mit wuchtigen Installationen verbaut, wenn man 2000 Quadratmeter Wohn- und

Arbeitsfläche in ein großes, begehbares Kunsterlebnis verwandelt.

Anlass dieser Metamorphose war das 25-jährige Bestehen von Artists Unlimited.

Begleitet von Blasmusik und blauem Himmel eröffnete Jenna Gesse (Artists Unlimited Vorstand) im Innenhof das Fest

mit den selben Worten, wie Daniel Bérenger (Gründungspräsident) ein Vierteljahrhundert zuvor:

„Meine Damen und Herren, das Haus Artists Unlimited ist für sie geöffnet.“

Die Jährung der Schlüsselübergabe durch die Stadt (1. Mai 1985) nahmen die Mitglieder zum Anlass, ihr Haus so

zu präsentieren, wie sie es am liebsten sehen: Vielfältig. Voller Austausch, Überraschungen und Energie.

Ein Ort für freie und angewandte Künste.

Monatelang wurde die Veranstaltung geplant und vorbereitet. Im Bericht des WDR-Fernsehens, dessen Team einige Tage vor dem Jubiläum

zum Dreh anrückte, erkannte man viele Räume kaum noch wieder, als würden alle 25 Artists gleichzeitig umziehen – oder den

Verstand verlieren. Eine Architektur, die sich wildwuchsartig im Lauf der letzten 25 Jahre im Haus entwickelt hat, machte die Verwirrung

perfekt. Sonst verborgene Ein- und Durchgänge wurden geöffnet, damit die ca. 1.500 Besucher das Haus

bis in den letzten Winkel erkunden konnten. Und zu entdecken gab es einiges.

Auf vier Etagen im Haupthaus, vier Etagen in den Flügeln, im Innenhof, im Garten, im Filmhaus-Foyer und im Kinosaal

präsentierten über 50 Künstler ihre Arbeiten und vereinten verschiedenste Kunstgattungen zum multimedialen Geburtstagskuchen.

Der Mix aus Arbeitsräumen, Wohnräumen und inszenierten Orten betonte die besondere Atmosphäre des Künstlerhauses.

In Kooperation mit einigen Artists Unlimited-Mitgliedern beteiligten sich ebenso befreundete Künstler, die eine enge Verbindung zum

Haus haben, darunter auch ehemalige Mitglieder und Gastkünstler. An beiden Tagen wurde das Ausstellungsprogramm durch Performances

und Live-Musik ergänzt, z.B. durch The Von Duesz, die Eis-LP-Performance von Ben Gwilliam oder die Performances im Fahrstuhl,

die stündlich auf einer anderen Etage stattfanden. Erwähnt werden soll auch die Live-Sound-Collage von Projekt Fein,

die Archiv-Texte aus 25 Jahren Artists Unlimited vertonten und Hausversammlungs-Protokollen eine ganz neue Dynamik verliehen.

Die Schlusspunkte setzten eine ausschweifende Party im Café Milestones, das sich im Erdgeschoss des Künstlerhauses befindet, und der

Auftritt der Schwitzenden Männer, die ebenso 1985 beim Auftakt gespielt hatten.

„Im Jahr 1985 gründeten kunstbegeisterte, junge Menschen den Verein Artists Unlimited aus dem Wunsch heraus, gestalterisches Arbeiten

und gemeinsames Wohnen zu verbinden und vor allem: Für beides endlich Platz zu haben.“

So beginnt unsere Geschichte. Wir leben und gestalten sie weiter, freuen uns schon auf das 30. Jubiläum von Artists Unlimited –

und fangen schon mal an, aufzuräumen.

2 0 1 02010

2010S

25YEAR

Page 44: Artists Zeitung Nr. 3
Page 45: Artists Zeitung Nr. 3
Page 46: Artists Zeitung Nr. 3
Page 47: Artists Zeitung Nr. 3
Page 48: Artists Zeitung Nr. 3
Page 49: Artists Zeitung Nr. 3
Page 50: Artists Zeitung Nr. 3
Page 51: Artists Zeitung Nr. 3
Page 52: Artists Zeitung Nr. 3
Page 53: Artists Zeitung Nr. 3
Page 54: Artists Zeitung Nr. 3
Page 55: Artists Zeitung Nr. 3

2 0 1 02010

A R T I S T S U N L I M I T E D U N D :

Sarah Berger, Marcus Beuter, Pedda Borowski, Rachael Elwell, Ben Gwilliam, Gereon Inger, Katrin Kamrau, Wilma Keuler, Regina

Knueppel, Annette Küper, Bob Levene, Leif Marcus, Timo Nentwig, Fatima Njai, Stan Pete, Matthias H. Risse, Paul Schwaderer, ART at

WORK, Die schwitzenden Männer, Garp, Dennis Neuschaefer-Rube, Projekt Fein, Sky Brass Angels, The Von Duesz

S

20102010

25YEAR

Page 56: Artists Zeitung Nr. 3

PROGRAMM 2011

07 01 – 16 01 ANNA LOUISA WOLFF

18 02 – 03 03 KARSTEN HABIGHORST

30 03 – 20 04 OFFENE DRUCKWERKSTATT 3

ZEICHENKLASSE GEILEN

29 04 – 01 05 CECILIA HERRERO

30 04 NACHTANSICHTEN

06 05 – 15 05 PETER BURR

20 05 – 05 06 KLASSE FRIEDERIKE FELDMANN

KUNSTHOCHSCHULE KASSEL

18 06 BENEFIZPARTY

07 10 – 16 10 SUSAN JUNGE

07 10 ARTUR!

02 12 – 04 12 WEIHNART

GASTKÜNSTLER

15 02 – 15 05 PETER BURR (US)

01 06 – 31 08 RICCARDO BERETTA (IT)

15 09 – 15 12 JOOHEE YANG (KR / FR)

Herausgeber: Artists Unlimited e. V.

Gestaltung: Steffen Budke

Textredaktion: Jenna Gesse, Wojtek Ruhnau

Bildredaktion: Rebecca Butzlaff, Harriet Esther Muntean, Tim Sürken

Alle Bild- und Textrechte bei den Autoren.

Artists Unlimited e. V.

August-Bebel-Straße 94

33602 Bielefeld

Germany

www.artists-unlimited.de

ArtistsUnlimited