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Von Mutter Natur lernen WWW.BRUKER-AXS.DE „Einer für Alle“ Zentrales Qualitätsmanagement für Temperaturen >1800 °C The world of X-ray analysis ONSITE 2004/2005 Natürliche Methoden, Materialien & Wirkstoffe nutzen Moleküle Das Prinzip der Händigkeit Elementanalyse Nur Analytisches Fitting macht Sinn Digitale Daten Pharmastandard ist für alle sinnvoll

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Von Mutter Natur lernen

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„Einer für Alle“

Zentrales Qualitätsmanagement

für Temperaturen >1800 °C

The world of X-ray analysis ONSITE2004/2005

Natürliche Methoden, Materialien & Wirkstoffe nutzen

MoleküleDas Prinzip derHändigkeit

ElementanalyseNur AnalytischesFitting macht Sinn

Digitale DatenPharmastandard ist für alle sinnvoll

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ON SITE 2004/2005

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Dr. Frank H. LaukienChairman, President undChief Executive Officer

Von Mutter Natur lernen 1Kombinatorische Chemie setzt bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe auf natürliche Methoden

Von Mutter Natur lernen 2Materialwissenschaftler lernen von biologischenNanostrukturen für biomimetisches Design

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High-Throughput Screening-Methoden erobernneue Anwendungsbereiche

Super Speed Solutions Im Reich der Superlative

Zementindustrie Dyckerhoff AG setzt auf Rietveld

Detektortechnologie Funktion des energiedispersivenSOL-X Detektors

Weltrekord Größte Oxidstruktur mit DIFFRACplus

TOPAS gelöst

Auszeichnung Der Frost & Sullivan Award

Service Ein Erlebnisbericht von der Hotline-Front

Röntgenoptiken Wo Göbelspiegel & Co. entstehen

Website Wer sich registrieren lässt, kann nur gewinnen

Pharmazie Lehren aus dem Contergan-Skandal

Qualitätsmanagement Wie können Gesetze derPharmaindustrie die Qualität andern Orts verbessern?

Tipps und Tricks Spezialisten plaudern aus demNähkästchen

Petrochemie PETRO-QUANT startet durch

Vorbildlich Zentrale Kalibrierung bei RHI Refractories mit S4 PIONEER

EDX Analytisches Fitting revolutioniert energiedispersive RFA

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Materialwissenschaft Von Mutter Natur lernen 2

Forschung Methanhydrat als Energie der Zukunft

Molekülstrukturen Händigkeit: Links ist dort, wo derDaumen rechts ist

CCD Detektor Eine zehnjährige Erfolgsgeschichte findet ihre Fortsetzung: APEX II

Automatisierung Handlings-Roboter BruNo packt mit an

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EDITORIAL TITEL

XRD

SPEZIAL

RFA

SCD

SAXS

Liebe Leserinnen und Leser!

Auf die Wirkung unseresKundenmagazins waren wir sehr gespannt. Bereits nachden ersten Reaktionen wurdeaber schnell klar, dass wir mitON SITE einen Treffergelandet haben. Gratulatio-nen, Bestätigungen undAnregungen erreichten dieRedaktion aus allen Teilen derWelt.

Auch in der zweiten Ausgabe haben wir ein breites Spektruman Informationen und Beispielen aus der Welt unserer Kundenzusammengetragen. Trotz aller Vielfalt, ziehen sich zweiGrundgedanken wie ein roter Faden durch die neue ON SITE:Natur als Vorbild für Forscher und Entwickler aus allenBereichen sowie die umfassende Qualität der Produkte, derProzesse und der analytischen Systeme. Mit dem Titelthema„Von Mutter Natur lernen“ beschäftigen sich dieses Mal gleichzwei Artikel. Zu recht, denn die Erfindungen der Natur sind inihrer genialen Einfachheit und Effizienz nach wie vor unerreicht.Unerreicht in punkto Geschwindigkeit, Leistung und Perfektionsind auch unsere neuen SUPER SPEED SOLUTIONS. Sie sindschon im ersten Jahr ein echter Renner! Ganz besonders freutuns der Frost & Sullivan Award, da er unsere langjährigeProduktstrategie im XRD-Bereich bestätigt.

In der Einkristalldiffraktometrie haben wir mit dem APEX IIDetektor eine einzigartige Neuheit im Programm. Nicht nur derCCD-Chip ist exklusiv, sondern auch die vollständig überarbeite-te Software. Außerdem ist mit BruNo ein unermüdlicher Helferfür das PROTEUM-System geschaffen worden. Dieser Proben-handling-Roboter stellt einen weiteren Meilenstein in Richtungintegrierte Laborautomatisierung dar.

Sehr schön ist auch, dass DIFFRACplus TOPAS gleich zweimalneue Horizonte eröffnet hat. In der Zementindustrie muss dankder Rietveld-Methode das bisherige Lehrbuchwissen neugeschrieben werden. Die Qualität der Produkte und Prozessewird durch die Analyse mit TOPAS nachhaltig gesteigert. Und inder Forschung ist mit TOPAS ein Weltrekord gelungen: dieLösung der Oxidstruktur von Mo2P4O15, einer Struktur, die aus441 Atomen besteht!

Ein weltweit einheitliches Qualitätsmanagement und eineinheitlicher Standard über alle Standorte hinweg stehen imVordergrund bei RHI Refractories. Der Weltmarktführer fürFeuerfestprodukte baut auf unsere S4 Familie.

Das ON SITE Redaktionsteam und ich möchten sich auch indieser Ausgabe ganz besonders für die Mithilfe unserer Kundenbedanken. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre viel Vergnügen.

Dr. Frank H. LaukienChairman, President und Chief Executive Officer

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ONSITE

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und Sarafotoxine führen dazu, dass sich dieHerzkranzgefäße zusammenziehen. Damitnicht genug: Die einzelnen Giftstoffe potenzie-ren sich noch in ihrer absolut tödlichen Wirkungauf das Opfer. Mit ihrem Biss injiziert die Schlan-ge aber nicht nur Toxine, sondern auch unter-schiedlichste Enzyme. Diese Enzyme könnenebenfalls tödlich wirken, sie haben jedoch vorallem die Aufgabe, die Beute zu zersetzen, umbei der Verdauung zu helfen, da Schlangen jakeinerlei Kauwerkzeuge besitzen und ihr Opferim Ganzen verschlingen. Zudem enthaltenSchlangengifte meist noch Enzyme, die anti-bakteriell und antiviral wirken, um eventuelleKrankheitskeime in der Beute abzutöten.

Aber nicht nur Schlangen, Amphibien, Spinnenoder beispielsweise Kegelschnecken sind in derLage, hochwirksame Wirkstoffkombinationenzu produzieren. Auch Pflanzen oder Pilze kom-binieren aus meist einfachen einzelnen Kompo-nenten erstaunlich wirksame Giftstoffe. Der Be-griff „Giftstoffe“ ist dabei eigentlich fehl am Platz,denn in geringer Konzentration sind viele dieserStoffe heilsam, und nur die Dosis macht denUnterschied.

as macht manche Tiere zu absolut töd-lichen Jägern, lebensgefährlichen

Mitbewohnern und gleichzeitig zu medizini-schen Heilsbringern? Was macht bestimmtePflanzen zu ungenießbarer Kost, wahren Ver-drängungskünstlern, aber auch zu altbekanntenHausmitteln? Die Antwort lautet: biologischeWirkstoffe! Im Laufe der Evolution haben alleTiere und Pflanzen eine Vielzahl an Technikenentwickelt, die das Überleben ihrer Art gewähr-leisten. Hierbei haben sich neben mechanischenKomponenten, wie Zähnen, Klauen, Stacheln,Panzer oder Schalen, eben diese biologischenWirkstoffe in der Natur durchgesetzt.

Eine besonders leistungsfähige Kategorie bio-logischer Wirkstoffe stellen Schlangengifte dar.Deren Wirkstoffmixturen enthalten teils mehrerehundert einzelne Toxine und Enzyme, die unter-schiedlich auf den Beutemetabolismus wirken.Sie sind ein wahrer Giftcocktail aus folgendenToxinen: Myotoxine, Neurotoxine, Cardiotoxi-ne, Hämorrhagine, Sarafotoxine. Myotoxinewirken zerstörend auf Muskelgewebe, Neuro-toxine verhindern die Nervenreizübertragung,Cardiotoxine schädigen die Herzmuskelzellen,Härmorrhagine schädigen die Gefäßwände,

Kombinatorische Chemie –Von Mutter Natur lernen Röntgendiffraktometrie revolutioniert das Kombinatorische Screening

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PHARMAZIE

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ONSITE

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Warum sind diese natürlichen Wirkstoffe für dieWissenschaft so interessant? Erstens erfüllen sieihre Aufgabe, beispielsweise die antibakterielleWirkung, außerordentlich effizient. Zweitenssind die einzelnen Stoffe meist aus einfachenGrundelementen aufgebaut, wie bei unserem Im-munsystem, das in der Lage ist, Millionen ver-schiedener Antikörper aus der Kombination we-niger Primärkomponenten zu produzieren. Unddrittens kombiniert Mutter Natur danach aus deneinzelnen Wirkstoffen, wie beim Beispiel derSchlangengifte, hochwirksame Gesamtpräpa-rate.

Bei der Entwicklung neuer Medikamente ge-hen Pharmakologen ähnlich vor. Siekombinieren aus einzelnen mo-lekularen Bausteinen Wirk-stoffe und diese wiede-rum zu medizini-schen Präparaten.Nicht selten versu-chen Forscher, vonden Lösungen der Naturzu profitieren und die richti-ge Mischung einfach zu kopie-ren. Dies liegt nahe und ist außer-dem sehr effizient.

Für die Suche nach der jetzigen Mischunghatte Mutter Natur, um beim Beispiel Schlan-gengift zu bleiben, rund 50 Millionen Jahre Zeit.So lange können die Patienten nicht warten, unddeshalb ist für Biologen und Pharmakologen Zeitein entscheidender Faktor. Bisher hat man die po-tenziellen Wirkstoffe sequenziell synthetisiertund charakterisiert. Dadurch war der Prozess biszum fertigen Wirkstoff extrem langwierig. Diesesschrittweise Herantasten wird inzwischen durchkombinatorische Prozesse ersetzt. Die Suche

nach neuen Wirkstoffen erfolgt heute durch vollautomatisierte, simultane Reaktionsabläufe. Da-bei wird eine große Anzahl von potenziellenWirkstoffen gleichzeitig synthetisiert. Entspre-chend hoch sind die Anforderungen an eineschnelle Charakterisierung. Diese Methode be-zeichnet man als Kombinatorisches Screening.

Für die Analyse der Wirkstoffkandidaten ist dieRöntgendiffraktometrie ein unverzichtbarer Be-standteil, denn sie bietet eine repräsentative Ma-terialdurchdringung, ohne die Probe dabei zuzerstören. Beim Kombinatorischen Screening istGeschwindigkeit die Grundvoraussetzung

schlechthin. Hierfür bietet Bruker AXS mitdem D8 DISCOVER mit GADDS die

ideale Lösung. Mit diesem Sys-tem können komplette „Pro-

ben-Libraries“, mit typi-scherweise 96 Pro-ben, vollautomatisch

untersucht werden.Dank seines einzigarti-

gen zweidimensionalenDetektors lassen sich die Mes-

sungen in höchster Qualität und ex-trem kurzer Zeit realisieren. Die Aus-

wertung dieser riesigen Datenmengen er-folgt ebenfalls vollautomatisch mit der

bahnbrechenden PolySNAP-Software, undzwar nach vorher definierten Screening-Para-metern. Die Ergebnisse werden zum Beispielals Clusteranalyse oder als Ja/Nein-Matrixdargestellt.

Natürlich kann die Röntgendiffraktometrie keineneuen Wirkstoffe „erfinden“, aber sie hilft, dieZeit bei der Suche drastisch zu verkürzen, indemsie dem Forscher völlig neue Werkzeuge undMöglichkeiten zur Probencharakterisierung andie Hand gibt.

Thomas KrillSüdpazifische Kegelschnecke; ihr Gift besteht aus einerMischung von ca. 100 hochwirksamen Toxinen. DieSchnecke harpuniert ihre Beute – meist Fische, Molluskenund Röhrenwürmer – und tötet sie innerhalb vonSekunden. Ihr Gift kann auch für unachtsame Taucheroder Badende tödlich sein.

Die Anordnung der Augen ermöglicht den Tieren einetödliche Treffsicherheit.

Giftpfeil einer Kegelschnecke, REM-Aufnahme

Beim „Schlangenmelken” – hier eine Chinesische Kobra –wird den Tieren ihr Gift entnommen. Bis heute die einzigeGrundlage der jeweiligen Gegengifte.

Unser Immunsystem ist in der Lage, Millionen verschie-

dener Antikörper aus derKombination wenigerPrimärkomponenten

zu produzieren.

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D8 DISCOVER with GADDS für High-Throughput-Screening in Reflexions- und Transmissionsgeometrie

Darstellungsmethoden von PolySNAP: farbkodierte Zell-, Dendogramm- oder 3D-Darstellung

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ONSITE

ür den Begriff Screening gibt es keine adä-quate deutsche Übersetzung, er bedeutet so

viel wie Selektion oder Rasterung. Beim reinenScreening wird typischerweise anhand eines vor-definierten Kriteriums eine Vielzahl von Probenüberprüft. Viel weiter gehen im Vergleich dazuder Kombinatorische Ansatz und das High-Throughput Screening. Bei diesen Methodenwird versucht, eine große Zahl von kleinsten undminimal unterschiedlich präparierten Proben um-fassender zu charakterisieren, ohne dass mandabei voraussagen kann, was die Untersuchun-gen ergeben werden. Die anfallende Datenflutmuss dazu auf systematische Zusammenhängehin analysiert werden (sog. „Data Mining“). ImIdealfall gewinnt man mittels der Kombinatorikund des Screenings aus einer anfänglich relativunübersichtlichen Menge von Einzelinformatio-nen am Ende aussagekräftige Korrelationen zwi-schen unterschiedlichsten Eigenschaften und Pa-rametern. Vor allem in der Katalysatorentwick-lung, der Bio- und Pharmaforschung wird dieseMethodik seit Jahren erfolgreich eingesetzt.Allerdings erfordert ihre Anwendung eine Men-ge Erfahrung, großes Know-how und leistungs-fähige analytische Systeme.

Wann ist der kombinatorische Ansatz sinnvoll?Immer dann, wenn man sich über einen großenLösungsraum schnell und umfassend einen Über-blick verschaffen möchte. Das typische Vorge-hen bei „Kombinatorischen Applikationen“ er-folgt in drei Schritten. Erstens werden viele Pro-ben unter sehr ähnlichen Synthesebedingungenerzeugt. Hierzu werden die Proben meist in ei-ner X/Y-Matrix zusammengefasst. So entstehteine Sammlung von Proben, die landläufig alsProbenbibliothek oder Library bezeichnet wird.Der zweite Schritt ist: Alle Proben einer Samm-lung werden bestimmten, vorher definierten Ana-lysen unterzogen. Im dritten Schritt werden diegewonnenen Daten nach Charakteristika durch-forstet, um die Proben der Bibliothek zu katego-risieren. Aus dem Katalog werden die Erfolg ver-sprechenden Kandidaten selektiert, um bei-spielsweise deren Synthesebedingungen zuverfeinern.

Was muss ein ideales analytisches System fürKombinatorisches Screening deshalb können?Viele und selbst kleinste Proben innerhalb kür-zester Zeit vermessen und die gesammelten Da-ten analysieren, das heißt die Gesamtheit allerProben möglichst umfassend charakterisieren,und zwar zerstörungsfrei! Was bedeutet dies nunfür die Analyse mittels Röntgendiffraktometrie?Der einfallende Röntgenstrahl muss punktgenaumöglichst viel Intensität liefern, und das Beu-gungsmuster muss umfassend und simultan de-tektiert werden. Das einzige analytische System,das diesen Anforderungen gerecht wird, ist dasD8 DISCOVER mit GADDS von Bruker AXS. Esvermag mit dem patentierten Laser/Video-Mikro-skop alle gewünschten Messpunkte einer Pro-benbibliothek automatisch anzufahren und zujustieren, um sie dann punktgenau mit dem Rönt-genstrahl zu analysieren. Je nach Applikationkann der Strahlquerschnitt dabei größer oderkleiner gewählt werden. Die zweite Anforderung– viele Informationen in kürzester Zeit – erfüllt das System dank des einzigartigen HI-STAR-Detektors. Er erfasst simultan einen gro-ßen Winkelbereich in zwei zueinander senk-rechten Dimensionen – 2-Theta und Gamma.„Mit einem konventionellen Diffraktometer kannohne zusätzliche, zeitaufwändige Probendre-hung nur der 2-Theta-Winkelbereich abgefahrenwerden. Dabei besteht immer das Risiko, dassdiese quasi eindimensionale Messung nur diehalbe Wahrheit liefert. Erst wenn zusätzlich auchin Gamma ein großer Winkelbereich erfasstwird, ist das Beugungsmuster komplett! Um die-se beiden Dimensionen schnell und simultan zumessen, ist ein zweidimensionaler Detektor mithoher Sensitivität und Ortsauflösung unabding-bar – der HI-STAR-Detektor erfasst deshalb einXRD2-Pattern auf einen Schlag“, so Dr. Bob He,Bruker-AXS-Entwicklungsleiter in Madison, USA.

„Kombinatorische Applikationen” trifft man nichtnur bei der Katalysatorentwicklung oder derpharmazeutischen Entwicklung. Die Vorzügevon Methode und Analysesystem zeigen sichauch bei der Entwicklung neuer Materialien inder Werkstoffforschung.

„Die Suche nach neuen Funktionsweisen in neu-artigen Materialverbindungen war immer schoneine der wichtigsten Aufgaben in der Wissen-schaft”, beschreibt Prof. Dr. Masahi Kawasakivom Institut für Materialforschung an der Toho-ku-Universität in Sendai, Japan, seine Motivation.Professor Kawasaki untersucht dünnste Schich-ten und hat eine spezielle Methode entwickelt,um ein Substrat in einer X/Y-Matrix unterschied-liche Elemente aufzubringen. Er beschichtet bei-spielsweise sein Substrat mit fünf Metallen in fünfSpalten und Zeilen. Das Ergebnis liefert ein Sub-strat mit einem Raster von fünf mal fünf, also 25unterschiedlichen Materialkombinationen. Die-ses Verfahren stellt einen enormen Fortschritt fürseine Forschungsarbeit dar, denn so kann in re-lativ kurzer Zeit unter identischen Bedingungeneine große Vielfalt an Proben erzeugt werden.Damit nun kein neuer Engpass bei der Charak-terisierung entsteht, muss auch die Röntgenana-lytik Schritt halten. Deshalb wurden die Probenvon Professor Kawasaki mit einem D8 DISCO-VER mit GADDS von Bruker AXS analysiert.

Das Beispiel aus Japan macht deutlich: Wer Neu-land betreten will, muss Grenzen überschreiten.Es ist gut zu wissen, dass einem dabei eine eta-blierte Methode – High-Throughput Screening –und ein ausgereiftes und bewährtes Analyse-system – das D8 DISCOVER mit GADDS – zurSeite stehen.

Nao Yamada

Screening ohne Grenzen Kombinatorische Probenpräparation und High-Throughput Screening, dieMethoden aus der Chemie und aus der Pharmaforschung, erobern neueAnwendungsbereiche: Schneller zum Ziel mit neuen Hochgeschwindigkeits-Methoden. Das D8 DISCOVER mit GADDS ermöglicht die freie Auswahl derScreening-Kriterien und lässt keine Fragen offen.

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HIGH-THROUGHPUT

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Im Reich der SuperlativeBruker AXS bricht mit seinen SUPER SPEED SOLUTIONS alle Rekorde.Geschwindigkeit und Auflösung sind atemberaubend, die Modularität ist beein-druckend. Forschung und Entwicklung werden auf breiter Front profitieren.

SUPER SPEED SOLUTIONS

egriffe wie Super, Turbo oder Perfektionwerden auch in der werblichen Kommuni-

kation eher selten verwendet. Sie sind ein zwei-schneidiges Schwert, denn Superlative weckenauch immer entsprechende Erwartungen. „Werunsere neue TURBO X-RAY SOURCE einmal inAktion erlebt hat, kann die Begeisterung verste-hen, die uns zu dieser Namengebung veranlassthat. Die Leistungsdaten der Systeme sind abso-lut überzeugend“, meint Sadao Ueki, Präsidentvon Bruker AXS K.K. in Yokohama, Japan. „InKombination mit dem zweidimensionalen De-tektor oder dem neuen VÅNTEC-1 Detektor istdas System von keinem derzeit verfügbaren Rönt-gensystem zu überbieten“, so Ueki weiter.

Was leisten die Super-Lösungen, und wer profi-tiert am meisten davon? Jeder Anwender kannvon der immensen Geschwindigkeitssteigerungund der hervorragenden Auflösung profitieren.Bruker AXS sieht vier Hauptanwendungsgebie-te mit besonders leistungshungrigen Applikatio-nen: Nanostrukturanalyse, dynamische Prozes-se, Mikrodiffraktometrie und High-Throughput-Applikationen. Auf die Frage, was die

Hochgeschwindigkeitslösungen alles können,meint Dr. Lutz Brügemann, MarketingmanagerXRD: „Erstens: alles! Zweitens: viel mehr! Alles,weil alles, was unsere Systeme bisher schonkonnten, wie gewohnt funktioniert, aber um Klas-sen schneller und mit wesentlich höherer Sensi-bilität. Viel mehr, denn durch diese superschnel-len Lösungen werden einige Applikationen im La-bor überhaupt erst ermöglicht, die bisher nurtheoretisch machbar waren. Denn entweder hät-te die Messung utopisch lang gedauert, oder dieErgebnisse wären durch ungünstige Untergrund-zu-Nutzsignal-Verhältnisse nicht aussagekräftiggewesen.“

Aber nicht nur die pure Leistung der Systemespielt eine entscheidende Rolle. Alle SUPERSPEED Komponenten, also die Turbo-Quelle unddie beiden Detektoren, sind voll in das modula-re Gesamtkonzept von Bruker AXS integriert. ObD8 ADVANCE, D8 DISCOVER, D8 DISCOVERmit GADDS oder NANOSTAR – jedes Systemwird durch diese Komponenten zur ultimativenRöntgenlösung fürs Labor. Dabei müssen die An-wender keinerlei Einbußen in Sachen Zuverläs-

sigkeit und Flexibilität akzeptieren, und die Ar-beit geht wie gewohnt von der Hand.

Auch der kommerzielle Erfolg des Systemsscheint gesichert. Bereits in den ersten Monatennach Markteinführung sind etliche Installationenerfolgreich in Betrieb gegangen. Der Saisonsiegund die Konstrukteursweltmeisterschaft sind so-mit wohl entschieden. Der Gewinner des Welt-meistertitels steht in dieser Leistungsklasse bereitsfest, aber im Unterschied zum Rennsport könnenwir uns auf viele spannende Ergebnisse und neueErkenntnisse aus dem Reich der Superlative freu-en.

Heiko Ress

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SERVICE

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ONSITE

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cht Uhr: Ich rufe die E-Mails in der Ser-vice-Inbox ab. Ein Kunde hat versehent-

lich einige Dateien gelöscht und wünscht Hilfebei der Wiederherstellung. Es gibt Nachfragennach einigen Teilenummern von Servicekollegenaus Australien und China – wird sofort erledigt.Ein Servicemann aus Südafrika hat Probleme miteinem Generator am SRS – da muss ein Spezi-alist ran, die E-Mail wird weitergeleitet. Jetzt kannich mich an die E-Mail mit den gelöschten Da-teien machen.

So gegen 8:30 Uhr klingelt das Telefon zum ers-ten Mal an diesem Morgen, es ist ein Kunde, dersein S4 nach einem Stromausfall nicht wiederzum Laufen bringt! Ich verbinde mich unmittelbarüber PC-Anywhere mit dem Kundenrechner –der Strom scheint genau beim Einschleusen ei-ner Probe ausgefallen zu sein. Es genügt, dasSystem und den Loader zu initialisieren. Es stehtnatürlich noch eine Temperaturwarnung an –das S4 war die ganze Nacht ohne Stromver-sorgung. Ich will eben den Kunden zurückrufen,um ihn zu informieren, als ein weiterer Anruf ein-geht – eine völlig aufgelöste Kundin erzählt, siehabe gestern ihre Kalibrierung überprüft und Ver-besserungen durchgeführt, und jetzt bekommesie für einige Elemente keine Ergebnisse mehr.

Ich bitte sie, mir eine SpectraMail-Datei der Ka-librierung zu senden.

Ich rufe den Kunden mit dem Stromausfall zu-rück, der sehr erleichtert über die gute Nachrichtist. Pling – die SpectraMail-Datei ist schon da. Esklingelt wieder – ein Kollege aus dem Inland-Ser-vice hat ein paar Fragen zur S4-Hardware. Dernächste Anruf geht in Richtung Probenpräpara-tion – kurze Nachfrage im Applikationslabor, dieKollegin übernimmt den Anrufer – sehr gut. Jetztgeht’s an die SpectraMail-Datei – klarer Fall, diefehlenden Ergebnisse sind auf Veränderungender Linienparameter zurückzuführen – ich stelledie ursprünglichen Einstellungen wieder her. Ichteste noch mal alles, schicke der Kundin die ge-änderten Daten per E-Mail zurück und erkläreihr am Telefon die Details.

Im Moment ist es ruhig, und ich mache mich andie E-Mail mit den versehentlich gelöschten Da-teien. Ich schreibe gerade die E-Mail mit den An-weisungen zur Rettung der verloren gegange-nen Daten. Glücklicherweise existiert hier einBackup neueren Datums. Es klingelt wieder, esist ein Kollege aus dem Prüffeld: „Mittagessen?“Später, jetzt habe ich noch keine Zeit …

Wenn dieLeitungen

glühen Ein Erlebnisprotokoll von

Thomas Möderl, Service-Spezialist an der Spektrometrie-Hotline

AETRO-QUANT ist das neue Lösungspaketvon Bruker AXS für alle Qualitäts- und Pro-

zesskontrolllaboratorien der petrochemischenIndustrie. Durch PETRO-QUANT wird die Ele-mentanalyse mit dem S4 PIONEER und dem S4 EXPLORER einfacher als je zuvor – Plug ’n’ analyze! Das neue Paket enthält: eineuniverselle branchenspezifische Kalibrierung,verschiedene optionale normkonforme Kalibrie-rungen und Präparationsutensilien.

Was macht die Analyse mit PETRO-QUANT soeinfach und überlegen?

Die leistungsfähige universelle Kalibrierung füralle Materialien auf Kohlenwasserstoff-Basis er-möglicht jedem Anwender von Beginn an, mitdem System zu arbeiten. Aber auch für die La-boratorien, die nach Normen, wie DIN, EN ISO,ASTM, analysieren müssen, bietet Bruker AXSdie optimale Lösung. Mit PETRO-QUANT ist je-des Spektrometer der S4-Serie für die Analysenach allen relevanten Normen vorbereitet. JedesSpektrometer wird – ganz nach Kundenwunsch –„normkalibriert“ geliefert. Dadurch entfällt fürden Anwender die sehr zeitaufwändige norm-gerechte Kalibrierung vor Ort. Selbstverständ-lich arbeitet PETRO-QUANT als integraler Be-standteil von SPECTRAplus. Bruker AXS hat auchan die Details gedacht, jedes Paket enthält Pro-benbecher, Pipetten, Miniwaage und Ver-brauchsmaterialien.

Mit PETRO-QUANT und den S4-Spektrometernwird die Analyse in der petrochemischen Indus-trie einfacher, besser und zuverlässiger als je zu-vor.

Theo Feldmann

Auf die Plätze, fertig, los –

PETRO-QUANTstartet durch

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PETROCHEMIE

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ZEMENTINDUSTRIE

n der Forschung ist die „Rietveld-Analyse“ seitlangem eine anerkannte Methode zur Inter-

pretation von Röntgenbeugungsdaten. In der Ze-mentindustrie hat sie in den letzten Jahren als neu-es analytisches Werkzeug zur Bestimmung dertatsächlichen mineralogischen Phasenzusam-mensetzung Einzug gehalten. Dass diese aner-kannte Forschungsmethode jetzt reif ist auch zumroutinemäßigen Einsatz in der Qualitätskontrol-le, hat das Pilotprojekt bei Deuna Zement (Thü-ringen) eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dankder reibungslosen Zusammenarbeit des Proben-präparationssystems Polab-APM von Polysius mitdem Röntgendiffraktometer D4 ENDEAVOR undder bahnbrechenden Software DIFFRACplus TO-PAS von Bruker AXS hat sich die Rietveld-Me-thode im täglichen Messalltag besten bewährt.

Die Dyckerhoff AG hält mit dieser positiven Bi-lanz nicht hinterm Berg und bekennt sich ein-deutig: „Im Rahmen unserer Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit haben wir die Qualitätssiche-rung unserer Zemente durch Einführung derRietveld-Methode, der röntgenografischen Be-stimmung der mineralischen Klinker- und Sulfat-phasen, als Standardkontrolle für die Versand-zemente verbessert. Die damit gewonnenen Informationen bilden zusammen mit den Prüf-ergebnissen aus der zentralen Güteüberwa-chung die Voraussetzung für eine Steigerung derQualität unserer Zemente“ (Dyckerhoff AG,Zwischenbericht, 30. Juni 2004).

Mit dem Pilotprojekt in Deuna konnte für den lau-fenden Prozess gezeigt werden, dass die Riet-veld-Methode mit DIFFRACplus TOPAS klassi-schen Methoden weit überlegen ist. Dadurchzeigte sich, wie stark das bisherige Lehrbuch-wissen und die klassischen Kennzahlen zur Pro-zesssteuerung von der Realität abweichen undwie gering ihr tatsächlicher Einfluss auf den Pro-zess ist. Die Erkenntnisse der Pilotstudie eröffnenvollkommen neue Möglichkeiten der Prozessop-timierung und der Qualitätssteigerung.

Aber Rietveld ist nicht gleich Rietveld, denn auchbei den Softwarepaketen, die scheinbar identi-sche Methoden verwenden, gibt es signifikanteUnterschiede. Vor allem die analytische Genau-igkeit von DIFFRACplus TOPAS macht den Unter-schied. Dank des überlegenen Fundamentalpa-rameteransatzes gewährleistet die Lösung vonBruker AXS eine Genauigkeit und eine Verläss-lichkeit, die traditionelle Rietveldpakete schwer-lich erreichen. Mit DIFFRACplus TOPAS erübrigtsich außerdem ein fragwürdiger und zeitauf-wändiger Abgleich zur Klinkermikroskopie mit ih-ren bekannten Ungenauigkeiten.

Dank der Erkenntnisse dieses Pilotprojektes ist esgelungen, einen entscheidenden Wettbewerbs-vorteil zu erarbeiten. Erst der Einsatz einer zeit-gemäßen Analytik schafft die Voraussetzungendafür, die Grenzen des Prozesses auszureizen,die Kosten zu senken und die Produktqualität wei-ter zu steigern.

Rainer Schmidt

Dyckerhoff AGsetzt auf Rietveld

Die Rietveld-Methode setzt sich in der Qualitätssicherung bei der Dyckerhoff AGdurch. Das Wilhelm-Dyckerhoff-Institut, Polysius und Bruker AXS haben gemein-sam im Auftrag von Deuna Zement unter Beweis gestellt, dass die Qualität derProzesse und der Produkte selbst sehr guter Standorte noch verbessert werdenkann. Dank DIFFRACplus TOPAS gelingt der Durchbruch.

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Ultra-Hoch-Vakuum-Beschichtungsanlage

Monteloptik

Blick in die Beschichtungskammer

DETEKTORTECHNOLOGIE

Bruker AXS hat mit dem SOL-X-Detektor seinen eigenen energiedispersiven Detektor für Röntgendiffraktometrie auf den

Markt gebracht. Der SOL-X kann mit allen gebräuchlichenRöntgenwellenlängen verwendet werden. Vorteile

für den Anwender: höchste Intensität und optimales Signal-zu-Untergrund-Verhältnis,

auch bei fluoreszierenden Proben.

ei Proben, die beispielsweise Eisen enthalten, kommt es in derRöntgendiffraktometrie unter Verwendung von Cu-Strahlung

neben den Braggreflexionen auch zur Emission von Fluoreszenz-strahlung. Diese Strahlung wird bei Einsatz eines üblichen Szintilla-tionsdetektors mitgemessen. Da das Signal aber keinerlei Informa-tionen bezüglich der kristallinen Struktur der untersuchten Probe lie-fert, ist es für die Diffraktometrie störend. Im Diffraktogramm erscheintdie Strahlung als ein erhöhter „Untergrund“, der die Qualität desErgebnisses verringert und sogar niedrige Reflexintensitäten kom-plett verdecken kann.

Üblicherweise wird dieser Untergrund mithilfe eines Filters oder ei-nes sekundären Monochromators unterdrückt. Filter – etwas ande-res ist auch ein Monochromator nicht – haben aber meist den Nach-teil, dass ihr Einsatz das „Nutzsignal“ beeinträchtigt. Im beschrie-benen Fall gehen durch einen Monochromator etwa 60 bis 70 % des Nutzsignals verloren. Bei schwachen Reflexen oderschwach streuenden Proben muss daher die Messzeit verlängertwerden. Um weniger Fluoreszenzstrahlung anzuregen, wäre eineAlternative die Nutzung anderer Röntgenwellenlängen, von denenim Labor aber nur eine geringe Anzahl zur Verfügung stehen. ImFalle von Proben, die Eisen enthalten, wäre das zum Beispiel Chrom-strahlung. Dies geht jedoch ebenfalls zulasten der Nutzintensität,da Chromstrahlung deutlich stärker in Luft absobiert wird.

Was tun, haben sich die Entwickler von Bruker AXS und BSI gefragtund mit dem SOL-X schließlich eine hervorragende Lösung präsen-tiert. Dieser innovative, energieauflösende Diffraktometriedetektorist in der Lage, eine große Bandbreite an möglichen Röntgenwel-lenlängen zu detektieren, nämlich den gesamten Bereich zwischenCrKα und MoKα, und damit natürlich auch CuKα. Der Anwenderkann – entsprechend seiner Primärstrahlung oder seiner Probe –zwischen den einzelnen Wellenlängen wechseln. Der SOL-X-De-tektor ist darüber hinaus aber auch in der Lage, die CuKα-Strah-lung und die FeKα-Fluoreszenzstrahlung zu separieren, der Einsatzeines Filters ist nicht nötig. Das bedeutet, das Nutzsignal verringertsich nicht, das Verhältnis von Nutzsignal und Untergrund wird ein-fach größer, die Qualität der Messergebnisse steigt.

Was hat der Anwender davon? Bis zu 3-fach kürzere Messzeit, einoptimales Signal-zu-Untergrund-Verhältnis und die Möglichkeit zurAuswahl der für jede Applikation idealen Wellenlänge.

Natürlich ist der SOL-X voll in das modulare Gesamtkonzept von Bruker AXS DIFFRACTION SOLUTIONS integriert. Nicht nur die Leistungsfähigkeit der neuen Systeme der D8- und D4-Familien kann problemlos erweitert werden, sondern es lassensich auch deren Vorgänger, D5000 und D5005, mit dem SOL-Xnachrüsten.

Lutz Brügemann

Wie funktioniert derenergiedispersive SOL-X-Detektor?

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ie Qualität und die Zuverlässigkeit der Er-gebnisse hängen bei der Röntgendiffrak-

tometrie entscheidend von der Brillanz des Rönt-genstrahls ab, der die Probe beleuchtet. Bei derwellenlängendispersiven Röntgenspektrometriesind sie bedingt durch die Leistungsfähigkeit, mitder von der Probe emittierte Röntgenstrahlungnach ihren Wellenlängen aufgetrennt wird. DasUnternehmen INCOATEC hat es sich zur Auf-gabe gemacht, für jede analytische Herausfor-derung „eine optimal angepasste Optik zu pro-duzieren, um damit die für jede Anwendung ide-ale Konfiguration zu schaffen“. Keine leichteAufgabe und ein hoher Anspruch, den die bei-den Geschäftsführer Dr. Carsten Michaelsen undDr. Jörg Wiesmann für ihre Firma formulieren.

Dieser Anspruch ist aber keineswegs übertrie-ben, denn INCOATEC stammt aus gutem Haus.Die Hightech-Schmiede wurde als Spin-off-Unter-nehmen des GKSS-Forschungszentrums Geest-hacht bei Hamburg zusammen mit Bruker AXSgegründet. Michaelsen und Wiesmann sind seitJahren auf dem Gebiet der Beschichtungstech-nologie tätig und gehören zu den führenden Wis-senschaftlern in diesem Bereich. Als ehemaligeMitarbeiter des GKSS-Forschungszentrumszeichnen sie maßgeblich für die bahnbrechen-den Entwicklungen und Patente auf diesem Ge-biet verantwortlich. „Sie sind die Herren des Rönt-genstrahls und garantieren die Funktionalität un-serer Multilayer-Optiken, wie Göbelspiegel,Monteloptik, HELIOS-Optik oder unserer neuenAnalysator-Kristalle für die leichten Elemente, derXS-Serie. Die Optiken von INCOATEC stellen ei-nen neuen Meilenstein in punkto Homogenitätund Präzision dar“, so Dr. Frank Burgäzy, Pro-duct Line Manager XRD und Geschäftsführer vonBruker AXS, über das Unternehmen INCOATEC.

Die technische und wirtschaftliche Erfolgsbilanzaus Geesthacht zeigt, wie Recht Dr. Günter vonSengbusch, damaliger wissenschaftlich-techni-scher Geschäftsführer des GKSS-Forschungs-zentrums, mit seiner Einschätzung zur Firmen-gründung 2002 hatte: „Die Ausgründung vonTechnologie-Unternehmen geht absolut konform

mit der GKSS-Strategie, und das Unternehmenhat unsere volle Unterstützung. Wir sind stolzdarauf zu sehen, wie unsere Entwicklungen wirtschaftlich verwertet werden, von einemUnternehmen, das unsere Forscher gegründethaben ... Das ist die Art, wie wir uns die Weiter-entwicklung von R&D-Kooperationen vorstel-len.“

Um die Aufgaben von INCOATEC besser ver-stehen zu können, begeben wir uns auf die Rei-se und verfolgen einen Röntgenstrahl währendeines Diffraktometrie-Experiments.

Jedes Röntgenexperiment beginnt mit der Er-zeugung eines polychromatischen und diver-genten Röntgenstrahls. Dabei lassen wir dieunterschiedlichen Röntgenquellen einmal außerAcht und betrachten nur die Geometrie und dieWellenlängen des Strahls, denn genau diese Eigenschaften werden durch die Multilayer-Op-tiken von INCOATEC gezielt modifiziert.

Nach der Röntgenquelle trifft der Strahl in derRegel gleich auf die wahrscheinlich bekanntes-te Röntgenoptik: den Göbelspiegel. Seine Auf-gabe ist es, den Röntgenstrahl zu monochro-matisieren und je nach Bedarf zu fokussierenoder zu parallelisieren. Die Bündelung desStrahls ermöglicht dabei, dass mehr Intensität aufdie Probe trifft. Dadurch erhält man nach demschlichten Grundsatz „mehr Intensität rein, mehrIntensität raus“ wesentlich bessere und schnel-lere Ergebnisse. Der parallele Strahl ermöglichtdie Analyse von Proben mit unregelmäßigenOberflächen und unterschiedlichsten Geome-trien ohne weitere Präparation, da hierbei dieProbe nicht als fokussierendes Element benötigtwird. Die zweite Aufgabe des Göbelspiegels istdie gezielte Monochromatisierung des Rönt-genstrahls. Dadurch werden nutzbare Intensität,Auflösung und Signal-zu-Untergrund-Verhältnisder Messungen entscheidend verbessert.

Mittlerweile produziert INCOATEC Göbelspie-gel der dritten Generation mit unglaublicher Prä-zision und in höchster Qualität. Hierbei werden

mithilfe der leistungsfähigen Technologie desGeesthachter Unternehmens bereits vorgeform-te Substrate beschichtet. Dadurch fällt der rela-tiv unpräzise Produktionsschritt der Substratbie-gung auf die geforderte Form weg. Die Anfor-derung an die Beschichtungsgenauigkeit nimmtaber noch einmal zu. Die Perfektion der Spie-gelform und der Multilayer-Schicht ist schließlichdas, was zählt. Solch eine Multilayer-Schicht be-steht aus bis zu 1000 Einzelschichten unter-schiedlicher Materialien, die exakt auf die je-weilige Anwendung hin abgestimmt werden.Jede einzelne Schicht ist nur wenige Atomlagendick. Aber nicht die Schichtdicke ist der eigent-lich beeindruckende Wert, sondern die Toleranzder Schichtdickenvariation sowohl über die ge-samte Spiegeloberfläche als auch über alle Ein-zelschichten hinweg. Jede Schicht muss auf ei-ner Länge von 6 cm genau dem Sollwert ent-sprechen, die Toleranz liegt bei ±0,1 nm. Diesist vergleichbar mit einer Höhentoleranz von nur1 mm auf eine Strecke von 600 km Entfernung!

„Die Perfektion der Nanoschichten und dieWahl des Beschichtungswerkstoffs sind verant-wortlich für den Reflexionswinkel, die Geome-trie, die Intensität und die Wellenlänge der anden Optiken reflektierten Röntgenstrahlen. Fürdas Experiment ist aber selbstverständlich dergesamte Versuchsaufbau relevant, also Quelle,Probe, Detektor und andere optische Kompo-nenten. Dementsprechend müssen wir bei derEntwicklung von idealen Beschichtungen alleFaktoren berücksichtigen. Deshalb berechnenwir jede Optik mittels unserer Raytracing-Soft-ware“, beschreibt Dr. Michaelsen die Leistungenvon INCOATEC. „Die simulierte Messung ent-spricht fast 100-prozentig dem später in der Re-alität gemessenen Ergebnis. Wir betreiben ei-gentlich virtuelle Röntgenanalytik, bevor wir mitder Produktion der realen Multilayer-Optik be-ginnen. Deshalb können wir auch maßge-schneiderte Optiken für kundenspezifische Ap-plikationen herstellen, die extrem genau die An-forderungen an ein ganz spezielles Experimenterfüllen – bezahlbar und mit kurzer Lieferzeit“,erläutert Dr. Wiesmann weiter.

In Geesthacht ist es gelungen, Forschung er-folgreich zu kommerzialisieren, ohne dass sichdabei der alte Forschergeist aus den Räumenverabschiedet hat. INCOATEC ist und bleibt dieerste Adresse für Röntgenoptiken.

Detlef Bahr

„Die Herren derRöntgenstrahlen“Das Unternehmen INCOATEC aus Geesthacht bei Hamburg ist weltweitTechnologieführer in Entwicklung, Berechnung und Produktion von Multilayer-Optiken. Neben Röntgenoptiken und Analysatorkristallen für Bruker AXS liefertINCOATEC auch Spiegel für Synchrotronanwendungen und kundenspezifischeLösungen mit Beschichtungen nach Maß.

RÖNTGENOPTIKEN

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ONSITE WWW.BRUKER-AXS.DE

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ONSITE

anze unterseeische Bergflanken an denSchelfrändern der tektonischen Platten

rutschen ab und lösen riesige Tsunamis mit bis zu30 Meter hohen Wellen aus. Unglaubliche Men-gen des Treibhausgases Methan (CH4) entwei-chen in die Atmosphäre und heizen das Erdkli-ma auf. Der Nahrungskreislauf in den Ozeanenbricht zusammen, die Grundlage der Nah-rungskette – Plankton – ist plötzlich verschwun-den. 85 Prozent der Arten von Meereslebewe-sen und 70 Prozent der terrestrischen Wirbel-tierspezies sterben aus. So oder so ähnlich musssich die Apokalypse am Ende des Perm – vor zir-ka 250 Millionen Jahren – abgespielt haben. Eskam innerhalb von wenigen tausend Jahren –erdgeschichtlich ein extrem kurzer Zeitraum –zum größten Massensterben der Erdgeschichte.Ein vergleichbarer Exodus fand nur noch amEnde der Kreidezeit statt, als die Dinosaurier aus-starben.

Das Schicksal der Dinosaurier vor 65 MillionenJahren scheint weitestgehend geklärt. Dagegentappten die Wissenschaftler bei der Erforschungder Ursachen für das Massensterben am Endedes Perm lange im Dunkeln. Denn weder mit vul-kanischen Aktivitäten noch mit dem Einschlag ei-nes Asteroiden konnte die Vernichtung des Le-bens in diesem Umfang erklärt werden. Dochnun scheint eine einleuchtende Lösung des Rät-sels gefunden: Es kam zu einer extremen Anrei-cherung des hochwirksamen TreibhausgasesMethan in der Atmosphäre und in der Folge zueiner rasanten Erwärmung des Erdklimas. Die Ur-

sache war die Zersetzung von Methanhydrat –auch bekannt als „brennendes Eis“!

Was ist „brennendes Eis“ und wie entsteht es?

Bei der bakteriellen Zersetzung von organi-schem Material am Meeresboden entsteht Me-than. Durch den dort herrschenden hohen Druckund die niedrigen Temperaturen wird das Gasim Wasser molekular gelöst, und es entsteht Me-thanhydrat. Dabei werden die Gasmoleküle indie Käfigstrukturen eines aus Wassermolekülengebildeten Kristallgitters eingeschlossen. DieseKäfigstrukturen bezeichnet man auch als Clath-rate (lat. clatratus = Käfig). Das eingeschlosse-ne Gas stabilisiert das Gitter und wird gleich-zeitig von diesem auf engstem Raum zu-sammengehalten. Gas-Clathrate sind faktischkristalline Gasspeicher, wobei in 90 Prozent desVorkommens Methan als Gastmolekül gespei-chert ist. Im Augenblick kennen wir drei unter-schiedliche Kristallstrukturen. Dabei gilt: Je grö-ßer der Käfig, desto größer kann das jeweiligeGastmolekül sein. Die Konzentration des Me-thans in diesem kristallinen Speicher ist extremhoch. Umgerechnet auf normalen Luftdruck ent-hält ein Kubikmeter „brennendes Eis“ rund 160 Kubikmeter Gas, aber nur zirka 1 Kubik-meter Wasser. Diese Gas-Clathrate sind aberhöchst fragile Speicher. Wenn sich nur gering-fügig die Temperatur erhöht oder der Druck sinkt,„schmilzt“ der Methanhydratbrocken – teil-weise unter heftigen Reaktionen –, und es wer-den Methan und Wasser freigesetzt. Entzündet

Brennendes Eis –Methanhydrat als Energieder ZukunftWasser und Methan bilden unter hohem Druck und bei tiefen Temperaturen einefeste Verbindung: Methanhydrat (Methan-Clathrat). Im Permafrost und auf demMeeresboden schlummern riesige Energievorräte. Wie können diese gigan-tischen Reserven für die Menschheit nutzbar gemacht werden? Die Einkristalldiffraktometrie hilft, die Mechanismen zu verstehen und eineMethode zur Erschließung dieser Energiequelle zu finden.

G

FORSCHUNG

man nun das Methan, entsteht das Phänomen„brennendes Eis“.

Seit 1980, als das Tiefseebohrschiff „GlomarChallenger“ erstmals im Sediment des Westat-lantiks Methanhydrat zutage förderte, hält dasThema die Energieunternehmen in Atem. Geo-logen spürten überall auf dem Globus riesigeGashydratfelder auf, die praktisch an allen Kon-tinentalrändern des Meeresbodens, aber auchan den Ozeanischen Rücken oder im PermafrostSibiriens, Kanadas oder Alaskas zu finden sind.Man geht davon aus, dass mehr als 55 Prozentdes organischen Kohlenstoffs auf der Erde in denGashydratfeldern gebunden ist. Mit geschätzten10.000 Gigatonnen Kohlenstoff stellen sie einegigantische Energiereserve dar. Die Bedeutungdieser Energiereserve wird umso klarer, wennman sie mit dem Vorrat an den fossilen Brenn-stoffen Kohle, Erdöl und Erdgas vergleicht, dernur halb so groß ist. Aus diesem Grund be-schäftigen sich mittlerweile viele Ingenieure, Wis-senschaftler, Energieunternehmen und Regie-rungen mit der Bedeutung der Gas-Clathrate alspotentieller Energiequelle. Aber die Nutzungdieses Energieträgers könnte, wie im Perm, zu ei-ner Umweltkrise führen. Obwohl bei der Ver-brennung von Methan wesentlich geringereMengen CO2 frei werden als bei der Verbren-nung von Öl, ist Methan selbst ein viel stärkeresTreibhausgas als Kohlendioxid. Würde nur einBruchteil des in den Gas-Clathraten gebundenenMethans in die Erdatmosphäre gelangen, könn-te die Erde mächtig ins Schwitzen geraten. Aber

Käfigstruktur ausWasser-Moleküle

EingelagertesGas-Moleküle

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Methaneisbrocken verbrennt im Labor, dabei entsteht Wasser.

Vor rund 7.000 Jahren gerieten vor Norwegen ca. 5.000Kubikilometer! Sediment plötzlich in Bewegung und lösteneinen katastrophalen Tsunami aus.

Fossilien, Perm

Storegga Rutschung

Island

Norwegen

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ONSITE

auch riesige Flutwellen wären als Folge vonunterseeischen Schlammlawinen denkbar. Denndas natürliche Gas-Clathrat, das in den Sedi-menten eingelagert ist, stabilisiert den Meeres-boden an den steilen Schelfrändern und wirktwie Zement. Würde sich das Gas-Clathrat nunaufgrund von Temperatur- oder Druckänderungplötzlich zersetzen, gäbe es kein Halten mehr.Vor 7.000 Jahren gerieten bei der Storrega-Rut-schung an Norwegens Küste 5.000 Kubikkilo-meter Sedimentboden – das entspricht rund150.000 Eisenbahnwaggons! – plötzlich in Be-wegung, sehr wahrscheinlich durch zerfalleneGas-Clathrate. Die dadurch ausgelösten Ver-wüstungen können in Schottland noch heutenachgewiesen werden.

Um derlei Gefahren zu vermeiden, kommt derGrundlagenforschung vorrangige Bedeutungzu. Mit eben dieser beschäftigen sich Prof. Dr.Boese an der Universität Essen, Prof. Billups vonder Rice University und Dr. Norman von der Hal-liburton Company. Sie haben mit Röntgensyste-men von Bruker AXS die Gas-Clathrat-Bildungoder Cokristallisation mit Acethylen untersuchtund wollen dadurch „tiefere Einsichten in dasWechselspiel von starken und schwachen Was-serstoffbrückenbindungen in Mehrkomponent-ensystemen“ erhalten. Zu diesem Zweck habensie mithilfe einer Quarzkapillare das flüssige Ace-ton und das gasförmige Acethylen bei –196 °Ceinkondensiert und anschließend einen Kristallgezüchtet. Prinzipiell lassen sich die Acethylen-Clathrate mit den Methan-Clathraten verglei-

chen, der Unterschied liegt lediglich in der Flüs-sigkeit: Aceton statt Wasser. Beide verfügen überWasserstoffmoleküle, die die Wasserstoffbrü-ckenbindungen im Käfig bilden. Nach der an-spruchsvollen Probenpräparation haben dieseWissenschaftler eine strukturelle Charakterisie-rung der entstandenen Acethylen-Clathrate miteinem SMART1000 CCD-System und der Soft-ware RLATT vorgenommen. Sie gehen so weit,ihre Untersuchungen als neuen Bereich der Rönt-genbeugung zu definieren: „Mit einem Flächen-detektor und entsprechenden Programmen ist essogar möglich, die Kristallstruktur verschiedenergleichzeitig vorliegender Phasen zu lösen. Diesist eine neuartige Methode; wir schlagen vor, siein Abgrenzung zur Pulver- und Einkristalldiffrak-tometrie Oligodiffraktometrie zu nennen.“ Wiewichtig ihre Grundlagenforschung ist, zeigt dieTatsache, dass es sich bisher nicht vorhersagenlässt, welche Substanzen cokristallisieren undwelche nicht. Die Löslichkeit und die Differenzder Schmelzpunkte scheinen eine Rolle zu spie-len.

Diese Forschungen helfen, Bildung und Zerfallvon Gas-Clathraten besser zu verstehen. In allenForschungsfeldern – egal ob auf molekulareroder globaler Ebene – bleibt aber noch eineMenge zu tun, bevor Gas-Clathrate sinnvoll undumweltverträglich als Energieträger genutzt wer-den können. So lange bleibt das „brennende Eis“ein beeindruckender Showeffekt im Chemie-unterricht und ein interessanter Stoff für die For-schung.

Ludger Häming

FORSCHUNG

Brennendes Eis –Methanhydrat alsEnergie der Zukunft

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ruker AXS hat den „2004 Frost & SullivanAward für Marktführerschaft im Röntgen-

diffraktometrie-Markt“ erhalten. Mit dieser Aus-zeichnung würdigt das amerikanische Bera-tungsunternehmen Firmen, die sich in ihrem je-weiligen Bereich durch besondere Innovationen,Marktnähe, Produktqualität und erfolgreicheStrategien auszeichnen.

Zur Auswahl des Preisträgers untersuchen dieAnalysten die Umsätze und Marktanteile der ver-schiedenen Wettbewerber. Dazu führen sieMarktbefragungen durch und bedienen sich um-fangreicher öffentlich zugänglicher Informa-tionsquellen. Schließlich werden die Wettbe-werber verglichen und eingestuft. Die Nummereins erhält den begehrten Frost & SullivanAward.

John Weber, Analyst bei Frost & Sullivan, be-gründet die Entscheidung seines Unternehmenswie folgt: „Bruker AXS erhält unsere Auszeich-nung aufgrund seiner beispielhaften Marktfüh-rerschaft im Röntgendiffraktometrie-Markt (XRD).Bruker AXS ist aber auch in verschiedenen an-deren Bereichen des Marktes für analytische In-strumente führend, wie beispielsweise auf demGebiet der Röntgenfluoreszenz und der Rönt-gen-Kristallographie.“ Er meint weiter: „Die Tech-nologie von Bruker AXS, mustergültig ausgeführtbei ihrem Flaggschiff D8 DISCOVER, vereinigt inbeispielloser Weise „high-speed“ Detektorenund „high-flux“ Optiken. Die neueste Bruker AXSProduktlinie, die SUPER SPEED SOLUTIONS,und das neue NANOSTAR System für Nano-technologie-Anwendungen, wurden als dieschnellsten ihrer Art angekündigt, unerreicht vonallen anderen.“ Er folgert in seinen Ausführun-

gen: „Untersuchungen haben gezeigt, dass Bruker AXS im Jahr 2003 weltweit der größteHersteller von Röntgendiffraktometern war, mitmehr als 30 Prozent Marktanteil. Eine starke Pi-peline mit neuen Technologien und eine starkeMarkenidentität werden die Unternehmensposi-tion im Röntgendiffraktometrie-Markt weiter po-sitiv beeinflussen, zusammen mit der sich ständigerweiternden Bandbreite an Applikationen.“

Die vollständige Pressemitteilung zur Preisverlei-hung finden Sie unter: www.frost.com

B

W W WB R UK E RA X SC O M

„Wer kennt das nicht: Einmal hat man sich imInternet irgendwo registriert, und noch Monatespäter wird man mit unerwünschter Werbungüberschüttet. Zu allem Überfluss hat man oftmalsnoch nicht einmal die gewünschte Informationgefunden. So etwas gibt es bei uns nicht“, dasgarantieren die Webmaster von Bruker AXS Ingrid Tremmel und Pete Steinmetz.

Anstatt einer Werbeflut erhalten registrierte Nut-zer Zugang zu Daten und Informationen aus er-ster Hand. Ob Lab-Reports, Applikationsberich-te, technische Dokumentationen oder Software-Downloads – in diesem Bereich kann jederfündig werden. Mehr als 1500 registrierte An-wender nutzen derzeit den Downloadbereichauf der Bruker AXS Homepage. Die Homepagebietet schnelle Verfügbarkeit rund um die Uhrund einfachen Zugriff auf die benötigten Datenin verschiedenen Sprachen. „Das Internet ist heu-te das wichtigste und schnellste Informationsme-dium. Deshalb sind gerade dann, wenn viele In-formationen verbreitet und verwaltet werdenmüssen, ein schlankes und übersichtliches Inter-face und kurze Downloadzeiten sehr wichtig“,meint Frau Tremmel weiter.

Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht, jährlichgreifen über 200.000 Nutzer auf die Home-page von Bruker AXS zu.

Auf der Website von Bruker AXS fin-den sich jede Menge interessanterInformationen rund um das ThemaRöntgenanalytik. Im Download-Bereich erhalten registrierte Anwenderneueste Informationen, Updates sowieZugang zu Applikationsberichten undLab-Reports.

Wer sich registrierenlässt, kann nurgewinnen

WEBSIDE

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XRD

Frost & Sullivan Award für„Marktführerschaft parExcellence“

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ONSITE

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n den vergangenen Jahren hat sich ein ei-genständiger, neuartiger Forschungsbereich

entwickelt, der sich mit der Welt des Kleinen be-schäftigt: die Nanowissenschaft! Dieser For-schungs- und Entwicklungsbereich befasst sich,nach allgemeinem Verständnis, mit Strukturenund Partikeln der Größenordnung von 1 Nano-meter (1 nm = 1 x 10-9 m) bis zu rund 100 Na-nometern. Das typische Betätigungsfeld in derNanotechnologie reicht also von zirka 8 Atom-lagen (~1 nm) bis hin zu Abmessungen imMikrometerbereich. Allein dieser große Dimen-sionsbereich macht deutlich, dass sich mit derNanowissenschaft mittlerweile ein interdiszipli-näres Forschungsgebiet etabliert hat, das sich mitGrundlagen und Technologien beschäftigt, diedie klassischen Bereiche von Physik, Chemie,Medizin, Biologie und Materialwissenschaftüberschreiten und gleichzeitig verbinden. Durchdie spektakulären Entdeckungen und die großewirtschaftliche Relevanz hat sich ein Themen-komplex eröffnet, der in nahezu jedem Industrie-und Forschungszweig eine große Rolle spielt.Deshalb ist es auch so schwer, den Begriff„Nano“ einzuordnen oder abzugrenzen.

Eine Art der Unterteilung der Nanotechnologieist die Kategorisierung nach dem Herstellungs-prinzip. Prof. Dr. Jörg Kotthaus, Mitbegründerdes Center of NanoScience an der Ludwig-Ma-ximilians-Universität München, meint hierzu: „Er-schlossen wurde dieses Forschungsgebiet einer-seits durch die ständige Verfeinerung vorwie-gend physikalischer Herstellungsmethoden ineiner Top-down-Strategie im Umfeld der Mikro-elektronik, die es heute auf der Basis lithografi-scher Verfahren erlaubt, verschiedenste Materi-alien gezielt bis herunter zu Abmessungen vonwenigen Nanometern zu gestalten. Andererseitsgestatten chemische Verfahren es zunehmend,gezielt komplexe Moleküle bis hin zu makromo-lekularen Einheiten herzustellen, und geben unsso einen Bottom-up-Zugang zu nanoskaligenSystemen.“ Viele der Top-down-Verfahren zurHerstellung nanoskaliger Strukturen sind derzeitmit hohem technischen Aufwand verbunden und

noch nicht im industriellen Maßstab anwendbar.Wohingegen vor allem Bottom-up-Verfahren –das Zusammensetzen von Systemen aus einzel-nen Bausteinen – in etlichen Bereichen der In-dustrie bereits heute sehr erfolgreich zur Syn-these neuartiger Materialien genutzt werden.

Vorbild für perfektes Bottom-up ist wie so oft Mut-ter Natur. Dort findet man zwei der wichtigstenBottom-up-Prinzipien: die Selbstorganisation unddie Biomineralisation. Die Selbstorganisation(Zusammenlagerung von molekularen Baustei-nen zu wohlgeordneten Einheiten) bestimmt letzt-endlich den gesamten Ablauf des Lebens – egalob Kristallisation, Makromolekülbildung, Pro-teinfaltung oder Zellmembranbildung. DiesesPrinzip besitzt eine essenzielle Funktion bei ei-nem der wichtigsten Herstellungsverfahren na-türlicher Materialien: dem Wachstum. Bei demzweiten Bottom-up-Prinzip, der Biomineralisa-tion, werden anorganische Mineralien, zum Bei-spiel zur Verstärkung des zellulären Materials inKnochen, in das natürliche Material eingebun-den. Technisch versucht man bei der Biominera-lisation biomimetisch oder mithilfe von Biomole-külen die Bedingungen bei der Bildung von an-organischen Kristallen wie Form, Größe,Orientierung oder Modifikation zu kontrollierenund für technische Anwendungen nutzbar zu ma-chen.

Da die Selbstorganisation und die Biominerali-sation nahezu alle natürlichen Materialherstel-lungsprozesse steuern, ist eine wichtige Stoß-richtung der Nanowissenschaft klar vorgege-ben: biologische Phänomene verstehen unddaraus Nanofabrikationstechniken entwickeln.Das Verständnis und die Kontrolle der „biologi-schen“ Fabrikationsverfahren ist aber nicht nurwegen ihrer universellen Relevanz von größterBedeutung, sondern auch wegen ihrer unver-gleichlichen Effizienz. In der Art der Herstellungund der Konstruktion sowie in der geringen Zahlan verwendeten Elementen macht Mutter Naturso leicht niemand etwas vor.

Nanostruktur – VonMutter Natur lernenDurch gezielte Strukturierung bringt die Natur Materialien mit erstaunlichenEigenschaften hervor. Wissenschaftler lernen von Mutter Natur und versuchenmit biomimetischem Design neue Werkstoffe, Materialien und Technologien zuentwickeln.

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MATERIALWISSENSCHAFT

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nokomposits (wie Textur der organischen Matrixsowie Größe, Form, Ausrichtung, Menge und Zu-sammensetzung der eingelagerten Nanoparti-kel) mit jener des zellulären Materials (Größe,Dicke und Anordnung der Trabekel) in Verbin-dung zu bringen. Das gelingt durch die Kombi-nation verschiedener physikalischer Messme-thoden, die mehrere hierarchische Ebenengleichzeitig erfassen. Einen wesentlichen Fort-schritt brachten Raster-Röntgenbeugungsmetho-den.“ Professor Fratzl konnte über Nanografie-untersuchungen mit seinem NANOSTAR vonBruker AXS unter anderem nachweisen, dass dieAusrichtung der Nanopartikel mit der Trabekel-architektur und letztendlich mit der äußeren Be-lastung korreliert. Aus seinen Untersuchungendes „optimierten teilchenverstärkten Polymer-materials“ Knochen und der Beziehungen dereinzelnen Hierarchieebenen zueinander erhof-fen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse bei derErforschung von Knochenkrankheiten wie Osteo-porose.

Anhand des Forschungsbeispiels „Knochen“lässt sich einerseits sehr schön die Bedeutung derNanostruktur für die Gesamtkonstruktion ver-deutlichen – die Bedeutung des Kleinen für dasGroße. Andererseits bringt die Brücke zwischenMaterialforschung, Molekularbiologie und Me-dizin klar den Charakter der Nanowissenschaftals interdisziplinäres Forschungsfeld zum Aus-druck.

Es gibt für das Thema „Nano“ sehr viele Bei-spiele, aber so unterschiedlich die Themen im Ein-zelnen auch sind, egal ob Grundlagenforschungoder Technologieentwicklung, gilt es die Brückezwischen Bio und Nano zu schlagen. Denn dieNanogemeinde beschäftigt sich entweder mitder Anwendung von biologischen Herstellungs-verfahren und prinzipieller Funktionsweisen auftechnische Applikationen nach dem Motto„Bio2Nano“ oder mit der umgekehrten Richtung„Nano2Bio“. Also mit dem Einsatz von Nano-technologie zur Herstellung und Untersuchungbiologischer Systeme, hauptsächlich im BereichLife- und BioScience.

Auch wenn das Thema Nanorobotik technischnoch in weiter Ferne liegt, werden wir uns in ei-ner der nächsten Ausgaben dem Thema„Nano2Bio“ widmen.

Lutz Brügemann

Weitere wichtige Erkenntnisse erhoffen sich Wis-senschaftler vom Verständnis verschiedener bio-logischer Materialien und komplexer Gewebe.„Die Bauprinzipien dieser Gewebe, ihre Eigen-schaften und ihre Funktionen liefern für die Ma-terialwissenschaft wichtige Erkenntnisse, die sichfür „biomimetisches“ Design von neuen Werk-stoffen einsetzen lassen. Anstatt viele (teure)Grundstoffe zu verwenden, kommt die Natur fürden Großteil ihrer Materialien mit relativ weni-gen Grundelementen aus, die gezielt strukturiertwerden. Die meisten dieser Prinzipien sind nochunbekannt oder physikalisch unverstanden undbieten ein noch kaum erkundetes Betätigungs-feld für den Materialphysiker“, so beschreibtProf. Dr. Peter Fratzl sein Arbeitsgebiet. Profes-sor Fratzl ist Direktor am Max-Planck-Institut fürKolloid und Grenzflächenforschung in Potsdamund befasst sich mit der Erforschung von Bio-materialien. Der Zusammenhang zwischen(Nano-)Strukturen sowie mechanischen Eigen-schaften komplexer Materialien und biologi-scher Strukturen ist einer seiner Forschungs-schwerpunkte. Für Fratzl liegt der Unterschiedzwischen natürlichen und künstlichen Materia-lien hauptsächlich in der Herstellungsart.

Er beschreibt vier Kennzeichen von biologischenWerkstoffen, die natürliche und künstliche Ma-terialien unterscheiden. Erstens sind natürlicheMaterialien in der Lage zu wachsen. Physika-lisch lässt sich dieser Prozess der Selbstorgani-sation als Phasenumwandlung beschreiben.Zweitens sind fast alle Bio-Werkstoffe hierar-chisch aufgebaut, die Grenzen zwischen Kon-struktion und Werkstoff schwinden. Drittes Kenn-zeichen der natürlich hergestellten Materialienist die Funktionsoptimierung durch geeigneteStrukturierung über alle Hierarchieebenen hin-weg. Die mechanische Qualität eines Knochenslässt sich beispielsweise nicht ohne die Berück-sichtigung aller Hierarchieebenen verstehen. ImVergleich dazu werden technische Konstruktio-nen meist nicht durch Strukturierung, sonderndurch die unterschiedliche Werkstoffauswahloptimiert. Schließlich sind biologische Materia-lien in der Lage, sich geänderten Bedingungenanzupassen und sich zu regenerieren – dies wä-ren Merkmale „intelligenter“ Werkstoffe.

Neben den Naturmaterialien Holz und Zähnehaben die Materialphysiker um Professor Fratzlauch umfassend und ganzheitlich die Strukturvon Knochen untersucht. Sie konnten – wie be-reits bei Holz und Zähnen – nachweisen, dasses sehr wichtig ist, „die Beschaffenheit des Na-

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Spongiosa 10 mm

Trabekel 500 µm

Lamellen-Struktur 20 µm

Kollagen-Fibrillen 200 nm

Mineralische Kristalle 10 nm

Wirbelknochen 5 cm

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ONSITE

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Links ist dort, wo derDaumen rechts istOriginal und Spiegelbild von Molekülen gleichen sich wie ein Ei dem anderen –oder auch nicht. Die Händigkeit von Molekülen ist entscheidend für die physiolo-gische Wirksamkeit. Mit der Einkristalldiffraktometrie gelingt es, dieseHändigkeit direkt zu bestimmen.

EINKRISTALLDIFFRAKTOMETRIE

ie Abfolge der Finger an rechter und lin-ker Hand – vom kleinen Finger bis zum

Daumen – ist identisch. Und doch sind die bei-den Hände unterschiedlich, sie verhalten sich wieBild und Spiegelbild. Dieses Phänomen der Hän-digkeit ist aus dem Physikunterricht bekannt. Mandenke nur an das Thema linkshändiges oderrechtshändiges Koordi-natensystem. Wenigerbekannt ist, dass auchMolekülstrukturen eineHändigkeit aufweisenkönnen, die so genann-te Chiralität. Dann ist dieAbfolge der Atomezwar identisch, die drei-dimensionalen Struktu-ren entsprechen aberBild und Spiegelbild.Bei Molekülen, die alsWirkstoffe in Pharma-zeutika eingesetzt wer-den, ist diese Tatsachevon zentraler Bedeu-tung. Denn die Wirk-stoffe sollen im Körpermeist an bestimmte Rezeptoren andocken unddabei wie ein Schlüssel in ein Schlüsselloch pas-sen. Ein spiegelverkehrter Schlüssel wird be-stenfalls nicht funktionieren, schlimmstenfallskann er sogar schädigend wirken. Die absoluteStruktur von solchen spiegelbildlichen Molekül-

oder Enantiomerenpaaren muss daher unbe-dingt direkt aufgeklärt werden. Die einzige Me-thode, mit der dies zweifelsfrei gelingt, ist die Ein-kristalldiffraktometrie.

Eine allgemein bekannte chirale Verbindung istdas Adrenalin. Seine Wirksamkeit hängt stark

von der Händigkeit des Moleküls ab. Der eineVertreter des Enantiomerenpaares ist biologisch10-fach aktiver als sein Spiegelbild. Adrenalinwird nicht nur vom Körper selbst ausgeschüttet,sondern ist auch in verschiedenen medizinischenPräparaten enthalten. Genau wie in der Natur

wird auch das künstliche Adrenalin appliziert,um die Stoffwechselfunktionen im Körper zu stei-gern und anzuregen. Dabei muss unbedingt si-chergestellt sein, dass nur das Adrenalin mit derrichtigen absoluten Struktur verabreicht wird.Anderenfalls wäre der Wirkstoff im Extremfall 10-fach über- oder unterdosiert. Das verabreichte

Präparat muss für die An-wendung also unbedingtvollkommen enantiome-renrein sein, sonst kann eszu schweren Komplika-tionen kommen.

Chemiker versuchengrundsätzlich, Synthese-wege zu entwickeln, dieso gut wie möglich zurProduktion eines einzi-gen Enantiomeres führen.Dies gelingt nicht immer,sodass bei der Synthesemitunter ein Enantiome-rengemisch entsteht. Sol-che Gemische müssendann aufwändig und kos-

tenintensiv getrennt werden, um schließlich denenantiomerenreinen Wirkstoff zu erhalten. Dieumfassende Charakterisierung eines Wirkstoffsbeinhaltet auch immer die Ermittlung der abso-luten Strukturen.

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M.C. Escher’s Drawing Hands ‘ 2004

Holland. All rights reserved.

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Welch fatale Folgen das falsche Enantiomer ha-ben kann, hat der Skandal rund um den Wirk-stoff Thalidomid drastisch vor Augen geführt. Beidiesem so genannten Contergan-Skandal hattenur eine Form des Thalidomids die fruchtschädi-gende Wirkung. Mehr dazu siehe Seite 22: „Leh-ren aus dem ConterganSkandal“.

Das Phänomen der Chi-ralität wurde bereits1848 von Louis Pasteurentdeckt. Seine Beob-achtungen waren Mei-lensteine der Kristallo-grafie und von bahn-brechender Bedeutung.Er erkannte, dass Na-trium-Ammoniumtartratzwei leicht unterschied-liche Kristallgestaltenausbildet. Optisch sinddie beiden Kristallfor-men einfach zu sortie-ren. Werden die sepa-rierten Kristalle wiederin Wasser aufgelöst, las-sen sich die Enantiomere indirekt nachweisen, in-dem man mit polarisiertem Licht die Rechts- be-ziehungsweise Linksdrehung der Polarisations-ebene belegt. Weitere Untersuchungen odergenauere Strukturbestimmungen waren zu Pas-teurs Zeiten nicht möglich.

1951 konnte Johannes M. Bijvoet aus Utrechterstmalig, eine absolute Struktur ermitteln. In sei-nem Röntgenbeugungsexperiment am Natrium-Rubidium-Tartrat gelang es ihm, aus minimalenIntensitätsunterschieden in den Signalen dieHändigkeit des Tartrats aufzuklären. Zu seinenEhren findet man in der Literatur die nach ihm be-

nannten Bijvoet-Paare.

Eine wichtige Anforderung an ein modernes Ein-kristalldiffraktometer besteht in dem präzisen Er-mitteln genau dieser Bijvoet-Paare. Mit Systemen

wie dem KAPPA APEX II von Bruker AXS ist dieskeine große Herausforderung mehr. Bereits beiorganischen Molekülen, die nur ein Silizium-,Phosphor- oder Schwefelatom enthalten, liefertdas Experiment unter Verwendung von Molyb-dänstrahlung die Intensitätsunterschiede der Bji-voet-Paare sehr präzise. Bei rein organischen

Substanzen, die nurleichte Elemente wie Koh-lenstoff, Wasserstoff undSauerstoff enthalten,wird in der Regel Kupfer-strahlung eingesetzt. DieStrukturverfeinerung mitder SHELXTL-Softwareschließt sich nahtlos andie Messung an, und dieHändigkeit wird automa-tisch verifiziert.

Mit den hochmodernenSystemen von BrukerAXS ist die routinemäßi-ge Untersuchung vonchiralen Molekülen nichtnur im Forschungslabor,

sondern auch in der Prozesskontrolle ohne be-sonderen Aufwand möglich.

Eric Hovestreydt

WWW.BRUKER-AXS.DE

ON SITE 2004/2005 21

Links ist dort, wo derDaumen rechtsistOriginal und Spiegelbild von Molekülen gleichen sich wie ein Ei dem anderen –oder auch nicht. Die Händigkeit von Molekülen ist entscheidend für die physiolo-gische Wirksamkeit. Mit der Einkristalldiffraktometrie gelingt es, dieseHändigkeit direkt zu bestimmen.

EINKRISTALLDIFFRAKTOMETRIE

Chirale Molekülstruktur von Adrenalin

The M.C. Escher Company - Baarn -

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ONSITE

ON SITE 2004/2005

ls im Jahr 1957 das Wirtschaftswunder-Unternehmen Chemie Grünenthal ein neu-

es Medikament auf den Markt bringt, winken gol-dene Zeiten. Das Medikament heißt Conterganund enthält den Wirkstoff Thalidomid. Es wird alsvöllig harmloses Schlaf- und Beruhigungsmittelgepriesen – aus heutiger Sicht auf geradezuschamlose Weise. Ausschnitte aus der Conter-gan-Reklame: „Ruhe und Schlaf zu fördern ver-mag Contergan. Dieses gefahrlose Medikamentbelastet den Leber-Stoffwechsel nicht … und wirdauch von empfindlichen Patienten gut vertra-gen.“ In einer 1958 versendeten Broschüre heißtes weiter: „Die Gabe eines Sedativum-Hypnoti-kums, das weder Mutter noch Kind schädigt, istoft notwendig. Ein Arzt hat vielen Patientinnen inseiner gynäkologischen Abteilung und in seinergeburtshilflichen Praxis Contergan und Conter-gan forte gegeben.“

Die Bilanz: Ungefähr 15.000 Föten wurdendurch Thalidomid schwer geschädigt. Rund12.000 Kinder in 46 Ländern wurden mit Thali-domid-Schäden geboren. Nur 8.000 überleb-ten das erste Lebensjahr. Die Überlebenden er-litten zum Teil schwerste Defekte und Missbil-dungen.

Angesichts der Zahlen ist man fassungslos undstellt sich die Fragen: War diese menschliche Tra-gödie wirklich unvermeidbar, was ist passiert,und wurden Lehren aus dem Skandal gezogen?

Die Frage, was passierte, ist relativ leicht zu klä-ren. Der Wirkstoff Thalidomid kommt in zwei For-men vor. Eine diese beiden Formen, das S-Iso-mer, ist fruchtschädigend und verursacht dieschweren Defekte. Die Präparate enthielten einGemisch beider Formen. Aber selbst wenn nurdie unbedenkliche Form, das R-Isomer, verab-reicht worden wäre, hätten diese Schädigungennicht verhindert werden können. Denn innerhalb

von wenigen Stunden überführt der menschlicheKörper das R-Isomer ohnehin in ein Gemisch ausR- und S-Isomer.

Ende 1961 wurde Contergan auf Druck der Pres-se vom deutschen Markt genommen. Es dauer-te noch weitere anderthalb Jahre, bis unter an-derem auch die japanischen Behörden reagier-ten. 1968 wurden sieben Mitglieder desUnternehmens Grünenthal vor Gericht gestellt.Im Zuge des Prozesses kam heraus, dass Unter-lagen von Grünenthal „verschwunden“ waren,diverse Tests nicht vorschriftsmäßig durchgeführtund Ergebnisse gefälscht wurden. Das Schlimms-te an dem Skandal war aber, dass bereits An-fang 1960 aus aller Welt Schädigungen ge-meldet wurden und das Unternehmen massiv ver-suchte, diese Informationen zu vertuschen. Fastzwei Jahre lang reagierten weder Unternehmennoch Behörden noch Ärzteschaft, bis schließlichEnde 1961 auf Druck der Presse das Unterneh-men sein Produkt vom Markt nehmen musste.

Die Tragödie wäre vermeidbar gewesen, wennsich das Unternehmen und die Verantwortlichenwissenschaftlich und ethisch korrekt verhaltenhätten. Rechtlich zog ihr Verhalten aber keineKonsequenzen nach sich, denn offenbar hattedas Unternehmen gegen keine damals gültigengesetzlichen Regelungen verstoßen. Als Folgekam es zu einer umfassenden Neuregelung desdeutschen Arzneimittelgesetzes und zu einer Ge-setzesnovelle in den USA, den Kefauver-Harris-Amendments.

Die Lehren aus dem Skandal sind gezogen, undin nahezu allen Ländern wurden entsprechendeGesetze erlassen. Aber die Einhaltung der Re-geln, von der Entwicklung bis hin zu klinischenStudien, muss kontrolliert werden, denn nur sokann die Einhaltung der Qualitätsstandards gewährleistet werden. In diesem Sinne sind dieGesetze und Verordnungen der GxP und der 21 CFR Part 11 eine absolute Notwendigkeit.Bruker AXS hat seine Mitarbeiter speziell in die-ser Thematik ausgebildet und alle technischenVoraussetzungen dafür geschaffen, dass Unter-nehmen der regulierten Industriebereiche mit zer-tifizierten Bruker AXS-Produkten nach diesen Re-geln arbeiten können.

Arnt Kern

Lehren aus demContergan-SkandalWarum allgemein gültige Regeln wichtig sind. Bruker AXS ermöglicht GxP und21 CFR Part 11-konforme Arbeit.

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PHARMAZIE

Verpackung von 1958

Chirale Molekülstruktur von Thalidomid

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tellen wir uns einmal folgendes Szenariovor: Während des wohlverdienten Urlaubs

eines Laborleiters muss im Labor eine Reparaturan einem Analysegerät durchgeführt werden. Inderen Verlauf wird die komplette Anlage ge-wartet und ohne Rücksprache die neueste Soft-ware installiert. Der zufällig anwesende Prakti-kant hat den Arbeitsbericht des Servicetechnikersunterschrieben und sich erklären lassen, wie dieneue Software funktioniert, ansonsten gibt es jadas Handbuch. Als der Laborleiter aus dem Ur-laub zurückkommt, erhält er als Erstes einen wü-tenden Anruf vom Produktionsleiter, der sich übereine unbrauchbare Charge beschwert und denLaborleiter fragt, ob er für die Analyseergebnissedie Hand ins Feuer legen kann …

Übertrieben? Vielleicht, aber es führt uns dras-tisch vor Augen, was passieren kann, wenn die„Kontrolle der Kontrollinstanz“ im Unternehmennicht etabliert ist.

Zweites Szenario: In einem Patentrechtsstreit miteinem seiner ärgsten Konkurrenten geht es da-rum, dass ein Unternehmen eine Vorbenutzungnachweisen kann, denn die Entwicklungsabtei-lung hat bereits vor drei Jahren ein Produkt mitgenau dieser Funktionsweise entwickelt. Aller-dings wurde dieses Produkt niemals realisiert,aber man hat ja alle Projektdaten noch auf Da-tenträger. Das Patentgericht erkennt aber die Da-teien nicht an, da diese jederzeit hätten mani-puliert werden können. Kein Problem, denn derdamalige Kunde hat ja alle Duplikate, Faxe undAusdrucke bekommen. Dummerweise gibt esdiesen Kunden aber nicht mehr …

Konstruiert? Keinesfalls, denn im Streit um lukra-tive Patente gilt es, Behauptungen unzweifelhaftzu beweisen!

Was haben diese Beispiele jetzt mit „GxP“ und„21 CFR Part 11“ zu tun? Ganz einfach: Der ers-te Fall wäre schlicht und einfach unmöglich, undder zweite Fall würde ganz klar zugunsten desVorbenutzers entschieden.

Das erste Szenario befasst sich mit der Verifizie-rung, den Wartungsintervallen und der Kalibrie-rung von analytischen Systemen. Regulierte In-dustriezweige müssen sämtliche Änderungen,Wartungen und Rekalibrierungen dokumentie-ren. Es dürfen nur nachweislich geschulte Mitar-beiter an den Systemen arbeiten. Jede Änderungvon Einstellungen wird den Verantwortlichen mit-geteilt. Jede Änderung eines Prozessschrittes be-darf der Verifizierung und Freigabe durch die be-troffenen Abteilungen. Damit ist sichergestellt,dass keine Veränderungen ohne Wissen und Zu-stimmung der verantwortlichen Personen erfol-gen. Nur so ist garantiert, dass auf die Analyse-daten absoluter Verlass ist. Bruker AXS bietet sei-nen Kunden sowohl zertifizierte Produkte alsauch auf diese Aufgabe abgestimmte Softwareund Unterstützung bei der Implementierung so-wie umfassende Beratung in diesem Bereich.

Das zweite Szenario befasst sich mit der Au-thentizität und Integrität elektronischer Daten undSysteme. Entsprechend der Bestimmungen für re-gulierte Industriezweige müssen alle elektroni-schen Dokumente und Daten vor Fälschungenund Manipulationen geschützt werden. Es müs-

sen sich jederzeit alle Zustände einer Datei re-konstruieren und Veränderungen komplettnachverfolgen lassen. Mit dem SoftwarepaketDIFFRACplus BASIC Part 11 erhält der Anwen-der ein Produkt, das alle Voraussetzungen zur„21 CFR Part 11“-konformen Arbeit bietet.

Sicher kann man Verordnungen und Gesetzeaus regulierten Industriezweigen nicht eins zueins auf andere Bereiche übertragen. Allerdingsist es für die Qualitätssicherung ohne Belang, obdas Labor nun Tabletten, Wafer oder Stahlträ-ger untersucht; der Prozess ist im Wesentlichender gleiche. Deshalb ist es nur eine Frage derZeit, bis ähnliche Regeln auch in andere Indus-triezweige Eingang finden. Mit Systemen vonBruker AXS sind alle Anwender für die Quali-tätsanforderungen von heute und morgen bes-tens gerüstet.

Arnt Kern

Wie können Gesetze derPharmaindustrie die Qualitätim Stahlwerk verbessern?

Für die Bio- und Pharmaindustrie gelten strenge Gesetze und Verordnungen.Von dem US-Regelwerk der „GxP“ und „21 CFR Part 11“ können auch andereIndustriezweige profitieren. Die Systeme von Bruker AXS sind hierfür bestensgerüstet.

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QUALITÄTSMANAGEMENT

WWW.BRUKER-AXS.DE

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ONSITE

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EINKRISTALLDIFFRAKTOMETRIE

er APEX II ist das jüngste Mitglied der er-folgreichen CCD-Detektorfamilie von

Bruker AXS. Als vor zehn Jahren der preisge-krönte SMART-Detektor der Fachwelt vorgestelltwurde, war bereits deutlich, wie sehr diese CCD-Technologie die Arbeitswelt der Kristallografenverändern würde. Seitdem wurden weltweitmehr als 600 CCD-Detektoren von Bruker AXSin Betrieb genommen. Als State-of-the-art-Tech-nologie decken sie heute den gesamten Bereichder Strukturaufklärung von kleinsten Verbindun-gen bis zu hochkomplexen Proteinstrukturen ab.

Das zentrale Element eines jedenCCD-Detektors bildet ein CCD-Chip. Mit ihm lässt sich, wie auchmit jeder digitalen Fotokamera,sichtbares Licht erfassen. Um die-se Technik für hochenergetischesRöntgenlicht einsetzen zu kön-nen, müssen die Röntgenquantensichtbar gemacht werden. Dazudient ein spezieller Quantenkon-verter an der Frontseite des De-tektors. Mitte der Neunzigerjah-re waren CCD-Chips noch aufdie Größe von 2,6 x 2,6 cm be-schränkt. Diese Größe reicht fürden direkten Einsatz als Rönt-gendetektor nicht aus. Das De-sign der SMART-Detektoren derersten und zweiten Generationnutzte daher eine Optik, um einzweieinhalbmal größeres Beu-gungsbild auf dem Chip abzu-bilden. Diese reduzierende Glasfaseroptik be-steht aus mehr als 7 Millionen Einzelfasern. Mitder nächsten Generation und der Integration ei-nes sehr großen Chips – 6,2 cm Kantenlänge –gelang es Bruker AXS, die Glasfaseroptik über-flüssig zu machen. Seit der Einführung 1999 istdiese Technologie des APEX-Detektors uner-reicht.

Fünf Jahre später bringt Bruker AXS den APEX II-Detektor auf den Markt. Dr. Roger Durst, ProductLinemanager SCD und Geschäftsführer bei Bru-ker AXS, erläutert, warum der APEX II seine Vor-gänger noch übertrifft: „Bereits der erste APEX-Detektor basierte auf dem neuartigen Konzept,ohne reduzierende Glasfaseroptik das Beu-gungsbild direkt auf den sehr großen CCD-Chipabzubilden. Dieses Design ist richtungsweisendund ermöglicht die Produktion des lichtstärkstenCCD-Detektors am Markt – außerdem ist damitauch die Verzerrungskorrektur für die Glasfa-

seroptik eliminiert. Der neue Chip des APEX II bietet herausragende Eigenschaften, ein exzel-lentes Rauschverhalten, hohe Empfindlichkeitund einen großen dynamischen Bereich. In Kombination mit der völlig neu entwickeltenAusleseelektronik garantiert der APEX II einedeutlich gesteigerte Gesamtperformance.“

Diese Fähigkeiten schaffen die Voraussetzungdafür, wissenschaftliche Fragestellungen anzu-gehen, die bisher nicht zu lösen waren, beispielsweise Proben, die extrem lange Belich-tungszeiten erfordern. Selbst bei solchen Appli-kationen ermöglicht das verbesserte Rausch-verhalten des APEX II die Detektion signifikanterNutzsignale. Sein großer dynamischer Bereichkommt besonders zur Geltung, wenn es darumgeht, schwache Signale gleichzeitig mit starkenakkurat zu erfassen. Chefentwickler Dr. Tim Thor-son betont: „Die neue Ausleseelektronik des

APEX II erlaubt die vier Ausle-sekanäle mit 1MHz Taktung zubetreiben. Uns war es wichtig,die Auslesegeschwindigkeitum den Faktor drei zu erhöhen.Wann immer es um High-Throughput-Experimente gehtoder um Spezialanwendun-gen, ist dies ein echter Vorteilfür den Kunden.“ Der neue De-tektor kommt derzeit standard-mäßig bei zwei Einkristalldif-fraktometern zum Einsatz: demSMART APEX II mit 3-Achsen-Geometrie und dem KAPPAAPEX II mit seinem flexiblen 4-Achsen-Kappa-Goniometer.

Im Laufe der vergangenenzehn Jahre hat sich die Soft-ware im Bereich der Einkristall-diffraktometrie enorm weiter-entwickelt. Zum einen hat die

Software dem Anwender Stück für Stück Arbeitabgenommen, sodass mittlerweile Strukturunter-suchungen im Routinebetrieb gemacht werdenkönnen. Zum anderen sind für komplexe Frage-stellungen völlig neue Softwaremodule entwi-ckelt worden. Aufgrund dieser Module stellt esbeispielsweise heutzutage keine wirkliche He-

Eine zehnjährige Erfolgs-geschichte findet ihreFortsetzungDurch die Einführung des SMART CCD Detektor im Jahre 1994 hat Bruker AXSdie Einkristalldiffraktometrie grundlegend verändert. Nach einer zehnjährigenErfolgsgeschichte kommt mit dem APEX II die vierte Detektorgeneration auf denMarkt. Gleichzeitig geht Bruker AXS mit einer völlig neu konzipierten Software-Suite an den Start.

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Größter derzeit lieferbarer „Scientific-Grade-CCD-Chip“ im APEX II

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rausforderung mehr dar, „verzwillingte Einkris-tallproben“ erfolgreich zu bearbeiten, in der Ver-gangenheit war dies nur einer spezialisierten Ex-pertengruppe möglich. Ähnliches zeichnet sichderzeit auf dem Spezialgebiet „inkommensu-rabler Strukturen“ ab, auch hierfür beinhaltet dieSoftwarelösung von Bruker AXS die notwendi-gen Funktionalitäten.

Die neue Software-Suite führt den Anwenderdurch einen klar strukturierten Arbeitsablauf, vomStart des Experiments bis zum abschließendenVerfassen des Ergebnisberichts. Die Programm-module fügen sich nahtlos ineinander, könnenaber auch einzeln eingesetzt werden. SämtlicheEingabemasken wurden in Bezug auf Benutzer-freundlichkeit vollkommen überarbeitet. Auch inder Darstellung werden, wo immer sinnvoll, Zah-lenwerte in aussagekräftigen Grafiken präsen-tiert. Um im Laboralltag bei einer großen Fülleunterschiedlichster Proben den Überblick zu be-halten, werden alle Projekte automatisch in einerDatenbank verwaltet.

In den zehn Jahren seit der Markteinführung derCCD-Detektor-Technologie hat die Einkristalldif-fraktometrie einen riesigen Schritt nach vorne ge-macht. Bruker AXS war von Anfang an der Mo-tor dieser Entwicklung. Mit dem APEX II-Detektorund der dazugehörigen Software-Suite wird dieserneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Susan Byram

WELTREKORD

Oxidstruktur von Mo2P4O15 mit 441 Atomen gelöst! Ein Forscherteam aus Durham fand die Struktur mittels„Einkristallsystem“ und „Pulversoftware“von Bruker AXS. Wie DIFFRACplus TOPASder Brückenschlag gelingt. Was leistet dieSoftware im Bereich Einkristall-strukturanalyse?

„Mo2P4O15 – Wurde die komplexeste Oxid-struktur mit der Einkristallmethode gelöst?“ Die-se Frage stellten die Autoren ihrer jüngsten Ver-öffentlichung in der britischen FachzeitschriftChemComm*) voran, und die Antwort lautet:„Jein“.

Gewöhnlich werden komplexe chemische Struk-turen aus Einkristallröntgendaten mittels „direkterMethoden“ bestimmt. Das Forscherteam von derUniversität Durham hat die hochkomplexe Oxid-struktur von Mo2P4O15 – mit sage und schreibe441 Atomen – jedoch mithilfe von DIFFRACplus

TOPAS geknackt. Das ist umso erstaunlicher, alsdiese Software eigentlich für die Interpretationvon Pulverbeugungsdaten entwickelt wurde.

Die Summenformel Mo2P4O15 lässt zunächstkeine komplizierte Festkörperstruktur vermuten.Außerdem wurde bereits 1992 die Struktur, mit11 Atompositionen, publiziert. Die aktuelle Ar-beit aus Durham zeigt jedoch, dass die tatsäch-liche Struktur weitaus komplexer ist. „Die Schwie-rigkeiten, die bei dem Versuch der Rietveldt-Anpassung der Pulverdiffraktometriedaten auf-traten, haben uns ermutigt, die bereits veröffent-lichte Struktur erneut zu untersuchen“, so be-schreiben die Entdecker der tatsächlichen Struk-tur ihre Motivation, sich dieser scheinbargelösten Aufgabe erneut zu widmen. Neben Sa-hah E. Lister waren Ivana Radosavljevic Evans,Judith Howard, Alan Coelho und John Evansmaßgeblich an dem Forschungsergebnis betei-ligt. Bisher ist allgemein bekannt, dass Oxid-strukturen mitunter Überstrukturen aufweisen, so-

dass sie nur als sehr komplexe Gebilde richtigbeschrieben werden können. Die Größe derÜberstruktur von Mo2P4O15 überrascht abertrotzdem: Sie besteht aus 441 unabhängigenAtomen. Das neue Modell ist also um mehr alsdas 40-Fache komplexer als das ursprünglicheModell aus dem Jahr 1992.

Wie gelang dem Forscherteam diese überra-schende Neuentdeckung? Es wurden 450.000Reflexe eines winzigen Einkristalls (86 x 86 x200 µm) mit einem SMART 6000 Detektor ge-messen und deren Intensitäten integriert. Bis hier-her handelt es sich um ein völlig normales Ein-kristallexperiment mittels eines typischen Sys-tems. Zur Strukturlösung verließen die Forscherdann aber die Einkristallwelt. DIFFRACplus TO-PAS, das Flaggschiff für die Strukturlösung ausPulverdaten, kam bei der Auswertung der Ein-kristalldaten zum Einsatz. Problemlos knackte diePulversoftware von Bruker AXS die Überstrukturund lieferte alle 441 Atompositionen. In Durhamist damit ein bemerkenswerter Brückenschlagzwischen den beiden Methoden Pulver- und Ein-kristalldiffraktometrie gelungen. Dieser Ansatz istvielversprechend, denn gerade im Bereich deranorganischen Chemie kann die Strukturlösungaus Einkristalldaten die Anwender immer wiederauf eine harte Probe stellen. Die Auswertung mitDIFFRACplus TOPAS ist offensichtlich eine wich-tige Bereicherung.

Es bleibt interessant, welche weiteren Erfolgs-meldungen in punkto „TOPAS in der Einkristall-diffraktometrie“ demnächst zu vermelden sind. Michael Ruf

Brückenschlag

*) Chem Commun., 2004, (22), 2540-2541

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ONSITE

ON SITE 2004/2005

eramische Werkstoffe werden in vielen Be-reichen der modernen Industrie hoch ge-

schätzt. Sie kommen zum Einsatz, wenn Metallean ihre Einsatzgrenzen stoßen und Bauteile sehrhohen thermischen, mechanischen oder chemi-schen Belastungen ausgesetzt sind. Absolut un-verzichtbar aber sind die keramischen Werk-stoffe bei industriellen Hochtemperaturprozes-sen, also bei der Produktion von Grundstoffenwie Stahl, Zement, Glas und Nichteisenmetallenoder bei der Energiegewinnung. Bei diesen Her-stellungsprozessen herrschen nicht nur in punktoTemperatur extreme Bedingungen. Auch durchaggressive Medien, durch Abrasion oder durchMaterialdehnung werden die technischen Anla-gen auf das Äußerste beansprucht. Zum Schutzder Aggregate und Öfen werden diese deshalbmit speziell auf den Prozess abgestimmten feu-erfesten Materialien ausgekleidet, die Tempera-turen von über 1800 °C standhalten.

So unterschiedlich die Anwendungen sind, sounterschiedlich müssen auch die Zusammenset-zungen dieser Feuerfestmaterialien sein. Je nachAnwendungsfall und Beanspruchung werdengeformte und ungeformte feuerfeste Produkteaus speziellen Rohstoffen maßgeschneidert. Da-bei ist, unter anderem, die chemische Analyse so-wie die Zusammensetzung des Produktes in ho-hem Maße mitverantwortlich für die Haltbarkeitder Auskleidung.

Ein Beispiel für hohe Ansprüche an die thermi-sche Belastungsfähigkeit der Anlagen ist dieStahlproduktion. Stahl schmilzt bei einer Tempe-ratur von 1530 °C. Deshalb muss unter anderemdie Auskleidung der Stahlpfanne, aus der amEnde des Herstellungsprozesses der fertige Stahlausgegossen wird, diesen höllischen Tempera-turen standhalten. Die Auskleidung besteht ausMischungen von so genannten Feuerfestoxidenwie beispielsweise Magnesiumoxid (Schmelz-punkt 2800 °C), Calciumoxid (Schmelzpunkt

2570 °C) oder Aluminiumoxid (Schmelzpunkt2040 °C). Aber selbst die besten Feuerfeststei-ne verschleißen im Laufe der Zeit. Eine Stahl-pfanne etwa ist nach rund 60 bis 100 Chargenreif für eine Rundumerneuerung – und das bei 8 Meter Höhe und 4 Meter Durchmesser. In ei-nem Stahlwerk sind deshalb ständig mehreredieser bis zu 300 Tonnen fassenden Pfannen imUmlauf. Damit nun eine gleichbleibende Qua-lität und gleichbleibende Prozessbedingungenherrschen, muss auch die FeuerfestauskleidungCharge für Charge die gleiche Qualität aufwei-sen: keine leichte Aufgabe.

„Die größtmöglichen Qualitätsstandards für Pro-dukte und Service zu garantieren, um allen Kun-denanforderungen umfassend gerecht zu wer-den, bleibt oberste Priorität von RHI Refractories.Dieses Ziel wird auf der einen Seite durch per-manente technische Verbesserungen erreichtund auf der anderen durch kontinuierlichen Aus-bau der Infrastruktur im Bereich Qualität“, so be-schreibt Dipl. Ing. Helmut Leitenbauer, LeiterQualitätsmanagement bei RHI Refractories, sei-ne Handlungsmaxime. RHI Refractories ist glo-baler Markt- und Technologieführer bei der Her-stellung und Entwicklung von keramischen Feu-erfestprodukten. Das Unternehmen produziertweltweit an 27 Standorten unterschiedlichste ge-formte und ungeformte Feuerfestprodukte, -kom-ponenten und -materialien für Kunden auf derganzen Welt. RHI Refractories betreibt ein eige-nes Technologiezentrum in Leoben, Österreich,in dem alle Forschungs- und Entwicklungsakti-vitäten konzentriert werden. Von Österreich auserfolgt auch die zentrale Steuerung der Qua-litäts- und Analysensysteme weltweit.

Das Unternehmen setzt dabei voll auf die Rönt-genfluoreszenzanalyse. Dr. Roland Heindl, Lei-ter der Abteilung Chemie meint hierzu: „Wir ha-ben mit der RFA jahrzehntelange Erfahrung, seies mit der Abbausteuerung an unseren Bergbau-

Standorten, der Materialanalyse von Roh- undZusatzstoffen oder der Prozesskontrolle. Durchden weltweiten Einsatz und eine zentrale Kali-brierung können wir in allen Standorten von RHIRefractories einen gleichbleibenden analyti-schen Standard gewährleisten. “ Hierfür hat dasUnternehmen überall auf der Welt Spektrometervon Bruker AXS installiert, davon viele S4 PIONEER. Nur mit diesen wellenlängen-dis-persiven Systemen, wird die für die Herstellungvon hochwertigen Produkten notwendige Präzi-sion der chemischen Analyse erreicht. Wie wirdnun sichergestellt, dass alle Geräte die gleichenAnalysenergebnisse liefern? Die Röntgenspek-trometrie ist eine relative Methode, das heißt, dasSpektrometer selbst liefert nur Intensitäten dercharakteristischen Röntgenlinien, erst eine Kali-brierung mit Proben bekannter Zusammenset-zung („Standardproben“) erlaubt es, die Kon-zentrationen zu bestimmen. Gleiche Ergebnisseauf unterschiedlichen Geräten? Warum nicht ein-fach die gleichen Standardproben auf allenSpektrometern messen? Klingt einfach, aber beiweltweit 27 Standorten würde das neben Pa-rallelarbeit auch eine Vielzahl identischer Pro-bensätze erfordern oder wäre mit einem sehr in-tensiven „Probentourismus“ verbunden. RHI Re-fractories und Bruker AXS haben deshalbgemeinsam eine weit einfachere Methode per-fektioniert: Ein einziges System gibt den Ton an– das Spektrometer im Technologiezentrum inLeoben. Auf dem dortigen „Master“-Spektrome-ter wird die zentrale Kalibrierung mit allen Stan-dardproben durchgeführt und diese dann aufalle „Tochter“-Spektrometer übertragen – ganzim Sinne des CAQ (Computer Aided Quality-control). Was bedeutet das konkret? Ein Fach-mann führt eine zentrale Kalibrierung auf demMastergerät mit einer Vielzahl von Proben durch.Diese Kalibrierung lässt sich mithilfe weniger Re-ferenzproben einfach und schnell auf alle Toch-tergeräte gleicher Bauart übertragen. Damitwird sichergestellt, dass global die gleichen Er-

Einer für alle – zentraleKalibrierung bei RHIRefractoriesZentrales Qualitätsmanagement bei RHI Refractories im TechnologiezentrumLeoben, Österreich. Wie der Weltmarktführer für Feuerfestprodukte seineRöntgenspektrometer an den rund 30 internationalen Produktionsstandortenauf einen Nenner bringt.

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QUALITÄTSMANAGEMENT Tochter Systeme

CAQ

Master System

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gebnisse mit der gleichen Präzision erzielt wer-den. Im Zuge des kontinuierlichen Prüfmittelma-nagements werden selbstverständlich auch dieRöntgenspektrometer permanent überwacht,und es findet, falls notwendig, eine entspre-chende „Driftkorrektur“ statt, die zum Beispiel dieAlterung der Röntgenröhre berücksichtigt. BeiRHI Refractories basiert diese Driftkorrektur welt-weit auf identischen Sätzen von Referenzproben,und dies stellt sicher, dass die Ergebnisse auchüber lange Zeiträume hinweg übereinstimmen.

Dr. Hannes Jakob, Geschäftsführer Bruker Austria, meint hierzu: „Durch die klare Struktu-rierung und die Flexibilität unseres Softwarepa-ketes SPECTRAplus ist es konkurrenzlos einfach,

unsere Röntgenspektrometer in ein Qualitätsma-nagementsystem zu integrieren. Nahezu alle Pa-rameter können ausgetauscht und gemeinsambenutzt werden. Jedes Tochterspektrometer kanneinfach und schnell Kalibrierungen vom Masterübernehmen. Somit ist gewährleistet, dass sichmit allen Spektrometern absolut gleiche analyti-sche Ergebnisse erzielen lassen – ob in Europa,Lateinamerika oder China.“

Ein Unternehmen wie RHI Refractories muss sei-nen Kunden dauerhaft einen einheitlichen Qua-litätsstandard garantieren. Die Umsetzung derIdee eines globalen Qualitätsgedankens ist abernur möglich, wenn weltweit ein Maßstab ange-wandt wird. In diesem Sinne: Einer für Alle!

Karl-Eugen Mauser

WWW.BRUKER-AXS.DE

Untertage-Abbau von Rohmagnesit

Stahlgießpfanne

Thermische Beanspruchung einer Stahlgießpfanne

Pfannensteine

Drehrohrofen (oben); Aufbau und Abnahme einer Glaswanne (unten)

1600 °C

800 °C

500 °C

300 °C

VerschleißfutterDauerfutterIsolierung

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ONSITE

an legt eine beliebige Probe ins Gerät,drückt einen Knopf, und nach der Mes-

sung wird automatisch die Zusammensetzung derProbe angezeigt oder ausgedruckt. Traumhaft!Warum traumhaft? Weil dies für viele Applikatio-nen eine gewaltige Arbeitserleichterung wäre, dieviel Kalibrieraufwand sparen würde. Und was da-von ist Realität? Um dies zu beantworten, be-trachten wir eine richtungsweisende Weiterent-wicklung auf dem Gebiet der „semiquantitativen“oder „standardlosen“ Methoden.

Ob „semiquantitativ“ oder „standardlos“, beideBegriffe charakterisieren die Methode nicht wirk-lich treffend. Deswegen heißt das neue Produktvon Bruker AXS auch EQUA ALL: Elementquanti-fizierung für alle Elemente, alle Materialien, alleKonzentrationsbereiche und alle Präparations-methoden. Diese Merkmale kennen erfahrene An-wender schon von der äußerst erfolgreichen S4-Familie. „Alles“, also alle Elemente, alle Materia-lien, alle Konzentrationsbereiche und allePräparationsmethoden, das funktioniert schon seiteinigen Jahren – für die wellenlängendispersivenSpektrometer der S4-Familie. EQUA ALL machtdiese Vorteile nun auch allen Anwendern desenergiedispersiven S2 RANGER zugänglich. Obenergiedispersiv oder wellenlängendispersiv,spielt denn das bei den Anforderungen an eineuniverselle Methode ohne spezifische Kalibrie-rung eine Rolle? Oh ja, denn gerade hierbeikommt der Unterschied zwischen diesen analyti-schen Systemen voll zum Tragen. Kurz zur Erin-nerung: Wellenlängendispersive Spektrometerbenutzen Analysatorkristalle zur Trennung derunterschiedlichen Wellenlängen und erreichendadurch eine sehr gute Auflösung, das heißt eine

gute Trennung der Strahlung unterschiedlicher Ele-mente. Energiedispersive Geräte überlassen die-se Aufgabe dem Detektor und sind dadurch in derRegel deutlich kleiner und preisgünstiger. Cha-rakteristisch dabei ist, dass die Spektren eine Viel-zahl von Überlagerungen enthalten und wesent-lich komplizierter auszuwerten sind.

Üblicherweise erfolgt die Auswertung in zweiSchritten: Zuerst sind die Nettointensitäten zu be-stimmen, danach werden daraus die Konzentra-tionen berechnet. Dabei berücksichtigt man „Ma-trixeffekte“, das heißt die gegenseitige Beeinflus-sung der Elemente, mit der Methode derFundamentalparameter. Dieses Vorgehen eignetsich bestens für Spektren guter Auflösung. Bei star-ker Linienüberlagerung ist jedoch eine „Fitting“-Methode erforderlich. Ein Spektrum mathema-tisch so „anzufitten“, dass es schön aussieht, istüberhaupt kein Problem – dabei nutzbare Net-tointensitäten zu bestimmen schon eher. Diese reinmathematischen Fitting-Methoden liefern zwar„korrekte“ Berechnungen, diese sind aber nichtunbedingt analytisch richtig.

Aus diesem Grund geht EQUA ALL einen ande-ren Weg. Die Konzentrationen werden direkt mitdem Spektrum korreliert, ohne den Zwischen-schritt über die Intensitäten. Dies ist ein „analyti-sches Fitting“, in das physikalische Parameter di-rekt eingehen. Die Gefahr mathematisch korrek-ter, aber analytisch sinnloser Lösungen wird damiteliminiert, und die Zuverlässigkeit der Ergebnissesteigt erheblich. Und die beste Nachricht ist: Trotzeines sehr hohen Rechenaufwands liegt, dank mo-derner Prozessoren, das Ergebnis innerhalb we-niger Sekunden vor.

Karl-Eugen Mauser

Analytisches Fitting revolutioniert energiedispersive RFA!Schnelle und kinderleichte Elementquantifizierung mit EQUA ALL bei energiedis-persiven Röntgenspektrometern. Das S2 RANGER von Bruker AXS baut dieMöglichkeiten in Richtung „semiquantitative“ und „standardlose“ Analyse kräf-tig aus.

M

SPEKTROMETRIE

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LABORAUTOMATISIERUNG

ie Proteomik hat zum Ziel, die Gesamtheitaller Proteine in den zellulären Prozessen

eines Lebewesens zu erforschen. Von zentralerBedeutung ist hierbei die exakte Kenntnis derdreidimensionalen Struktur der Proteine. DieseInformation liefert die Röntgenstrukturanalyse anProteinkristallen.

Zunächst muss mit großem Aufwand ermitteltwerden, wie ein bestimmtes Protein zur Kristalli-sation gebracht werden kann. Das Züchten derKristalle übernimmt in modernen Laboratoriendie CRYSTAL FARM von Bruker AXS. Erfolgrei-che Proteinkristallografie steht und fällt mit derGüte der Proteinkristalle. Leider lässt sich die Eig-nung der Kristalle für die Röntgenstrukturunter-suchungen nicht anhand von optischen Kriterienwie Gestalt und Größe ableiten. Dazu bedarf eseiner schnellen Testmessung auf dem Röntgen-diffraktometer.

Solche Tests erfordern bislang eine MengeHandarbeit: Zuerst müssen die Kristalle mit einerwinzigen Nylonschlaufe aus ihrer Kristallisa-tionslösung gefischt werden. Dann wird die indiesem „Loop“ montierte Probe in flüssigem Stick-stoff schockgefroren und aufbewahrt. Ab diesemZeitpunkt darf der Kristall weder bei Lagerung,Transport noch während der Röntgenexperi-mente auftauen. Viel Geschick erfordert vor al-lem das Überführen der fragilen Probe auf dasRöntgengerät. Flink muss der Kristall in den Kalt-gasstrom des Diffraktometers transferiert wer-den. Die manuelle Feinjustage der Probe zumRöntgenstrahl erfolgt mithilfe des Videomikros-kops. Die Kristallqualität lässt sich dann bereitsnach einer kurzen Messung beurteilen. Ab-schließend muss der Loop mit dem wertvollen

Kristall schnell und sicher wieder in das Stick-stoffbad zurückgebracht werden.

Im Laboralltag wiederholen sich diese manuel-len Arbeitsschritte viele, viele Male, der RoboterBruNo schafft jetzt Abhilfe. In seinem Proben-Ka-russell werden bis zu 48 fertige Loops bei –198 ˚C bereitgestellt. Von dort transferiert erdie empfindlichen Proben zuverlässig auf das Dif-fraktometer und zurück. Um die Kühlung lü-ckenlos zu gewährleisten, hat Bruker AXS mit sei-nen KRYO-VIALS eine raffinierte Transporthilfeentwickelt. Selbstverständlich ist BruNo vollstän-dig in das PROTEUM-System für die Protein-strukturanalyse integriert.

Eine besondere Herausforderung bei der um-fassenden Automatisierung war für die Entwick-ler das Zentrieren der Probe auf dem PROTEUM-System. Um die automatische Feinjustage desLoops zum Röntgenstrahl überhaupt bewerkstel-ligen zu können, wurde ein äußerst kompaktermotorisierter Goniometerkopf entwickelt. Damitdieser in Aktion treten kann, müssen die Bilderdes Videomikroskops vollautomatisch ausge-wertet werden. Die Bildauswertung ist aufgrundder Probeneigenschaften äußerst anspruchsvoll.Zum einen misst die Nylonschlaufe nur rund 100 µm im Durchmesser, und zum anderen sindsowohl die Nylonschlaufe als auch der Kristallmeist transparent. Daher weisen die Bilder na-hezu keinen Kontrast auf. Nur dank ausgeklü-gelter Softwarealgorithmen kann aus demVideobild der dreidimensionale Verfahrweg derProbe errechnet werden.

Kollege BruNo packt mit an – Tag für Tag, Pro-teinkristall für Proteinkristall.

Bob He

Kollege BruNo packt mit anDie Proteomik ist ein brandaktuelles Forschungsgebiet der modernen Biologie.Sie stellt hohe Anforderungen an den Probendurchsatz im Röntgenlabor. DerRoboter BruNo automatisiert das Proben-Handling.

D3-dimensionale Struktur eines Proteins

Softwareintegartion (des BruNo Roboters)

Hardwareintegartion (des BruNo Roboters)

Loop mit Proteinkristall

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IMPRESSUM

Redaktionsanschrift:Bruker AXS GmbHÖstliche Rheinbrückenstr. 49 76187 Karlsruhe, Germany Tel. +49 (721) 595-2888 Fax +49 (721) 595-4587 www.bruker-axs.de Email [email protected]: Thomas Krill Redaktion: Dr. Lutz BrügemannDr. Frank BurgäzySusan ByramDr. Ludger HämingDr. Karl-Eugen Mauser Dr. Kai BehrensKonzeption und Layout: AIM konzept mit kopf | werbeagentur GmbH, NürnbergDruck:Wünsch GmbH Neumarkt, Opf.Copyright: Copyright und Copyrightnachweis für alle Beiträgebei Bruker AXS GmbH. Nachdruck, auch auszugs-weise, sowie Vervielfältigung jeder Art nur mit schrift-licher Genehmigung von Bruker AXS. Für unverlangteEinsendungen keine Gewähr. Namentlich gezeichne-te Beiträge unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnenstellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktionoder von Bruker AXS dar.Bestell Nr: DOC-I90-D00002

ERRATA

RFA

Präparation von Flüssigproben

Zur Messung von Flüssigproben (oder auch ge-schütteten Pulvern) werden sog. Flüssigkeits-

becher verwendet. Dies sindzwei konzentrische Kunststoff-ringe, zwischen denen einedünne Folie als Becherbodengespannt wird. Diese Folienwerden typischerweise alsRollen (Breite ca. 7 cm undLänge ca. 100 m) oder alsvorgeschnittene Kreise(Durchmesser ca. 7 cm) bzw.Rechtecke (ca. 6 x 7 cm) an-geboten. Die Anwendung bei-der Formen erfordert eine ge-wisse Fingerfertigkeit, da dieFolie jeweils faltenfrei überdem inneren Ring platziertwerden muss, bevor sie danndurch den äußeren Ring ge-spannt wird. Neuerdings wirdeine dritte Variante angebo-ten – eine auf Karton vorge-spannte Folie mit ringförmigerPerforation. Die Präparationder Flüssigkeitsbecher wirddadurch einfacher denn je,da die Folie durch denKartonrahmen gleichmäßiggespannt bleibt, bis die inei-

nander geschobenen Ringe sie spannen unddie Folie am Perforationsring vom Karton-rahmen reißt.Dr. Arnt Bühler

XRD

Stylingspray tut gute Dienste

Was tun, wenn die Pulverprobe aus nur weni-gen wertvollen Krümeln besteht? Wie könnendie Kriställchen bequem und sicher fürsBeugungsexperiment fixiert werden? In unse-rem Applikationslabor setzen wir auf Styling-spray aus dem Friseurhandwerk! Leider habeneinige Haarfestiger den großen Nachteil, dasssie teilweise auskristallisieren. Dr. WernerKugler vom LKA Baden-Würtemberg hat des-halb mehrere Sprays auf ihr Beugungsbild hingetestet. Die Anforderungen werden vom „CLYNOL Styling Spray Xtra-strong“ gut erfüllt.Mit gutem Gewissen können wir es zumFixieren von Kleinstmengen in der Pulver-diffraktometrie empfehlen.

Vielen Dank an das LKA.Dr. Götz Menges

SCD

Chemische Kristallografie –Kristallmontage ganz einfach

Die Kollegen aus der Proteinkristallografie set-zen schon jahrelang auf die Probenmontagemittels Loop. Auch in der ChemischenKristallografie lassen sich die Loops hervorra-gend einsetzen. In der Praxis haben sich Loopsaus 20 µm starkem Nylon bewährt. Damit derEinkristall am Loop hängen bleibt, reicht es völ-lig aus, den Nylonfaden mit einem Hauch vonSchlifffett zu benetzen. Hierdurch wird er soklebrig, dass der Kristall kinderleicht unter demMikroskop herausgepickt werden kann. Fallsbei Raumtemperatur gearbeitet werden muss,empfiehlt es sich, anstelle des SchlifffettesKlebstoff zu verwenden. Besonders hilfreich istein Loop bei hauchdünnen Kristallplättchen.Die fragile Probe kann dann entlang dem Loopmontiert werden und wird so über einen weitenBereich gestützt. Auch sauerstoffempfindlicheKristalle lassen sich unter schützendem Ölmittels Loop einfach handhaben.

In punkto Signal-zu-Untergrund Verhältnisschlägt der Loop den Glasfaden deutlich. Diewinzige Menge Nylon erzeugt keinen nen-nenswerten Streuuntergrund!

Abgerundet wird die Loop-Technik durch dasEinsetzen eines Magneten in den Goniometer-kopf. Mit einem Handgriff kann so der montier-te Einkristall sicher auf dem Diffraktometer plat-ziert werden. Ein weiterer Vorteil: Wurde derKristall mithilfe von Schlifffett montiert, so lässtsich der Kristall einfach abstreifen, und derLoop kann viele Male eingesetzt werden! Wereinmal diese Methode benutzt hat, wird niewieder Glasfäden einsetzen wollen. .Drs. Leo Straver

Viel Spaß beim Ausprobieren!

Maurice Hugh Frederick Wilkins

In der vorigen Ausgabe un-serer ON SITE ist uns einFehler unterlaufen, dasBild von Maurice Wilkinswar falsch. Danke für dieInformation.

Als seine Kollegen ihre Arbeit zur DNA-Struktur 1953veröffentlichten, wollte Wilkins nicht genannt werden.„Das war eine schlechte Idee“, bekannte er vieleJahre später. Denn anders als seinen Kollegen bliebihm die Anerkennung der Öffentlichkeit weitgehendversagt.

Maurice H. F. Wilkins starb am 5. Oktober 2004 imAlter von 87 Jahren in London.

Auch einer seiner Kollegen ist in diesem Jahr verstor-ben. Francis H. C. Crick war 88 Jahre alt, als er am28. Juli 2004 starb.

Lektüre zu XRD-Ringversuch

In der letzten ON SITE haben wir die Ergebnisse desXRD-Ringversuchs von Search-Match-Methoden vorge-stellt. Bruker AXS mit DIFFRACplus Search schnitt in die-sem Vergleich bestens ab. Wir wurden von unserenLesern gebeten, die vollständige Quellenangabe derwissenschaftlichen Veröffentlichung nachzureichen. DerArtikel ist nachzulesen unter:

J.-M. Le Meins, L. M. D. Cranswick, A. Le Bail: Resultsand conclusions of the internet based „Search/matchround robin 2002“, Powder Diffraction Journal Vol. 18,Nr. 2, S. 106, Juni 2003.

Viel Spaß bei der vertiefenden Lektüre!

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TIPPS TRICKS

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