Alfonz # 0b - April 2012

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Graphic Novel : Polina Nummer 0b • April 2012 • 0,00 Euro • ISSN X-XXX-XXX-XX 0b/2012 978-XXX-XXX-XX-X 0,00 € - 00,00 sFr 0,00 € -(A) Mouse Guard Interviwmt David Petrsn Morning Glories Die twas ndre Schule Service News, Reznsioen & mehr Don Quijote Der Riter von dr trauigen Gstal a Flix

Transcript of Alfonz # 0b - April 2012

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Graphic Novel:Polina

Nummer 0b • April 2012 • 0,00 Euro • ISSN X-XXX-XXX-XX0b/2012

978-

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Mouse GuardInterviewmit David Petersen

Morning GloriesDie etwas andere Schule

ServiceNews, Rezensionen & mehr

Don QuijoteDer Ritter von der

traurigen Gestalt à la Flix

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Brockhaus Goes Comic.........................3

POLINA: Interview mit der Star-BallerinaPolina Semionova.................................4MOUSE GUARD: Legenden-WächterDavid Petersen im Gespräch.................8

DON QUIJOTE: Der Ritter von dertraurigen Gestalt à la Flix .....................7MORNING GLORIES: Der US-Geheim-tipp von Spencer, Eisma & Esquejo ....10

OBLIGATORISCHE KAMPFSZENE:Deutsche Comicforschung 2012 ........11Ins Kino mit ALFONZ.........................13

Kästner von Kreitz, Graphic-Novel-Tagein Hamburg, Neues von Hugault,Comic-Sondernummer von JuLit........11Nachruf GIRAUD/MOEBIUS...............12REZENSIONEN ..................................13

IM FOKUS

TitelbildDon Quijote von Flix bei Carlsen

Inhalt

DER COMIC REPORTER

RUBRIKEN & KOLUMNEN

Wil lkommen02

NEWS & REZENSIONEN

ERLANGENVom 7. bis 10. Juni 2012 findet in der fränkischenUniversitätsstadt Erlangen wieder der InternationaleComic-Salon statt. Auch ALFONZ und die Edition Alfonswerden dort sein und die erste, frisch gedruckte Print-ausgabe präsentieren. Wir freuen uns auf jedenBesucher und anregende Gespräche - es lohnt sich!Erlangen-News immer aktuell auf www.comic-report.de

COMIC REPORT 2012Schon im Druck und ab 23. Aprilauch im Handel: Die brandneueAusgabe unseres Jahrbuchs. Artikel,Fakten, Analysen auf 196 Seiten -zum Großteil in Farbe.

> Leseprobe und mehr Infos >

Willkommen …

… zur zweiten ALFONZ-Nullnummer! »Endlich«, werden manchesagen, denn die 16 Seiten »erster Streich« haben sie bereits süchtiggemacht. Aber was gibt es Schöneres, als von einer »comichaltigen«Droge abhängig zu sein?

Keine Angst, wir übertreiben hier bewusst, denn schließlich wollenwir möglichst viele Interessenten für das neue Comic-Fachmagazinbegeistern, und außerdem ist endlich der Frühling eingekehrt. DasComic-Jahr 2012 kommt in diesen Tagen so richtig in Schwung, dievor Monaten von den Verlagen angekündigten Comics flattern aufunsere Redaktionstische und wir haben kürzlich den inhaltlichenRahmen des neuen Magazins bis Weihnachten abgesteckt undkönnen es selbst kaum erwarten, bis die erste vollwertige Print-ausgabe im Juni aus der Druckerpresse rauscht.

Mit dieser Nummer 0b wollen wir einen weiteren kleinen Vorge-schmack auf das geplante Magazin geben. Wir wissen natürlich,dass dies nur in Ansätzen möglich ist. Das fertige Produkt wird inmanchen Teilen deutlich anders aussehen, und das sollte man immerim Hinterkopf behalten. Auch die vorliegenden 16 Seiten sind ganzschön knapp, wenn man jede Menge Inhalt hat, und so mussten wiran manchen Stellen etwas drücken und quetschen.

Die etwas längeren Beiträge zeigen die volle Vielfalt des Mediums.Freunde von Graphic Novels sollten sich Bastien Vivès Polina, einWerk mit Tiefenwirkung, unbedingt anschauen, ebenso wie Flixensgeistreiche Neuinterpretation der Geschichte des Don Quijote, dieEnde Juni auf den Markt kommt. Interviews werden ebenso ein festerBestandteil von ALFONZ sein, wie das Gespräch mit Mouse Guard-Erfinder David Petersen zeigt, wie auch prägnante, durchauswertende Vorabbesprechungen von interessanten Titeln, die in naherZukunft zu kaufen sind, zu erkennen am Kurzartikel über MorningGlories, einem US-Überraschungserfolg, der prächtig und spannendunterhält.

Die ausgewählten Rezensionen widmen sich brandaktuellen Titeln.In den Print-Ausgaben wird es ähnlich sein: Wir geben einen umfas-senden Überblick über das kommende Quartal und liefern mitRezensionen und Infos Kaufentscheidungen zum Angebot dervergangenen Monate. Erreichen wollen wir damit vor allem eines:Wer ALFONZ liest, der ist im Bilde und weiß Bescheid. Und zwar inallen wichtigen Bereichen des Mediums: Graphic Novel, frankobel-gische Comics, Manga, nostalgische Comics. Dazu gehören regel-mäßige Ausblicke in die wichtigen Auslandsmärkte in Frankreichund den USA sowie angrenzende crossmediale Bereiche wie Film,Literatur, Spiele oder Musik.

Neben dem hochkonzentrierten Informationsgehalt wird es injeder Ausgabe kritische, unterhaltende oder auch kritisch-unterhal-tende Beiträge geben. Wir wollen weder eine weitere Werbe- oderKundenzeitschrift produzieren, noch in hochgeistige Sphärenabdriften.

ALFONZ lässt sich in einen Magazin- und einen Service-Teilsegmentieren. Letzterer wird einige feste Rubriken enthalten, diedem geballten Infoblock die nötige Würze verleihen. Vorwegmöchten wir darauf hinweisen, dass es da, wo es nicht explizit umFakten geht, mitunter wertend und meinungsbildend zur Sachegehen wird. Wir wollen mit ALFONZ also keine nüchterne Objekti-vität um jeden Preis, sondern durchaus unterhaltend und gratwan-dernd Informationen transportieren.

Geplante Rubriken ab der Nummer 1: Einblicke in die Comic-märkte in Frankreich und den USA, Die obligatorische Kampfszene,

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Die Fachzeitschrift für ComicsNummer 0b / 1. Jahrgang • April 2012

Impressum: Alfonz - Der Comicreporter erscheint vierteljährlich im Verlag Volker Hamann, Edition Alfons, Heederbrook 4 e, 25355 Barmstedt, Tel.04123-921033. Kontakt:[email protected], www.alfonz.de. Abonnements: siehe Seite 16. Herausgeber: Matthias Hofmann und Volker Hamann. Satz und Layout: Volker Hamann. Mitarbeiter dieser Ausgabe:Christian Endres, Marc-Oliver Frisch, Armin Hofmann, Yvonne Knauer, Jens R. Nielsen, Peter Osteried, Lisa Schöttler und Lars von Törne. Cover © FLIX. Für den Inhalt der einzelnenBeiträge sind die jeweils benannten Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. ALFONZ behält sich das Recht vor,Änderungen oder Ergänzungen der bereitgestellten Informationen vorzunehmen. Die Vervielfältigung von Informationen oder Daten, insbesondere die Verwendung von Texten oderTextteilen, bedarf der vorherigen Zustimmung der beiden Herausgeber und der jeweiligen Autoren. Das © aller Abbildungen liegt bei den Verlagen oder Autoren. Sie erscheinen hiermit freundlicher Genehmigung und im Rahmen des Zitatrechtes. Mit Dank an Claudia Haschke, Flix, Ralf Palandt, Isabel Kreitz und Gerhard Schlegel.

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Deutsche Comics, Antiquariats- und Kuriositäten-Ecke,Hitparade des ALFONZ-Expertenteams, ALFONZ checktdas Internet, und vieles andere mehr.

Wichtig ist für uns, dass ALFONZ ein Magazin ist, dasgerne gelesen wird. Rückmeldungen seitens der Leser sindfür uns daher essentiell. Unsere erste Abo-Aktion war soerfolgreich, dass die Prämien bereits wenige Wochen nachdem Start vergeben waren. Aber wer erst jetzt ALFONZabonniert, soll nicht leer ausgehen. Alle, die ein Aboabschließen, bekommen ebenfalls eine tolle neue Prämieals Geschenk dazu (siehe Rückseite).

Lasst euch begeistern von den Comics, die da draußensind. Lasst euch auf das Abenteuer ALFONZ ein.Abschließend wünschen wir jedem Interessierten viel Spaßbeim Lesen dieser letzten Gratis-Nullnummer. Auf»Wiederlesen« im Juni!

Vorschau auf die Startausgabe:

ALFONZ SCHWELGT»Fantasy in Öl«El Mercenario von Vicente Segrelles: Drachen, schöneFrauen, RitterrüstungenALFONZ KLÄRT AUF»Comic-Stipendium«Die Geschichte eines Wettbewerbs: Aus dem Tagebuchdes ProjektleitersALFONZ BEWERTET»Was taugen die Kids?«Marsu Kids, Lucky Kid, Kleiner Spirou, Gastoon: Wiegut sind die kleinen Kinder-Ableger großer Helden?ALFONZ RECHERCHIERT»Was macht ihr mit euren Originalen?«Verkaufen, verschenken, ins Grab mitnehmen: Comic-Zeichner erzählen über ihre Einstellung zu Original-zeichnungen.+

»Allgemeinbildung, die Spaß macht«Brockhaus Goes Comic

Wer kennt noch diese Comics mit dem Titel »IllustrierteKlassiker«? Das war Belletristik, meist absolute Meilensteine derUnterhaltungsliteratur, auf dem ganzen Globus beliebt,geschrieben von Autoren wie Jules Verne, Jack London, AlexandreDumas, Herman Melville oder William Shakespeare, aber radikalumgewandelt in Heftform und »Neunte Kunst-mäßig« massenkom-patibel gemacht.

Mit jenen aus den USA importierten Classics Illustrated wurdenComic-Adaptionen über lange Jahre etabliert. Mehr als 200 Heftesind von den 1950ern bis in die 1970er Jahre auf Deutscherschienen, von »Alice im Wunderland« (Nr. 1) bis »Mit General Leein Virginia« (Nr. 205). Besonders beliebte Hefte wurden bis zusechs Mal nachgedruckt.

Im Zuge des Graphic Novel Booms, und vielleicht weil Comicsim deutschen Feuilleton gerade en vogue sind, hat selbst der

renommierte und hyperseriöse wissenmediaVerlag die Welt der bunten Bilderstreckenentdeckt und startet unter dem Brockhaus-Label eine neue Reihe mit dem Titel »Litera-turcomics«.

Fünf verschiedene Alben erscheinen imApril. Sie sollen Jugendlichen den Zugangzur Weltliteratur ermöglichen. Der Verlaggewährte ALFONZ vorab einen Blick auf dasfertige Produkt. Und das kann sich sehenlassen.

Das inhaltliche Angebot ist breit gefächertund bietet für jeden Geschmack etwas: Vonden griechisch-mythologischen Irrfahrten

des Odysseus über die mittelalterlichenAbenteuer des Ritters von der traurigen Gestalt,Don Quijote, bis hin zu Robert L. Stevensonsfaszinierender Suche nach dem Piratenschatzaus dem 19. Jahrhundert wird einiges geboten.Zum Start der Reihe hat man folgende Klassikerausgewählt:

Die Schatzinsel von Robert L. Stevenson Don Quijote von Miguel de Cervantes SaavedraIn 80 Tagen um die Welt von Jules VerneOdyssee von HomerRobinson Crusoe von Daniel Defoe

Die »Weltliteratur im Comic-Format« erscheintals Hardcoveralbum unter dem Motto »Allgemeinbildung, die Spaßmacht«. Jeweils 64 Seiten kosten 12,95 Euro. Jeder Band enthälteinen umfangreichen Anhang mit Informationen zum Autor, zumWerk und zur Entstehungszeit. Das Projekt wird von der UNESCOgefördert. Die Bände sind eins-A verarbeitet. Wie für einen wissen-schaftlich arbeitenden Verlag zu erwarten, hat man bis in die Tiefendes Impressums jede Information mustergültig umgesetzt.

Die »Literaturcomics« von Brockhaus haben ihren Ursprung inFrankreich, denn sie stammen aus der Glénat-Reihe »Les Incon-tournables de la littérature en BD«, von welcher im Original 30Bände vorliegen. Bereits jetzt steht fest: Fünf weitere Titel sind fürHerbst geplant.

Wir werden die Reihe bis dahin unter dem Motto »ALFONZtestet« genau unter die Lupe nehmen. Das spannende Ergebnis desFeldexperiments und vieles mehr präsentieren wir in ALFONZ Nr. 2(Oktober) als Teil der Standortbestimmung »Comics in der Schule«.

Matthias Hofmann

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Mit seiner fiktiven Comic-Biographie Polina über die junge Tänzerin Polina Ulinow zeigt derfranzösische Zeichner Bastien Vivès (Der Geschmack von Chlor, In meinen Augen) erneut, zuwelcher Vielfalt die Erzählform Comic in der Lage ist. Denn es stellt schon eine besondereHerausforderung dar, die von Musik und Takt bestimmte Lebensgeschichte einer Ballerinatonlos aufs Papier zu bringen. Die wie rasch hingeworfen wirkenden Zeichnungen übernehmenin der Erzählung Vivès’ den Rhythmus, und das mit einer stilistischen Sicherheit, die den Leserdie fehlende Dimension vergessen lässt und stattdessen umso eindringlicher nachwirkt. Nichtumsonst wurde der 1984 geborene Zeichner für Polina mit dem Grand prix de la critique BDauf dem diesjährigen Comic-Salon in Angoulême ausgezeichnet.Als Schablone für seine Erzählung wählte Bastien Vivès die Lebensgeschichte von Polina Semionova, der im selben Jahr wie der Zeichner in Russland geborenen Ballett-Tänzerin, diein den 2000er Jahren ihre Weltkarriere begann und heute in Berlin lebt.Lars von Törne sprach mit der realen Ballerina über ihren Beruf und den Wunsch, einengewissen französischen Comic-Zeichner kennenlernen zu wollen.

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Interview mit Polina Semionova

»Wer es sich zu leicht macht, wächst nicht.«Im Fokus

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Frau Semionova, lesen Sie eigentlichComics?

Früher als Kind in Russland, heuteeigentlich nicht mehr.

Bastien Vivès hat sich für seinaktuelles Buch »Polina«, das hier voruns liegt, von Ihrem Leben inspirierenlassen…

Ja, ich hörte zum ersten Mal vonBekannten in Paris davon, die das Buchdort gesehen hatten. Das war eineziemliche Überraschung. Kürzlichhabe ich es dann gelesen. Aber ichkann nicht sagen, dass ich das bin.

Wieso nicht?

Der Autor hat nie mit mir gesprochen. Er ist eingroßer Künstler, er ist sehr talentiert – aber das hat mitmir nichts zu tun. Ich hoffe nicht, dass die Leute jetztdenken, dies sei meine Geschichte – sie ist es nicht!

Vivès sagt in Interviews, er sei zumindest durch Sie zuseinem Werk angeregt worden…

Ich war ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht: Es isttoll, ein Buch mit meinem Namen in den Läden zusehen – aber wieso hat er mir nicht mitgeteilt, dass erein Buch plant, das durch meine Lebensgeschichteinspiriert ist? Das hätte anders laufen sollen.

Wie?

So wie bei dem Buch »Polina - Aus der MoskauerVorstadt auf die großen Bühnen der Welt«, das ichzusammen mit dem Autor Gerhard Haase-Hindenburgerarbeitet habe. Wir haben uns zwei Jahre lang zweiMal die Woche dafür getroffen, der Autor ist mit mirum die Welt gereist und hat meine Familie und andereMenschen getroffen, die mich kennen. Das ist meineGeschichte, nicht dieser Comic.

Und was halten Sie unter künstlerischen Gesichts-punkten von diesem Buch?

Ich mag den Stil von Bastien Vivès, er hat mich insBuch reingezogen. Ich finde, der Zeichner hat dieBewegungen und die Atmosphäre des Balletts sehrschön eingefangen. Und als mein Mann das Buch sah,sagte er: »Die sieht aus wie Du!« Ich würde den Künstlergerne mal treffen – er hat einen guten Job gemacht.

Bastien Vivès wurde einst durch ein Grönemeyer-Video auf Sie aufmerksam, in dem Sie tanzen. Wasbedeutet das Video für Sie?

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen durch dasVideo auf mich aufmerksam wurden. Als ich dabeimitmachte, hatte ich keine Ahnung, dass es so eineVerbreitung haben wird. Ich kannte ja nicht mal HerbertGrönemeyer – ich war gerade erst ein halbes Jahr inDeutschland und wusste nicht, wie berühmt er war. Ichbewundere ihn als Künstler. Und dank des Videosbekomme ich bis heute positive Rückmeldungen – daswird bei Youtube immer noch sehr oft angeklickt.

Ungeachtet Ihrer Klarstellung, dassdas Buch von Bastien Vivès nicht IhreLebensgeschichte ist, gibt es ja in derGraphic Novel viele Parallelen zuIhrer Lebensgeschichte. Im Zentrumsteht das sehr enge Verhältnis einerTänzerin zu ihrem Lehrer – was auchin Ihrer offiziellen Biografie einzentrales Thema ist…

Ja, der Lehrer ist im Ballett oft mehrals nur ein Lehrer, alleine schondeswegen, weil man so viel Zeitzusammen verbringt, umverschiedene Rollen einzustudieren.Und die Rollen sind nicht nurverschiedene Schritte, sondern dageht es auch um sehr persönlicheDinge. Ich las kürzlich ein Interview

mit dem Choreographen von »Caravaggio«, MauroBigonzetti, der sagte: In zehn Minuten Tanz erfährt manso viel über eine Person, als wenn man sie ein Jahrlang kennt.

In Ihrem eigenen Buch erzählen Sie von einem Macht-kampf zwischen zwei sehr wichtigen ehemaligenLehrern in Moskau über die Frage, wohin Sie sich tänze-risch entwickeln und ob sie neben der Tanzausbildungnoch weitere Projekte wie einen internationalenWettbewerb parallel verfolgen können – einenähnlichen Konflikt gibt es auch im Comic...

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Aus Polina von Bastien Vivès.

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Ja, hier gibt es eine offensichtliche Parallele. Ichmochte beide Lehrer sehr, beide waren sehr wichtig fürmich, aber sie hatten sehr unterschiedliche Vorstel-lungen, was für mich der richtige Weg ist. Ich versuchteanfangs, beiden gerecht zu werden – aber irgendwann

musste ich mich entscheiden, welchenWeg ich gehe…

Und Sie haben Ihren Kopf durchge-setzt und sich für den riskanteren Wegentschieden, der aber im Endeffekt zumErfolg führte. Sie sind offenbar sehrehrgeizig und wollen mehr, als Ihnender reguläre Weg geboten hätte.

Es gibt immer zwei Wege in meinemLeben: Den komfortableren und denriskanteren Weg. Ich höre dann immerin mich rein, was mir mein Gefühl sagt.Und ich habe keine Angst, ein Risikoeinzugehen.

Ein Thema, das sich ebenfalls imComic wie in Ihrer offiziellen Biografiefindet, ist die harte Arbeit an sich selbst,das Unterdrücken von Schmerzen…

Ja. Man könnte kein Buch über eineBalletttänzerin machen, ohne die harteArbeit zu beschreiben, die damit

verbunden ist. Für manche ist es einfacher, weil siekörperlich weniger Hürden zu überwinden haben. Aberharte Arbeit ist es für jeden. Und das ist gut: Wenn manzu bequem wird, hört man auf, nach neuen Wegen zusuchen und sich zu entwickeln. Man sollte es nichtkomplizierter machen als nötig – aber wer es sich zuleicht macht, wächst als Künstler nicht mehr weiter. DerTag an dem ich sage, ich habe alle meine Ziele erreicht,wäre wahrscheinlich das Ende meiner Karriere. Aberich bin nicht einmal 30 – es ist viel zu früh für solcheGedanken.

Sie reden in Ihrem eigenen Buch sehr offen darüber,wie Sie als Kind keine Zeit für irgendwas anderes alsBallett hatten … Bereuen Sie das?

Für meine Kinder würde ich mir wünschen, dass siemehr Zeit haben als ich, ihre Kindheit zu genießen undmit anderen Kindern zu spielen. Ich weiß nicht, ob dasunbedingt besser ist – aber zu viel von einer Sache istnie gut. Es ist gut, ein Ziel zu haben, aber man sollteauch Zeit haben, das Leben zu genießen.

Würden Sie Ihren Kindern erlauben, professionellBallett zu tanzen?

Nur, wenn sie es unbedingt wollen und ein Talenthaben. Aber mir wäre es lieber, wenn sie etwas anderesmachten. Es dauert viele Jahre, ein guter Balletttänzerzu werden – und wenn man dann mit 18 oder 20keinen Erfolg hat, hat man auch nichts anderes gelernt.Dann fängt man wieder bei Null an. Und wenn manErfolg hat, kann man als Tänzer auch nur bis Endeseiner Dreißiger Jahre arbeiten und muss sich dannetwas anderes suchen. Das heißt, wir müssen so vielGeld wie möglich verdienen, bis wir Ende Dreißig sind.Das ist hart. Ein Musiker kann auch mit 70 noch ineinem Orchester spielen, wir nicht. Das ist ein hohesRisiko.

Interview: Lars von Törne (www.tagesspiegel.de/comics)

Im Fokus - Polina06

Polina Semionowa als Prinzessin Odette in einer Ballett-Inszenierung von Schwanensee.

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Autor/Zeichner: Bastien VivèsAus dem Französischen von Mireille OnonReprodukt | Klappenbroschur | 208 Seiten | zweifarbig | € 24

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Aus Polina von Bastien Vivès.

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Im Fokus - Don Quijote von Flix 07

Im Fokus

Warum hast du ausgerechnet »Don Quijote« vonMiguel de Cervantes als Grundlage für deine moderneFabel gewählt?

Ich habe während meines Studiums einige Monatein Barcelona verbracht und bin seitdem mehrfach mitmeinem Rucksack kreuz und quer über die iberischeHalbinsel gewandert. Dabei begegnet einem immerwieder der Ritter von der traurigen Gestalt. Und mankommt gar nicht umhin, sich mit dieser Figur zubeschäftigen. Irgendwann wurde mir klar, dass er aufeine Weise verwandt ist mit der Felix-Figur aus »held«.Denn »Don Quijote« ist ja nicht nur ein Ritter, sondernauch jemand, der mehr wahrnimmt als andere. DerGeister sieht. Und gegen sie kämpft. Das fand ichspannend.

In der F.A.Z., wo »Don Quijote« zur Zeit erstveröffent-licht wird, hast du für deine Geschichte ein interessantesQuerformat gewählt. Warum dieses Format?

Das war eine Vorgabe der F.A.Z.; dort hat derwerktägliche Comic auf der letzten Seite des Feuilletonsseit Jahren dieses Querformat.

Ist die Montage der fertigen Seiten ins hochformatigeBuch nicht eine besondere Herausforderung für dich?

Nicht, wenn man beim Schreiben und Zeichnen derSeiten von Anfang an bedenkt, dass es hinterher ein

Hochformat ergeben soll. Das ist manchmal einbisschen Knobelei, aber ich bin immer wieder erstaunt,wie gut das geht. Zudem hilft eine feste Struktur oft,graphische Entscheidungen zu treffen.

Deine Zeichnungen kommen in »Don Quijote« vielexpressiver und lockerer rüber als beispielsweise nochin »Faust«. Sehe ich da einen Einfluss von ManuLarcenet?

Eigentlich wollte ich noch viellockerer zeichnen. Ich habe vor einigerZeit »Bäche und Flüsse« gelesen undwar hingerissen von RabatésZeichenstil. Das hatte ich vor Augen,als ich mit »Don Quijote« angefangenhabe. Aber ich habe ziemlich schnellgemerkt, dass ich viel zu sehr Kontroll-freak bin, um das so hinzubekommen.Und so hat sich die Lockerheit auf einfür mich mögliches Maß reduziert.Larcenet ist dabei natürlich ein Einfluss,ebenso Christophe Blain, BastienVivès, Lewis Trondheim und Kollegen.Eben all die Comics, die ich schätzeund lese. Und die Franzosen machenschon tolles Zeug.

Gab es schon Resonanz von Seitender F.A.Z.-Leser?

Ja. Immer wieder. Gerade amAnfang. Denn mein »Don Quijote« ist ein aktiver Leser-briefschreiber. Und die erste Folge bestand aus einemmaschinengetippten Brief von einem gewissen »AlonsoQuijano« an die F.A.Z.-Redaktion, in dem er darumbittet, diese schlechten, verwerflichen und moralischschädlichen Comics aus dem Feuilleton der ansonstendurchaus lesenswerten Zeitung zu verbannen. DieserAuftakt hat eine Welle von Leserreaktionen hervorge-rufen. Teils zustimmend. Teils vehement widerspre-chend. Großartig!

Interview: Volker Hamann

Der Ritter von der traurigen Gestalt à la Flix

Don QuijoteText und Zeichnungen: FlixOriginalausgabe | Carlsen | Hardcover128 Seiten | s/w | € 16.90Erscheint am 2. Juli 2012

Mit 12 seit 1998 publizierten Büchern gehört Felix Görmann alias Flix nicht nur zu den produktivsten Comic-Zeichnern der vergangenen Jahre. Er ist sicherlich auch einer der erfolgreichsten und innovativsten Autoren Deutsch-lands, der nicht allein durch unterschiedliche Sujets, sondern vor allem durch immer neue graphische Ideen überzeugenkann. Bereits sein bei Eichborn publizierter Erstling Who the fuck is Faust ? nahm sich 1998 der Interpretation einerLiteraturvorlage an, und mit dem seit Oktober 2011 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorveröffentlichten »DonQuijote«, der im Juni 2012 als Buchausgabe im Carlsen Verlag erscheint, hat sich Flix auf seine unnachahmlicheund sympathische Weise erneut einer ebenso berühmten wie tragischen Figur der Weltliteratur angenommen.

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Hallo David. Verrätst du uns zumEinstieg, wann und wie die Idee zueiner Mouse-Guard-Anthologie zumersten Mal aufkam?

Als Mouse Guard – Herbst 1152 zueinem Abschluss kam, war ichwirklich sehr mit den Pin-Ups vonJeremy Bastian und Mark Symliezufrieden. Ich habe ihren Ansatz fürmeine Figuren und mein Settinggeliebt und wollte selbstsüchtiger-weise mehr von ihnen in der Welt vonMouse Guard sehen. Also bot ichihnen an, dass sie jederzeit zumSpielen in die Welt der Wache kommen und eineGeschichte zeichnen könnten, wenn sie nur wollten.Das Problem war nur, sie dazu zu kriegen, eine Storyzu erzählen, die keine Hauptpunkte des großen Plotsberührte (den ich zeichnen sollte), und dass beide sobeschäftigt sind, dass ich sie nicht nach einemkompletten Kapitel fragen könnte. So dachte ich mirdie Rahmenhandlung im Stil der CanterburyTales aus, da viele verschiedene

Künstler Geschichten mit der Mäuse-wache erzählen.

Wie fühlte es sich an, deine Weltanderen Künstlern zugänglich zumachen?

Ich war nicht sonderlich nervös.Die Ausgangssituation sind jaMäuse, die in der Taverne June AlleyInn Geschichten und Lügenge-schichten erzählen sollen. Wenn einMitwirkender eine Geschichte also ineine andere Richtung lenkte, als ichdas in der »echten« Mouse Guard-

Historie tun würde, dann war das in Ordnung.Außerdem habe ich alle Beitragenden anhand ihrerfrüheren, von mir geschätzten Arbeiten handverlesenund ausgewählt. So lange ich also meinem Bauchvertraute, die richtige Person ausgewählt zu haben,

fühlte ich mich sicher.

Hat bei der Wahl der Künstler nur Bauchgefühlgezählt?

Viele von ihnen haben in der Vergangenheit MouseGuard-Pin-Ups oder -Fanart vorgelegt. Die meistenvon ihnen kannte ich außerdem persönlich, bevor ichsie überhaupt gefragt habe, ob sie die Arbeit machenwollten. Ich habe versucht, Künstler auszuwählen, dieeine eigene Stimme haben, Künstler, die du mit keinemanderem verwechseln kannst, weil ihr Stil so ganz undgar nach ihnen aussieht. Sobald ich diese Liste erstellthatte, hatten wir mehr Leute, um Geschichten zuerzählen, als Platz.

Hast du den anderen eine Benimm-Bibel mit auf denWeg gegeben?

Ich habe ein paar Regeln aufgestellt, jedoch immermit der Übereinkunft, dass wir über alles reden könntenund ich mich beeinflussen lassen würde, wenn die Storypasste. Meine Regeln zogen vor allem darauf ab, dassdas Ganze für alle Altersgruppen tauglich bleibt; dasses den Themen von Mouse Guard treu ist (Groß gegenKlein, mutig und selbstlos und clever sein); dass das

Im Fokus »Ich war beeindruckt«Im Gespräch mit MOUSE GUARD-Schöpfer und

Legenden-Wächter David PetersenDie Idee zu einem Fantasy-Comic mit tierischen Hauptfiguren hatte der am 4. Juli 1977 geborene David Petersen

schon während der Highschool. Sein Stil war jedoch nicht allzu kompatibel mit dem, was in den 1990ern in derUS-Comicbranche gefragt war, und so arbeitete der von Mike Mignola, Frank Miller, Gary Gianni und Buch-Autoren wie Kenneth Grahame inspirierte Künstler tagsüber in einer Eisdiele, bei Starbucks oder in einem Antiqui-tätenladen, während er abends an seinem Portfolio zeichnete. Sein Schwerpunkt lag dabei auf kinderbuch-tauglichen Illustrationen, doch fanden auch ein paar frühe Mouse-Guard-Zeichnungen ihren Weg in die Zusam-menstellung. Auf einer Comic-Convention in Michigan war das Interesse an den Mäusen dann so groß, dassPetersen im Selbstverlag ein erstes Heft produzierte, ehe der US-Verlag Archaia sich der Wachtmäuse annahm.2007 wurde Petersen als bester Newcomomer des Jahres mit dem Eisner Award ausgezeichnet. Inzwischen hat erals Autor, Zeichner und Kolorist mehrere Mouse-Guard-Miniserien auf den Weg gebracht und außerdem diverseKurzgeschichten und Cover für andere Projekte umgesetzt. Seine Homepage findet sich unterdavidpetersen.blogspot.com.

Für die Anthologie »Legenden der Wächter« hat Petersen nun mehrere Künstler dazu eingeladen, sich in Kurzge-schichten mit seinen anthropomorphisierten Mäusen auszutoben.

08 Im Fokus - Mouse Guard: Legenden

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© D. Petersen / Cross Cult

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Setting dem nahe ist, was ich hier in Michigan vorAugen habe (wo ich die Landschaft, die Vegetation unddie Artenvielfalt von Mouse Guard angesiedelt habe);und dass vermieden wird, auf große Elemente derGeschichte wie den Winterkrieg von 1140 oder dieSchwarze Axt zurückzugreifen.

Was denkst du: Warst du ein strenger Herausgeber?

Ich war sogar ein ziemlich nachsichtiger Heraus-geber. Paul Morrissey und ich haben dabei geholfen,ein paar der Geschichten die Richtung zu weisen, dochin den meisten Fällen haben wir die Mitwirkendeneinfach in Ruhe gelassen, damit sie ihr Bestes geben.Ich habe alle Geschichten schon in einem frühenStadium abgesegnet, doch ich wollte wirklich, dass dieBeitragenden ihr eigenes Ding machen, was auf dieIdee verweist, möglichst einmalige Talente zubekommen. Da ein paar der Beitragenden aber nochnie eine Geschichte als Comic erzählt haben, habe ichhier und da geholfen, indem ich Miniatur-Layoutsbeigesteuert habe, damit das Pacing auf den Seitendieser Geschichten funktionierte.

Kam einer der Mitwirkenden mit etwas an, das dichwirklich beeindruckt hat und das du dir in deinemUniversum vorher nie vorgestellt hast?

Sie haben alle sehr spezielle Geschichten abgeliefert!Ich denke, jeder von ihnen brachte etwas Großartigesund Neues in Mouse Guard ein. Ich war beeindruckt,dass sie alle zu einem gleichen Teil traditionelles MouseGuard-Zartgefühl verarbeiteten, wie sie neue Elementenutzten, die ich niemals gemacht hätte (Löwen, Pikto-gramme, Traumkämpfe ...).

Das klingt alles ziemlich begeistert. Wird es weitereAnthologie-Projekte geben?

Wir arbeiten bereits an einem zweiten Anthologie-Titel, der dasselbe Format haben wird.

Könntest du dir auch vorstellen, mit anderen an derHauptgeschichte zu arbeiten?

Ich bezweifle, dass ich irgendjemand anderen ander Hauptserie arbeiten lassen würde. Ich denke,Mouse Guard sollte jetzt erst mal meine Geschichtebleiben.

Was verspricht die Zukunft in dieser Hinsicht?

»Die schwarze Axt« liegt auf meinem Zeichentisch,während ich das hier tippe, und einige weitereGeschichten sind bereits geplotted und werden folgen.

Kannst du uns etwas über den Stand des Filmserzählen, über den wir vor gut drei Jahren schon einmalgesprochen haben?

Die Deals, die es gegeben hat, sindEssig. Ich hoffe sehr, eines Tageseinen Mouse Guard-Film machen zukönnen, aber für den Augenblick binich sehr glücklich, mich darauf zukonzentrieren, wieder an meinenComics zu arbeiten.

Gibt es noch etwas, das du zurAnthologie oder deinen deutschenLesern sagen möchtest?

Ich hoffe sehr, dass ihr dieunglaublich talentierten Menschengenossen habt, die an diesem Bandgearbeitet haben, und dass ihr Lusthabt, sie und ihre Arbeit zuentdecken.

Interview: Christian Endres

Im Fokus - Mouse Guard: Legenden 09

Viel Feind, viel Ehr: Auch in den Kurzgeschichten müssen sich dieMäuse gegen das Gesetz der Nahrungskette behaupten.

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Mouse Guard Legenden der Wächter 1

Autor/Zeichner: David Petersen u.a.CrossCult | HC | 144 Seiten Farbe | € 24,90

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Guy Davis (B.U.A.P.) erzählt seine Geschichte mit Piktogrammen inden Sprechblasen.

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Der Reiz von Morning Glories, einer der erfolgreicherenUS-Independent-Serien der letzten Jahre, liegt in seinerDichte. Zum einen bedienen Autor Nick Spencer undZeichner Joe Eisma sich aller möglicher Sci-Fi-Konven-tionen, um ihren wohltemperierten Mystery-Eintopf amKöcheln zu halten. Zum anderen verlässt sich Spencerdarauf, seine Leser durch die Faszination eines starkenFigurenensembles bei der Stange halten zu können.

Schon im ersten Heft legt die Story ein hohes Tempovor. Ein ganzer Strauß an Handlungssträngen wirdeingeführt, der im weiteren Verlauf stetig wächst. Esvergeht kaum eine Szene, in der Spencer kein neues»Geheimnis« andeutet. Zwar jongliert der Autor auchgekonnt mit all den Andeutungen, Exkursen undRückblenden, doch wie man spätestens seit Fernseh-serien à la Akte X oder Lostweiß, kann das irgendwannzu bösen Enttäuschungen führen. Auch MorningGlories muss man am Ende des zweiten und bisherletzten Bandes konstatieren, dass man nach zwölfHeften nicht viel schlauer ist als nach dem ersten.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist dieMorning-Glory-Akademie, eine exklusive und sehrdiskrete Privatuni irgendwo in New York, die Stipendienan erlesene Kandidaten vergibt. Bereits im Prolog wirdüberdeutlich, dass es dort nicht mit rechten Dingenzugeht. Zwei Schüler wollen vom Gelände derAkademie fliehen, was trotz eines lange und gutüberlegten Plans schlimme Konsequenzen für sie hat.

Spencer legt in jenen ersten Seiten das Fundamentfür die Serie. Die Atmosphäre an der Schule entpupptsich schnell als beklemmend und aggressiv wie ineinem Psychothriller. Die Geschichte wird rasant und

actionreich erzählt, grausige Todesfällegehören dazu. Der Rest des erstenHefts befasst sich mit der Einführungder Hauptfiguren. Es geht um sechsNeuankömmlinge aus verschiedenenEcken der Vereinigten Staaten, die alleihre eigenen Merkwürdigkeitenmitbringen und natürlich nicht ahnen,

dass man das Internat nicht so leicht wieder verlässt,wenn man erst einmal dort ist.

Gerade der Umgang mit den Figuren strotzt voreinem literarischen Selbstbewusstsein, das man sichvon jedem Genre-Autor wünschen würde. Spencer hältseine Leser zwar an der kurzen Leine, was Handlungund Hintergründe angeht, bei genauem Hinsehen sinddie Entwicklungsbögen der Akteure aber dafür umsoausgefeilter. Sie sind es, die der Serie ihre Strukturverleihen. Die jederzeit glaubwürdige Charakteri-sierung und die entsprechenden Pointen, die Spencersetzt, fesseln und führen den Leser dabei sicher durchdas wilde Dickicht aus Genre-Plots.

Wenn es einen großen Schwachpunkt bei MorningGlories gibt, dann sind es die Zeichnungen, die denComic zwar unfallfrei in Szene setzen, aber leider auchrecht fad und ohne große stilistische Ambitionen sind.Es handelt sich um eine schlicht und bescheiden ausse-hende Geschichte, die sich fast ausschließlich innerhalbvon vier Wänden abspielt. Morning Glories, dessensollte man sich jedenfalls bewusst sein, ist zeichnerischeher Kammerspiel als Spektakel. Eismas Zeichnungen»funktionieren«—nicht mehr, nicht weniger.

Dank Spencers bestechender Figurenzeichnung undden immer wieder überraschenden Wendungen ist dieReihe unterm Strich aber trotzdem einen Blick wert.Zweifel daran, ob die zahlreichen Handlungssträngeirgendwann einmal zufriedenstellend aufgelöst werdenkönnen, sind sicher angebracht. Als mörderischesLabyrinth, das die Hauptdarsteller immer wieder vorneue Herausforderungen stellt und ihnen ungeahnteFacetten entlockt, erfüllen sie aber ihren Zweck.

Marc-Oliver Frisch

Im Fokus

Die US-Mystery-Serie Morning Glories von Nick Spencer und Joe Eisma erscheint seit 2010 bei ImageComics. Im April 2012 bringt Panini den ersten Band auf Deutsch.

Actionreich und beklemmend wie ein Psychothriller: Die Morning-Glory-Akademie verlässt man nicht so einfach.

Morning GloriesText und Zeichnungen: Nick Spencer, JoeEisma und Rodin EsquejoAus dem Amerikanischen von ClaudiaFliege | Panini | SC | 196 Seiten |Farbe | € 19.95

Lost im Frühstücksclub

Im Fokus - Morning Glories10

Page 11: Alfonz # 0b - April 2012

Neuer Kästner-Comic von Isabel KreitzNach Der 35. Mai und Pünktchen undAnton hat die Hamburger Zeichnerin IsabelKreitz mit Emil und die Detektive das wohlberühmteste Kinderbuch von Erich Kästnerfür den Comic adaptiert. Wie schon in denzuvor erschienenen Kästner-Comics dürfenwir uns auch dieses Mal auf eine stilsichereÜbertragung der Geschichte freuen, derIsabel Kreitz mit ihrer zeichnerischenVerbeugung vor Walter Trier – dem Titel-bildgestalter und Illustrator Kästners – eineweitere, überaus lesens- und betrachtungs-werte Dimension hinzugefügt hat. Das mit112 farbigen Seiten und einem Hardco-vereinband ausgestattete Buch Emil und dieDetektive erscheint Mitte April im DresslerVerlag, Hamburg, und kostet € 17,95. [VH]

News • Meinungen • Kurz interviews • Crossmediales

Deutsche Comicforschung 2012Hrsg.: Eckart Sackmann |comicplus+ | HC | 144 Seiten |Farbe | €39,- Auf Eckart Sackmann kann mansich verlassen. Pünktlich zumJahreswechsel erschien der neueBand der Deutschen Comicfor-schung, schon zum achten Mal.Auf fast 150 Seiten gibt es wiederviele Artikel über wichtigeAspekte der deutschen Comic-Geschichte.

Wichtig? Naja, das meiste davon ist mirvöllig unbekannt. Wer ist denn dieser alteAutoreifen auf zwei Beinen auf dem Titelbild?

O du Ignoramus! Das ist ja das Schöne anSackmanns Sammelsurium: Es beschäftigt sichmit unbekannten Kapiteln, die wissen-schaftlich akribisch und trotzdem lesbaraufbereitet werden. Die Figur auf dem Coverheißt »Herr Conti« und stammt von OttoSchendel, der in den 1920er Jahren Werbe-comics für den Reifenhersteller Continentalgezeichnet hat.

Kenn’ ich nicht. Hat mir noch kein Biergezahlt. In den Zwanzigern? Der ist ja völligvergessen, ebenso wie die Blätter, für die ergezeichnet hat. Lustiges Blatt, Eugenspiegel,Der gemütliche Sachse …

Das ist ja das Wundervolle. Auch im neustenBand der liebevoll gemachten Hardcoverseriegibt es jede Menge zu entdecken. Alleine dieHundertschaften von seltenen Abbildungensind ein Genuss. Da steckt viel Recherche undArbeit drin. Und Liebe zum Medium. Das merktman auf jeder Seite.

Klingt mehr wie »vergebliche Liebesmühe«für mich. Das interessiert doch keinen Comic-Leser von heute. Otto Schendel ... Ist da auchein Thema dabei, das man wirklich kennt?

Sucht dir was aus. Es beginnt bei MaxKlingers Radierungen von 1881, geht überLiebig-Sammelbilder, Peter Eng, Frank Behmakund den »frühen Bob Heinz« hin zum »kroati-schen Knatterton«, Winnetou im Ausland undDDR-Comics im Jahre 1989/90.

Au Backe. Da kann ich meine Schlafmittel imSchrank lassen. Gähn. Das ist nicht dein Ernst?

Du wirst es kaum glauben, aber besondersEckart Sackmanns Artikel über »Walter

Lehnings Winnetou in Frankreichund Holland« und »Neue DDR-Comics 1989/90 – Untergrundund Wendezeit« sowie GuidoWeißhahns Bericht über »Diehaarsträubenden Abenteuer desDetektivs Dick Dickson« in derDDR-Kinderzeitschrift Frösi lesensich sehr interessant und richtigspannend.

Mag ja sein, aber was soll dasGanze? Ich würde gerne wasüber Comics und Künstler lesen,

die ich kenne und deren Werke ich gelesenhabe. An die ollen Kamellen komme ich dochgar nicht dran.

Hagel und Granaten! Du hast aber auch garnichts kapiert. Hier geht es um Grundlagen-forschung in Sachen deutscher Comic. ÜberKirby, Moebius, Hergé und Uderzo gibt esbereits ganze Bücher. Das ist für einen Comic-forscher uninteressant. Sackmann liebt es, inmuffigen Antiquariaten, düsteren Bücherei-Katakomben und in von Mäusen angefres-senen Altpapierhaufen zu stöbern. Er ist sichnicht zu schade, bei Wind und WetterFlohmärkte abzugrasen oder gar Verdachts-käufe bei eBay zu tätigen, in der Hoffnung, inunbekannten alten Zeitschriften Comics zuentdecken.

Und weil ihm das Spaß macht, muss es allenSpaß machen? Geht er deshalb seinenKollegen von der »Gesellschaft für Comicfor-schung« in seinem Vorwort zum neuen Bandan den Kragen? Er wirft ihnen »globale,unverbindliche und bindungslose Vielfalt« vorund will den »beliebig agierenden« Selbst-darstellern der »ComFor« mit »Akribie undArbeit« entgegentreten.

Das musst du Eckart Sackmann selbstfragen. Es zeigt, dass er ein »man on amission« ist, ein Missionar für den deutschenComic, der sich mit Leib und Seele derDeutschen Comicforschung verschrieben hat.Nach bald einer Dekade fördert er immer nochweitere Themen zu Tage, um die sich bishernoch kein Mensch gekümmert hat. Da duldeich keine Widerrede: Wer sich für vorbildlichgemachte Comic-Sekundärliteratur interes-siert, der kommt um diesen Titel nicht herum.Beide Daumen hoch!

[Zwei Meinungen, aufgeschnappt undniedergeschrieben von Matthias Hofmann]

Ein Comic, zwei Meinungen. Nicht immer sind sich die Autoren von ALFONZ einig. Was demeinen gefällt, findet der andere zum Weglaufen. Und umgekehrt. In dieser Rubrik treten siegegeneinander an. Was ist gut, schlecht oder gar hässlich? Die nachfolgend aufgezeichnetengründlich überspitzten Meinungen spiegeln nicht unbedingt die der Autoren wider - und schongar nicht die der Redaktion.

News - April bis Juni 2012 11

Page 12: Alfonz # 0b - April 2012

»Alles von Romain Hugaulterscheint bei mir«Diese Aussage von Verleger EckartSchott (Salleck Publications) darf mangetrost auch auf Hugaults neueste SerieEdelweiss (im Original Le pilote à l’Edel-weiss beziehen, die in Zusammenarbeitmit Szenarist Yann (d.i. Yann LePennetier) entsteht. Deren erster Banderschien im französischsprachigenRaum Mitte Januar und wurde mitgroßen Vorschusslorbeeren bedacht.Die Geschichte spielt während desErsten Weltkriegs und erzählt von denGebrüdern Castillac, von denen Henrials As der französischen Luftwaffe giltund den Kampf gegen einen berüch-tigten deutschen Piloten auf einer Fokkeraufnimmt. Das Szenario gibt Zeichner

Hugault ausreichend Gelegenheit zurDarstellung der von ihm mit beeindru-ckendem Realismus umgesetztenLuftkampf-Szenen, für die ihn seineLeser schon bei Über den Wolken geliebthaben. [VH]

Graphic-Novel-Tage imLiteraturhaus Hamburg»Der Comic hat die Kinderstube hintersich gelassen – und das nicht nur, weiler jetzt ins Literaturhaus einzieht.« SoAndreas Platthaus in seiner Einleitungzum Programm der 1. Graphic-Novel-Tage, die vom 10. bis 13. April 2012 inHamburg stattfinden und unter demMotto »Sprechende Bilder« stehen.Platthaus weiß, wovon er spricht, ist erals Feuilletonist der Frankfurter Allge-meine Zeitung – aber ebenso als beken-

N e w sJean Giraud alias Moebius alias Gir* 8. Mai 1938 in Nogent-sur-Marne; † 10. März 2012 in Paris

von Jens R. Nielsen

Über kaum einen europäischen Comic-zeichner ist so viel geschrieben worden wieüber den Schöpfer von »Blueberry« und »JohnDifool« – um hier nur seine bekanntestenFiguren zu nennen. Ich maße mir nicht an, denvielen hochkarätigen Monografien undFernsehdokumentationen über ihn und seinWerk an dieser Stelle etwas Substanzielleshinzufügen zu wollen. Viele haben versucht,den Mann mit den vielen Namen aus unter-schiedlichsten Blickwinkeln zu fassen, kaumjemandem ist gelungen, ihm eine scharfeKontur zu verleihen. Offenbar war er vieles,vielleicht zu vieles.

Ich bin ihm zweimal begegnet. Beim erstenMal saßen er, ich, sein damaliger deutscherVerleger Georg F.W. Tempel und Detlev Wahlvon Hummelcomic nach einer Pressekonferenzim Hamburger Literaturhaus auf der östlichenAlsterseite fest, während Moebius im Ladenauf der westlichen Seite zu einer Signierstundeerwartet wurde. Er hatte bereits die Belegschaftdes Literaturhaus-Cafés gegen sich aufge-bracht, weil er die Früchte des eigens für ihnherbei geschafften Obstkorbs der Reihe nachbetastet hatte, um, abgesehen von zwei Äpfeln,alle anderen als »ungenießbar« auszusor-tieren. Dem kurz vor einem Wutausbruchstehenden Oberkellner wurde erklärt, dassMoebius spüren könne, ob jemand bei derErnte, dem Transport und der Zubereitung derFrüchte »negative Energie« auf dieseübertragen habe – und dass es ansonstenkeine Diskussion gebe. Nun wurde Moebiusgerade behutsam erläutert, dass kaum nocheine Möglichkeit bestehe, pünktlich auf dieandere Seite der Alster zu gelangen, selbst ineinem Taxi würden wir zu spät eintreffen –worauf Moebius ein Taxi als Fortbewegungs-mittel kategorisch ausschloss. Ein Fußmarschum die Außenalster herum würde drei Stundendauern. Moebius würde vermutlich 4,36Stunden brauchen. Die wartenden Fanswürden inzwischen den Laden demolieren.Panik auf den Gesichtern seiner Begleiter. Wastun?

Ich war geheuert worden, um Fotos zumachen, hatte also eigentlich keine Sprech-rolle in diesem Stück. Also meldete ich michvorsichtig zu Wort, um zu fragen, ob Moebius

auch eine Bootsfahrt ablehnen würde –immerhin tuckern die guten alten Alster-dampfer recht laut und rußig vor sich hin. Dochso esoterisch wie von mir befürchtet warMoebius dann doch nicht: Nachdem er sicherkundigt hatte, was seine deutschen Begleitergerade hin und her überlegten, entschied erumgehend, zum Anleger aufbrechen zuwollen. Dort mussten wir eine Viertelstunde aufden Dampfer vom gegenüberliegenden Uferwarten. Moebius nutzte die Zeit, um mit dreioder vier Schwänen zu schwätzen.

Langer Rede kurzer Sinn: Wir kamen fasteine Stunde zu spät zur Signierstunde, diewartenden Fans standen zwei Häuserblocksdie Straße entlang in der sengenden Sonne,und Georg Tempel schrieb mir ein paarWochen später eine Karte, dass Moebiusgesagt habe, die Fahrt über die Alster gehörtezu seinen schönsten Erinnerungen an seineSigniertour durch Deutschland. Was kaumjemand weiß: Moebius bedankte sich beiseinen Fans, die er so lange hatte wartenlassen, mit einem Comic. Würde man all dieAlben, die er damals signierte, wieder zusam-menbringen und Moebius’ Widmungszeich-nungen in der richtigen Reihenfolgebetrachten, so würde sich eine fortlaufendeErzählung in Bildern ergeben.

Moebius war ein Magier.

Das zweite Mal begegnete ich Moebius einpaar Jahre später in Angoulême. Es war derEröffnungsabend des Comicsalons, den ichdamals jedes Jahr besucht habe. In diesemJahr führte ich den geschätzten KollegenChristian Puille ein. Während der üblichenEröffnungsrede erkundeten wir die relativ leereStadt. Leer, weil alle Salonbesucher sich imVeranstaltungszelt drängten, um denAnsprachen und Glückwünschen der Honora-tioren zu lauschen. Nachdem schließlich dieReden gehalten worden waren und die Stadt

sich zu füllen begann, suchten Christian undich das Zelt auf, um uns unbedrängt ein Bildmachen zu können. Der Auftaktabend desSalons bietet die einzige Gelegenheit, dieeingerichteten Stände zu sehen, ohne inseinem Aktionsradius von Besuchermasseneingeschränkt oder gar in unerwünschte Zelt-Regionen hinein geschwemmt zu werden.

Christian und ich traten durch die Eingangs-planen ein und ich drehte, um ihn als seinLocation-Scout »vor Ort« willkommen zuheißen, mit ausgebreiteten Armen eineüberschwängliche Pirouette – und rempelteprompt jemanden an.

Nach einem geradebrechten »Excusez moi,monsieur!« blickte ich in Christians entsetztesGesicht. »Was ist denn los?«, wollte ich wissen.»D… d… du bist gerade Moebius auf den Fußgetreten!«, brachte er fassungslos hervor.

»Ja«, meinte ich, »alle großen Kollegenwerden hier sein. Da wird es sich nichtvermeiden lassen, einem auch mal etwasnäher zu kommen.« – »Aber das warMoebius!« – »Ich weiß, ich bin mal mit ihmüber die Alster gefahren. Er redet mitSchwänen, weißt Du …«

Um Christian ein wenig zu beruhigen,beschlossen wir, Moebius zu folgen, der ineinen Quergang abgebogen war. Wir sahen,wie er am Ende des Gangs mit einem Hammerherumfuchtelte und ein paar jungen LeutenAnweisungen erteilte, die mit der Ausschmü-ckung eines Messestands beschäftigt waren.Es handelte sich dabei um den Stand von LesHumanoïdes Associés, jenes Verlages, denMoebius 1975 mitgegründet hatte, um »MétalHurlant« zu publizieren. Und hier stand er nun,rund zwanzig Jahre später, erteilte Anwei-sungen, besorgte Werkzeug und kümmertesich um eine ansprechende Präsentation derProdukte, die er und seine Geschäftspartnerverkaufen wollten.

Moebius war also auch ein erfolgreicherUnternehmer in eigener Sache.

Er war außerdem eine inspirierende »GraueEminenz« hinter zahlreichen SciFi- undZeichentrickfilmen.

Er war ein Visionär. Kein Esoteriker, aber einGaukler. Ein Baumeister von Universen undLenker von Welten.

Er war all das und noch viel mehr.Aber vor allem war er ein herausragender

Kollege, ein Jahrhundert-Zeichner.Er wird uns fehlen.

Der Nachruf von Jens R. Nielsen entstand auf Bitten vonConstanze Spengler, IO-News-Redaktion

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News - April bis Juni 201212

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Page 13: Alfonz # 0b - April 2012

»Rächer sammeln!«Marvels Superhelden-GipfeltreffenThe Avengers kommt in die Kinos

Anders als bei Superman, Batman oderSpiderman klingelt es beim deutschen Durch-schnittsbürger nicht unbedingt beim Ausruf»Rächer sammeln!« Auch wissen hierzulande nureingefleischte Marvel-Fans, dass sich hierbeimindestens Captain America, Iron Man, Thor,der Hulk, Hawkeye und die Black Widow imsogenannten Avenger’s Mansion versammeln.Grund für eine solche Versammlung ist meistÄrger in globalem Ausmaß, dem nur ein ganzerHaufen Superhelden beikommen kann – wie zumBeispiel die Avengers, eine der dienstältestenHeldentruppen aus dem Hause Marvel.

Grosse Ereignisse werfen ihre Schattenbekanntlich voraus. Und so hatten die MarvelStudios bereits seit 2007 den Plan entworfen, diebekanntesten ihrer Superhelden zunächst inEinzelfilmen zu etablieren um sie dann imHerzstück The Avengers effektiv zusammenzu-führen. Nach den durchschlagenden Erfolgenvon Iron Man (2008) und The Incredible Hulk(2008) wurden die Fans sodann häppchenweisein Form von Teaser-Sequenzen am Ende derjeweiligen Solo-Abenteuer angefixt. Samuel L.

Jackson kam als Nick Fury, Agent vonS.H.I.E.L.D., dabei die verdienstvolle Aufgabe zu,die einzelnen Helden langsam aber sicherzusammenzutrommeln.

Die Rechnung ist bislang aufgegangen. Allebisherigen Superhelden-Verfilmungenentpuppten sich als kommerzielle Erfolge. Undso dürfen sich die gespannten Superhelden-Fansnun im April ansehen, was Regisseur JossWheldon (der seine Brötchen bisher haupt-sächlich als Co-Autor und Regisseur von TV-Serien wie Buffy the Vampire Slayer verdiente)aus dem Gipfeltreffen von »Earth’s MightiestSuper-Heroes« gemacht hat.

Der Plot lehnt sich an das allererste Avengers-Comic aus dem Jahre 1963 an, in dem Loki, derböse Halbbruder von Thor, den unglaublichenHulk für seine sinistren Pläne einspannt und ihngegen Iron Man, Thor, Ant Man und die Wespeaufhetzt. Die letzteren sind in der 220 MillionenDollar schweren Verfilmung zunächst unter denTeppich gekehrt und durch den BogenschützenHawkeye (Jeremy Renner) und die lasziverussische Geheimagentin Black Widow (ScarletJohansson) ersetzt worden, wobei die BlackWidow bereits in Iron Man 2 als Nebencharakterzu sehen war. Die beiden neuen Figuren stehenfür den menschlichen Part der Avengers, dennsie haben im Gegensatz zu ihren Team-Kollegenkeine wirklichen Superkräfte, sondern behauptensich allein durch Geschicklichkeit und Erfindungs-reichtum. Um die Leitwolf-Rolle bemühen sichTony Stark (Iron Man) und Steve Rogers (CaptainAmerica) – zwei Charaktere wie Tag und Nacht– der eine laut und deftig, der andereschweigsam und anständig. Thor widerum hatmit der Tatsache zu kämpfen, dass der Gegen-spieler der Avengers gleichzeitig auch sein Bruderist und Bruce Banner (der Hulk) muss eigentlichnur aufpassen, dass sein Adrenalinpegel nichtansteigt. Klar, dass das in so einem Film nichtrecht gelingen will.

In den meisten Rollen konnten die bekanntenGesichter aus den Einzelfilmen verpflichtetwerden (Chris Hemsworth als Thor, Chris Evansals Captain America und Robert Downey Jr. alsIron Man). Nur der Hulk wird anstatt von EdwardNorton diesmal von Mark Ruffalo verkörpert, derzuletzt für The Kids Are Alright mit Kritikerlobüberschüttet wurde. Böse Zungen behaupten,Norton sei nicht nur ein sehr großer Schauspieler,sondern leider am Set auch ein »sehr großesArschloch« gewesen. Ruffalo jedenfalls ließ sichbei diesem Angebot nicht zweimal bitten.

Wo in den Einzelabenteuern das jeweiligeUmfeld klar definiert ist gilt es bei den Avengersnun das schwelgerische Fantasy-Universum vonThor mit der kühlen High-Tech-Welt von Iron Manzu verbinden, ohne dass die ganze Chose in eineNummernrevue abdriftet. Ob das - wie in denbesseren Momenten der X-MEN-Filme - gelungenist, davon kann man sich ab dem 26. April imKino selbst überzeugen. Armin Hofmann

News - April bis Juni 2012 13

Reporter

nender Donaldist – dafür mitverantwortlich, dassdem erwachsenen Comic von Jahr zu Jahr mehrAufmerksamkeit zuteil wird. Das vom Litera-turhaus Hamburg, dem italienischen Kulturin-stitut der Hansestadt und weiteren Partnern zumersten Mal veranstaltete Festival besticht vorallem durch die eingeladenen nationalen undinternationalen ZeichnerInnen, die zu Diskus-sionen und Vorträgen eingeladen wurden: LineHoven (Liebe schaut weg), Ulli Lust (Heute ist derletzte Tag vom Rest deines Lebens), PosySimmonds (Tamara Drewe), Joe Sacco (Gaza),Ralf König (Antityp), Marc-Antoine Mathieu (3Sekunden), Igort (Berichte aus der Ukraine) undJens Harder (Alpha) werden gemeinsam mit denModeratoren Christian Gasser und AndreasPlatthaus talken und präsentieren, und imAnschluss an ihre jeweiligen Veranstaltungensicherlich auch signieren. Alle Programmpunkte,Uhrzeiten und Details auf www.literaturhaus-hamburg.de. [VH]

Fachzeitschrift JuLit erscheint mit Sondernummer zu ComicsJuLit ist die Zeitschrift des Arbeitskreises fürJugendliteratur e.V. und erscheint vierteljährlichals kleinformatige Publikation mit einem Umfangvon ca. 80 Seiten. Das vom Arbeitskreis mit vielSachverstand und Sorgfalt zusammengestellteMagazin widmet sich in der soeben erschienenenersten Ausgabe des Jahres 2012 den Ergeb-nissen eines im November 2011 veranstaltetenSeminars zum Thema »Comic - Manga -Graphic Novel«. Dort wurde festgestellt, dassauch unter den Experten der Kinder- undJugendliteratur durchaus Bedarf daran besteht,die »Phänomene Manga und Graphic Novelsinnvoll im Feld des Comics oder der Bildge-schichte zu verorten«. Ergänzt werden die Ergeb-nisse des Seminars um Beiträge von Journalistenund Wissenschaftlern, die im Comic-Journa-lismus keine Unbekannten sind: Bernd Dolle-

Weinkauff, Felix Giesa, Dietrich Grünewald undRalf Palandt widmen sich verschiedenenThemen, außerdem gibt es eine interessanteBesprechnung des Spielberg-Films »Die Aben-teuer von Tim und Struppi«. Ein Interview mitdem Zeichner Flix (Faust) und ein Werkstatt-besuch bei Isabel Kreitz (Haarmann) runden dielesenswerte Publikation ab. JuLit ist zum Einzelpreis von € 9,50 zu beziehenbei www.jugendliteratur.org/julit-2012-1.html.

[VH]

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Cancer WomanAutor / Zeichner: Marisa AcocellaMarchetto. Aus dem Amerikani-schen von Janina JoffeAtrium Verlag | SC | 224 Seiten |Farbe | € 22,95

Diagnose Krebs, genauer: Brustkrebs.Wie geht man(n) - oder in diesem Fallnatürlich Frau damit um? Frau verfälltentweder in schwere Depressionen,bekleidet von berechtigten Sorgen,Ängsten und einer gewissen PortionSelbstmitleid, sowie der alles entschei-denden Frage: »Wie geht es weiter?«

Oder aber sie rafft sich auf und ergreiftdiesen nicht zu unterschätzenden

Einschnitt in ihr Lebenals »Chance«, umihren bisherigenLebensstil, auch img e s u n d h e i t l i c h e nSinne, in Frage zustellen undgegebenen falls vonGrund auf zu ändern.

So macht es Marisa,43 Jahre alt, beinaheEhefrau eines »It«-Restaurantinhabersund Cartoonistin inNew York.

In cartoonistischerManier, mit spritzigenTexten und witzigen

Bildern, beschreibt Marisa biographischihren Leidensweg durch die Krankheitmit ihren Höhen und Tiefen und nimmtsich selbst dabei nicht ganz so ernst.

Wie soll sie alles unter einem Hutbekommen? Ihre Arbeit, die mit Abgabe-terminen drängt, ihre bevorstehendeHochzeit mit Silvano, deren Vorberei-tungen im vollen Gange sind, und die

bange Frage: Wird er sie nach dieserfurchtbaren Diagnose überhaupt nochwollen? Und wenn ja, ist es dannangebracht den Hochzeitstermin oderwohl besser den OP-Termin zu verlegen?

Außerdem sind da sowohl ihre vielenFreunde, die ihr mit gut gemeintenRatschlägen zur Seite stehen und dieTelefonleitungen glühen lassen, als auchihre exzentrische Mutter, die sie in besterAbsicht von einem Guru zum Nächstenschleift und ihr rät eine zweite Meinungeinzuholen, ohne dabei zu bedenken,dass Marisa gar nicht krankenversichertist und ihr die Kosten über den Kopfwachsen. Ganz zu Schweigen von derwichtigsten Frage überhaupt: Waspassiert mit ihren Haaren während derChemotherapie? Werden sie ausfallen?Ein absolutes »No Go«. Aber wie kannsie das verhindern?Cancer Woman basiert auf der wahren

Geschichte von Marisa AcocellaMarchetto, die 2004 mit der DiagnoseBrustkrebs konfrontiert wird und denKampf gegen den Krebs gewinnt.

Eine mitreisende, originell verpackteGeschichte, gebündelt in buntgrellenBildern, die viel preisgibt und unbeschö-nigte Einblicke gewährt in eine Welt, inder man, wenn einem das Schicksal holdist, möglichst niemals eintauchenmöchte. Selbst, wenn die witzigen Stellenteilweise über die Ernsthaftigkeit diesesThemas hinwegtäuschen und die etwasausschweifende detaillierte Schilderungüber ihre Chemotherapie dem Verlaufder Story etwas an Schwung nehmen, isteines sicher, an diesem Thema kommtman einfach nicht unberührt vorbei.Yvonne Knauer

Nico 1: Atomium-ExpressText: Fred Duval, Zeichnungen:Philippe Berthet. Aus dem Französi-schen von Fritz WalterZack Edition | HC | 56 Seiten |Farbe | € 14,95VZA | HC | 72 Seiten | lim. 222Expl. | € 29,95

»Das Merkwürdige an der Zukunft istwohl die Vorstellung, dass man unsereZeit einmal die gute alte Zeit nennenwird.« – Ernest Hemingway

Roswell 1947. Ein Ort, eine Jahreszahl.Man muss noch nicht mal ein UFO-Gläubiger sein, um zu wissen, was sichan jenem Ort in jenem Jahr abgespielthat. Ein Wetterballon stürzte ab. Das istdie offizielle Wahrheit. In der Welt dieserWahrheit leben wir, aber was, wenn esanders war, wenn an jenem Ort in NewMexico wirklich ein Ufo abgestürzt wäre,wenn die amerikanische Regierungbeschlossen hätte, diesen Umstand nichtgeheim zu halten?

Von diesem Gedankenspiel geht dieneue Serie Nico von Fred Duval undPhilippe Berthet aus. Es ist ein langerProlog, mit dem Autor und Zeichner ihreneue Welt kreieren. Präsident Trumanentscheidet, die Existenz des UFOsbekannt zu machen und mit allenerdenklichen Ressourcen des Landes ander Ausbeutung der Technologie zuarbeiten. Das Ziel: Die Sowjetunionabzuhängen und somit den Kalten Krieggleich im Keim ersticken.

Doch Genosse Stalin hat auch einenTrumpf in der Hand: Ein UFO, das inSibirien zur gleichen Zeit havarierte. »DieZukunft«, so verspricht Stalin, »wird nichtjener entsprechen, die Amerika vorher-zusehen scheint«. Die Haupthandlung

Comic Reporter - Rezensionen14

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MezekText: Yann, Zeichnungen: André Juillard. Aus dem Französischen von Eckart SchottSalleck Publications | Hardcover | 64 Seiten | Farbe | € 15.00. Es gibt eineVorzugsausgabe mit einem 24seitigen Skizzenteil, Halbleinen und einemvon Juillard signierten Druck, limitiert auf 200 Exemplare.

Hergé hat den Beginn des Nahost-Konflikts in seiner 1939 in Le Petit Vingtièmebegonnenen Tim und Struppi-Geschichte »Im Reiche des schwarzen Goldes« demComic-Leser erstmals vorgestellt. In dieser ersten Fassung seiner Geschichte, dieHergé zu Beginn der 1970er Jahre aufgrund der gravierenden politischen und gesell-schaftlichen Veränderungen umarbeiten sollte, stand Palästina noch unter britischemMandat, das 1948 aufgegeben wurde. Bereits im November 1947 war es aufgrundder Nichtanerkennung einer von der UN angestrebten Teilung Palästinas in einenarabischen und einen jüdischen Staat durch die Araber zu einem Bürgerkrieggekommen, der sich im Frühsommer 1948 zum Palästinakrieg ausweitete.

An dieser Stelle setzt die von Szenarist Yann (d.i. Yann Le Pennetier) in Mezek insze-nierte Geschichte ein, dem bislang neuesten Album aus der Feder des französischen

Zeichners André Juillard. Dem komplexen historischen Kontext weicht Yann geschickt aus, indem er die Liebesgeschichte(n)des Piloten Björn in den Mittelpunkt stellt, der sich als Söldner auf Seiten des gerade gegründeten Staates Israel verdingt.Die Motivation der von der israelischen Luftwaffe eingestellten Piloten beschränkte sich ohnehin mehr darauf, die umgebautenMesserschmidt-Flugzeuge aus Tschechien, auch Mezeks genannt, mit heiler Haut in die Luft und wieder herunter zu bekommenund dafür ausreichend Sold zu kassieren, um irgendwann einmal ein sorgenfreies Leben fern von Kriegen und Konfliktenführen zu können. Frankreichs ehemaliger Skandal-Szenarist Yann, der auch heute noch mitunter für kontroverse Geschichtensorgen kann, erzählt in Mezek eine ungewohnt zahme und geradlinige Abenteuergeschichte.

Fast ähnlich unaufgeregt setzte Juillard die Geschichte zeichnerisch um.Auffallend sind neben den überaus gelungenen Flugszenen die routiniert in Szenegesetzten Figuren, denen mitunter etwas mehr Lebendigkeit gut tun würde. Könntedas mit Juillards inzwischen auch schon wieder mehr als zehn Jahre währenderArbeit an der Serie Blake und Mortimer zu tun haben, die er in Anlehnung anden Vater der Serie, Edgar P. Jacobs, bewusst klar und schnörkellos gestaltet? EinBlick in den begleitenden Skizzenband zu Mezek, der in einer französischenAusgabe bei Le Lombard parallel zum Comic-Album erschien, gibt Auskunftdarüber, wie der Zeichner arbeitet. Und wir sehen eine große Ähnlichkeit zu denvorbereitenden Skizzen zu Blake und Mortimer. Volker Hamann ©

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Page 15: Alfonz # 0b - April 2012

setzt im für unsere Belange futuristischenJahr 1966 ein. Die Technik hat extremeFortschritte gemacht – und das aufbeiden Seiten des Eisernen Vorhangs.Der Kalte Krieg ist in vollem Gange unddie junge CIA-Agentin Nico stecktmittendrin.

Es ist die große Geschichte, die faszi-niert, aber es sind die kleinen Details,die diese Welt von gestern so reizvollmachen. In Nebensätzen nur fabuliertDuval, wie sich die Dinge veränderthaben könnten. Er erzählt von einemSteve McQueen, der nicht Schauspieler,sondern Agent wurde, von denGründern der Band Kraftwerk, die mitden Beatles umherziehen, von einemPräsident Kennedy, der nicht ermordetwurde, und einer Marilyn Monroe, diemit Isaac Asimov verheiratet ist. Manmuss nicht alle Anspielungen erkennen,aber sie bereichern die Geschichte.

Mit klarem Strich, an den KlassikerBlake & Mortimer erinnernd, lässt Berthetdiese Welt vor den Augen des Lesersentstehen und präsentiert doch mehr, alsan der puren Oberfläche schimmert. Inden Bildern kann man sich trotz schein-barer Schlichtheit verlieren. Herausge-rissen wird man nur durch das ausge-sprochen hässliche Lettering, das keineEinheit mit den Zeichnungen bildet,sondern in jeder Sekunde als Fremd-körper ins Auge sticht.

Weniger offensichtlich sind diebisweilen recht holprigen Dialoge, dieden Lesegenuss aber nicht weiter

behindern. Von der Einleitungabgesehen, geschieht in »Atomium-Express« eigentlich nur sehr wenig. DieWelt wird etabliert – und das gleichzweimal. Danach werden dieHandlungsträger positioniert, richtigFahrt aufnehmen wird die Geschichteaber wohl erst mit dem zweiten Band.

Neben der Normalausgabe gibt esauch eine 72-seitige Luxusausgabe mitSkizzen und einem limitierten Druck, derPop-Art-Fans in Verzückung versetzendürfe. Peter Osteried

Toriko Band 1Autor / Zeichner: Mitsutoshi Shima-bukuro. Aus dem Japanischen vonJürgen SeebeckKazé Manga | TB | 208 Seiten | s/w | € 6,50

»Ich töte Tiere nur, wenn ich sie essenwill! Wenn ich etwas nicht esse, töte iches nicht! So lautet meine Regel!«

Toriko ist ein Gourmet. Er ist jedochnicht irgendein Gourmet. Toriko ist derKönig unter den Delikatessenjägern, daseine Geschmacks- und Geruchsnervenbesonders stark ausgeprägt sind, und erist stets auf der Jagd nach denköstlichsten, außergewöhnlichsten undneuesten Geschmacksnoten, die seineWelt zu bieten hat. Dabei spielt es keineRolle, wie groß, stark odergiftig seine Beute ist, dieauf den Teller soll, oderwelche tödlichen Gefahrenmit ihrer Jagd verbundensind. Hauptsache»LECKER«. Ausgestattet mitSuperkräften, reichlichOptimismus und zweistarken Armen, die erselbst als »Messer« und»Gabel« bezeichnet, stürztsich Toriko munter voneinem Abenteuer in dasnächste und lässt sichdabei von nichts undniemanden aufhalten.

Unerschütterlich undtreu, aber wenig hilfreich,steht ihm der ängstliche 5-Sterne-Koch Komatsu zurSeite, selbst wenn es sichbei ihrer Auftragsbeute für einenGourmettempel um einen 300 jährigen,gigantischen achtbeinigen, schierunbesiegbaren Aggrogator, einenSuperalligator, handelt. Könnte dessenFleisch wohl das neue Gaumenerlebniswerden, das es auf Torikos ganz persön-lichen Menü-Plan schafft?

Mitsutoshi Shimabukuros »ShonenJump« Manga Toriko besticht durch seinwunderbares Zeichenstilmenü, gewürztmit sympathischen Charakteren und vielWitz, durch welches das Lesen noch malsoviel Spaß macht, sowie mit einerfantastischen Geschichte, in der fürausreichend Action gesorgt ist.

Die Handlung glänzt nicht nur mitfremden Delikatessen, bei derenBeschreibung einem das Wasser imMund zusammen läuft, sie macht auchLust auf mehr, Toriko! Denn wer hätte alsDessert nicht gerne zur Abwechslungeine wundersame, exotische »Regenbo-genfrucht auf seinem Speiseplan, derenGeschmack sich je nach Temperaturverändert? In diesem Sinne: Wohlbekomm’s! Yvonne Knauer

Comic Reporter - Rezensionen 15

ReporterBlutrotkäppchenText/Zeichnungen: David FülekiOriginalausgabeTokyopop | TB | 136 Seiten | s/w undFarbe | € 5,00

Schon die Version der Gebrüder Grimmdes Märchens »Rotkäppchen« ist näherbetrachtet recht bizarr. Dass man diesebesondere Eigenartigkeit jedoch nochweiter treiben kann, beweist der deutscheZeichner, Autor und Sondermann-Preis-träger 2011 David Füleki mit seinemManga Blutrotkäppchen, der jüngst beiTokyopop erschienen ist. Held derGeschichte und bekannte Figur aus Fülekistollwütigem Universum ist Entoman, derauch in dieser Geschichte seine Schlagfer-tigkeit mit Kraft und derben Sprüchenbeweist.

Indem der Zeichner die klassische Rotkäppchen-Geschichte drastisch weiter-spinnt, entwickelt sich eine so blutige wie tragische Geschichte, die Füleki immerwieder mit parodistischen Einlagen unterläuft und so gleichermaßen dieHandlung mit Spannung und Humor vorantreibt: Der gelbe Erpel ziehtRotkäppchen-gleich mit einem Carepaket in den Wald, Rotkäppchen selbst isteine hasserfüllte, mörderische und gutaussehende Ausgeburt eines amorphen,auf Rache sinnenden Wesens und der böse Wolf? Nun, dem sind alle Zähneausgefallen und er lebt reumütig im Wald.

Ohne hier den genauen Handlungsverlauf zu verraten, sei jedoch klar: IndemFüleki das vertraute Märchen und gleichzeitig auch die gängigen Interpretationendesselben auf den Kopf stellt, wartet diese Märchen-Adaption mit einer ordent-lichen Portion skurrilem Humor, Trash und Action auf und unterhält den Leser sosehr gut. Das liegt sowohl an den lässigen Sprüchen Entomans als auch anFülekis legerer Panelanordnung, an dem unterhaltsamen Manga-Stil und denextravaganten Figuren, die vereinzelt – wie zum Beispiel die Figur des Jägers –auch aus den Welten Eiichiro Odas stammen könnten. Die Printversion desursprünglichen Webcomics bringt ihren eigenen Charme und kleine erzählerischeSpielereien mit und wird so zu einem kurzweiligen Comic-Spaß. Ein Muss fürjeden Entoman-Fan! Lisa Schöttler

Unbedingt empfehlenswert

Gut und sein Geld wert

Solide gemacht

Streckenweise passabel

Muss man nicht haben

Kein Stern Müll

ALFONZ-Wertung

© Füleki / Tokyopop

© Kazé Manga

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Page 16: Alfonz # 0b - April 2012

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