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5 5 Indikationen B. Khanavkar, S. Ewig, K. Darwiche, E. Hecker, J. Volmerig, M. Bollow 5.1 Diagnostische Bronchoskopie – 93 5.1.1 Tumordiagnostik – 93 Wann ist eine Bronchoskopie zur Frage Lungentumor indiziert? – 95 Zentral sichtbare Tumoren – 96 Periphere Tumoren – 101 Lymphknotenstaging – 105 Endoskopische Tumornachsorge – 107 5.1.2 Sonderfall Frühkarzinom – 107 Intraepidermale Frühkarzinome – 109 Small noncalcified pulmonary nodules (SPN) – 112 5.1.3 Bronchoskopische Erregerdiagnostik bei bronchopulmonalen Infektionen – 113 Methodik der Gewinnung bronchoskopischer Sekrete – 114 Methodik der Verarbeitung bronchoskopischer Sekrete – 115 Akute Exazerbation der COPD und Bronchiektasen – 116 Ambulant erworbene Pneumonien – 116 Therapieversagen nach Arbeitsdiagnose ambulant erworbene Pneumonie – 117 Nosokomiale Pneumonien – 118 Schwere Pneumonien unter Immunsuppression – 121 Tuberkulose und atypische Mykobakterien – 123 5.1.4 Bronchoskopische Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen – 124 Indikationen zur Bronchoskopie – 125 5.1.5 Hämoptysen ohne radiologisches Substrat – 134 5.1.6 Chronischer Husten – 134 5.1.7 Vocal cord dysfunction (VCD-Syndrom) – 135 5.2 Therapeutische Bronchoskopie – 135 5.2.1 Atemwegsmanagement – 135 Maligne Atemwegsstenose – 135 Benigne Trachealstenose – 138 Tracheoösophageale Fistel – 140 Tracheomalazie – 141 Benigne Bronchusstenose – 142 5.2.2 Bronchiallavage – 143 5.2.3 Fremdkörperextraktion – 144 5.2.4 Spezialfälle – 145 Alveolarproteinose – 145 Hämoptoe – 145 Bronchopleurale Fistel/Stumpfinsuffizienz – 148 Intrabronchiale Medikamentenapplikation – 149

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5 Indikationen B. Khanavkar, S. Ewig, K. Darwiche, E. Hecker, J. Volmerig, M. Bollow

5.1 Diagnostische Bronchoskopie – 93

5.1.1 Tumordiagnostik – 93 Wann ist eine Bronchoskopie zur Frage Lungentumor indiziert? – 95 Zentral sichtbare Tumoren – 96 Periphere Tumoren – 101 Lymphknotenstaging – 105 Endoskopische Tumornachsorge – 1075.1.2 Sonderfall Frühkarzinom – 107 Intraepidermale Frühkarzinome – 109 Small noncalcified pulmonary nodules (SPN) – 1125.1.3 Bronchoskopische Erregerdiagnostik bei bronchopulmonalen

Infektionen – 113 Methodik der Gewinnung bronchoskopischer Sekrete – 114 Methodik der Verarbeitung bronchoskopischer Sekrete – 115 Akute Exazerbation der COPD und Bronchiektasen – 116 Ambulant erworbene Pneumonien – 116 Therapieversagen nach Arbeitsdiagnose ambulant erworbene

Pneumonie – 117 Nosokomiale Pneumonien – 118 Schwere Pneumonien unter Immunsuppression – 121 Tuberkulose und atypische Mykobakterien – 1235.1.4 Bronchoskopische Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen – 124 Indikationen zur Bronchoskopie – 1255.1.5 Hämoptysen ohne radiologisches Substrat – 1345.1.6 Chronischer Husten – 1345.1.7 Vocal cord dysfunction (VCD-Syndrom) – 135

5.2 Therapeutische Bronchoskopie – 135

5.2.1 Atemwegsmanagement – 135 Maligne Atemwegsstenose – 135 Benigne Trachealstenose – 138 Tracheoösophageale Fistel – 140 Tracheomalazie – 141 Benigne Bronchusstenose – 1425.2.2 Bronchiallavage – 1435.2.3 Fremdkörperextraktion – 1445.2.4 Spezialfälle – 145 Alveolarproteinose – 145 Hämoptoe – 145 Bronchopleurale Fistel/Stumpfinsuffizienz – 148 Intrabronchiale Medikamentenapplikation – 149

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5.3 Bronchoskopische Lungenvolumenresektion – 150

5.3.1 Einleitung – 150 Konservative Therapie des Lungenemphysems – 150 Operative (offen-chirurgische oder thorakoskopische) Therapie

des Lungenemphysems – 150 NETT-Studie – 1505.3.2 Entwicklung der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion – 1515.3.3 Ein- und Ausschlusskriterien der BLVR – 1525.3.4 Klinisch-technische Evaluation – 1525.3.5 Rehabilitation – 1525.3.6 Ventilimplantation – 1525.3.7 Risiken – 1535.3.8 Nachbehandlung – 153

Literatur – 154

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5.1 Diagnostische Bronchoskopie

5.1.1 Tumordiagnostik

Die derzeit neben der Erregerdiagnostik häufigste Indika-tion zur flexiblen Bronchoskopie ist der Einsatz im Rahmen der pneumologischen Tumordiagnostik. Radiologische Methoden sind trotz des enormen Fortschrittes in der Bild-gebung allein nicht in der Lage, eine Gewebediagnose zu liefern. Die Epidemie der Lungenkarzinome hält auf Grund der Latenzzeit der Tumorentwicklung trotz abnehmenden

. Tab. 5.1. Liste der Indikationen zur Bronchoskopie (Augusta-Kranken-Anstalten, Bochum, 2007)

Indikation Fallzahl Anteil

Tumorverdacht 240 32,4%

Erregerdiagnostik 111 15,0%

Unklares Infiltrat 70 9,5%

Lymphknotenvergrößerung 44 5,9%

Interstitielle Erkrankungen 33 4,5%

Hämoptysen 30 4,0%

Sonstige 18 2,4%

Nachsorge 15 2,0%

Husten 14 1,9%

Sarkoidose 5 0,7%

Tumorpositive Zytologie 1 0,1%

Therapeutische Eingriffe 160 21,6%

. Abb. 5.1a–c. Lungenkarzinom mit zentralem Sitz. a Projektions-radiographie des Thorax eines Patienten mit Hämoptysen. Auffällig ist die Strukturvermehrung und Unschärfe des linken Hilus. b Computer-tomogaphie in einer Schicht im Mediastinalfenster durch Hilushöhe. Tumormassen anterior und posterior des linken Hauptbronchus kommen zur Darstellung und ein Tumoreinbruch in Höhe des Ober-lappenabgangs (Plattenepithelkarzinom). c Endoskopisches Bild zu . Abb. 5.1b. Unten im Bild die Oberlappenkarina links, im Ostium ventral und dorsal vulnerable Tumorvegetationen

7

a

b

c

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

Die prozentuale Verteilung der Indikationen zur Bronchos-kopie richtet sich nach dem vom Untersucher bedienten Klientel. Forschungseinheiten werden die Untersuchung allein zu diagnostischen Zwecken einsetzen, auf Intensiv-stationen ist der Anteil der therapeutischen Bronchosko-pien groß. Ambulant durchgeführte Untersuchungen er-folgen meist mit diagnostischen Fragestellungen. In einer Krankenhaus-basierten Bronchologie-Einheit machen die diagnostischen Indikationen etwa drei Viertel der Gesamt-untersuchungszahlen aus (. Tab. 5.1).

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Kapitel 5 · Indikationen94

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Zigarettenkonsums an. Die Lunge als Manifestationsort für Metastasen anderweitig lokalisierter Primärtumoren spielt für die endoskopische Diagnostik angesichts der Fort-schritte in der Metastasenchirurgie und maßgeschneiderter Chemotherapiekonzepte ebenfalls eine zunehmende Rolle. Zu unterscheiden sind die Tumorlokalisationen zentral und peripher, da diese wesentliche Auswirkungen auf die zur Anwendung kommende Methodik bedeuten (. Abb. 5.1 und 5.2). Zentral sichtbare Tumoren werden unter opti-scher Kontrolle biopsiert, periphere Tumoren müssen son-diert werden, entweder unter Zuhilfenahme einer Durch-

leuchtung oder einer Ultraschallsonde. Neuere Methoden der Lokalisation mittels elekromagnetischer Steuerung sind bisher Spezialzentren vorbehalten.

Lungenkarzinome weisen eine bevorzugte Lokalisation innerhalb des Bronchialsystems auf. Etwa zwei Drittel der Prozesse manifestiert sich in den Oberlappen. Diese bevor-zugte Lage stellt besondere Anforderungen an das Instru-mentarium und das Können des Endoskopikers.

In den letzten Jahrzehnten hat eine Häufigkeitsver-schiebung zugunsten peripherer Raumforderungen statt-gefunden. Das Adenokarzinom der Lunge ist im Vergleich zum Plattenepithelkarzinom die prädominante Manifes-tationsform dieses Tumorleidens, eine Beobachtung, die auf die in den letzten Jahrzehnten erfolgte Umstellung der Rauchgewohnheiten auf Filterzigaretten mit niedrigerem Nikotingehalt zurückgeführt wird. Da Adenokarzinome im Gegensatz zum zentral lokalisierten Plattenepithelkar-zinom häufig als periphere Rundherde entstehen, gewinnt die transbronchiale Biopsie zunehmend an Bedeutung. Sie steht in direkter Konkurrenz zur CT-gesteuerten Punktion von perthorakal (. Abb. 5.3).

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bronchosko-pie ist die Anfertigung einer Computertomographie des Thorax in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Un-tersuchung. Hierdurch wird das Verhältnis des Tumors zu den Atemwegen klar, zusätzlich ist Information über den Lymphknotenstatus (N-Klassifikation) und mögliche Zweitkarzinome bzw. pulmonale oder ossäre Metastasen (M-Klassifikation) abrufbar (. Abb. 5.4). Die Schnittbild-gebung beeinflusst das endoskopische Vorgehen. Es ver-steht sich von selbst, dass die Röntgenstudien als Ausdruck oder Datensatz vorhanden sein müssen. Ein Befund allein reicht als Grundlage für die Bronchoskopie in keinem Fall aus.

. Abb. 5.2a und b. Lungenkarzinom mit peripherem Sitz. a Projek-tionsradiographie des Thorax eines Patienten mit Rückenschmerzen und produktivem Husten. Subklavikulär links zeigt sich eine diskrete Verdichtung. b Computertomographie in einer Schicht im Lungen-fenster subklavikulär, linksseitig 2 cm großer weichteildichter Rund-herd mit Ausziehungen, sog. Krebsfüßchen (niedrig differenziertes Adenokarzinom mit ausgedehnten ossären Wirbelkörpermetastasen)

a

. Abb. 5.3. Computertomographische Darstellung einer Nadelpunk-tion eines Lungenrundherdes im linken Oberlappen, Patient in Bauch-lage. Mit der 19-G-Nadel kann ein Gewebszylinder für die Histologie gewonnen werden

b

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Tipps

Die Bronchoskopie mit all ihren Möglichkeiten steht nicht isoliert als Diagnoseinstrument zur Verfügung. Ihr Einsatz im Gesamtkonzept für den Patienten bedarf sorgfältiger Planung und Abstimmung mit dem den Patienten betreuenden Team. Ein operabler Herd be-darf eines Lymphknotenstagings, das während der diagnostischen Bronchoskopie bereits versucht werden sollte. Liegen jedoch schon Fernmetastasen vor oder ist ein operatives Vorgehen aus funktionellen Gründen nicht möglich, kann auf die Lymphknotenpunktion für Staging-Zwecke verzichtet werden.

Wann ist eine Bronchoskopie zur Frage Lungentumor indiziert?Radiologische Veränderungen, die zufällig oder aufgrund von Symptomen erhoben wurden, stellen eine eindeutige Indikation zur Bronchoskopie dar. Zuvor sollte unbedingt geklärt werden, ob in früher angefertigten radiologischen Studien die Veränderung bereits dargestellt ist (»Vorauf-nahmen«). Aus diesem Vergleich können 2 Konsequenzen erwachsen: 4 Der Herd besteht in gleicher Formation und Größe

schon auf Voraufnahmen. In diesem Fall ist das Zeitin-tervall zwischen den Aufnahmen wichtig. Ein Abstand von 6 Monaten reicht nicht, um eine Veränderung mit Sicherheit als gutartig zu klassifizieren. Eine Kontroll-aufnahme weitere 6 Monate später empfiehlt sich.

4 Ist der Herd auf der Voraufnahme nicht dargestellt oder kleiner, kann eine Proliferation angenommen werden. Eine Bronchoskopie und weiteres diagnostisches Proce-dere sind unbedingt angezeigt.

Zum Vergleich genügt in keinem Fall der Befund einer Röntgenstudie, sondern immer auch das Sichten der Origi-nalaufnahmen. Ein erheblicher Prozentsatz kleinerer Herde ist retrospektiv auf Voraufnahmen zu identifizieren. Es be-steht eine klare umgekehrte Korrelation zwischen Herd-größe und dem prozentuellen Anteil übersehener Läsionen. Eine leichtere Übung, einen Patienten von einer schweren Sorge zu befreien, ist kaum vorzustellen, als ihn durch Ein-sehen einer Voraufnahme »gesundzusprechen«.

Über die Notwendigkeit einer Bronchoskopie im Rah-men der Abklärung eines nicht-infektiösen Pleuraergusses kann gestritten werden. Kleinere Karzinome in kompri-miertem Lungengewebe können der CT-Diagnostik zwar entgehen, diese entziehen sich jedoch auch der endoko-pischen Diagnose. Eine endoskopisch zu diagnostizierende zentrale Raumforderung kann in der Regel unter Zuhilfe-nahme von Kontrastmittel einwandfrei identifiziert wer-den. In diesem Fall ist die Bronchoskopie zur Gewebsge-winnung indiziert. Ohne Anhalt für eine zentrale Raumfor-derung ist der diagnostische Gewinn durch eine Bronchos-kopie jedoch zu vernachlässigen.

Erstmalige Hämoptysen sollten in jedem Fall zu einer Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane Anlass geben, zunächst als Übersichtsaufnahme. Ist der Patient mit einem Risiko für Lungenkarzinome belastet, sollten immer auch eine Computertomographie der Thoraxorgane und eine Bronchoskopie folgen. Gleiches gilt für die Erst-manifestation eines über 4 Wochen persistierenden

Hustens und für die Änderung des »Hustencharakters« bei Bronchitikern.

Erhöhtes Lungenkrebsrisiko

4 Lebensalter über 60 Jahre4 Zigarettenrauchen (>20 Packungsjahre, früher Be-

ginn der Rauchgewohnheit)4 Berufliche Exposition (Asbest, Chromate, Uranberg-

bau)4 Positive Familienanamnese

Rezidivierende pneumonische Infiltrate in derselben Lungenregion sind eine weitere wichtige Indikation zum endoskopischen Ausschluss einer zentralen Obstruktion (. Abb. 5.4 und 5.5). Eine komplikationslos abheilende ambulant erworbene Pneumonie dagegen stellt selbst bei einem Raucher ohne weitere Begleitumstände keine Not-wendigkeit zur Bronchoskopie dar.

Die Frage der Bronchoskopie im Rahmen der »Tumor-

suche« (Gewichtsabnahme, sonstige paraneoplastische Er-

. Abb. 5.4. Computertomographischer Schnitt im Mediastinalfens-ter. Der Tumor (T) vom Lingulasegment ausgehend ist angeschnitten. Rechtsseitig medial der Aufteilung des Zwischenbronchus findet sich ein 2 cm großer Lyphknoten. Kann ein Befall mittels Nadelpunktion bewiesen werden, handelt es sich um eine Stadium N3 mit den daraus erwachsenden Konsequenzen für die Therapierbarkeit und Prognose. Der Pleuraerguss links ist tumorzellfrei

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen96

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scheinungen) mit unauffälliger Thorax-CT wird dem Bron-choskopiker oft gestellt. Die Qualität der aktuellen Schnitt-bilddiagnostik reicht für die Darstellung selbst kleiner Lungentumoren aus. In der Schnittbildtechnik okkulte Kar-zinome, die endoskopisch erfassbar wären, sind als Früh-karzinome zu klassifizieren. Ihre Bedeutung für ein Krank-heitsbild, das ein fortgeschrittenes Stadium repräsentiert, ist zu vernachlässigen. Daher kann unter Voraussetzung einer Thorax-CT ohne tumorverdächtigen Befund auch bei Risikopatienten für ein Lungenkarzinom auf eine Bron-choskopie verzichtet werden, wenn keine neu aufgetretene bronchopulmonale Symptomatik vorliegt.

Bronchoskopien als Screening-Untersuchungen für Risiko- oder Hochrisikopatienten werden in 7 Kap. 5.1.2 thematisiert. Kurz zusammengefasst: Selbst vielverspre-

chende Daten für die Autofluoreszenzbronchoskopie zur Frühdiagnose des Lungenkarzinoms im Rahmen wissen-schaftlicher Untersuchungen rechtfertigen den Routine-Einsatz noch nicht. Eine Bronchoskopie zur Vorsorge für starke Raucher kann im Einzelfall gerechtfertigt werden, ist aber keine allgemeine Indikation zur Untersuchung.

Auch die Bitte, für karzinophobe Patienten endoko-pische Gewissheit zu schaffen, muss sehr kritisch überdacht werden. Insbesondere Patienten mit einem niedrigen Ri-siko für eine Lungenkarzinomentwicklung unterliegen der Möglichkeit falsch positiver Befunde (Problematik der niedrigen Vor-Test-Wahrscheinlichkeit). Gelegentlich wird das Problem durch die Entscheidung zur Bronchoskopie daher vergrößert.

Für jede Fragestellung, so auch diese, ist die Indikation zur diagnostischen Bronchoskopie immer im Licht der da-raus erwachsenden therapeutischen Konsequenzen zu be-urteilen. Auch für einen demenzkranken, bettlägerigen Pa-tienten kann eine Bronchoskopie wegen einer radiologisch tumorverdächtigen Veränderung (z. B. Oberlappenkaverne) Sinn machen, wenn die Differenzialdiagnose einer offenen Tuberkulose besteht. Andererseits kann bei einem respirato-risch symptomfreien Patienten mit einer ausgedehnt metas-tasierten Tumorerkrankung, deren wahrscheinliche pulmo-nale Genese aus einer Metastasenhistologie bekannt ist, auf eine Bronchoskopie verzichtet werden.

Zentral sichtbare TumorenAufgaben für die Endoskopie in dieser Situation sind die feingewebliche Diagnosesicherung und so weit als möglich die Datenerfassung für die weitere Therapieplanung. Dazu gehören das intrathorakale Staging, für zentrale Tumoren insbesondere die Festlegung ihrer Position in Bezug auf po-tenzielle Absetzungsstellen (ggf. Stufenbiopsien), aber auch Information für mögliche Interventionen zur Palliation bei fortgeschritteneren Bronchialkarzinomen.

Wachstumsmuster von Neubildungen im Bronchial-bereich folgen zwei hauptsächlichen Prinzipien. Es gibt im Bronchiallumen proliferierende Prozesse (exophytisch; . Abb. 5.6) und submukös oder intramural ausgebereitete Tumoren (. Abb. 5.7). Das Wachstumsmuster lässt bereits eine Abschätzung der zugrunde liegenden Histogenese zu. Kleinzellige Karzinome wachsen oft submukös und komprimierend, während Plattenepithelkarzinome, meist mit zentralem Sitz, wie auch manche Metastasen anderen-orts lokalisierter Primärtumoren (Kolon- oder Rektumkar-zinom, Nierenzellkarzinom) endoluminal proliferieren (. Abb. 5.8). Pulmonale Adenokarzinome können sich exo-phytisch, submukös oder in Kombination ausbreiten.

Exophytisches Tumorwachstum

Diese unterschiedlichen Ausbreitungsmuster haben Aus-wirkungen auf die Methode der Probengewinnung und auch auf die zur Anwendung kommenden Rekanalisie-rungsverfahren für interventionelles Atemwegsmanage-

. Abb. 5.5 a und b. Pneumonisches Infiltrat. a In der Projektions-radiographie imponiert ein flächiges Infiltrat im rechten Unterlappen. b Die Computertomographie in einem Schnitt im Parenchymfenster bestätigt das Vorliegen eines dichten Infiltrates, zum Teil mit Air-Bron-chogrammen. Histologisch handelte es sich jedoch um ein pneumo-nisches oder Alveolarzellkarzinom

a

b

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ggf. abgetragen bzw. durch Sog vor der repräsentativen Probenentnahme entfernt werden. Zur Vermeidung von Komplikationen durch Blutaustritt ist an einer distalen Tu-morregion bevorzugt zu biopsieren. Nicht selten sind intra-luminale Geschwülste noch mit einer Mukosaschicht überzogen, in der sich histologisch lediglich dysplastische Veränderungen darstellen lassen. Das ungeordnete Tumor-wachstum führt zwar zur Ausbildung von Blutgefäßen (. Abb. 5.9 und 5.10), meist ist jedoch, normale Gerin-nungsparameter vorausgesetzt, auch eine Gewebeentnah-me ohne Blutungskomplikation auszuführen.

Pathologen weisen oft auf das Problem der Diagnose eines mehrere cm großen Tumors angesichts von Proben von nur wenigen mm hin. Wenn ein exophytisches Wachs-tumsmuster vorliegt, eignen sich diese für die in der neue-ren Literatur als Kryobiopsie bezeichnete Gewebeentnah-me. Das brüchige Tumorgewebe lässt sich in großen Bro-cken mit einer speziell konstruierten Kryotherapiesonde anfrieren und »abpflücken« (. Abb. 5.11). Dabei ist eine Wandadhäsion durch den Sondenkopf zu vermeiden. Die Bronchialwand gibt auf Zug nicht nach und auch ange-frorene Tumoranteile können nicht entfernt werden. Der Frierzyklus solle idealerweise mitten im Tumorgewebe er-folgen. Die so gewonnene Biopsie kann selbstverständlich nicht durch den Arbeitskanal entfernt werden. Ist diese Art der Biopsie vorgesehen, sollte der Patient für die Unter-suchung intubiert werden. Der Pathologe erhält somit an-schließend reichlich repräsentatives Material. Als Neben-effekt stellt sich gelegentlich bereits durch diese Maßnah-me eine Rekanalisation eines verschlossenen Bronchial-lumens ein. Dieses Manöver kann durchaus am sedierten Patienten in Lokalanästhesie erfolgen.

. Abb. 5.6. Exophytisch wachsender Tumor mit kompletter Ver-legung des Zwischenbronchus – Plattenepithelkarzinom

. Abb. 5.7. Submuköses Wachstumsmuster eines nicht kleinzelligen Karzinoms im linken Lungenunterlappen, das das Ostium durch Kom-pression verschließt

. Abb. 5.8. Brüchiges Tumorgewebe einer endobronchialen Kolon-karzinommetastase mit Verschluss des Bronchiallumens

ment. Exophytische »blumenkohlartige« Neoplasien sind bei einer einfachen Zangenbiopsie gut zugänglich (Technik: 7 Kap. 3.2.7). Zuvor müssen kurz die Kontraindikationen des Einsatzes überprüft werden. Stimmen die Gerinnungs-parameter? Das Gewebe ist oft weich, brüchig und mühelos zu mobilisieren. Wesentlich ist die Auswahl vitalen Ge-webes für die Biopsie und eine ausreichende Tiefe der Probe-entnahme. Offensichtlich nekrotische Oberflächen sollten

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen98

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Ergebnisse. Die Treffsicherheit der Zangenbiopsie für exo-phytische Tumoren sollte über 80% liegen. Eine Steigerung der Ausbeute kann durch das Anfertigen von Imprint-präparaten erreicht werden (7 Kap. 3.1.5). Der zusätzliche Gewinn für Biopsien im sichtbaren Bronchialbereich ist jedoch gering. Niedrigere Ausbeuten als 80% lassen ver-muten, dass die Indikation zur Zangenbiopsie nicht kor-rekt gestellt wurde. Die korrekte Interpretation des Wachs-tumsmusters spielt hier eine entscheidende Rolle. Submu-

köses Tumorwachstum ist durch Biopsien der oberfläch-lichen Schleimhautschichten meist nicht erfassbar. Durch Lymphödem verursachte Schleimhautschwellung kann als exophytisches Tumorwachstum fehlgedeutet werden (. Abb. 5.7).

Länge des tumorbefallenen Bronchialabschnittes. Neben der Gewebediagnose ist soweit möglich die Länge des tu-morbefallenen Bronchialabschnittes festzulegen. Hierfür sollte nach Dokumentation und Gewebeasservierung das Bronchoskop an der Tumormasse vorbei (als Schiene kann eine intakte Bronchialwand dienen) in die Peripherie vor-geschoben werden. Mit leichtem Druck ist dies prinzipiell durchaus auch bei das Lumen komplett okkludierenden Verschlüssen möglich. Fast regelmäßig kommt hierdurch die Sicht abhanden durch Blut und hinter dem Verschluss gestaute Sekrete. Mit vorsichtiger Spülung und Absaugen beim Rückzug sowie mehrfachen Passagen gelingt es je-doch häufig, distalere Bronchialabschnitte einzusehen. Die Länge des befallenen Bronchialabschnittes ist leicht zu be-stimmen, indem die retrahierte Distanz (Tumorunterrand bis zur proximalsten Stelle) außerhalb des Patienten ver-messen wird (. Abb. 5.12). Eitriges poststenotisches Sekret sollte bei dieser Gelegenheit zur mikrobiologischen Ana-lyse asserviert werden.

Differenzialdiagnose. Differenziert werden müssen aller-dings bei den intraluminalen Prozessen benigne Tumoren. Typischerweise bieten diese eine kugelige Struktur mit rela-tiv glatter Oberfläche. Sowohl Fibrome als auch Karzinoide können durch ein kräftiges zuführendes Gefäß versorgt sein, das bei einer Verletzung nach Zangenbiopsie ausge-

. Abb. 5.9. Endobronchiale Tumorknospe eines pulmonalen Adeno-karzinoms

. Abb. 5.10. Im NBI-Modus deutliche Darstellung der Tumorvaskula-risation (identische Lokalisation wie in . Abb. 5.9)

. Abb. 5.11. Kryosonde im Tracheallumen mit anhaftendem, bereits von der Bronchialwand losgelöstem Teil eines exophytischen Tumors

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prägt arteriell bluten kann. Zudem ist eine ganz oberfläch-liche Biopsie für diese Prozesse wegen der überziehenden intakten Mukosa meist nicht diagnostisch. Zu überlegen ist in dieser Situation, die Untersuchung als starre Bronchos-kopie fortzusetzen oder tiefere Gewebsschichten durch eine Nadelbiopsie zu erreichen, um zumindest eine Zytologie zu erhalten (. Abb. 5.13).

Ein glatter, polypartig konfigurierter, nicht immer pul-sierender Tumor kann im Zusammenhang mit Hämopty-sen eine Dieulafoix-Läsion sein und sollte unbedingt un-verletzt bleiben. Die Blickdiagnose ist hier besonders wich-tig. Erfahrungen mit der endobronchialen Sonographie für diese seltene Diagnose bestehen noch nicht.

Submuköses bzw. intramurales Tumorwachstum

Submuköses oder intramurales Tumorwachstum kann ebenfalls von endobronchial charakterisiert werden. Anzei-chen für diese Art der Tumorausbreitung sind Schleim-hautverstreichung, Gefäßdilatation oder Kompression des Lumens, Aufspreizung von Karinen oder vermehrte Wand-steifigkeit. Auch Schleimhautaufwerfungen ergeben sich gelegentlich in Folge eines gestörten Lymphabflusses und täuschen Tumorproliferation vor.

Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostisch kommt für eine nur diskrete Ausprägung solcher Veränderungen auch die schwere Entzündung oder die Stauungsbronchitis (. Abb. 5.14) als Ursache in Betracht. Eine Wandversteifung ergibt sich aber bei rein entzündlichen Prozessen nicht.

. Abb. 5.12. Längenbestimmung einer Tumorstenose: Das Bron-choskop befindet sich am distalen Stenoseende (blau). Die Austritt-stelle an der Nase wird markiert. Das Bronchoskop wird bis zur proxi-malen Begrenzung der Stenose retrahiert (grün) über die Strecke S. Der Länge dieser Strecke entspricht die Strecke S’ von der Markierung bis zum Naseneingang

. Abb. 5.13. Nadelbiopsie eines vermeintlichen Karzinoids, die Na-delspitze ist bis zum Anschlag der Hülse im Tumor versenkt (12 mm)

. Abb. 5.14. In Längsrichtung des Bronchialverlaufes erweiterte Blutgefäße im Hilusbereich, meist beidseits, sind eine Manifestation einer chronischen kardialen Lungenstauung. Dieses Bild wird als Stau-ungsbronchitis bezeichnet

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen100

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Tipps

Im Bereich eines Ostiums mit Rötung, Verquellung und Lumeneinengung unter Sicht der Wand leichten Sog ausüben. Entzündlich alterierte Schleimhaut bleibt weich und folgt dem Sog. Infiltrierte Mukosa bewegt sich nicht. Im Bereich der Wandversteifung ist die Aus-beute einer Nadelbiopsie gut.

Eine weitere gelegentlich bei Individuen mit Bergbauanam-nese anzutreffende nicht maligne Erscheinung kann Steno-sen und Wandversteifungen verursachen. In den patholo-gischen Bezirken imponieren anthrakotische Plaques mit derber Gewebekonsistenz. Hierdurch können Bronchiallu-mina komplett obliteriert oder so eingeengt sein, dass eine Passage mit dem Bronchoskop nicht möglich ist. Die diffuse Ausbreitung im zentralen Bronchialsystem und die auffäl-lige schwarze Färbung der Plaques ermöglichen die Unter-scheidung zu neoplastischen Stigmata (. Abb. 5.15).

Zangen- oder Nadelbiopsie? Eine Zangenbiopsie im Be-reich submukösen Tumorwachstums liefert oft nur eine enttäuschende Ausbeute. Herkömmliche, flexibel einge-setzte Zangenbranchen können die Bronchialwand nicht komplett durchdringen. In dieser Situation ist der Einsatz der flexiblen Nadel erforderlich, oft auch ohne endosono-graphische Bildgebung erfolgreich. Es ist allerdings von Vorteil, den Punktionsort im Zielgebiet geringfügig zu wechseln und nicht mehrfach dieselbe Punktionsstelle zu nutzen. Die Aspiration von Blut führt meist nicht zu aus-sagefähigem Material, die Probe sollte verworfen und eine erneute Punktion etwas versetzt wiederholt werden. Die Punktion eines Gefäßes führt über den Blutaustritt in die Bronchien hinaus nicht zu Komplikationen, zumindest gibt es keine entsprechenden Mitteilungen in der Literatur. Die

Erfahrung aus eigener Arbeit bestätigt diese Sachlage (. Tab. 5.2). Angesichts der deutlich gesteigerten Ausbeute für zentrale Tumoren durch diese Technik und der zu ver-nachlässigenden Komplikationen ist es dringend erforder-lich, dass die Nadeltechnik im Rahmen der Bronchoskopie zur Basisroutine jeder Bronchologie-Einheit wird. Im Zwei-felsfall (ist die Schleimhautveränderung tatsächlich neo-plastisch oder nur durch Ödem verursacht?) kann nach der Zangenbiopsie eine Nadelaspiration ergänzt werden. Der erhöhte Zeit- und Kostenaufwand zahlt sich aus, wenn hier-durch Zweitbronchoskopien vermieden werden können.

Ultraschall-assistierte Probenentnahme. Die Möglichkeit, sonographisch Strukturen jenseits der Bronchialwand zu erkennen, vergrößert die Präzision, mit der eine tumorver-dächtige Formation aufgesucht werden kann. Computer-tomographien hoher räumlicher Auflösung (insbesondere mit koronaren und sagittalen Rekonstruktionen) ergeben bereits eine genaue Zuordnung tumoröser Formationen zu den zentralen Bronchialstrukturen. Zu beachten ist jedoch, dass sich die räumliche Zuordnung durch die unterschied-liche Körperposition und Atemphase des Patienten (in der CT mit eleviertem Schultergürtel und in tiefer Inspiration) um entscheidende Millimeter verschiebt. Die Ultraschall-Sonde ist für den Zweck genauer Lokalisation aufgrund ihrer Dimension in allen Bronchialabschnitten einsetzbar, in kleineren Bronchien kann eine geringere Ballongröße, schließlich gar keine Wasserfüllung mehr erforderlich sein. Die ideale Position zum Einsatz der Nadel wird mit größe-rer Sicherheit aufgefunden, auch die Tiefe der in Frage stehenden Struktur kann gemessen werden. Die Unter-suchungszeit verlängert sich durch Hinzunahme des Ultra-schallmodus geringfügig. Zwar ist mit der Radiär-Sonde Tumorgewebe und Gefäßlumen zu differenzieren, die Dopplerfunktion zur sicheren Identifikation blutführender Strukturen steht jedoch mit der Sonde nicht zur Verfügung. Bei der nachfolgenden Nadelperforation ist daher die Pe-netration eines unmittelbar benachbarten Gefäßes durch die Nadelspitze nicht selten (. Abb. 5.16). Dies führt nicht zu einer höheren Komplikationsrate, verringert aber die Ausbeute an auswertbarem zytologischem Material. Die Eindringtiefe und der Eindringwinkel der Standardnadel sind schwierig zu kontrollieren. Die Erfolgsrate von Ultra-schall-assistierten Probeentnahmen hängt von der Bron-choskopie-Methode (Lokalanästhesie oder Narkose) und dem Einsatzgebiet (Tumorgröße) ab. Verlässlich bessere Ergebnisse durch den Einsatz des Ultraschalls sind kon-

. Abb. 5.15. Anthrakose mit subtotaler narbiger Stenose eines Sub-segmentes des apikalen Unterlappensegmentes

. Tab. 5.2. Diagnostischer Zugewinn durch Nadelzytologie zen-traler submuköser Prozesse (Augusta-Kranken-Anstalt, 1990)

Fallzahl Diagnose gesichert

(alle Verfahren)

Nur Nadelzytologie

positiv

n 101 66 16

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sistent für submuköse zentrale Tumoren, untersucht unter Lokalanästhesie, nicht belegt. Vorab sollte daher der er-höhte Aufwand (Zeit und Materialkosten) der zusätzlichen sonographischen Untersuchung sowie die Sensibilität des zu untersuchenden Patienten gegen den nicht belegten, aber möglichen Vorteil einer höheren Ausbeute abgewogen werden. In der Praxis verwenden wir die Sonographie- Sonde zur Darstellung schwierig zu erreichender Tumor-lokalisationen, z. B. im aortopulmonalen Fenster oder bei zwischen Mittellappen und apikalem Unterlappensegment verborgenen Weichteilformationen.

Punktionsbronchoskop. Eine Verbesserung der Einsatz-möglichkeit der Sonographie ist inzwischen in Form des Punktionsbronchoskops gegeben. Mittels Dopplerfunktion sind Gefäßpunktionen zu vermeiden (. Abb. 2.15). Die ge-naue Lage der Nadel (Winkel und Eindringtiefe) ist kontrol-lierbar, auch für kleinere Läsionen. Fehlpunktionen werden so vermieden. Im Zusammenhang mit ROSE (7 Kap. 2.1.5) sind so Ausbeuten von nahezu 100% Treffsicherheit zu er-zielen. Nachteilig ist bisher lediglich das Kaliber des Gerätes, der es für den Einsatz nur bis zu den Lappenbronchus- Abgängen limitiert. Kleinere Läsionen sind beim spontan atmenden und lediglich sedierten Patienten nicht zuver-lässig anzusteuern. Daher ist immer in Erwägung zu ziehen, ob der Eingriff nicht von Vornherein in Narkose erfolgen sollte. Dies gilt insbesondere, wenn ein gleichzeitiges Lymph-knotenstaging indiziert ist (s. u.).

Wesentlich für den Erfolg einer solchen Probengewin-nung mittels Punktionsbronchoskops ist die Zusammen-arbeit mit einem erfahrenen Zytologen. Generell hat die Zytologie eine der Histologie untergeordnete Reputation.

Gerade für den zentral sitzenden tumorösen Prozess mit submukösem Ausbreitungsmuster ist jedoch das zytolo-gische Material das einzige Standbein für die Gewebsdiag-nose. In der Kooperation eines versierten Bronchoskopi-kers mit dem in der Beurteilung respiratorischer Gewebe ausgezeichneten Zytologen können die meisten Neoplasien in Nachbarschaft der zentralen Bronchien einer definitiven Diagnose zugeführt werden. Perthorakale Punktionen als Alternativzugang zu Lungentumoren sind, angewandt in zentralen Lokalisationen, mit einem Pneumothorax- und Blutungsrisiko behaftet. Ist ein zentraler Tumor endosko-pisch unter Zuhilfenahme aller Modalitäten tatsächlich nicht typisierbar, sollte zunächst geprüft werden, ob eine Mediastinoskopie weiterhelfen kann.

Ausdehnung des submukösen Prozesses. Die exakte Be-stimmung der Ausdehnung eines submukösen Prozesses fällt schwerer als im Falle exophytischen Wachstums, da die Übergänge von normaler zu pathologischer Schleimhaut fließend sind. Der Abstand zu potenziellen Absatzorten, die Länge von Stenosen oder auch die Charakterisierung von Engstellungen sind abzumessen. Längeausdehnungen sind zwar präzise durch das Ausmessen der Rückzugsdistanz des Instrumentes außerhalb des Patienten angebbar (s. o.), aller-dings ist die Passage des Bronchoskopes durch wandver-steifte Bronchiallumina hindurch oft nicht möglich. Schwie-rig ist auch das Abschätzen von Lumenverengungen. Es gibt mittlerweile für diesen Zweck abwinkelbare Messsonden, ansonsten hilft bereits die Angabe, mit welchen Instrumen-tenkalibern eine Passage möglich ist. Eine sehr hilfreiche Klassifizierung von Bronchialstenosen ist, in der weiterfüh-renden Literatur gelistet, von Freitag und Marquette zusam-mengestellt worden.

Dokumentation. Die schriftliche Charakterisierung eines Befundes stellt oft einen Kompromiss zwischen den Anfor-derungen an Kürze und erforderliche Präzision dar und wird in seiner Qualität daher häufig nicht allen Anforde-rungen gerecht. Eine Schemazeichnung (als Stempel oder elektronisch einfügbare Graphik, . Abb. 3.2) kann mit wenig Aufwand die Beschreibung oft gut erläutern (. Kap. 3.1.2). Gut ausgewähltes Bildmaterial kann in den Befund einge-fügt werden. Die sorgfältige Beschriftung und Kennzeich-nung ist von besonderer Bedeutung. Einzelbilder müssen gut ausgewählt sein, um komplexere räumliche Verhältnisse zu illustrieren, wenn auf eine ausführliche Beschreibung verzichtet wird. Die Dokumentation für weiterbehandelnde Spezialisten (meist Thoraxchirurgen) geschieht am wir-kungsvollsten durch Filmsequenzen. So ist die Orientierung über exakte räumliche Verhältnisse insbesondere vor einem chirurgischen Eingriff am ehesten aussagekräftig möglich.

Periphere TumorenPeriphere Raumforderungen können benigner, langsam oder nicht proliferierender Natur sein (Verlauf 7 Kap. 5.1.1),

. Abb. 5.16. Ballonsonographisches Bild im Bereich des anterioren Oberlappensegmentes rechts. Tumorformationen (T) liegen in unmit-telbarer Nachbarschaft zu einem kräftigen Pulmonalarterienast (G)

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen102

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pulmonale Malignome oder Metastasen anderer Primär-tumoren repräsentieren. Die Wahrscheinlichkeit und Ver-teilung der einzelnen Entitäten hängt vom radiologischen Erscheinungsbild, aber besonders auch vom Risikoprofil des Individuums ab und beeinflusst das diagnostische Vor-gehen. Ein glatter apikaler Rundherd bei einem ansonsten gesunden 25-jährigen Nichtraucher verlangt ein anderes Management als ein sternförmiger Oberlappenherd bei einem 65-jährigen aktiven Raucher.

Eine bindende Definition peripherer Tumoren gibt es nicht. Für praktische Belange handelt es sich um jene Pro-zesse, die im einsehbaren Bronchialbereich auch mittels Sonographie nicht darstellbar sind. Damit kann ein Tumor für kaliberstarke Geräte peripher liegen, aber mit einem schlanken Gerät durchaus in optischer Reichweite liegen.

Indikationen. Die Indikation zur Klärung der feingeweb-lichen Diagnose solcher pulmonaler eher als bronchialer Raumforderungen tritt zunehmend häufig auf und bedarf einer überdachten Strategie im Rahmen des Gesamtthera-piekonzeptes. Die vorab zu treffenden Überlegungen zum singulären pulmonalen Rundherd (s. u.) sind hier genauso wesentlich wie der Einsatz alternativer Zugangsmethoden (perthorakale Punktion Ultraschall-oder CT-gesteuert). Histologische Präparate werden bronchoskopisch in dieser Situation durch eine TBB mit dem erhöhten Risiko eines Pneumothorax oder einer signifikanten Blutung gewonnen. Die erforderliche Bronchoskopie bedarf also des entspre-chenden Notfall-Backups. Auf dem Hintergrund des er-höhten Risikos ist abzuwägen, welchen Gewinn die Kennt-nis der Histologie erbringt. Disseminierte Metastasen oder eine deutlich herabgesetzte Therapiefähigkeit durch ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium bzw. eingeschränkte kardiopulmonale Reserve rechtfertigen eine risikobehaftete Untersuchung meist nicht.

Tumorlokalisation. Der Weg zum peripheren Tumor ist zu-nächst durch die Computertomographie erschließbar, die für diese Indikation immer vorab gefordert werden muss. Endoskopisch stehen dem Untersucher auch die sog. indi-

rekten Tumorzeichen zur Verfügung. Eine Blutspur aus einem Segmentbronchus ist ein Hinweis auf die Lokalisati-on des gesuchten Prozesses (. Abb. 5.17). Eingeschränkte oder aufgehobene Ventilation manifestiert sich als »Spiegel-zeichen«. Schaumiges Atemwegssekret wird nicht mehr mobilisiert und bleibt im entsprechenden Bronchialbereich als spiegelnde Blase stehen (. Abb. 5.18). Selbst ohne Hilfe-stellung einer bildgebenden Maßnahme ist hier eine Probe-entnahme oft diagnostisch, allerdings sollte zur Verifizie-rung der korrekten Zangenposition auf den zusätzlichen Einsatz von Durchleuchtung/Ultraschall nicht verzichtet werden, da das Biopsieinstrument auch bereits an Sekret-propfen oder Karinen verhakt sein kann.

Zu überlegen ist stets vorab, ob der Tumor eine Position einnimmt, die unter Verwendung eines dünnkalibrigen

Bronchoskops erreicht werden kann (z. B. ist ein 4-mm-Durchmesser-Bronchoskop mit einem 2-mm-Arbeitskanal für solche Zwecke erhältlich). Während der Untersuchung ist die akribische Musterung der betroffenen Segmente und Subsegmente auch auf indirekte Tumorzeichen wesentlich. Manche »periphere« Tumoren können durch Ausschöpfung des einsehbaren Bereiches in zentrale umgewandelt werden.

. Abb. 5.17. Eine Blutspur aus dem Segment 1 rechts weist den Weg für die Sonographiesonde, mit der anschließend der in . Abb. 5.20 abgebildete Befund erhoben werden konnte

. Abb. 5.18. Atemphasenkonstanter Sekretspiegel im Segment 9 und 10 des linken Lungenunterlappens als Zeichen einer peripheren Obstruktion dieser Segmente, das sog. Spiegelzeichen

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Tipps

Tipps

Erscheint der Tumor vor der Linse und können gezielte Zan-genbiopsien entnommen werden, entspricht die diagnosti-sche Ausbeute derjeniger zentraler Tumoren. Der Einsatz ultradünner Bronchoskope mag in diesem Sinne theoretisch von Vorteil sein. Praktisch ist der Methode jedoch eine Grenze gesetzt durch eingeschränkten Visus in den kleinen Bronchien (Wandkollaps), Sekret (eingeschränkte Sogmög-lichkeit), geringere Probengröße, die durch Minizangen ge-fördert werden können und nicht zuletzt durch die mit der Probeentnahme verbundene Blutung, deren Sichtbehinde-rung weniger gut zu beseitigen ist.

Druckluft oder Sauerstoff kann durch den Arbeitskanal dünner Bronchoskope insuffliert werden zur Erleichte-rung der Orientierung auf dem Weg zum Tumor durch Aufweitung des Lumens.

Probenentnahme. Die Methode der Histologiegewinnung aus peripheren Raumforderungen mit bildgebender Füh-rung ist in 7 Kap. 3.2.7 und 3.2.8 beschrieben. Im Gegensatz zu diffusen pulmonalen Veränderungen, für die TBB ein-gesetzt werden, ist bei lokalen pulmonalen Prozessen die Probeentnahme wiederholt aus dem gleichen Subsegment erforderlich. In dieser Situation kann das Bronchoskop in einer Wedge-Position belassen werden. Dies verhindert, dass die Läsion wiederholt aufgefunden werden muss sowie die Verzögerung der Untersuchung durch prolongierten Blutaus-tritt und damit eine eingeschränkte Orientierungsmöglich-keit. Bei fixer Durchleuchtungseinheit und notwendiger Pa-tientenrotation muss das Bronchoskop bewusst in Position gehalten werden (z. B. durch Fixierung am Naseneingang).

Die korrekte Zangenlage lässt sich mit folgendem Ma-növer überprüfen:4 Durchleuchtung des Patienten in 2 Ebenen, die Zange

wird in beiden Richtungen im Herd abgebildet.4 Aufforderung an den Patienten zu atmen. Es wird fest-

gestellt, ob Herd und Instrument sich gemeinsam be-wegen.

4 Kontrolle, dass durch die Instrumentenbewegung auch der Herd (z. B. nach dem Fassmanöver) mitbewegt wird.

Passiert die Zange den Herd unter Durchleuchtung in zwei Ebenen ohne Widerstand, kann von extramuraler Tumorproliferation ausgegangen werden. In dieser Situa-tion verbessert der zusätzliche Einsatz der flexiblen Nadel mit der Möglichkeit der Wandpenetration die Ausbeute.

Stets schwierig zu erreichende Areale für die periphere Pro-benentnahme sind die medialen Anteile beider Oberlap-pen. Dies verlangt dem Bronchoskop eine maximale Ab-

winklung ab, die mit dem Biopsieinstrument im Arbeits-kanal nicht eingehalten werden kann. Zangen und Nadeln besitzen in sich keine Abwinklungsmöglichkeit und bewe-gen sich ab Austritt aus dem Arbeitskanal geradlinig in die Peripherie. Lösungsmöglichkeiten in dieser Situation bie-ten dünnerkalibrige Instrumente, mit denen medial gele-gene peripherere Subsegmentbronchien intubiert werden können, Biopsiezubehör anderer Rigidität (z. B. ein Kathe-ter) oder eine Kürette, die eine Abwinklungsmöglichkeit in einer Ebene bietet und einem Katheter als Führungsschiene dienen können. Nicht zuletzt kann auch ein Atemmanöver des Patienten (tiefe Inspiration) ein Ostium so positionie-ren, dass die Sondierung gelingt.

Sonographiesonde. Sehr elegant ist für periphere Herde die Methode der katheterbestückten Sonographiesonde. Die Durchleuchtung wird hierdurch jedoch nicht über-flüssig, da das Auffinden eines Herdes mit der Sonde nicht immer prompt gelingt und radiologischer Unterstützung bedarf. Die Durchleuchtungszeiten können jedoch erheb-lich reduziert werden, einzelne Untersuchungen gelingen sogar ganz ohne Durchleuchtung. Unter ruhigen Untersu-chungsbedingungen ist der Weg des Instrumentariums vor-gegeben und muss nicht wiederholt mittels Durchleuch-tung verifiziert werden. Der Katheter obturiert das betrof-fene Subsegment und verhindert eine Blutung auch bei Verletzung eines kräftig blutenden Gefäßes. In diesem Fall ist ein Anstieg einer Blutsäule im Katheter zu beobachten (. Abb. 3.37). Wird er lange genug in Position belassen (1–2 min nach Beendigung der Gewebsentnahme) ist es zur Ausbildung eines Koagels gekommen. Dies verhindert in den meisten Fällen auch nach Entfernung des Katheters den Blutaustritt ins Bronchialsystem. Hierdurch verkürzt sich die Untersuchungszeit und zusätzlich wird dem Patien-ten alarmierendes postbronchoskopisches Blutabhusten erspart. In unserer Erfahrung kommt es unter dem Einsatz der Katheter-Sonographiesonde zu einer verminderten Frequenz von therapiebedürftigen Pneumothoraces. Er-gänzend ist zu erwähnen, die sonographische Darstellung peripherer Herde ist intuitiv erlernbar, da der Unterschied zwischen lufthaltigem Gewebe und weichteildichtem Subs-trat nicht zu verkennen ist (. Abb. 5.19 und 5.20). Mit gerin-ger Übung gelingt auch die Unterscheidung von Atelektasen und inhomogenen Infiltraten zu soliden Tumoren. Diffe-renzierte Evaluierung des sonographischen Musters konnte jedoch nicht verlässlich zur Dignität einer Läsion Auskunft geben. Zusammengefasst stellt der Einsatz der Sonogra-phiesonde eine erhebliche Erleichterung für die Gewebege-winnung aus peripheren Herden dar.

Auf die Steigerung der diagnostischen Ausbeute durch Anfertigung von Imprintpräparaten soll an dieser Stelle erneut hingewiesen werden (7 Kap. 2.1.5).

Ergebnisse. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der histo-logischen oder zytologischen Diagnose ist abhängig von der

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen104

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Herdgröße. Prozesse einer Größe unter 2 cm (jeweils der längste Durchmesser) lassen eine Erfolgsrate von unter 30% erwarten. Für 2–4 cm große Läsionen besteht eine 50–60% Erfolgsaussicht, die Gewebsdiagnose festlegen zu können, für größere Tumoren sogar bis 80%. Besteht als Differen-zialdiagnose eines pulmonalen Herdes eine infektiöse Ur-sache, insbesondere die Tuberkulose, ist unbedingt die Ent-nahme einer Gewebeprobe zur mikrobiologischen Kultur zu bedenken. Selbst nach histologischer Bestätigung einer aktiven Tuberkulose ist damit die Frage der Erreger- und Resistenztypisierung noch nicht beantwortet, für die Thera-pie aber von erheblicher Bedeutung. Die PCR aus histolo-gischem Material hilft nur für die Typisierung weiter.

Weiterentwicklungen. In Entwicklung befindliche Navi-gationssysteme (7 Kap. 3.2.8) wie die elektromagnetische Steuerung des Instrumentariums, Bronchoskopien unter CT-Durchleuchtung, Führung eines dünnen Bronchoskops durch vorab angefertigte virtuelle Bronchialdarstellung ver-sprechen vom Ansatz her eine verbesserte diagnostische Aussage auch für kleinere Herde. Eine breite Anwendung dieser Methoden muss jedoch erst erweisen, ob diese Ansätze den Praxisanforderungen standhalten. Sie erfordern vielfach eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit (Pneumo-logie, Radiologie und Anästhesie), die neben zusätzlichen Fertigkeiten auch logistischer Perfektion bedürfen.

Lymphknotenbiopsie. Zu bedenken ist im Zusammenhang mit peripheren Tumoren, ob nach der Schnittbilddiagnos-

tik bereits vergrößerte Lymphknoten benachbart zu zentra-len Bronchien vorliegen. In diesem Fall kann die Gewebe-diagnose auch aus befallenen Lymphknoten abgeleitet wer-den. Die Zuhilfenahme des aufwendigeren endosonogra-phischen Instrumentariums (Ballon-EBUS oder Punktions-bronchoskop) zur Führung einer TBNA ist in dieser Situa-tion zur Diagnosestellung indiziert.

Was tun bei nicht aussagekräftiger Probe? Zunächst sollte analysiert werden, worauf die fehlende Diagnose zurückzu-führen ist. Eine unzureichende Probe (zu wenig Ausbeute, kein Gewebe aus dem erstrebten Zielgebiet) rechtfertigt ei-nen zweiten endoskopischen Versuch, möglicherweise mit alternativem Instrumentarium. Die Frequenz von Doppel-untersuchungen ist bezüglich der Prozessqualität nachtei-lig, sie bedeutet eine Mehrbelastung für den Patienten und einen Zeitverlust im Hinblick auf die erforderliche The-rapie, ist aber nicht immer zu vermeiden. Ein dünneres Bronchoskop mit besserer Abwinklungsmöglichkeit oder ein Gerät mit größerem Arbeitskanal und damit kräftigeren Biopsieinstrumenten für den Einsatz können im Einzelfall indiziert sein. Gelegentlich ist im zweiten Anlauf die inten-sivere Patientenvorbereitung für ein ruhigeres Arbeitsfeld auch erfolgsichernd. Wiederholungsuntersuchungen mit den entsprechenden Modifikationen erbringen in unseren Händen in etwa 60% doch eine definitive Diagnose. Stellt sich bei der Bronchoskopie jedoch heraus, dass ein Herd ist mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium nicht zu erreichen ist, sollte die umgehende Zuweisung an ein

. Abb. 5.19. Weichteildichter solider parabronchialer Herd, gut abgegrenzt vom luftthaltigen Lungengewebe. Auf der gegenüber-liegenden Seite der Sonde ist das reflektierende Muster lufthaltiger Lunge zu sehen, das unter physiologischen Umständen die Sonde zir-kumferent umgibt. Pulmonale Metastase eines Prostatakarzinoms

. Abb. 5.20. Zentrale Lokalisation des Sonographiekatheters in einem echodichten Areal mit vielen eingestreuten Luftreflexen. Es handelt sich um ein Infiltrat im Rahmen einer Wegenerschen Granu-lomatose

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Zentrum mit umfassenderer Ausrüstung oder eine andere Probenmodalität erfolgen, um den Zeitverlust bis zur Diag-nosestellung zu minimieren.

Periphere Herde mit Kontakt zur Thoraxwand lassen sich perthorakal sonographisch darstellen und mittels Punktionsschallköpfen biopsieren. Die hierfür vorge-sehenen Biopsienadeln liefern zytologisches Material. Mit Stanznadeln (z. B. Medax) kann nach vorheriger Lokalisa-tion von Punktionsort sowie Bestimmung des Winkels und der Tiefe auch Material zur Histologie gewonnen werden. Das Pneumothoraxrisiko für die sonographisch assistierte perthorakale Punktion entspricht dem der Bronchoskopie mit TBB. Von Lungengewebe umgebene Herde entziehen sich der sonographischen Darstellung von außen. In diesem Fall ist die CT-gesteuerte Biopsie eine Alternative. Je nach Erfahrung des Radiologen ergeben sich hier Erfolgsraten von 70–90%. Die Pneumothoraxrate ist allerdings höher als bei der TBB. Gelegentlich entstehen Parenchymblutungen, die zu Infiltraten und Hämoptysen führen, größere Blutun-gen sind extrem selten. Eine schwerwiegendere Komplika-tion ist die der Luftembolie, die selten berichtet, aber durch-aus keine Rarität ist. Da diese Art des Zwischenfalls für den endoskopischen Zugang nicht zu berücksichtigen ist, geben wir immer noch der Bronchoskopie in der Reihenfolge des diagnostischen Procedere den Vorzug, auch im Hin-blick auf eine mögliche operative Therapie. Im Rahmen der bronchoskopischen Untersuchung des zentralen Bronchi-alsystems können simultane Frühkarzinome ausgeschlos-sen werden.

Singulärer Lungenrundherd. Letztendlich wird in diesem Zusammenhang auch die seit Jahrzehnten engagiert dis-

kutierte Frage berührt: Sollte der malignitätsverdächtige singuläre Lungenrundherd eines ansonsten gesunden Pa-tienten präoperativ überhaupt gewebetypisiert werden, oder besteht hier die Indikation zur sofortigen operativen Therapie ohne vorhergehende Abklärung? Die primäre operative Therapie ist für den Patienten mit niedrigem ope-rativem Risiko, hohem Risiko für eine maligne Verände-rung und fehlenden Anzeichen in der CT für eine nodale Mitbeteiligung sicherlich eine Alternative. Für alle anderen Patientengruppen ist eine zügige vorgeschaltete Diagnostik von Vorteil, um benigne/infektiöse Herde erkennen zu können.

LymphknotenstagingDie meisten für das N-Staging aussagekräftige Lymphkno-tenstationen sind von den zentralen Atemwegen aus unmit-telbar zugänglich (. Abb. 5.21).

Aus der vor einer diagnostischen Bronchoskopie vor-liegenden CT-Thorax-Untersuchung ergeben sich wichtige Informationen über den Lymphknotenstatus. Lymphkno-ten unter 1 cm maximaler Größe werden als nicht primär tumorverdächtig eingestuft, enthalten aber trotzdem in etwa einem Drittel der Fälle schon maligne Zellen. Lymph-knoten von einer Größe von mehr als 2 cm sind häufig tu-morinfiltriert. Patienten, die einer Belastung mit inhalativen Schadstoffen (z. B. aus dem Bergbau) ausgesetzt waren, können benigne Lymphknotenvergrößerungen aufweisen. Die alleinige Größe als Kriterium zum Lymphknoten-staging ist daher unzuverlässig. Operationskandidaten ohne Fernmetastasen mit Lymphknotenvergrößerungen wurden bisher durch eine Mediastinoskopie als Gold-standard für das Lymphknotenstaging untersucht. Dies be-

. Abb. 5.21. Lymphknotenstationen

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen106

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Tipps

deutet einen zusätzlichen operativen Eingriff, der die defi-nitive Therapie verzögert.

Ein lange bekanntes Zeichen invasiven mediastinalen Lymphknotenbefalls ist die Stimmbandparese. Durch Kompression des tief in den Thorax hineinziehenden N. la-ryngeus links, der unter dem Aortenbogen die Lymphkno-tenstation 5 tangiert, kann es zu einem charakteristischen Stimmbandstillstand links kommen (. Abb. 5.22). Heiser-keit als Leitsymptom führt solche Patienten zum Arzt.

Die TBNA mit oder ohne sonographische Assistenz liefert gute Ergebnisse für deutlich vergrößerte Lymphkno-ten in den Lokalisationen 4 und 7. Im Falle des Nachweises von malignen Zellen im Punktat ist ein Stadium N2 oder N3 nachgewiesen und eine Mediastinoskopie erübrigt sich. Tumornegative Proben erfordern allerdings eine Verifizie-rung durch die Mediastinoskopie, da das von der Nadelzyto-logie repräsentierte Lymphknotenareal unvollständig ist.

Für operable Patienten sollte im Rahmen einer diagnos-tischen Bronchoskopie eine zusätzliche Lymphknoten-punktion vorgenommen werden, wenn Malignitätskri-terien in der CT vorliegen. Die Lymphknotenpunktion sollte der Tumorbiopsie vorgeschaltet werden, um die Verschleppung maligner Zellen zu minimieren.

Mit dem Ultraschall-Punktionsbronchoskop (Methode 7 Kap. 3.2.8) steht dem Endoskopiker ein Instrument zur Verfügung, mit dem die mediastinalen Lymphknotensta-tionen 2, 4, 7, aber auch hilären Lymphknoten 10–13 verläss-lich erreichbar sind (EBUS). In Zusammenarbeit mit dem vom Ösophagus dirigierten Punktionsbronchoskop der Gastroenterologen sind ergänzend die Stationen 8 und 9 er-

reichbar. Damit kann im Rahmen der Endoskopie ein me-diastinales und hiläres Lymphknotenstaging durchgeführt werden, möglicherweise bereits im Rahmen der primären diagnostischen Bronchoskopie (. Abb. 5.23 und 5.24).

Bisher erhobene Daten bezüglich der Aussagekraft der endoskopischen Lymphknotenbiopsie mit dem Punktions-bronchoskop bestätigen, dass selbst kleine Lymphknoten mit großer Sensitivität charakterisiert werden können, allerdings ist für diesen Zweck ein sehr ruhiges Operations-gebiet erforderlich. Die Entnahme von Proben aus meh-reren Lymphknotenstationen ist zudem zeitaufwändig, so dass für diesen Zweck eine Untersuchung in Narkose unter Jet-Ventilation optimale Bedingungen schafft. Sowohl die Narkose als auch das erforderliche Zubehör für diesen Un-tersuchungsmodus rücken den Aufwand der Untersuchung in die Nähe derjenigen einer Mediastinoskopie, allerdings mit geringeren Komplikationsraten. In Zeiten notwendiger Rationalisierung von Ressourcen ist aus diesem Gesichts-

. Abb. 5.22. Stimmbandparese des linken Stimmbandes, hier in typischer Halbmondstellung durch die fehlende muskuläre Anspan-nung

. Abb. 5.23. Prätrachealer Lymphknoten in der Position 4R, Darstel-lung und Tiefenbestimmung mittels Punktionsbronchoskop im Ultra-schallmodus

. Abb. 5.24. Flexible Nadel im Lymphknoten 4R während der Probe-entnahme. Mit dem Punktionsbronchoskop ist die Lagekontrolle der Nadel im Zielgebiet möglich und dokumentierbar

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punkt ratsam, diagnostische Abläufe so festzulegen, dass sich dieser gesteigerte Aufwand auf das geeignete Klientel konzentriert und sich in Verkürzung der Zeitspanne zur definitiven Therapie sowie erhöhtem Patientenkomfort niederschlägt. Ein Lymphknotenstaging mittels Punktions-bronchoskop unter suboptimalen Bedingungen erhöht Kosten und Aufwand unnötig.

Zu überlegen ist daher, ob das diagnostische Procedere für den Patienten mit einem radiologisch verdächtigen Lungenherd geändert werden sollte. Statt der initialen diag-nostischen Bronchoskopie erfolgt zunächst die vorläufige Abschätzung von Operabilität (Lungenfunktion, Blutgas-analyse) und Metastasenstatus (CT Abdomen, Hirn- und Knochenuntersuchung). Funktionell operable Patienten ohne Metastasen sollten anschließend in einem zweiten Schritt der diagnostischen Bronchoskopie einschließlich des Lymphknotenstagings ggf. auch zusätzlich der Statio-nen 8 und 9 vom Ösophagus aus in Narkose zugeführt wer-den. Funktionell inoperable Patienten und solche mit be-reits primär offensichtlich fortgeschrittenem Erkrankungs-stadium können weiterhin mit herkömmlichen Geräten in Lokalanästhesie untersucht werden. Diese »Work-flow«-Modifizierungen, die das neue Instrumentarium ermög-lichen, erfordern allerdings eine enge Verzahnung von am-bulanter und stationärer Patientenversorgung.

Endoskopische TumornachsorgeZur Thematik der unmittelbar postoperativen Bronchosko-pien wird auf 7 Kap. 6 verwiesen.

Die Empfehlungen der onkologischen Gesellschaft für die Nachsorge der am Lungenkarzinom kurativ Operierten sieht keine Bronchoskopien vor, auch international spre-chen sich Empfehlungen gegen die regelmäßige Nachsorge-Bronchoskopie aus. Nachsorge per se hat den Zweck, Re-zidive frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu behan-deln, daher ist auch die Beschränkung auf einen überschau-baren Zeitraum begründet. Nach einer Lungenoperation ist die Reserve für eine zweite kurative Maßnahme beschränkt. Erfolgreiche Metastasenchirurgie für das Lungekarzinom beschränkt sich auf Einzelfälle. Zweitkarzinome im Bereich der Lunge haben per se eine schlechtere Prognose. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass Patienten mit einem Bronchialtumor ein deutlich höheres Risiko für die Ent-wicklung eines Lungenkarzinoms an anderer Stelle aufwei-sen. Dieses Risiko nimmt mit der Überlebenszeit weiter zu. Strategien zur Zweitkarzinomerkennung müssten daher einen deutlich längeren Zeitraum berücksichtigen, als für die herkömmliche Nachsorge angesetzt wird.

Die hier relevanten Erwägungen fallen daher insgesamt eher in die Thematik des Screenings als in die der Nach-sorge. Theoretisch ist vorstellbar, frühe Tumorstadien par-enchymsparend zu therapieren (7 Kap. 5.1.2). Ein Überle-bensvorteil durch die endoskopische Frühdiagnose eines Stumpfrezidivs oder einer Zweiterkrankung konnte jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Dies ist angesichts der

fehlenden Daten zum Vorteil einer Bronchoskopie im Screening für das Lungenkarzinom nicht überraschend. Ergebnisse großer, aussagekräftiger Studien zum Fragen-komplex Screening, aus denen Rückschlüsse für die Nach-sorge getroffen werden könnten, stehen noch aus.

Periphere Herde von Patienten mit zuvor kurativ be-handelten Lungenkarzinomen, seien es Metastasen des operierten Tumors oder periphere Zweitkarzinome, be-dürfen bisher nur in Ausnahmefällen des endoskopischen Einsatzes. Eine pulmonale Metastasierung repräsentiert die Dissemination der Erkrankung, oft ist ein kurativer Therapieansatz auf Grund der Wachstumsdynamik der Er-krankung in diesem Stadium nicht mehr möglich. Perspek-tivisch kommt für Zweiterkrankungen die Entwicklung einer Kombination aus endoskopischer Diagnose (sonogra-phische oder elektromagnetische Steuerung von Instru-menten) mit lokaler Therapie (Kleinraumbestrahlung oder Radiofrequenzablation) peripherer Herde in Frage. Metho-den stehen zur Verfügung, Machbarkeit und Wirksamkeit sind Themen zukünftiger Forschung.

Fraglos ist die Indikation zur Bronchoskopie nach Ent-

wicklung neuer Symptome (Husten, Dyspnoe, Hämopty-sen). Die therapeutische Folge ist in diesem Fall jedoch ein möglicher palliativer Eingriff wie Blutstillung oder Rekana-lisation eines verschlossenen Bronchus. Hämoptysen nach Lungenteilresektion werden nicht selten durch Granula-tionsgewebe im Bronchusstumpf hervorgerufen. Abtragen und Veröden (7 Kap. 3.4) haben sich bewährt, um weitere Blutungen zu verhindern. Hohe Sorgfalt ist für die Manipu-lation im Stumpfbereich angezeigt, um wesentliches Naht-material nicht zu dislozieren oder aberrante Blutgefäße (Narbenzug) nicht zu verletzen.

Gelegentlich ergibt sich als Einsatzgebiet für die Bron-choskopie die Frage der Beurteilung des therapeutischen

Ansprechens nach Bestrahlung oder Chemotherapie, wenn die Läsion radiologisch unzureichend abgrenzbar ist. Weitere therapeutische Maßnahmen können aufgrund des Befundes festgelegt werden. Die Notwendigkeit hierzu nimmt allerdings mit der deutlich besseren Auflösung der inzwischen verfügbaren CT-Diagnostik ab. Darüber hinaus kann das fehlende Ansprechen eines feingeweblichen Mischtumors durch den Chemotherapie-induzierten Wechsel des überwiegend aktiven Tumortyps verursacht sein. Eine erneute Histologiegewinnung aus der Geschwulst ist in diesem Fall diagnostisch.

5.1.2 Sonderfall Frühkarzinom

Analog zu anderen Krebserkrankungen liegt der Schluss nahe, die Prognose des Lungenkarzinoms durch die Er-fassung noch behandelbarer Stadien zu verbessern. Ein solches Programm befasst sich mit dem Screening für das Lungenkarzinom. Die Voraussetzung hierfür ist, Frühsta-dien des Tumors zu kennen und Methoden zur Erkennung

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen108

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sowie Lokalisation zur Hand zu haben, letztendlich auch kurative Therapiemöglichkeiten anbieten zu können (. Abb. 5.25). Definiert sein muss zudem die Risikogruppe, für die sich das Screening einsetzen lässt. Die Messlatte für die Effektivität eines solchen Programms ist der Nachweis einer Senkung der Mortalität in der Gruppe der Individuen, die sich einem solchen Screeningprogramm unterziehen.

Für das Plattenepithelkarzinom ist die Evolution der Krebsvorstufen von normaler Schleimhaut über Meta- und Dysplasien bis zum Carcinoma in situ bekannt. Die longi-tudinale Beobachtung hat die zeitliche Dimension der Ent-wicklung und Rückbildungsfähigkeit der einzelnen Vorstu-fen klären können. Diese in Frage stehenden Verände-rungen spielen sich in der bronchialen Schleimhaut ab und sind damit der endoskopischen Diagnostik zugänglich.

Vorstufen für das Adenokarzinom und das kleinzellige

Karzinom sind weniger gut definiert. Alveoläre adenoma-töse Hyperplasien werden in diesem Zusammenhang als Frühformen diskutiert, die als In-situ-Form des kleinzel-ligen Karzinoms angenommenen Tumorlets sind inzwi-schen als benigne Minikarzinoide identifiziert. Frühstufen des peripheren Adenokarzinoms können im Parenchym durch die CT des Thorax präzise erfasst und verfolgt wer-den. Wie sich allerdings zentral ausbildende Adeno-Früh-karzinome auffinden lassen, ist nicht bekannt. Ob sich das kleinzellige Karzinom mit seinen sehr schnellen Verdopp-lungszeiten für die Früherkennung eignet und wo und wie Frühstufen dieses Tumortyps entdeckt werden können, ist unklar.

Die Definition von Risikogruppen geschieht herkömm-lich über die kumulative Schadstoffbelastung durch das

inhalative Zigarettenrauchen. Sinnvoll einzuschließen sind ebenfalls beruflich Belastete (z. B. Uranbergbau). Eine der Gründe zur präoperativen Bronchoskopie auch für Pa-tienten mit peripheren Herden ist die Beobachtung, dass in bis zu 10% simultane Frühkarzinome in anderen Bronchial-abschnitten vorliegen. »field cancerization« beschreibt die maligne Entartung nicht als lokales Problem, sondern als Erkrankung der gesamten Bronchialschleimhaut. In An-betracht der anlagebedingten Prädisposition und der flächi-gen Schadstoffeinwirkung ist diese Vorstellung plausibel. Die Tatsache, dass für bereits Bronchialkarzinom-Erkrank-te das Risiko für eine Zweiterkrankung deutlich oberhalb der übrigen Bevölkerung liegt, unterstützt diese These. Da-mit qualifiziert sich diese Gruppe auch für ein Screening-geeignetes Risiko.

Sputumzytologie. In der Bemühung, frühe Tumorstadien ausfindig zu machen, steht seit Jahrzehnten die zytologische Analyse des Sputums in der Erprobung. Die internationale Klassifikation der Tumoren (UICC) sieht unter den Stadien das okkulte Karzinom vor. Diese Gruppierung wurde er-forderlich für solche Fälle, in denen die Zytologie aus respi-ratorischen Sekreten maligne Zellen nachweist, radiolo-gisch jedoch keine tumorverdächtige Struktur zur Abbil-dung kommt und auch endoskopisch kein Korrelat im einsehbaren Bereich darstellbar ist (. Abb. 5.26).

Das Analysematerial Sputum ist einfach und ohne Ri-siko zu gewinnen. Sensitivität und Spezifität der zytolo-gischen Sputumanalyse ist jedoch bisher trotz der relativ aufwändigen (personalintensiven) Methode unbefriedi-gend. Modifikationen im Sammelmodus, Ansätze zur auto-matisierten Auswertung von Ausstrichen und Kombination mit dem Einsatz genetischer Marker bergen Potenzial für diese Methode. Die Zielvorstellung für eine Sputumanalyse zu Screeningzwecken ist die Identifikation von Individuen, deren Epithel/Parenchym bereits die Transformation zu Tumorvorstufen überschritten hat. In diesem Personen-kreis ist der Einsatz invasiverer Lokalisationsmethoden wie Endoskopie oder CT-gesteuerter perthorakaler Probenent-nahme zielgerichtet einzusetzen.

Ergebnisse. Methoden zur Lokalisation von Lungenkrebs-frühstadien, soweit bekannt, sind im letzten Jahrzehnt zum Routineinstrumentarium geworden. Es ergänzen sich hier die CT des Thorax für parenchymatöse Frühformen, die Fluoreszenzbronchoskopie und die Endosonographie für Frühkarzinome der Bronchialschleimhaut. Das Einsatzge-biet der Endoskopie liegt nach diesen Erwägungen bei den Frühstufen des Plattenepithelkarzinoms. Tumorstadien, die auf die bronchiale Mukosa beschränkt sind, noch keine submuköse Komponente aufweisen und im N0-Stadium sind, können unter Anwendung verschiedener Therapie-modalitäten endobronchial mit gutem Erfolg behandelt werden. Damit können auch pulmonal funktionell limi-tierte Individuen in ein Früherkennungsprogramm aufge-

. Abb. 5.25. Mischtyp (flächig und angedeutet polypoid wachsend) eines Frühkarzinoms plattenepithelialer Differenzierung im Subseg-ment 3bii rechts

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nommen werden. Periphere Karzinome müssen reseziert werden. CT-Screeningprogramme schließen daher nur In-dividuen ein, die operabel sind.

Der Nachweis einer Mortalitätssenkung mit heute zur Verfügung stehenden Verfahren durch randomisierte Studi-en steht jedoch selbst für Individuen mit hohem Lungen-krebsrisiko bisher aus. Methodologisch problematisch in der Durchführung eines solchen Nachweises ist die für die statistische Aussagekraft erforderliche Probandenzahl und die Länge des Beobachtungszeitraums, damit natürlich auch der Kostenaufwand. Die Geschwindigkeit der Entwicklung neuer, empfindlicherer Diagnosemethoden stellt zudem die Aktualität der Ergebnisse solcher Studien in Frage und er-schwert die Vergleichbarkeit randomisierter Gruppen. Nachgewiesen sind die prinzipielle Möglichkeit der Erken-nung früherer Stadien und eine Verschiebung des Diagno-sezeitpunktes zu Stadien mit längerer Überlebenszeit.

Intraepidermale FrühkarzinomeDass Krebsvorstufen, insbesondere das Carcinoma in situ und selbst mikroinvasive Karzinome, durch die konventio-nelle Bronchoskopie vielfach übersehen werden, erklärt sich aus dem Wachstumsmuster der zentralen Bronchial-karzinome. Die überwiegende Anzahl weist eine sich ober-flächlich ausbreitende Proliferation aus, nur ein kleinerer Anteil, etwa 1/3, wächst nodulär-polypoid (. Abb. 5.27). Hochrisikopatienten sind zudem oft aktive Raucher mit

Bronchitis. Entzündliche Veränderungen können subtile maligne Oberflächenveränderungen maskieren.

In der Prä-CT-Ära folgte einem Sputumnachweis ma-ligner Zellen ohne radiologisches Korrelat eine Bronchos-kopie mit sequenzieller Lavage sämtlicher 19 Lungenseg-mente zur separaten zytologischen Analyse. Diese Methode war aufwändig und zeitraubend. Patienten benötigen für eine so lange Untersuchung (anderthalb Stunden) ein Nar-koseverfahren. Nicht immer ist die Lokalisation eines ok-kulten Tumors auf diese Weise erfolgreich. Die photodyna-

mische Diagnose (PDD) von intraepithelialen Frühkarzi-nomen als weitere Methode setzt die Gabe eines fluores-zierenden Medikamentes (Photofrin) voraus, das sich in maligne transformierten Arealen anreichert. Das Medika-ment ist teuer und nebenwirkungsreich, da es das Integu-ment für längere Zeit lichtempfindlich macht.

Autofluoreszenzbronchoskopie. Abhilfe schafft hier die Autofluoreszenzbronchoskopie (7 Kap. 2.1.5), die in Ergän-zung zu optischen Veränderungen im Weißlicht veränderte Fluoreszenzeigenschaften des maligne transformierten Ge-webes erkennen lässt. Die am besten charakterisierte durch Blaulicht evozierte Autofluoreszenz im präkanzerösen und malignen Bronchialgewebe ist um den Faktor 10 geringer als im Normalgewebe und zeigt eine andere Zusammen-setzung des Wellenlängen-Spektrums, nämlich propor-tional mehr Rot- und weniger Grünlicht (. Abb. 5.28).

. Abb. 5.26. Sputumzytologie-Report, erstellt mit dem semiautomatisierten Cytosavant, Nachweis von reichlich plattenepithelial differen-zierten Tumorzellen im Sputum

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen110

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So lassen sich pathologische Areale durch einen deutlichen Farbunterschied vom Normalgewebe unterscheiden (. Abb. 5.29 und 5.30). Die Veränderung der Fluoreszenzei-genschaft durch maligne Transformation im Gewebe wird wahrscheinlich durch einen intrazelluären pH-Abfall und dadurch verminderte Fluoreszenzfähigkeit des Flavins aus-gelöst. Zusätzlich mag die Schleimhautverdickung durch Verlust des normalen Schichtaufbaus eine Rolle spielen, da auch submuköse Strukturen Fluoreszenzträger sind. Vermehrte Vaskularisation vermindert die Autofluoreszenz ebenfalls, da Hämoglobin grünwelliges Licht stark absor-biert. Dies führt jedoch nicht nur zu einer Hervorhebung von Präkanzerosen und Frühkarzinomen, sondern auch von entzündungsbedingten Reaktionen, z. B. Granulomen.

Der erfahrene Endoskopiker kann die Diagnoserate von Krebsvorstufen unter Zuhilfenahme des Autofluores-zenzmodus etwa verdoppeln, dies ist vielfach in Studien über diese Methode dokumentiert. Nicht unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch ein Lerneffekt. Mit Zunahme der Autofluoreszenzerfahrung verbessert sich allerdings auch die Interpretation der Weißlichtveränderungen früher Bronchialkarzinomformen. Kommerziell erhältlich sind zurzeit mehrere Systeme, die inzwischen sämtlich gefilter-tes Xenonlicht verwenden. Ein Wechsel von Weißlicht- zum Fluoreszenzmodus ist durch einfaches Umschalten von Lichtquelle und Prozessmodalität möglich. Vergleichende Daten zu diesen Systemen sind spärlich. Es scheint jedoch eine ähnliche Effektivität vorzuliegen.

. Abb. 5.27 a und b. Oberflächlich ausgebreiteter (a) und polypoider (b) Frühkarzinomtyp. Die flache Form ist doppelt so häufig wie die polypoide

a

b

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Die Autofluoreszenzbronchoskopie ermöglicht nicht nur das Lokalisieren zentraler Karzinomfrühformen, son-dern ist auch zur Demarkierung der Läsionen informativer als die Weißlichtuntersuchung. Dies ist nicht nur endo-bronchial nachgewiesen, sondern auch im Larynxbereich. Zudem ist die Lokalisation auch kleiner Areale bei späteren Bronchoskopien gut möglich, da Biopsiestellen noch lange Monate später Fluoreszenzänderungen aufweisen.

Neben der diagnostischen Verbesserung erhebt sich je-doch auch gleich die Frage nach den therapeutischen Kon-

sequenzen. Eine Frühkarzinomdiagnose, besonders bei respiratorisch limitierten Risikopatienten, macht nur Sinn, wenn solche Läsionen parenchymschonend entfernt wer-den können. Die oberflächliche Demarkierung mittels Autofluoreszenz wird hier ergänzt durch die endobronchia-le Sonographie, die eine Tiefeninvasion des gesamten Pro-zesses sichtbar machen kann. Hierfür eignet sich die EBUS-

. Abb. 5.28. Schematische Darstellung des Funktionsprinzips Auto-fluoreszenz im Bronchioalbereich. Die vom dysplatischem oder malig-ne transformiertem Gewebe emittierten Grün- und Rotanteile ver-schieben sich zugunsten von Rot im Vergleich zu normalem Gewebe

. Abb. 5.29. Weißlicht im Vergleich zur Autofluoreszenzdarstellung mit dem LIFE-System (Xillix) in einem normalen Schleimhautabschnitt

. Abb. 5.30. Weißlicht im Vergleich zur Autofluoreszenzdarstellung mit dem LIFE-System (Xillix) eines Carcinoma in situ auf der Subkarina des anterobasalen Unterlappensegmentes rechts, bemerkenswert die

scharfe Abgrenzung des pathologischen und dunkel dargestellten Bezirks

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen112

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Sonde mit dem radiären 30-MHz-Schallkopf wegen einer besseren Auflösung im Schleimhautbereich (. Abb. 5.31 und 5.32). Das Punktionsbronchoskop bietet zur Definition der Bronchialwandschichten eine unzureichende Detail-darstellung. Sonographisch kann unmittelbar während der Bronchoskopie bestimmt werden, ob eine interventionelle endobronchiale Therapie indiziert ist. Eine Ausbreitung des Prozesses bis in nicht weiter einsehbare distale Wandbe-reiche oder Knorpelüberschreitung in der Tiefe lassen ei-nen kurativen Ansatz endobronchial nicht mehr zu.

Neben dem CIS und dem mikroinvasiven Karzinom werden zunehmend auch Dysplasien leichten, mäßigen und schweren Grades aufgefunden. Abgesehen von der Frage der eindeutigen pathologischen Klassifizierung aus einer weni-ge mm großen Probe gibt es bisher wenig verlässliche Daten zur natürlichen Weiterentwicklung solcher Läsionen und der Indikation zur Therapie. Untersuchungen mit Hilfe der Autofluoreszenz zeigen, dass 50% der CIS in 6 Monaten zu invasiven Karzinomen werden bzw. zu 85% nach 3 Monaten persistieren. Schwere Dysplasien entwickeln sich zu etwa 1/3 innerhalb von 2 Jahren zu einem CIS bzw. invasiven Karzi-nomen. Für niedrigere Dysplasiegrade scheint das Risiko nur bei 2–3% zu liegen, ausgenommen bei den Individuen, die bereits an einer klinisch signifikanten Läsion erkrankt sind. Eine endoskopische Ablation von schweren Dysplasien scheint nach diesen Ergebnissen ratsam.

Autofluoreszenzmodifikationen können durch nicht maligne Veränderungen hervorgerufen werden (falsch-po-sitive Läsionen), insbesondere stören alle Areale mit deut-lich vermehrter Gefäßinjektion.

Störläsionen für die Autofluoreszenz4 Hämatome4 Vormalige Biopsiestellen4 Mikropapillomatosen4 Granulome4 Schwere entzündliche Veränderungen

Im Zusammenhang mit diesem Bronchoskopiemodus ist mit einer erhöhten Anzahl von Schleimhautproben zu rechnen. Die Zusammenarbeit mit einem Pathologen, der in der Beurteilung der unterschiedlichen Stadien der prä-malignen Schleimhautalterationen vertraut ist, stellt beim Einsatz der Autofluoreszenzbronchoskopie einen wichtigen Faktor dar.

Small noncalcified pulmonary nodules (SPN)Zunehmend häufig manifestieren sich Frühkarzinome im Parenchym und nicht in der Bronchialschleimhaut. Die im letzten Jahrzehnt im Rahmen des CT-Screenings akkumu-lierten Daten zu dieser Art der frühen Lungenkarzinom-form haben durch Entschlüsselung von Wachstumsform und -dynamik entscheidende Impulse zum Management geliefert. Die Projektionsradiographie übersieht ca. 75% der peripheren Frühkarzinome. Maligne Herde (als maligni-tätsverdächtig werden nicht kalzifizierte Läsionen gewertet) können solide, gemischten oder milchglasartigen Typus sein (. Abb. 5.33). Die Verdoppelungszeiten nehmen in dieser Reihenfolge zu.

Die Diagnose eines malignomverdächtigen Herdes basiert auf dem Nachweis einer Proliferationstendenz in sequenziellen Thorax-CT und letztendlich der histolo-gischen Diagnose durch CT-gesteuerte perthorakale Punk-

. Abb. 5.31. Schleimhautunregelmäßigkeit im Aufzweigungsbe-reich des apikalen Unterlappensegmentes links, radiologisch okkult

. Abb. 5.32. Endosonographisches Bild von . Abb. 5.31: eine über die Bronchialwand hinausgehendes Tumorinfiltration mit lokal bereits abbildbaren regionalen Lymphknoten

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tion (. Abb. 5.34). Die Rolle der Bronchoskopie in diesem Rahmen beschränkt sich auf die Aufdeckung CT-okkulter zentraler Karzinome (bis zu 25% Zugewinn), zur Gewebe-typisierung der diskutierten kleinen peripheren Herde ist die Methode nicht geeignet. Die Kombination des CT-Screenings mit der Überprüfung zentraler Bronchial-schleimhaut mittels Autofluoreszenzmethode ist die der-zeit umfassendste Früherkennungsstrategie, aber auch die aufwändigste.

Von diesen Daten abgeleitet ergibt sich bezüglich klei-ner, nicht kalzifizierter Lungenherde in einer vordefinierten Risikopopulation ein Algorithmus im Management:4 Läsionen kleiner als 1 cm werden größenkontrolliert

und einer invasiven Diagnostik/Operation zugeführt, wenn eine Proliferation nachgewiesen werden kann.

4 Herde größer als 1 cm sollten gewebetypisiert werden. 4 Bei unzureichendem Material oder Nachweis eines Ma-

lignoms besteht die Indikation zur Operation.

5.1.3 Bronchoskopische Erregerdiagnostik bei bronchopulmonalen Infektionen

Ziele. Ziel der bronchoskopischen Erregerdiagnostik bei Patienten mit akuter Exazerbation der COPD ist eine Ge-winnung von respiratorischem Sekret aus den tiefen Atem-wegen unter Umgehung der Kolonisationskeime der oberen Atemwege. Entsprechend ist das Ziel bei Patienten mit Pneumonie die Gewinnung respiratorischer Sekrete mög-lichst nahe aus dem Bereich der pneumonischen Infiltrate unter Umgehung der Kolonisationskeime der oberen und der großen Atemwege. Darüber hinaus kann der Visualisa-tion des Bronchialbaumes diagnostische Bedeutung zu-kommen (z. B. Differenzialdiagnose zur Atelektase, Pseudo-membranen bei Aspergillus-Pneumonie).

Voraussetzungen. Die bronchoskopische Erregerdiagnos-tik hat die Möglichkeiten der Identifizierung von Erregern bronchopulmonaler Infektionen erheblich erweitert. Die Möglichkeiten der bronchoskopischen Erregerdiagnostik können jedoch nur dann ausgeschöpft werden, wenn 4 die bronchoskopische Diagnostik Teil eines definierten

Konzepts des Umgangs mit Patienten mit bronchopul-monalen Infektionen ist,

4 die Methodik der bronchoskopischen Gewinnung re-spiratorischer Sekrete beachtet wird,

4 mögliche Komplikationen der bronchoskopischen Di-agnostik erkannt und angemessen vorgebeugt bzw. be-handelt werden.

Definitionen. Folgende Einteilung bronchopulmonaler In-fektionen kann klinisch handlungsanleitend auch in der Entscheidung über die Indikation zur bronchoskopischen Erregerdiagnostik Anwendung finden:4 Akute Exazerbation der COPD: Akute Verschlechte-

rung des Befindens mit Zunahme von Symptomen wie Husten, eitrigem Auswurf und Dyspnoe, die eine Än-derung der bisherigen Behandlung erforderlich macht, sowie Ausschluss einer Pneumonie.

4 Ambulant erworbene Pneumonie: Entwicklung eines neuen Infiltrats außerhalb des Krankenhauses bei Patienten ohne schwere Immunsuppression (d. h. ohne relevantes Risiko für opportunistische Infektio-nen), häufig mit einer Kombination aus Fieber, All-gemeinsymptomen (Krankheitsgefühl), respiratori-schen (z. B. Husten, Auswurf, Dyspnoe), extrapulmo-nalen (z. B. Zephalgien, Diarrhöen) oder Sepsis-asso-ziierten (Hypotonie, Verwirrtheit) Symptomen ein-hergehend.

4 Nosokomiale Pneumonie. Sie kann sich entwickeln:5 beim spontan atmenden Patienten,5 beim spontan atmenden Patienten mit Tracheosto-

mie,5 unter Beatmung (nichtinvasiv oder invasiv, jeweils

ohne oder mit Tracheostomie).

. Abb. 5.33. Eine milchglasartige Wachstumsform eines Lungen-karzinoms (Adenokarzinom), Zufallsbefund nach einem Autounfall mit Thoraxprellung, als Blutung fehlinterpretiert

. Abb. 5.34. Zwischen den Aufnahmen liegen 6 Wochen (links die Voraufnahme, rechts die Kontrolle), der Herd zeigt eine eindeutige Vergrößerung und sollte daher baldmöglich ohne den Versuch der histologischen Charakterisierung entfernt werden

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Aktuell sind zwei Definitionen verbreitet, eine ältere nach Johanson und eine neuere nach Pugin. Bei beiden steht die Entwicklung eines neuen Infiltrats innerhalb des Krankenhauses bei nicht schwergradig immunsup-primierten Patienten im Mittelpunkt der Definition. Die exakten Definitionen werden im Abschnitt »Noso-komiale Pneumonie« vorgestellt. Aufgrund der Schwierigkeiten der Diagnostik bei be-atmeten Patienten handelt es sich hier stets zunächst um eine Verdachtsdiagnose, die im Verlauf (ggf. durch bronchoskopische Erregerdiagnostik) überprüft wer-den muss.Im Kontext der Beatmungspneumonie ist die Unter-scheidung der früh einsetzenden nosokomialen Pneu-monie (»early onset pneumonia«; von stationärer Auf-nahme bis zum 4. Tag der stationären Behandlung) von der spät einsetzenden nosokomialen Pneumonie (»late onset pneumonia«, ab dem 5. Tag der stationären Be-handlung) von grundlegender Bedeutung (7 Kap. 5.1.3). Die ältere Definition, wonach Pneumonien erst ab 48 h nach Krankenhausaufnahme als nosokomial anzuse-hen sind, wird durch diese neuere Unterscheidung zu-mindest aus klinischer Sicht hinfällig.

4 Pneumonien unter Immunsuppression: Auftreten eines neuen Infiltrats innerhalb oder außerhalb des Krankenhauses mit oder ohne klinische Symptomatik (s. o.) bei Patienten unter Immunsuppression (d. h. mit relevantem Risiko für opportunistische Erreger)

4 Tuberkulose und atypische Mykobakterien (Verdacht auf bronchopulmonale Infektion durch M. tuberculosis complex bzw. atypische Mykobakterien)

Methodik der Gewinnung bronchoskopischer Sekrete Vorbereitung und Sedierung. Beim spontan atmenden Pa-tienten ist die alleinige Sedierung (auch mit Propofol) oft nicht ausreichend, um den Hustenreiz zu unterdrücken. Daher kann bei diesen Patienten eine Lokalanästhesie des Rachens (z. B. mit maximal 4 ml 4% Lidocain) erfolgen, ggf. können auch einzelne Aliquots von 2% Lidocain in die Bronchien appliziert werden. Eine Aspiration von Sekret sollte jedoch möglichst vermieden werden.

Die bronchoskopische Untersuchung beatmeter Patien-ten setzt bei Verwendung eines fiberoptischen Standard-bronchoskops einen orotrachealen Tubus mit einem Durchmesser von mindestens 8 mm voraus. Die Patienten sollten über mindestens 15 min mit 100% Sauerstoff prä-oxygeniert werden. Vor Beginn der bronchoskopischen Untersuchung sollte eine Sauerstoffsättigung von 100% be-stehen. Gleichzeitig sollte eine tiefe Sedierung (Ramsay-Score 5 bis 6) erfolgen. Hierzu genügt in der Regel ein Bolus Propofol. Eine Muskelrelaxation ist in der Regel nicht er-forderlich. Zur Vermeidung einer Kontamination des Bron-choskops sollte das Untersuchungsareal um den Tubus weitflächig mit sterilen Tüchern abgedeckt werden.

Durchführung. Vor Einführung des Bronchoskops sollte der Tubus abgesaugt und anschließend ein Tracheobron-chialsekret gewonnen werden. Des Weiteren sollte vor Er-reichen der Segmentbronchien keine weitere Lokalanäs-thesie mehr appliziert werden und keine bronchoskopische Aspiration mehr erfolgen. Durch dieses Vorgehen wird ver-mieden, dass der Bronchoskopie-Kanal bereits vor Errei-chen der Segmentbronchien durch wiederholte Aspira-tionen von Tracheobronchialsekret kontaminiert ist. (An-dernfalls kann das Ziel der Bronchoskopie, eine Vermei-dung der Kontamination respiratorischer Sekrete durch Kolonisationskeime der großen Atemwege, nicht erreicht werden).

Techniken der Materialgewinnung. Die bronchoskopische Erregerdiagnostik umfasst den Einsatz der geschützten Bürste und/oder der bronchoalveolären Lavage. 4 Geschützte Bürste (PSB): Hierbei handelt es sich um

einen Doppellumenkatheter, dessen Ende des äußeren Katheters durch einen Pfropf aus Zucker verschlossen ist, der somit den inneren Katheter und die in diesem liegende Bürste vor einer Kontamination schützt. Die PSB wird bis vor das radiologisch infiltrierte Segmen-tostium vorgeführt. Zwei Varianten sind nun möglich:5 Vorführen des inneren Katheters durch Sprengung

des Zuckerpfropfs, Vorführen der Bürste im inne-ren Katheter und Abstreichen des sichtbar aus dem Segmentostium tretenden eitrigen Sekrets (Origi-nalmethode nach Whimberley)

5 Vorschieben der PSB in das Subsegment des radio-logisch infiltrierten Segments, Vorführen des inne-ren Katheters und der inneren Bürste ohne Sicht-kontrolle in der Peripherie.

Die Bergung der Bürste erfolgt jeweils in umgekehrter Reihenfolge über den inneren in den äußeren Katheter. Nach Bergung des PSB-Katheters wird die Bürste ca. 5 mm über dem Bürstenkamm über einem Behälter mit 1 ml steriler NaCl abgeschnitten und der Behälter so-fort verschlossen.

4 Bronchoalveoläre Lavage (BAL): Nach Erreichen der Wedge-Position im Segmentostium werden z. B. 6×20 ml körperwarme NaCl instilliert und sofort re-aspiriert. Im Falle einer schlechten Rückgewinnung können weitere 40-60 ml appliziert werden. Die erste rückgewonnene Portion aus der bronchoalveolären Lavage wird verworfen. Die übrigen Portionen werden gepoolt und in 3 Aliquots für Zytologie, Bakteriologie/Mykobakteriologie/Virologie/Mykologie und Pneumo-cystis jiroveci geteilt.

Bei Patienten mit akuter Exazerbation der COPD eignen sich besonders die PSB oder eine Mini-BAL aus einem Standardsegment. Beide Proben sollten bei Patienten mit Pneumonie und diffusen Infiltraten aus den Standardseg-menten des Mittellappens oder der Lingula gewonnen wer-

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den, bei lokalisierten Infiltraten aus den jeweils betroffenen Segmenten.

Falls – wie stets empfohlen – eine simultane Gewinnung von Sputum oder Tracheobronchialsekret und Material aus der PSB bzw. BAL beabsichtigt ist, wird erst das Sputum bzw. Tracheobronchialsekret gewonnen und dann die PSB eingesetzt bzw. die BAL durchgeführt. Lagerung und Trans-portzeit der gewonnenen Proben sind möglichst kurz zu halten.

Die methodischen Voraussetzungen zur Gewinnung qualitativ hochwertiger diagnostischer Proben aus dem unteren Respirationstrakt sind in . Tab. 5.3 zusammen-gefasst.

Steuerung der antimikrobiellen Therapie. Entscheidend für eine optimale diagnostische Ausbeute ist neben der Ent-nahmetechnik auch die korrekte Steuerung der antimikro-biellen Therapie. Hier gelten die beiden folgenden Regeln:4 Optimal ist eine mikrobielle Diagnostik vor Beginn der

antimikrobiellen Therapie.4 Besteht – wie häufig der Fall – aufgrund einer anderen

Infektion bereits eine antimikrobielle Therapie, so sollte diese 72 h vor der Probenentnahme nicht verändert werden, da ansonsten mögliche Erreger durch die ersten Dosierungen der neu angesetzten Therapie nicht mehr gefunden werden können.

4 Hingegen ist ein sog. antibiotisches Fenster für die diag-nostische Ausbeute wahrscheinlich kaum relevant.

Methodik der Verarbeitung bronchoskopischer SekreteVerarbeitung. Die Verarbeitung der Proben sollte inner-halb von spätestens 4 h (besser 2 h) nach Probengewinung erfolgen. Andernfalls drohen empfindliche Erreger ab-zusterben (z. B. Pneumokokken, H. influenzae) oder Pilze (z. B. Candida spp.) die Kulturplatten zu überwuchern. Re-

spiratorische Sekrete werden je nach Fragestellung unter-schiedlich mikrobiologisch aufgearbeitet.

Färbungen. Ein Zytozentrifugenpräparat der bronchoalveo-lären Lavageflüssigkeit (BALF) sollte nach Giemsa gefärbt werden, um die Qualität der Probe zu validieren. Darüber hinaus kann aus dieser Probe eine Differenzialzytologie auf der Basis von 300 ausgezählten Zellen angefertigt werden.

Bakteriologie. In der Färbung nach Giemsa sollte die Quali-tät des Tracheobronchialsekrets bzw. der BALF untersucht werden. Mehr als 25 polymorphkernige Granulozyten sowie weniger als 10 Plattenepithelien sprechen für ein Material, das repräsentativ für die tiefen Atemwege ist. Darüber hinaus sollte bei Verdacht auf VAP (ventilator associated pneumonia: eine Lungenentzündung, die bei künstlich beatmeten Pa-tienten auftritt) eine Untersuchung auf intrazelluläre Erreger in phagozytierenden Zellen (»intracellular organisms«, ICO) erfolgen. Ein Anteil von >5% spricht für das Vorliegen einer VAP. Die Sensitivität dieser Untersuchung unter antimikro-bieller Vorbehandlung ist jedoch deutlich reduziert (<50%). Schließlich sollte eine Gram-Färbung angelegt werden, um eine ggf. vorherrschende Bakterienart zu identifizieren.

Die kulturelle Aufarbeitung sollte entsprechend den Qualitätskriterien der Mikrobiologie (QiM) mittels serieller Verdünnungstechnik quantitativ erfolgen. Unter einer quan-

titativen Kultur versteht man die serielle Auftragung zuneh-mend verdünnten respiratorischen Sekrets auf Kulturplatten (MacConkey, Schokoladenagar). In der Regel werden 3 Ver-dünnungsstufen angelegt (1:10, 1:1000, 1:10.000) (. Abb. 5.35). Alternativ kann eine semiquantitative Aufarbeitung mit nur 2 Verdünnungsstufen vorgenommen werden.

Die Technik der quantitativen Kultur dient der Erfas-sung der Keimlast und (bei Patienten mit Verdacht auf Pneumonie) der Unterscheidung von Kolonisations- und Infektionserregern. Es handelt sich dabei um eine Schät-zung, die sich an der Keimlast im Sputum bei Patienten mit Pneumonie orientiert. So finden sich im Sputum etwa 105 bis 106 KBE/ml. Die PSB enthält ca. 0,01–0,001 ml, die BALF 1 ml respiratorisches Sekret. Für die Festlegung der

. Tab. 5.3. Methodische Voraussetzungen zur Wahrung qualitativ hochwertiger diagnostischer Proben aus dem unteren Respira-tionstrakt

Probe Voraussetzungen

Tracheo-bronchialsekret

Absaugung des lokalen Sekrets aus dem Tubus

Tiefes Einführen eines frischen Katheters mit angeschlossenem Auffanggefäß, dann erst Absaugung einstellen

Keine vorherige Instillation von Kochsalz

Bronchoskopie Tiefe Sedierung

Möglichst keine/geringe Anwendung von Lokalanästhetika

Keine Aspiration über den Arbeitskanal des Bronchoskops vor Gewinnung der respirato-rischen Sekrete

. Abb. 5.35. Technik der Anlage quantitativer bakterieller Kulturen

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen116

5

Trennwerte, die das Vorliegen einer Pneumonie anzeigen, wird bei der PSB der Verdünnungsfaktor der Trägerlösung (100 bis 1000-fach) eingerechnet. Es wird geschätzt, dass bei der BALF 5- bis 10-mal höhere Keimzahlen gewonnen werden als bei der PSB. Als Trennwerte zwischen Kolonisa-tion und Infektion ergeben sich somit:4 105 KBE (koloniebildende Einheiten)/ml für Tracheo-

bronchialsekret (identisch zum Sputum)4 103 KBE/ml für die PSB (entsprechend 105 bis

106 KBE/ml Sputum)4 104 KBE/ml für die BALF

! Cave

Die geschilderten Berechnungen zur Trennwertbestimung von Keimzahlen stellen offensichtlich Schätzungen dar und ergeben keine exakten Messgrößen. Störgrößen, die die Keimzahl beeinflussen können, sind mannigfaltig und umfassen die Pathogenität der Erreger, das Stadium der In-fektion und die Wirtsimmunität. Zusätzlich stellen bei der BALF die Menge der eingegebenen Flüssigkeit sowie die Rückgewinnung Variablen dar, die das Ergebnis beeinflus-sen können. Allein aufgrund dieser Tatsache können Keim-zahlen nur orientierenden Wert haben und keine unabhän-gige Prädiktion des Vorliegens einer Pneumonie darstellen.

Als zusätzlicher Parameter zur Diagnose einer noskomialen Pneumonie wurde der »soluble triggering receptor on my-eloid cells« (s-TREM) in der BALF beschrieben. Die Erfah-rungen mit diesem Parameter sind jedoch noch begrenzt.

Sonstige Aufarbeitung. Über die bakteriologische Auf-arbeitung hinaus kann eine Untersuchung auf Pilze, Myko-bakterien und Parasiten erfolgen. Die Untersuchung auf Pilze umfasst die Anlage einer Sabaroud-Kultur. Pneumo-cystis jiroveci kann aus der BALF sowohl mikroskopisch (nach Giemsa oder Grocott) als auch durch einen Immun-fluoreszenztest nachgewiesen werden. Mikroskopisch kön-nen Mykobakterien in der Ziehl-Neelsen bzw. Auramin-Färbung ab einer Keimlast von ca. 103–104 KBE/ml identi-fiziert werden. Zusätzliche kulturelle Untersuchungen sind obligat und erfolgen auf Festplatten (Löwenstein-Jensen, Gottsacker, Stonebrink oder Middlebrook) und in Flüssig-kulturen. Schließlich können Parasiten wie Toxoplasmen in der BALF mikroskopisch nachgewiesen werden.

Akute Exazerbation der COPD und BronchiektasenAkute Exazerbation der COPD. Die Ätiologie akuter Exazer-bationen der COPD ist komplex und aktuell noch nicht gut verstanden. In der Mehrzahl der Fälle liegt initial eine virale Ätiologie zugrunde, in ca. 25–50% der Fälle bestehen Hin-weise auf eine bakterielle (Super-)Infektion. Nicht selten liegen alleine oder zusätzlich eine Herzinsuffizienz bzw. eine asthmatische Exazerbation auf allergischer oder toxischer Grundlage, in Einzelfällen eine Atemdepression bei Benzo-doazepin-Einnahme oder ein Pneumothorax zugrunde.

Eine Zunahme der Dyspnoe, zusätzlich zur Entwick-lung eines eitrigen Sputums plus/minus eine Zunahme der Sputummenge (sog. »Winnipeg-« oder »Anthonisen-Krite-rien«) gelten als Kriterien für eine Indikation zur anti-mikrobiellen Therapie. Sofern eine Erregerdiagnostik er-folgt, geschieht diese über Sputumkulturen. Insofern gehört eine diagnostische Bronchoskopie nicht zum Standard der Evaluation von Patienten mit akuten Exazerbationen der COPD. Dennoch ergeben sich in ausgewählten Fällen In-dikationen zur diagnostischen Bronchoskopie. Diese um-fassen:4 Notwendigkeit einer Bronchialtoilette bei Patienten, die

nicht ausreichend abhusten können; bei diesen erfolgt gleichzeitig eine bronchoskopische Erregerdiagnostik. Eine solche Bronchialtoilette kann auch in der Notauf-nahme bei akut ventilatorisch insuffizienten Patienten unter nichtinvasiver Maskenbeatmung über das Ventil der Maske erfolgen.

4 Therapieversagen, Suche nach zugrunde liegenden (un-erwarteten oder resistenten) Erregern

4 Begleitende Bronchiektasen mit Verdacht auf kompli-zierte Erreger wie Pseudomonas aeruginosa, atypische Mykobakterien und Pilze

In der Regel genügt das Absaugen eitrigen Sekretes aus den großen Atemwegen und/oder Segmentostien. Eine PSB kann zusätzlich zum Einsatz kommen. Auf eine broncho-alveoläre Lavage sollte verzichtet werden.

Bronchiektasen. Patienten mit Bronchiektasen sollten min-destens einmal pro Jahr mikrobiologisch untersucht wer-den. Dabei ist besonders nach komplizierten Erregern zu fahnden (s. o.). Bei reichlicher Sputumproduktion reicht auch Sputum als diagnostisches Material, andernfalls ist eine diagnostische Bronchoskopie indiziert.

Ambulant erworbene PneumonienIndikationen. Eine bronchoskopische Erregerdiagnostik bei Patienten mit leicht- bis mittelgradiger ambulant er-worbener Pneumonie ist in der Regel nicht indiziert. Bei schweren Verlaufsformen trägt eine umfassende Erreger-diagnostik zur besseren Therapiesteuerung bei. So können seltene bzw. unerwartete Erreger bzw. Erregerresistenzen erkannt werden, eine gezielte Therapie im Sinne einer De-eskalation wird ermöglicht. Ein Vorteil hinsichtlich des Überlebens ist allerdings nicht gesichert. In den meisten Fällen mit schwerer Verlaufsform einer ambulant erwor-benen Pneumonie wird aufgrund der schweren respirato-rischen Insuffizienz eine bronchoskopische Erregerdiag-nostik nur bei invasiv beatmeten Patienten möglich sein.

Erregerspektrum. Das erwartete Erregerspektrum schwerer ambulant erworbener Pneumonien geht aus . Tab. 5.4 her-vor (. Abb. 5.36). Erhebliche regionale und lokale Unter-schiede machen es erforderlich, das im eigenen Kranken-

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5117

haus vorherrschende Erregerspektrum durch kontrollierte Untersuchungen zu identifizieren.

Therapieversagen nach Arbeitsdiagnose ambulant erworbene PneumonieZwei Formen des Therapieversagens werden unterschieden:4 Therapieversagen im Sinne einer fehlenden Besserung

bzw. einer progredienten Verschlechterung (persis-tierende oder progrediente Pneumonie = »persistent or progressive pneumonia«)

4 Therapieversagen im Sinne persistierender Infiltraten, aber stabilem und oligo- oder asymptomatischen klini-schen Zustand (verzögertes Therapieansprechen = »slowly resolving pneumonia«)

Therapieversagen im Sinne einer fehlenden Besserung

bzw. progredienten Verschlechterung. Dieses liegt vor, wenn sich die klinische Situation des Patienten (Allgemein-zustand, Fieber, Kreislauf) binnen 72 h nach Beginn der initialen antimikrobiellen Therapie nicht gebessert oder zumindest stabilisiert hat. Ursachen dieser Art des Thera-pieversagens sind vielfältig und umfassen:4 Inadäquate initiale antimikrobielle Therapie4 Erregerassoziierte Therapieversager (persistierende, re-

sistente oder »atypische« Erreger)4 Therapieversager durch Komplikationen der Pneumo-

nie (Empyem, Abszess, nosokomiale Superinfektion)4 Therapieversager durch Sonderformen der Pneumonie

(Aspirations-, Retentionspneumonie oder seltene Er-reger, einschließlich M. tuberculosis)

4 Pseudotherapieversager durch nicht-infektiöse Lun-generkrankungen, die eine Pneumonie vortäuschen (Lungenembolien!, interstitielle Lungenerkrankungen, Tumoren)

Darüber hinaus gibt es Therapieversager als Folge eines nicht beherrschbaren schweren Lungenversagens (ARDS) bzw. septischen Schocks, ohne dass eine andere Ursache dafür identifiziert werden kann. Entsprechend komplex ist die differenzialdiagnostische Abklärung. Darüber hinaus besteht häufig eine vitale Gefährdung des Patienten. Daher sollte die Abklärung dieses Therapieversagens einem struk-turierten Vorgehen folgen. Ein Vorschlag dazu umfasst fol-gende Schritte:4 Überprüfung der Arbeitsdiagnose: Diese umfasst eine

Fahndung nach Risikofaktoren für resistente Erreger (kurz zurückliegende Krankenhausaufenthalte, Resi-denz in Altenheim) sowie nach einer unerkannten schweren Immunsuppression

4 Überprüfung der Korrektheit der bisher verabreich-

ten antimikrobiellen Therapie: Hier sind die Vorgaben aktuell gültiger Leitlinien (in erster Linie deutsche S3-Leitlinie, ggf. auch lokal bzw. regional angepasste Leitlinie) zur initialen antimikrobiellen Therapie zu be-achten. Dabei ist auch die Korrektheit des Applikations-wegs sowie der Dosierung zu überprüfen.

4 Bildgebung mit Fahndung nach möglichen Komplika-

tionen: Eine Zunahme der Infiltrate im Röntgen-Tho-rax ist differenzialdiagnostisch wenig hilfreich. Wohl sollten neu aufgetretene oder zunehmende Ergüsse An-lass zu einer Pleuraergusspunktion zur Überprüfung des Vorliegens eines parapneumonischen Ergusses bzw. Empyems sein. Liegt eine solche Komplikation nicht vor, ist in der Regel eine CT des Thorax anzufertigen. Hier ist nach Abszessen zu fahnden, gleichzeitig aber auch auf Hinweise für mögliche nichtpneumonische Erkrankungen zu achten (»mimics« einer Pneumonie). Bestehen klinische oder bildgebende Hinweise auf mögliche Lungenembolien, ist eine Angio-CT durchzu-führen.

. Tab. 5.4. Erregerspektrum der schweren Verlaufsformen der ambulant erworbenen Pneumonie. Häufigkeitsangaben beziehen sich auf die höchste und niedrigste Inzidenz (>0) in epidemiologi-schen Studien; Streptococcus pneumoniae stellt den einzigen Er-reger dar, der in allen Studien gefunden worden ist. (Mod. nach Ewig et al. 1999)

Erreger % Erreger

Streptococcus pneumoniae 12–38

Legionella pneumophila und andere spp. 3–30

Gramnegative Enterobacteriaceae (GNEB) 2–34

Haemophilus influenzae 2–13

Staphylococcus aureus bzw. spp. 1–18

Mycoplasma pneumoniae 1–7

Respiratorische Viren 1–5

Pseudomonas aeruginosa 1–5

. Abb. 5.36. Röntgen-Thoraxbild im Liegen. Bild einer schweren am-bulant erworbenen Pneumonie: homogene Transparenzminderung des Oberlappens mit parapneumonischem Erguss. Beatmeter Patient, Nachweis von Streptococcus pneumoniae in der Blutkultur

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen118

5

Erst wenn diese Untersuchungen erfolgt sind und keine Ursache für das Therapieversagen haben erkennen lassen, ist eine bronchoskopische Untersuchung indiziert. Nicht selten ergibt die CT des Thorax Hinweise auf die Ursache des Therapieversagens (z. B. Abszess, Tumor, Lungenfibro-se), so dass das bronchoskopische Vorgehen darauf ausge-richtet werden kann. In unklaren Fällen sollte diese jedoch die gesamte Infektionsdiagnostik (neu aufgetretene bzw. re-sistente bakterielle Erreger, Pilze (Aspergillus spp.!), Myko-bakterien sowie ggf. auch Pneumocystis jiroveci) sowie (falls klinisch möglich und indiziert) auch transbronchiale Lun-genbiopsien umfassen.

Therapieversagen im Sinne persistierender Infiltrate,

aber stabilem und oligo- oder asymptomatischem kli-

nischem Zustand. Im Gegensatz zum ersten Typus des Therapieversagens besteht bei diesen Patienten keine akute vitale Gefährdung. Neben einer Überprüfung der Arbeits-diagnose ist daher zunächst zu beurteilen, ob überhaupt eine Indikation zur differenzialdiagnostischen Abklärung besteht. Dabei ist neben der Klinik und den inflamma-torischen Parametern auch die Dynamik der Rückbildung pulmonaler Infiltrate zu berücksichtigen. Letztere hängt neben dem Alter und der Komorbidität des Patienten auch von der Art des Erregers und dem Schweregrad der Pneu-monie ab. Als Faustregel gilt, dass bei klinischer Stabilität und rückläufigen Entzündungsparametern die Rückbil-dung pulmonaler Infiltrate mindestens vier Wochen in An-spruch nehmen kann.

Die Ursachen eines verzögerten Therapieansprechens unterscheiden sich nicht von denen der persistierenden bzw. progredienten Pneumonie, es finden sich allerdings häufiger erregerassoziierte Therapieversager (persistieren-de, resistente oder »atypische« Erreger), Therapieversager durch Sonderformen der Pneumonie (Aspirations-, Reten-tionspneumonie oder seltene Erreger, einschließlich M. tu-berculosis) sowie Pseudotherapieversager durch nicht- infektiöse Lungenerkrankungen, die eine Pneumonie vor-täuschen.

Eine differenzialdiagnostische Abklärung des verzö-gerten Therapieansprechens umfasst zunächst eine bild-gebende Diagnostik (Sonographie, CT des Thorax). Der bronchoskopischen Untersuchung kommt bei der Abklä-rung des verzögerten Therapieansprechens eine zentrale Bedeutung zu. Der Umfang der erforderlichen Infektions-diagnostik bemisst sich nach der klinischen Situation. In der Regel sollte sie jedoch neben der Infektionsdiagnostik stets transbronchiale Biopsien umfassen.

Nosokomiale PneumonienStellenwert der klinischen Diagnostik. Zu den klassischen Diagnosekriterien einer Beatmungspneumonie (nach Jo-hanson) gehören:4 neu aufgetretenes und persistierendes Infiltrat im

Röntgenbild des Thorax plus4 mindestens 2 der 3 folgenden Kriterien:

5 Fieber ≥38,3°C oder Hypothermie <36°C5 Leukozytose >12.000/μl oder Leukopenie <4000/μl5 Purulentes Tracheobronchialsekret

Der Nachweis pulmonaler Infiltrate kann bei Röntgen-Thoraxaufnahmen im Liegen schwierig sein (. Abb. 5.37).

Alle klinischen Zeichen kommen bei beatmeten kri-tisch Kranken häufig vor, auch ohne dass eine Pneumo-nie besteht. Daher sind klinische Kriterien nur begrenzt sensitiv und spezifisch (20–40% falsch-negative und falsch-positive Befunde). Dennoch müssen sie Grund-lage für alle weiteren diagnostischen Entscheidungen bleiben.

Alternativ wurde von Pugin et al. der »Clinical Pulmo-

nary Infection Score (CPIS)« beschrieben (. Tab. 5.5). Eine Überlegenheit gegenüber den Johanson-Kriterien besteht nicht, der CPIS-Score ist jedoch wertvoll als Instrument der Evaluation des Therapieansprechens (s. unten).

Differenzialdiagnose der nosokomialen Pneumonie. Die Differenzialdiagnose der nosokomialen Pneumonie ist umfassend. Im Einzelnen sind folgende Möglichkeiten zu überprüfen:4 Atelektasen4 Linksherzinsuffizienz bzw. Lungenödem4 Nierenversagen mit Lungenödem4 Lungenembolie bzw. -infarkt4 Pulmonale Hämorrhagie4 ARDS4 Medikamentös bedingte Alveolitis

. Abb. 5.37. Röntgen-Thoraxbild im Liegen. Beatmeter Patient. Klinisch Verdacht auf Beatmungspneumonie. Radiologisch rechts-seitiger Zwerchfellhochstand mit Verdichtung des kleinen Lappen-spalts. Dorsale basale Lungenabschnitte sind nicht beurteilbar. Links-seitige Maskierung der Zwerchfellkuppe bei homogener Transparenz-minderung des linken Hemithorax. Neben einer Pneumonie des Unterlappens mit Begleiterguss ist ein auslaufender Pleuraerguss mit Kompressionsatelektasen möglich. Ein Infiltratnachweis ist bei dieser Aufnahmetechnik und -qualität schwer zu führen

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5119

4 Extrapulmonale Infektionen5 Sinusitis5 Katheterinfektionen5 Harnwegsinfektionen5 Abdominelle Infektionen

Stellenwert der mikrobiologischen Diagnostik. Die mikro-biologische Diagnostik hat 3 Ziele: 4 die Diagnose einer Pneumonie mikrobiologisch zu

sichern;4 den oder die zugrunde liegenden Erreger im Indivi-

dualfall zu identifizieren;4 das lokale Erreger- und Resistenzspektrum zu doku-

mentieren, auf das eine initiale kalkulierte antimikro-bielle Therapie ausgerichtet werden kann.

Die qualitative Kultur respiratorischer Sekrete ist für die Diagnosestellung einer Pneumonie eine sensitive, jedoch wenig spezifische Methode (>75% falsch-positive Ergeb-nisse). Das erste Ziel kann daher mit dieser Methode nicht erreicht werden. Die quantitative Kultur respiratorischen Sekrets erreicht gegenüber der qualitativen Kultur eine un-gleich höhere Spezifität. Bronchoskopisch gewonnene Pro-ben – geschützte Bürste (PSB) oder bronchoalveoläre Lava-geflüssigkeit (BALF) – weisen gegenüber dem Tracheobron-chialsekret eine tendenziell höhere Spezifität auf. Die kli-nische Bedeutung dieses Vorteils wird jedoch kontrovers gesehen. Dennoch muss auch bei sorgfältiger Beachtung der Methodik der Materialentnahme und -verarbeitung mit ca. 10–30% falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnis-sen gerechnet werden.

Zusätzlich zu respiratorischen Sekreten sollten folgende Materialien untersucht werden:4 Zwei Blutkulturen4 Ggf. (bei relevanter Ergussmenge) Pleuraergusspunktat4 Ggf. Schnelltest auf Legionella pneumophila Sero-

gruppe 1

Darüber hinaus ist stets gleichzeitig nach extrapulmonalen Infektionsherden zu fahnden.

Stellenwert der radiologischen Diagnostik. Das Röntgen-bild des Thorax ist Grundlage der Diagnostik bei Verdacht auf eine Pneumonie. Liegendaufnahmen weisen auch bei optimaler Aufnahmetechnik allerdings eine Reihe von »to-ten Winkeln« auf, in denen sich Infiltrate verbergen können (oberes Mediastinum, para- und retrokardialer Raum; . Abb. 5.37). Auf dem Thorax des Patienten angebrachte Elektroden sollten, wo immer möglich, vor Anfertigung eines Röntgen-Thoraxbildes entfernt werden. In Einzel-fällen kann eine Computertomographie des Thorax bei der Identifikation von Infiltraten oder Abszessen hilfreich sein.

Erregerspektrum. Das Erregerspektrum der nosokomia-len Pneumonie unterscheidet sich je nach Risikostruktur des Patienten. Dabei unterscheiden wir die früh einsetzende (Tag 1–4 der Hospitalisation) bzw. spät einsetzende (ab Tag 5 der Hospitalisation) Pneumonie. Modifizierende Fak-toren des Patienten müssen zusätzlich berücksichtigt werden.4 Früh einsetzende (»early-onset«) Pneumonie: Bei der

früh einsetzenden Pneumonie findet sich das Kolonisa-tionsspektrum des oberen Respirationstrakts wieder. Die Kolonisationskeime werden dabei im Rahmen der Intubation in die tiefen Atemwege aspiriert. Entspre-chend kann man von einer »intubationsassoziierten Pneumonie« sprechen. Das Erregerspektrum umfasst entsprechend – vorausgesetzt, dass der Patient zum In-tubationszeitpunkt nicht länger als maximal 96 h hospi-talisiert war und keine antimikrobiellen Substanzen

. Tab. 5.5. Modifizierter Clinical Pulmonary Infection Score nach Pugin. Maximale Punktzahl = 12 Punkte, Verdacht auf Pneumonie: ≥6 Punkte

Parameter Punktzahl

Temperatur (°C)

Zwischen ≥36,5 und ≤38,2 0

Zwischen ≥38,3 und ≤38,9 1

Zwischen ≥39 und ≤36,4 2

Leukozyten/μl

Zwischen ≥4000 und ≤11.000 0

Zwischen <4000 und >11.000 1

Zwischen <4000 und >11.000 + Stabkernige ≥50% 2

Tracheobronchialsekret (TBAS)

Kein Sekret 0

Nichteitriges Sekret 1

Eitriges Sekret 2

ARDS/Oxygenierung (PaO2/FIO2)

ARDS 0

PaO2/FIO2 ≤240 und kein ARDS 2

Röntgen-Thorax

Kein Infiltrat 0

Diffuse (fleckige) Infiltrate 1

Lokalisierte Infiltrate 2

Kultur TBAS/BALF

Pathogene Bakterien nicht nachweisbar 0

Pathogene Bakterien in nicht signifikanter Keimzahl 1

Pathogene Bakterien in signifikanter Keimzahl 2

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen120

5

erhalten hat bzw. keine anderen modifizierenden Fak-toren (s. unten) vorliegen:5 Oxacillin- bzw. Methicillin-sensible Staphylococcus

aureus (OSSA bzw. MSSA)5 Haemophilus influenzae5 Streptococcus pneumoniae5 Gram-negative Enterobakterien (GNEB), nicht

multiresistent4 Spät einsetzende (»late onset«) Pneumonie: Bei den

spät einsetzenden nosokomialen Pneumonien findet sich das im Krankenhaus erworbene Kolonisations-spektrum des oberen Respirationstrakt wieder. Die Ko-lonisationskeime werden ebenfalls aspiriert, hier aller-dings entlang der inneren und äußeren Strukturen des Tubus. Entsprechend kann man von einer »Tubus-asso-ziierten Pneumonie« sprechen. Das Erregerspektrum umfasst daher zusätzlich zu den oben genannten Er-regern typische nosokomiale komplizierte, ggf. auch typische multiresistente Erreger. 5 Oxacillin- bzw. Methicillin-resistente Staphylococ-

cus-aureus-Stämme (ORSA bzw. MRSA)5 Pseudomonas spp.5 Acinetobacter spp.5 Stenotrophomonas spp.5 ESBL-bildende gram-negative Enterobakterien

4 Risikofaktoren: Unter bestimmten Bedingungen muss schließlich von einem modifizierten Erregerspektrum ausgegangen werden. Diese umfassen:5 Strukturelle Lungenerkrankung, insbesondere

COPD: multiresistente Erreger 5 Steroidtherapie: Legionella spp., Pilze (Aspergillus

spp.)5 Prolongierte stationäre Behandlung bzw. antimi-

krobielle Therapie: multiresistente Erreger5 Zerebrale Erkrankungen mit Bewusstseinstrübung:

endogene Kolonisationskeime, besonders Staphylo-coccus aureus (OSSA bzw. MSSA)

5 Aspiration: Anaerobier (Assoziation weniger gut geklärt)

In der Regel können nur potenziell pathogene Keime (»po-tentially pathogenic microorganisms«, PPM) als ursäch-liche Erreger angesehen werden. Non-PPM (d. h. Strepto-coccus-viridans-Gruppe, andere Streptococcus spp. außer Streptococcus pneumoniae, koagulasenegative Staphylo-kokken, Corynebacterium spp., Neisseria spp., Entero-kokken, Anaerobier) stellen in der Regel keine ursächlichen Erreger dar.

! Cave

Candida spp. sind immer Kolonisationskeime. Ihre ursäch-liche Rolle in extrem seltenen Ausnahmefällen kann nur bioptisch gesichert werden. Bei Nachweis von Aspergillus spp. sollte insbesonders bei Risikopatienten (Steroid-therapie, schwere akute Erkrankung und/oder Grunder-krankung) durch wiederholte Kulturen und bildgebende Verfahren (z. B. Computertomographie des Thorax) nach Hinweisen für eine Aspergillus-Pneumonie gesucht wer-den. Bei diesen Patienten ist eine kalkulierte antifungale Therapie in der Regel indiziert.

Synopsis der Diagnostik. Auch die Zusammenschau der klinischen, mikrobiologischen und radiologischen Para-meter ergibt nicht selten keine sichere Aussage über das Vorliegen einer nosokomialen Pneumonie. Es bedarf daher Strategien, die zu einem rationalen Umgang mit diesen Unsicherheiten anleiten, indem sie einerseits das Risiko für eine verspätete oder inadäquate Therapie, andererseits das einer Übertherapie gleichermaßen minimieren helfen.

Ein Vorschlag für eine Therapiestrategie angesichts der bestehenden diagnostischen Unsicherheiten ist in . Tab. 5.6 wiedergegeben.

Eine antimikrobielle Therapie kann demnach bei nega-tivem mikrobiologischen Ergebnis abgesetzt werden, wenn

. Tab. 5.6. Umgang mit diagnostischer Unsicherheit: Vorgehen nach Einleitung einer antimikrobiellen Therapie bei Verdacht auf eine noso-komiale Pneumonie. (Mod. nach Torres und Ewig 2004)

Klinische Konstellation Strategie Rationale

Klinischer Verdacht auf VAP Quantitative Kulturen TBASKalkulierte antimikrobielle Therapie

Gesicherter prognostischer Vorteil

Reevaluation nach 72 h; vier mögliche klinische Konstellationen:

Verdacht auf VAP bestätigt (klinisch und/oder durch Kulturergebnisse)

Fortführung der antimikrobiellen TherapieAdjustierung und Deeskalation nach Kulturergebnissen

Gesicherter prognostischer Vorteil

VAP klinisch wahrscheinlich, Kulturergebnis-se nicht signifikant, keine schwere Sepsis

Individuelle Entscheidung Vorgehen nicht gesichert

VAP klinisch unwahrscheinlich, Kulturergeb-nisse nicht signifikant, keine schwere Sepsis

Absetzen der antimikrobiellen Therapie Reduktion des Selektionsdrucks und der Exzessletalität durch Übertherapie

VAP ausgeschlossen, alternative Infektions-quelle und/oder schwere Sepsis

Fortsetzen bzw. adjustieren der antimikrobiellen Therapie

Vorgehen evident

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5121

4 der Pneumonieverdacht nur gering oder ausgeräumt ist und/oder

4 eine alternative Diagnose gefunden worden ist.

Das Vorgehen im Falle eines fortbestehenden klinischen Ver-dachts auf VAP, jedoch negativen kulturellen Ergebnissen muss im Einzelfall entschieden werden. Gegebenenfalls müs-sen wiederholte Untersuchungen durchgeführt werden.

Eine weitere viel versprechende Strategie zur Minimie-rung des Risikos einer Übertherapie besteht in der Unter-scheidung von Fällen mit hoher oder niedriger Wahr-scheinlichkeit für das Vorliegen einer nosokomialen Pneu-monie entsprechend dem CPIS-Score (Vorliegen von Infilt-raten und CPIS <6 oder ≥6). Patienten mit CPIS <6 können demnach initial mit einer Monotherapie über 3 Tage behan-delt werden; bei fortbestehendem CPIS <6 nach 3 Tagen kann die Therapie gar abgesetzt werden.

Therapieversagen. Ein klinisches Ansprechen auf eine Therapie kann binnen 3–6 Tagen erwartet werden. Der CPIS-Score kann als klinischer Score zur Evaluation des Therapieansprechens dienen. Als Laborparameter kommen die Bestimmung des CRP- und des Prokalzitonin-Wertes in Frage. Die Ursachen des Therapieversagens sind ähnlich komplex wie bei der ambulant erworbenen Pneumonie. Häufiger als bei letzterer ist jedoch das Therapieversagen aufgrund resistenter Erreger. Abhängig von der jeweiligen Lokalität finden sich am häufigsten:4 P. aeruginosa4 MRSA4 Acinetobacter spp.4 Stenotrophomonas maltophilia4 Multiresistente gramnegative Enterobacteriaceae

(ESBL), wie Klebsiella spp., Proteus spp., Enterobacter spp., Serratia spp.

Ebenso ist häufiger mit einer Resistenzentwicklung unter Therapie zu rechnen. Dies geschieht meist innerhalb der zweiten Woche. Der rechtzeitigen Erkennung solcher multi-resistenter Erreger kommt eine wichtige Rolle in jedem Präventionskonzept der Ausbreitung resistenter Erreger zu. Daher ist in der Regel bei einem Therapieversagen eine auch invasive bronchoskopische Reevaluation mit Gewin-nung von Proben mittels geschützter Bürste und/oder BALF indiziert.

Schwere Pneumonien unter ImmunsuppressionDefinition

Unter »Immunsuppression« werden hier hochgradige Be-einträchtigungen der systemischen (und lokalen) Immuni-tät verstanden. Dazu gehören typischerweise:4 HIV-Infektion4 Organtransplantation und andere Zustände mit iatro-

gener Immunsuppression (z. B. Steroidtherapie >20 mg Prednisolonäquivalent)

4 Neutropenie (Neutrophile <500/μl oder <1000/μl mit zu erwartendem Abfall auf <500 μl in den nächsten 2 Tagen)

4 Stammzelltransplantation

HIV-Infektion

Erregerspektrum. Das Erregerspektrum bei Patienten mit HIV-Infektion hängt vom aktuellen Immunstatus ab. Ein spezifisches Erregerspektrum ist erst ab einer CD4-Zellzahl <400/μl zu erwarten. Führend sind zunächst bakterielle Pneumonien durch S. pneumoniae und H. influenzae; mit zunehmender Immundepletion tritt Pneumocystis jireveci in den Vordergrund. Das Risiko für eine Lungentuberkulose ist ebenfalls bereits deutlich erhöht. Bei CD4-Zellzahlen <50/μl muss zusätzlich mit atypischen Mykobakterien und Zytomegalievirus gerechnet werden. Pilzpneumonien durch Aspergillus spp. treten erst bei CD4-Zellzahlen <50/μl und zusätzlicher Neutropenie auf.

Der akuten respiratorischen Insuffizienz HIV-infizierter Patienten liegt am häufigsten eine Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie (PCP) zugrunde (. Abb. 5.38).

Andere Ursachen umfassen neben bakteriellen Pneumo-nien und Tuberkulosen das gesamte Spektrum der mög-lichen HIV-assoziierten pulmonalen Komplikationen. Die relativen Häufigkeiten einzelner Komplikationen sind in . Tab. 5.7 zusammengefasst.

! Cave

Gefährdet sind heute insbesondere Patienten mit noch unbekanntem HIV-Status und PCP als AIDS-Erstmanifes-tation, da mit einer verzögerten Diagnosestellung gerech-net werden muss.

Aufgrund der Diversität der ursächlichen Erreger sowie der guten diagnostischen Ausbeute zumindest bei opportunis-

. Abb. 5.38. Schwere Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie als Erst-manifestation einer HIV-Infektion. Diffuse Milchglasartige Verschat-tung des Lungenkerns beidseits

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen122

5

tischen Erregern sollte stets der Versuch eines Erregernach-weises erfolgen. Obwohl einige Zentren auch gute diag-nostische Ergebnisse mittels des induzierten Sputums be-richtet haben, sollte in der Regel der bronchoskopischen Erregerdiagnostik mittels bronchoalveolärer Lavage der Vorzug gegeben werden.

Die BAL-Flüssigkeit sollte auf folgende Erreger unter-sucht werden (7 Kap. 5.1.3):4 Bakterielle Erreger (möglichst quantitativ)4 Pilze4 Mykobakterien4 Viren4 Pneumocystis jiroveci4 Toxoplasma gondii

Bei der Durchführung der Bronchoskopie und in den fol-genden 24 h sollte besonders auf eine ausreichende Sauer-stoffsättigung (SaO2 >90%) geachtet werden.

Organtransplantation und andere Zustände

mit iatrogener Immunsuppression

Erregerspektrum. Das Erregerspektrum ähnelt naturge-mäß demjenigen der HIV-Infektion. Bei transplantierten Patienten ist das Zeitfenster zu berücksichtigen, nach dem das Risiko für bestimmte Erreger abgeschätzt werden kann (. Tab. 5.8); allgemein ist die CMV-Infektion bzw. Pneumo-nie zwischen dem 2. und 6. Monat die führende Komplika-tion. Die PCP ist in dieser Gruppe der iatrogenen T-Zell-Immunsuppression, insbesondere bei allen Patienten unter Steroidtherapie, in Betracht zu ziehen. Wichtige Unter-schiede zur HIV-assoziierten PCP bestehen in einer kürze-ren Dauer der Symptomatik bis zur Diagnosestellung sowie einer höheren Inzidenz der akuten respiratorischen Insuffi-zienz. Je nach transplantiertem Organ sind Besonderheiten des Erregerspektrums zu berücksichtigen.

Diagnostik. Für die Indikation und den Umfang der Diag-nostik gelten die Ausführungen zur HIV-Infektion.

Neutropenie

Definition und Risikozuordnung. Eine Neutropenie besteht bei Neutrophilenzahlen <500/μl oder <1000/μl mit einem zu erwartendem Abfall der Neutrophilenzahl auf <500/μl in den folgenden zwei Tagen. Patienten mit Neutropenie und Lungeninfiltraten sind stets Patienten mit erhöhtem Risiko. Als Standardrisiko (nicht Niedrigrisiko!) gilt dabei eine zu erwartende Neutropeniedauer von 6–9 Tagen, als Hoch-risiko von ≥10 Tagen.

Nicht immer demarkieren sich Infiltrate auf der Rönt-gen-Thoraxaufnahme bereits zum Zeitpunkt des Fieber-beginns. Daher muss bei Fieber zunächst unklarer Ursache spätestens im Falle eines Therapieversagens nach 72 h eine CT des Thorax angefertigt werden.

Erregerspektrum, Differenzialdiagnose. In dieser Grup-pe sind bakterielle und fungale Pneumonien führend. Un-ter den Therapieversagern finden sich mehrheitlich Pilzpneumonien, hier überwiegend durch Aspergillus spp. und Candida spp. verursacht. Die typischen Erreger der T-Zell-Immunsuppression sind in dieser Gruppe von nachgeordneter Häufigkeit und manifestieren sich meist als diffuse beidseitige retikulonoduläre Infiltration. Ein nicht geringer Anteil der Patienten weist offenbar nicht-infektiöse Ätiologien (diffuser Alveolarschaden, Hämor-rhagien u. a.) auf. Eine schwere respiratorische Insuffizi-enz entwickelt sich jedoch meist im Rahmen einer Pneu-monie.

Diagnostik. Gelegentlich liegt zum Zeitpunkt der Entwick-lung eines Infiltrats im Röntgenbild des Thorax bereits ein Erregernachweis über eine positive Blutkultur vor. Ein Er-regernachweis im Bronchialsekret ist demgegenüber häufig

. Tab. 5.7. Erregerspektrum der HIV-assoziierten Pneumonie mit akuter respiratorischer Insuffizienz

Erreger Häufigkeit (%)

Pneumocystis jiroveci 50

Pneumocystis jiroveci plus andere Erreger 20

Pneumocystis jiroveci plus bakterielle Erreger 10

Pneumocystis jiroveci plus Zytomegalievirus 10

Bakterielle Pneumonien 5–10

Zytomegalievirus Sporadisch

Atypische Mykobakterien Sporadisch

Ungeklärt 10–25

. Tab. 5.8. Zeitfenster des Erregerspektrums bei organtransplan-tierten Patienten

Zeit nach

Organtrans-

plantation

(Tage)

Vorherrschender Erreger

1–28 Grampositive und gramnegative Bakterien (bei Neutropenie auch Pilze: Aspergillus spp., Candida spp.)

29–180 ZytomegalievirusPneumocystis jiroveciiPilze (Aspergillus spp., Candida spp.)Mykobakterien(Häufigkeit und Spektrum abhängig von Not-wendigkeit der Beatmung)

>180 Abhängigkeit vom Grad der Immunsuppression:4 Immunsuppression gering: Spektrum wie

ambulant bzw. nosokomial erworben4 Immunsuppression schwer: Spektrum wie

Tage 29–180

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5123

Tipps

schwierig, da die meisten dieser Patienten bereits breit antimikrobiell vorbehandelt sind. In der Diagnostik von Pilzpneumonien geben klinische Charakteristika und das Computertomogramm des Thorax bereits wesentliche Hin-weise, während die Ausbeute bei Pilzerregern in der BALF limitiert ist.

Bei makroskopisch sichtbaren Membranen sollte Material zur Kultur und Histologie gewonnen werden. Im Falle von Abscheidungsthromben nach Blutung sollte eine entsprechende Probe ebenfalls gewonnen sowie kulturell und histologisch mit der Fragestellung nach einer Aspergillose untersucht werden.

Therapieversagen. Im Falle eines Therapieversagens ist eine umfangreiche diagnostische Reevaluation ange-zeigt.

Stammzelltransplantation

Pneumonien nach Transplantation hämatopoetischer Stammzellen stellen eine schwere Komplikation mit hoher Letalität dar. Das Erregerspektrum reflektiert sowohl die Neutropenie als auch die iatrogene Immunsuppression. Entsprechend muss gerechnet werden mit: Bakterien (auch »atypische«), Pilzen, CMV, Pneumocystis jireoveci, Viren (Influenza-/Parainfluenzaviren, RSV, Adenoviren). Etwa die Hälfte der interstitiellen Pneumonien wird durch CMV verursacht. Differenzialdiagnostisch ist die idiopathische interstitielle Pneumonie (IIP) in Betracht zu ziehen (Risi-kofaktoren: hohe Bestrahlungsdosen, Ganzkörperbestrah-lung, GvHD u. a.). Prinzipien der Diagnostik und Therapie folgen denen transplantierter und neutropenischer Pa-tienten.

Tuberkulose und atypische MykobakterienDie mikrobiologische Sicherung einer Lungentuberkulose wird zunächst über den mikroskopischen Nachweis säure-fester Stäbchen versucht. Im Falle dreier mikroskopisch negativer Sputa ist eine bronchoskopische Diagnostik in-diziert (. Abb. 5.40). Diese umfasst eine bronchoalveoläre

. Abb. 5.39a–c. Invasive Aspergillose bei einer Patientin mit schwerer Neutropenie. a Thorax-Röntgenbild: Nachweis unscharf berandeter fleckiger Infiltrate ohne Lappenbegrenzung beidseits. Bihiläre und mediastinale konturbildende Lymphadenopathie. b Zeit-gleiches Computertomogramm, transversale Schichten: beidseits fleckige und unscharf begrenzte, z. T. pleuranahe und paravaskuläre Infiltrate ohne Lappenbegrenzung. Einzelne Infiltrate weisen einen »Halo« auf: zentrale Konsolidierung, Milchglastrübung an den Rän-dern. Dem entspricht pathologisch-anatomisch eine zentral liegende Entzündung mit Randödem und Einblutung. c Bronchoskopisches Bild: Aufsicht auf den Mittellappen, Segment 4. Bereits makroskopisch sichtbare, leicht blutende Pseudomembranen

9

a

b

c

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen124

5

Insbesonders die Gruppe der idiopathischen interstitiellen Lungenerkrankungen hat zuletzt große wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, so dass sich hier neue Standards der diagnostischen Evaluation ergeben haben (. Abb. 5.41).

. Abb. 5.40. Thorax-Röntgenbild: streifig-fleckig konfluierende In-filtrate linksseitig mit maximaler Ausprägung in Segment 6, geringer auch im linken Oberlappen. Pulmonale Tuberkulose, initial fehlge-deutet als ambulant erworbene Pneumonie. Kultureller Nachweis von Mycobacterium tuberculosis erst nach Bronchoskopie mit BAL

. Abb. 5.41. Systematik der interstitiellen Lungenerkrankungen. Es werden 4 große Gruppen interstitieller Lungenerkrankungen unter-schieden. Innerhalb der idiopathischen interstitiellen Lungenerkran-

kungen ist die Unterscheidung der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) von der Gruppe der non-IPF bedeutsam

Lavage im Bereich des radiologisch infiltrierten Segments sowie ggf. zusätzlich endobronchiale bzw. transbronchiale Biopsien.

! Cave

Trotz mikroskopisch negativer Sputa muss mit einer über-tragbaren Tuberkulose gerechnet werden. Entsprechend sind vom Untersucher sowie dem Assistenzpersonal wäh-rend der Bronchoskopie FFP-3-Masken zu tragen, für eine anschließende angemessene Lüftung und Desinfektion ist zu sorgen.

Atypische Mykobakterien sind nicht über Tröpfchenkerne übertragbar. Daher kann bei Verdacht auf das Vorliegen einer atypischen Mykobakteriose auf vorherige Sputum-proben bzw. die besonderen hygienischen Schutzmaßnah-men verzichtet werden.

5.1.4 Bronchoskopische Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen

Interstitielle Lungenerkrankungen haben in den letzten Jahren eine neue Klassifikation erfahren. Diese basiert auf der Unterscheidung von 4 großen Gruppen:4 Idiopathische interstitielle Lungenerkrankungen (um-

fasst die idiopathische Lungenfibrose [IPF] und andere [non-IPF])

4 Granulomatöse Lungenerkrankungen4 Lungenfibrosen mit bekannter Ursache4 Andere, seltene interstitielle Lungenerkrankungen

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5125

Indikationen zur BronchoskopieEine diagnostische Bronchoskopie ist zur Abklärung inter-stitieller Lungenerkrankungen immer indiziert. Der Beitrag der Bronchoskopie reicht von einem Ausschluss spezi-fischer Histologien über stützende Hinweise im klinischen Kontext bis hin zur exakten histologischen Diagnose. Der mögliche Beitrag der Bronchoskopie zur Diagnosestellung ist demnach je nach klinischer Situation unterschiedlich und sollte daher vor ihrer Durchführung definiert sein. Entsprechend kann dann entschieden werden, ob weitere, invasivere Maßnahmen (videoassistierte Thorakoskopie (VATS) mit Lungenbiopsie) erforderlich sind.

Idiopathische interstitielle Lungenerkrankungen

Eine bronchoskopische Sicherung idiopathischer intersti-tieller Lungenerkrankungen gelingt meist weder über eine bronchoalveoläre Lavage noch über transbronchiale Biop-sien. Die Ergebnisse der bronchoalveolären Lavage haben hier meist nur eine (eingeschränkte) prognostische Bedeu-tung. Für eine histologische Diagnose interstitieller Lungen-erkrankungen bedarf es eines mindestens 2 cm großen Ge-websstücks, in dem das komplexe Schädigungsbild ein-schließlich seiner unterschiedlichen Stadien ausreichend repräsentiert ist. Diese Größe übersteigt bei weitem die Größe einer transbronchialen Biopsie.

Dennoch nimmt die Bronchoskopie im diagnostischen Algorithmus einen zentralen Stellenwert ein. Im Falle einer unklaren interstitiellen Lungenerkrankung kann durch eine diagnostische Bronchoskopie ggf. eine nicht-idiopathische Form der interstitiellen Lungenerkrankungen gesichert werden (z. B. Sarkoidose).

Im Falle des Vorliegens typischer Kriterien einer idio-

pathischen Lungenfibrose (IPF; . Abb. 5.42) bedarf es des

bronchoskopischen Ausschlusses anderer Ursachen inter-stitieller Lungenerkrankungen. Liegen alle Hauptkriterien und 3 von 4 Nebenkriterien vor, kann auf eine Lungenbiop-sie über VATS verzichtet werden.

Kriterien einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF)4 Hauptkriterien

– Restriktive Ventilationsstörung– Hypoxämie in Ruhe und/oder unter Belastung– Beidseitige interstitielle Infiltrate– Infiltrate im HR-CT mit wenig Milchglastrü-

bungen– Ausschluss einer bekannten Ursache interstiti-

eller Lungenerkrankungen– Ergebnisse der Bronchoskopie weisen nicht auf

eine andere interstitielle Lungenerkrankung hin4 Nebenkriterien

– Alter >50 Jahre – Langsame Zunahme einer nicht anders erklärten

Belastungsdyspnoe – Krankheitsdauer länger als 3 Monate – Beidseitige feinblasige inspiratorische Rasselge-

räusche (»Sklerosiphonie«)

Innerhalb der idiopathischen interstitiellen Pneumonie werden in der Gruppe der nicht-idiopathischen Lungen-

fibrose (non-IPF) folgende 6 Entitäten zusammengefasst (. Abb. 5.41):4 Respiratorische Bronchiolitis – interstitielle Lungener-

krankung (RB-ILD)

. Abb. 5.42. Idiopathische Lungenfibrose (IPF): Es finden sich in der HRCT des Thorax in Bauchlage (transversale Schichten) eindeutige Lungen-gerüstvermehrungen (s. Beschriftung)

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen126

5

4 Desquamative interstitielle Pneumonie (DIP)4 Unspezifische interstitielle Pneumonie (NSIP)4 Lymphozytäre Pneumonie (LIP)4 Akute interstitielle Pneumonie (AIP; entspricht histolo-

gisch einem diffusen Alveolarschaden = DAD)4 Chronische organisierende Pneumonie (COP; früher

Bronchiolitis mit alveolärer Pneumonie, BOOP)

Jede dieser Entitäten weist eine charakteristische, jedoch nicht spezifische und begrenzt sensitive CT-Morphologie aus.

Typische Befunde der bronchoalveolären Lavage kön-nen zur Diagnosestellung beitragen, sind jedoch ebenfalls nicht spezifisch. Einige Befunde haben prognostische Be-deutung (. Tab. 5.9). Lediglich die COP kann gelegentlich auch durch transbronchiale Biopsie gesichert werden; zu fordern ist für eine Diagnose der COP allerdings das Vor-liegen sowohl der Bronchiolitis als auch der alveolären, or-ganisierenden Pneumonie (. Abb. 5.43a, b).

Granulomatöse Lungenerkrankungen

Sarkoidose. Die Diagnose einer Lungen- und/oder thora-kalen Lymphknotensarkoidose ist eine Domäne der Bron-choskopie. Makroskopisch finden sich in ca. 20% der Fälle mit aktiver Sarkoidose feinknotige Veränderungen der Bronchialschleimhaut. In der endobronchialen Biopsie können histologisch epitheloidzellige Granulome nachge-wiesen werden.

Die BALF sollte immer zytologisch und mikrobio-logisch (unter Einschluss einer Untersuchung auf Myko-bakterien) untersucht werden (. Tab. 5.10). Es findet sich typischerweise in Abhängigkeit von der Aktivität der Entzündung eine Lymphozytose unterschiedlichen Aus-maßes. Dabei handelt es sich überwiegend um CD4-po-sitive Lymphozyten. Ein CD4/CD8-Quotient von >5 hat (nach Ausschluss einer Tuberkulose) auch ohne Histo-

logie eine hohe Spezifität für Diagnose einer Sarkoidose (ca. 90%).

Mediastinale oder hiläre Lymphnoten können mittels EBUS-Technik dargestellt und über die Punktionsnadel un-tersucht werden. In transbronchialen Biopsien finden sich im Röntgen-Stadium I (also ohne nachweisbare Lungenver-

. Abb. 5.43a und b. Kryptogene organisierende Pneumonie (COP; früher: BOOP). a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Pneumonische In-filtrate in beiden Unterlappen mit positivem Pneumobronchogramm. b Zeitgleiches CT des Thorax: korrespondierend zu den röntgenmor-

phologischen Veränderungen Darstellung eines Nebeneinanders von konsolidierenden und milchglasartigen Verschattungsmustern, vorzugsweise dorsal basal pleuranahe. Fleckige bilaterale Konsolidie-rung, subpleuraler Befall

. Tab. 5.9. Typische Befunde der BALF bei Patienten mit idiopa-thischen interstitiellen Lungenerkrankungen (IPF und non-IPF)

Typ der idio-

pathischen inter-

stitiellen Lungen-

erkrankung

Assoziiertes Zellbild in der BALF

IPF Neutrophilie (schlechtere Prognose)Lymphozytose (bessere Prognose)Mäßige Eosinophilie (schlechtere Prognose)

RB-ILD Starke Makrophagen-Erhöhung, braun- pigmentiertMäßige Neutrophilie (sehr typischer Befund)

DIP Starke Makrophagen-Erhöhung, braun- pigmentiertMäßige Neutrophilie, Lymphozytose oder Eosinophilie (sehr typischer Befund)

NSIP Neutrophilie, mäßige Lymphozytose oder Eosinophilie

LIP Lymphozytose

AIP Neutrophilie

COP Schaumige Makrophagen (>20%)Lymphozytose >25%, CD4/CD8-Quotient erniedrigt, Neutrophilie >5%, Eosinophilie (<20%)(»Bunte BALF«)

Alle Formen gehen mit einer erhöhten Gesamtzellzahl einher, die auch die Makrophagen umfasst.

a b

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5127

. Tab. 5.10. Typische Befunde der BALF bei Patienten mit Sarkoidose

Gesamtzellzahl Normal bis leicht erhöht

Vorherrschender Zelltyp Lymphozyten (80–90% der Fälle)Aktive Sarkoidose: Lymphozytose von 30–60%Fibrosierung: zusätzlich Neutrophilie

Immunzytologie CD4/CD8-Quotient >3,5 (ca. 60%)HLA-DR+-Lymphozyten erhöhtCD57+-NK-Zellen im Normbereich

Befunde im Krankheitsverlauf Normalisierung oder leicht- bis mittelgradige LymphozytoseNormalisierung der HLA-DR+-Lymphozyten

Prognostische Bedeutung keine

Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8-Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind zu beachten!

. Abb. 5.44. Sarkoidose mit Lungen- und Lymphknotenbefall. a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Typische bihiläre und mediastinale polyzyklische Lymphadenopathie beidseits zusammen mit feinnodu-lärem und streifigen Verschattungen mit Betonung der Ober- und Mittelfelder (Röntgen-Stadium II). b und c Zeitgleiches CT. Koronare Rekonstruktion im Weichteil- und Lungenfenster. Im Weichteilfenster (b) Darstellung der bihilären und mediastinalen Lymphadenopathie. Im Lungenfenster (c) Bild kleinnodulärer, bronchovaskulärer und lappenspaltnaher Verschattungen

a b

c

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen128

5

Tipps

änderungen im Röntgen-Thorax) in ca. 60% der Fälle epi-theloidzellige Granulome. Im Stadium II und III finden sich diese in 80–90% der Fälle.

! Cave

Der Nachweis epitheloidzelliger Granulome ist nicht gleichbedeutend mit der Diagnose einer Sarkoidose. Stets ist eine Tuberkulose bzw. atypische Mykobakteriose auszuschließen. Des Weiteren kommen epitheloidzellige Granulome ebenso bei der Berylliose und der exogen- allergischen Alveolitis vor. Schließlich finden sich diese gelegentlich auch im Randbereich von Tumoren, so dass bei entsprechender klinischer Konstellation nach Tumo-ren weiter gefahndet werden muss.

Exogen-allergische Alveolitis (EAA). Die EAA (. Tab. 5.11 und . Abb. 5.45) ist eine Erkrankung, die durch wiederhol-te Inhalation organischer Stäube bei sensibilisierten Per-sonen hervorgerufen wird. Mögliche Antigene umfassen insbesondere mikrobielle und Vogelproteine. Immunpa-thogenetisch finden sich Hinweise sowohl für eine Typ-III- als auch Typ-IV-Reaktion. Im typischen Fall einer akuten EAA ist eine Bronchoskopie entbehrlich. Daher werden die Befunde der akuten Krankheitsphase selten erfasst. Diffe-renzialdiagnostische Schwierigkeiten bereitet vor allem die subakute bzw. späte Krankheitsphase.

Ein Normalbefund in der BALF schließt eine aktive EAA aus.

. Abb. 5.45a und b. Exogen-allergische Alveolitis auf Bettfedern. a Röntgenbild im Stehen: feinnoduläre, milchglasartige, interstitielle Zeichnungsvermehrungen im Lungenkern mit basaler und dorsaler Betonung. b Zeitgleiches CT. Transversale Schichten. Ubiquitäre zen-trilobuläre Milchglasverschattungsmuster

In der transbronchialen Biopsie finden sich innerhalb einer erhaltenen Lungenarchitektur angedeutete Granulome mit oder ohne Riesenzellen vom Fremdkörpertyp, eine Bron-chiolitis sowie eine Lymphozytose.

! Cave

Die BALF lässt lediglich die Identifikation von sensibilisier-ten Personen zu. Der Befund von sensibilisierten Kranken und Gesunden ist identisch. Die Bedeutung der subkli-nischen Alveolitis bei asymptomatischen Personen (mit normaler Lungenfunktion und normalem Thorax-Rönt-genbefund) ist nicht bekannt. Daher sind die Befunde der BALF stets im klinischen Kontext zu interpretieren.

. Tab. 5.11. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit exo-gen-allergischer Alveolitis (EAA)

Gesamtzellzahl Stark erhöht (bis zum 5-fachen der Norm)

Vorherrschender Zelltyp

Akute EAA: NeutrophileSubakute/chronische EAA: Lymphozyten, weniger NeutrophileAusgeprägte Lymphozytose (>50%), vereinzelt Plasmazellen (bis 2%) und/oder MastzellenLymphozyten mit Aktivitätszeichen (gefälte-ter Kern, breites Zytoplasma), Makrophagen mit schaumigem Aspekt

Immunzytologie CD4/CD8-Quotient erniedrigtHLA-DR+-Lymphozyten erhöhtCD57+-NK-Zellen erhöht

Befunde im Krankheitsverlauf

Normalisierung bei vollständiger Allergen-karenz, Anstieg der CD4-Helferzellen

Prognostische Bedeutung

Keine

Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8-Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind zu beachten!

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Interstitielle Lungenerkrankungen

mit bekannter Ursachen

In diese sehr heterogene Gruppe fallen die folgenden inter-stitiellen Lungenerkrankungen:4 Pneumokoniosen (durch Inhalation anorganischer

Partikel)5 Asbestosen5 Silikosen/Mischstaubpneumokoniosen

4 Interstitielle Lungenerkrankungen im Rahmen von Kollagenosen

4 Medikamentenassoziierte Alveolitiden

Asbestosen. Radiologisch kann eine Asbestose vermutet werden bei Vorliegen folgender Kriterien:4 Basal betonte interstitielle, kleinknotige Infiltrationen4 Basale Pleuraplaques

Die Diagnose einer Lungenasbestose wird gesichert durch:4 Nachweis einer Asbestexposition4 Angemessene Latenzzeit von Exposition zur Lungen-

schädigung4 Histologischer Nachweis einer beidseitigen, basal be-

tonten interstitiellen Fibrose

Die Asbestexposition kann untermauert oder überhaupt erst gesichert werden durch 4 Asbest-typische Pleuraplaques (tafelbergartige kalk-

dichte pleurale Verdickungen)4 Nachweis von Asbestkörperchen in Makrophagen der

BALF und/oder im Lungengewebe4 Bei ausreichend hoher Asbestbelastung können Asbest-

körperchen bereits im Ausstrich- bzw. Zytozentrifugen-präparat in der BALF festgestellt werden. Sensitiver ist der quantitative Nachweis über Filtration der BALF.

. Tab. 5.12 fasst die typischen Befunde in der BALF bei Pa-tienten mit asbestinduzierter Alveolitis/Fibrose zusammen.

Silikosen und Mischstaubpneumokoniosen. Unter Sili-kosen wird die fibronoduläre Form der Pneumokoniose verstanden, die durch Inhalation von quarzhaltigem Staub verursacht wird. Mischstaubpneumokoniosen bezeichnen Lungenerkrankungen durch Inhalation von Kohlenstaub, Gesteinsstaub und Tonmineralien. Eine differenzialdiag-nostische oder prognostische Bedeutung kommt den Be-funden in der BALF in der Regel nicht zu (. Tab. 5.13).

! Cave

Die Befunde bei Berylliose unterscheiden sich grund-legend von denen der Silikose/Mischstaubpneumo-koniose. Sie entsprechen denen bei aktiver Sarkoidose. Beide Erkrankungen können durch den Lymphozyten-transformationstest (LTT) mit Lymphozyten aus der BALF, die Berylliumsalze exponiert werden, unterschieden werden.

Interstitielle Lungenerkrankungen im Rahmen von Kolla-

genosen. Das Spektrum möglicher Lungenbeteiligungen bei Kollagenosen ist außerordentlich weit. Eine orientieren-de Übersicht gibt . Tab. 5.14. Komplizierend tritt hinzu, dass bei immunsuppressiv behandelten Patienten stets dif-ferenzialdiagnostisch an mögliche medikamentenassozi-ierte Alveolitiden sowie opportunistische Infektionen ge-dacht werden muss.

Die Sicherung der Zuordnung einer interstitiellen Lun-generkrankung zu einer Kollagenose kann nur im Rahmen der Gesamtkonstellation erfolgen. Bronchoalveoläre Lava-ge und Histologie ergeben selten wegweisende Befunde. Ihre Bedeutung liegt eher im Bereich der Ausschlussdiag-nostik anderer interstitieller Lungenerkrankungen sowie opportunistischer Infektionen.

. Tab. 5.12. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit As-bestinduzierter Alveolitis/Fibrose

Gesamtzellzahl Normal oder leicht erhöht

Vorherrschender Zelltyp

Akut: Neutrophile und/oder LymphozytoseHöchste entzündliche Aktivität bei sub-klinischer Alveolitis

Immunzytologie CD4/CD8-Quotient erhöht

Befunde im Krankheitsverlauf

Nachlassen der entzündlichen Aktivität

Prognostische Be-deutung

Neutrophilie ungünstigLymphozytose günstiger

Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8-Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind zu beachten!

. Tab. 5.13. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit Sili-kose bzw. Mischstaubpneumokoniose

Gesamtzellzahl Deutlich erhöht

Vorherrschender Zelltyp

Erhöhung der MakrophagenBei reiner Silikose: Nachweis doppel-brechender QuarzkristalleBei Kohlebergarbeitern: dunkelbraune, grobkonturierte, polygonale KohlepartikelBei Metallschleifern: EisenbeladungBei Hartmetalllungen: RiesenzellenNeutrophilie/Lymphozytose

Immunzytologie CD4/CD8-Quotient erniedrigt

Befunde im Krankheitsverlauf

Keine

Prognostische Bedeutung

Keine

Cave: Die unterschiedlichen Erwartungswerte für den CD4/CD8-Quotienten bei Rauchern (1–3,5) und Nichtrauchern (0,5–1,5) sind zu beachten!

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen130

5

Bei Patienten mit manifester Alveolitis bzw. Fibrose finden sich meist eine erhöhte Gesamtzellzahl sowie eine Neutrophilie, gelegentlich mit Eosinophilie oder Lympho-zytose (überwiegend CD8-Suppressorzellen). Bei Patienten mit Sklerodermie ist eine Neutrophilie (>3%) und Eosino-philie (>1–2%) in der BALF mit einer Alveolitis bzw. pro-gredienten Lungenfibrose assoziiert und trägt somit zur Entscheidung über eine immunsuppressive Therapie bei.

! Cave

Bei allen Kollagenosen werden subklinische Alveolitiden beobachtet, die sich in ihrer zellulären Charakteristik nicht von denen symptomatischer Patienten unterscheiden. Ihre prognostische Bedeutung ist noch unklar. Daher müssen die Befunde der BALF im klinischen Kontext inter-pretiert werden. Eine therapeutische Konsequenz ergibt sich aktuell lediglich bei Patienten mit funktionellem und bildgebendem Korrelat der Alveolitis/Fibrose.

Medikamentenassoziierte Lungenparenchymschädigung. Eine Fülle von Medikamenten kann eine Lungenparen-chymschädigung verursachen. Eine medikamentenasso-ziierte Lungenparenchymschädigung ist daher bei jeder neu aufgetretenen unklaren Verschattung nach Exposition auf definierte Medikamente zu erwägen. Fünf Kriterien spre-chen für eine medikamentenassoziierte Lungenparenchym-schädigung:4 Exposition (meist, nicht immer, rezent)4 Medikament kann bekanntermaßen Lungenparenchym-

schädigungen verursachen (7 www.pneumotox.com)4 Andere Ätiologien wurden ausgeschlossen (Lungen-

stauung, -überwässerung, Infektionen, Lungenbeteili-gungen bei Grunderkrankungen)

4 Absetzen des Medikaments führt zur Besserung4 Reexposition führt zur erneuten Verschlechterung

Die Rolle der Bronchoskopie besteht entsprechend zunächst darin, einen Zusammenhang zur Grunderkrankung sowie infektiöse Komplikationen auszuschließen. Darüber hinaus trägt sie in einigen Fällen wichtige Hinweise für einen ur-sächlichen Zusammenhang zur Medikamenteneinnahme

. Tab. 5.14. Spektrum der Lungenbeteiligung bei Kollagenosen

RA SLE PSS DM SS MCTD AS

ILE

Alveolitis/Fibrose ++ + ++ + + +

DAH + ++

Apikale Fibrose +

Bronchiale Manifestationen + + ++

Pleurale Manifestationen + ++ + +

Pulmonale Hypertonie + + ++ +

Atemmuskelschwäche + ++ +

ILE = interstitielle Lungenerkrankung, DAH = diffuse alveoläre Hämorrhagie, RA = rheumatoide Arthritis, SLE = systemischer Lupus erythema-todes, PSS = primär systemische Sklerodermie, DM = Dermatomyositis, SS = Sjögren-Syndrom, MCTD = »mixed connective tissue disease«, AS = ankylosierende Spondylitis (= M. Bechterew)+ = typischer Befund++ = besonders häufiger Befund

. Tab. 5.15. Typische Lungenparenchymschädigungsmuster sowie ihre Assoziation zu bestimmten Medikamenten (Auswahl)

Schädigungstyp Ursächlich auslösende

Medikamente

Alveolitis Gold, Methotrexat, Nitrofurantoin, Amiodaron

Infiltrate mit peripherer Eosinophilie sowie eosino-phile Medikamente

Carbamezepin, Sulfonamide, ACE-Hemmer, NSAID, Imipramin

Organisierende Pneumonie Amiodaron, Bleomycin, β-Blocker, Carbamazepin, Interferon

Chemotherapie Lunge (be-günstigt durch onkologische Begleittherapien wie Sauer-stoff, Transfusionen, Stamm-zelltransfusionen, CSF, Pro-teine, Immunglobuline, Bestrahlung)

Bleomycin, Busulfan, Chlorambu-cil, Cyclophosphamid, Melphalon, Mitomycin

Lungenfibrose Bleomycin, Busulfan, Chlorambu-cil, Cyclophosphamid, Amiodaron, Gold, Methotrexat, Sulfonamide

Flüchtige Infiltrate Hydrochlorothiazid, Doxetaxel, Gemcitabin, Taxotere, G-CSF

Alveoläre Hämorrhagie Propylthiouracil

Pulmonale Vaskulitis Sulfonamide, Allopurinol, Pheny-toin, Propylthiouracil

Churg-Strauss-Syndrom Leukotrien-Rezeptorantagonisten

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5131

bei. . Tab. 5.15 zeigt eine Auswahl typischer Lungen-parenchymschädigungstypen sowie ihre Assoziation mit bestimmten Medikamenten.

Einige Medikamente verursachen charakteristische Schädigungsmuster des Lungenparenchyms, so dass in die-sen Fällen durch eine diagnostische Bronchoskopie zuwei-len ein Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme gesichert werden kann. Eine Übersicht über diese Medika-mente gibt . Tab. 5.16.

Die Befunde in der BALF sind naturgemäß nicht ein-heitlich. Die Mehrzahl der Medikamente führt zu einer Lymphozytose, wobei in der frühesten Phase häufig eine Neutrophilie beobachtet wird. Immunzytologisch findet sich meist eine Vermehrung der CD8-Suppressorzellen bzw. ein verminderter CD4-CD8-Quotient.

Seltene interstitielle LungenerkrankungenDiese ebenfalls sehr heterogene Gruppe von Lungener-krankungen umfasst:

4 Zystische Lungenerkrankungen (Histiocytosis X, Lymph-angioleiomyomatose (LAM))

4 Eosinophile Infiltrate4 Andere interstitielle Lungenerkrankungen (Alveolar-

proteinose, alveoläre Mikrolithiasis, Lipidpneumonie)

Histiocytosis X (Langerhans-Zell-Granulomatose). Kenn-zeichen der Histiocytosis X ist eine herdförmige granu-lomartige Proliferation atypischer Histiozyten (= Langer-hans-Zellen). Leitzellen in den Granulomen sind neben Histiozyten auch Eosinophile. Der Verdacht auf eine His-tiocytosis X ergibt sich aus der CT (kleinnoduläre Verdich-tungen, irregulär begrenzte Zysten, Aussparung der kosto-phrenischen Winkel; . Abb. 5.46). Im typischen Fall ist eine Bronchoskopie entbehrlich. Die BALF erlaubt über den Nachweis von >3% CD1-positiven Zellen in ca. 50% auch ohne Histologie eine Diagnosestellung (. Tab. 5.17).

Lymphangioleiomyomatose (LAM). Klinische Hinweise auf eine LAM (. Abb. 5.48) umfassen weibliches Geschlecht, rezidivierende Pneumothoraces, Chylothorax. Radiologisch fallen regulär begrenzte Zysten auf. Auch hier ist im typi-schen Fall eine Bronchoskopie entbehrlich. Eine Sicherung kann nur über eine VATS-Lungenbiopsie erfolgen.

Eosinophile Infiltrate. Diese Gruppe umfasst folgende Er-krankungen: 4 Akute eosinophile Pneumonie (AEP)4 Chronisch-eosinophile Pneumonie (CEP)4 Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)4 Churg-Strauss-Syndrom4 Hypereosinophiles Syndrom4 Parasitäre Lungenerkrankungen

Von einer eosinophilen Alveolitis wird ab einem Anteil von 25% Eosinophilen in der BALF gesprochen. Eine Synopsis

. Tab. 5.16. Charakteristische bronchoskopische Befunde bei Lungenparenchymschädigungen durch spezifische Medikamente

Medika-

ment

Befund in der BALF Befund in der trans-

bronchialen Biopsie

Amiodaron Erhöhte CD-8-Zell-zahlNeutrophile und/oder LymphozytoseCave: Schaumzell- Makrophagen sind sensitiv, aber nicht spezifisch für eine Lungenparenchym-schädigung

Septale VerdickungenInterstitielles ÖdemUnspezifische Ent-zündungFibroseLipideinschlüsse in interstitiellen und endothelialen ZellenSchaumzell-MakrophagenOrganisierende Pneumonie

Bleomycin Neutrophilie Interstitielles ÖdemUnspezifische interstitielle PneumonieDiffuser Alveolarschaden (DAD)Fibrose

Gold Lymphozytose mit erniedrigtem CD4/CD8-Quotient

Septale EntzündungEosionophile PneumonieOrganisierende Pneumonie

Methotrexat Lymphozytose Interstitielle EntzündungInterstitielle FibroseKleine GranulomeGewebseosinophilie

Mitomycin* unspezifisch Interstitielle FibroseBizarre Pneumozyten-formationen

* Mitomycin kann ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) verursachen.

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

. Tab. 5.17. Typische Befunde in der BALF bei Patienten mit Histiocytosis X

Gesamtzellzahl Erhöht

Vorherrschender Zelltyp

NeutrophileLymphozyten»Rauchermakrophagen«

Immunzytologie CD1(OKT-6)-positive Zellen (>3%) in ca. 50% der Fälle (diagnostisch beweisend)Langerhans-Zellen intrazytoplasmatisch S-100-positiv

Elektronen-mikroskopie

Spezifische intrazytoplasmatische Einschluss-körperchen (»X-bodies« oder »Birbeck-Granula«)

Befunde im Krank-heitsverlauf

Keine

Prognostische Bedeutung

Keine

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Kapitel 5 · Indikationen132

5

. Abb. 5.46a–c. Frühstadium einer Langerhans-Histiozytose. a Thorax-Röntgenbild im Stehen: beidseitige unscharf begrenzte noduläre bis flächige Verschattungen, typischerweise unter Aus-sparung der dorsobasalen Abschnitte. b Zeitgleiches CT: beidseits multiple unscharf begrenzte Verdichtungen und einzelne dickwan-dige Ringschatten. c Aussparung der kostophrenischen Winkel

. Abb. 5.47a und b. Spätstadium einer Langerhans-Histiozytose. a Thorax-Röntgenbild im Stehen: insgesamt erhöhte Transparenz beider Lungen mit retikulären Zeichnungsvermehrungen in den Ober- und Mittelfeldern sowie Aussparung der Unterfelder. b Zeitgleiches CT: transversale Schichten. Durchsetzung beider Lungen mit irregulär begrenzten, vorrangig dickwandigen Zysten

a

b

a

b

c

der Befunde sowie ihre differenzialdiagnostische Zuord-nung geht aus . Tab. 5.18 hervor. Aussagekräftig ist neben klinischen und bildgebenden Kriterien das Verhältnis von Eosinophilen – peripher bzw. in der BALF – und der Höhe des IgE-Spiegels. Die akute eosinophile Pneumonie (AEP) präsentiert sich klinisch wie ein ARDS, spricht jedoch im Gegensatz zu diesem sehr gut auf Steroide an. Sie geht mit sehr hohen Eosinophilenzahlen in der BALF einher (50–75%). Transbronchiale Biopsien sind bei eosinophilen Syn-dromen selten angezeigt und generell wenig aussagekräftig. Eine ABPA kann bronchoskopisch häufig bereits makros-kopisch vermutet werden. Im typischen Fall finden sich zähe, gummiartige Sekretausgüsse in den betroffenen Seg-mentostien, die nur sehr schwer abgesaugt bzw. extrahiert werden können.

Alveolarproteinose (7 Kap. 5.2.4). Die Alveolarproteinose ist gekennzeichnet durch eine Störung der Regulation des Surfactants (phospholipidhaltige Proteine) in alveolären

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5133

. Abb. 5.48a und b. Fortgeschrittene Lymphangioleiomyomatose (LAM). a Thorax-Röntgenbild im Stehen. Alle Lungenabschnitte gleichermaßen betreffende retikuläre Verschattungen. Postoperative rechtsbasale Pleuraverschwielung (nach Pleurodese). Postspezifische infraklavikuläre Verschattungen. b Zeitgleiches CT des Thorax: trans-versale Schichten. Nachweis ubiquitärer, vorwiegend zartwandiger Lungenzysten unterschiedlicher Größe. Diese sind in allen Lungen-abschnitten gleichermaßen nachweisbara

b

Makrophagen. Dabei spielen Defekte in der Synthese und/oder Signaltransduktion des GM-CSF sowie möglicher-weise auch zirkulierende Inhibitoren eine Rolle. Neben der primären Form werden sekundäre Formen im Rahmen von pulmonalen Infektionen, malignen hämatologischen Er-krankungen sowie nach Zytostatika, Quarz- oder Alumi-niumstaubinhalationen beobachtet.

Die CT des Thorax ergibt den charakteristischen Be-fund des »crazy paving« (Verdickung der Septen bei gleich-zeitiger Milchglasverschattung). Die Diagnose wird durch

die Untersuchung der BALF gestellt. Die BALF erscheint milchig-trübe. Mikroskopisch finden sich neben einer Lymphozytose und Vermehrung von Plasmazellen typische PAS-positive Exsudate im Zytoplasma von schaumig alte-rierten Makrophagen. Darüber hinaus ist im Hintergrund schwach PAS-positiver Zelldebris zu erkennen. Histolo-gisch finden sich diffuse, PAS-positive alveoläre Exsudate inmitten einer erhaltenen alveolären Architektur. Eine histologische Diagnosesicherung ist jedoch meist ent-behrlich.

. Tab. 5.18. Differenzialdiagnose der eosinophilen Syndrome

CEP ABPA CSS HES Parasitär

Extrapulmonalbefall – – +Vaskulitis

+Eosinophile Infiltration

+Gastrointestinal

Lokalisation der Infiltrate Peripher (umge-kehrtes Bild der Lungenstauung)

Apikal Peripher Nicht typisch Nicht typisch

Wandern der Infiltrate – + + – +

Eosinophilie peripher Hoch Mäßig Hoch Extrem hoch Hoch

Eosinophilie BALF Mäßig bis hoch Hoch Hoch Hoch variierend

IgE Mäßig Hoch – – Hoch

pANCA-Antikörper – – + – –

CEP = chronisch eosinophile Pneumonie, ABPA = allergisch bronchopulmonale Aspergillose, CSS = Churg-Strauss-Syndrom, HES = hyper-eosinophiles SyndromZusätzlich zu den hier aufgeführten Konditionen können auch eine Reihe von Medikamenten (z. B. Methotrexat) periphere und alveoläre Eosinophilien auslösen (s. Abschnitt »Medikamentenassoziierte Lungenparechnymschädigung«)

5.1 · Diagnostische Bronchoskopie

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Kapitel 5 · Indikationen134

5

Neuere Befunde weisen auf ein diagnostisches Poten-zial neutralisierender Antikörper gegen GM-CSF im Serum hin. Sollte sich dies bestätigen, wäre die diagnostische Bron-choskopie in typischen Fällen entbehrlich.

Alveoläre Mikrolithiasis. Es handelt sich um eine sehr sel-tene Erkrankung, die durch die Deposition von lamillären Kalziumphosphat-Konkrementen und eine begleitende Fibrosierung gekennzeichnet ist. Die Diagnose wird durch transbronchiale Biopsie gestellt.

Lipidpneumonie. Diese entsteht durch Inhalation oder As-piration von Ölen. In der BALF finden sich Schaumzell-Makrophagen sowie Lipidmaterial. Die Vakuolen der Ma-krophagen können – im Gegensatz zu denen der Amio-daron-Lunge bzw. der Alveolarproteinose – durch die Su-dan-Färbung positiv gefärbt werden.

5.1.5 Hämoptysen ohne radiologisches Substrat

Die Bronchoskopie dient der Überprüfung der Blutungs-

quelle sowie dem Versuch, die bronchiale bzw. pulmonale Blutungsquelle näher zu identifizieren. Mögliche lokalisier-te Blutungsquellen bei Angabe von Hämoptysen umfassen:4 Oberer Respirationstrakt4 Unterer Respirationstrakt4 Gastrointestinaltrakt

Der Untersucher sollte daher beim Einführen des Bron-choskops auf eine mögliche Blutung aus dem oberen Res-pirationstrakt achten. Bei der Inspektion des Tracheobron-

chialbaums ist darauf zu achten, ob das frische Blut aus einer bereits makroskopisch sichtbaren Blutungsquelle (zentrale Blutung) bzw. einem bestimmten Segmentostium (periphere Blutung) tritt oder ob eine diffuse Blutung im Sinne einer diffusen alveolären Hämorrhagie (DAH) vor-liegt. Diese Unterscheidung kann erhebliche therapeutische Konsequenzen haben.

Eine sichere Zuordnung der bronchopulmonalen Blu-tungsquelle gelingt häufig nur nach frischen Blutungen. In diesen Fällen tritt nach Absaugung und Spülung weiterhin Blut aus dem bzw. den Ostien. Zuweilen weist ein einzelner Abscheidungsthrombus im Segmentostium auf die Blu-tungsquelle hin. Im Falle eines unauffälligen Befundes im oberen und unteren Respirationstrakt sollte je nach klini-scher Konstellation ggf. auch eine ösophagogastroskopische Untersuchung angeschlossen werden.

Über die lokalisierte Blutungsquelle hinaus sind Hä-moptysen auch bei diffuser Lungenblutung möglich. Im Stadium ohne radiologisches Korrelat kann diese durch eine BAL diagnostiziert werden:4 Makroskopisch durch Zunahme der Rotfärbung mit

jeder rückgewonnenen Portion der BALF4 Mikroskopisch durch den Nachweis Hämosiderin-be-

ladener Makrophagen

Die Indikation zur bronchoskopischen Untersuchung ist prinzipiell bei Hämoptysen (mehr als eine Episode) immer gegeben. Ausnahmen umfassen Hämoptysen:4 Nach Bronchoskopie (immer harmlos und selbstlimi-

tierend)4 Im Rahmen von bekannten, regelmäßig kontrollierten

Bronchiektasen 4 Unter Therapie einer bekannten Erkrankung (z. B. Tu-

mor, Tuberkulose)

5.1.6 Chronischer Husten

Von einem chronischen Husten wird ab einer Dauer von 4 Wochen gesprochen. Insbesondere bei Rauchern ist in solchen Fällen eine Thorax-Röntgenaufnahme obligat. Ergibt diese Aufnahme keinen Befund, der den Husten erklärt, sollte zunächst anamnestisch nach hustenauslösenden Medikamen-ten (ACE-Hemmer, β-Blocker) gefragt und eine Lungenfunk-tionsuntersuchung durchgeführt werden. Ergeben sich auch hier keine wegweisenden Befunde, sollte von einem »chroni-schen Husten bei normaler Thorax-Röntgenaufnahme« ge-sprochen werden. In diesem Fall liegen dem Husten in etwa 90% alleine oder in Kombination eine chronische Rhinosinu-sitis mit Sekretfluss in den oberen Atemwegen (»postnasal drip«), ein hyperreagibles Bronchialsystem bzw. Asthma (»cough variant asthma«) oder ein gastroösophgealer Reflux (»GERD«) zugrunde. Seltenere Ursachen umfassen die eosi-nophile Bronchitis und den Keuchhusten des Erwachsenen. In ca. 10% der Fälle besteht ein idiopathisches Husten.

. Abb. 5.49. Hypereosinophiles Syndrom. Thorax-Röntgenbild im Stehen: ausgedehnte streifig-fleckige-retikuläre Verdichtungen beid-seits ohne Bevorzugung einzelner Lungenabschnitte

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Bevor von einem idiopathischen Husten gesprochen wird, sollte jedoch nach Ausschluss oben genannter Kondi-tionen eine weitere Diagnostik erfolgen. Zunächst sollte die kardiale Funktion über eine Echokardiographie und eine CT mit der Frage nach Bronchiektasen oder interstitiellen Lungenerkrankungen erfolgen. Bei erhöhten D-Dimeren sollte letztere als Angio-CT mit der Frage nach Lungen-embolien durchgeführt werden. Erst wenn auch diese Kon-ditionen ausgeschlossen sind, besteht die Indikation zur Bronchoskopie.

Bronchoskopisch ergeben sich zuweilen Überraschungs-befunde in Form aspirierter Fremdkörper oder kleiner tra-chealer oder endobronchialer Tumoren. Sehr selten beste-hen tracheobronchiale Anomalien. In der bronchoalveo-lären Lavage findet sich zuweilen eine auffällige Lymphozy-tose. Die Bedeutung dieses Befundes ist jedoch nicht geklärt. Es erscheint möglich, ist aber nicht gesichert, dass es sich hierbei um eine Frühform einer Lungenbeteiligung bei noch ansonsten noch nicht manifester Kollagenose handelt.

5.1.7 Vocal cord dysfunction (VCD-Syndrom)

Unter einem VCD-Syndrom wird eine intermittierende funktionelle Obstruktion der Atemwege durch Dysfunk-tionen der Stimmbänder (vor allem durch Stimmbandad-duktion) bei In- und Exspiration verstanden. Dabei handelt es sich um ein komplexes Geschehen, dass allein oder zu-sätzlich zu Asthma bestehen und durch äußere Reize (z. B. Reflux, Stress) ausgelöst werden kann.

Als diagnostisch gilt die direkte bronchoskopische

Darstellung der laryngealen Dysfunktion. Die Untersu-chung wird möglichst ohne systemische Prämedikation und ohne Rachenanästhesie durchgeführt, um ein falsch-negatives Ergebnis zu vermeiden. Anamnestisch berichtete Auslöser des Laryngospasmus sollen dabei appliziert wer-den. Die Auslösung eines Spasmus durch taktile Reize darf nicht als VCD-Nachweis betrachtet werden.

Manche Kliniken halten eine Endospirometrie vor, die eine synchrone Darstellung der Spirometrie und des endos-kopischen Befundes erlaubt. Die Stimmbanddysfunktion wird dabei mit der spirometrischen Einschränkung (Quo-tient MEF50 zu MEF-50 >1) korreliert.

Die Komplexität (und Seltenheit) dieser Erkrankung sollte Grund sein, die weiterführende Diagnostik in erfah-rene Hände zu übergeben.

5.2 Therapeutische Bronchoskopie

5.2.1 Atemwegsmanagement

Maligne AtemwegsstenoseTrotz aller Verbesserungen in der Diagnostik und Therapie des Bronchialkarzinoms beträgt das Langzeitüberleben

immer noch nur 10–15%, so dass bei dem Großteil der Pa-tienten ein palliatives Vorgehen angezeigt ist. Etwa ein Drit-tel der Patienten präsentieren sich bereits initial mit einer tumorbedingten Obstruktion der zentralen Atemwege und bei weiteren 20% tritt diese Komplikation im Verlauf auf. Somit ist die bronchoskopische Therapie bedeutend in der Palliation dieser Patienten. Da ein relevanter Anteil der Pa-tienten an lokalen Komplikationen eines zentralen Tumors verstirbt (Hämoptoe, poststenotische Pneumonie, Asphy-xie, Fistelbildung mit Infektion), könnte diese Therapie zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führen, auch wenn der Nachweis diesbezüglich noch nicht geführt werden konnte. Eine gute Palliation kann jedoch in der richtigen Indikation erzielt werden. Eine klare Indikation zur inter-ventionellen Therapie ergibt sich immer bei einer klinisch symptomatischen Stenose, da durch die Intervention eine direkte Beschwerdelinderung zu erzielen ist. Liegt eine poststenotische Pneumonie oder eine Atelektase vor, ergibt sich ebenfalls die Notwendigkeit zur Rekanalisierung, da hierdurch eine systemische Therapie meist erst ermöglicht wird.

Vor einer Rekanalisierung ist zu prüfen, ob poststeno-tisch Anschlussstrukturen, also belüftungsfähige Lungen-anteile vorliegen. Liegt computertomographisch eine kom-plette Atelektase vor, so ist die noch vorhandene Perfusion des Lungenabschnittes nachzuweisen (. Abb. 5.50). Die Wiedereröffnung eines nicht perfundierten Lungenlappens würde lediglich die Totraumventilation steigern. Nur wenn funktionstüchtiges Lungengewebe durch die Rekanalisa-tion rekrutiert werden kann, ist ein funktioneller Vorteil für den Patienten durch den Eingriff zu erwarten. Eine inter-ventionelle Therapie, die keine Palliation erzielt, bedeutet ein unnötiges Risiko für den Patienten. Aus diesen Grün-den ist eine Rekanalisation eines Lappen- oder Segment-bronchus in den wenigsten Fällen notwendig. Die hierdurch

. Abb. 5.50. Vor einer Rekanalisation sollte in der CT die Perfusion der Atelektase nachgewiesen werden

5.2 · Therapeutische Bronchoskopie